Leseprobe aus: ISBN: 978-3-499-00172-7 Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf www.rowohlt.de.

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ISBN: 978-3-499-00172-7
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Alex Milway

Aus dem Englischen von Sophie Härtling
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Die englische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel «Hotel
  Flamingo: Holiday Heatwave» bei Hot Key Books, Bonnier Zaffre
Limited, London.The moral rights of the author have been asserted.

                     Deutsche Erstausgabe
Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, Mai 2021
            Copyright für die deutsche Übersetzung ©
            2021 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg
         «Hotel Flamingo: Holiday Heatwave» Copyright
         © 2019 by Alex Milway (Text und Illustrationen)
                    Lektorat Christiane Steen
    Covergestaltung any.way, Barbara Hanke / Cordula Schmidt,
      nach dem Original von Piccadilly Press, Bonnier Zaffre
                Coverabbildung Alex Milway, 2019
      Satz aus der Dante MT bei Dörlemann Satz, Lemförde
       Druck und Bindung CPI books GmbH, Leck, Germany
                     ISBN 978-3-499-00172-7

      Die Rowohlt Verlage haben sich zu einer nachhaltigen
  Buchproduktion verpflichtet. Gemeinsam mit unseren Partnern
      und Lieferanten setzen wir uns für eine klimaneutrale
    Buchproduktion ein, die den Erwerb von Klimazertifikaten
        zur Kompensation des CO2-Ausstoßes einschließt.
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    Ein königlicher Brief

In der glühenden Sommerhitze hielt eine lange schwar-
ze Limousine vor dem Hotel Flamingo. Auf der Motor-
haube flatterten winzige schwarz-weiß-orangefarbene
Flaggen, die den Wagen sehr wichtig aussehen ließen.
Zwei elegant gekleidete Pinguine mit goldenen Trompe-
ten traten vor und spielten eine Fanfare – TÄ-TÄRÄ-TÄ-
TÄÄÄ! – , während eine Pinguinfrau zu Teddy Bär hin-

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überwatschelte. In ihrer schwarzen Jacke und dem Fal-
tenrock sah sie sehr wichtig aus, und als sie sprach,
wippte die kleine runde Brille auf ihrem Schnabel auf
und ab.
   «Ich bin Ms. Kehlstreif, Gesandte von Pinguinkönig
Valentin der Südlichen Inseln und seiner Frau, Königin
Julieta», sagte sie. «Ich würde gerne die Besitzerin des
Hotels Flamingo sprechen.»
   Teddy Bär war schon ewig Portier im Hotel Flamingo,
aber er konnte sich nicht daran erinnern, dass jemals
Gäste auf diese ungewöhnliche Weise angekommen wa-
ren.

«Gewiss, Ms. Kehlstreif», sagte er und richtete sich et-
was auf. «Bitte folgen Sie mir.»
   Er führte die Pinguinfrau durch die Eingangshalle,
vorbei an Lemmy, dem Ringelschwanzlemur, der für die
Rezeption zuständig war, und klopfte an die Bürotür.

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«Miss Dupont», sagte Teddy, als er die Tür aufdrückte,
«darf ich Ihnen … Ms. Kehlstreif, Gesandte des Pinguin-
königs und seiner Gattin, vorstellen?!»
   Anna sprang von ihrem Stuhl auf. «Guten Morgen,
Ms. Kehlstreif», sagte sie aufgeregt. «Wie kann ich hel-
fen?»
   Ms. Kehlstreif ließ ihren Blick durch das Büro schwei-
fen und bemerkte jedes Staubkorn, jedes schief aufge-
hängte Bild und jedes Buch im Regal, das aus der Reihe
tanzte.
   «Der Pinguinkönig und seine Gattin, die Pinguinköni-
gin, würden gerne Urlaub in Ihrem Hotel machen», sag-
te sie.
   «Bei uns?», fragte Anna erschrocken. «Wirklich?»
   «Ja», sagte Ms. Kehlstreif.
   Annas Herz klopfte wie wild. Das waren großartige
Nachrichten – aber sie war noch nie zuvor einem König
oder einer Königin begegnet. In ihrem Kopf purzelten
die Gedanken durcheinander. Was aßen ein König oder

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eine Königin? Sprachen sie die gleiche Sprache wie alle
anderen?
   «Und … äh … wann möchten unsere königlichen Gäs-
te anreisen?», fragte sie.
   «In drei Tagen, und sie planen einen Aufenthalt
von sieben Nächten», sagte Ms. Kehlstreif. «Sie bitten,
die kurzfristige Buchung zu entschuldigen. Die Königin
wollte gern einmal etwas anderes als das Glitz auspro-
bieren.»
   Das Glitz war ein Luxushotel und der größte Konkur-
rent des Hotels Flamingo auf dem Boulevard der Tiere.
Sein Besitzer, Mr. Rüpel, tat alles, um Anna das Leben
schwer zu machen.

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«Sie möchten lieber zu uns als ins Glitz?», fragte Anna
erstaunt.
   «Bitte seien Sie sich bewusst, dass das Königspaar
einfach dorthin umziehen kann, wenn das Hotel Flamin-
go den angemessenen Standard nicht bietet», sagte Ms.
Kehlstreif.
   «Standard?»
   Ms. Kehlstreif fischte einen schwarzen Ordner aus ih-
rer Handtasche und reichte ihn Anna. «Hier sind alle In-
formationen, die Sie benötigen. Im Inneren befindet sich
eine Liste mit den Bedingungen, von den Mahlzeiten bis
zur Zimmerausstattung», sagte sie und klopfte mit ihrem
Flügel auf die Mappe.
   Anna blätterte durch die Seiten. «Meine Güte, das ist
aber eine Menge, nicht wahr?», rief sie.
   Ms. Kehlstreif zog den Kopf ein und krächzte: «Als Ge-
sandte des Königs und seiner Gattin ist es meine Pflicht,

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dafür zu sorgen, dass alles perfekt ist. Perfektion ist
mein Name, mein Ziel und mein Spiel.»
   «Oh, meins auch!», sagte Anna. «Ich liebe Perfekti-
on.»
   Ms. Kehlstreif hob eine gefiederte Augenbraue bis
über ihre Brille und beugte sich vor, um den Sitz von An-
nas Hütchen zu korrigieren. «Wir erwarten eine Hitze-
welle, und Pinguine vertragen keine extreme Hitze. Ich
nehme an, Sie sind in der Lage, damit umzugehen?»
   «Natürlich», sagte Anna. «Wir werden Eis brauchen,
und zwar viel Eis.»
   «Das wäre ein guter Anfang», sagte Ms. Kehlstreif.
«Ich komme morgen, um mir das ganze Hotel anzuse-
hen, aber jetzt bereiten Sie erst einmal alles vor. Denken
Sie daran, Miss Dupont, für das Königshaus ist nur Per-
fektion gut genug!» Und damit watschelte sie aus dem
Büro.

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Anna schluckte vor Aufregung. Ein richtiger König und
eine richtige Königin würden ins Hotel Flamingo kom-
men! Das musste sie allen erzählen!
    «LASST ALLES STEHEN UND LIEGEN !», rief sie und
lief wild winkend durch die Eingangshalle. «MITARBEI-
TERVERSAMMLUNG! IN MEINEM BÜRO! JETZT!»
    Teddy Bär trieb das ganze Personal zusammen:
die Hausmeisterin Stella Giraffe, die Köchin Madame
Schwein, Kellnerin Eva Koala, Empfangschef Lemmy,
den Liftboy Quietsch und die Hausdame Nelly Nilpferd.
Alle fragten sich, was der ganze Wirbel sollte.
    «Der Pinguinkönig und seine Frau, die Königin, wol-
len Urlaub in unserem Hotel machen», rief Anna aufge-
regt.
    Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge, und
Eva Koala klatschte vor Freude in die Hände.
    «Es ist allerdings viele Jahre her, dass die Königssui-
te das letzte Mal bewohnt wurde», sagte Lemmy. «Das
war, als die Bienenkönigin mit ihrer eintausenddreiund-
sechzigköpfigen Familie hier abgestiegen ist.»
    «Der Honig war unglaublich lecker», erinnerte sich
Teddy glückselig.
    Nelly Nilpferd musste schon bei dem Gedanken an
den zu erwartenden Schmutz in der Suite niesen.
    «Es gibt viel zu tun», sagte Anna, «aber der königli-
che Besuch wird unsere Position auf dem Boulevard der
Tiere stärken! Also, alle an die Arbeit!»

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              Neue Gäste

Auch ohne die Vorbereitungen für den königlichen Be-
such summte es im Hotel Flamingo vor Geschäftigkeit.
Der Sommer hatte seinen Höhepunkt erreicht, und die
Gäste gaben sich die Klinke in die Hand.

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Gerade als die Mittagssonne ihren höchsten Stand er-
reicht hatte und Lemmy eine kleine Pause machen woll-
te, hielt ein Reisebus vor dem Hotel.
   Neben einer großen Gruppe mürrischer Warzen-
schweine und kichernder Erdmännchen drängten sich
drei Affen und eine Zebrafamilie durch die Drehtür in
die Eingangshalle, dazu eine seltsam gefärbte Eidechse
und eine allein reisende Ratte in einem knallroten Kleid.
   «Willkommen in unserem Hotel», begrüßte Anna die
Gäste.
   Jedes Tier hatte andere Bedürfnisse, und Anna wusste
sofort, dass mit diesen Gästen viel schiefgehen konnte.
   Glücklicherweise war Lemmy zur Stelle, um zu hel-
fen. Er stellte fest, dass die Ratte mehr Gepäck hatte
als die anderen Tiere, die deutlich größer waren als sie,
und zwischen einer lustigen Schar Erdmännchen einge-
klemmt war, die einander unablässig neckten. Er suchte
in den Anmeldungen nach ihrem Namen.
   «Ms. Rita Rattenschwanz?», fragte Lemmy und wink-
te, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
   «Das bin ich», sagte sie und tänzelte durch die Men-
ge. Als sie lächelte, blitzten zwei Goldzähne in ihrem
Mund.

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«Für Sie habe ich Zimmer 512 reserviert, Ms. Ratten-
schwanz», sagte Lemmy und gab ihr den Zimmerschlüs-
sel. Dann ging er um den Schreibtisch herum, um ihr
mit ihrem Gepäck zu helfen, doch er konnte die Taschen
kaum anheben. «Oha! Was ist denn da drin?»
   «Ich nehme immer alles mit, wenn ich verreise», sag-
te Rita. «Für alle Fälle.»
   «Für welche Fälle?», fragte Lemmy.
   «Ich bin eine Ratte», sagte Rita. «Ich werde überall
rausgeschmissen und muss weiterziehen.»
   «Ich darf Ihnen versichern: Im Hotel Flamingo ist je-
der willkommen», sagte Lemmy.
   «Das freut mich zu hören», sagte Rita.
   Lemmy schleppte das Gepäck zum Lift. «Einen schö-
nen Aufenthalt, Ms. Rattenschwanz.»
   Rita zwinkerte ihm zu. «Den werde ich haben, mein
Junge. Habe ich immer.»

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Als Lemmy an seinen Tresen zurückkehren wollte, nä-
herte sich ein finster dreinblickendes Warzenschwein
mit zwei zappelnden Ferkeln in jedem Arm.
   «Entschuldigung», sagte die Warzenschweindame
mit einem Schnauben.
   «Ah ja», sagte Lemmy. «Ihr Name, bitte?»
   «Ms. Bamba. Ich bin die Vorsitzende der Warzen-
schwein-Partei», antwortete sie.
   Lemmy suchte die Schlüssel zu all ihren Zimmern zu-
sammen.
   «Haben Sie besondere Wünsche für Ihren Aufent-
halt?», fragte er.
   «Schlamm für unsere Badezimmer», sagte Ms. Bam-
ba. «Das ist alles.»
   «Ich dachte, in Badezimmern wäscht man sich sau-
ber, statt im Schlamm zu baden?», fragte Lemmy.
   «Nein, nein. Das haben Sie ganz falsch verstanden!»,
sagte Ms. Bamba. Sie setzte ihre Ferkel ab, die sofort
wild schnüffelnd umherflitzten. «Schlamm auf den Bors-
ten hält jung! Sie sollten es auch versuchen!»
   Lemmy strich sich über sein Gesicht und überlegte,
ob er alt aussah.
   «Genug für uns sechsundzwanzig Warzenschweine»,
fügte Ms. Bamba hinzu.
   Lemmy überschlug die Zahl im Kopf. Das war eine
Menge Schlamm.

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«Ich werde mein Bestes tun», sagte er.
   «Nur normalen, sauberen Schlamm, bitte», sagte Ms.
Bamba. «Keine ausgefallenen Gerüche.»
   Sie stapfte davon, und Lemmy fragte sich, wo er ei-
ne Schubkarre und normalen, sauberen Schlamm finden
konnte. Das war leichter gesagt als getan.
   Während Lemmy sich um die anderen Gäste kümmer-
te, näherte Anna sich der Eidechse. Sie war so fasziniert
von der leuchtend grünen und roten Haut des Echsen-
mannes, dass sie fast ihre Manieren vergaß.
   «Entschuldigen Sie bitte», sagte sie, als ihr klar wur-
de, dass sie ihn angestarrt hatte. «Mr. Camouflage?»
   Das Reptil zerrte mit spindeldürren Fingern an sei-
nem Kragen, als es sein teures Handgepäck auf den Tre-
sen legte. «Keine Sorge», sagte es stolz und nickte wür-
devoll. «Ich weiß, dass ich phantastisch aussehe. Wenn

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ich Sie wäre, würde ich mich auch die ganze Zeit anse-
hen.»

Anna zwang sich zu einem Lächeln und übergab ihm sei-
nen Schlüssel. «Zimmer 102. Ich hoffe, Sie genießen Ih-
ren Aufenthalt.»
   Mr. Camouflage holte sein Handy heraus, um einen
Anruf zu tätigen, bevor er auf Zehenspitzen durch die
Eingangshalle ging. Nachdem auch die Zebras, Affen
und Erdmännchen versorgt worden waren, kehrte Anna
zur Rezeption zurück.

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«Wir haben diese Woche viel Arbeit vor uns», sagte
Lemmy. «Ein königlicher Besuch ist das Letzte, was wir
brauchen.»
   «Machen Sie einfach weiter mit dem, was Sie so gut
können, Lemmy», sagte Anna. «Es wird sich alles fü-
gen.»
   Aber Lemmy wusste es besser. «Warten Sie ab»,
sagte er. «Der König und die Königin werden Sie auf
Trab halten, bevor sie überhaupt durch die Tür getreten
sind.»
   «Oh, so schlimm kann es nicht sein», sagte Anna. «Au-
ßerdem sind wir ein Hotel! Wir kümmern uns um die
Gäste, das ist unser Job.»
   «Sie haben recht, Miss, natürlich», sagte Lemmy.
   Anna klopfte ihm auf die Schulter. «Das ist die richti-
ge Einstellung», sagte sie.

[...]

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