Mehrsprachigkeit forum tweetalig - Kongress "Lernen vom Nachbarn & leren van de buren" Wasserburg (Rindern), 23.04.2018 - Radboud Universiteit
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forum tweetalig Mehrsprachigkeit - ein Begriff, viele Ideen, noch mehr Konzepte Eva Knopp (e.knopp@let.ru.nl) Duitse Taal en Cultuur, Radboud Universiteit, Nijmegen Kongress “Lernen vom Nachbarn & leren van de buren” Wasserburg (Rindern), 23.04.2018
Vorab-Entschuldigung Hiermit entschuldige ich mich schon einmal vorab für die relative Einsprachigkeit dieses Vortrags. Momenteel is mijn actief Nederlands nog niet goed genoeg om dit soort presentatie op bi- of multilinguale manier te leiden. Graag bedankt voor jauw begrip!
Überarbeite Zusammenfassung und Motivation für den Vortrag: Betrachtet man den Begriff Mehrsprachigkeit (oft auch Zweisprachigkeit) verbergen sich dahinter oft ganz unterschiedliche Vorstellungen. So dient das Label im Schulkontext zur Beschreibung ganz unterschiedlicher sprachlicher Bildungsprogramme. Daraus resultiert, dass Bildungskontexte und -ziele, sowie Sprachkombinationen und Zielgruppen miteinander verglichen und gegeneinander abgewogen oder ausgespielt werden, obwohl sie auf ganz unterschiedlichen Voraussetzungen beruhen. In diesem Vortrag gebe ich Erklärungsansätze dafür, wie und warum es zu so unterschiedlichen Vorstellungen von Mehrsprachigkeit kommt. Hierfür werden einerseits beständige Mythen, die den Erwerb und das Erlenen mehrerer Sprachen betreffen, besprochen. Außerdem soll mit Hilfe der Differenzierung in „Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung“ und „Mehrsprachigkeit als Bildungsziel“ verdeutlicht werden, wie sich dies auf den Umgang mit Mehrsprachigkeit in Bildungssystemen auswirkt. Der exemplarische Vergleich zwischen dem deutschen und niederländischen Bildungssystem wird hierzu den Hintergrund liefern und so auch einen Einblick in mehrsprachige Bildungsprogramme in Deutschland und den Niederlanden geben und diese Bildungsprogramme hinsichtlich der oben genannten Faktoren vergleichen. Zur Veranschaulichung werden Beispiele aus der Praxis und ausgewählte Forschungsergebnisse zu mehrsprachigen Bildungsprogrammen vorgestellt.
Fahrplan für den Hörshop 1. Spielarten von Mehrsprachigkeit 2. Bedingungen und Ziele mehrsprachiger Bildungskontexte 3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 4. Schlussfolgerungen
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit Was ist Mehrsprachigkeit? individuelle gesellschaftliche Mehrsprachigkeit Mehrsprachigkeit Die Fähigkeit eines Individuums Geltung und Anwendung mehrerer mehrere Sprachen zu sprechen Sprachen innerhalb eines Staats(-gebiets)
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit Was verstehen Sie unter individueller Mehrsprachigkeit? Eine kleine Umfrage: 1. Würden Sie sich selbst als mehrsprachig bezeichnen? 2. Um mehrsprachig zu sein, muss man zwei oder mehr Sprachen... • ... in der frühesten Kinderheit erwerben. • ... auf möglichst “natürlichem” Wege erwerben. • ... in jeder Lebenssituation verwenden können. • ... muttersprachlich sprechen können. https://www.mentimeter.com/s/059bda3406f0c156a9230001744f7989/d90ca98afa04/edit
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit Individuelle Mehrsprachigkeit - Vorurteile und Mythen* - 1. Mehrsprachigkeit ist ein kognitiver Ausnahmezustand 2. Man kann nur eine Sprache perfekt beherrschen 3. Kinder sollten zuerst EINE Sprache richtig können, bevor sie weitere lernen 4. Für die Identitätsentwicklung ist EINE Sprache wichtig 5. Sprachmischungen sind Anzeichen von sprachlichen Defiziten 6. Eltern sollten mit ihren Kindern die Umgebungssprache beibringen, egal, wie gut sie sie sprechen. 7. Zum Spracherwerb reicht ganzheitliche “Immersion” aus KOMMENTAR: Dies alles beruht auf der Perspektive, dass Monolingualität die Norm ist und Einzelsprachen in sich abgeschlossene Systeme sind. Gogolin bezeichnet dies als den „monolingualen Habitus“ (1994) unserer Gesellschaft. * Tracy, R. 2007. “Einführung ins Thema”. In: Frühe Mehrsprachigkeit. Mythen-Risiken- Chancen. Kongressdokuentation. Stuttgart: Landesstiftung Badenwürtemberg. 10-15.
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit Individuelle Mehrsprachigkeit - Vorteile und Idealvorstellungen* - 1. sozialpsychologische Vorteile 1. höhere soziale Flexibilität 2. höhere Ambiguitätstoleranz *KOMMENTAR: Es gibt hierzu in 2. kognitive Vorteile den letzten Jahren viele Studien. Die Ergebnisse dieser Studien 1. höhere kognitive Flexibilität und der damit einhergehende 2. höhere Aufmerksamkeit und Konzentration Hype, sollten aber auch 3. langsamere kognitive Alterung realistisch eingeschätzt werden. Denn alle oben beschriebenen 3. linguistische Vorteile Fähigkeiten sind ebenso abhängig 1. höheres Sprachbewusstsein von vielen anderen Faktoren (z.B. sozio-ökonomischem Status, 2. bessere Lernstrategien bei neuen Sprachen Gesundheit, etc.).
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit bevolking naar migratieachtergrond = Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund Niederlande: ca. 22,1% der Gesamtbevölkerung mit Migrationshintergrund, 1. & 2. Generation (Quelle: CBS, 2016, https://www.cbs.nl/nl-nl/achtergrond/2016/47/bevolking-naar- migratieachtergrond) Deutschland: ca. 22,5 % der Gesamtbevölkerung mit Migrationshintergrund, 1., 2. & 3. Generation (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2016, http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale- situation-in-deutschland/61646/migrationshintergrund-i)
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit maatschappelijk mertaaligheid ≠ gesellschaftliche Mehrsprachigkeit • Recherchiert man die Begriffe “meetaligheid” und “Mehrsprachigkeit” bzw. “talen in Nederland” und “Sprachen in Deutschland” ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild in Bezug auf die beiden Länder: • Niederlande: Fokus auf Regionalsprachen (z.B. Friesisch, Limburgisch) und Sprachen der Übersee-Gebiete (z.B. Papiamento) • Deutschland: Fokus auf Immigrantensprachen (z.B. Russisch, Türkisch, Arabisch)
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit Mehrsprachigkeit im Schulkontext meertaligheid op school Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung Mehrsprachigkeit als Bildungsziel
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit meertaligheid op school Mehrsprachigkeit in der Schule Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung Mehrsprachigkeit als Bildungsziel KOMMENTAR: Interessanterweise werden die „Vorurteile und Mythen“ von individueller Mehrsprachigkeit oft mit der Bildungsvoraussetzung in Verbindung gebracht, die „Vorteile und Idealvorstellungen“ von individueller Mehrsprachigkeit hingegen mit Mehrsprachigkeit als Bildungsziel.
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit Auf die Sprache kommt es an! Mehrsprachigkeit als Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung Bildungsziel Minderheitensprachen Mehrheitssprachen • Herkunfts-/Familiensprachen von • moderne Fremdsprachen Migranten (z.B. Türkisch in (z.B. Englisch, Französisch) Deutschland oder den Niederlanden) • Mehrheitensprachen (z.B. • Regionalsprachen & Dialekte (z.B. Deutsch und Französisch in Friesisch in den Niederlanden) Luxemburg) niedrig soziales Prestige hoch
KOMMENTAR: Und was ist mit der 1. Spielarten von Mehrsprachigkeit Nachbarsprache? Überlegen Sie, welchen Status Deutsch in den Niederlanden bzw. Niederländisch in Deutschland hat. Wovon ist dies abhängig? Auf die Sprache kommt es an! Mehrsprachigkeit als Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung Bildungsziel Minderheitensprachen Mehrheitssprachen • Herkunfts-/Familiensprachen von • moderne Fremdsprachen Migranten (z.B. Türkisch in (z.B. Englisch, Französisch) Deutschland oder den Niederlanden) • Mehrheitensprachen (z.B. • Regionalsprachen & Dialekte (z.B. Deutsch und Französisch in Friesisch in den Niederlanden) Luxemburg) niedrig soziales Prestige hoch
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit meertaligheid op school = Mehrsprachigkeit in der Schule Gemeinsamkeiten: • Bildungsvoraussetzung “Mehrsprachigkeit” als Risiko • Bildungsziel “Mehrsprachigkeit” als Chance • monolingualer Habitus des Bildungssystems (Gogolin, 1994) • monolinguales Verständnis von (Fremd-)Spracherwerb (Cummins, 2007)
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit meertaligheid op school ≠ Mehrsprachigkeit in der Schule Aber: Unterschiede im Fokus des bildungspolitischen Diskurses: • Deutschland – stärker mehrsprachig orientiert, zumindest auf Papier: • stärkerer Fokus auf Bildungsvoraussetzung “Mehrsprachigkeit” • stärkerer Fokus auf Familien- und Herkunftssprachen • stärkerer Fokus auf integrativen Sprachförderkonzepten, sprachübergreifender Unterricht • Niederlande – stärker zweisprachig orientiert, zumindest auf Papier: • stärkere Fokus auf Bildungsziel “Mehrsprachigkeit” • stärkerer Fokus auf Fremdsprache Englisch (teils auch auf Nachbar- und Regionalsprachen, z.B. VVTO buurtalen, Friesisch) • stärkerer Fokus auf tweetalig onderwijs (TTO, TPO → ausschließlich Englisch)
1. Spielarten von Mehrsprachigkeit meertaligheid op school ≠ Mehrsprachigkeit in der Schule Trotz vieler Gemeinsamkeiten, die individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit und den Umgang mit Sprachen im Schulsystem betreffen, wird das Thema Mehrsprachigkeit in den beiden Nachbarländern dennoch unterschiedlich aufgefasst. Dies äußert sich insbesondere in Bezug auf: → den Fokus auf Bildungsvoraussetzung oder Bildungsziel → die betroffenen Sprachen → die Stellung von Mehrsprachigkeit im Lehrplan/kerndoelen
2. Bedingungen und Ziele mehrsprachigen Lernens Die Verankerung von Mehrsprachigkeit im Bildungskontext ist also stark kontextsensibel und hängt ab vom: 1. allgemeinen Verständnis von Mehrsprachigkeit → Verständnis von individueller Mehrsprachigkeit? → Verständnis von gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit 2. Umgang mit Mehrsprachigkeit im Schulsystem → Verständnis von Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung → Verständnis von Mehrsprachigkeit als Bildungsziel
2. Bedingungen und Ziele mehrsprachigen Lernens Die Verankerung von Mehrsprachigkeit im Bildungskontext ist also stark kontextsensibel und hängt ab vom: 1. allgemeinen Verständnis von Mehrsprachigkeit → Verständnis von individueller Mehrsprachigkeit hat Auswirkungen auf: → die Implementierung und Integration von Sprachunterricht ins Curriculum → den Umgang mit Sprachmischung innerhalb und außerhalb des Unterrichts → Beratung der Eltern hinsichtlich Sprachgebrauch
2. Bedingungen und Ziele mehrsprachigen Lernens Die Verankerung von Mehrsprachigkeit im Bildungskontext ist also stark kontextsensibel und hängt ab vom: 1. allgemeinen Verständnis von Mehrsprachigkeit → Verständnis von gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit hat Auswirkungen auf: → die Rolle, die einzelnen Sprachen im Bildungssystem zugewiesen wird: → Regionalsprachen → Familien- und Herkunftssprachen → Nachbarsprachen → Englisch → welchen Kindern, welcher Zugang zu welchen Sprachen gegeben wird → In Deutschland: → Türkisch im muttersprachlichen Unterricht: ja → Türkisch im Fremdsprachenunterricht: nein
2. Bedingungen und Ziele mehrsprachigen Lernens Die Verankerung von Mehrsprachigkeit im Bildungskontext ist also stark kontextsensibel und hängt ab vom: 2. Umgang mit Mehrsprachigkeit im Schulsystem → Verständnis von Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung → Verständnis von Mehrsprachigkeit als Bildungsziel → Welche Sprachen sprechen die Schüler und Schülerinnen (SuS)? → Welche Sprachen sprechen die SuS noch nicht? → Welche Rollen sollen diese Sprachen in der Schule spielen? → Welche Sprachen sollen gefördert werden? → Wessen Aufgabe ist es, die Sprachen zu förden? Im Idealfall würden in einem mehrsprachig ausgerichteten Bildungssystem alle sprachlichen Ressourcen der SuS gefördert und die Sprachen, die Bildungsvoraussetzung sind, auch diejenigen sein, die Bildungsziel sind.
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 1. Bildungsprogramme in mehrsprachigen Gesellschaften • Unterrichtssprachen am lycée in Luxemburg (Scheer, 2016) 2. Herkunftssprachliche Bildungsprogramme • koordinierte Alphabetisierung in Köln, KOALA (Reich, 2012) 3. Regionalsprachliche Bildungsprogramme • Trilingualer Unterricht in Friesland (van Ruiven & Ytsma, 2008) 4. Nachbarsprachliche Bildungsprogramme • die Euregio Realschule Kranenburg – ein Konzept im Aufbau
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 1. Bildungsprogramme in mehrsprachigen Gesellschaften • Unterrichtssprachen am lycée in Luxemburg (Scheer, 2016) Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung: - ursprünglich dreisprachige Gesellschaft: - Muttersprache: Luxemburgisch - Verkehrssprache: Deutsch - Verkehrs- /Verwaltungssprache: Französisch Lycée secondaire general: • eher akademisch ausgerichtet • Französisch und Deutsch • Prestige-Sprache Lycée secondaire technique: • eher beruftsorientiert • Französisch und Deutsch • Alltags- und Berufskommunikation • „einfachere Bildungssprache“ • Verwaltungskommunikation → kontextsensibel auf „klassische“ luxemburgische, drei- sprachige Situation eingestellt
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 1. Bildungsprogramme in mehrsprachigen Gesellschaften • Unterrichtssprachen am lycée in Luxemburg (Scheer, 2016) ABER: • durch Migration (v.a. aus Portugal) haben sich starke Änderungen bzgl. der Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung ergeben • über 60% der 5-jährigen sprechen bei Schuleintritt kein Luxemburgisch • Luxemburgisch-Kenntnisse können nicht als Ressource für den stark Deutsch geprägten Unterricht am Lycée secondaire technique dienen • Daher kontextsensible Anpassungen: • höherer Anteil französischsprachiger Unterrichtsfächer • stärkerer Anteil an Deutsch-Förderklassen • Einführung von Schulen, mit frz. und engl. Abschlüssen
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 2. Herkunftssprachliche Bildungsprogramme • koordinierte Alphabetisierung (KOALA) an Kölner Grundschulen, Klassen 1-4, 6-10 Jahre (Reich, 2012) Muttersprachlicher Unterricht (seit Koordinierte Alphabetisierung im 1980er Jahren, Förderung Anfangsunterricht zweisprachiger Kinder in der nicht- (seit 2008/9 an Grundschulen in Köln) deutschen Muttersprache) involvierte - NRW: derzeit 19 Einzelsprachen - Köln: Deutsch-Türkisch, Deutsch-Italienisch Sprachen (Türkisch, Russisch, Griechisch …) Zielgruppe - zweisprachige Kinder - alle Kinder einer mehrsprachigen Klasse Methode: - max. 5 UE pro Woche - 4 UE pro Woche - monolingual auf Familiensprache - Verknüpfung von Deutsch und ausgerichteter Unterricht Familiensprache - ein muttersprachlicher Lehrer - Teamteaching Deutsch- und Türkisch- - oft in den Nachmittag ausgelagert Lehrer - oft schul- und - integriert in Regelunterricht in der Klasse jahrgangsübergreifend organisiert am Vormittag
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 2. Herkunftssprachliche Bildungsprogramme Ergebnisse der vergleichenden Wirksamkeitsstudie (Reich, 2012) → Vergleich zwischen deutsch-türkischen Kindern im: → im deutsch-türkischen KOALA-Unterricht (KOALA) → im herkömmlichen muttersprachlichen Unterricht (D+MU) → ohne Förderung in Türkisch (nur Deutsch) → Was wurde getestet?: → Wort- und Textschreibung, Leseverständnis in beiden Sprachen • Ergebnisse am Ende der 4. Klasse (Grundschule): 1. Türkisch-Kenntnisse: KOALA-Kinder > D+MU-Kinder > nur Deutsch-Kinder 2. Deutsch-Kenntnisse: KOALA-Kinder > nur Deutsch-Kinder > D+MU-Kinder • Vergleich über vier Jahre hinweg: 1. Die Leistungen schwanken unterschiedlich, je nach Bildungskonzept 2. Erst nach dem 4. Schuljahr zeigen sich konsistente Vorteile des KOALA- Konzeptes. → NACHHALTIGKEIT von MEHRSPRACHIGKEIT
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 3. Regionalsprachliche Bildungsprogramme Trilingualer Unterricht in Friesland (van Ruiven & Ytsma, 2008) 1. Friesisch • seit 1970 offizielle “tweede Rijkstaal” • Sprachgebrauch ca. 55% Friesisch, 45% Niederländisch 2. Trilinguale Grundschulen in Friesland • seit 1997 • 2014: 25 basis scholen registriert (steigend) • Sprache als Medium (CLIL-Konzept) • 1-6 groep (4-9 Jahre): • 50% Niederländisch, 50% Friesisch • 7-8 groep (10-12 Jahre): • 40% Niederländisch, 40% Friesisch & 20% Englisch https://www.youtube.com/watch?v=DStOVr7CGEA&feature=youtu.be
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 3. Regionalsprachliche Bildungsprogramme Trilingualer Unterricht in Friesland (van Ruiven & Ytsma, 2008) 3. Ergebnisse der Wirksamkeitsstudie (ebenda) → friesischsprachige und niederländischsprachige Kinder → Vergleich: → Wer?: Projektschulen (3-talig), Kontrollschulen (CONT), regionaler/nationaler Durchschnitt (REG-Ø, NAT- Ø) → Was?: Schreib- und Lesekompetenz, Selbsteinschätzung zu Sprachfertigkeit Sprache Kompetenzbereich Resultate Friesisch Schreibkompetenz 3-talig > CONT, REG-Ø Niederländisch Lesekompetenz 3-talig = CONT, NAT-Ø Rechtschreibung: 3-talig = CONT < NAT-Ø Englisch Sprachkompetenz: 3-talig = CONT = NAT-Ø positive Selbsteinschätzung: 3-talig > CONT
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 3. Nachbarsprachliche Bildungsprogramme Die Euregio Realschule in Kranenburg https://www.youtube.com/watch?time_continue=70&v=yPS0ZKITEC4
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 3. Nachbarsprachliche Bildungsprogramme Die Euregio Realschule in Kranenburg • Das Ziel: • Deutsche und niederländische Einwohner der Grenzregion enger zusammen bringen • Verbindung einer deutschen und niederländischen Schulkultur • Ermöglichen von Übergängen ins deutsche und niederländische Regelschulsystem → Hierin geht die Schule wesentlich weiter als die anderen vorgestellten Konzepte! • Das Konzept: • Realschule ab 5. Klasse (groep 7, 10 Jahre) • 50%-50% Immersionskonzept (außer Englisch) • neben Sprachunterricht (Deutsch, Niederländisch) werden alle weiteren Fächer entweder auf Deutsch oder auf Niederländisch unterrichtet • Stärkung des Selbstbewusstseins in ALLEN Sprachen (auch andere Herkunftssprachen) • Förderung eigenverantwortlichen Lernens durch Wochenplan • Kinder müssen bei Eintritt in die Schule NICHT zweisprachig sein • Lehrpersonen sprechen beide Sprachen • enge Kooperation mit Partnerschule Notre-Dame-des Anges (Ubbergen)
3. Kontextsensible mehrsprachige Bildungskonzepte 3. Nachbarsprachliche Bildungsprogramme Die Euregio Realschule in Kranenburg • Die Zukunft: • April 2018: erster Testversuch für den Übergang ins niederländische System • Zentrale Testung in Niederländisch • CITO-Toets Äquivalent • Ermöglichen des Übergangs in Voortgezet Onderweijs • August/September 2018: Einrichtung der Zweizügigkeit • Aufgrund hoher Anmeldungszahlen werden zum neuen Schuljahr 2018/19 zwei neue 5 Klassen eingerichtet
4. Schlussfolgerungen • Mehrsprachigkeit ist nicht gleich Mehrsprachigkeit • Die Einbettung von Mehrsprachigkeit im Bildungskontext ist von vielen Variablen abhängig • vom vorherrschenden Verständnis von individueller Mehrsprachigkeit • vom vorherrschenden Verständnis von gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit • davon, welchen Stellenwert Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung hat • davon, welchen Stellenwert Mehrsprachigkeit als Bildungsziel hat • Kontextsensibler Umgang mit Mehrsprachigkeit bedeutet: • … Mehrsprachigkeit als Bildungsvoraussetzung mit Mehrsprachigkeit als Bildungsziel in Einklang zu bringen. • … die bereits vorhandene Mehrsprachigkeit in der Umgebung für ALLE Kinder nutzbar zu machen. • … die einzelnen Sprachen, die durch mehrsprachiges Lernen gefördert werden, NICHT in Konkurrenz miteinander zu betrachten. • … auch immer Mehrkulturalität und Offenheit demgegenüber.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Hartelijk bedankt voor uw aandacht! Besonderer Dank dem Organisationsteam des Kongresses und dem Leitungsteam der Euregio-Realschule Kranenburg!
Literatur: • Centraal Burau voor de StatistiekBS, 21.11.2016. ´”Bevolking naar migratieachtergrond.” Abrufbar unter: https://www.cbs.nl/nl-nl/achtergrond/2016/47/bevolking-naar- migratieachtergrond , letzter Abruf 20.03.2018. • Cummins, J. 2007. Rethinking monolingual instructional strategies in multilingual classrooms. Canadian Journal of Applied Linguistics. 10/2. 221-240. • Gogolin, Ingrid. 1994. Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule. Münster/New York: Wachsmann. • Reich, H. 2011. „Sprachstark: Schriftsprachliche Fähigkeiten türkisch-deutscher Grundschülerinnen und Grundschüler in Köln. Ein Untersuchungsbericht.“ Köln: Bezirksregierung. • Ruijven, B. van & Ytsma, J. 2008. „Trijtalige Skoalle yn Fryslan. Onderzoek naar de opbrengsten van het drietalig onderwijsmodel in Fryslan.“ Leeuwarden: Fryske Akademy. • Scheer, F. 2016. “Mit Mythen aufräumen. Unterrichtssprachen im enseignement secondaire technique”. Forum 365 September 2016. 35-37. • Bundeszentrale für politische Bildung. 4.4.2018. “Bevölkerung mit Migrationshintergrund I”. Abrufbar unter: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in- deutschland/61646/migrationshintergrund-i, letzter Abruf 20.03.2018. • Tracy, R. 2007. “Einführung ins Thema”. In: Frühe Mehrsprachigkeit. Mythen-Risiken-Chancen. Kongressdokuentation. Stuttgart: Landesstiftung Badenwürtemberg. 10-15.
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