Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV

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Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV
JUGENDRECHTE

Meine Erziehung –
da rede ich mit!
Ein Ratgeber für Jugendliche zum
Thema Erziehung
Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV
Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV
Meine Erziehung –
da rede ich mit!
Ein Ratgeber für Jugendliche zum
Thema Erziehung
Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV
Vorwort
Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV
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Wieso muss ich immer meine Eltern         Kindern häufig ergeben, einmal zu-
um Erlaubnis fragen? Wann kann ich        sammengestellt, ob und welche gesetz-
endlich selbst entscheiden, wie lange     lichen Regelungen dabei gelten. Auch
ich auf der Party bleibe? Und was geht    wenn es in den wenigsten Fällen nötig
das meine Eltern an, wenn ich mir von     ist, auf sein Recht zu pochen, kann es
meinen Freunden ein Lippenpiercing        hilfreich sein, sein Recht zu kennen.
zum Geburtstag wünsche? Fragen,
die sich so oder so ähnlich vermutlich    Diese Broschüre soll dazu beitragen. Sie
jeder junge Mensch schon einmal           ist für Mädchen und Jungen gedacht,
gestellt hat. Manchmal nerven Eltern      die Rat suchen, etwa weil es Probleme
infach nur.                               in der Familie gibt. Sie richtet sich aber
                                          auch an all diejenigen, die sich einfach
Eltern „nerven“ jedoch meist aus guten    so für das Thema Erziehung interessieren.
Gründen und das auch noch mit Recht:
sie nehmen ihren Erziehungsauftrag        Allen, die an der Erarbeitung dieses
wahr und „sorgen“ sich um ihr Kind. Das   Ratgebers mitgewirkt haben, danke ich
ist im Gesetz so vorgesehen: Pflege und   vielmals.
Erziehung der Kinder sind nach unse-
rem Grundgesetz das natürliche Recht      Ich wünsche viel Freude beim Lesen.
der Eltern und auch ihre Pflicht. Dabei   Für den Fall, dass es zu Hause einmal
sind den Eltern bei der Erziehung na-     wirklich hakt, hoffe ich, dass die Bro-
türlich Grenzen gesetzt. Außerdem ist     schüre euch weiterhilft, weil ihr darin
im Gesetz festgeschrieben, dass die Er-   erfahrt, an wen ihr euch mit eurem
ziehung partnerschaftlich zu erfolgen     Problem wenden könnt.
hat. Das heißt, dass sie mit ihrem Kind
darüber reden sollen, warum sie welche
Entscheidung treffen und ob es nicht
vielleicht eine andere – einvernehm-
liche – Lösung gibt. Gar nicht so ein-    Christine Lambrecht
fach das Ganze. Deshalb haben wir für     Bundesministerin der Justiz und für
Konflikte, die sich zwischen Eltern und   Verbraucherschutz
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Inhalt
Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV
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Vorwort ......................................................................................................................................4

Meine Erziehung – da rede ich mit!.................................................................................. 10

Muss ich im Haushalt helfen?............................................................................................ 12
     Elterliche Sorge – worum sollen meine Eltern sich sorgen?
     Partnerschaftliche Erziehung – gibt es Vorschriften darüber, wie meine
     Eltern mich erziehen sollen?
     Muss ich als Kind oder Jugendlicher im Haushalt helfen?
     Gegenseitiger Beistand und gegenseitige Rücksichtnahme

Ich habe das Recht auf ­gewaltfreie Erziehung!............................................................. 18
     Dürfen meine Eltern mir Hausarrest geben?
     Dürfen meine Eltern mir Fernseh- oder Computerverbot geben?
     Dürfen Eltern bei der Erziehung Gewalt anwenden?
     Auch Worte können wehtun! ­Dürfen m
                                       ­ eine ­Eltern mit mir ­reden,
     wie sie wollen?
     Mit meinen Eltern kann ich nicht reden. Was kann ich tun?
     Wer kann mir helfen?

Wer bestimmt, was ich anziehe?....................................................................................... 24
     Grundsätzlich bestimmen die Eltern
     Wo sind die Grenzen des elterlichen Bestimmungsrechts?
Meine Erziehung - da rede ich mit! - Ein Ratgeber für Jugendliche zum Thema Erziehung - BMJV
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Müssen meine Eltern mir Taschengeld geben?.............................................................. 31
      Haben Kinder Anspruch auf Taschengeld?
      Wer entscheidet, was ich mit meinem Taschengeld mache?
      Können meine Eltern mir verbieten, einen Nebenjob ­anzunehmen?

Kann ich über ­meine Sachen alleine ­bestimmen?......................................................... 35
      Wem gehören die Geschenke, die ich als Kind oder ­Jugendliche/r
      bekomme?
      Dürfen meine Eltern auch über meine eigenen ­Sachen ­bestimmen?
      Dürfen Eltern die Geschenke ihrer Kinder zerstören oder sie ihnen
      wegnehmen?

Meine Freunde suche ich mir selber aus!?....................................................................... 40
      Dürfen meine Eltern mir den Kontakt zu bestimmten ­Jugendlichen
      oder Erwachsenen verbieten?
      Dürfen meine Eltern gegenüber jeder Person ein Umgangs­ver­bot
      aussprechen?
      Müssen Eltern ein Kontaktverbot begründen?
      Dürfen Eltern Freunden oder Freundinnen ihrer Kinder den Zugang
      zur Wohnung verbieten?
      Wie lange darf ich abends weggehen?
      Meine Eltern haben nichts dagegen, wenn ich länger in der Disco bleibe,
      als das Jugendschutzgesetz erlaubt, oder wollen, dass ich früher nach
      Hause komme.

      Dürfen Kinder alleine in den Urlaub fahren?

Kann ich einen Vertrag abschließen?............................................................................... 48
      Kinder unter 7 Jahren
      Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 18 Jahren
      Kaufen auf „Kredit“ – ein gutes Geschäft?
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Wer bestimmt über ­meinen Körper?................................................................................. 54
    Kann ich ohne Wissen meiner Eltern zu einem ­Frauenarzt/­einer
    Frauenärztin gehen?
    Ab wann kann ich mir die Pille verschreiben lassen?
    Wer kann mich beraten?
    Ab welchem Alter darf ich mich piercen oder tätowieren lassen?
    Darf ich mich ohne oder gegen den Willen meiner Eltern piercen
    oder tätowieren lassen? Was hätte das für Folgen?
    Sexualität: Was ist verboten, was ist erlaubt?
    Was ist, wenn dich jemand sexuell missbraucht hat?

Kann ich bestimmen, wo ich wohne?............................................................................... 62
    Wann dürfen Kinder und Jugendliche zu Hause ausziehen?
    Mit wem sollte ich am besten über meinen ­Auszugswunsch s­ prechen?
    Kann ich mir nach dem Auszug aussuchen, wo ich einziehe?
    Was haben Kinder und Jugendliche für Möglichkeiten, wenn sie von
    zu Hause ausziehen wollen, aber das Jugendamt die Hilfe verweigert?
    Müssen meine Eltern die Miete für die neue Wohnung zahlen?

Wer kann mir helfen............................................................................................................. 68
    Gespräche mit den Eltern
    Vertrauenspersonen einbeziehen
    Internetberatung, Sorgentelefon, Jugendamt,
    Erziehungs­beratungs­stellen

Gesetzliche V
            ­ orschriften...................................................................................................... 72
    Grundgesetz – GG
    Bürgerliches Gesetzbuch – BGB
    Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – ­Kinder- und ­Jugendhilfe
    Jugendschutzgesetz
    Strafgesetzbuch
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Meine Erziehung –
   da rede ich mit!

Zoff zu Hause? Es ist mal wieder         deine Lieblingsklamotten anzuziehen?
dicke Luft – und du fragst dich,         Bei der Erziehung gibt es viele Fragen,
warum Eltern eigentlich alles dürfen!?   auf die viele Kinder, Jugendliche und
Aber was dürfen Eltern wirklich und      bestimmt auch viele Erwachsene keine
was nicht? Müssen Eltern ihren Kin-      Antwort wissen. Auch der Blick ins Ge-
dern Taschengeld geben? Dürfen sie dir   setz hilft da oft nur wenig: Man findet
Hausarrest geben oder dir verbieten,     darin einzelne Regelungen, die häufig
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keine klare Antwort auf bestimmte Fra-
gen geben. Diese Broschüre soll diese
Fragen aufgreifen und versuchen, sie zu   In unserer Gesell­-
beantworten.                              schaft ist es wichtig, dass
                                          jedes Kind die ­Chance hat,
Vielleicht möchtest du aber zunächst
wissen, warum es kein „Gesetz über        sich zu einer eigenverant-
die Kindererziehung“ gibt. Das liegt      wortlichen Persönlichkeit
an unserer Verfassung, dem obersten       zu entwickeln.
Gesetz, mit dem alle anderen Geset-
ze übereinstimmen müssen. Nach der
Verfassung haben in erster Linie die      Aus diesem Grund hat der Staat eine
Eltern die Verantwortung für ihr Kind     Wächterfunktion, um das Kind vor Ge-
(Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grundge-       fahren zu schützen. Der Staat greift vor
setz). Man spricht hier auch vom El-      allem dann in die Familie ein, wenn die
tern(grund)recht oder der Elternver-      Eltern ihr Erziehungsrecht missbrau-
antwortung. Da Eltern und Kinder sich     chen und das Wohl ihres Kindes in Ge-
persönlich, emotional und genetisch       fahr ist. Es ist klar, dass du dir unter dem
am nächsten stehen, wollen Eltern in      Begriff der „Kindeswohlgefährdung“
der Regel das Beste für ihr Kind und      wenig vorstellen kannst. Weiter unten in
können am ehesten einschätzen, was        der Broschüre kommen Beispiele, die dir
das ist. Aus diesem Grund schirmt das     genauer erklären, wann man von einer
Grundrecht der Elternverantwortung        Kindeswohlgefährdung spricht und wer
die Eltern in ihren Entscheidungen vor    dann helfen kann.
staatlichen Eingriffen weitgehend ab.
Erziehung würde sicher nicht funktio-     Diese Broschüre soll dir einen Eindruck
nieren, wenn bei jeder Meinungsver-       verschaffen, was Eltern und was Kinder
schiedenheit das Jugendamt oder das       dürfen und wozu sie jeweils verpflich-
Gericht eingreifen könnte. Eltern ha-     tet sind. Sie soll dir auch erklären, wo
ben also bei der Erziehung ihres Kin-     du notfalls Hilfe bekommen kannst.
des einen großen Spielraum.               Schließlich will sie dir vermitteln, war-
                                          um Eltern dürfen, was sie eben dürfen.
Du sollst aber nicht den Eindruck         Denn eins ist klar: Das Zusammenleben
bekommen, dass Eltern alles machen        in der Familie klappt besser, wenn alle
können. Denn so ist es nicht.             Verständnis füreinander aufbringen.
Muss ich
im Haushalt
helfen?

     Elterliche Sorge, ­partnerschaftliche Erziehung,
     Beistand und Rücksichtnahme – was bedeutet das?
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Eltern haben die elterliche Sorge für ihr    Verantwortung ihr gutes Recht, aber
Kind. Das bestimmt das Bürgerliche Ge-       auch ihre Pflicht. Wenn also von „elter-
setzbuch (BGB), ein wichtiges deutsches      licher Sorge“ die Rede ist, dann meint
Gesetz, in § 1626 Absatz 1. Bestimmt hast    man damit, dass die Eltern berechtigt
du einige der Begriffe „elterliche Sorge“,   und verpflichtet sind, sich um alle Ange-
„Sorgerecht“, „partnerschaftliche Erzie-     legenheiten des Kindes zu kümmern.
hung“ und „Beistand und Rücksichtnah-
me in der Familie“ schon einmal gehört.      Die Eltern kümmern sich dabei zum
Aber wer weiß schon, was sich dahin-         einen um das Kind als Person (Perso-
ter verbirgt? Alle diese Begriffe beziehen   nensorge) und zum anderen um das Ver-
sich auf das tägliche Miteinander in der     mögen des Kindes (Vermögenssorge). Im
Familie. Deshalb wollen wir sie gleich zu    Rahmen ihrer Personensorge haben die
Anfang erklären.                             Eltern vor allem die Aufgabe, ihr Kind zu
                                             pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen
                                             und zu bestimmen, wo sich das Kind
Elterliche Sorge – worum sollen meine        aufhält (§ 1631 Absatz 1 BGB). Die Eltern
Eltern sich sorgen?                          ernähren das Kind, kaufen ihm Kleidung
                                             und andere wichtige Dinge, und ver-
Den Begriff der „elterlichen Sorge“          wenden viel Zeit und Energie, um das
darfst du nicht in dem Sinn verstehen,       Kind zu einem selbstständigen Men-
dass sich Eltern „Sorgen“ machen sollen.     schen zu erziehen. Außerdem können
Den Begriff der „elterlichen Sorge“ hat      Eltern im Namen ihrer Kinder Verträ-
man vor etwa 35 Jahren eingeführt. Da-       ge schließen und das Kind vertreten, das
vor sprach man von „elterlicher Gewalt“.     heißt, die Eltern handeln für ihr Kind.
Diesen Begriff fand man 1980 aber nicht
mehr zeitgemäß, da Kinder schließlich
keine Sachen sind, sondern Menschen          Partnerschaftliche Erziehung – gibt es
mit eigener Würde und Rechten. Des-          Vorschriften darüber, wie meine Eltern
halb wollte man auch keinen Begriff          mich erziehen sollen?
mehr verwenden, der sich nach Herr-
schaft und Unterdrückung anhört. Der         In der Einleitung haben wir schon ge-
Begriff der „elterlichen Sorge“ drückt       schrieben, dass Eltern bei der Erziehung
etwas anderes aus: Eltern kümmern sich       ihrer Kinder einen großen Entschei-
nämlich um ihre Kinder – sie umsorgen        dungsspielraum haben, weil das elterli-
sie. Das ist aufgrund ihrer elterlichen      che Erziehungsrecht von der Verfassung
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geschützt wird. Aus diesem Grund kann       wird und sein Wunsch nach Eigenver-
der Gesetzgeber auch keine detaillier-      antwortlichkeit und Selbstständigkeit
ten Vorschriften über gute Erziehung        steigt. Deshalb sollen deine Eltern nicht
herausgeben. Er hat aber zwei wichtige      einfach über deinen Kopf hinweg ent-
Grundsätze aufgestellt: den Grundsatz       scheiden, sondern wichtige Entschei-
der partnerschaftlichen Erziehung           dungen mit dir besprechen. Aber aufge-
(§ 1626 Absatz 2 BGB) und den Grund-        passt, das heißt nicht, dass deine Eltern
satz der gewaltfreien Erziehung (§ 1631     deinen Wünschen nachgeben müssen.
Absatz 2 BGB), den wir im nächsten Ka-      Wenn ihr euch nicht einigen könnt, dür-
pitel erklären werden.                      fen und müssen deine Eltern im Regel-
                                            fall die Entscheidung alleine treffen und
Den Begriff „partnerschaftliche Erzie-      durchsetzen. Sie haben das berühmte
hung“ darfst du nicht so verstehen, dass    „letzte Wort“. Wegen ihrer viel größeren
du mit deinen Eltern gemeinsam über         Lebenserfahrung erkennen Erwachsene
deine Erziehung entscheiden sollst. Der     nämlich manche Gefahren oder Schwie-
Begriff der „partnerschaftlichen Erzie-     rigkeiten, an die Kinder und Jugendli-
hung“ wurde eingeführt, um deutlich         che nicht denken würden. Gerade im
zu machen, dass ein autoritärer Erzie-      Alter zwischen 10 und 18 Jahren lösen
hungsstil nicht mehr zeitgemäß ist. Die     sich Kinder immer mehr von ihren El-
autoritäre Erziehung war – als Gegenteil    tern und wollen eigene Wege gehen. Ihr
einer partnerschaftlichen Erziehung –       berechtigtes Interesse, selbstständig zu
nur auf Gehorsam des Kindes angelegt        werden, kollidiert dann häufig mit dem
und früher ganz üblich. Wenn du einmal      Wunsch und der Pflicht der Eltern, ihr
deine Eltern und vor allem deine Groß-      Kind vor Gefahren und Belastungen zu
eltern fragst, wie sie erzogen wurden,      schützen. Somit gehören Auseinander-
dann wirst du große Unterschiede zu         setzungen mit den Eltern zum natürli-
heute feststellen können. Der Begriff der   chen Ablösungsprozess. Ziel muss es da-
„partnerschaftlichen Erziehung“ fordert     bei sein, Krisen und Konflikte möglichst
die Eltern auf, ihr Kind als Person ernst   friedlich und einvernehmlich zu bewäl-
zu nehmen. Natürlich kann ein sehr jun-     tigen. Deshalb ist es wichtig, sich aus-
ges Kind Dinge weniger selbst beurtei-      zutauschen und Meinungsverschieden-
len, als dies ein Junge oder Mädchen mit    heiten zu besprechen. Manchmal wirst
15 oder 17 Jahren kann. Die Eltern sol-     du vermutlich deine Eltern überzeugen
len bei der Erziehung also berücksichti-    können, manchmal ihre Entscheidung
gen, dass ihr Kind von Jahr zu Jahr älter   akzeptieren müssen.
15

Muss ich als Kind oder Jugendlicher            verlangt werden. Der Schulbesuch oder
im Haushalt helfen?                            die Ausbildung des Kindes beziehungs-
                                               weise Jugendlichen haben aber immer
„Kannst du mal schnell den Müll runter-        Vorrang. Übrigens kann ein Kind für
bringen, einkaufen gehen, staubsaugen?“        seine Hilfeleistungen im Haushalt nor-
Bei diesen unliebsamen Fragen, die garan-      malerweise kein Geld verlangen. Man-
tiert immer kommen, wenn man gerade            che Eltern bessern für die Mithilfe im
etwas viel Wichtigeres zu tun hat, fragt       Haushalt trotzdem das Taschengeld auf.
sich jedes Kind, ob es wirklich helfen muss.   Du solltest aber wissen, dass Eltern dazu
                                               nicht verpflichtet sind.
Aber wenn du einmal überlegst, was
deine Eltern täglich alles für dich tun –
dann ist die Antwort eigentlich von
vornherein klar. Sie ist aber auch im Ge-
setz geregelt. Solange ein Kind bezie-
hungsweise Jugendlicher noch bei sei-             Beispiel: Mithelfen im Haushalt
nen Eltern wohnt oder von diesen Geld
für seinen Lebensunterhalt bekommt,               Paul ist 16 Jahre alt und darf am
muss es beziehungsweise er seinen El-             Wochenende bis 21 Uhr wegblei-
tern in ihrem Haushalt oder einem von             ben. Unter der Woche wollen seine
diesen geführten Geschäft helfen (§ 1619          Eltern, dass er um 18 Uhr zu Hause
BGB). Dabei dürfen die Eltern natürlich           ist, damit er für die Familie kochen
nicht zu viel verlangen, sondern müssen           und auf seine kleine Schwester auf-
den Entwicklungsstand und die Kräfte              passen kann. Paul findet das nicht
ihres Kindes berücksichtigen. Es spricht          in Ordnung, seine Freunde lachen
aber nichts dagegen, wenn Eltern ihr              schon über ihn. Außerdem hat er
fünfjähriges Kind bitten, den Tisch ab-           überhaupt keine Zeit mehr für sich.
zuräumen. Von einem Siebenjährigen
können sie zum Beispiel auch verlangen,
dass er unter Anleitung sein Zimmer            So belastend Paul die Einschränkungen
aufräumt oder einen kleinen Einkauf er-        empfinden mag, seine Eltern haben we-
ledigt. Von einem ­sechzehnjährigen Ju-        gen ihres Sorgerechts die alleinige Be-
gendlichen kann in zeitlich begrenztem         fugnis zu entscheiden, wann ihr Sohn
Umfang sogar die Mitarbeit in einem            am Wochenende und in der Woche zu
landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern        Hause sein muss. Ebenso dürfen sie fest-
16

legen, wann Paul im Haushalt helfen        tung. Eltern und Kinder sind sich gegen-
muss. Dazu ist er seinen Kräften ent-      seitig Beistand und Rücksicht schuldig
sprechend verpflichtet (§ 1619 BGB).       (§ 1618a BGB). Sie sind außerdem ver-
Einem 16-jährigen Jugendlichen wird        pflichtet, einander Unterhalt zu gewäh-
es durchaus zumutbar sein, abends für      ren (§ 1601 BGB). Kinder sind natürlich
die Familie zu kochen und auf die kleine   erst dann zum Unterhalt für ihre Eltern
Schwester aufzupassen, besonders dann,     verpflichtet, wenn sie selbst erwachsen
wenn beide Eltern berufstätig sind. Dass   sind und Geld verdienen.
die Eltern aber kein Drei-­Gänge-Menü
erwarten können, ist auch klar.

Pauls Eltern sollten aber berücksichti-
gen, dass Paul im Vergleich zu seinen
Freunden Außergewöhnliches leistet. Er        Beispiel:
kann daher erwarten, dass seine Eltern        Beistand und Rücksichtnahme
dies würdigen und anerkennen. Er kann
auch erwarten, dass seine Eltern mit          Damian ist 17 Jahre alt und hat
seinen Konflikten sorgsam umgehen.            die Schule geschmissen. Über eine
Wichtig ist es deshalb, dass die Eltern       Ausbildung will er sich jetzt noch
Paul erklären, wa­rum sie diesen Einsatz      keine Gedanken machen. Er will
von ihm erwarten und dass sie überle-         erst mal die Freiheit genießen,
gen, ob es vielleicht Alternativen gibt.      lange ausschlafen und tun, wozu
Außerdem sollten sie Pauls Selbststän-        er gerade Lust hat. Seine Eltern
digkeit und Verlässlichkeit, die er mit       sind damit nicht einverstanden.
seinem Einsatz zeigt, bei anderen Ent-        Sie verlangen von Damian, dass er
scheidungen belohnen. So könnte man           sich einen Job sucht und sich mit
zum Beispiel dafür am Wochenende die          300 Euro im Monat an den Haus-
Ausgehzeit verlängern.                        haltskosten beteiligt.

Gegenseitiger Beistand und                 Eltern sind verpflichtet, ihr Kind zu
gegenseitige Rücksichtnahme                erziehen und für seinen Unterhalt
                                           aufzukommen. Diese Unterhaltspflicht
Das Eltern-Kind-Verhältnis ist ein Ver-    der Eltern gilt solange, bis das Kind
hältnis mit gegenseitiger Verantwor-       in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt
17

selbst zu finanzieren. Das bedeutet       und zügig durchzuführen. Da Damian
aber nicht, dass man sich als Kind        keine Ausbildung macht, ist er gegen-
ruhig Zeit lassen kann mit dem Geld-      über seinen Eltern verpflichtet, eine
verdienen. Während Kinder und Ju-         Erwerbstätigkeit aufzunehmen und
gendliche in der Ausbildung sind, wird    zu seinem Unterhalt beizutragen. Je
von ihnen nicht erwartet, dass sie zu     früher sich Damian eine Arbeitsstelle
ihrem Unterhalt beitragen. Da sie ihren   sucht und eigenes Geld verdient, desto
Eltern aber Beistand und Rücksicht        besser ist es für ihn. Denn seine finan-
schulden, müssen sie sich bemühen,        ziellen Bedürfnisse werden steigen
nach Abschluss ihrer Schulausbildung      und seine Eltern können ihn nicht sein
eine berufliche Ausbildung anzutreten     Leben lang finanzieren.
Ich habe das Recht
auf ­gewaltfreie
Erziehung!

      Erziehungsmaßnahmen und das Recht
      auf gewaltfreie Erziehung
19

Es kommt vor, dass Eltern Entschei-         kommen ist, sondern nur die Zeit „ver-
dungen treffen oder Erziehungsmaß-          gessen“ hat. Sie kann sich also nicht ge-
nahmen anwenden, mit denen die              gen den Hausarrest wehren und muss
Kinder ganz und gar nicht einver-           ihn „absitzen“.
standen sind. Das Recht setzt Eltern
jedoch Grenzen, wie sie ihre Kinder
behandeln dürfen und wie nicht. Die-
se Grenzen dienen dem Schutz des
Kindes und müssen eingehalten wer-
den. Welche Erziehungs­maßnahmen               Beispiel: Hausarrest
deinen Eltern nach dem deutschen
Recht erlaubt und welche ihnen ver-            Lilli ist 16 Jahre alt und muss
boten sind, wird in den folgenden              während der Schulzeit immer um
Fragen behandelt.                              21 Uhr zu Hause sein. Am Wo-
                                               chenende darf sie nach Abspra-
                                               che mit ihren Eltern auch mal bis
Dürfen meine Eltern mir Hausarrest             23 Uhr wegbleiben. Heute ist sie
geben?                                         direkt nach der Schule zu ihrem
                                               Kumpel Micha gegangen, um ge-
Der Staat und das Gesetz schreiben dei-        meinsam für die morgige Eng-
nen Eltern nicht vor, wie sie dich „rich-      lischarbeit zu lernen. Nachdem
tig“ zu erziehen haben und was sie alles       die beiden gelernt haben, fangen
dürfen. Nur einige bestimmte Maßnah-           sie an, über ihre Lieblingsstars zu
men sind nach dem Gesetz verboten.             reden. Dabei vergessen sie die Zeit
Ermahnungen, Meckern und auch –                und Lilli kommt gegen 21:30 Uhr
wie im Beispiel von Lilli – Hausarrest         nach Hause. Ihre Mutter brummt
gehören nicht dazu und sind deshalb            ihr deshalb eine Woche lang Haus-
erlaubt. Wenn die Eltern von Lilli eine        arrest auf.
Uhrzeit festgelegt haben, wann sie zu
Hause sein muss, dann dürfen sie auch
dafür sorgen, dass ihre Regeln in Zu-       Pädagoginnen und Pädagogen wür-
kunft eingehalten werden, zum Beispiel      den Lillis Mutter allerdings wohl da-
indem sie ihr Haus­arrest auferlegen.       von abraten, einen Hausarrest zu
Daran ändert auch die Tatsache nichts,      verhängen. Die Gefahr einer solchen
dass Lilli nicht absichtlich zu spät ge-    Strafe ist nämlich, dass Lilli sich nur
20

noch mit der von ihr als ungerecht          Dürfen Eltern bei der Erziehung
empfundenen Strafe beschäftigt und          Gewalt anwenden?
sich nicht damit auseinandersetzt,
dass eigentlich ihr Verhalten Auslö-
ser der elterlichen Maßnahme war.
Auf jeden Fall sollte sich Lilli nicht in
ihren Groll zurückziehen, sondern in
einer ruhigen Minute das Gespräch              Beispiel: Gewalt
mit ihren Eltern suchen – sowohl über
den Hausarrest als auch über Aus-              Als Lilli das zweite Mal abends zu
gangsregeln und deren Einhaltung.              spät kommt, ist ihre Mutter so sauer,
                                               dass sie Lilli eine Ohrfeige gibt.

Dürfen meine Eltern
mir Fernseh- oder                           Mädchen und Jungen sollen sich gut
Computerverbot geben?                       entwickeln können. Sie dürfen nicht
                                            gedemütigt werden und ihnen darf
Fernseh- und Computerverbot sind            kein Schaden zugefügt werden. Des-
Erziehungsmaßnahmen, die von vie-           halb haben Kinder und Jugendliche
len Eltern genutzt werden. Es ist den       in Deutschland ein Recht auf eine ge-
Eltern nämlich wie beim Hausarrest          waltfreie Erziehung (§ 1631 Absatz 2
erlaubt, dem Sohn oder der Tochter          Satz 1 BGB). Für Eltern und andere
das Fern­sehen oder die Computer-           Sorgeberechtigte gibt es deshalb meh-
nutzung, egal ob einmalig oder für          rere Verbote (§ 1631 Absatz 2 Satz 2
längere Zeit, zu verbieten. Wenn dei-       BGB), zum Beispiel das Verbot der kör-
ne Eltern dir also verboten haben,          perlichen Bestrafung. Danach ist es
deine Lieblingsserie zu schauen oder        deinen Eltern verboten, dir mit der
am Computer zu spielen, kannst du           bloßen Hand Schläge, also auch Ohr-
zwar versuchen, noch einmal mit ih-         feigen zu geben, egal was du in ihren
nen darüber zu reden. Bleiben deine         Augen falsch gemacht hast. Auch festes
Eltern aber bei ihrer Entscheidung,         Zupacken, Festhalten oder Festgurten
musst du dir ein solches Verbot gefal-      beziehungsweise Fesseln – zum Beispiel
len lassen.                                 im Rahmen einer sogenannten Fest-
                                            haltetherapie – gilt in der Regel als un-
                                            zulässige Erziehungsmaßnahme. Erst
21

recht darfst du nicht mit einem Gürtel      Recht, bei der Erziehung Gewalt anzu-
oder einem anderen Gegenstand ge-           wenden. Gewalt ist nämlich immer das
schlagen werden. Im Beispiel hat Lillis     falsche Mittel und kann keine Konflik-
Mutter gegen das gesetzliche Verbot         te lösen, sondern diese nur vergrößern.
der körperlichen Bestrafung verstoßen.      Das gilt innerhalb der Familie genauso
Jede Ohrfeige ist eine Gewaltanwen-         wie außerhalb.
dung und damit verboten.
                                            Also ist die Suche nach Alternativen
Nach dem Strafgesetzbuch (StGB) ist         angesagt, wenn so etwas öfter vor-
die Ohrfeige eine ­„einfache Körperver-     kommt. Dann ist es sinnvoll, sich Hilfe
letzung“ (§ 223). Für eine Strafverfol-     von außen zu suchen. So kann Lilli ver-
gung wäre ein förmlicher Strafantrag        suchen, ihre Eltern zu bewegen, einen
erforderlich. Einen Strafantrag zu stel-    Termin in einer Beratungsstelle zu ver-
len heißt, der oder die Betroffene muss     abreden (siehe hinten unter „Wer kann
ausdrücklich darauf hinweisen, dass         mir helfen?“). Oder sie vereinbart für
er oder sie eine Verfolgung der Straf-      sich selbst einen Termin, um mit der
tat wünscht. Ein vorbereitetes Formular     Beraterin oder dem Berater zu überle-
für eine Strafanzeige gibt es bei der Po-   gen, was man machen kann.
lizei oder der Staatsanwaltschaft. Ohne
Strafantrag handelt die Staatsanwalt-
schaft nur dann, wenn ein „besonderes       Auch Worte können wehtun!
öffentliches Interesse“ an der Strafver-    ­Dürfen ­meine ­Eltern mit mir ­reden,
folgung besteht. Dies ist zum Beispiel       wie sie wollen?
dann der Fall, wenn es zu einer erhebli-
chen Verletzung gekommen ist oder so-
gar eine Kindesmisshandlung vorliegt,
aber nicht automatisch bei jeder kör-
perlichen Bestrafung.
                                               Beispiel: Linus’ Hase
Manchmal kann eine Ohrfeige auch
Ausdruck elterlicher Hilflosigkeit sein,       Da Linus in der 4. Klasse immer
wenn der Sohn oder die Tochter, wie bei        fleißig für die Schule gelernt hat,
Lilli, zur verabredeten Uhrzeit nicht zu       bekommt er von seinen Eltern ei-
Hause ist. Aber auch Hilflosigkeit gegen-      nen Hasen geschenkt, den er sich
über dem Kind gibt Eltern nicht das
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                                            gemeiner Begriff ist, kann sich doch je-
   schon lange gewünscht hat. Doch          der etwas darunter vorstellen. Wenn das
   als die Leistungen in der Schule         Gesetz von einer seelischen Verletzung
   immer schwächer werden, brin-            spricht, dann ist damit ein kränkendes
   gen die Eltern den Hasen zurück          und herabsetzendes Verhalten der El-
   in die Zoohandlung. Als Linus            tern gemeint, wie etwa das Bloßstellen
   aus der Schule kommt, sieht er,          oder Lächerlichmachen des Kindes. Aber
   dass der Hase weg ist. Er ist ver-       auch das Beschimpfen oder ein liebloses,
   zweifelt. Sein Vater sagt nur:           kaltes Verhalten der Eltern gegenüber
   „Du bist ein Versager und eine           ihrem Kind kann seelisch verletzend
   Schande für die ganze Familie, du        sein. Stell dir vor, wie du dich fühlen
   brauchst keinen Hasen.“                  würdest, wenn deine Eltern länger nicht
                                            mit dir reden und dich „wie Luft“ be-
                                            handeln. Der Grundsatz der gewaltfrei-
Hier haben sich die Eltern falsch verhal-   en Erziehung soll dich schützen. Deine
ten und nicht nur, weil sich jeder in der   Eltern dürfen dich nicht verletzen – egal
Familie seine Wortwahl immer erst gut       ob körperlich durch eine Ohrfeige oder
überlegen sollte, um Kränkungen seines      seelisch mit Worten.
Gesprächspartners zu vermeiden. Die
Eltern haben erst einmal den Grundsatz
der partnerschaft­lichen Erziehung ver-     Mit meinen Eltern kann ich
letzt, der im ersten Kapitel erklärt wur-   nicht reden. Was kann ich tun?
de. Linus’ Eltern hätten vorher mit ihm     Wer kann mir helfen?
darüber sprechen müssen, dass sie ihm
den Hasen wieder wegnehmen werden,          Es ist immer das Beste, wenn du zu-
wenn seine Leistungen in der Schule         nächst versuchst, mit deinen Eltern zu
nachlassen. Darüber hinaus hat der Va-      sprechen. Vor allem in Fällen von kör-
ter seinen Sohn auch seelisch verletzt,     perlicher oder seelischer Gewalt kann
weil er ihn einen „Versager“ genannt        es dir aber helfen, die Angebote einer
und ihn damit schwer gekränkt hat. Er       Beratungsstelle der Jugendhilfe in
hat ihm gegenüber Verachtung gezeigt.       Anspruch zu nehmen. Diese können
Solche und andere seelische Verletzun-      auch deinen Eltern helfen, über ihren
gen des Kindes sind nach dem Bürger-        Erziehungsstil nachzudenken und zu
lichen Gesetzbuch verboten. Auch wenn       erkennen, wie sie ihrer Erziehungs-
„seelische Verletzungen“ ein sehr all-      verantwortung besser gerecht werden.
23

Insbesondere kann die Jugendhilfe       du mehr Informationen haben möch-
deinen Eltern auch Wege zeigen, wie     test, findest du diese im letzten Kapitel
sie diese und andere Krisen- und Kon-   „Hilfen: Was kannst du tun, wenn du
fliktsituationen besser und vor allem   in der Familie Sorgen und Probleme
gewaltfrei bewältigen können. Wenn      hast?“ ab Seite 68.
Wer bestimmt,
was ich
anziehe?

     Wer bestimmt, was ich ­anziehe oder
     wie ich mich zurechtmache?
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So kannst du                                   fällt es Eltern auch schwer, sich daran
doch nicht draußen                             zu gewöhnen, dass aus ihrem Sohn oder
                                               ihrer Tochter langsam ein erwachsener
rumlaufen!“
                                               Mensch mit eigenen Vorstellungen wird.
                                               Da taucht schon einmal die Angst auf,
Diese oder ähnliche Sätze von Eltern           dass die Entwicklung in eine Richtung
kennen wir alle. Meist sind sie der An-        geht, die man nicht gut findet. Auch hier
fang von einem kleinen oder größeren           gehört es zu einer partnerschaftlichen
Streit. Wer hat da eigentlich das Sagen?       Erziehung, miteinander zu reden und
Du findest sicher, dass du in deinem           gemeinsam Lösungen zu finden.
Alter selbst entscheiden kannst, was
du anziehst oder wie du dir die Haare
schneiden lässt.                               Grundsätzlich bestimmen die Eltern

Klar ist, dass mit deiner wachsenden           Die nachfolgenden Beispiele sollen dir
Selbstständigkeit auch das Bedürfnis           zeigen, welche Gesichtspunkte in Sa-
wächst, dein Äußeres zu bestimmen.             chen „Outfit“ eine wichtige Rolle spielen
Durch die Entwicklung in der Puber-            können.
tät sind Jugendliche oft verunsichert
und auf der Suche nach der Person, die
sie sein wollen. Der Wunsch, mit seinem
Äußeren zu experimentieren und dessen
Wirkung auf andere Leute „auszutesten“,
ist deshalb in dieser Zeit ganz normal.           Beispiel: Fußballfan

Deine Eltern haben vielleicht manch-              Noah ist Fußballfan. An seinem
mal andere Vorstellungen davon, was du            10. Geburtstag bekommt er ein T  ­ rikot
anziehen und wie du dich zurechtma-               des FC Schalke 04 geschenkt. Obwohl
chen sollst. Das liegt daran, dass sie einen      die Außentemperatur nur -5° C be-
anderen Blickwinkel haben und für sie             trägt, besteht Noah darauf, das kurz-
andere Dinge im Vordergrund stehen.               ärmlige Trikot gleich zur Schule anzu-
Sie möchten vermeiden, dass du dich               ziehen, gegen die Kälte habe er ja den
durch dein „Outfit“ irgendwelchen Ge-             Fanschal. Als alles Reden nichts nützt,
fahren aussetzt, und meistens haben sie           nimmt ihm seine Mutter kurzerhand
einfach einen anderen Geschmack. Oft
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                                             Auch Lukas’ Vater hat rechtmäßig ge-
  das Trikot weg und zieht ihm den           handelt, indem er Lukas die Jacke weg-
  Winterpulli über. Noah tobt.               genommen und diese vernichtet hat.
                                             Hakenkreuze waren das Symbol der
                                             nationalsozialistischen Partei, die in
Noahs Mutter wollte ihrem Sohn die Ge-       Deutschland zwischen 1933 und 1945
burtstagsfreude sicherlich nicht vermie-     eine Diktatur mit einer verbrecheri-
sen. Und sie kann bestimmt verstehen,        schen Staatsführung errichtet hat. Die-
dass Noah seinen Freunden die Geschen-       se hat den Zweiten Weltkrieg ausgelöst
ke am liebsten sofort zeigen will. Bei ei-   und sie ist verantwortlich für den Mord
ner Temperatur von -5° C kann sie ihm        an Millionen von Menschen. Diese Ver-
aber nicht erlauben, in einem kurzär-        brechen sind der Grund dafür, dass die
meligen Trikot nach draußen zu gehen,        Partei und alle ihre Symbole und Gruß-
denn sie ist für Noahs Gesundheit verant-    formeln verboten und ihre Verwendung
wortlich. Und als Erwachsene weiß sie,       und Verbreitung unter Strafe gestellt
dass man sich bei unzureichender Klei-       sind. Hätte Lukas seine Jacke auf der
dung im Winter eine schwere Krankheit        Straße getragen, so hätte er sich strafbar
zuziehen kann. Deshalb durfte sie Noah       gemacht. Als seine Erziehungsberechtig-
das Trikot auch erst einmal wieder weg-      ten sind Lukas’ Eltern verpflichtet, das
nehmen. Sie hätte ihm allerdings auch        zu verhindern. Die Erziehungspflicht
anbieten können, das Trikot zum Beispiel     der Eltern beschränkt sich hier natürlich
über den Winterpulli anzuziehen.             nicht nur darauf, eine Straftat ihres Soh-
                                             nes zu verhindern. Sie sollten auf jeden
                                             Fall mit Lukas reden und ihm erklären,
                                             warum diese Dinge verboten sind, und
                                             sie sollten ihn dazu anregen, sich mit
                                             dem Nationalsozialismus kritisch ausei-
   Beispiel: Hakenkreuze                     nanderzusetzen.

   Der 16-jährige Lukas malt mit einem       Häufig geht es bei solchen Konflikten
   Edding-Stift Hakenkreuze auf seine        nicht nur um politische Fragen, son-
   Jacke. Als sein Vater die Jacke sieht,    dern auch um die Beziehung zwischen
   zerschneidet er sie und wirft sie in      Eltern und Kindern. Vielleicht wollte
   den Müll.                                 Lukas seinen Vater schocken und auf-
                                             rütteln, weil der in der Regel die Erzie-
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hung seiner Frau überlässt und für         Tochter zwar kein unmittelbarer
Lukas selbst wenig greifbar ist. Oder      Schaden, aber es handelt sich auch
die Hakenkreuzjacke ist Teil eines         nicht um eine reine Geschmacks-
Machtkampfs, der durch das väterliche      frage. Wenn Sarah sich so anzieht
Verhalten noch weiter angeheizt wird.      und „auf älter“ schminkt, kann es
Deshalb sollte es der Vater keinesfalls    passieren, dass manche Männer
dabei belassen, sondern sich Gedan-        fälschlicherweise meinen, sie könn-
ken darüber machen, was zu dieser          ten sich ihr deshalb sexuell nähern.
Entwicklung geführt hat, und mit sei-      Selbstverständlich wäre eine se-
nem Sohn sprechen. Auch Lukas sollte       xuelle ­Belästigung eine Straftat, an
sich überlegen, warum er die Jacke mit     der Sarah keine Schuld hätte. Wenn
dem Hakenkreuz bemalt hat, warum           Sarahs Eltern aber die Sorge haben,
das seinem Vater nicht gefällt und ob      dass sie belästigt werden könnte, ist
es außer Provokationen noch ande-          es rich­tig, dass sie ihrer Tochter die-
re Möglichkeiten gibt, sich mit seinem     se Bekleidung verbieten, bis Sarah
Vater auseinanderzusetzen.                 solche Risiken realistisch einschät-
                                           zen kann.

                                           Die Eltern sollten aber daran den-
                                           ken, dass sich dieses Problem auf
                                           Dauer nicht durch Verbote lösen
   Beispiel: Sarahs Party                  lässt. Vielmehr sollten sie abseits sol-
                                           cher Zuspitzungen immer wieder
   Sarah ist 13 und will auf eine Party.   die Gelegenheit ergreifen, mit Sarah
   Sie zieht Minirock, Netzstrümpfe        über das Thema Sexualität zu spre-
   und Lackstiefel an und schminkt         chen. So können sie Sarah signalisie-
   sich, um älter auszusehen. Als sie      ren, dass sie ihre sexuelle Entwick-
   gerade aus dem Haus will, halten        lung respektieren, sie aber auch auf
   ihre Eltern sie auf und verbieten ihr   Gefährdungen aufmerksam machen.
   „diesen Aufzug“. Sarah findet ihre      Sarah fällt es in ruhigen Augenbli-
   Eltern „total spießig“.                 cken vielleicht leichter, sich auf ein
                                           Gespräch einzulassen, sich mit der
                                           Position ihrer Eltern auseinanderzu-
Auch Sarahs Eltern handeln verant-         setzen und ihre eigenen Vorstellun-
wortungsbewusst. Hier droht ihrer          gen klarzumachen.
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                                             satz der partnerschaftlichen Erziehung
   Beispiel: Punkerin Banu                   (§ 1626 Absatz 2 BGB) verlangt, dass die
                                             Eltern ihre Kinder in der Entwicklung
   Die 17-jährige Banu ist Punkerin.         fördern und ihre wachsende Selbststän-
   Ihre Eltern sind damit nicht einver-      digkeit berücksichtigen. Ist es bei einem
   standen und verbieten Banu, ihre          7-jährigen Kind ganz normal, dass die
   „schmuddelige“ Kleidung zu tra-           Eltern morgens die Kleidung mit aus-
   gen. Sie legen ihr jeden Morgen „or-      suchen, so ist dies bei einem oder einer
   dentliche“ Anziehsachen raus und          17-jährigen Jugendlichen in der Regel
   schließen dann den Kleiderschrank         unangemessen, weil es zur Unselbst-
   ab, in dem all ihre Sachen sind.          ständigkeit erzieht. Prallen also die Klei-
                                             dungsvorstellungen aufeinander, so
                                             sollte man das Gespräch suchen und die
In den vorangehenden Beispielen ha-          unterschiedlichen Vorstellungen, seine
ben die Eltern ihren Kindern eine            Wünsche und auch die Ängste mitein-
bestimmte Kleidung untersagt, weil sie       ander austauschen. Je offener und ver-
damit Gefahren verhindern wollten.           trauensvoller man miteinander spricht,
Hier ist der Fall anders gelagert: Hier      desto besser lassen sich gute Kompro-
prallen vor allem die unterschiedlichen      misse finden. Zu solchen Fragen kannst
Vorstellungen eines akzeptablen „Out-        du dir auch beim Jugendamt, im Inter-
fits“ aufeinander. Während Banu ihren        net (zum Beispiel www.bke-jugendbe-
eigenen Lebensstil entwickeln und sich       ratung.de), beim Sorgentelefon oder in
mit ihrer Kleidung von den konventio-        Beratungsstellen Rat holen. Eine denk-
nellen Gepflogenheiten absetzen möch-        bare Lösung in unserem Fall wäre zum
te, missfällt den Eltern der Kleidungsstil   Beispiel, dass Banu mit ihren Eltern ver-
ihrer Tochter: Möglicherweise haben sie      einbart, ihre „Punk-Klamotten“ nur in
die (unbegründete) Angst, ihre Tochter       der Freizeit und nicht bei Familienfeiern
könnte auf die „schiefe Bahn“ geraten,       zu tragen.
bei Lehrern oder an ihrem Arbeitsplatz
einen „schlechten Eindruck“ machen           Letztlich gilt aber: Kann in gemeinsa-
oder mit ihren Klamotten zum Gespött         men Gesprächen kein Kompromiss ge-
der Leute werden.                            funden werden, entscheiden die Eltern.
                                             Da sie die Erziehungsverantwortung
In diesem Fall ist es besonders wich-        tragen, dürfen sie entscheiden, was
tig, miteinander zu reden. Der Grund-        nach ihrer Meinung für ihr Kind das
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Beste ist. Banus Eltern können ihr also     Du siehst schon an der Wortwahl,
das Tragen ihrer „Punk-Klamotten“           dass eine Kindeswohlgefährdung bei
verbieten und ihr diese notfalls weg-       einem Kleiderzwang nur in Ausnah-
nehmen, um zu verhindern, dass Banu         mefällen vorkommen dürfte. Hierzu
das Verbot umgeht, auch wenn Sozial-        zwei Beispiele:
pädagoginnen und Psychologen in der
Regel von einem solchen Vorgehen ab-
raten würden.

Wo sind die Grenzen des elterlichen            Beispiel:
Bestimmungsrechts?                             Gesundheitsgefahr für Max

An dieser Stelle fragst du bestimmt, ob        Die alleinerziehende Mutter des
den Eltern denn vom Gesetz nicht ir-           7-jährigen Max ist mit dem Haus-
gendwelche Grenzen gesetzt sind und            halt und ihren fünf Kindern über-
nicht irgendein Gericht überprüft, ob          fordert. Sie kümmert sich eigentlich
die Eltern sich wirklich „für das Beste“       nie darum, was Max anzieht, wenn
entschieden haben. In der Einleitung           er morgens zur Schule geht. Da Max
haben wir gesagt, dass die Verfassung          öfter seine Winterjacke nicht findet,
den Eltern in Artikel 6 Absatz 2 Satz 1        geht er im Pulli los. Im Winter ist er
Grundgesetz die Erziehungsverantwor-           deshalb oft krank.
tung überträgt. Da die Meinungen zwi-
schen Richtig und Falsch oft ganz erheb-
lich voneinander abweichen, sollen die
Eltern entscheiden, die ihr Kind schließ-
lich am besten kennen. Aus diesem
Grund haben sie auch einen sehr weiten
Entscheidungsspielraum. Jugendamt             Beispiel: Soziale Ausgrenzung
und Familiengericht greifen mit ihren
Schutzmaßnahmen erst ein, wenn die            Shabana ist 13 Jahre alt und kommt
Eltern ihre Erziehungsverantwortung           aus Saudi-Arabien. Ihr Vater be-
missbrauchen und das Wohl ihres Kin-          stimmt, dass Shabana einen Schleier
des gefährden.                                tragen muss, der von ihrem Körper
30

                                             gen, dass Kinder über ihre Religionszu-
   nur die Augen freilässt. Sie hat des-     gehörigkeit ab einem Alter von 14 Jah­ren
   halb große Schwierigkeiten, andere        selbst entscheiden können (§ 5 des Ge-
   Kinder kennenzulernen.                    setzes über die religiöse Kindererzie-
                                             hung). Weitere Grenzen des elterlichen
                                             Erziehungsrechts ergeben sich daraus,
Schutzmaßnahmen des Jugendamts               dass Kinder durch ihre Kleidung weder
oder des Familiengerichts in Kleidungs­-     gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt
fragen kommen nur als „Notbremse“ in         noch sozial isoliert werden dürfen. Die
extremen Fällen in Betracht. Ein „nor-       bloße Vorstellung des Kindes/Jugend-
maler“ Modestreit genügt mit Sicher-         lichen, dass die von den Eltern aus­
heit nicht. Zudem sind Eltern grund-         gesuchte Kleidung zu „uncool“ ist und
sätzlich berechtigt, in der Erziehung        man sich deshalb blamieren könnte,
ihre kulturellen und religiösen Vorstel-     reicht aber nicht aus. Wie oben gesagt:
lungen umzusetzen. Soweit Kleidung           Im Zweifelsfall kannst du dir beim
Ausdruck eines religiösen Bekenntnis-        Sorgentelefon oder beim Jugendamt
ses ist, ist dabei jedoch zu berücksichti-   Rat holen.
Müssen meine
Eltern mir
Taschengeld geben?

             Taschengeld und Nebenjob

Nicht nur Erwachsene brauchen Geld.        was dir vielleicht verboten ist, erklären
Auch du willst dir mal eine Zeitschrift,   wir dir in diesem Kapitel.
einen Film, ein Kleidungsstück oder
im Sommer einfach mal ein Eis kaufen.
Für diese und andere Dinge, die du ha-     Haben Kinder Anspruch auf
ben möchtest, musst du bezahlen und        Taschengeld?
manchmal sogar ziemlich viel. Aber wo
kriegst du als Kind oder Jugendliche/r     Um es gleich vorwegzunehmen:
Geld her? Welche Rechte du in Bezug        Nein. Es ist zwar durchaus sinn-
auf Taschengeld und Nebenjob hast und      voll, wenn Kinder Taschengeld be-
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kommen. Sie können sich so an             Wer entscheidet, was ich
den Umgang mit Geld gewöhnen              mit meinem Taschengeld mache?
und lernen, Geld einzuteilen. Einen
rechtlichen Anspruch auf Taschen-         Ein Kind, das bei seinen Eltern lebt,
geld gegenüber deinen Eltern hast         muss sich auch beim Taschengeld an
du aber nicht. Du kannst sie zwar         die Regeln der Eltern halten. Wenn
bitten, dir Taschengeld zu geben.         deine Eltern dir also Taschengeld
Wenn sie jedoch stur bleiben und dir      für einen bestimmten Zweck geben,
kein Geld geben, kannst du dagegen        kannst du das Geld auch nur für die
nur wenig machen. Das Gleiche gilt        Sachen ausgeben, die dem Zweck ent-
auch für die Höhe eines Taschen-          sprechen. Wenn deine Eltern dir also
geldes. Deine Eltern können im            sagen, dass du das Taschengeld nur
Rahmen ihrer Erziehung selbst ent-        für Zeitschriften und Bücher ausge-
scheiden, welche Beträge sie für an-      ben darfst, kannst du davon nicht ins
gebracht halten. Wenn deine               Kino gehen. Im besten Fall überlas-
Eltern dir also kein oder aus deiner      sen Eltern den Kindern oder Jugend-
Sicht zu wenig Taschengeld geben,         lichen das Taschengeld zur freien Ver-
versuche mit ihnen darüber zu spre-       fügung. Dann können sie damit fast
chen und sie zu überzeugen – das          alles machen, was sie möchten, und
geht in der Regel mit Argumenten          selbst entscheiden, ob sie das Geld für
besser als mit Rumbrüllen oder Be-        Süßigkeiten, Musik, Klamotten oder
leidigtsein. Habe aber auch Ver-          Ähnliches ausgeben oder es zur Seite
ständnis dafür, wenn deine Eltern,        legen und sparen wollen. Dass Kinder
etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit        und Jugendliche aber eben nur fast al-
oder geringem Einkommen, nicht            les machen können, liegt daran, dass
die finanziellen Mittel haben, dir Ta-    es ihnen verboten ist, das Taschen-
schengeld zu geben.                       geld für Dinge auszugeben, die gefähr-
                                          lich oder verboten sind. Auch wenn
Wenn du dich ungerecht behandelt          Eltern ihren Kindern sagen: „Mach
fühlst, kannst du dich auch in diesen     mit dem Geld, was du willst!“, dürfen
Fällen immer an das Jugendamt wen-        diese immer noch keine Pistole auf
den. Das Jugendamt kann sich dann         dem Schwarzmarkt, Drogen oder ju-
mit deinen Eltern in Ver­bindung setzen   gendgefährdende Filme kaufen. Auch
und versuchen, mit ihnen eine Rege-       der Verkauf von Zigaretten an unter
lung über dein Taschengeld zu finden.     18-Jährige ist verboten.
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Was deine Eltern also dürfen:             trifft sowohl Taschengeld, Geldgeschen-
                                          ke als auch das Geld, das du durch einen
↗ S
   ie dürfen dir vorschreiben, dass      Nebenjob verdient hast. Bei diesen Fra-
  du bestimmte Dinge von ­deinem          gen ist natürlich die partnerschaftliche
  Taschengeld bezahlen musst (zum         Erziehung besonders wichtig. Schließ-
  Beispiel alle Schulhefte, bestimmte     lich soll ja das Taschengeld gerade die
  Bücher).                                Selbstständigkeit fördern. Aus pädago-
                                          gischer Sicht sollten sich elterliche Ein-
↗ S
   ie dürfen bestimmen, dass du von      schränkungen deshalb auf besondere
  dem Taschengeld ­bestimmte Sachen       Problem- und Gefährdungssitua­tionen
  nicht kaufen darfst (zum Beispiel       beschränken. Wenn du den Eindruck
  Süßig­keiten, Zigaretten, Make-up,      hast, dass deine Eltern willkürlich Ta-
  Computerspiele).                        schengeldeinschränkungen verhän-
                                          gen, solltest du auf jeden Fall in einem
↗ S
   ie können dir verbieten, Geld         ruhigen Augenblick versuchen, mit ih-
  an Freundinnen, Freunde und             nen zu sprechen oder – wenn das nichts
  Bekannte auszuleihen.                   bringt – dir Hilfe suchen.

↗ W
   enn du dich nicht an die Regeln
  der Eltern hältst, zum Beispiel von     Können meine Eltern mir verbieten,
  dem Taschengeld keine Computer-         einen Nebenjob ­anzunehmen?
  spiele zu kaufen, dürfen deine Eltern
  dir das Taschengeld ohne Weiteres
  kürzen und, wenn sie wollen, auch
  ganz streichen.

↗ D
   eine Eltern können eine Taschen-         Beispiel: Emilys Job
  geldstreichung auch als allgemeine
  Erziehungsmaßnahme einsetzen,              Die 16-jährige Emily bekommt
  wenn du zum Beispiel deine Pflich-         von ihren Eltern kein Taschengeld.
  ten im Haushalt nicht erfüllst oder        Um sich öfter mal den Kinobesuch
  dein Zimmer nicht aufräumst.               oder schöne Klamotten leisten zu
                                             können, fragt sie in einem Restau-
Dieses Recht der Eltern zu bestimmen,        rant in der Nähe, ob sie dort arbei-
was du mit deinem Geld machst, be-
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                                            trieben bis zu 3 Stunden). In einigen Fäl-
   ten könnte. Sie wird eingestellt         len kann eine Behörde Ausnahmen von
   und soll jeweils einen Abend in          der Regelung genehmigen. Wichtig ist es
   der Woche und einen am                   für dich zu wissen, dass die Verbote ver-
   Wochenende arbeiten. Ihre Eltern         bindlich sind. Deine Eltern können dir
   finden, dass so eine Arbeit, die         deshalb auch nicht das Gegenteil erlau-
   oft bis spät in die Nacht dauert,        ben. Jugendliche, die 15 bis 17 Jahre alt
   nicht gut für Emily ist und ver-         sind, dürfen 8 Stunden täglich und maxi-
   bieten ihr, den Job anzunehmen.          mal 40 Stunden wöchentlich beschäftigt
                                            werden. Beschäftigungen, die entweder
                                            eine besondere körperliche oder seeli-
Wenn Eltern nur wenig oder gar kein         sche Gefahr darstellen, darf auch diese
Taschengeld geben, bleibt oft nur ein       Altersgruppe nicht ausüben. So viel erst
Nebenjob. Und weil es ziemlich häufig       mal zu der juristischen Seite.
vorkommt, dass Jugendliche sich mit
einem Job ihr Taschengeld selbst verdie-    Wenn du dir den Beispielsfall ansiehst,
nen oder aufbessern, gibt es dafür auch     stellst du fest, dass Emily 16 Jahre alt ist.
Gesetze, die eingehalten werden müs-        Sie dürfte also (nach dem Gesetz) sowohl
sen. Die wichtigsten sind die Kinderar-     abends arbeiten als auch zwei Mal in
beitsschutzverordnung (KindArbSchV)         der Woche, wenn sie nur jedes Mal nicht
und das Jugendarbeitsschutzgesetz           mehr als 8 Stunden arbeitet. Trotzdem
(JArbSchG), die bei der Beschäftigung       dürfen die Eltern ihr verbieten, die Stelle
von Jugendlichen eingehalten werden         anzunehmen. Zwar sollten Eltern so
müssen. Für Kinder unter 13 Jahren ist      etwas gemeinsam mit den Kindern be-
es generell verboten zu arbeiten. Wer       sprechen und deren Wunsch respektie-
13 oder 14 Jahre alt ist, kann mit der      ren und berücksichtigen. Aber am Ende
Erlaubnis seiner Eltern eine leichte Be-    tragen sie allein die Sorge und die Ver-
schäftigung aufnehmen, die für sein         antwortung. Deshalb müssen sie das
Alter geeignet ist. Zum Beispiel darf der   Recht haben, Dinge zu verbieten, von
Nebenjob nicht den Schulbesuch oder         denen sie glauben, dass sie nicht gut für
die Schulbildung nachteilig beeinflussen.   ihre Kinder sind. Vielleicht haben sie ein-
Kinder in diesem Alter dürfen weder von     fach nur Angst, dass der Arbeitsstress
18 bis 8 Uhr noch in der Schulzeit arbei-   nicht gut ist und die Schule darunter lei-
ten, außerdem maximal 2 Stunden am          det. Was für Gründe Eltern auch immer
Tag (in landwirtschaftlichen Familienbe-    haben mögen, sie haben das letzte Wort.
Kann ich über
­meine Sachen
 alleine ­
 bestimmen?

             Eigentum

Von Eigentum sprechen Juristinnen         dürfen nämlich nur dann Eigentum
und Juristen dann, wenn jemandem          an Gegenständen erwerben, wenn da-
eine Sache gehört. Zum persönli-          mit keine Nachteile für sie verbunden
chen Eigentum von Kindern oder            sind. Wenn das Geschenk nicht „ledig-
Jugendlichen und Erwachsenen gibt         lich rechtlich vorteilhaft“ ist (so heißt
es viele Regelungen in den Gesetzen.      es in der Fachsprache), kann eine Min-
                                          derjährige/ein Minderjähriger das Ge-
                                          schenk nur annehmen und Eigentum
Wem gehören die Geschenke,                daran erhalten, wenn die Eltern ein-
die ich als Kind oder                     verstanden sind.
­Jugendliche/r bekomme?

Die allgemeine Grundregel heißt: Kin-
der und Jugendliche können wie Er-
wachsene persönliches Eigentum er-
werben und über dieses bestimmen.            Beispiel: Annas Mofa
Aber, wie du sicher weißt, gibt es kei-
ne Regel ohne eine Ausnahme. So ist          Die Eltern der 16-jährigen Anna
es auch hier. Kinder und Jugendliche         haben sich vor einiger Zeit scheiden
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                                            Versicherungsbeiträge hinzu, die bezahlt
   lassen. Anna lebt bei ihrer Mutter,      werden müssen. Da das Mofa für Anna
   die das alleinige Sorgerecht hat.        also nicht nur Vorteile hat, muss Annas
   Ihr Vater wohnt in einem Dorf, das       Mutter als Sorgeberechtigte entschei-
   etwa 15 Kilometer entfernt ist und       den, ob Anna das Mofa behalten darf.
   nur schlecht mit öffentlichen Ver-       Denn Annas Mutter muss darauf achten,
   kehrsmitteln erreicht werden kann.       dass Anna keine Verpflichtungen ein-
   Damit Anna ihn öfter besuchen            geht, die ihr schaden können. Sie kann
   kann, schenkt der Vater ihr zum          sich deshalb auch weigern, Anna den
   Geburtstag ein Mofa. Annas Mut-          Mofaschlüssel wieder auszuhändigen,
   ter ist damit nicht einverstanden,       ganz unabhängig davon, ob Anna eine
   nimmt ihr die Mofaschlüssel weg          gültige Fahrerlaubnis hat oder nicht.
   und sagt: „Es ist zu teuer und zu
   gefährlich, dass du mit dem Ding         Wenn Eltern getrennt leben, kann es üb-
   durch die Gegend braust. Dein            rigens immer mal wieder zu Konflikten
   Vater kann dich genauso gut zu           kommen, weil der eine etwas tut, was
   Hause abholen.“ Anna will wissen,        der andere nicht gut findet. Kinder und
   ob sie das Mofa auch ohne Erlaub-        Jugendliche sollten sich in die Auseinan-
   nis ihrer Mutter benutzen darf. Die      dersetzung der Eltern nicht hineinziehen
   dafür erforderliche Fahrerlaubnis        lassen. Durch Parteinahme für den einen
   der Klasse M hatte sie schon kurz        oder anderen gibt es allenfalls kurzfris-
   nach ihrem 15. Geburtstag erworben.      tig etwas zu gewinnen, langfristig ist der
                                            Schaden größer. Sprich ruhig offen mit
                                            deinen Eltern darüber, dass sie sich in
Wie du oben gelesen hast, gehört dir ein    erzieherischen Fragen einigen sollen.
Geschenk ohne Zustimmung des Sorge-         Das kannst du von ihnen erwarten.
berechtigten nur, wenn es keine recht-
lichen Nachteile mit sich bringt. Das Ei-
gentum an einem Mofa bringt aber auch
Nachteile mit sich: Um damit auf öffent-
lichen Straßen fahren zu dürfen, muss
eine Kraftfahrzeugversicherung abge-           Beispiel: Annas Handy
schlossen werden. Zu den Benzinkos-
ten, Wartungskosten und möglichen Re-          Um den telefonischen Kontakt zu
paraturkosten kommen also auch noch            seiner Tochter zu verbessern, schenkt
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   der Vater Anna ein Handy mit              Dinge ihnen also gehören, können sie da-
   Prepaid-Karte.                            mit grundsätzlich machen, was sie wol-
                                             len. Dieses Recht wird „freies Verfügungs-
                                             recht“ genannt. Im Prinzip darf dann
Anders als bei einem vertragsgebunde-        niemand die Sache wegnehmen oder gar
nen Handy sind mit einer Prepaid-Kar-        absichtlich beschädigen oder zerstören.
te die Gespräche im Voraus bezahlt. Man      Es gibt aber besondere Situationen, in
telefoniert den Kartenbetrag nur noch        denen Eltern vom Staat dazu verpflichtet
ab. Eine Rechnung am Monatsende gibt         sein können, eine Sache wegzunehmen
es nicht und auch sonst kann der Mobil-      oder zu beschädigen, obwohl sie alleine
funkanbieter den Minderjährigen/die          dem Kind gehört. Hier sind zwei Beispie-
Minderjährige nicht verpflichten. Sind       le für eine solche Situation.
mit einem Geschenk keine Kosten oder
andere Nachteile verbunden, ist das Ge-         Der Onkel schenkt seinem 11-jährigen
schenk rechtlich vorteilhaft und es ge-         Neffen ein wertvolles Jagdmesser,
hört dem Kind oder Jugendlichen. Der            weil er hofft, damit das Interesse des
Vater kann Anna also das Prepaid-Handy          Neffen für die Jagd zu wecken.
schenken und es gehört sofort ihr.
                                                Der 16-jährige Philipp züchtet in
Von der Frage der wirksamen Schenkung           seinem Zimmer Cannabis in
und des Eigentums­erwerbs zu unterschei-        ­Blumentöpfen, um später daraus
den ist jedoch die Frage, ob Anna das Han-       Haschisch zu gewinnen.
dy auch künftig benutzen darf. Hier gilt
einmal mehr der Grundsatz der partner-       In beiden Fällen dürfen die Eltern ein-
schaftlichen Erziehung. Hat die Mutter       greifen, sobald sie von den Sachen
aus erzieherischen Gründen Bedenken ge-      erfahren. Weil der 11-jährige Neffe sich
gen das Handy, muss sie mit Anna reden;      selbst und andere gefährden könnte,
aber auch hier hat sie das „letzte Wort“.    können seine Eltern ihm das Messer
                                             abnehmen. Sie dürfen es aber nicht zer-
                                             stören oder wegwerfen, sondern müs-
Dürfen meine Eltern auch über meine          sen es aufbewahren, bis ihr Sohn alt
eigenen ­Sachen ­bestimmen?                  genug ist, um verantwortlich mit dem
                                             Messer umzugehen. Selbstverständlich
Wenn Kinder oder Jugendliche persön-         müssen die Eltern dem Jungen ihr Ver-
liches Eigentum an Dingen haben, diese       halten erklären. Sie sollten ihm auch
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