Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern

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Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
Bayerisches Landesamt
    für Wasserwirtschaft

                                 Deutscher Wetterdienst

Langzeitverhalten
der Schneedecke in
Baden-Württemberg und Bayern
KLIWA-Projekt A 1.1.4
„Flächendeckende Analyse des Langzeitverhaltens
verschiedener Schneedeckenparameter
in Baden-Württemberg und Bayern“

KLIWA-Projekt A 1.1.5
„Erarbeitung und Bereitstellung von langen Reihen
des Niederschlagsdargebots
(Regen und Wasserabgabe aus der Schneedecke)
zur Berechnung von Gebietswerten
in Baden-Württemberg und Bayern“

                                                   KLIWA-Berichte

                                                   Heft 6
Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
IMPRESSUM

Herausgeber                      Arbeitskreis KLIWA
                                 (Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg,
                                 Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft,
                                 Deutscher Wetterdienst)

ISBN                             3-937911-18-9

Bearbeitung                      Dr. Thilo Günther
                                 Dr. Martin Rachner
                                 Dipl.-Met. Helga Matthäus
                                 Deutscher Wetterdienst,
                                 Abteilung Hydrometeorologie

Redaktionelle Bearbeitung        OBR H. Straub,
                                 Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg
                                 Dr. L. Zimmermann
                                 Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft
                                 Deutscher Wetterdienst,
                                 Abteilung Hydrometeorologie

Umschlaglayout                   Stephan Riedlberger - Graphik Design, München

Druck                            Druckhaus Fritz König GmbH
                                 Stahlgruberring 24, 81829 München

Umwelthinweis                    Druck auf Recyclingpapier

Bezug über                       Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft
                                 Referat 11
                                 Lazarettstr. 67, 80636 München
                                 Fax: 089-9214-1689
                                 Mail: lothar.zimmermann@lfw.bayern.de

Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Zustimmung der Herausgeber unter Quellenangabe
und Überlassung von Belegexemplaren gestattet.
Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
                           KLIWA-Projekt A 1.1.4 / A 1.1.5
      Flächendeckende Analyse des Langzeitverhaltens verschiedener Schneedeckenparameter
                            in Baden-Württemberg und Bayern (A 1.1.4)
           Erarbeitung und Bereitstellung von langen Reihen des Niederschlagsdargebots
                     (Regen und Wasserabgabe aus der Schneedecke) (A 1.1.5)

Inhaltsverzeichnis                                                                                                                Seite

Zusammenfassung.................................................................................................................. 5

1         Einleitung ..................................................................................................................... 7

2         Bedeutung der Schneehydrologie ................................................................................ 9

3         Aufgabenstellung ....................................................................................................... 11
3.1       Vorbemerkung zu Untersuchungen des Langzeitverhaltens....................................... 11
3.2       Regionale Gliederung des Untersuchungsgebietes.................................................... 12
3.3       Festlegung der zu untersuchenden Parameter .......................................................... 14

4         Datengrundlage ......................................................................................................... 17
4.1       Umfang des Datenmaterials....................................................................................... 17
4.2       Datenvorbearbeitung ................................................................................................. 20
4.2.1     Probleme bei der Datenbereitstellung ........................................................................ 20
4.2.2     Prüfung auf Stationarität ............................................................................................ 22
4.2.3     Repräsentanzanalyse ................................................................................................ 23
4.2.4     Homogenitätsprüfung................................................................................................. 25
4.3       Zusammenfassende Einschätzung der Datenqualität ................................................ 27

5         Methoden der statistischen Bearbeitung .................................................................... 29
5.1       Untersuchungen zum Andauerverhalten der Schneedecke. Trendanalyse ................ 29
5.2       Formen der Ergebnisdarstellung ................................................................................ 31
5.3       Regionalisierungsmethodik ........................................................................................ 32

6         Untersuchungsergebnisse zum Langzeitverhalten der Schneedecke: Trend-
          verhalten und -prüfung ............................................................................................... 35
6.1       Schneedeckendauer .................................................................................................. 35
6.2       Schneedeckenzeit...................................................................................................... 41
6.3       Winterdecke (längste Schneedeckenperiode) ............................................................ 43
6.4       Datum der maximalen Schneedeckenhöhe................................................................ 45
6.5       Beständigkeit der Schneedecke................................................................................. 46
6.6       Erhaltung der Winterdecke......................................................................................... 47
6.7       Langzeitverhalten der Mittel- und Extremwerte des Wasseräquivalents..................... 48
6.8       Erarbeitung und Bereitstellung von langen Reihen des Niederschlagsdargebots ....... 51

7         Szenario-Rechnungen ............................................................................................... 53
7.1       Formulierung verschiedener Szenarien...................................................................... 53
7.2       Grundlagen und Ergebnisse der Szenario-Rechnungen ............................................ 54

8         Ausblick.............................................................................................................. 57

9         Literaturverzeichnis .................................................................................................... 59

10        Anlagenverzeichnis .................................................................................................... 63
Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
Zusammenfassung                                      5

Zusammenfassung

Langzeituntersuchungen der Schneede-                  bei Abschwächung mit zunehmender Ge-
ckenverhältnisse verdienen besondere Be-              ländehöhe sowie Trendumkehr (positiver
achtung, weil als Folge von Klimaverände-             Trend) in den höheren Lagen. In den westli-
rungen auch Änderungen der Schneede-                  chen Gebietsteilen (Oberrheinebene und
ckenhäufigkeit erwartet werden müssen.                die westliche Abdachung des Schwarzwal-
Veränderungen des Schneedeckenregimes                 des) beziffern sich die Rückgänge in den
und seiner Parameter haben nachhaltige                unteren Höhenlagen dagegen auf ca. 50 %
Auswirkungen auf den Wasserhaushalt                   und mehr und verringern sich in den mittle-
(Grundwasserneubildung) und das Ab-                   ren Lagen auf 10 bis 20 %. In den höheren
flussregime (Hochwasserbildung).                      Regionen werden im Mittel Werte unter
                                                      10 % beobachtet. Zwar ist auch hier eine
Zur Beschreibung des Andauerverhaltens                Abschwächung des Trends mit zunehmen-
der Schneedecke und der in der Schneede-              der Geländehöhe zu verzeichnen, jedoch
cke gespeicherten Wasservorräte ein-                  sind nur ganz vereinzelt Werte mit Trend-
schließlich deren langfristiger Veränderun-           umkehr zu beobachten.
gen sind folgende Parameter geeignet:
                                                      Die Schneedeckenzeit (erster Tag/letzter
-   Schneedeckendauer                                 Tag mit Schneedecke im Winterhalbjahr)
                                                      weist in der regionalen Verteilung des ab-
-   Schneedeckenzeit
                                                      soluten Trends Besonderheiten auf, z. B.
-   Andauer der längsten Schneedeckenpe-              gegenüber den entsprechenden Befunden
    riode (Winterdecke)                               für die Schneedeckendauer. Große Teile
-   Eintrittsdatum der maximalen Schnee-              des Untersuchungsgebietes zeigen Zunah-
    deckenhöhe                                        men (positiver Trend); vor allem im Südos-
                                                      ten des Bayerischen Waldes und im Norden
-   Beständigkeit der Schneedecke                     der Fränkischen Alb erhöht sich die
-   Erhaltung der Winterdecke                         Schneedeckenzeit im Untersuchungszeit-
                                                      raum um bis zu 30 Tage. Eine Erklärung
-   Maximalwerte des Wasseräquivalents                dafür könnte die Zunahme extremerer
                                                      Wetterbedingungen sein, d. h. Schneefall-
Alle genannten Schneedeckenparameter                  ereignisse können bereits im frühen Herbst
weisen im Mittel straff korrelierte statistische      bzw. noch im Frühling auftreten (ohne dass
Beziehungen zur Geländehöhe auf.                      sich die Schneedecke über den gesamten
                                                      Winter erstrecken muss, da die Schneede-
Außer für die Schneedeckenzeit ist für alle           ckenzeit auch die Tage ohne Schneedecke
genannten Größen in der Bezugsperiode                 einschließt). Eine Veränderung des Trends
1951/52 bis 1995/96 fast ausnahmslos, d. h.           in Abhängigkeit von der Geländehöhe ist
flächendeckend, ein Rückgang (negativer               nicht zu erkennen.
Trend) zu verzeichnen. Für verschiedene
Parameter (u. a. Schneedeckendauer, Dau-              Die Winterdecke (längste Schneedeckenpe-
er der Winterdecke) ist allerdings eine Ab-           riode) lässt Rückschlüsse auf Veränderun-
schwächung des negativen Trends mit zu-               gen der Charakteristik der Winterperioden
nehmender Geländehöhe zu beobachten,                  zu: Zweifelsfrei ist der Trend zu schneeär-
vereinzelt auch eine Trendumkehr in den               meren Wintern mit weniger dauerhaften
Kamm- und Gipfellagen. Der Rückgang der               Schneedecken erkennbar. Im Bezugszeit-
mittleren Schneedeckendauer wies in der               raum werden - bis in die mittleren Höhenla-
Bezugsperiode einige regionale Besonder-              gen reichend - bedeutende Rückgänge der
heiten auf. In den östlichen Teilen des Un-           Andauerwerte erreicht. Bezogen auf die
tersuchungsgebietes (Alpen/Ost und Wald-              Mittelwerte des Untersuchungszeitraumes
gebirge) erreicht die Abnahme in den unte-            sind Einbußen von 20 % bis 60 % zu ver-
ren Höhenlagen Beträge von 20 % bis 30 %              zeichnen.
Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
6                  Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern

Wegen der sehr großen Veränderlichkeit
aller Schneedeckenparameter ist der
Nachweis der statistischen Signifikanz für
die gefundenen Trendwerte nur in Einzel-
fällen möglich. Dennoch kann aus dem flä-
chendeckend übereinstimmenden Trend-
verhalten der untersuchten Größen mit Si-
cherheit auf klimatologische Veränderungen
geschlossen werden.

Das Trendverhalten der Schneedeckenpa-
rameter ist im Vergleich zueinander jedoch
widerspruchsfrei und es stimmt in der Ten-
denz und in der Größenordnung der ermit-
telten Werte auch mit dem an anderer Stelle
[1] untersuchten Verhalten verschiedener
für das Schneedeckenregime wichtiger
meteorologischer Größen überein. Der ver-
breitete Rückgang der Schneedeckendauer,
vor allem in den tieferen Lagen, kann auf
die erheblich angestiegenen Lufttemperatu-
ren im Jahresabschnitt Dezember bis März
zurückgeführt werden. Ebenso besteht
weitgehende Übereinstimmung mit den in
der Literatur beschriebenen Befunden zum
Langzeitverhalten der Schneedecke.

Für das Wasseräquivalent der Schneede-
cke können noch keine flächenorientierten
Aussagen gemacht werden. Zeitreihenun-
tersuchungen der Maximalwerte des Was-
seräquivalents einzelner Stationen zeigen,
dass die im Bezugszeitraum eingetretenen
Rückgänge zwischen 25 % und 60 % betra-
gen. Für konkrete regionale Aussagen zum
Wasseräquivalent sind unbedingt weitere
Informationen erforderlich.

Die Szenario-Rechnungen mit Hilfe des
Simulationsmodells SNOW-K liefern trotz
der sehr vereinfachenden Annahmen wich-
tige Informationen. So kann angenommen
werden, dass sich bei weiterer winterlicher
Erwärmung die maximalen Wasseräquiva-
lente der Schneedecke deutlich verringern
werden und dass es zu einem häufigeren
Auf- und Abbau der Schneedecke in tiefe-
ren und mittleren Lagen kommen wird. Alle
Ergebnisse haben allerdings nur orientie-
renden Charakter.
Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
Einleitung                                             7

1      Einleitung

In den deutschen Mittelgebirgen bildet sich              rität, Repräsentanz, Homogenität) (Kapitel
regelmäßig eine temporäre (und hydrolo-                  4).
gisch relevante) Schneedecke aus. Die Ab-
lagerungen festen Niederschlages sind für                Unter Berücksichtigung der Datengrundlage
den Wasserhaushalt eines Einzugsgebietes                 und der Aufgabenstellung erfolgt dann die
als "Rücklagen" (Speicherung) zu betrach-                Festlegung der weiteren Vorgehensweise
ten. Die von verschiedenen Faktoren (win-                (Methoden der statistischen Bearbeitung)
terlicher Witterungsverlauf, Höhenlage des               (Kapitel 5).
Gebietes) abhängige Dauer und das Aus-
maß der Speicherung haben unmittelbare                   Ein Kapitel beschreibt die Ermittlung der
Auswirkungen auf das hydrologische Re-                   Rasterwerte des Niederschlagsdargebots
gime. Der Einfluss auf den Wasserhaushalt,               (Wasserabgabe aus der Schneedecke und
speziell die Wirkungen auf den Abflusspro-               Regen), die als Datengrundlage für weitere
zess und die Grundwasserspeicherung                      Untersuchungen (z. B. Verifikation von
beim Abbau ("Aufbrauch") der Rücklagen,                  Hochwasserereignissen) zur Verfügung
erstreckt sich zeitlich im Regelfall über das            gestellt wurden.
Winterhalbjahr hinaus.
                                                         Die Ergebnisdarstellung (Kapitel 6) nimmt
Vor dem Hintergrund möglicher Klimaver-                  einen besonderen Raum ein. Sie umfasst
änderungen, mit nachhaltigen und groß-                   sowohl die Resultate von Langzeitstudien
räumigen Auswirkungen besonders auch                     (Trendanalyse) für eine Reihe maßgeblicher
auf die Schneedeckenhäufigkeit, gewinnen                 Schneedeckenparameter als auch Auswer-
flächenorientierte Langzeituntersuchungen                tungen von Szenario-Rechnungen zur Si-
des Schneedeckenregimes und seiner Ver-                  mulation möglicher Entwicklungen (Was-
änderungen einen hohen Stellenwert. Ände-                seräquivalent der Schneedecke).
rungen des Andauer- und Häufigkeitsver-
haltens der Schneedecke haben spürbare                   Als Darstellungsformen werden Tabellen,
Folgewirkungen für den Wasserhaushalt                    Karten und verschiedene Diagramme ge-
und damit für die Ressourcenverfügbarkeit                wählt. Im Vordergrund steht dabei die In-
in Raum und Zeit.                                        formationsverdichtung zum Zwecke einer
                                                         raschen Gesamteinschätzung und der Ver-
Die Untersuchungen verfolgen das Ziel, die               gleichbarkeit der Ergebnisse.
Kenntnisse über den Zustand und die Ver-
änderlichkeit der Schneedeckenparameter                  Für die graphischen Darstellungen wurde
für verschiedene Zeit- und Raumbereiche                  nach Möglichkeit eine für das Untersu-
zu erweitern und nach der Existenz syste-                chungsgebiet repräsentative Auswahl der
matischer, langfristig wirkender Trends zu               Standorte vorgenommen. Der Standortver-
suchen.                                                  gleich lässt das Ausmaß der raum-zeitlichen
                                                         Variabilität der Schneedeckenparameter
Die hier vorliegende Veröffentlichung zum                deutlich erkennen.
Langzeitverhalten der Schneedecke enthält
zunächst eine Auswertung der Literatur                   In den Tabellen werden neben Absolutwer-
(Kapitel 2), betreffend die Klimaänderungen              ten in der Regel auch normierte Daten mit-
in Vergangenheit und Gegenwart sowie                     geteilt, um die Aussagekraft der Ergebnisse
deren Auswirkungen auf schneehydrologi-                  (bessere Vergleichbarkeit) zu vergrößern.
sche Prozesse. Dem schließt sich eine de-
taillierte Beschreibung des verfügbaren
Datenmaterials an, ergänzt durch statisti-
sche Analysen der Datenqualität (Stationa-
8   Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
Bedeutung der Schneehydrologie                          9

2      Bedeutung der Schneehydrologie

Die weltweit beobachteten Klimaänderun-               eher skeptisch beurteilte Variante, wäre die
gen dauern an. Sie haben sich in den letz-            Annahme einer "Höhenverschiebung" des
ten beiden Jahrzehnten noch verstärkt. In             gegenwärtigen Zustandes, d. h. des heuti-
Deutschland war der Temperaturanstieg im              gen Schneeklimas. Am konkreten Beispiel
20. Jahrhundert mit + 0,9 K gegenüber der             von Gletscherveränderungen in den öster-
globalen Erwärmung (+ 0,6 K) überdurch-               reichischen Alpen [5] wird hingegen die tat-
schnittlich hoch. Die Jahre ab 2000 gehören           sächliche Vielzahl von Einflussfaktoren, u.
zu den wärmsten seit 1761. Einem deutli-              a. die Wirkung verschiedener Kombinatio-
chen Anstieg der Winterniederschläge steht            nen von Witterungsbedingungen für den
eine leichte Abnahme der Sommernieder-                Gletscherhaushalt, erläutert. Vereinfachte
schläge gegenüber.                                    Annahmen können deshalb bestenfalls als
                                                      Arbeitshypothesen gelten.
Die Struktur der Klimaänderungen ist wegen
der Überlagerung von Langfristtrends,                 Nachfolgend soll insbesondere den Hinwei-
Fluktuationen, kurzfristigen Anomalien und            sen auf die Auswirkungen veränderter
Extremereignissen       sehr   vielgestaltig.         Schneedeckenverhältnisse auf das hydrolo-
Schließlich treten noch markante regional-            gische Regime nachgegangen werden.
jahreszeitliche Besonderheiten auf [2].               Auch in den Mittelgebirgen hat die Schnee-
                                                      decke trotz kräftiger Rückgänge immer noch
Die Ursachen der beobachteten Klimaände-              einen maßgeblichen Einfluss auf den win-
rungen sind komplex. Die Rolle natürlicher            terlichen Wasserhaushalt. Während der
Einflüsse auf das Klima ist noch längst nicht         Schneedeckenzeit werden als Folge der
ausreichend geklärt. Mit hoher Wahrschein-            Schneedeckenentwicklung die Zusammen-
lichkeit aber geht die globale Erwärmung              hänge zwischen Einnahme- und Ausga-
der letzten 100 bis 150 Jahre auf menschli-           beseite der Wasserbilanzgleichung dadurch
che Tätigkeiten zurück. Insbesondere ist die          beeinflusst, dass die Inputgröße Nieder-
Zunahme des Ausstoßes von Kohlendioxid                schlag mit zeitlicher Verzögerung und mit
und anderer klimawirksamer Spurengase                 veränderter Intensität wirksam wird.
als direkte Folge der Nutzung fossiler Ener-
gieträger zu nennen.                                  Die Schneedeckenentwicklung wirkt auf das
                                                      Abflussregime in ähnlicher Weise wie die
Sofern die Emission sogenannter "Treib-               Aufeinanderfolge niederschlagsfreier Perio-
hausgase" in gleicher Weise ansteigt wie              den mit nachfolgendem Starkregen oder
bisher, sind bis zum Ende dieses Jahrhun-             einer Phase langandauernden Landregens.
derts im Mittel globale Temperaturanstiege            In den höheren Lagen der Gebirge (in der
von 1,4 bis 5,8 K zu erwarten [3]. Eine               Regel große Schneeansammlungen, lange
WMO-Studie sagt eine Zunahme der mittle-              Lagerungsdauer) spielt vor allem die zeitli-
ren globalen Temperatur um 1 K (bezogen               che Verlagerung der hydrologischen Wirk-
auf 1990) bis zum Jahre 2025 und um 3 K               samkeit des Niederschlags die wichtigste
bis zum Ende des Jahrhunderts voraus. Es              Rolle. In den mittleren und unteren Lagen
wird darauf hingewiesen, dass eine solche             (geringe Schneeansammlungen, relativ kur-
Klimaänderung in so kurzer Zeit ohne Bei-             ze Lagerungsdauer) hat die kurzfristige
spiel in der bekannten Klimageschichte der            Schmelze auf großen Flächen den ent-
Welt ist. Sie würde zweifellos zu nachhalti-          scheidenden Einfluss auf das Abflussge-
gen Konsequenzen für die Wirtschaft und               schehen.
die gesamte Gesellschaft führen.
                                                      Die Berücksichtigung der Schneedecken-
KUHN [4] diskutiert verschiedene Varianten,           entwicklung im Rahmen des winterlichen
wie Schneedecke und Eis auf eine Erwär-               Gebietswasserhaushalts ist unerlässlich,
mung der Atmosphäre reagieren würden.                 weil die Beurteilung der hydrologischen
Die einfachste denkbare, vom Autor aber               Prozesse in dieser Jahreszeit allein auf
10                Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern

Grund der räumlichen und zeitlichen Nie-                 tere einschneidende Veränderungen des
derschlagsverteilung nur unzulänglich mög-               Schneedeckenregimes anzunehmen.
lich ist (vgl. hierzu auch [6]).
                                                         Für fachlich begründete hydrologische Vor-
Wie an anderer Stelle bereits beschrieben,               sorgeplanungen sind Informationen, auch
lassen viele Anzeichen und die meisten in                aus historischem Material abgeleitet, uner-
der Literatur beschriebenen Aussagen über                lässlich. Aus ihnen kann auf das Ausmaß
die Tendenz künftiger Klimaänderungen                    der Auswirkungen künftiger Veränderungen
eine Erwärmung erwarten. Damit sind wei-                 geschlossen werden.
Aufgabenstellung                                       11

3      Aufgabenstellung

3.1    Vorbemerkung zu Untersuchun-                   In Deutschland nimmt der Zeitraum
       gen des Langzeitverhaltens                     1961/1990 im Trendverhalten eine Aus-
                                                      nahmestellung ein. Besonders die Verände-
Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die           rungen im Schneedeckenregime sind gra-
Beschreibung der langfristigen Veränderung            vierend, es wurden extreme (negative)
des mittleren Zustandes verschiedener                 Trendwerte für diese Periode gefunden [8].
Schneedeckenparameter (Trendverhalten).               Zugleich wurden in dieser Periode die
Aber auch die Änderungen im Extremver-                längsten Andauerzeiten für die Schneede-
halten verdienen besonderes Interesse.                cke beobachtet (Winterperioden 1962/1963
Wandlungen der Klimaverhältnisse können               und 1969/1970).
dadurch festgestellt werden.
                                                      Ebenso aufschlussreich sind Vergleiche
Zeitreihenuntersuchungen sind nur für den             zwischen         den      Bezugszeiträumen
Zeitraum aussagefähig, für den sie erstellt           1951/1980, 1951/1990 und 1951/1995. We-
wurden. Folgerungen für die Zukunft sind              gen der großen zeitlichen Überschneidung
nur in begrenztem Maße möglich. Deshalb               der Datenreihen sollte eigentlich eine große
werden nachfolgend die Ergebnisse einiger             Übereinstimmung der jeweiligen Trendwerte
Stationen, die für die vorliegenden Untersu-          erwartet werden. Stattdessen ist die hohe
chungen des Trendverhaltens aufschluss-               Instabilität, d. h. Verschiedenartigkeit der
reich sein können, mitgeteilt. Dabei wird der         Trends, überraschend.
"Zeithorizont" bis an den Beginn des vori-
gen Jahrhunderts erweitert. Neben der                 Für die Station Potsdam ist für den Zeitraum
Schneedeckendauer wird auch das säkula-               1951/1980 in Bezug auf die Schneedecken-
re (= ein Jahrhundert betreffend) Verhalten           dauer ein deutlich ausgeprägter, aber nicht
maßgeblicher, das Schneedeckenregime                  signifikanter (positiver) Trend zu beobach-
beeinflussender meteorologischer Größen               ten, desgleichen ist der mittlere Andauer-
(Lufttemperatur, Niederschlag) berücksich-            wert der Schneedecke überdurchschnittlich
tigt.                                                 hoch (bezogen auf den Mittelwert der Reihe
                                                      1901/1995). Die Änderungen des Andauer-
Die Anlage 2 enthält die Ergebnisse der               verhaltens (negativer Trend) im Zeitraum
Trendanalyse verschiedener meteorologi-               1981/1995 sind jedoch von einem solchen
scher Größen für unterschiedliche Bezugs-             Ausmaß, dass der positive Trendwert der
zeiträume innerhalb eines ca. 70- bzw. ca.            vorausgegangenen 3 Jahrzehnte gänzlich
100-jährigen Zeitraums. Es kann davon                 ins Gegenteil verkehrt wird. Für die Teilrei-
ausgegangen werden, dass die bezeichne-               hen 1951/1980 ergibt sich ein linearer nor-
ten Besonderheiten auch für die übrigen               mierter Trend von + 0,21, für den Zeitraum
Regionen Deutschlands gelten und somit                1951/1995 wird hingegen - 0,22 ermittelt!
als Orientierungshilfe für die vorzulegenden
Ergebnisse, die im Wesentlichen die 2.                Die zu erwartenden Ergebnisse sind von
Hälfte des 20. Jahrhunderts betreffen, die-           grundsätzlicher Bedeutung für die Entschei-
nen können (vgl. Kapitel 5.1). Diese Auffas-          dungsfindung und die sich darauf gründen-
sung wird u. a. damit begründet, dass die             de Langfristplanung für verschiedene Berei-
hier mitgeteilten Daten zum Verhalten der             che der Gesellschaft. Außer der Wasser-
meteorologischen Größen in den Winterpe-              wirtschaft sind vor allem auch Land- und
rioden während der zweiten Hälfte des ver-            Forstwirtschaft, Ökologie und Umwelt-
gangenen Jahrhunderts im Betrag und in                schutz, das Bauwesen und der Tourismus
der Richtung weitestgehend mit den von                zu nennen. Allein im Bereich der hydro-
RAPP und SCHÖNWIESE [7] gefundenen                    logisch-wasserwirtschaftlichen Praxis, aus
Ergebnissen systematischer Trenduntersu-              dem einige konkrete Beispiele herausgeho-
chungen in Deutschland übereinstimmen.                ben werden sollen, sind die möglichen Fol-
                                                      gewirkungen wegen der hohen Sensibilität
                                                      dieses Systems gegenüber hydroklimatolo-
12                   Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern

gischen Einflüssen außerordentlich bedeut-                  zeitverhalten verschiedener, das Schnee-
sam. Die im Rahmen der Daseinsvorsorge                      deckenregime beschreibender Parameter.
wichtige Aufgabe der Weiterentwicklung von                  Die ausdrücklich flächenbezogene, auf eine
Wasserbilanzmodellen zur Ermittlung des                     Vielzahl von Zeitreihen gestützte Analyse
quantitativen Wasserdargebots in seiner                     des Andauerverhaltens der Schneedecke,
zeitlichen Variabilität kann nur unter Be-                  ihrer witterungsabhängigen Beständigkeit
rücksichtigung der Veränderlichkeit der hyd-                sowie die Beurteilung der Eintrittsdaten
rometeorologischen Eingangsgrößen (vor                      markanter     Entwicklungszustände     der
allem des Niederschlages einschließlich                     Schneedecke soll flächendeckend zuverläs-
seiner Schneeanteile) gelöst werden. Die                    sige und repräsentative Aussagen ermögli-
Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist entschei-                chen.
dend für die zukünftige, d. h. die langfristige,
stabile qualitäts- und bedarfsgerechte Be-                  3.2      Regionale Gliederung des Unter-
reitstellung von Wasser.                                             suchungsgebietes

Ebenso ist die möglichst detaillierte Kennt-                Das Untersuchungsgebiet ist weitgehend
nis der räumlichen und zeitlichen Verteilung                mit den Territorien des Landes Baden-
(einschließlich Veränderlichkeit und Ex-                    Württemberg (35 750 km²) und des Frei-
tremverhalten) der für die "Belastungsbil-                  staates Bayern (70 548 km²) identisch.
dung" maßgeblichen Größen (Niederschlag,
Schneedeckenentwicklung) wichtige Vor-                      Etwa 60 % der Fläche des Landes Baden-
aussetzung für die zuverlässige Simulation                  Württemberg, das sind ca. 21 500 km², ha-
hydrologischer Prozesse im Kurzzeitbe-                      ben eine Höhenlage > 400 m ü. NN und ca.
reich. Ein verändertes winterliches Nieder-                 30 % (knapp 11 000 km²) erreichen eine
schlags- bzw. Schneedeckenregime wird                       Gebietshöhe von mehr als 600 m ü. NN.
vor allem Auswirkungen auf das Abflussre-
gime, besonders aber auf das Ausmaß von                     Für Bayern betragen die Flächenanteile der
Hochwasserereignissen und schließlich                       Höhenlage > 400 m ü. NN etwa 68 %, das
auch auf den Prozess der Grundwasser-                       sind knapp 48 000 km². Mehr als 13 000
neubildung haben.                                           km² des bayerischen Gebietes sind höher
                                                            als 600 m ü. NN, und immerhin noch etwas
Außer den vorgenannten gesellschaftspoli-                   mehr als 2000 km² (vor allem Anteil Alpen-
tischen und ökonomischen Auswirkungen                       gebiet) weisen eine Höhe von über 1000 m
veränderter hydroklimatologischer Bedin-                    ü. NN auf.
gungen sind die Langzeituntersuchungen
zum Schneedeckenregime auch von hohem                       Es wird davon ausgegangen, dass entspre-
wissenschaftlichen Wert. Es soll hier daran                 chend der geographischen Ausstattung des
erinnert werden, dass die Ergebnisse ins-                   Untersuchungsgebietes (Höhengliederung,
besondere für Untersuchungen zum Ener-                      Luv-Lee-Lagen usw.) regionale Unterschie-
giehaushalt, wegen der markanten Unter-                     de im Schneedeckenregime auftreten kön-
schiede für den Wärmeaustausch zwischen                     nen. Deshalb wird eine Einteilung des Ge-
Atmosphäre und schneebedeckter bzw.                         bietes in natürliche Regionen vorgenom-
schneefreier Unterlage, große Bedeutung                     men, die im Wesentlichen den Einzugsge-
haben. In der Kette der Rückkopplungsef-                    bietsgrenzen folgt und auch schneehydrolo-
fekte spielt die unterschiedliche Ausdeh-                   gische Aspekte berücksichtigt. Die vorge-
nung und die zeitliche Veränderlichkeit                     gebene Gebietsunterteilung in 33 Untersu-
schneebedeckter Flächen ganz offenkundig                    chungsgebiete für Baden-Württemberg und
eine bedeutsame Rolle.                                      Bayern [1] wurde daher für die Analyse des
Die Untersuchungen für KLIWA erforderten                    Langzeitverhaltens der Schneedecke zu 8
die Bereitstellung detaillierter, räumlich dif-             Teilgebieten zusammengefasst (siehe Abb.
ferenzierter Informationen über das Lang-                   3.1).
Aufgabenstellung                                        13

Abb. 3.1: Lage der verwendeten Stationen und Grenzen der Teilgebiete

Im Einzelnen werden folgende Teilgebiete                     sowie Teile der nördlichen Oberrhein-
unterschieden:                                               ebene.

-   Untersuchungsgebiet 1 (Donauoberlauf,             -      Untersuchungsgebiet     4   (Neckarge-
    Bodensee): Dieses Teilgebiet umfasst                     biet/Ost): Diesem Gebiet sind der nord-
    den Anteil Baden-Württembergs am                         westliche (neckarseitige) Abfall der
    Einzugsgebiet der Donau, die südöstli-                   Schwäbischen Alb, Teile des Stufenlan-
    che Abdachung der Schwäbischen Alb                       des, die Hohenloher Ebene, Teile des
    und Teile des Alpenvorlandes.                            Odenwaldes und des Taubergebietes
                                                             zugeordnet. Es besteht weitgehend
-   Untersuchungsgebiet 2 (Oberrheinebe-                     Identität mit dem rechtsseitigen Ein-
    ne und die westliche Abdachung des                       zugsgebiet des Neckar (Kocher, Jagst)
    Schwarzwaldes): Hier werden Teile der                    und geringen Anteilen des zum Main hin
    Oberrheinischen Tiefebene, des Breis-                    entwässernden Taubergebietes.
    gau und der zum Rhein hin entwässern-
    den ("luvseitigen") Teile des Schwarz-            -      Untersuchungsgebiet 5 (Alpen/Ost): Es
    waldes zusammengefasst.                                  umfasst die Bayerischen Alpen und
                                                             Teile der Salzburger Alpen sowie das
-   Untersuchungsgebiet     3    (Neckarge-                  Alpenvorland, im Westen begrenzt
    biet/West): Dieses Teilgebiet erfasst die                durch eine Linie, die zwischen Lech und
    zum Neckar hin entwässernden ("lee-                      Amper verläuft, das Donaumoos und die
    seitigen") Teile des Schwarzwaldes,                      Hallertau bis Regensburg durchque-
    Teile     des   Schwäbisch-Fränkischen                   rend. Nach Osten bildet die Donau zwi-
    Stufenlandes und das Gebiet des                          schen Regensburg und Passau die
    Kraichgau. Das Gebiet umfasst das                        Grenze.
    linksseitige Einzugsgebiet des Neckar
14                   Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern

-    Untersuchungsgebiet 6 (Alpen/West):                   Teilgebiet entfallenden Stationen als "Stütz-
     Es enthält die Allgäuer Alpen, das Al-                stellen". Damit würden sich die Unsicher-
     penvorland, östlich angrenzend an das                 heiten bei der Ergebnisermittlung vergrö-
     Teilgebiet 5, im Westen bis zur Landes-               ßern.
     grenze Baden-Württemberg sowie durch
     die Donau zwischen Ulm und Regens-                    Auch bei der derzeitigen Einteilung müssen
     burg begrenzt. Nördlich der Donau ge-                 in Einzelfällen Stationen im Grenzbereich
     hören Teile der Fränkischen Alb und                   (Gipfel- und Kammlagen) benachbarter
     des Stufenlandes zu diesem Teilgebiet.                Teilgebiete doppelt berücksichtigt werden,
                                                           um "Brüche" in den von der Geländehöhe
-    Untersuchungsgebiet 7 (Franken): Die-                 abhängigen Beziehungen abzumildern oder
     ses Teilgebiet setzt sich aus einer An-               zu vermeiden. Es ist noch hinzuzufügen,
     zahl verschiedener Landschaften zu-                   dass wegen der nachweislich hohen räumli-
     sammen. Das sind Teile des Spessart,                  chen und zeitlichen Variabilität aller
     des Odenwaldes, der Rhön, der Fränki-                 Schneedeckenparameter für jedes zu un-
     schen Schweiz, des westlichen Teils                   tersuchende Gebiet eine ausreichende An-
     des Fichtelgebirges und des Steigerwal-               zahl von Stützstellen vorhanden sein muss.
     des. Im Westen gehören auch Teile der                 Die Verteilung der Stationen soll, im Inte-
     Mainniederung dazu.                                   resse der Ergebnissicherheit, zudem an-
                                                           teilmäßig auch den Flächenanteilen des
-    Untersuchungsgebiet 8 (Waldgebirge):                  Gebietes in verschiedenen Höhenstufen
     Mit diesem Gebiet werden die östlichen                entsprechen. Dieser Aspekt ist besonders
     Landesteile Bayerns erfasst: Der Baye-                wichtig für repräsentative flächenorientierte
     rische Wald, der Oberpfälzer Wald, der                Aussagen.
     westliche Teil des Böhmerwaldes und
     der östliche Teil des Fichtelgebirges.                Da die zu untersuchenden Schneedecken-
     Schließlich sind noch die Niederungen                 parameter eine große Veränderlichkeit mit
     im Unterlauf von Naab und Regen zu                    der Höhe aufweisen, werden die in den fol-
     nennen.                                               genden Kapiteln ermittelten Ergebnisse der
                                                           Trenduntersuchungen nicht als Gebiets-
Das Neckargebiet wurde abweichend von                      werte, sondern als Rasterwerte zur Verfü-
der sonst üblichen Gliederung nach Was-                    gung gestellt.
serscheiden zusätzlich in einen "leeseitigen"
(Lee des Schwarzwaldes) und einen "luv-                    3.3      Festlegung der zu untersuchen-
seitigen" (Luv der Schwäbischen Alb) Anteil                         den Parameter
gegliedert. Der Fluss selbst stellt dabei die
Grenze beider Teilgebiete dar. Mit dieser                  Für die Erfüllung der Aufgabenstellung ist
Einteilung sollten die Expositionsunter-                   die umfassende Auswertung des verfügba-
schiede gegenüber der Hauptwindrichtung                    ren Datenmaterials unter verschiedenen
besonders berücksichtigt werden.                           Gesichtspunkten erforderlich. Vor allem ist
                                                           die Frage zu klären, welche Parameter ge-
Es kann davon ausgegangen werden, dass                     eignet sind, das Schneedeckenregime, sein
mit dieser Gliederung keineswegs homoge-                   Andauerverhalten und seine Veränderun-
ne oder halbwegs homogene Gebietsein-                      gen in Raum und Zeit bestmöglich zu be-
heiten ausgewiesen werden. Allenfalls kann                 schreiben.
erwartet werden, dass sich Zustände und
                                                           Gute Indikatoren für den aktuellen Zustand
Entwicklungen des Schneedeckenregimes
                                                           und die Variationen der Schneedeckenver-
in den genannten Teilgebieten ähneln. Einer
                                                           hältnisse sind die das Andauerverhalten
weiteren, durchaus erwünschten Gliede-
                                                           charakterisierenden Größen, die aus Beo-
rung, die im Interesse der Schaffung weit-
                                                           bachtungs- und Messwerten direkt abgelei-
gehend einheitlicher Gebiete zweckmäßig
                                                           tet werden können [8]; [9]; [10]; [11]; [12].
wäre, stehen jedoch ernsthafte Bedenken
entgegen. An erster Stelle betrifft das die
deutliche Verringerung der dann auf jedes
Aufgabenstellung                                       15

Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht das                 zeitlicher Unterschiede und Verände-
Andauerverhalten, das durch eine Reihe                     rungen (vgl. Kapitel 6.4).
charakteristischer Parameter beschrieben
                                                      -    Die so genannte "Beständigkeit       der
wird. Der hydrologisch wichtigen Größe
                                                           Schneedecke" (q) ist eine aus        der
"Wasseräquivalent der Schneedecke" wird
                                                           Schneedeckendauer (A) und            der
vor allem hinsichtlich ihres Extremverhal-
                                                           Schneedeckenzeit (S) abgeleitete    Grö-
tens einschließlich langjähriger Verände-
                                                           ße:
rungen besondere Aufmerksamkeit gewid-
                                                                               A
met. Für die Auswertung und Analyse wur-                                   q=                       (1)
den die folgenden Parameter ausgewählt:                                        S

-   Die Schneedeckendauer (A). Sie ist                     Sie ist gut geeignet, zusätzliche Infor-
    gemäß DIN 4049-3 wie folgt definiert:                  mationen zu Veränderungen im Andau-
    Anzahl der Schneedeckentage in einer                   erverhalten zu liefern (vgl. auch Kapitel
    bestimmten Zeitspanne. Als Schneede-                   6.5).
    ckentag wiederum wird ein Tag be-
    zeichnet, an dem eine Schneedecke zu              -    Die so genannte "Erhaltung der Winter-
    einem festgesetzten Termin vorhanden                   decke" (q') hat eine der "Beständigkeit"
    ist (vgl. auch Kapitel 4.1 und Kapitel                 vergleichbare Bedeutung und stützt die
    6.1).                                                  dort gefundenen Ergebnisse. Die Größe
    Die Schneedeckendauer spielt bei der                   leitet sich aus dem Verhältnis der Dauer
    Bearbeitung eine besondere Rolle, nicht                der Winterdecke (W) zur Schneede-
    zuletzt auch deshalb, weil sie aus Be-                 ckendauer (A) ab (vgl. Kapitel 6.6):
    obachtungen bzw. aus Messungen di-
    rekt abgeleitet wird.                                                            W
                                                                              q' =                  (2)
                                                                                     A
-   Die Schneedeckenzeit (S). Nach DIN
    4049-3 wird sie wie folgt beschrieben:            Die beiden Größen (q) und (q') sind nicht in
    Zeitspanne vom ersten bis zum letzten             der DIN 4049-3 enthalten.
    Schneedeckentag einer winterlichen Pe-
    riode.                                            Nach vorliegenden Erfahrungen sind die
    Anmerkung: Die Schneedeckenzeit                   genannten Parameter geeignet, das An-
    schließt auch die schneedeckenfreien              dauerverhalten der Schneedecke umfas-
    Tage ein (vgl. Kapitel 6.2).                      send zu charakterisieren.
-   Die Schneedeckenperiode (W). Nach
    DIN 4049-3 definiert als: Zeitspanne von          Wenngleich die Informationen zum Andau-
    ununterbrochen aufeinanderfolgenden               erverhalten der Schneedecke für viele Be-
    Schneedeckentagen.                                reiche der Praxis von großem Wert sind, ist
    Diese Größe trägt zusammen mit den                ebenso unbestritten, dass diese Aussagen
    zuvor genannten Parametern dazu bei,              für die Hydrologie und die Wasserwirtschaft
    die Besonderheiten der zeitlichen Ver-            allein nicht ausreichen. Neben der "qualita-
    teilung der Schneedecke in den einzel-            tiven" Beschreibung des Schneedeckenre-
    nen Winterperioden sowie deren regio-             gimes bedarf es unbedingt einer "Quantifi-
    nale Unterschiede zu präzisieren.                 zierung" der Informationen durch die Be-
    Nachfolgend wird die längste (maxima-             rücksichtigung des Wasseräquivalents der
    le) Schneedeckenperiode eines Winters             Schneedecke:
    betrachtet und als "Winterdecke" be-
    zeichnet (vgl. Kapitel 6.3). Als Bezeich-         -    Das Wasseräquivalent der Schneede-
    nung wird (W) beibehalten.                             cke (Wn). Nach DIN 4049-3 wie folgt
                                                           definiert: Wasser (fest, flüssig, gasför-
-   Das Datum des Eintritts der maximalen                  mig), das in der Schneedecke enthalten
    Schneedeckenhöhe (DM) ist ein weite-                   ist, ausgedrückt als Wasserhöhe über
    rer wichtiger Basiswert zur Einschätzung               einer horizontalen Fläche (in mm).
    der Dynamik der Schneedeckenent-
    wicklung sowie deren räumlicher und
16   Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern
Datengrundlage                                       17

4      Datengrundlage

4.1    Umfang des Datenmaterials                       und anderen "Hindernissen" liegen. Erfah-
                                                       rungsgemäß sind diese Forderungen, ins-
Für die Untersuchungen werden nur Daten-               besondere die nach repräsentativen, von
reihen von Stationen des Deutschen Wet-                Verwehungen freien Ablagerungsbedingun-
terdienstes (DWD) verwendet. Die Vorga-                gen, in der Praxis nur schwer zu erfüllen.
ben für die Datengewinnung (Beobachtung,               Die Beobachtungspraxis lehrt vielmehr,
Messung) sind in Anleitungen und Vor-                  dass abhängig von den Witterungsbedin-
schriften für den Beobachtungsdienst be-               gungen (vor allem sind Windrichtung und
schrieben und verbindlich festgelegt [13].             Windgeschwindigkeit wichtig!) für jede
Die in diesem Bericht verwendeten Be-                  Winterperiode unterschiedliche räumliche
zeichnungen und Definitionen entsprechen               "Verteilungsmuster" der Schneeablagerung
denen des genannten Regelwerkes sowie                  auch auf kleinstem Raum (Messfeld) auf-
denen der DIN 4049-3. Ausnahmen,                       treten können.
betreffend die Verwendung von Fachbeg-
riffen, die in der Literatur gebräuchlich sind,        Um diesen Besonderheiten wenigstens teil-
werden besonders erwähnt.                              weise gerecht zu werden, wird die Schnee-
                                                       höhe auf dem Messplatz an mehreren Stel-
Für die Schneemessung gilt, dass bei Vor-              len bestimmt. Dafür wird ein so genannter
handensein einer geschlossenen oder                    Schneepegel benutzt, ein Metallstab mit
durchbrochenen Schneedecke von min-                    cm-Teilung, der senkrecht bis zum Boden in
destens 1 cm Höhe die Messung der                      den Schnee gesteckt wird. Die Höhe wird in
Schneedeckenhöhe zum Morgentermin, d.                  ganzen Zentimetern abgelesen. Der arith-
h. um 07.00 Uhr MEZ, erfolgt. "Durchbro-               metische Mittelwert aus den (in der Regel
chene" Schneedecke heißt, dass der Erd-                drei bis vier) Einzelmessungen wird als die
boden an einzelnen Stellen sichtbar ist und            repräsentative Höhe der Schneedecke an-
die Schneebedeckung in der Umgebung                    gegeben.
des Messplatzes ³ 50 % beträgt.
                                                       Für die vorliegende Arbeit kann auf insge-
Die Beobachtungsergebnisse über Schnee-                samt 508 Datenreihen der Schneedecken-
flecken oder Schneereste werden nicht in               beobachtung zurückgegriffen werden (siehe
die Untersuchung einbezogen. In den ge-                Abb. 3.1 und auch Anlage 1, in der die ver-
nannten Fällen ist die Schneedecke nur                 wendeten Stationen für die 8 Untersu-
noch an einzelnen, nicht zusammenhän-                  chungsgebiete angegeben wurden). Die
genden Stellen vorhanden. Abgesehen da-                Gesamtzahl von 542 Stationen in Anlage 1
von, dass diese Restflächen nur eine ganz              ergibt sich aus der doppelten Verwendung
untergeordnete Rolle in der Bilanz (Was-               von Stationen im Bereich der Einzugsge-
seräquivalent) spielen, sind dabei vielmehr            bietsgrenzen für Gipfel- und Kammlagen.
auch subjektive Faktoren bei der Beobach-
tung und ganz spezifische Standortbeson-               Diese große Zahl elektronisch verfügbarer
derheiten als maßgebliche verfälschende                Datenreihen, konnte durch eine intensive
Einflüsse zu beachten.                                 Nacherfassung von Archivmaterial erreicht
                                                       werden. Auf diese Weise wird flächende-
Die Auswahl eines geeigneten Messplatzes               ckend eine gleichmäßige, hohe Stations-
ist für die Schneemessung von entschei-                dichte erreicht. Auf ca. 200 km² entfällt im
dender Bedeutung. Entsprechend der Beo-                Durchschnitt eine Station; das entspricht
bachtungsanleitung ist dafür eine mehrere              einem mittleren Stationsabstand von etwa
Quadratmeter große Fläche auszusuchen.                 14 km.
Dieser Platz soll frei sein von Verwehungen
und nicht im Windschatten von Gebäuden
18                     Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern

                       Donauoberlauf/ Oberrhein/
                                                     Neckar/West    Neckar/Ost
     Höhenstufe        Bodensee       Schwarzwald
     m ü. NN              Anteil in %    Anteil in %    Anteil in %    Anteil in %
                       Fläche Station Fläche Station Fläche Station Fläche Station
          Bis 200         0         0   17        10   17         9    4        17
      201 bis 400         2         0   21        37   25        36   60        48
      401 bis 600        33        39   25        10   27        22   31        34
      601 bis 800        52        50   25        22   27        26    4         1
      801 bis 1000       13        11   10         7    4         7    0         0
     1001 bis 1200       1          0    3        10    0         0    0         0
        Über 1200         0         0    0         5    0         0    0         0
                         Alpen/Ost             Alpen/West              Franken             Waldgebirge
     Höhenstufe
     m ü. NN              Anteil in %    Anteil in %    Anteil in %    Anteil in %
                       Fläche Station Fläche Station Fläche Station Fläche Station
          Bis 200         0         0    0         0    5         5    0         0
      201 bis 400        14        25    6         6   62        56   11        20
      401 bis 600        55        44   64        58   29        38   60        55
      601 bis 800        13        20   19        26    4         1   22        20
      801 bis 1000        6         8    6         8    0         0    5         3
     1001 bis 1200        6         0    2         2    0         0    2         2
        Über 1200         6         3    4         0    0         0    0         0
Anmerkung: Zahlenwerte gerundet. Gebietseinteilung siehe Abb. 3.1 und Kapitel 3.2.

Tabelle 4.1: Angaben zur Gebietsfläche und zur Stationsanzahl für verschiedene
             Geländehöhen (Anteile in Prozent)

Die vorgesehenen statistischen Analysen                       des Gebietes) entsprechende zahlenmäßi-
gewinnen durch die große Stationsdichte                       ge Verteilung der Stationen besonders für
eine hohe Aussagekraft, da sich die Wahr-                     repräsentative und gesicherte Ergebnisse
scheinlichkeit verringert, dass vereinzelte                   so wichtig.
und nicht erkannte Unzulänglichkeiten im
Datenmaterial die Ergebnisse verfälschen                      Natürlich gibt es regionale Unterschiede in
könnten.                                                      der Messstellendichte. Im Gebiet 7 (Fran-
                                                              ken), um ein Beispiel zu nennen, stehen
Dieser positive Aspekt wird noch dadurch                      örtlich begrenzte große Messstellenan-
verstärkt, dass auch eine insgesamt aus-                      sammlungen (Taubergebiet) Bereichen mit
gewogene, dem Gebietsaufbau annähernd                         ausgesprochen geringer Ausstattung ge-
adäquate Stationsverteilung zu verzeichnen                    genüber. Zum Glück weist dieses Teilgebiet
ist. Die Tabelle 4.1 mit Angaben der pro-                     im Vergleich zu allen übrigen die geringste
zentualen, von der Geländehöhe abhängi-                       Höhengliederung auf, so dass diese Un-
gen Anteile der Gebietsfläche und der ent-                    gleichmäßigkeit nicht zu stark ins Gewicht
sprechenden Zahl der Messeinrichtungen                        fällt.
unterstreicht noch einmal ausdrücklich die-
                                                              Wenn zwar rein zahlenmäßig ("proportio-
se Feststellung.
                                                              nal") die höheren Lagen (> 800 m ü. NN)
                                                              ausreichend mit Stationen ausgestattet zu
Für alle das Schneedeckenregime be-
                                                              sein scheinen, treten regional dennoch
schreibenden Parameter gilt eine ausge-
                                                              Mängel auf. So sind z. B. im Bayerischen
prägte Abhängigkeit von der Geländehöhe
                                                              Wald oberhalb 600 m keine geeigneten, d.
als gesichert ([14], vgl. auch Kapitel 6). Ge-
                                                              h. vollständigen Messreihen vorhanden.
rade auch deshalb ist die den Flächenan-
                                                              Obgleich daraus keine nachhaltigen Aus-
teilen (für die verschiedenen Höhenstufen
Datengrundlage                                       19

wirkungen auf die grundsätzlichen Aussa-             (quantitative) Aussagen zum Wasseräqui-
gen der durchzuführenden Untersuchungen              valent der Schneedecke unerlässlich sind.
zu erwarten sind, bleibt jedoch anzumerken,          Während aber für die Untersuchung des
dass das von der Geländehöhe abhängige               Andauerverhaltens auf das Datenmaterial
Langzeitverhalten der Schneedeckenpara-              von 508 Stationen zurückgegriffen werden
meter in großen Höhenbereichen nur unzu-             kann, sind für die Arbeiten zum Wasser-
reichend betrachtet werden kann. Das ist             äquivalent lediglich die Daten von ca. 60
insofern bedauerlich, weil festgestellt wer-         Stationen vorhanden.
den konnte, dass gerade in größeren Höhen
eine Abschwächung bzw. sogar die Umkehr              Das Wasseräquivalent wird nur an ausge-
von ansonsten dominierenden Trendrich-               wählten Stationen und zu festgelegten Ter-
tungen beobachtet werden konnte (vgl.                minen (3mal wöchentlich: Montag, Mitt-
auch Kapitel 6).                                     woch, Freitag) bestimmt. Weiterhin ist vor-
                                                     gegeben, die Messungen nur ab einer Min-
Für die vorgesehenen Untersuchungen ist              desthöhe der Schneedecke von 5 cm
die Auswertung sehr langer, lückenloser              durchzuführen [13]. Aus diesen einschrän-
und homogener Datenreihen wünschens-                 kenden Vorgaben folgt, dass überwiegend
wert. Nur wenige Stationen haben ununter-            nur sporadische, für manche Winterperio-
brochene lange Reihen, diese haben aber              den (besonders für Stationen in tieferen
in der Regel den Nachteil, wegen verschie-           Lagen) keine Messwerte vorhanden sind.
denartiger Einwirkungen nicht mehr homo-             Die auf diese Weise erhobenen Daten eig-
gen zu sein (vgl. Kapitel 4.2.4). Vor allem          nen sich nicht für systematische statistische
als Folge des letzten Weltkrieges sind be-           Untersuchungen, insbesondere nicht für
sonders in der Zeit von 1944 bis 1946 mas-           Zeitreihenbetrachtungen und flächenorien-
sive Unterbrechungen aufgetreten. Da die             tierte Vergleiche. Die vorhandenen Mess-
genannten Defekte flächendeckend auftre-             werte sind aber eine unverzichtbare
ten, ist es nicht möglich, Ergänzungen               Grundlage für die Modellbildung und die
durch Vergleiche mit Nachbarstationen vor-           Parametereichung (s. u.).
zunehmen. Erst zu Beginn der 50er Jahre
kann von einer weitgehenden Wiederher-               Die Nachteile der beschriebenen diskonti-
stellung der Messnetze und der Stabilisie-           nuierlichen Erhebung von Messwerten kön-
rung der Datengewinnung gesprochen wer-              nen Bedarfsweise durch Simulationen aus-
den. Als gemeinsamer Beginn der Bezugs-              geglichen werden.
periode, die der Untersuchung zu Grunde
gelegt wurde, ist deshalb die Winterperiode          Der Simulation wird das Modell SNOW-K
1951/52 gewählt worden.                              [15] zugrunde gelegt. Aus Tagesmitteln der
                                                     Lufttemperatur und des Dampfdrucks sowie
Damit stehen für die vorgesehenen Zeitrei-           aus Tagessummen des Niederschlags und
henuntersuchungen (Trendanalyse) lü-                 der Globalstrahlung kann der zeitliche Ver-
ckenlose Datenreihen zur Verfügung, aller-           lauf des Auf- und Abbaus des Wasseräqui-
dings mit dem Nachteil, dass die Zeitrei-            valents der Schneedecke in Tagesschritten
henanalyse auf 45 Winterperioden (1951/52            überall dort nachgebildet werden, wo die
bis 1995/96) begrenzt ist. Die an anderer            genannten meteorologischen Grundgrößen
Stelle hervorgehobene große Anzahl ver-              vorhanden sind.
fügbarer Datenreihen lässt immerhin hoffen,
dass sich damit die Nachteile der begrenz-           Der Prozess des Schneedeckenaufbaus
ten Länge der Bezugsreihe wenigstens teil-           (Akkumulation) wird aus den Messwerten
weise eliminieren lassen.                            des Niederschlags simuliert, wobei die sys-
                                                     tematischen Messfehler durch Korrektur-
An anderer Stelle (Kapitel 3) wurde bereits          faktoren beseitigt werden. Ebenso werden
eingehend begründet, dass für die Hydrolo-           die Beziehungen zwischen Lufttemperatur
gie und die Wasserwirtschaft außer den               und Aggregatzustand des Niederschlags
notwendigen Informationen zum Andauer-               berücksichtigt.
verhalten der Schneedecke vor allem auch
20                  Langzeitverhalten der Schneedecke in Baden-Württemberg und Bayern

Für die Nachbildung der komplizierten Pro-                Für den festgelegten Optimierungszeitraum
zesse der Umwandlung (Metamorphose)                       wurden die Parameter so optimiert, dass
und des Abbaus (Ablation) der Schneede-                   der Verlauf der berechneten Schneede-
cke werden die meteorologischen Größen                    ckenentwicklung im Mittel an den Verlauf
Lufttemperatur, Dampfdruck und Global-                    der gemessenen Schneedecke angepasst
strahlung verwendet. Daraus können die                    wurde.
Komponenten des Wärmeaustauschs zwi-
schen Schneedecke und Atmosphäre                          Ein Teil der vorliegenden Stationen konnte
(Strahlungsbilanz, turbulenter Wärmeaus-                  an Hand vorhandener Wasseräquivalent-
tausch) unter Zuhilfenahme optimierter Pa-                messungen optimiert werden. Die verblei-
rameter für den Wärmeübergangskoeffi-                     benden Stationen wurden quasi optimiert, d.
zienten und die Albedo bestimmt werden.                   h. es wurde mit Hilfe eines Gebietspara-
Der Wärmestrom, verursacht durch Regen                    metersatzes die simulierte Schneedecken-
auf die Schneedecke, wird ebenfalls be-                   entwicklung mit der gemessenen Schnee-
rücksichtigt. Vernachlässigt wird hingegen                höhe verglichen und Anpassungen der Op-
der (geringfügige) Bodenwärmestrom. Die                   timierungsparameter vorgenommen (z. T.
internen Prozesse der Schneedecke (u. a.                  sind bei den quasi optimierten Stationen nur
strukturelle Beschaffenheit und Speicher-                 kurze Messreihen vorhanden oder das ge-
vermögen für Schmelzwasser) werden                        messene Wasseräquivalent wurde nur in
durch vereinfachte Modellannahmen be-                     einigen wenigen Winterhalbjahren be-
rücksichtigt.                                             stimmt).

Die Optimierung der Modellparameter und                   Für zahlreiche Stationen konnte auf diese
die Verifikation der abgeleiteten Ergebnisse              Weise die Datengrundlage für Zeitreihen-
erfolgte stationsbezogen mit Hilfe entspre-               analysen, vor allem aber auch für flächen-
chender Stützwerte (Messwerte des Was-                    orientierte Aussagen geschaffen werden.
seräquivalents der Schneedecke an drei
ausgewählten Messtagen der Woche). Ein-                   Damit kann lückenloses Material für die
gehende Untersuchungen haben die gute                     Langzeituntersuchungen, auch für das
Übereinstimmung zwischen gemessenen                       Wasseräquivalent (siehe Kapitel 6.7) und
und simulierten Werten bestätigt. Als Opti-               das Niederschlagsdargebot (siehe Kapitel
mierungszeitraum wurden die Winterhalb-                   6.8), bereitgestellt werden.
jahre 1951/52 bis 1980/81, als Verifizie-
rungszeitraum für die festgelegten Optimie-               4.2      Datenvorbearbeitung
rungsparameter        die     Winterhalbjahre
1981/82 bis 1995/96 verwendet.                            4.2.1 Probleme bei            der   Datenbereit-
                                                                stellung
Die Modellparameter sind in erster Nähe-
rung abhängig von der Geländehöhe und                     Die vorgesehenen Zeitreihenuntersuchun-
zum Teil von der Windgeschwindigkeit. Zu                  gen zum Langzeitverhalten der Schneede-
den wichtigsten Modellparametern, - d. h.                 cke erfordern lange, vor allem aber auch
Parameter mit großem Einfluss auf Ände-                   vollständige Datenreihen. Der weitaus
rungen bei der Simulation der Schneedecke                 größte Teil aller verwendeten 508 Reihen
-, gehören vor allem der Schwellenwert der                erfüllt diese Bedingung ohne Einschrän-
Temperatur (Unterteilung des fallenden                    kung. Im Interesse der regionalen Ver-
Niederschlags in festen/flüssigen Nieder-                 gleichmäßigung      der   Stationsverteilung
schlag), die Niederschlagskorrekturfaktoren               mussten aber auch Stationen einbezogen
und der Wärmeübergangskoeffizient.                        werden, deren Datenreihen Ausfälle aufwie-
                                                          sen. Es soll hierzu noch angemerkt werden,
Die Bestimmung der Modellparameter für                    dass Ergänzungen in der Regel nur dann
jede Klimastation erfolgte nach detaillierten             vorgenommen bzw. versucht wurden, wenn
Untersuchungen mit Berücksichtigung der                   die Ausfälle nicht mehr als maximal zwei
regionalklimatologischen Bedingungen und                  Winterperioden erreichten.
der Standortbesonderheiten (z. B. Luv-
/Leelage).
Datengrundlage                                                  21

             Vergleichsstationen in benachbarter und                        malwert der betreffenden Größe in einer
             ähnlicher Lage sind in den meisten Fällen                      festgelegten Periode.
             vorhanden. Auf diese Weise ließen sich die
                                                                            Im vorliegenden Falle wird die so genannte
             Lücken im Allgemeinen mit einem hohen
                                                                            normierte Schwankungsbreite ermittelt. Sie
             Grad an Zuverlässigkeit schließen. Mit der
                                                                            ist definiert als die auf den Mittelwert der zu
             erwähnten Möglichkeit, räumlich unmittelbar
                                                                            untersuchenden Größe bezogene Differenz
             benachbarte Datenreihen in vergleichbarer
                                                                            der Extremwerte, ausgedrückt durch die
             geographischer Situation für die Ergänzun-
                                                                            Beziehung (hier für die Schneedeckendau-
             gen verwenden zu können, wurden in vielen
                                                                            er):
             Fällen sowohl die mesoräumigen Beson-
                                                                             Amax - Amin
             derheiten der Schneedeckenentwicklung als                                     = W A, norm                 (3)
             auch die spezifischen Merkmale der zu er-                            A
             gänzenden Zeitabschnitte (Winterperioden)
             bestmöglich berücksichtigt.                                    Amax, Amin    = Maximal- bzw. Minimalwert
                                                                            der Schneedeckendauer für die vorgegebe-
             Die räumliche Variabilität der Schneedecke                     ne Bezugsperiode
             ist im meso- und makromaßstäbigen Be-                          Ā             = Mittelwert der Schneede-
             reich überwiegend das Ergebnis der topo-                       ckendauer für die vorgegebene Bezugspe-
             graphischen Gliederung. Erfahrungsgemäß                        riode
             bestehen im Mittel straff korrelierte Abhän-                   WA,norm       = normierte Schwankungs-
             gigkeiten der Schneedeckenparameter ge-                        breite der Schneedeckendauer für die vor-
             genüber der Geländehöhe. Da die Variabi-                       gegebene Bezugsperiode
             lität mit zunehmender Schneedeckenhöhe
             relativ abnimmt, ist im Mittel deshalb folge-                  Die Abb. 4.1 und die Anlage 1 geben eine
             richtig eine Abnahme der Veränderlichkeit                      Vorstellung von der Größenordnung und der
             mit zunehmender Geländehöhe in dem Ma-                         Höhenabhängigkeit der Veränderlichkeit der
             ße zu erwarten, in dem die Schneehöhe                          Schneedeckendauer, ausgedrückt durch die
             zunimmt (vgl. auch [9]; [11]; [12]; [14]).                     normierte Schwankungsbreite.

             Als ein aussagekräftiges Maß für die Ver-                      Die Besonderheiten bei der Messung des
             änderlichkeit, u. a. in Abhängigkeit von der                   Wasseräquivalents der Schneedecke sind
             Geländehöhe, wird die Schwankungsbreite,                       im Kapitel 4.1 bereits ausführlich beschrie-
             auch Variationsbreite, des zu betrachtenden                    ben worden. Zur Herstellung von Datenrei-
             Parameters verwendet. Sie wird ermittelt als                   hen, die auch für Langzeituntersuchungen
             die Differenz zwischen Minimal- und Maxi-                      geeignet sind, müssen deshalb z. T. be-
                                                                            trächtliche Ergänzungen vorgenommen
                                                                            werden.
            4,00                                                            4,00
                               BADEN-WÜRTTEMBERG                                                             BAYERN
            3,50                                                            3,50
            3,00                                                            3,00
            2,50                                                            2,50
W A, norm

                                                                W A, norm

            2,00                                                            2,00
            1,50                                                            1,50
            1,00                                                            1,00
            0,50                                                            0,50
            0,00                                                            0,00
                   0    500      1000      1500     2000                           0      500      1000      1500      2000
                         Geländehöhe (m ü. NN)                                              Geländehöhe (m ü. NN)

             Abb. 4.1: Normierte Schwankungsbreite W A, norm der Schneedeckendauer in
                       Abhängigkeit von der Geländehöhe, Reihe 1951/52 bis 1995/96
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