LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam

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LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam
LIFE NORTHERN BALD IBIS
WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA

JAHRESBERICHT 2018

Flug über den Alpen, Menschengeführte Migration 2018; Foto C Esterer.

    With 50 % contribution of the LIFE financial instrument of the European Union (LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis).
LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam
Mutters, February 2019

Responsible for the content: Johannes Fritz, Head of the Project Management Team, LIFE+ Northern
                                Bald Ibis (LIFE+12-BIO_AT_000143)
                       Mobile: +43 676 5503244 | Email: jfritz@waldrapp.eu

                                  Web: www.waldrapp.eu
          GER: www.facebook.com/waldrappteam | IT: www.facebook.com/bentornatoibis
                           EN: www.facebook.com/NorthernBaldIbis

  With 50 % contribution of the LIFE financial instrument of the European Union (LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis).
LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam
Inhalt
1.       DEMOGRAPHIE .................................................................................................................................... 2
2.       BRUTKOLONIEN KUCHL UND BURGHAUSEN ............................................................................................... 2
3.       MIGRATION DER WILDVÖGEL ................................................................................................................. 3
4.       KOLONIE ROSEGG ................................................................................................................................. 4
5.       MENSCHENGEFÜHRTE MIGRATION .......................................................................................................... 4
6.       GRUNDLAGENFORSCHUNG ..................................................................................................................... 5
7.       MORTALITÄT ....................................................................................................................................... 5
8.       AUGENTRÜBUNG & GPS-TRACKING ........................................................................................................ 6
9.       HERAKLION KONFERENZ (GRIECHENLAND) ................................................................................................ 7
10.         CHICAGO KONFERENZ UND SYMPOSIUM............................................................................................... 7
11.         REASON FOR HOPE FEST TIERPARK ROSEGG .......................................................................................... 7
12.         MEDIENPRODUKTIONEN .................................................................................................................... 8
13.         LIFE II ANTRAGSTELLUNG .................................................................................................................. 8
14.         NACHRUF ....................................................................................................................................... 9

      Jahresbericht 2018 | Reintroduction of the Northern Bald Ibis | LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis | Waldrappteam
                                                                                                                                                           1
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1. DEMOGRAPHIE                                                             Burghausen und Kuchl zurück (Tab.2). Wie
                                                                           üblich wurden zusätzlich insgesamt sieben
Ende 2018 gehörten 102 Individuen zur                                      bruterfahrene, nicht-migrierende Waldrappe in
wiederangesiedelten, migrierenden Waldrapp-                                den Brutgebieten freigelassen, um den
Population, die den vier Brutkolonien laut Tab.                            Bruterfolg zu erhöhen. Mit Ende der Brutsaison
1 zugeordnet sind.                                                         wurde diese so genannte Brutgruppe wieder
Die Gesamtpopulation setzt sich aus 66                                     eingefangen.
Waldrappen         der      F0      Generation                             Insgesamt wurden in zehn Nestern 26
(Gründergeneration; handaufgezogene Vögel)                                 Waldrappe flügge, was einem Durchschnitt von
und 36 Waldrappen der F1+ Generationen                                     2,6 Küken pro Nest entspricht.
(Wildvögel, in Freiheit geschlüpft und von den
Elternvögeln aufgezogen) zusammen.                                         In diesem Jahr war sowohl die Zahl an
                                                                           Migranten als auch die Zahl an flüggen
Das Geschlechterverhältnis innerhalb der
                                                                           Jungvögeln höher als je zuvor. Damit setzte sich
Population ist ausgeglichen (48% weiblich : 52%
                                                                           der Trend der vergangenen Jahre fort (Abb.1).
männlich).
                 Kuchl     Burghausen   Überlingen     Rosegg
Jungvögel          9            8           29            2
2. Jahr            0            9           9             0
3. Jahr            7            6           0             0
adult              14           9           0             0
gesamt             30           32          38            2
LIFE+            35 (-5)      37 (-5)    GA 38 (0)

Tab. 1: Demographie Ende 2018; Brutkolonien Kuchl
(Salzburg, Österreich), Burghausen (Bayern,
Deutschland), Überlingen (Baden-Württemberg,
Deutschland) und Rosegg (Kärnten, Österreich); die
Werte in der letzten Zeile sind die Zielzahlen laut                        Abb. 1: Migration (blaue Linie) und Reproduktion
LIFE+ Antrag (Differenz in Klammer). Der Start einer                       (orange Linie) in Jahresvergleich. 2015 gab es einen
vierten Kolonie in Rosegg (Tierpark Rosegg) ist im                         Einbruch, verursacht durch hohe Verluste adulter
LIFE+ Projekt nicht geplant, daher gibt es auch keine                      Vögel im Herbst 2014.
Zielzahlen.
                                                                           Die Kuchler Waldrappe brüteten erstmals in
2. BRUTKOLONIEN KUCHL UND BURGHAUSEN                                       den neu installierten künstlichen Felsnischen.
                                                                           Diese sind der Struktur des Georgenbergs
                                                                           nachempfunden und sollen den Vögeln den
                                                                           Wechsel zu natürlichen Felsnischen am
                                                                           Georgenberg erleichtern. Die Nischen wurden
                                                                           von den Vögeln sehr gut angenommen.
                                                                           Erstmals konnte auch beobachtet werden, dass
                                                                           natürliche Felsnischen von den Waldrappen
                                                                           inspiziert werden.

Abb. 1: Brutpaar in einer künstlichen Felsnische in
Kuchl (Foto J Fritz).

Im Jahr 2018 kehrten insgesamt 21 Waldrappe
selbständig in die beiden Brutgebiete in

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Burghausen            Kuchl          Rosegg      Summe
                                                                        Frühjahrsmigration         10                11                         21
                                                                        Reproduktion               12                14                         26
                                                                                               (4 Nester)        (6 Nester)
                                                                        Reinforcement              2                  2                          4
                                                                        Jungvögel Rosegg                                              2          2
                                                                        Herbstmigration            17                22               2         41
                                                                                             (8 adult/9 juv)   (11 adult/11juv)   (0ad/2juv)
                                                                        nicht migriert             0                  0               0          0
                                                                        Verluste                   8                  4               0         12

                                                                       Tab. 2: Migration und Reproduktion. Die Überlinger
                                                                       Kolonie ist in der Statistik nicht angeführt, da dort
                                                                       noch keine Migration und Reproduktion erfolgt. Zu
Abb. 2: Künstlicher Brutfelsen und sanierter                           „Reinforcement“ siehe Kapitel 3, zu Jungvögel
Lagerschuppen in Kuchl; Foto J Fritz.                                  Rosegg siehe Kapitel 4.

Die zentrale und attraktive Lage der Brutkolonie                       Wie in den Vorjahren haben sich die Vögel
in Burghausen im Kontext der historischen                              beider Brutgebiete ab September großteils
Burganlage interessiert Vogelfreunde in                                nahe dem Flughafen Salzburg gesammelt. Von
zunehmenden Umfang und fördert den                                     dort wurden ab Ende Oktober wieder mehrere
Ökotourismus in der Region. Bei der Brutanlage                         kleinräumige Transfers durchgeführt, um die
wurden im vergangenen Jahr 822 Besucher                                selbständige Migration der Waldrappe
gezählt, ein wesentlicher Teil davon kam                               auszulösen. Insbesondere wurden insgesamt 13
insbesondere wegen der Waldrappe nach                                  Vögel (11 adulte/2 juvenile) über den Brenner
Burghausen.                                                            nach Sterzing transferiert. Diese so genannte
                                                                       induzierte Migration wird seit mehreren Jahren
                                                                       praktiziert, um zu vermeiden, dass sich die
                                                                       Vögel allzu lange nördlich der Alpen aufhalten
                                                                       und es durch einen Wintereinbruch zu
                                                                       Verlusten kommt. Wir gehen davon aus, dass
                                                                       sich diese Maßnahme in den nächsten Jahren
                                                                       erübrigt.

                                                                       Ein Highlight der Herbstmigration war eine
Abb. 3: Erster Bürgermeister Steindl und Vertreter                     Formation aus zwei adulten Leitvögeln und
der Stadtregierung und des Tourismus mit dem neu                       sechs Jungvögeln, die innerhalb von zwei Tagen
erschienen Image-Buch der Stadt Burghausen, in                         vom Alpennordrand bis in das Wintergebiet
dem der Waldrapp prominent präsent ist; Foto O                         flogen. Am zweiten Tag wurde die bislang
Habel.
                                                                       längste     bei     Waldrappen       bekannte
                                                                       Tagesflugdistanz von 400 km zurückgelegt.
3. MIGRATION DER WILDVÖGEL
                                                                       In diesem Jahr wurde erstmals ein so genanntes
Die Zahl selbständig migrierender Wildvögel im
                                                                       Reinforcement durchgeführt (Tab.2). Darunter
Frühjahr (N=21) und im Herbst (N=41) war
                                                                       verstehen wir die Freilassung von Jungvögeln
höher als je zuvor (Tab.2). Hinzu kommt, dass
                                                                       aus Zookolonien im Brutgebiet. Diese
insgesamt 22 Jungvögel das Wintergebiet
                                                                       Maßnahme dient der Optimierung der
erreichten und kein einziger Vogel nördlich der
                                                                       genetischen Variabilität. Vier Jungvögel aus
Alpen zurückblieb.
                                                                       dem Zoo Zürich wurden im Juli freigelassen. Sie

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                                                                                                                                                     3
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schlossen sich den Wildvögeln an, zwei
erreichten das Wintergebiet.

4. KOLONIE ROSEGG
Im Tierpark Rosegg in Kärnten gibt es eine
Brutkolonie, die während der Vegetationszeit
im Freiflug gehalten wird. Der überwiegende
Teil der Jungvögel für unsere Handaufzucht
stammte in den letzten Jahren aus dieser
Kolonie.

Im Zuge der Planung eines zweiten LIFE-                                Abb. 1: Corinna Esterer und Anne-Gabriela Schmalstieg
                                                                       zogen zum fünften Mal eine Waldrapp-Gruppe auf; Foto: J
Projekts entstand das Vorhaben, einen                                  Fritz.
zunehmenden Teil der Rosegger Waldrappe in
unsere migrierende Wildkolonie zu integrieren.                         Die erste Phase der Handaufzucht fand                         im
Dazu sollen ab 2020 verschiedene Maßnahmen                             Tiergarten Schönbrunn in Wien statt. Am                      25.
gesetzt werden, damit Rosegger Jungvögel                               Mai erfolgte der Transfer der Vögel                          ins
eigenständig das Wintergebiet in der Toskana                           Trainingscamp Hödingen bei Überlingen                        am
erreichen.                                                             Bodensee.

Im Oktober 2018 flogen 10 Jungvögel
selbständig aus Rosegg ab und wurden kurz
darauf nahe Rom gesichtet. Anfang Dezember
kam dann neuerlich eine Sichtmeldungen aus
den Abruzzen. Infolge konnten zwei Jungvögel
eingefangen und in die Wildkolonie im
Wintergebiet integriert werden.

Damit ist der Beginn der Gründung einer
wildlebenden, migrierenden Brutkolonie in
Rosegg vorweg genommen und soll 2019                                   Abb. 5: Flug auf 2.600 Meter Seehöhe hoch über dem
                                                                       Alpenhauptkamm; Foto C Esterer.
fortgesetzt werden.
                                                                       Wie schon im Vorjahr erfuhr das Team
5. MENSCHENGEFÜHRTE MIGRATION
                                                                       vielfältige Unterstützung durch die Stadt
2018 wurden 33 Waldrappküken aus den                                   Überlingen und den Verein zur Erhaltung der
Kolonien des Tierpark Rosegg (N=30) und der                            Kulturlandschaft in Hödingen e.V. Von Ende Mai
Konrad-Lorenz      Forschungsstelle   (N=3)                            bis Anfang August besuchten insgesamt rund
entnommen und von „CorAnne“ (C Esterer, AG                             2.000 Personen das Trainingscamp.
Schmalstieg) aufgezogen.
                                                                       Am 15. August startete die menschengeführte
                                                                       Migration. Innerhalb von zwei Wochen und fünf
                                                                       Flugetappen erreichte das Team das
                                                                       Wintergebiet WWF Oasi Laguna di Orbetello
                                                                       (Abb.6).

                                                                       Das Team überflog den Alpenhauptkamm in
                                                                       zwei Etappen und erreicht dabei eine Flughöhe
                                                                       von bis zu 2.600 m. Wie schon in den Vorjahren
                                                                       kam es in Südtirol wieder zu einer Steinadler-

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                                                                                                                                     4
LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam
Attacke, es gab jedoch keine Verluste. Dafür                            Während der menschengeführten Migration
wurden an einem Zwischenstopp erstmals zwei                             erfolgten   dafür     Datennahmen   mit
Jungvögel durch einen Fuchs verletzt, einer                             hochfrequenten GPS-Datenloggern.
starb kurz darauf. Letztlich erreichten 29
                                                                        Außerdem wurden im Rahmen einer
handaufgezogene Jungvögel das Wintergebiet.
                                                                        Kooperation     mit     der    ICARUS-Global
                                                                        Observation System GmbH verschiedene
                                                                        Prototypen von ICARUS-Tags (einer neuen
                                                                        Trackingtechnologie) getestet.

Abb. 6: Optimierung der menschengeführten
Migration; die Anzahl der Flugetappen (blaue Linie)                     Abb. 8: Prototyp eines ICARUS-GPS Senders in Form eines
konnte kontinuierlich reduziert und die Zahl der                        Fußrings (ca. 10g); Foto C Esterer.
teilnehmenden Jungvögel (orange Linie) erhöht
werden.                                                                 7. MORTALITÄT

6. GRUNDLAGENFORSCHUNG                                                  2018 lagen die Verluste bei 46 Individuen.
                                                                        Jungvögel waren mit 37% die Altersgruppe mit
Im Juni 2018 startete ein dreijähriges
                                                                        der höchsten Verlustrate. In 33 der 46 Fälle
Forschungsprojekt, das vom Österreichischen
                                                                        (72%) ist die Todesursache bekannt.
Wissenschaftsfonds finanziert wird (FWF
P30620-BBL).

Abb. 7: Aktivierung der GPS-Logger für die Datennahme;
v.l. Emanuel Pixner (Technischer Assistent); Elisa Perinot
(PhD), Helena Wehner (Volontärin); Foto J Fritz.                        Abb. 9: Todesursachen 2018 (N=33); 13 Fälle mit
                                                                        unbekannter Ursache sind nicht in die Analyse mit
Im Rahmen des Projekts wollen die beiden PhD-                           einbezogen.
Studentinnen Ortal Rewald und Elisa Perinot                             Bei den 33 Todesfällen mit bekannter Ursache
Kosten und Nutzen des Formationsflugs anhand                            ist Stromschlag an ungesicherten Masten von
der Modelltierart Waldrapp weiter erforschen.                           Mittelspannungsleitungen     die    häufigste
Betreut werden die Arbeiten an der Universität                          Todesursache (40%), gefolgt von Prädation
Wien und der Veterinär-Universität Wien. Die                            (36%).
wissenschaftliche Leitung erfolgt durch
Bernhard Völkl von der Universität Bern.

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                                                                                                                                     5
LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam
Beginn des LIFE-Projekts 2014 liegt die                                8. AUGENTRÜBUNG & GPS-TRACKING
Verlustrate durch Illegale Vogeljagd bei 17%
(2018: 15%). Diese Rate ist deutlich geringer als
vor 2014. Durch umfassende Maßnahmen im
Rahmen des LIFE-Projekts konnten wir somit die
Abschussrate in Italien substanziell reduzieren.

Differenziert man die Mortalität in der LIFE-
Periode ab 2014 nach Staaten, dann ist in Italien
die illegale Jagd mit einem Anteil von 31% der
                                                                       Abb. 11: Fortgeschrittene Augentrübung bei einem
Verluste nach wie vor die primäre                                      Jungvogel (Foto D Trobe).
Mortalitätsursache. In Österreich hingegen ist
Stromschlag an Mittelspannungsleitungen mit                            2018 kam es bei 10 Waldrappen zu einseitigen
einem Anteil von 45% die primäre                                       Hornhaut-Trübungen. Dieses Phänomen ist uns
Mortalitätsursache.                                                    seit 2017 bekannt. Die Ursache blieb bislang im
                                                                       Wesentlichen ungeklärt, steht aber eindeutig in
                                                                       Zusammenhang mit der Anbringung von GPS-
                                                                       Sendern im oberen Bereich des Rückens der
                                                                       Vögel. Entfernt man die Sender oder bringt sie
                                                                       weiter hinten am Rücken an (Legloop), dann
                                                                       regeneriert sich das Auge rasch. Tut man das
                                                                       aber nicht, kann es zu irreversiblen Schäden
                                                                       und einseitiger Erblindung kommen.

Abb. 10: Ende Juli kamen im Gemeindegebiet von
Hochburg-Ach in Oberösterreich innerhalb von zwei Tagen
fünf unserer Waldrappe an einem ungesicherten Masten
einer Mittelspannungsleitung um.

Ein besonders tragischer Fall von Stromtod
ereignete    sich    in    Hocburg-Ach     in
Oberösterreich (Abb.10). Der betreffende                               Abb. 12: Ein kausaler Zusammenhang wird verständlich,
Strommast wurde daraufhin von der Netz                                 wenn man in Betracht zieht, dass die Vögel mit dem Kopf
                                                                       am Rücken schlafen und dabei ein Auge nahe am Sender
Oberösterreich GmbH umgehend provisorisch
                                                                       liegt (Foto D Trobe).
gesichert. Die Sicherung aller risikoreichen
Strommasten im Gemeindegebiet von                                      Das Problem haben wir bei den Waldrappen
Hochburg-Ach wurde für die nächsten Jahre                              inzwischen durch entsprechendes Monitoring
vereinbart. Auch in anderen Regionen in                                und die alternative Anbringung der Sender
Salzburg, Tirol und Kärnten sollen in den                              weitgehend im Griff. Allerdings ist der
nächsten Jahren risikoreiche Strommasten                               Waldrapp auch in diesem Zusammenhang als
gesichert werden (siehe Kapitel 13).                                   Indikatorart zu sehen. Es ist davon auszugehen,
                                                                       dass      Augentrübungen         infolge    von
Bei unseren Initiativen gegen              Stromtod in
                                                                       Besenderungen auch bei anderen Arten
Österreich und gegen illegale              Vogeljagd in
                                                                       auftreten. Deshalb untersuchen wir das
Italien sind die Waldrappe                 eine ideale
                                                                       Phänomen weiter und arbeiten an einer
Indikatorart. Die Maßnahmen                dienen dem
                                                                       Publikation.
Schutz vieler Vogelarten.

    Jahresbericht 2018 | Reintroduction of the Northern Bald Ibis | LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis | Waldrappteam
                                                                                                                                    6
LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam
9. HERAKLION KONFERENZ (GRIECHENLAND)                                  Lincoln Park Zoo in Chicago teil und
Gemeinsam mit dem LIFE-Projekt European                                präsentierten das Projekt in Form von fünf
Network of Prosecutors for the Environment                             Postern.
(ENPE) und dem LIFE-Projekt „Natura Themis“                            Im Anschluss an diese Konferenz organisierte
organisierte und veranstaltete das Waldrapp-                           unser Team im Lincoln Park Zoo ein eintägiges
LIFE-Projekt eine internationale Konferenz zum                         Symposium zum Thema Reintroduction of
Thema Protecting habitats and endangered                               Migratory Birds.
species    in    Europe     through    tackling
environmental crime.

                                                                       Abb. 14: Teilnehmer des Symposiums in Chicago 2018; Foto
                                                                       M Unsöld.
Abb. 13: Teilnehmer der Kreta-Konferenz in Heraklion im
Oktober 2018.                                                          25 Teilnehmer präsentierten verschiedene
Die Konferenz mit 104 Teilnehmern von 56                               Projekte mit unterschiedlichen Zugvogelarten
Organisationen und aus 25 Ländern fand am                              wie dem Schreikranich (Grus americana), der
23./24. Oktober in Heraklion (Kreta) statt.                            Asiatische     Kragentrappe        (Chlamydotis
Unsere Delegation umfasste neben eigenen                               macqueenii),         dem          australischen
Teammitgliedern      auch       italienische                           Goldbauchsittich (Neophema chrysogaster)
Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Forensiker,                              oder dem Seggenrohrsänger (Acrocephalus
Polizeiorgane sowie Vertreter mehrere                                  paludicola). Zu den sehr regen Diskussionen
italienischer NGOs.                                                    trugen auch Mitglieder der IUCN Conservation
                                                                       Translocation Specialist Group bei.
Die illegale Jagd auf bedrohte Tierarten wie den
                                                                       http://waldrapp.eu/index.php/en/science/symposium-
Waldrapp bildete ein Schwerpunktthema der
                                                                       chicago-2018
Konferenz, mit Vorträgen zu Best-Practice
Methoden        bei    der    Ermittlung     und                       11. REASON FOR HOPE FEST TIERPARK ROSEGG
Strafverfolgung, zu innovativen Ansätzen zur                           Am 12./13. Mai organisierte das LIFE-
Eindämmung von Umweltkriminalität und zu                               Projektteam in Zusammenarbeit mit dem
neuen Technologien. Die Kooperationen mit                              Tierpark Rosegg ein terminlich mit dem jährlich
ENPE und anderen Organisationen sollen                                 stattfindenden World Migratory Bird Day
fortgeführt werden. Unsere Kampagne in Italien                         abgestimmtes Reason for Hope-Fest.
wird zunehmend zu einem Best-Practice Modell
im Kampf gegen Umweltkriminalität auf                                  Die Besucher des Tierparks hatten die
europäischer Ebene.                                                    Möglichkeit, sich umfassend über das
                                                                       Waldrapp-Projekt zu informieren. Neben einem
http://waldrapp.eu/science/conference-crete-2018/
                                                                       Informationsstand,                 Vorträgen,
10. CHICAGO KONFERENZ UND SYMPOSIUM                                    Kurzpräsentationen und Führungen zur
                                                                       Rosegger Waldrapp-Kolonie kamen vor allem
Im November 2018 nahmen fünf Mitglieder
                                                                       auch die kleinen Tierpark-Besucher nicht zu
unseres Teams an der 2nd International Wildlife
                                                                       kurz. Sie konnten selbst versuchen, wie
Reintroduction    Conference     der     IUCN
                                                                       Waldrappe nach Nahrung zu stochern, eigene
Conservation Translocation Specialist Group im
                                                                       Waldrapp-Masken basteln oder mithilfe der

    Jahresbericht 2018 | Reintroduction of the Northern Bald Ibis | LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis | Waldrappteam
                                                                                                                                    7
LIFE NORTHERN BALD IBIS - WIEDERANSIEDELUNG DES WALDRAPPS IN EUROPA - Waldrappteam
App Animal Tracker auf die Suche nach                                  Fritz et al. (2019) Back into European Wildlife: The
Waldrappen in Europa gehen.                                                 Reintroduction of the Northern Bald Ibis (Geronticus
                                                                            eremita). Bookchapter in: Scientific Foundations of
                                                                            Zoos and Aquariums: Their Role in Conservation and
                                                                            Research (Allison Kaufman, Meredith Bashaw, Terry
                                                                            Maple Editors), Cambridge University Press; ISBN 978-
                                                                            1-10719919-4.

                                                                       13. LIFE II ANTRAGSTELLUNG
                                                                       Das aktuelle LIFE-Projekt endet im Dezember
                                                                       2019. Wir haben 2018 ein sehr umfangreiches
                                                                       Konzept für eine zweite LIFE-Periode
                                                                       ausgearbeitet und eingereicht. Mit einer
                                                                       Entscheidung der Europäischen Kommission ist
Abb. 14: Im Rahmen des Reason for Hope Festes 2018 im                  im Frühjahr 2019 zu rechnen.
Tierpark Rosegg gab es reichlich Gelegenheit, den
Waldrapp und das LIFE-Projekt besser kennenzulernen;                   Das Projekt soll von 2020 bis 2027 laufen und
Fotos B Gönner.                                                        gemeinsam mit 11 Partnern aus Deutschland,
                                                                       Österreich, Italien und der Schweiz umgesetzt
12. MEDIENPRODUKTIONEN
                                                                       werden. Das Konzept sieht die folgenden vier
Das öffentliche und mediale Interesse am                               Module vor:
Waldrapp-Projekt war auch 2018 wieder sehr
hoch.                                                                  Modul I: Wiederansiedelung der Waldrappe
                                                                       Weiterer      Aufbau       einer     selbständig
Es fanden Dreharbeiten für 13 unterschiedliche                         überlebensfähigen        und      migrierenden
TV-Produktionen statt, unter anderem für                               Waldrapp-Population in Europa; Erweiterung
National Geographic, „SternTV“ (RTL) mit Live                          von bislang drei auf fünf Brutkolonien.
Aufritten von J Fritz und AG Schmalstieg oder
„Theos Tierwelt“ (WDR/ARTE) mit dem Kölner                             Modul II: Kampagne gegen illegale Vogeljagd
Zoodirektor Theo Pagel.                                                Nachhaltige Reduktion der Jagd auf Waldrappe
                                                                       und andere geschützte Zugvogelarten in Italien;
Außerdem       wurden     mehr    als     150                          Entwicklung von Best-Practice Methoden im
Printmedienproduktionen registriert, unter                             Kampf gegen Umweltkriminalität, mit dem
anderem in der Neuen Zürcher Zeitung, Spiegel,                         Waldrapp als Indikatorart.
Yale Environment und The Guardian. Zudem
                                                                       Modul III: Maßnahmen gegen Stromtod
fanden eine Reihe von Aufnahmen für
                                                                       Sicherung        von        Masten         an
Radiobeiträge statt, u.a. mehrere Live-
                                                                       Mittelspannungsleitungen     in    Österreich
Interviews mit BBC World.
                                                                       (Oberösterreich, Salzburg, Kärnten und Tirol)
Drei wissenschaftliche Beiträge wurden                                 und Italien (Toskana); Initiieren von
veröffentlicht (s.u.). Zudem wurden Beiträge                           Sicherungsmaßnahmen in Frankreich.
auf    fünf     internationalen   Kongressen
                                                                       Modul IV: Instant Poaching Alert System (IPAS)
präsentiert.                                                           Entwicklung      und     Anwendung        eines
Spergser et al. (2018): The cultivable autochthonous                   elektronischen     Systems     zur    Echtzeit-
   microbiota of the critically endangered Northern bald               Alarmierung       beim      Abschuss        des
   ibis (Geronticus eremita). PLoS ONE 13(4): e0195255.                Trägerindividuums; um eine vielfältige
   https://doi.org/10.1371/journal.
Wirtz et al (2018): Optimizing the genetic management of
                                                                       Anwendung zu sichern, sollen neben dem
   reintroduction projects: genetic population structure               Waldrapp noch europäische Großkarnivore und
   of the captive Northern bald ibis population.                       Geier als Modelltierarten mit einbezogen
   Conservation Genetics 19/ 4: 853–864.                               werden.

    Jahresbericht 2018 | Reintroduction of the Northern Bald Ibis | LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis | Waldrappteam
                                                                                                                                    8
14. NACHRUF
Am 12. Februar 2019 starb Fabio Perco, ein
bekannter und gut vernetzter italienischer
Ornithologe und Ökologe mit einer
unerschöpflichen Leidenschaft für die Natur
und die Tierwelt.

Fabio war insbesondere zu Beginn des
Waldrapp-Projektes ein sehr engagierter
Partner und eine unerschöpfliche Quelle von                           Fabio wird uns mit seiner inneren Ruhe und seinem
                                                                      ironischen Lächeln immer im Gedächtnis bleiben.
Inspiration.

   Jahresbericht 2018 | Reintroduction of the Northern Bald Ibis | LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis | Waldrappteam
                                                                                                                                   9
HLM Team 2018

Partner & Förderer 2018*

Alpenzoo Innsbruck | BUND Naturschutz in Bayern e.V. | Förderverein Waldrappteam | Grovni-Stiftung
| Hans und Helga Maus Stiftung | Heinz-Sielmann-Stiftung | HIT Umwelt- und Naturschutz Stiftung |
Konrad Lorenz Forschungsstelle | Land Salzburg | Maria Schram | Parco Natura Viva | Stadt Burghausen
| Stadt Überlingen | Tiergarten Schönbrunn | Tierpark Hellabrunn München | Tierpark Rosegg | Verein
für Tier- und Naturschutz in Österreich | WWF Deutschland | zooschweiz

  Wir bedanken uns außerdem sehr herzlich bei allen Mitarbeitern, Volontären, Helfern und Paten für
                   die tatkräftige und wertvolle Unterstützung im letzten Jahr*!

* Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird hier nur ein Auszug genannt bzw. auf die Namensnennung einzelner Personen
verzichtet.

    Jahresbericht 2018 | Reintroduction of the Northern Bald Ibis | LIFE+12-BIO_AT_000143, LIFE Northern Bald Ibis | Waldrappteam
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