Medien im Leben von kleinen Kindern und Familien - Stefan Aufenanger | Universität Mainz - Stefan ...
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Medien im Leben von kleinen Kindern und Familien Stefan Aufenanger | Universität Mainz https://aufenanger.de | stefan@aufenanger.de |@aufenanger
Programm • 11.00 - 12.30 Digitalität und Gesellschaft; Nutzung digitaler Medien durch Kinder (mit Diskussion); Digitale Angebote für Kinder; • 13.30 - 15.00 Familiale Mediennutzung und medienpädagogische Konzepte • 15.30 - 17.00 Präsentation von Kindern in Sozialen Netzwerken; Kinderrechte
Die ‚nächste‘ Gesellschaft Schrift Buchdruck Computer Beteiligung von Möglichkeit des Beteiligung von Maschinen Abwesenden kritischen Vergleichs an Kommunikation an Kommunikation Dirk Baecker 2007
Innovationen produzieren überschüssigen Sinn „Gesellschaftliche Strukturen müssen entwickelt werden, in denen die überschüssige Sinnproduktion aufgefangen, verarbeitet und normalisiert werden kann“ (Baecker 2007, 81)
Reckwitz: Gesellschaft der Singularitäten • Singularität bedeutet das „Einzigartige, also das, was als nichtaustauschbar und nicht vergleichbar erscheint“ • „Im Modus der Singularität wird das Leben nicht einfach gelebt, es wird kuratiert. Das spätmoderne Subjekt performed sein (dem Anspruch nach) besonderes Selbst vor den Anderen, die zum Publikum werden „ (9) • „Die Gesellschaft der Singularitäten betreibt eine tiefgreifende Kulturalisierung des Sozialen • extrem Relevanz der Affekte: wer affiziert, gilt als singulär
Stalder: Kultur der Digitalität • Technologisierung der Kultur • 3 Formen der Digitalität: - Referentialität: Vernetzte Informationen - Gemeinschaftlichkeit: Vernetzte Kommunikation und soziale Beziehungen - Algorithmizität: allgegenwärtige Algorithmen
Digitale Gesellschaft Bildung 4.0 Industrie 4.0 Digital Kompetenzen für alle Generation Digitale Kindheit Digitalisierung und Familienleben
Digitale Gesellschaft Eltern, legt das Handy weg Digitale Medien machen Nomophobia unsere Kinder krank (no-mobile-phone-phobie) Öffentliches und Private vermischen sich digital devox (digitales Entgiften/Fasten) Digitale Demenz/Cyberkrank Smartphones führen zur sozialen Isolierung https://ganznormalemama.com/2018/02/06/handy-beim-stillen/
Aufgabe Beantworten Sie bitte die drei folgenden Fragen über eine App/Anwendung (wird gleich gezeigt), wobei Sie bitte die 3. Frage mit Ihrer Nachbarin/Ihrem Nachbar vor der Beantwortung diskutieren (5 Minuten): 1. Wie stehen Sie zur Nutzung digitaler Medien (zB Smartphones oder Tablets) in der frühen Kindheit? 2. Ab welchem Alter sollten Kinder Tablets nutzen dürfen? 3. Wo sehen Sie Chancen, wo Gefahren von digitalen Medien in Kitas?
socrative.com login students, Raum 138239
Digitale Bildung als die Befähigung in einer digital geprägten Welt souverän und sozial verantwortlich handeln zu können und in Würde zu leben.
Kindheit • Tablets als neues Medium • Verjüngung der Mediennutzung • „digital natives“
Familie • intergeneratives Lernen • vernetzte und allgegenwärtige Kommunikation • Medienerziehung als Herausforderung für Eltern
Kindergarten • Tablets • kreative Mediennutzung • Medienkompetenz
Kontroverse Einstellung Quelle: ZukunftsMonitor III „Lehren, Lernen und Leben in der digitalen Welt“ (2016)
Warum digitale Medien in der Kindheit? • Veränderungen in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen durch digitale Medien • Digitale Kompetenzen als Voraussetzung mit einer veränderten Medienwelt souverän umgehen zu können • Nutzung der pädagogischen Potenziale digitaler Medien
Empirische Studien zur Mediennutzung • miniKIM 2014 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest (ww.mpfs.de) • Mediennutzung in Familien mit niedrigen Haushaltseinkommen aus den USA • Erziehungseinstellungen von Müttern und Nutzung digitaler Medien durch deren Kinder im Alter zwischen 0 und 5 Jahren (Aufenanger)
Fernsehen
miniKIM 2014 n=623; 2-5 Jahre Geschätzte tägliche Nutzungsdauer in Minuten 60 45 Minuten täglich 30 15 0 Fernsehen Buchlesen Radio digitale Medien Gesamt 2-3 Jahre 4-5 Jahr
Tätigkeiten am Tablet (n=62/10%) Spiele spielen Fotos/Videos ansehen Malen Internet nutzen 0 25 50 75 100 % jeden/fast jeden Tag ein-/Mehrmals pro Woche seltener nie
US-Daten ▪More than four in 10 (43%) of children under the age of 2 watch TV every day and nearly one in five (18%) watch videos or DVDs every day. ▪Most parents (88%) of these under-2-year-olds who watch TV every day say they are in the same room with their child while they are watching TV either all or most of the time. ▪74% of all infants and toddlers have watched TV before the age of 2. ▪
Report ‚Zero to Eight‘
Kabali u.a. (2016): Exposure and Use of Mobile Media Devices by Young Children • Befragung von 348 Müttern mit Kindern zwischen 0 und 4 Jahren • Stichprobe: überwiegend Minderheiten und mit niedrigem Einkommen
Medienbesitz (USA) 70 52,5 35 % 17,5 0 bis 1 Jahr 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre Fernseher Tablet Videospiel
Nutzungszeiten (USA) Hauptentertainment: Netflix 50 Hauptentertainment: YouTube 37,5 Minuten täglich 25 12,5 0 bis 1 Jahr 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre Videospiele Apps Videos mobil ansehen fernsehen
Früher Zugang zu digitale Medien 0-1 Jahr 2-3 Jahre 4-5 Jahre 0 25 50 75 100 % stimme voll zu stimme teils zu stimme kaum zu stimme nicht zu Repräsentative Befragung von 720 Müttern mit Kindern zwischen 0 und 5 Jahren (Aufenanger 2014)
Bildschirmmedien sind schädlich für mein Kind 0-1 Jahr 2-3 Jahre 4-5 Jahre 0 25 50 75 100 % stimme voll zu stimme teils zu stimme kaum zu stimme nicht zu
Digitalisierung von Kindheit • Die meisten Kinder nutzen digitale Medien beginnend zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr • Sie finden Smartphones und Tablets faszinierend und fühlen sich von ihnen angezogen • Die Geräte dienen meistens der Unterhaltung und sind von der Fernseherfahrung beeinflusst
Gebrauch der digitalen Medien • Auch wenn Fernsehen in der jüngsten Altersgruppe noch das Leitmedium ist, gewinnen Smartphones und Tablets zunehmend an Bedeutung • Die Kinder sind oft schon sehr fit im Umgang mit den Geräten • Meist wird der Umgang mit den Geräten von den Eltern kontrolliert
Ausgleich • Auch wenn Kinder vermehrt digitale Medien nutzen, spielen sie immer noch gerne mit traditionellem Spielzeug • Trotzdem gibt es Eltern, denen die Nutzung digitaler Medien zu viel Raum einnimmt • Kinder nutzen diese Medien oft häufiger und länger als Eltern denken
Veränderte Mediennutzung „How do you most often watch TV shows?“; Kinder 8-15 Jahre; USA 70 61 52 % 43 33 24 15 2013 2014 2015 2016 Fernsehen Streaming/YouTube Quelle: KIDSAY 2017
Videos und Apps für kleine Kinder • Meine 1. App - Flughafen (einfach Spiele/Aufgaben im Airport-Kontext, ansprechende Grafiken) • Fiete Hide & Seek (Versteckspielen auf dem Tablet, einfache Bedienung) • Bubl Draw (Malen, wodurch Töne erzeugt werden) • Kleiner Fuchs Eisenbahn • Bloom • KiKANiNCHEN-App • Die Sendung mit dem Elefant - App • Youtube: •
1. Forderung: Konzentration auf Problemfamilien und -situation
Diskussion
Fragen zu digitaler Medien in der frühen Kindheit • Können Kinder mit digitalen Medien lernen? • Gibt es negative Effekte auf ihre Persönlichkeit? • Unter welchen Bedingungen treten die jeweiligen Effekte auf? • Ab welchem Alter sollen Kinder digitale Medien nutzen dürfen? • Ist der Einsatz digitaler Medien in Kindertageseinrichtungen sinnvoll?
Wissenschaftliche Auseinandersetzung • Kaum neurowissenschaftliche Studien zum Thema, nur Verallgemeinerungen von anderen Studien • Entwicklungspsychologie-Studien mit Schwerpunkt auf Effekte des Fernsehens: extensives Fernsehen führt zu Dickleibigkeit, Schlafstörungen und verminderte kognitive, soziale und emotionale Entwicklung • (Medien-)Pädagogische Studien zum Potenzial von Tablets und Apps fehlen
Neurowissenschaften und digitale Medien • „digitale Medien stellen Anforderungen an das Gehirn, wie sie auch bei anderen Aufgaben des Lebens üblich sind“ (23) • „Die Anforderungen, die bei einem Action-Computerspiel an das Gehirn gestellt werden, sind die dieselben Anforderungen, wie wenn man ein besonders kompliziertes Spiel machen würde“ (23) • „Es kommt letztlich nicht darauf an, ob eine Information über digitale Medien oder über andere medien vermittelt wird, sondern es kommt vor alle darauf an, welcher Inhalt vermittelt wird“ (23) Medajan 2016
Mögliche positive Effekte • Erweiterung der kreativen Spielräume von Kindern • eigenständiges Spielen mit interaktiven Anwendungen stärkt Selbstbewusstsein • Förderung sprachlicher Entwicklung • Interaktive digitale Bücher ermöglichen stärke Aktivität von Kindern
Problembereiche • Reale Erfahrung versus mediale Erfahrung • Touchscreen-Technologie versus Dinge begreifen • Qualität der Inhalte • Digitale Medien als ‚Zeitdiebe’ • Pädagogische Einbettung der Mediennutzung
BLIKK-Studie 2016 Kinderärzte haben in Deutschland rund 5500 Kinder und Jugendliche untersucht und sie und ihre Eltern zu ihrem Umgang mit digitalen Medien befragt. Die Ärzte berichten jetzt unter anderem Folgendes: •Nutzt die Mutter, während sie ihren Säugling betreut, parallel digitale Medien, hat das Kind eher Fütter- und Einschlafstörungen. •70 Prozent der Kinder im Kita-Alter nutzen das Smartphone ihrer Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich. •Kinder unter sechs Jahren, die intensiv digitale Medien nutzen, haben häufiger Störungen bei der Sprachentwicklung, sind eher hyperaktiv oder können sich schlechter konzentrieren. •Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 13 Jahren, die täglich mehr als eine Stunde digitale Medien nutzen, leiden häufiger unter Konzentrationsschwäche oder sind hyperaktiv. Sie konsumieren mehr süße Getränke und Süßigkeiten und haben eher Übergewicht. Sowohl jüngere als auch ältere Kinder mit hohem Medienkonsum sind eher unruhig und schnell ablenkbar.
Turm von Hanoi-Studie (Huber u.a. 2016) Forschungsdesign: 50 Kinder im Alter von 4- 6 Jahren (ø 5.1) Aufgabe: Turm von Hanoi-Problem lösen 3D-Gruppe 2D-Transfer-Gruppe Ergebnis: 2D-Transfer-Gruppe macht im 4. Durchgang weniger Fehler und 1. Durchgang benötigt weniger Zeit als 3D-Gruppe 2. Durchgang Studie von Tarasuik, Demaria und Kaufman 2017 3. Durchgang Ergebnis: Bestätigung der Studie von Huber u.a. 2016 4. Durchgang
Mediale Berichterstattung I Few things require more hands-on attention than a Dr. Tallie Baram, professor of young child. And there’s little pediatrics and anatomy- that’s more distracting than the neurobiology at University of constant bleeping of our cells California, Irvine, and her phones. When these two things colleagues used a rat model to compete for our attention, the study how good but disrupted attention from mothers can results can be sobering. In a new affect their newborns. Baram animal-based study published in placed some mothers and the journal Translational their pups in modified cages Psychiatry, scientists show that that did not have sufficient distracted parental attention material for nesting or may sometimes have bedding. This was enough to detrimental effects on babies’ distract the mothers into development, especially their running around looking for ability to process pleasure. better surroundings and end up giving their babies interrupted and unreliable attention.
Rijksmuseum Amsterdam Schülerinnen lernen mit einer App
Empfehlungen der amerikanischen Kinderärzte (AAP; 2016) • Kinder unter 2 Jahren: keine Bildschirmmedien; Ausnahme: Video-Chat mit Familie + Tabletnutzung • Nutzungszeiten digitaler Medien für 2-5-Jährige: tägliche 1 Stunde • nur Qualitätsangebote wählen • gemeinsame Mediennutzung • digitale Medien kreativ und sozial nutzen • Schlaf, Bewegung, Spiel, Vorlesen und soziale Interaktionen nicht vernachlässigen • Keine Bildschirmmedien während des Essens und 1 Stunde vor Bettgehzeit
Rolle digitaler Medien im Familienleben
Veränderte Elternrolle • Digitale Medien verändern das Familienleben und verändern damit auch die Elternrolle • Der Medienumgang der Kinder reflektiert oft den ihrer Eltern • Es gibt viele gemeinsame Aktivitäten zwischen Eltern und Kindern im Umgang mit digitalen Medien; dies führt zu vermehrter Kommunikation • Digitale Medien werden gerne für Sanktionen (positiv und negativ) benutzt • Eltern setzen oft Regeln für die Mediennutzung
Bedenken von Eltern • Einschätzung der Risiken für Kinder bei der Nutzung digitaler Medien • Überhandnehmen der digitalen Medien im Leben ihrer Kinder • Was Kinder mit digitalen Medien machen, wenn sie nicht kontrolliert werden können • Sicherheit im Internet
DIVSI-U9-Studie 1.832 Eltern; 1.029 Kinder, 6-8 Jahre
• Digital Souveränen (26%): hohe Affinität zu digitalen Medien; digitale Medien selbstverständlich im Familienalltag • Effizienzorientierte Performer (19%): Leistungsorientierung,Fortschrittsglaube und Flexibilität stehen im Zentrum ihrer Wertewelt. Sie sind sehr versierte und aktive Internetnutzer und sehen digitale Medien als Alltagserleichterung sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext. • Unbekümmerte Hedonisten (18%): aktiver und mit Blick auf ihre Kinder lockerer Umgang mit digitalen Medien und dem Internet • Postmaterielle Skeptiker (13%): kritische Einstellung gegenüber der Konsum- und Mediengesellschaft • Verantwortungsbedachte Etablierte (9%): pragmatischer, aber zurückhaltender Zugang zu digitalen Medien • Ordnungsfordernde Internet-Laien (9%): privat als auch beruflich wenige Berührungspunkte mit digitalen Medien • Internetferne Verunsicherte (6%): kaum Verständnis für die Existenz digitaler Technologien. Internet wird häufig als bedrohlich empfunden
Gruppenarbeit • Bilden Sie kleine Gruppen mit ca. 5 Mitgliedern und diskutieren Sie dann die Ihnen zur Verfügung gestellten Familientypen! • Arbeiten Sie noch einmal die typischen Merkmale dieser Familien bezüglich des Umgangs mit digitalen Medien heraus! • Konkretisieren Sie die Chancen und Herausforderung dieses Typus für die Familien sowie für die Kinder! • In welcher Hinsicht besteht bei diese Familien überhaupt Beratungsbedarf?
„privacy paradox“
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.aufenanger.de | aufenang@uni-mainz.de | @aufenanger
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