Leitlinien zur Pferdehaltung - Status - Einordnung - Umsetzung - Entwicklung Dr. sc. agr. Christiane Müller Ö.b.v. Sachverständige für ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Leitlinien zur Pferdehaltung Status – Einordnung – Umsetzung – Entwicklung Dr. sc. agr. Christiane Müller Ö.b.v. Sachverständige für Pferdehaltung, -zucht und -sport
Warum Leitlinien vom Gesetzgeber? • Tierschutzgesetz + Grundgesetz • Pferde sind landwirtschaftliche Nutztiere • Keine Verordnung zur Umsetzung, wie bei Rind, Schwein u. Geflügel • Deshalb Leitlinien: • zur betrieblichen Eigenkontrolle • zur Beurteilung von Behördenvertretern • zur Einschätzung im Schadensfall (Rechtsstreit)
Leitlinien zum Tierschutz Pferd • Leitlinien zum Tierschutz im Pferdesport (BMEL, 1992) • Leitlinien zur Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten (BMEL 1994, 2009) • Leitlinien für die Veranlagungsprüfung von Hengsten (BMEL, 2003)
Leitlinien zu Haltungsfragen: Status der Tierwohldiskussion „Die Begriffe Tierwohl und Tiergerechtheit verbinden die Bereiche Tiergesundheit, Tierverhalten und Emotionen. Wenn Tiere gesund sind, ihr Normalverhalten ausführen können und negative Emotionen vermieden werden (z.B. Angst und Schmerzen), kann von einer guten Tierwohl- Situation, bzw. einer tiergerechten Haltung ausgegangen werden.“ Nutztierhaltungsstrategie – Zukunftsfähige Tierhaltung in Deutschland, BMEL 2017
Tierwohl • Tierwohlinitiative des BMEL (2014) • „Eine Frage der Haltung“ • Beim Pferd: Tierschutzpreis beim BCH • Länderinitiativen (Tierschutzplan, Tierschutzbeauftragte, Runder Tisch)
Tiergerechtheit • Der Tiergerechtheitsindex (TGI) wurde 1994 publiziert und diskutiert (Andersson u. Sundrum) • In welchem Maß die Haltungsumwelt das Wohlbefinden der Tiere sichern kann und die Anpassungsfähigkeit der Tiere nicht überfordert, Verhaltensmuster nicht eingeschränkt und somit Schmerzen, Leiden oder Schäden vermieden werden (2000 und 2012, DLG-Merkblatt 383)
Animal Welfare (ab 2000) • EU Projekt zu Rind, Schwein, Geflügel • AWIN (Animal Welfare Indicators) u.a. Equiden • Nationaler Bewertungsrahmen (KTBL 2006) • Kritische Kontrollpunkte Rind und Schwein (Züchtungskunde 2007) • DAFA – Prozess Strategieprozess zur Zukunft der Nutztierhaltung (2009 – 2017) • BMEL Tierwohl Initiative „Eine Frage der Haltung“ (2014) • Tierschutzpreis beim Bundeschampionat • WBA Gutachten (2016) • Das Tier im Blick – Zuchtsauen, Milchkühe, Legehennen, Pferde (DLG-Merkblatt) • Tierschutzindikatoren – Rind, Schwein, Geflügel (KTBL 2017)
Gesellschaftspolitische Einordnung • Tierschutz vor Natur- und Umweltschutz • Emotionale Bindung zum Tier • Sehnsucht nach Idylle (Landlust etc.) • Tiere als soziale Partner (Tierfriedhöfe…) • Tierschutz als Geschäftsidee • Weitere Tierschutzorganisationen neben dem Deutschen Tierschutzbund e.V. • Tierrechtsorganisationen • Fragen zur Tierethik
Wissenschaftliche Erkenntnisse (seit ca. 1980) • Nutztierwissenschaft beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Erfassen, Messen und Beurteilen von Tierverhalten und Tiergesundheit verschiedener landwirtschaftlicher Nutztiere unter Haltungsbedingungen. • Kombination von Merkmalen aus Ethologie und Physiologie schien lange der Schlüssel zu sein, um Wohlbefinden beim Tier einschätzen zu können. • Heute sind Aspekte der Tierethik zu berücksichtigen.
Anwendung von Leitlinien • Pferde sind landwirtschaftliche Nutztiere • Tierschutzgesetz • Leitlinien • TierSchutzNutztierhaltungsVerordnung • Wissenschaftlich gesicherte Kenntnisse plus • Gute Fachliche Praxis • Keine standardisierten Haltungsverfahren • Einzelfallentscheidungen • Fachlicher Begründung notwendig
Diskussion Worüber diskutieren wir? Wer diskutiert mit wem? Rahmen ist klar gesteckt: • Öffentlichkeit ist permanent präsent • Gesellschaft / Mitbürger sieht im Tier das fühlende Mitgeschöpf mit Emotionen • (Tier-) Schutz Status (in D) • Nicht mit Würde und Rechten (wie in der CH)
Chronologie der Leitlinien (LL) • 1992: LL Tierschutz im Pferdesport (BMEL) • 1994: LL zur Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten (BMEL) • 2003: Leitlinien zur Veranlagungsprüfung von Hengsten (BMEL) • 2009: Überarbeitung der LL zur Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten (BMEL) • 2018: Überarbeitung der LL zum Tierschutz im Pferdesport
Tierschutzgesetz Grundsatz (§ 1): Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden, Schäden zufügen Tierhaltung (§ 2): Seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, verhaltensgerecht unterbringen… Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass Schmerzen, vermeidbare Leiden, Schäden zugefügt werden Person muss für angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung über erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen
Leitlinien Pferdehaltung • Sind nach Aussage des BMEL 2009 und 2018: • Keine Rechtsnormen und nicht rechtsverbindlich • Kein Charakter von Verwaltungsrichtlinien • Orientierungs- und Auslegungshilfe bei der Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften und nicht Rechtsgrundlage
Leitlinien zur Pferdehaltung… • „Für die Haltung von Pferden gelten die allgemeinen Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes. Zur Konkretisierung dieser allgemeinen Anforderungen gibt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) u.a. Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten heraus.“ • „Die Anforderungen dieser Leitlinien dienen Pferdehaltern und Züchtern sowie den für den Vollzug des Tierschutzgesetzes nach Landesrecht zuständigen Behörden der Länder als Orientierung, welche Anforderungen an eine artgerechte Haltung Pferden gemäß § 2 des Tierschutzgesetzes zu stellen sind.“ (BMEL, 2017)
Leitlinien aus amtstierärztlicher Sicht (Dr. med.vet. Andreas Franzky, BBT 2017) • Leitlinien als verlässlicher und gesicherter wissenschaftlicher Kenntnisstand • Gute Argumentationshilfe für den Amtsveterinär • Hauptdefizite in der Haltung: zu kleine Boxen, dunkle, schlecht belüftete Ställe, Verletzungsrisiken, keine Sozialkontakte, keine artgerechte Fütterung, keine freie Bewegung • Korrekte Anwendung im Einzelfall notwendig!
Leitlinien aus wissenschaftlicher Sicht (Dr. Margit Zeitler-Feicht, BBT 2017) • Als antizipiertes Sachverständigengutachten • Aktueller Kenntnisstand in der Wissenschaft • Richtmaße als Empfehlung, Funktionsmaße als Vorgabe zur Funktion, Mindestmaße als Mindestanforderung z.B. Liegefläche und Boxengröße (individuell und größenabhängig) • Boxengröße mind. (2 x Wh)² als Liegefläche (nach Schnitzer 1969, KTBL 1970, FN 1994) • Tägliches Bewegungsangebot durch kontrollierte und freie Bewegung, um das Bedürfnis des Pferdes nach Bewegung zu befriedigen!
Ethologie des Pferdes • Sozialverhalten (mindestens Sicht-, Hör- und Geruchskontakt) • Bewegungsverhalten (täglich mehrstündige Bewegung) • Ruheverhalten (Sicherheits- und Komfortbedürfnis, ausreichend große, trockene, verformbare Liegefläche) • Futter- und Wasseraufnahmeverhalten (gleichzeitige Futteraufnahme, Zeit und Ruhe zum Fressen, Beschäftigung mit Raufutter, Wasser mindestens 3 x /Tag satt)
Entwicklung von Pferdehaltungen anhand von Indikatoren • Ressourcenbezogene Indikatoren z. B. bauliche und technische Aspekte der Haltung (Hardware) Ist eine tier(art)gerechte Haltung möglich? • Managementbezogene Indikatoren z. B. Qualifikation und Erfahrung des Tierhalters (Software) Werden die Gegebenheiten für die tier(art)gerechte Haltung genutzt? • Tierbezogene Indikatoren pro Einzeltier und Tierbestand: Kriterien zu Verhalten und Gesundheit sowie Abwesenheit von Stress und Angst (lt. TschG), keine Schäden, Schmerzen oder Leiden.
Ressourcenbezogene Indikatoren • Boxengröße abhängig von Pferdegröße • Trennwandgestaltung (Sozialkontakt, Erkundungsverhalten, Verletzungsrisiken) • Licht + Luft im Tierbereich, Außenklimareize • Futterqualität, Rationsgestaltung, (Fütterungsfrequenz, Fressdauer, Fresspausen) • Tränke, Wasserqualität und –menge • Einstreumenge, – qualität und –pflege • Verletzungsrisiken (bei Abständen von 6 – 30 cm)
Boxengröße abhängig von Pferdegröße
Trennwandgestaltung
Trennwandgestaltung
Trennwandgestaltung
Trennwandgestaltung
Licht und Luft
Licht und Luft
Licht und Luft
Licht und Luft
Licht und Luft
Außenklimareize
Außenklimareize
Außenklimareize
Ressourcenbezogene Indikatoren • Bewegungsangebot (kontrolliert, d.h. Trainingsmöglichkeiten + frei, d.h. Ausläufe, Weiden) • Bewegungsställe mit Fressplatz und Liegefläche für jedes Pferd (Konzept) • Strukturierte Ruhebereiche und Bewegungsflächen • Bodenbeschaffenheit und Hygiene • Synchrones Verhalten einer Gruppe muss möglich sein • Verletzungsrisiken (Stababstände, Spalten u. sonstige Öffnungen mit einer lichten Weite von ca. 6 – 30 cm sind risikobehaftet!) • Zaungestaltung und -pflege
Leitlinien Pferdehaltung FI1 „Allen Pferden, „In allen insbesondere Pferdehaltungen aber ist daher täglich Zuchtstuten, „Pferde haben „Daher kann für Fohlen und somit einen kontrollierte ausreichende, Jungpferden Bedarf an Bewegung die täglich den muss sooft wie freie Bewegung mehrstündiger physiologischen möglich nicht vollständig Bewegung.“ Anforderungen Weidegang ersetzen.“ entsprechende und/oder Bewegung der Auslauf Pferde zu angeboten sorgen.“ werden.“
Folie 35 FI1 An dieser Stelle habe ich eine Animation eingebaut. Wenn Sie die Präsentation im entsprechenden Modus starten, sehen Sie die Animation. FN, Install; 06.09.2017
Bewegungsangebot
Bewegungsangebot
Bewegungsangebot
Bewegungsangebot
Freie Bewegung (Komfortverhalten)
Freie Bewegung (Komfortverhalten)
Futteraufnahme, freie Bewegung, Außenklimareize, Sozialverhalten
In Bewegungsställen
Futteraufnahme in strukturiertem Bereich
Futteraufnahme in strukturiertem Bereich
Futteraufnahme in strukturiertem Bereich
Futteraufnahme in strukturiertem Bereich
Futteraufnahme in strukturiertem Bereich
Wasseraufnahme
Wasseraufnahme
Wasseraufnahme
Strukturierte Ruhebereiche
Strukturierte Ruhebereiche
Strukturierte Bewegungsbereiche
Strukturierte Bewegungsbereiche
Offenstall verschiedene Böden
Optimierte Einzelhaltung
Bewegungsstall
Synchrones Verhalten
Synchrones Verhalten
Managementbezogene Indikatoren • Qualifikation + Erfahrung des Betriebsleiters und der Mitarbeiter • Gesundheitsmanagement (Entwurmen, Impfen, Tetanus, Zahnkontrolle, Hufpflege) • Stallhygiene, Hygienemaßnahmen • Quarantäne • Verletzungsrisiken ( < 6 > 30 cm lichte Weite)
Tierbezogene Indikatoren (individuell und im Bestand) • Identität und Zustand der Pferde • Fell und Langhaar (Verschmutzung, Verfilzung, Scheuerstellen, Ektoparasiten) • Hufe • Ernährungszustand • Gliedmaßen (Druckstellen, haarlose Stellen, Schwellungen) • Verletzungen (Anzahl, Größe und Art) • Verhalten (individuell und im Bestand)
Hengsthaltung
Hengsthaltung
Hengsthaltung
Einzäunung • Größtmögliche Sicherheit für Tier und Mensch • Gut sichtbar, stabil, möglichst ausbruchsicher • Tierschutzrelevant: • Stacheldraht oder Knotengitterdraht • defekte oder unzureichende Einzäunungen • Freiliegende Spiralen bei Torgriffen /- federn • Rasse, Geschlecht, Bestandsdichte, Futterangebot, Lage, Größe • Richtwerte….
Auslauf • Muss die Funktion zur Ausübung der freien Bewegung in allen drei Gangarten ermöglichen • Mind. 150 m² für 2 Pferde • Plus 40 m² für jedes weitere Pferd • Rechteckige Form wird empfohlen • Boden: nicht dauerhaft im Morast
Witterungsschutz • Muss sein, bei ganzjährig oder über längeren Zeitraum ganztägig draußen Aufenthalt • Abhängig von Witterung und Zeitraum • Wenn, dann für alle Pferde einer Gruppe ausreichend groß und zugänglich • Schutz gegen Regen, Wind, Sonne, Insekten • Natürlicher / gewachsener Witterungsschutz
Pferdehaltung im Focus • FN-Kennzeichnung APO 2000 mit dem • Grundschild Pferdehaltung • Richtlinien Bd. IV • Orientierungshilfen Reitanlagen und Stallbau • Stallwettbewerb „Unser Stall soll besser werden“ • Laufstallarbeitgemeinschaft (LAG) e.V. • Landeswettbewerb Hessen: „Tiergerechte Pferdehaltung“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quellen der Fotoaufnahmen: • Dr. Christiane Müller • FN-Archiv • Reiter Revue International
Sie können auch lesen