Lese-Brief Nr. 65 - Stadtbücherei Ibbenbüren

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Lese-Brief Nr. 65 - Stadtbücherei Ibbenbüren
Lese -Brief Nr. 65
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 des
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 Ibbenbüren

 Für die Bewohnerinnen und Bewohner 22.06.21

 Haus St. Benedikt in Recke AWO Seniorenzentrum Klosterstraße in Ibbenbüren
 St. Josefs-Haus in Halverde AWO Seniorenzentrum Weberstraße in Ibbenbüren
 Caritas Altenwohnhaus in Ibbenbüren Haus St. Hedwig in Püsselbüren
 Caritas Altenhilfe in Ibbenbüren Ledder Werkstätten
 Stadtbücherei in Ibbenbüren Ambulante Betreuten Wohngemeinschaft Bevergern
 Tagespflege in Ibbenbüren DRK in Ibbenbüren
 Altenheim Maria Frieden Mettingen Stadtmuseum Ibbenbüren
 Anna Stift Hopsten Tagespflege St. Georg Hopsten

Am „Gardasee“ in Riesenbeck

Fußballtraining? Verboten! Mit den Kumpels treffen? Nichts da! Einfach
mal wieder an die Nordsee? Denk nicht dran!
Was also tun, wenn das Virus unser Leben stark einschränkt und gerade
uns Jugendlichen die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe erschwert, wenn
noch dazu die Sonne lacht und kein graues Wölkchen am Himmel zu
sehen ist?
In der Stube hocken? Keine Option! Also muss das Fahrrad raus. Einfach
auf den Sattel schwingen und die Gegend rund um Ibbenbüren und
Riesenbeck erkunden.

Doch der Euphorie folgte die Ernüchterung. Bedauerlicherweise war das
Fahrrad nicht geputzt. Der nigelnagelneue Aluminiumrahmen war nun
übersäht von Dreck und Matsch, die Kette rostig und quietschend. Mit
verzogener Miene und doch in Windeseile, ließen wir das Fahrrad in

 Verfasser: Thea und Josef Brinker, Dornröschenweg 53, 49479 Ibbenbüren, Tel.: 05451/84472

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Lese-Brief Nr. 65 - Stadtbücherei Ibbenbüren
neuem Glanz erstrahlen. Dann konnte es losgehen. Endlich! Den Missmut
der sich in den letzten Wochen aufgestaut hatte, von der Seele radeln.
Das Wetter hatte es gut mit uns gemeint, obwohl sich der wankelmütige
April zuletzt nicht hat in die Karten schauen lassen und munter Schnee
und Regen darbot, bescherte er uns heute strahlenden Sonnenschein. Ein
Hauch von Frühlingsgefühlen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, eine
Spitze - gut gesetzt in den allgegenwärtigen Corona-Blues. Los ging es in
Schierloh.
Im Wald angekommen, visierten wir schnell den Hermannsweg an und
erstaunlicherweise erwiesen wir uns als äußerst Sattelfest. Der Wald war
gut besucht und auch viele Radfahrer kreuzten unsere Wege. Aktuell ein
echter Hotspot1 für Radfahrer und Wanderlustige sowie Naturfreunde
jeder Art. Die Stimmung war gelöst. Freundliche Begrüßungen mischten
sich in das fröhliche Vogelgezwitscher.
Dann der erste Härtetest: Im Labyrinth
des Waldes hatten wir uns tatsächlich
verirrt. Fest stand: Wir waren in eine
Sackgasse geraten. Weder blickten wir
auf eine Pfadfinder-Karriere zurück
noch waren wir geographisch in den
hiesigen Breitengraden sonderlich
geschult. Nichtsdestotrotz sparten wir
natürlich nicht mit Äußerungen vom
Kaliber: „Den Wald? Den kenn` ich
wie meine linke Westentasche.“ An
Selbstbewusstsein mangelte es uns also
nicht, wohl aber an der nötigen
Cleverness, uns aus dem Schlamassel Der Dortmund-Ems-Kanal mit
herauszuwinden. dem Radweg
Letztlich drehten wir um. Von nun an entschlossen wir uns, die
Wegweiser am Waldrand als ernsthafte Orientierungshilfe wahrzunehmen.

1 Ein Ort mit starkem Besucherzulauf

 Verfasser: Thea und Josef Brinker, Dornröschenweg 53, 49479 Ibbenbüren, Tel.: 05451/84472

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Wie weise, man lernt doch nie aus. Und doch stand nicht zur Debatte,
dass wir dieses Malheur lieber für uns behielten. Wie dem auch sei, wir
hängten unseren Fahrradhelm nicht an den Nagel und setzten unser
„Abenteuer“ fort.
Inspiriert von den Wegweisern, machten wir uns auf in Richtung
Riesenbeck, das insbesondere durch seine „Schöne Aussicht“ punktete
und dadurch auch über die Stadtgrenzen hinaus Popularität genießt.
Und Überraschung: Der Weg war schnell zurückgelegt, doch hatte das
stetige auf und ab des Teutoburger Waldes seinen Tribut gezollt. Wir
ließen uns auf einer Bank nieder und nutzten den Moment zum
Durchschnaufen, sowie für ein nettes Picknick. Brezel und Croissants
standen auf dem Programm.
Geschmeckt hat`s. Danke der Nachfrage.

Blick von der Schönen Aussicht auf den Ort Riesenbeck
Die Schöne Aussicht bot ein beeindruckendes Panorama. Auch begünstigt
von den Witterungsverhältnissen und dem wolkenlosen Himmel, ließ die
Aussichtsplattform einen Blick bis nach Münster zu. In der Ferne ragten
die Bettentürme des Universitätsklinikums Münster empor. Wir gönnten
uns noch wenige Minuten, bis unser Ehrgeiz uns wieder packte. Auf zu

 Verfasser: Thea und Josef Brinker, Dornröschenweg 53, 49479 Ibbenbüren, Tel.: 05451/84472

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neuen Höhen und Meilensteinen, die sich sicher gut in unserer noch
jungen Pfadfinder-Vita lesen lassen würden.

Wir stellten unseren Kompass auf
Richtung Westen, genauer gesagt
Bevergern. Ganz im Sinne unseres
Credos: Immer der Nase nach. Auf
unsere Intention und unser
Bauchgefühl hatten wir uns schließlich
bisher stets verlassen können. Auf
direktem Wege peilten wir den
Hermannsweg an. Von nun an
bewegten wir uns auf heiligem Boden,
auf den Spuren von Arminius, dem
römischen Feldherr schlecht hin, der
lange vor unserer Zeit den Dickicht
des Teutoburger Waldes durchpflügte. Die ruhige Wasseroberfläche des
Das Profil der Etappe hatte es in sich, Kanals
es ging über Stock und Stein und unsere Oberschenkel machten sich
langsam aber sicher bemerkbar, ganz zu schweigen von dem Schweiß,
der unsere Stirn herabrann.
Wir waren jedenfalls gefordert. Die Tatsache, dass wir uns erneut
verirrten, machte das nicht leichter. Unfreiwillig musste „Am Nassen
Dreieck“ der Asphalt als Umleitung herhalten, so waren wieder einige
Nerven gelassen, die sich allerdings noch auszahlen sollten. Wir steuerten
geradewegs auf das Highlight2 der Tour zu. Und wie heißt es doch so
schön: „Wenn der Weg schön ist, lass uns nicht fragen, wohin er führt!“
Ja, unsere sportliche Aktivität nahm philosophische Züge an. Auf den
letzten Metern verengte sich der Hermannsweg, an ein Fahren
nebeneinanderher war nicht zu denken. Sowohl zu unserer Linken als
auch zu unserer Rechten klaffte ein steiler Abhang und stellte unsere
Koordination auf die Probe. Der Untergrund war trocken, doch ebenso

2 Höhepunkt/ besonderes Ereignis

 Verfasser: Thea und Josef Brinker, Dornröschenweg 53, 49479 Ibbenbüren, Tel.: 05451/84472

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steinig und damit nicht weniger anspruchsvoll. Beide Fahrräder
klapperten und hoben mitunter vom Boden ab. Bum, bum, bum. Unser
Herzklopfen passte sich dem Takt dessen an. Aber keine Sorge: Wir leben
noch. Schließlich bringen wir das Erlebte gerade zu Papier und hegen
keinerlei Interesse daran, unsere Eindrücke vom Gardasee vorzuenthalten.
Dabei handelt es sich zwar um eine gnadenlos euphemistische Darstellung
des Riesenbecker Kanals, aber was soll’s?
Unser Instinkt hatte uns auf unserer Reise quer durch die Höhen und
Tiefen des Teutoburger Waldes doch tatsächlich ins Paradies geführt. Die
Idylle schlechthin – etwa 70 Meter unter uns.
Ohne das Ortsschild auf der gegenüberliegenden Seite hätten wir in
unserer Faszination vermutlich derart die Orientierung verloren, dass wir
uns auf dem Gipfel des Monte Baldo in Oberitalien wähnten. Die
glitzernde Wasseroberfläche verzauberte uns jedenfalls im Stile einer
italienischen Lagune und tanzte im Rhythmus des Windes. Der Gardasee
in Bevergern – gleichermaßen Fatamorgana wie atemberaubende
Naturkulisse. Auch der Abstieg ließ an Spektakel und Nervenkitzel nichts
zu wünschen übrig.
Auf dem Rückweg genehmigten wir uns im „Santaniello“, der
Bevergerner Eisdiele, die wohlverdiente und spätestens seit dem mühevoll
bewältigten Aufstieg die sehnsüchtig herbeigesehnte Portion Eis. Eine
Kugel Vanille und eine Schokolade jeweils. Mit bunten Streuseln verziert,
in eine süße Karamellwaffel getunkt. In der Waffel – versteht sich. Für
echte Abenteurer und waghalsige Überlebenskünstler in der Wildnis. Den
Lohn für den Kraftakt verputzten wir unweit der Eisdiele auf einer
Parkbank, die marode und gespickt mit Taubenexkrementen wohl nur
jene in ihren Bann ziehen würde, die vergebens auf die Öffnung der
Außengastronomie warteten. Stimmt.
Da war doch was. Die Eisdiele war zuvor bekanntlich auch vermummt
mit medizinischer Maske gestürmt worden. „Shit Happens“3, so das
unmissverständliche Motto dieser Tage, das vor dem Hintergrund der
schmutzigen Parkbank gar ironische anmutete.

3 Englische Redewendung, im Deutschen etwa „dumm gelaufen“

 Verfasser: Thea und Josef Brinker, Dornröschenweg 53, 49479 Ibbenbüren, Tel.: 05451/84472

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Unterm Strich traten schließlich zwei völlig ausgelaugte Jugendliche mit
breit angeschwollener Brust den Heimweg an, glücklich und beseelt und
am wichtigsten: Fix und fertig und reif fürs Bett. Für heute war definitiv
 genug Waldluft
 geschnuppert. 50
 abgestrampelte
 Kilometer prangten auf
 dem Tacho. Einzig die
 Pandemie hatte es wider
 Erwarten vermocht, der
 Home-Office-Flucht
 einen faden Beige-
 schmack zu verpassen,
 sodass schließlich eine
 letzte Erkenntnis auf der
Der Blick durch das Gehölz vom auf den Kanal Hand lag:
Früher war tatsächlich alles besser.

So, nun genug des nachdenklichen Geschwafels.
Bleiben Sie fit und lassen Sie sich nicht unterkriegen. Und denken Sie
immer daran: Für ein Abenteuer ist es nie zu spät. Die schönen Dinge
sieht man schließlich eh nur, wenn man langsam geht. In diesem Sinne:
Wir sind dann mal weg.

PS: Die letzten Zeilen sind mit Vorsicht und einer gehörigen Portion
Selbstironie zu genießen! 

Matthis und Jasper

 Verfasser: Thea und Josef Brinker, Dornröschenweg 53, 49479 Ibbenbüren, Tel.: 05451/84472

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Der
 Lese - Brief
 Die kleine Wörterkunde für Plattdeutsch
 von Dr. Klaus-Werner Karl
 22.06.21

 Für die Bewohnerinnen und Bewohner
 Haus St. Benedikt in Recke AWO Seniorenzentrum Klosterstraße in Ibbenbüren
 St. Josefs-Haus in Halverde AWO Seniorenzentrum Weberstraße in Ibbenbüren
 Caritas Altenwohnhaus in Ibbenbüren Haus St. Hedwig in Püsselbüren
 Caritas Altenhilfe in Ibbenbüren Ledder Werkstätten
 Stadtbücherei in Ibbenbüren Ambulante Betreuten Wohngemeinschaft Bevergern
 Tagespflege in Ibbenbüren DRK in Ibbenbüren
 Altenheim Maria Frieden Mettingen Stadtmuseum Ibbenbüren
 Anna Stift Hopsten Tagespflege St. Georg Hopsten

Das plattdeutsche Wort „Moder“
Wohl kaum jemand genießt eine größere Hochachtung und Verehrung als
die Mutter, de Moder. Als Kind wächst man im Mutterleib heran, in’t
Moderliew ran, und hört bereits die Muttersprache, de Moderspraok.
Nach der Geburt sollte das Baby, dat Buorstkind, mit Muttermilch gestillt
werden, met Modermiälk an de Moderbuorst anlägt wäern. Mütter, Mö-
ers, müssen ihre Kinder lange Zeit bemuttern, bemodern. Es dauert, bis
man die Kinder mutterselig allein lassen darf, modersiälig alleen laoten
draw. Das Mutterherz, dat Moderhiärt, schlägt höher, wenn ihre Kinder
zu Muttertag, an Moderdag, liebevoll an sie denken. Doch manche Mut-
terseele, manke Modersiäl, muss viel verkraften, wie dieser plattdeutsche
Spruch besagt: Lütte Kinner triät de Moder up’t Slip (die Schürze), graute
up’t Hiärt.
Die Erziehung der Kinder übernahm früher meistens die Oma, de Besmo-
der, manchmal sogar noch die Urgroßmutter, de Ankebesmoder. Über die
Schwiegermutter, de Swigermoder, wird oft übel geredet. Aower maol
äerlik: Wat was, wan wi de nich hadden?
Guëdgaon! Juen Kahls Klaus

Mit Genehmigung von Dr. Karl dürfen wir an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen seine Kolumnen zur
Plattdeutschen Sprache veröffentlichen.
Lizenz:https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/deed.de

 Verfasser: Thea und Josef Brinker, Dornröschenweg 53, 49479 Ibbenbüren, Tel.: 05451/84472

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