Mandanteninformation Produktrecht - Februar 2021 - Kopp-Assenmacher ...

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Mandanteninformation Produktrecht - Februar 2021 - Kopp-Assenmacher ...
Mandanteninformation
                                      Produktrecht

                                        Februar 2021

Kopp-Assenmacher & Nusser                              Büro Berlin           Büro Düsseldorf
Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB                   Friedrichstraße 186   Bleichstraße 14
www.kn-law.de                                          10117 Berlin          40211 Düsseldorf
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MANDANTENINFORMATION PRODUKTRECHT                                                                                FEBRUAR 2021

Liebe Mandanten,
sehr geehrte Damen und Herren,

in den letzten Wochen sind im Produktecht zahlreiche gesetzliche Änderungen in Kraft getreten, Geset-
zesentwürfe erarbeitet und wichtige gerichtliche Entscheidungen getroffen worden. So laufen etwa die
Gesetzgebungsverfahren für wichtige Änderungen im Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) oder Elektro-
und Elektronikgerätegesetz (ElektroG). Das neue Batteriegesetz (BattG) ist zum 1. Januar 2021 im Kraft
getreten, gleichzeitig hat die Europäische Kommission den Entwurf einer EU-Batterieverordnung vorge-
legt und auch die Marktüberwachungs-VO, die ab dem 16. Juli 2021 unmittelbar auch in Deutschland gilt,
wirft ihre Schatten voraus.

Wir wünschen wir Ihnen wie immer viele neue und nützliche Erkenntnisse beim Lesen unserer Mandan-
teninformation,

Ihr
Jens Nusser

Inhaltsverzeichnis:

I.    Allgemeines Produktsicherheitsrecht/Brexit ............................................................................... 3
      1.   Revision des ProdSG – Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 10. Februar 2021 ............... 3
      2.   Inkrafttreten MarktüberwachungsVO/Marktüberwachungsgesetz ............................................. 3
      3.   Zu den produktrechtlichen Anforderungen nach dem BREXIT ..................................................... 4

II.   Elektro- und Elektronikgeräte (EEE), Batterien,
      Energieverbrauchsrelevante Produkte/Ökodesign ...................................................................... 5
      1.   Neues Batteriegesetz (BattG) am 1.1.2021 in Kraft getreten ....................................................... 5
      2.   EU-Batterie-Verordnung – Europäische Kommission legt Entwurf vor ........................................ 6
      3.   Neue Informationspflichten für Hersteller und Vertreiber nach ElektroG im Zuge der
           Umsetzung der geänderten Abfall-Rahmen-Richtlinie ................................................................. 8

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      4.    Revision des ElektroG – Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 16. Dezember 2020 ......... 9
      5.    Triman-Logo – Pflicht zur Kennzeichnung von Verpackungen in Frankreich ............................. 10
      6.    Neue Anforderungen nach Öko-Design-Richtlinie (bspw. zur Reparierbarkeit)......................... 11
      7.    Neuskalierung des Energielabels nach EVK-Verordnung –
            Umstellung im Handel im März 2021 ......................................................................................... 12

III. Stoffrecht/Material Compliance ............................................................................................... 14
      1.    EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit verabschiedet ....................................................... 14
      2.    EU-Konfliktmineralien-Verordnung - Neue Pflichten für Unionseinführer ................................ 15
      3.    Die SCIP-Datenbank der ECHA – Verpflichtung seit 5. Januar 2021 ........................................... 16
      4.    Neue Kandidatenliste der ECHA seit 19. Januar 2021 ................................................................ 18
      5.    PFOA-Verbot, u.a. Ablauf praxisrelevanter Ausnahme .............................................................. 18

IV. Bauproduktenrecht .................................................................................................................. 20
      1.    Urteil des EuGH vom 17. Dezember 2020 zur Bauproduktenverordnung
            und harmonisierten Normen (Art. 18-Verfahren der Bundesrepublik Deutschland)................. 20
      2.    Laufende Arbeiten zur Revision EU-Bauproduktenverordnung ................................................. 22
      3.    Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (M-VV TB):
            Zur Unzulässigkeit von Anforderungen zu Risiko- und Gefahrenvorsorge ................................. 23

V.    Maschinen-Richtlinie und Funkanlagen-Richtlinie (RED) ............................................................ 24
      1.    Revision der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG – Vorschlag einer neuen
            Maschinenverordnung ................................................................................................................ 24
      2.    Geplante Rechtsakte zur Funkanlagenrichtlinie im Bereich der‚
            Cybersecurity‘, Privacy Protection and Fraud sowie
            Reconfigurable Radio Systems (RRS) .......................................................................................... 26

VI. Regulierung von Kunststoffen .................................................................................................. 28
      1.    Einwegkunststoffverbotsverordnung ......................................................................................... 28
      2.    Entwurf der Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung vom 10. Februar 2021 ................... 29

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I.   Allgemeines Produktsicherheitsrecht/Brexit

1.   Revision des ProdSG – Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 10. Februar 2021

     Die Bundesregierung hat am 10. Februar 2021 einen Gesetzesentwurf zur Revision des ProdSG ver-
     öffentlicht (ProdSG-E). Ein Hauptziel ist die Anpassung des ProdSG an den Vorschriften der neuen
     EU-Marktüberwachungsverordnung (VO [EU] 2019/1020, Ziffer 2 dieser Mandanteninformation).
     Das ProdSG-E soll zeitgleich mit der neuen EU-Marktüberwachungsverordnung zum 16. Juli 2021 in
     Kraft treten.

     Begrüßenswert ist, dass die im Produktsicherheitsrecht Fremdkörper darstellenden Vorschriften
     zum Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen ab dem 16. Juli 2021 eine Neuregelung in einem
     eigenständigen Gesetz, dem Überwachungsbedürftige Anlagengesetz (ÜAnlG-E), finden sollen.
     Eine wesentliche Neuregelung des ÜAnlG-E ergibt sich im Vergleich zur gegenwärtigen Rechtslage
     aus dem Umstand, dass das ÜAnlG-E im Gegensatz zum ProdSG keinen abschließenden Katalog
     überwachungsbedürftiger Anlagen enthält. Die Bundesregierung soll durch § 4 Abs. 1 ÜAnlG-E
     i.V.m. § 2 Abs. 1 ÜAnlG-E vielmehr ermächtigt werden, durch Rechtsverordnungen festzulegen,
     welche Anlagen als „überwachungsbedürftig“ i.S.d. ÜAnlG anzusehen sind.

     Kritisch zu sehen ist die in § 8 ProdSG-E geregelte und produktbezogene Verordnungsermächti-
     gung der Bundesregierung, die es dieser gestattet, Rechtsverordnungen u.a. zum Schutz der Si-
     cherheit und Gesundheit von Personen zu erlassen, in denen Produktanforderungen oder gar Ver-
     triebsverbote für gefährliche Produkte geregelt werden können. In diesem Zusammenhang ist zwin-
     gend der Grundsatz der sog. Vollharmonisierung zu beachten, der es den Mitgliedsstaaten grund-
     sätzlich nicht gestattet, Nachregulierungen auf nationaler Ebene vorzunehmen, die harmonisierte
     Produkte betreffen, sofern diese den Regelungen des EU-Produktrechts widersprechen.

2.   Inkrafttreten MarktüberwachungsVO/Marktüberwachungsgesetz

     Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2019/1020 – Marktüberwachungsverordnung
     Zum 16. Juli 2021 tritt die Marktüberwachungsverordnung (MÜ-VO) vom 20. Juni 2019 mit unmit-
     telbarer Gültigkeit in allen EU-Mitgliedstaaten, also auch in Deutschland, in Kraft. Die MÜ-VO soll

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     zum einen die Effektivität der Marktüberwachung steigern und führt zum anderen gerade im Hin-
     blick auf den Online-Handel neue Regelungen für den Produktvertrieb ein.

     Zur Durchführung der Marktüberwachungsvorschriften der MÜ-VO erarbeitet das Bundeswirt-
     schaftsministerium derzeit ein Marktüberwachungsgesetzt (MÜG), welches einen neuen Rechts-
     rahmen für die Marktüberwachung im harmonisierten und nicht harmonisierten Produktbereich
     einführen soll. Mit einem Inkrafttreten des MÜG ist im Jahre 2021 zu rechnen. Um eine konkurrie-
     rende Anwendbarkeit des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) und des MÜG auszuschließen, wer-
     den die Marktüberwachungsvorschriften des ProdSG weitestgehend in das neue MÜG überführt.
     Ein entsprechender Gesetzesentwurf zur Neuregelung des ProdSG wurde bereits veröffentlicht
     (siehe hierzu Ziffer 1 dieser Mandanteninformation). Welche Befugnisse den Marktüberwachungs-
     behörden mindestens zu übertragen sind, wird in den Art. 14 ff. MÜ-VO festgelegt. Hierzu gehört
     etwa die Befugnis, unter falscher Identität Produktproben zu erwerben und zu prüfen, Art. 14 Abs. 4
     lit. j) MÜ-VO.

     Weitere Informationen zu der MÜ-VO finden Sie in unserer Mandanteninformation über die eben-
     falls bevorstehende Revision des Blue Guides (Ziffer 3, https://kn-law.de/de/aktuelles/mandanten-
     informationen/revision-des-blue-guides-2016-c-272-01-arbeitsentwurf-2020/).

3.   Zu den produktrechtlichen Anforderungen nach dem BREXIT

     Das Vereinigte Königreich ist am 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union ausgetreten. Bis zum
     31. Dezember 2020 galten noch zahlreiche Übergangsregeln, wonach u.a. noch Produkte, die dem
     europäischen Produktharmonisierungsrecht entsprachen, im Vereinigten Königreich in Verkehr ge-
     bracht werden konnten (siehe dazu unsere Mandanteninformation zum Brexit aus dem vergangen
     Jahr). Die Folgen eines harten Brexits konnten buchstäblich in den letzten Minuten durch ein Ab-
     kommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich abgewendet werden.
     Das für das Produktrecht maßgebliche Abkommen trägt den sperrigen Namen „Handels- und Ko-
     operationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft
     einerseits und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland andererseits“. Das
     Abkommen enthält jedoch keine konkreten Vorgaben zur Prüfung, Etikettierung oder Konformi-
     tätsbewertung, sondern legt lediglich den Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien fest.

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      Allerdings hat Großbritannien ein eigenes Kennzeichen, das sog. UKCA-Kennzeichen („United King-
      dom Conformity Assessment Mark“) eingeführt, das grundsätzlich seit dem 1. Januar 2021 für alle
      Produkte verpflichtend ist. Ausnahmsweise akzeptiert das Vereinigte Königreich bei bestimmten
      Produkten unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2021 noch die Kennzeich-
      nung mit der CE-Kennzeichnung (bzw. die Erfüllung der damit verbundenen Prüfpflichten nach den
      europäischen Harmonisierungsrechtsakten). Sonderregelungen gelten insbesondere für Baupro-
      dukte und Medizinprodukte. Außerdem gelten weitere Sonderregelungen für die Einfuhr von Pro-
      dukten nach Nordirland. Unternehmen, die Produkte nach Großbritannien und Nordirland einfüh-
      ren, sollten sich daher über die dort geltenden produktbezogenen Anforderungen informieren. Bei
      Fragen zum britischen Produktrecht vermitteln wir Ihnen gerne einen Kontakt zu spezialisierten
      englischen Anwaltskollegen.

II.   Elektro- und Elektronikgeräte (EEE), Batterien, Energieverbrauchsrelevante Produkte/Ökode-
      sign

1.    Neues Batteriegesetz (BattG) am 1.1.2021 in Kraft getreten

      Das Erste Gesetz zur Änderung des Batteriegesetzes (BattG, veröffentlicht in BGBl. I S. 2280) ist am
      1. Januar 2021 in Kraft getreten. Neu sind insbesondere die Registrierungspflicht für Hersteller so-
      wie die Pflicht zur Beteiligung an einem herstellereigenen Rücknahmesystem.

      Ablösung der Anzeigepflicht durch Registrierungspflicht bei der Stiftung EAR

      Ab sofort dürfen Hersteller oder ihre Bevollmächtigten Batterien in Deutschland nur in Verkehr
      bringen, wenn sie nach § 4 Abs. 1 S. 1 BattG bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (Stiftung
      EAR) mit der Marke und der jeweiligen Batterieart ordnungsgemäß registriert sind. Die Registrie-
      rung löst die bisherige Anzeigepflicht ab und ist kostenpflichtig. Der Registrierungsantrag muss die
      Angaben nach § 4 Abs. 2 BattG enthalten. Anzugeben sind neben den Kontakt- sowie Geschäftsda-
      ten des Herstellers unter anderem die Marke, unter der der Hersteller die Batterien in Verkehr zu
      bringen beabsichtigt, die Batterieart, Name und Anschrift des Rücknahmesystems nach § 7 BattG
      sowie im Falle der Beauftragung eines Dritten nach § 7 Abs. 3 BattG Name und Handelsregister-
      nummer des beauftragten Dritten. Die bisherige Regelung des § 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung zur

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     Durchführung des Batteriegesetzes (BattGDV) über die für den Antrag erforderlichen Angaben
     wurde zusammen mit der BattGDV mit Wirkung zum 1. Januar 2021 aufgehoben.

     Übergangsfrist beachten

     Für diejenigen Hersteller, die das Inverkehrbringen bereits nach § 4 Abs. 1 S. 1 des alten Batterie-
     gesetzes vom 25. Juni 2009 in Verbindung mit der BattGDV beim Umweltbundesamt angezeigt ha-
     ben, gilt gemäß § 31 Abs. 2 BattG eine einjährige Übergangsfrist. In diesem Fall muss die Registrie-
     rung bei der Stiftung EAR erst zum 1. Januar 2022 erfolgt sein. Voraussetzung ist, dass sich gegen-
     über den im Melderegister angezeigten Angaben während der gesamten Übergangszeit keinerlei
     Änderungen ergeben haben. Selbst eine bloße Änderung der Unternehmensdaten löst daher eine
     sofortige Registrierungspflicht aus.

     Pflicht zur Beteiligung an herstellereigenen Rücknahmesystemen für Geräte-Altbatterien

     Seit dem 1. Januar 2021 ist der Hersteller von Gerätebatterien zwecks Erfüllung seiner Rücknahme-
     pflichten nach § 5 BattG gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 verpflichtet, ein eigenes Rücknahmesystem für Ge-
     räte-Altbatterien einzurichten und zu betreiben. Ohne eine Beteiligung des Herstellers an einem
     Rücknahmesystem können Batterien nicht rechtskonform in den Verkehr gebracht werden, vgl. § 3
     Abs. 3 Nr. 2 BattG. Die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Rücknahmesysteme wird
     auf Antrag nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 und 3 BattG von der Stiftung EAR erteilt. Dabei können
     mehrere Hersteller gemäß § 7 Abs. 3 BattG zusammenwirken, indem sie einen Dritten mit der Ein-
     richtung und dem Betrieb des Rücknahmesystems beauftragen. In der Praxis wird diese kompliziert
     wirkende Konstruktion über die jeweiligen Rücknahmesysteme abgewickelt.

2.   EU-Batterie-Verordnung – Europäische Kommission legt Entwurf vor

     Die Europäische Kommission veröffentlichte am 10. Dezember 2020 den Entwurf einer neuen Bat-
     terie-Verordnung, der die bisherige Batterie-Richtlinie 2006/66/EG ersetzen soll. EU-Verordnungen
     sind im Gegensatz zu EU-Richtlinien – ohne einen weiteren Umsetzungsrechtsakt - unmittelbar in
     den einzelnen Mitgliedstaaten anwendbar. Die Kommission verfolgt mit dem Entwurf in Umsetzung
     des Green Deals ehrgeizige Ziele, bspw. geringstmögliche Umweltbelastungen oder Langlebigkeit,
     Wiederverwendbarkeit bzw. Recyclingfähigkeit von Batterien.

                                                                                                   Seite 6
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     Inhaltlich ist insbesondere auf die folgenden Regelungen hinzuweisen, die teilweise zeitlich gestaf-
     felt eingeführt werden sollen:

     • Einführung der Batterieart „Elektrofahrzeugbatterie“;

     • Konkretisierung der Definition der Gerätebatterie (versiegelt, leichter als 5kg, nicht für industri-
       elle Zwecke bestimmt sowie keine Einstufung als Elektrofahrzeugbatterie oder Autobatterie);

     • Einführung von Nachhaltigkeits- und Sicherheitskriterien wie etwa eines CO-2-Fußabdrucks für
       wiederaufladbare Industrie- und Elektrofahrzeugbatterien (mittels entsprechender Erklärung
       des Herstellers, inkl. Drittprüfung), Mindestgehalt an recyceltem Material, Sicherheitsanforde-
       rungen an stationäre Energiespeichersysteme etc.;

     • Strengere Anforderungen an die Möglichkeit zu Entnahme, Ersatz und Austausch von Gerätebat-
       terien;

     • Stark erweiterte Kennzeichnungs- und Informationspflichten, insbesondere auch zur Lebens-
       dauer und Ladekapazität der Batterien etc. – Möglichkeit der Bereitstellung der Informationen
       mittels QR-Code;

     • Erweiterung der Regelung zur getrennten Sammlung, Rücknahme und Rückgabe sowie Entsor-
       gung von Altbatterien, insbesondere Erhöhung der Sammelquoten für Gerätebatterien sowie
       Einführung verbindlicher Zielvorgaben zur Verwertung von Kobalt, Kupfer, Nickel, Blei und Li-
       thium;

     • Einführung von Sorgfaltspflichtregelungen in der Lieferkette für Wirtschaftsakteure, die wieder-
       aufladbare Industriebatterien und bestimmte Transaktionsbatterien in Verkehr bringen.

     Die geplanten Regelungen sind hier nur skizziert; wir werden jedoch kurzfristig eine eigene, detail-
     lierte Mandanteninformation zum Entwurf der Batterie-Verordnung erarbeiten und Ihnen diese
     dann zur Verfügung stellen.

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3.   Neue Informationspflichten für Hersteller und Vertreiber nach ElektroG im Zuge der Umsetzung
     der geänderten Abfall-Rahmen-Richtlinie

     Hersteller, Bevollmächtigte und rücknahmepflichtige Vertreiber von Elektro- und Elektronikgeräten
     sind dazu verpflichtet, private Haushalte (1) über die Pflicht zur getrennten Entsorgung von Altge-
     räten, (2) über die von Ihnen geschaffenen Rückgabemöglichkeiten, (3) über die Eigenverantwor-
     tung der Endnutzer im Hinblick auf das Löschen personenbezogener Daten (etwa der in Smartpho-
     nes und Laptops gespeicherten Daten) sowie (4) über die Bedeutung des Symbols der durchkreuz-
     ten Abfalltonne (keine Entsorgung im Hausmüll) zu informieren (vgl. § 18 Abs. 2 S. 1 und S. 2 Elektro-
     und Elektronikgerätegesetz [ElektroG] i.V.m. § 18 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nummer 1, 7 und 8 ElektroG).
     Durch das Gesetz zur Umsetzung der Abfallrahmen-Richtlinie (BGBl. I 2020 S. 2232, ausgegeben am
     28. Oktober 2020) sind die bisherigen Informations- und Hinweispflichten ergänzt worden.

     Durch eine Änderung von § 18 Abs. 1 S. 1 ElektroG zur Umsetzung von Art. 8a Abs. 2 der Abfallrah-
     menrichtlinie 2008/98/EG sind Hersteller, Bevollmächtigte und rücknahmepflichtige Vertreiber au-
     ßerdem dazu verpflichtet, private Haushalte über „Abfallvermeidungsmaßnahmen“ zu informieren.
     Exemplarisch werden dazu in der Gesetzesbegründung des Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrah-
     menrichtlinie etwa „die Vorteile einer längeren Lebensdauer von Elektrogeräten“ genannt (a.a.O.,
     Seite 83). Umfangreiche Informationen zu Abfallvermeidungsmaßnahmen auch mit Bezug zu Elekt-
     rogeräten sind überdies dem Abfallvermeidungsprogramm des Bundes unter Beteiligung der Län-
     der zu entnehmen.

     Zur Umsetzung von Art. 8a Abs. 3 lit. e) der Abfallrahmenrichtlinie wurde § 18 Abs. 2 ElektroG über-
     dies um einen S. 3 ergänzt, der bestimmt, dass Hersteller jährlich Informationen in Bezug auf die
     Erfüllung der in § 10 Abs. 3 ElektroG und § 22 Abs. 1 ElektroG normierten „quantitativen Zielvorga-
     ben“, welche die getrennte Erfassung und die Verwertung von Altgeräten betreffen, zu veröffentli-
     chen haben. Ausweislich der Gesetzesbegründung des Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmen-
     richtlinie veröffentlicht das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
     diese Informationen jährlich auf seiner Internetseite (a.a.O., Seite 83). Zur Erfüllung dieser neuen
     Pflicht sollen die Hersteller auf diese Veröffentlichung verweisen können (a.a.O., Seite 83).

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4.   Revision des ElektroG – Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 16. Dezember 2020

     Die Bundesregierung hat am 16. Dezember 2020 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Elektro-
     und Elektronikgesetzes (ElektroG-E) veröffentlicht, der mit seinem geplanten Inkrafttreten zum 1.
     Januar 2022 weitreichende Auswirkungen für Vertrieb und Entsorgung von Elektro- und Elektronik-
     geräte (EEE) haben wird. Weitergehende Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in unse-
     rer ausführlichen Mandanteninformation zum vorangegangenen Referentenentwurf des ElektroG.
     Dabei ist anzumerken, dass die noch im Referentenentwurf enthaltene Erweiterung der sog. 0:1-
     Rücknahmepflicht nicht in den aktuellen Gesetzesentwurf übernommen worden ist. Wesentlich
     sind insbesondere die folgenden Gesetzesänderungen:

     • Mit dem ElektroG-E sollen neue Wirtschaftsakteure definiert und mit Pflichten besehen wer-
       den. Hierzu gehören Betreiber von Verkaufsplattformen („elektronischer Marktplatz“, § 3 Nr.
       11a ElektroG-E) und „Fulfilment-Dienstleister“ (§ 3 Nr. 11c ElektroG-E). Diese Wirtschaftsakteure
       dürfen gem. § 6 Abs. 2 ElektroG-E ihre gewerbliche Tätigkeit im Hinblick auf EEE nicht ausüben,
       sofern der Hersteller bzw. Bevollmächtigte des jeweiligen EEE nicht ordnungsgemäß registriert
       ist.

     • Die erstmalige Wiederbereitstellung von EEE, die nach einem Inverkehrbringen in Deutschland
       ins Ausland ausgeführt worden sind, soll als erneutes Inverkehrbringen gelten, § 3 Nr. 8 Elekt-
       roG-E. Fraglich ist, ob diese Erweiterung der Definition des Inverkehrbringens eine erneute Re-
       gistrierung des in Deutschland wiederbereitgestellten EEE bei der Stiftung EAR notwendig
       macht.

     • Die Kennzeichnungspflicht mit dem Symbol nach Anlage 3 soll künftig auch für b2b-Geräte gel-
       ten.

     • Hersteller bzw. Bevollmächtigte sollen im Registrierungsverfahren für b2b-Geräte gem. § 6
       Abs. 1 ElektroG-E zur Vorlage von Rücknahmekonzepten verpflichtet werden. Zudem soll die-
       sen Wirtschaftsakteuren untersagt werden, dem Endnutzer die Entsorgungsverantwortung für
       b2b-Altgeräte durch vertragliche Vereinbarungen zu übertragen, § 19 Abs. 1 ElektroG-E.

     • Mit § 18 ElektroG-E sollen die Informationspflichten gegenüber Verbrauchern erweitert wer-
       den; rücknahmepflichtige Wirtschaftsakteure (Hersteller und ggf. Vertreiber) sollen nicht nur

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        über die eigene Rücknahmepflicht, sondern auch über die Rücknahmepflicht des jeweils ande-
        ren Wirtschaftsakteurs sowie über die Entnahmepflicht von Altbatterien und Altakkumulatoren
        nach § 10 Abs. 1 S. 2 ElektroG-E informieren.

     • Nach § 17 Abs. 1 ElektroG-E sollen Rücknahme- und Informationspflichten für Lebensmittel-
       großhändler (800 qm) eingeführt werden, sofern diese „mehrmals“ im Kalenderjahr EEE anbie-
       ten.

5.   Triman-Logo – Pflicht zur Kennzeichnung von Verpackungen in Frankreich

     Frankreich geht im Bereich der Verpackungskennzeichnung weiterhin einen Sonderweg. Während
     bislang eine Kennzeichnung mit dem sog. Triman-Logo nebst einer entsprechenden Sortieranlei-
     tung für Verpackungsabfälle auf der Internetseite des Verkäufers ausreichend war, wird mit dem
     Gesetz über die Bekämpfung von Abfall und über die Kreislaufwirtschaft Nr. 2020-105 vom 10. Feb-
     ruar 2020 eine umfassende Pflicht zur Kennzeichnung von Verpackungen – ausgenommen Haus-
     haltsglas-Getränkeverpackungen – eingeführt. Hiernach muss das Logo zusammen mit einer Sor-
     tieranleitung auf dem Produkt, seiner Verpackung oder andernfalls auf den mit dem Produkt gelie-
     ferten Dokumenten erscheinen. Das Gesetz Nr. 2020-105 selbst sieht vor, dass diese Verpflichtung
     ab dem 1. Januar 2022 gelten soll (Art. 130).

     Das Triman-Logo verkörpert den gleichen Inhalt wie das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne
     nach der WEEE- sowie der Batterie-Richtlinie: Das Verpackung und/oder das Produkt unterliegen
     der erweiterten Herstellerverantwortung und sollen der getrennten Sammlung zugeführt werden.
     Da auch Elektro- und Elektronikgeräte in den Anwendungsbereich der neuen Regelung fallen,
     kommt es hier im Prinzip zu einer doppelten Kennzeichnungsverpflichtung. Unter anderem aus die-
     sem Grund sah sich das französische Dekret, das konkretisierende Vorgaben für die Anwendung
     der Kennzeichnungspflicht enthält, im Rahmen eines bei der Europäischen Kommission anhängigen
     Notifizierungsverfahrens (2020/410/F) scharfer Kritik ausgesetzt. Die zusätzliche Kennzeichnung
     stelle eine massive Behinderung des freien Warenverkehrs dar. Dies wird inzwischen in der franzö-
     sischen Regelung berücksichtigt, indem bei Elektro- und Elektronikgeräten das Triman-Logo durch
     das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne ersetzt werden darf.

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     Darüber hinaus veröffentlichte Frankreich per Dekret am 1. Januar 2021 (Dekret zur Änderung des
     Dekrets über die Zulassung von Verfahren und die Zulassung von Spezifikationen für Öko-Organisa-
     tionen im Bereich Haushaltsverpackungen), dass es das freiwillige Symbol „Grüner Punkt/Le Point
     Vert“ mit Wirkung zum 1. April 2021 abschaffen werde. Ausnahmen hiervon bestehen für verpackte
     Produkte oder Verpackungen, die vor dem 1. April 2021 hergestellt oder importiert wurden. Diese
     Produkte oder Verpackungen dürfen während einer Übergangsfrist von 18 Monaten, d.h. bis zum
     1. Oktober 2022, verkauft werden. Eine weitere Ausnahme gilt für verpackte Produkte oder herge-
     stellte oder importierte Verpackungen, für die der Grüne Punkt in einem anderen Mitgliedstaat der
     Europäischen Union gesetzlich vorgeschrieben ist (z.B. Spanien oder Zypern) und dessen Vermark-
     tung in diesem Mitgliedstaat in identischer Verpackung erfolgt. Für diese Produkte und Verpackun-
     gen ist die Kennzeichnung mit dem Grünen Punkt erst ab dem 1. Januar 2022 verboten. Verpackun-
     gen oder Produkte, die bis zu diesem Zeitpunkt verpackt wurden, dürfen bis zum 31. Dezember
     2022 auf den Markt gebracht werden. Eine entgegen den Vorgaben fortbestehende Kennzeichnung
     mit dem Grünen Punkt soll mit einer Strafzahlung in Höhe von 100% der Lizenzgebühr geahndet
     werden.

6.   Neue Anforderungen nach Öko-Design-Richtlinie (bspw. zur Reparierbarkeit)

     Die Europäische Kommission hatte zum 1. Oktober 2019 zehn Durchführungsverordnungen zur EU-
     Öko-Design-Richtlinie 2009/125/EG erlassen, die überwiegend ab dem 1. März 2021 Geltung ent-
     falten. Die Durchführungsverordnungen enthalten u.a. verbindliche Grenzwerte für den Energie-
     verbrauch sowie Mindestanforderungen an die Effizienz der betroffenen Produktgruppen. Erstmals
     Gegenstand einer Durchführungsverordnung sind die Produktgruppen „Kühlgeräte mit Direktver-
     kaufsfunktion“ und „Schweißgeräte“. Überarbeitet wurden darüber hinaus die Vorgaben und An-
     forderungen in den bereits bestehenden Durchführungsverordnungen für die Produktgruppen:
     Kühlgeräte, Waschmaschinen, Geschirrspüler, elektronische Displays, Lichtquellen und separate
     Betriebsgeräte, externe Netzteile, Elektromotoren sowie Leistungstransformatoren.

     Darüber hinaus verpflichten die Durchführungsverordnungen zu den Produkttypen „Kühlgeräte“,
     „Kühlgeräte mit Direktverkaufsfunktion“, „Haushaltswaschmaschinen und Haushaltswaschtrock-
     ner“, „Haushaltsgeschirrspüler“, „elektronische Displays“ sowie „Schweißgeräte“ die Hersteller
     fortan auch zu Maßnahmen zur Förderung der Reparierbarkeit und der Recyclingfähigkeit von Pro-
     dukten. Die Hersteller sind ab dem 1. März 2021 – im Hinblick auf den Produkttyp „Schweißgeräte“

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     gar ab dem 1. Januar 2021 – verpflichtet, sicherzustellen, dass innerhalb bestimmter (Mindest-)Zeit-
     räume von sieben bis zehn Jahren erforderliche Ersatzteile verfügbar sind und binnen drei Wochen
     geliefert werden können. Die Ersatzteile müssen dabei so beschaffen sein, dass sie mit allgemein
     erhältlichen Werkzeugen ausgetauscht werden können, ohne dass die betroffenen Geräte dadurch
     beschädigt werden. Zur Unterstützung von Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, entspre-
     chende Produkte zu reparieren, müssen die Hersteller außerdem dafür sorgen, diesen Unterneh-
     men Informationen zur Reparatur und zur professionellen Wartung zur Verfügung stehen. Die
     Durchführungsverordnung zum Produkttyp „Server und Datenspeicherprodukte“ beschränkt sich
     hinsichtlich der Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit auf die ebenfalls ab dem 1. März 2021 gel-
     tende Verpflichtung der Hersteller, die Verbindungs-, Befestigungs- oder Versiegelungstechniken
     so auszugestalten, dass die Demontage bestimmter Bauteile zu Zwecken der Reparatur oder
     Wiederverwendung nicht verhindert wird.

     Ebenso wie im Bereich der Verpackungskennzeichnung trifft Frankreich auch hier eigene zusätzli-
     che Regelungen. Trotz der im Rahmen eines Notifizierungsverfahren bei der EU-Kommission geäu-
     ßerten Kritik angesichts einer möglichen Einschränkung des freien Warenverkehrs, hat Frankreich
     auf Grundlage seines nationalen „Gesetzes zur Abfallbekämpfung und Kreislaufwirtschaft“ einen
     sogenannten Reparierbarkeitsindex für elektrische und elektronische Geräte („Indice de réparabi-
     lité“) eingeführt, der zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Hiernach werden Hersteller verpflich-
     tet, den Verbraucher beim Kauf eines Geräts aus zunächst fünf Pilotproduktkategorien – nämlich
     Waschmaschinen, Laptops, Smartphones, Fernseher und Rasenmäher – über einen nach bestimm-
     ten Parametern ermittelten Reparierbarkeitsindex zwischen 1-10 Punkten zu informieren.

7.   Neuskalierung des Energielabels nach EVK-Verordnung – Umstellung im Handel im März 2021

     Das heute noch für zahlreiche Produktgruppen im Handel verwendete Energielabel, das seit einigen
     Jahren die Effizienzklassen A+++ bis D anzeigt, wird auf der Grundlage der EU-Rahmenverordnung
     für die Energieverbrauchskennzeichnung (EU) 2017/1369 neu skaliert, um den Verbraucher wieder
     aussagekräftig über die Energieeffizienz zu informieren. Dabei soll zu dem ursprünglichen A- bis G-
     Label zurückgekehrt werden. Betroffen sind insbesondere Produkte sogenannter „weißer Ware“,
     nämlich Geschirrspüler (VO [EU] 2019/2017), Waschmaschinen und Waschtrockner (VO [EU]

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     2019/2014), Kühl- und Gefriergeräte einschließlich Weinlagerschränke (VO [EU] 2019/2016), Kühl-
     geräte mit Direktverkaufsfunktion (VO [EU] 2019/2018) und darüber hinaus auch elektronische Dis-
     plays einschließlich Fernseher (VO [EU] 2019/2013).

     Der Fahrplan zur Einführung des neuen Energielabels, der sich aus dem Zusammenspiel der EU-
     Rahmenverordnung und den einschlägigen Verordnungen zu den jeweiligen Geräteklassen ergibt,
     sieht vor, dass Lieferanten ihren Geräten grundsätzlich ab dem 1. November 2020 sowohl das neue
     Energielabel als auch das bisherige Energielabel beifügen. Ebenfalls ab dem 1. November 2020
     muss der Lieferant die Parameter des neuen Produktdatenblatts in die Produktdatenbank einpfle-
     gen und auf Aufforderung des Händlers das neue Produktdatenblatt auch physisch bereitstellen.
     Ab dem 1. März 2021 beginnt dann die Umstellung auf das neue Energielabel für Produkte in den
     Geschäften und im Onlinehandel, die bis dahin in Verkehr gebracht worden sind. Ein vorheriges
     Bereitstellen des neuen Energielabels gegenüber dem Endverbraucher ist nicht zulässig. Nach ei-
     nem Zeitfenster von 14 Arbeitstagen, d.h. bis zum 18.3.2021, muss schließlich die vollständige Um-
     stellung auf das neue Label erfolgt sein.

     Obwohl die Neuskalierung des Energielabels gem. VO (EU) 2019/2015 auch auf Lichtquellen An-
     wendung findet, ergibt sich hier ein etwas anderer zeitlicher Rahmen. Die Händler trifft hier erst ab
     dem 1. September 2021 die Pflicht zur Umstellung auf das neue Energielabel. Weiterhin wird den
     Händlern insoweit eine Umstellungsphase von 18 Monaten eingeräumt. Der Lieferant ist allerdings
     gleichwohl bereits ab dem 1. Mai 2021 verpflichtet, die Parameter des neuen Produktdatenblatts
     in die Produktdatendank einzupflegen. Eine Pflicht zur vorzeitigen Versendung des neuen Energie-
     labels trifft den Lieferanten im Hinblick auf Lichtquellen hingegen nicht.

     Die neuen Energielabel müssen genauso wie die bisherigen Energielabel deutlich sichtbar an der
     vorgeschriebenen Stelle außen auf dem Produkt angebracht werden. Die Lieferanten und Händler
     sind außerdem verpflichtet, bei jeder visuell wahrnehmbaren Werbung oder in technischem Wer-
     bematerial für ein bestimmtes Modell auf die Energieeffizienzklasse des Produktes und das Spekt-
     rum der auf dem Etikett verfügbaren Effizienzklassen hinzuweisen.

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III.   Stoffrecht/Material Compliance

1.     EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit verabschiedet

       Am 14. Oktober 2020 hat die Europäische Kommission ihre Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit
       einschließlich eines als Anhang dazu veröffentlichten Aktionsplans verabschiedet. Die Europäische
       Kommission bezeichnet dies als ersten Schritt in Richtung „Null-Schadstoff-Ziel“ für eine schad-
       stofffreie Umwelt, welches im europäischen Green Deal angekündigt wurde. Langfristiges Ziel ist
       die deutliche Erhöhung des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor schädlichen
       Chemikalien. In der von ihr dazu veröffentlichten Pressemitteilung führt die Europäische Kommis-
       sion als wichtigste Initiativen der Chemikalienstrategie (1) die schrittweise Einstellung der Verwen-
       dung der schädlichsten Stoffe, sofern sie für das Allgemeinwohl nicht nachweislich unverzichtbar
       sind, (2) die Minimierung und möglichst weitgehende Substituierung bedenklicher Stoffe in allen
       Produkten, (3) die Berücksichtigung des Kombinationseffekts von Chemikalien (Cocktail-Effekt) so-
       wie (4) die Einführung von Informationsanforderungen im Rahmen der Initiative für eine nachhal-
       tige Produktpolitik an.

       Die Europäische Kommission hat für die Chemikalienstrategie im Übrigen fünf wesentliche Ziele
       identifiziert und in ihrem Aktionsplan hierfür insgesamt 56 erforderliche Maßnahmen formuliert.
       Die Umsetzung ist – abhängig von der jeweiligen Maßnahme – in den Jahren 2020 bis 2024 vorge-
       sehen und betrifft auch eine Vielzahl europäischer Rechtsakte, die etwa dem Abfall-, Chemikalien-
       und Produktrecht zuzuordnen sind.

       „Innovative Lösungen für sichere und nachhaltige EU-Chemikalien“ (1. Ziel) sollen etwa durch die
       Erarbeitung von EU-Kriterien für inhärent sichere und nachhaltige Chemikalien (2022) sowie durch
       die Einführung rechtlicher Anforderungen in Bezug auf die Präsenz bedenklicher Stoffe in Produk-
       ten, einschließlich PFAS (2021-2022), gefunden werden. Geplant ist außerdem u.a. eine Änderung
       der EU-Rechtsvorschriften über Industrieemissionen, um die Verwendung sicherer Chemikalien
       durch die Industrie in der EU zu fördern (2021). Für einen „stärkeren EU-Rechtsrahmen zur Bewäl-
       tigung dringender Umwelt- und Gesundheitsprobleme“ (2. Ziel) ist u.a. ein Fahrplan zur Priorisie-
       rung bestimmter schädlicher Stoffe (darunter CMR, PBT und vPvB) für (Gruppen-)Beschränkungen
       im Rahmen der REACH-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 1907/2006) vorgesehen (2021). Vorge-
       schlagen wird außerdem die Erweiterung des allgemeinen Ansatzes für das Risikomanagement, um
       sicherzustellen, dass Verbraucherprodukte keine schädlichen Chemikalien enthalten (2022) sowie

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     eine Änderung der CLP-Verordnung (Verordnung [EG] 1272/2008) zur Einführung neuer Gefahren-
     klassen für endokrine Disruptoren, PBT/vPvB sowie persistente und mobile Stoffe und deren An-
     wendung in allen Rechtsvorschriften (2021). Zudem sollen Bestimmungen zur Berücksichtigung der
     Kombinationseffekte von Chemikalien in Wasser, Lebensmittelkontaktmaterialien, Lebensmittelzu-
     satzstoffen, Spielzeug, Detergenzien und Kosmetika neu eingeführt oder aber verstärkt werden
     (2022). Der Aktionsplan beinhaltet außerdem den Vorschlag zur Änderung von Art. 57 REACH-Ver-
     ordnung im Hinblick auf die Aufnahme von PMT sowie vPvM in die „Kandidatenliste“ (Liste der
     besonders besorgniserregenden Stoffe) (2022). Weitere Maßnahmen hat die Europäische Kommis-
     sion zur Erreichung einer „Vereinfachung und Konsolidierung des Rechtsrahmens“ (3. Ziel), für die
     „Bereitstellung einer umfassenden und transparenten Wissensbasis über Chemikalien“ (4. Ziel) so-
     wie für die „Bereitstellung eines Modells, das weltweit als Inspiration für Chemikalienmanagement
     dienen kann“ (5. Ziel) formuliert und vorgesehen

2.   EU-Konfliktmineralien-Verordnung - Neue Pflichten für Unionseinführer

     Seit dem 1. Januar 2021 gelten die in der Konfliktmineralien-Verordnung (Verordnung [EU]
     2017/821) normierten Vorgaben zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für die Uni-
     onseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erze oder Gold (sog. 3TG) aus Konflikt- und Hochri-
     sikogebieten. Unionseinführer ist jede natürliche oder juristische Person, welche 3TG zur Überfüh-
     rung in den zollrechtlich freien Verkehr anmeldet oder anmelden lässt (vgl. Art. 2 lit. l Konfliktmi-
     neralien-Verordnung). Die Pflichten der Konfliktmineralien-Verordnung sind durch die Unionsein-
     führer immer dann zu beachten, wenn die jährliche Einfuhr eine bestimmte, in Anhang I Konflikt-
     mineralien-Verordnung festgelegte, Mengenschwelle überschreitet. Ausweislich eines von der Eu-
     ropäischen Kommission veröffentlichten FAQ sind von den Regelungen der Konfliktmineralien-Ver-
     ordnung ( zwischen 600 und 1.000 Unionseinführer unmittelbar betroffen.

     Durch die Festlegung von konkreten Sorgfaltspflichten sollen gewaltsame Auseinandersetzungen
     und schwere Menschenrechtsverletzungen, die in Zusammenhang mit dem Bezug der 3TG stehen,
     vermieden werden. Von zentraler Bedeutung für die Bestimmung und Konkretisierung der in der
     Konfliktmineralien-Verordnung normierten Pflichten ist der an einer Vielzahl von Stellen in Bezug
     genommene „OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungs-
     voller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten“ (OECD-Leitsätze). Die in der
     Konfliktmineralien-Verordnung normierten Vorgaben zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der

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     Lieferkette umfassen zunächst die Einrichtung eines dazu erforderlichen „Managementsystems“
     u.a. zur Ausrichtung der Lieferkettenpolitik des Unionseinführers an den in den OECD-Leitsätzen
     festgelegten Standards (vgl. Art. 4 Konfliktmineralien-Verordnung). Vorgesehen sind außerdem „Ri-
     sikomanagementsysteme“, um Risiken in der Lieferkette zu ermitteln und zu bewerten sowie um
     angemessen darauf zu reagieren (vgl. Art. 5 Konfliktmineralien-Verordnung). Die Erfüllung der Sorg-
     faltspflichten durch den Unionseinführer ist außerdem grundsätzlich durch „unabhängige Dritte“
     zu überprüfen (vgl. Art. 6 Konfliktmineralien-Verordnung). Zur größtmöglichen Sicherstellung von
     Transparenz ist der Unionseinführer gegenüber nationalen Behörden und Abnehmern überdies zur
     „Offenlegung“ von Informationen und Unterlagen verpflichtet, welche die Einhaltung von Sorgfalts-
     pflichten bestätigen (vgl. Art. 7 Konfliktmineralien-Verordnung).

     Für die Durchführung der Konfliktmineralien-Verordnung in Deutschland ist die Bundesanstalt für
     Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zuständig (vgl. § 3 Abs. 1 Mineralische-Rohstoffe-Sorg-
     faltspflichten-Gesetz [MinRoHSorgG]). Dieser wurden im MinRoHSorgG zur Überprüfung der prak-
     tischen Umsetzung der Sorgfaltspflichten gegenüber den verpflichteten Unionseinführern weitrei-
     chende Anordnungs- und Eingriffsbefugnisse eingeräumt.

        Hinweis: Ausführlich zur Thematik und für Überlegungen, die eine sachgerechte und praktische
        Umsetzung der in der Konfliktmineralien-Verordnung normierten Vorgaben betreffen, siehe den
        Aufsatz von Fehse/Markmann, „Die Konfliktmineralienverordnung der Europäischen Union –
        Neue Pflichten für Unionseinführer und nationaler Vollzug“, in: EuZW 2021, i.E.

3.   Die SCIP-Datenbank der ECHA – Verpflichtung seit 5. Januar 2021

     Seit dem 5. Januar 2021 sind Hersteller, Importeure und Händler von Erzeugnissen bzw. aus Erzeug-
     nissen zusammengesetzten komplexen Produkten bei der gewerblichen Abgabe dazu verpflichtet,
     der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) die Informationen gemäß Art. 33 Abs. 1 REACH-Ver-
     ordnung (VO [EG] Nr. 1907/2006) zur Verfügung zu stellen, sofern in einem Erzeugnis ein „Kandi-
     datenstoff“ in einer Konzentration von mehr als 0,1 Massenprozent (w/w) enthalten ist. Mitzuteilen
     sind der Name des Stoffs sowie gegebenenfalls die Informationen, die für eine sichere Verwendung
     erforderlich sind. Grundlage dieser Pflicht ist Art. 9 Abs. 1 lit. i der novellierten Abfallrahmen-Richt-
     linie 2008/98/EG, der zwischenzeitlich durch den neu eingefügten § 16 lit. f Abs. 1 Chemikalienge-
     setz (ChemG) in nationales Recht umgesetzt worden ist.

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     Für diese Informationen hatte die ECHA auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 2 der novellierten Abfall-
     rahmen-Richtlinie eigentlich schon bis zum 5. Januar 2020 die SCIP-Datenbank (Substances of Con-
     cern In articles as such or in complex objects [Products]) zu errichten. Allerdings besteht erst seit
     dem 28. Oktober 2020 für die verpflichteten Lieferanten überhaupt die Möglichkeit, ihrer Pflicht
     durch die unmittelbare Abgabe einer Meldung in die SCIP-Datenbank für die von ihnen produzier-
     ten, importierten und vertriebenen Produkte zu genügen. Ausweislich einer von der ECHA veröf-
     fentlichten Pressemitteilung konnten gleichwohl Mitte Dezember 2020 bereits mehr als zwei Milli-
     onen abgegebene Meldungen in die SCIP-Datenbank verzeichnet werden.

     Die SCIP-Datenbank ist derzeit Gegenstand einer Vielzahl rechtlicher und politischer noch offener
     Kontroversen. Diese betreffen zunächst die von der ECHA zur Einstellung in die SCIP-Datenbank
     festgelegten Informationsanforderungen selbst, die weit über die in Art. 33 Abs. 1 REACH-Verord-
     nung normierte Mitteilungspflicht hinausgehen. Aus rechtlicher Perspektive bestehen Zweifel, ob
     die ECHA für die Festlegung eigener Informationsanforderungen überhaupt ausreichend legitimiert
     gewesen ist. Wegen ihres Umfangs sind diese überdies von zahlreichen Wirtschaftsverbänden
     mehrfach scharf kritisiert worden. Angeführt wird insbesondere ein für die verpflichteten Wirt-
     schaftsakteure unverhältnismäßiger Beschaffungs- und Einstellungsaufwand. Durch die erst am 28.
     Oktober 2020 eröffnete Möglichkeit, überhaupt Meldungen in die SCIP-Datenbank einzugeben, sei
     den verpflichteten Lieferanten außerdem wichtige Vorbereitungszeit genommen worden, um sich
     mit den – zum Teil nach wie vor nicht fertiggestellten – technischen Besonderheiten der SCIP-Da-
     tenbank auseinanderzusetzen. Zweifel an dem Nutzen der Informationen ist u.a. von der diesbe-
     züglich adressierten – deutschen – Recyclingwirtschaft geäußert worden. Unklar ist außerdem, ob
     die Lieferanten für die Übermittlung der Informationen zur Nutzung der SCIP-Datenbank überhaupt
     verpflichtet sind. Die Bundesregierung hat von der ihr in § 16 lit. f Abs. 2 ChemG eingeräumten
     Möglichkeit, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, auf welche „Art und Weise“ die Pflicht zu er-
     füllen ist, bislang noch keinen Gebrauch gemacht. Die ECHA selbst kämpft derweil mit technischen
     Schwierigkeiten, die sich aus der Flut an Dateneingaben in die SCIP-Datenbank ergeben.

        Hinweis: Bitte beachten Sie zu dieser Thematik auch unsere Mandanteninformation vom 8. Juni
        2020 („Die SCIP-Datenbank der ECHA: Herausforderungen für die Wirtschaft“) sowie die Ausfüh-
        rungen dazu in unserer Mandanteninformation vom 3. November 2020 („Das neue KrWG-Um-
        setzungsgesetz 2020 Teil 2: Abfallende, Schnittstelle zum Chemikalien- und Produktrecht“) und
        den Aufsatz von Nusser/Markmann, „Die neue SCIP-Datenbank der ECHA und ihre Umsetzung
        durch § 62a KrWG-E“, in: AbfallR 3/2020, S. 120 ff.

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MANDANTENINFORMATION PRODUKTRECHT                                                         FEBRUAR 2021

4.   Neue Kandidatenliste der ECHA seit 19. Januar 2021

     Am 19. Januar 2021 ist die von der ECHA geführte „Kandidatenliste“ um zwei weitere Stoffe ergänzt
     worden. Auf der Kandidatenliste, die von der ECHA in der Regel zweimal im Jahr aktualisiert wird,
     befinden sich nun 211 „Kandidatenstoffe“. Diese Stoffe kommen langfristig zur Aufnahme in das in
     Anhang XIV REACH-Verordnung geführte Verzeichnis der sog. „zulassungspflichtigen Stoffe“ in Be-
     tracht (vgl. Art. 57 REACH-Verordnung). Nach Aufnahme des Stoffes in das Verzeichnis bedarf es
     für das Inverkehrbringen zur Verwendung und für die Verwendung einer besonderen Zulassung
     (vgl. Art. 56 REACH-Verordnung). Neu aufgenommen wurde die Substanz „Bis(2-(2-me-
     thoxyethoxy)ethyl)ether“. Diese findet u.a. in Lösungs- und Extraktionsmitteln, als Prozesschemi-
     kalie, zur Herstellung von Fertigprodukten sowie in der Lithium-Ionen-Batterietechnik Anwendung.
     In einer Substanz zusammengefasst wurden außerdem „Dioctylzinndilaurat-, Stannan-, Dioctyl-Bis-
     (Cocoacyloxy)-Derivate und alle anderen Stannan-, Dioctyl- , Bis-(Fettacyloxy)-Derivate, bei denen
     C12 die vorherrschende Kohlenstoffzahl der Fettacyloxyeinheit ist“. Diese wird herkömmlicher-
     weise als Stabilisator und Katalysator in Stoffen wie Farben, Tinten, Dichtungsmitteln sowie in
     Kunst- und Klebstoffen verwendet.

     An das Vorliegen eines „Kandidatenstoffs“ knüpft auch die in Art. 33 Abs. 1 REACH-Verordnung
     normierte Mitteilungspflicht für Lieferanten bei der Abgabe von Produkten an gewerbliche Abneh-
     mer sowie die in Art. 9 Abs. 1 lit. i der novellierten Abfallrahmen-Richtlinie 2008/98/EG bzw. § 16
     lit. f Abs. 1 Chemikaliengesetz (ChemG) normierte Pflicht, der ECHA die Informationen „gemäß“ Art.
     33 Abs. 1 REACH-Verordnung zur Verfügung zu stellen, an. Nach diesen Vorschriften verpflichtete
     Wirtschaftsakteure haben die beiden neu hinzugefügten „Kandidatenstoffe“ seit dem 19. Januar
     2021 in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.

5.   PFOA-Verbot, u.a. Ablauf praxisrelevanter Ausnahme

     Seit dem letzten Jahr sind Stoffverbote in Bezug auf PFOAs in Erzeugnissen nicht mehr in Anhang
     XVII REACH-Verordnung, sondern in Anhang I der POP-Verordnung geregelt. Grundsätzlich sind
     nach Art. 3 Abs. 1 POP-Verordnung die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von
     in Anhang I aufgelisteten Stoffen als solche, in Gemischen oder in Erzeugnissen verboten, es sei
     denn eine der in Art. 4 geregelten Ausnahmen greift. Folgende Ausnahmen bestehen danach:

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MANDANTENINFORMATION PRODUKTRECHT                                                              FEBRUAR 2021

     • Nach Artikel 4 Abs. 1 lit. b) gilt Art. 3 zunächst u.a. nicht für Stoffe, die als unbeabsichtigte Spu-
       renverunreinigung in Erzeugnissen vorhanden sind. Die Grenzwerte für solche Spurenverunrei-
       nigungen sind in Anhang I der POP-Verordnung geregelt. Danach gilt grundsätzlich ein Grenz-
       wert für PFOA oder ihrer Salze von höchstens 0,025 mg/kg (0,0000025 Gew.-%) in Bezug auf das
       konkrete Erzeugnis. Wird der Grenzwert von 0,025 mg/kg (0,0000025 Gew.-%) in Bezug auf das
       Erzeugnis also nicht überschritten, besteht kein Verbot und das Erzeugnis kann beliebig weiter-
       verwendet (bspw. verarbeitet) und in Verkehr gebracht werden.

     • Eine zweite Ausnahme ist in Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 1 POP-Verordnung geregelt. Danach gilt
       das Verbot nach Art. 3 für einen bestimmten Stoff, der nach dem 15. Juli 2019 in den Anhang I
       aufgenommen wurde, für einen Zeitraum von 6 Monaten nicht, wenn dieser Stoff (hier: PFOA)
       in Erzeugnissen vorhanden ist, die vor oder zu dem Zeitpunkt hergestellt worden sind, ab dem
       die POP-Verordnung für diesen Stoff gilt. PFOA wurde zum 4. Juli 2020 in den Anhang I POP-
       Verordnung aufgenommen. Somit bestand bis zum 4. Januar 2021 (einschließlich) kein Verwen-
       dungs- und/oder Verkehrsverbot für Erzeugnisse, die PFOA enthalten und spätestens am 4. Juli
       2020 hergestellt wurden. Für diese inzwischen ausgelaufenen Ausnahmen kam es nur auf das
       Datum der Herstellung an, nicht aber auf eine Verwendung innerhalb der Europäischen Union.

     • Eine dritte und letzte Ausnahme ist in Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 POP-Verordnung enthalten.
       Danach gilt Artikel 3 nicht für Stoffe, die in Erzeugnissen vorhanden sind, die vor oder zu dem
       Zeitpunkt, seitdem die POP-Verordnung auf diese Stoffe Anwendung findet bereits verwendet
       wurden. Bei dieser Ausnahme kommt es also darauf an, ob ein PFOA-haltiges Erzeugnis (ein Ge-
       misch ist nicht ausreichend) bereits vor dem oder zu dem Stichtag (4. Juli 2020) verwendet
       wurde. Eine Verwendung in diesem Sinne ist auch das bloße Lagern des Erzeugnisses, vgl. Art. 2
       POP-Verordnung in Verbindung mit Art. 3 Nr. 24 REACH-Verordnung, wobei die Verwendung
       nach Ansicht der Europäischen Kommission innerhalb der EU stattgefunden haben muss, vgl.
       das Guidance Document „Implementation of Article 4 (2) of the POPs Regulation: https://ec.eu-
       ropa.eu/environment/chemicals/international_conventions/pdf/POP-CA_06-20_05-Article_4-
       2-final.pdf. Solange das Erzeugnis seine Erzeugniseigenschaft bei einer Verwendung im Ausnah-
       mefall nicht wieder verliert, darf es bspw. auf unbestimmte Zeit in andere Produkte eingebaut
       und diese Produkte wiederum dürfen auf unbestimmte Zeit in Verkehr gebracht werden.

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IV.   Bauproduktenrecht

1.    Urteil des EuGH vom 17. Dezember 2020 zur Bauproduktenverordnung und harmonisierten
      Normen (Art. 18-Verfahren der Bundesrepublik Deutschland)

      Das (Berufungs-)Urteil des EuGH betrifft zwei Klagen der Bundesrepublik Deutschland gegen die
      Kommission, die vom EuG 2019 bereits abgewiesen worden waren und gegen die Deutschland
      unter einem Streitbeitritt Finnlands Berufung eingelegt hatte.

      Zum Hintergrund des Rechtsstreits

      Seit jeher war Deutschland mit der Qualität harmonisierter Normen unzufrieden, da eine Reihe
      dieser Normen nicht alle Anforderungen bzw. nicht alle Prüfmethoden enthalten, die erforderlich
      sind um die Bauwerkssicherheit zu gewährleisten. Deutschland wählte daher über Jahre den Weg,
      diese harmonisierten Normen national durch Anforderungen in der Bauregelliste und allgemeine
      bauaufsichtliche Zulassungen zu „ergänzen“. Diese Praxis erklärte der EuGH 2014 für unzulässig,
      da harmonisierte Normen die Anforderungen an Bauprodukte abschließend regelten. Hintergrund
      war die Überlegung, dass andernfalls jeder Mitgliedstaat zusätzlich nationale Anforderungen an
      ein harmonisiertes Bauprodukt stellen könnte und damit die Harmonisierung, die den Handel auf
      dem Europäischen Binnenmarkt sicherstellen solle, unterlaufen werde.

      Die Frage, auf welche Weise die Mitgliedstaaten die für die Sicherheit der baulichen Anlagen rele-
      vanten „Lücken“ schließen können, blieb aber unbeantwortet. Die Bundesrepublik zog daher ein
      weiteres Mal vor die Europäischen Gerichte, um diese Frage zu klären.

      Die Entscheidung des EuGH

      Deutschland stellte mit den Klagen im Kern zwei alternative „Lösungsmöglichkeiten“ im Falle einer
      unzureichenden Normung zur Diskussion. Zunächst wurden mit Holzfußböden und Parkett sowie
      Sportböden Bauprodukte ausgewählt, deren Harmonisierung in Bezug auf gefährliche Stoffe unter
      Verstoß gegen die Mandate nicht gegeben war und für die die Europäische Kommission im Nach-
      hinein auch die Möglichkeit einer nationalen Ergänzung durch entsprechende Anforderungen wie-
      der gestrichen hatte.

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MANDANTENINFORMATION PRODUKTRECHT                                                       FEBRUAR 2021

     Tatsächlich konnte Deutschland insoweit auf die seit Jahren von der Europäischen Kommission
     praktizierte Verfahrensweise verweisen, wonach die Europäische Kommission – wegen der Unvoll-
     ständigkeit der Harmonisierung in diesem Punkt – selbst eine Vielzahl von Normen mit dem Hinweis
     versehen hatte, dass in Bezug auf gefährliche Substanzen ergänzend nationale Bestimmungen zu
     beachten sein könnten. Nachdem Deutschland auf diesen Widerspruch hingewiesen hatte, hatte
     die Europäische Kommission diese Passagen aber für unwirksam erklärt und auf diese Weise den
     Widerspruch aufgelöst, wenn auch auf Kosten der gleichsam anerkannten „Unvollständigkeit“ der
     Harmonisierung.

     Deutschland war hierzu der Auffassung, dass derartige Korrekturen unzulässig seien und die Kom-
     mission angesichts der „unstreitigen“ Mängel der Normen die Pflicht gehabt hätte, die entspre-
     chenden Normen im Amtsblatt wieder zu streichen und damit die Harmonisierung aufzuheben. Al-
     ternativ hätte der Verweis auf die nationalen Normen erhalten bleiben müssen, da die betreffende
     Prüfmethode nicht harmonisiert sei und damit einer nationalen Ergänzung zugänglich bleiben
     müsse. Als Kernargument verwies Deutschland auf den Umstand, dass andernfalls die Grundanfor-
     derungen an Bauwerke in Bezug auf deren Sicherheit nicht gewährleistet werden könne.

     Nachdem die Vorinstanz die Klagen bereits abgewiesen hatte, stellte der EuGH nun abschließend
     Folgendes fest:

     •   Richtig sei, dass die Europäische Kommission im Falle mangelhafter Normen die Möglichkeit
         habe, eine Norm oder den Teil der Norm, die bzw. der dem Mandat entspricht, ganz oder teil-
         weise im Amtsblatt der Europäischen Union vollständig oder unter Vorbehalt zu veröffentli-
         chen oder zu belassen oder zu streichen. Diese Entscheidung habe die Europäische Kommis-
         sion ohne offensichtliche Beurteilungsfehler getroffen. Die Europäische Kommission habe aber
         nicht die Pflicht, eine Streichung vorzunehmen.

     •   Die Bauproduktenverordnung gebe der Europäischen Kommission auch keine Möglichkeit,
         eine nationale Ergänzung von Normen durch die Mitgliedstaaten zuzulassen. Daher könne
         Deutschland die Beibehaltung der bisherigen Vorbehalte nicht verlangen.

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