Bienen auf der Spur: forschen, entdecken, schützen - Praxismaterial für die Kindertagesstätte und die Grundschule - Dr. Axe-Stiftung Bonn

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Bienen auf der Spur: forschen, entdecken, schützen - Praxismaterial für die Kindertagesstätte und die Grundschule - Dr. Axe-Stiftung Bonn
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Bienen auf der Spur:
forschen, entdecken, schützen

Praxismaterial für die Kindertagesstätte und die Grundschule

Reihe: »Von Schafen – Ziegen – Rindern:
Lebendige Begegnungen mit unseren Nutztieren«
Heft VI
Bienen auf der Spur: forschen, entdecken, schützen - Praxismaterial für die Kindertagesstätte und die Grundschule - Dr. Axe-Stiftung Bonn
Vorwort

Seit über 10.000 Jahren lebt der Mensch mit Tieren zusammen: Mit Heimtieren leben
wir meist unter einem Dach; sie bereichern unser Leben als Freunde und Gefährten.
Nutztiere dienen uns als Nahrung, als Rohstofflieferanten für Konsumgüter oder mit ih-
rer Arbeitskraft. Die Produkte von Bienen, Schafen, Rindern und Co. sind aus unserem
Alltag nicht mehr wegzudenken. Mit den Tieren selbst aber haben wir, insbesondere im
städtischen Raum, nur wenige bis keine Berührungspunkte.

Wir von der Dr. Axe-Stiftung haben es uns daher zur Aufgabe gemacht, Menschen mit
Haustieren in Kontakt zu bringen und dabei die Bedürfnisse der Tiere in den Blick zu
nehmen. So soll unser Hasenberghof in Dahlem-Kronenburg (Eifel) ein Begegnungsort
sein, zu dem wir Kinder und Erwachsene einladen, um einen achtsamen und verständ-
nisvollen Umgang, vorrangig mit Nutztieren, kennenzulernen. Hier finden Begegnungen
zwischen Tier und Mensch und zwischen Menschen statt, in denen die Grundideen
von Tierschutz und Tierethik im Sinne Albert Schweitzers erlebt und reflektiert werden
können.

Wenn etwas Neues unser Leben berührt, ist dies häufig der Anstoß für eine weiterge-
hende Beschäftigung mit diesem Thema. Bei Dr. Hans Günther Axe war es der Besuch
eines Tierheims, aus dem er zwei Hunde zu sich nahm. Berührt von den Schicksalen
und der Lebenswirklichkeit der Tiere im Tierheim begann der Stiftungsgründer, sich mit
ethischen Fragestellungen zum Verhältnis zwischen Mensch und Tier auseinanderzu-
setzen und sich für den Tierschutz zu engagieren.

Mit dieser Handreichung möchten wir Sie dazu »anstiften«, gemeinsam mit den Kindern
Berührungspunkte zu Bienen, Schafen, Rindern und Co. zu finden, ihnen zu begegnen,
ihre Eigenarten und Bedürfnisse zu entdecken. So schaffen wir gemeinsam die Grund-
lagen für einen achtsamen Umgang mit Tieren und ein verantwortliches Verhalten in
unserem eigenen Umfeld wie Kita und Grundschule sowie als Verbraucher, das auch
das Tierwohl im Blick hat.

Ihre Dr. Axe-Stiftung
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Inhaltsverzeichnis

		Vorwort                                                              2

1		Einleitung                                                          4

2		Bienen: Ein Thema für Kindergarten und Grundschule                   5

    2.1   Warum gerade Bienen?                                          5

    2.2   Blick in die Praxis: Bienen in Kitas und Grundschulen         5

    2.3   Hintergrundwissen: Über BNE, Tierethik und Bienenschutz       9

    2.4   Zusammengefasst                                              11

3		Die Biene                                                           12

    3.1   Wie Bienen leben                                             12

    3.2   Die Biene und der Mensch                                     13

    3.3   Bienenhaltung: Entwicklung und Haltungsformen                14

    3.4   Zwei Steckbriefe                                             18

4		Wenn’s um die Biene geht: Methoden                                  19

    4.1   Methoden für den Einstieg                                    19

    4.2   Methoden zur Vertiefung                                      20

    4.3   Nachdenklich-philosophische Gespräche                        23

    4.4   Bienen schützen                                              25

    4.5   Honigbienen halten und beobachten                            27

5		Bienen erforschen: Projektarbeit und Lernwerkstatt                  29

    5.1   Projektplanung in der Kita: ein Ideenpool                    29

    5.2   »Lernwerkstatt Biene« in der Grundschule (Klassen 3 und 4)   34

		        mit Lernstationen zum Download

6		Weiterführende Hinweise: Büchertipps und Links                      37

7		Auswahl von Lernorten                                               39

		Literatur und Quellen                                                40

		Die Dr. Axe-Stiftung und der Hasenberghof                            43

		Der Projekthintergrund                                               44

		Danksagung                                                           47

		Impressum                                                            47
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    1 Einleitung

    Wo wohnt die Biene? Woher kommt der Honig?        Zum Aufbau des Heftes
    Wie weit fliegen Bienen? Wie sehen Bienen die     Kapitel 2 widmet sich der Frage, warum
    Welt? Kinder haben unzählige Fragen an ihre       »Honig- und Wildbienen« ein geeignetes
    Umwelt – auch an Bienen. Zugleich bewegen         Thema für Kindergarten und Grundschule ist,
    sich die Insekten schnell und können stechen.     bietet Informationen zum Schutzbedarf von
    Deshalb haben viele Kinder, aber auch Erwach-     Bienen sowie zu Tierschutz und Tierethik und
    sene ein zwiespältiges Verhältnis zu Biene,       zum Konzept einer Bildung für nachhaltige
    Hummel, Wespe & Co. Dabei sind Bienen das         Entwicklung.
    drittwichtigste Nutztier für uns Menschen. Zu-
    nehmend geraten Bienen aber aus einem ganz        In Kapitel 3 wird unser Beispieltier, die Biene,
    anderen Grund in unser Blickfeld: Seit einigen    genauer vorgestellt: Es geht um Merkmale,
    Jahren sterben immer mehr und mehr Insek-         Fähigkeiten und Lebensweise ebenso wie um
    ten, darunter auch viele Bienen. Als Ursachen     die Biene als Nutztier und die verschiedenen
    werden insbesondere Veränderungen in der          Formen der Haltung von Bienen.
    Landwirtschaft, eingeschleppte Krankheiten
    sowie der Klimawandel gesehen. Somit bieten       Kapitel 4 enthält Anregungen, mit welchen
    Bienen vielfältige Gelegenheiten, sich mit dem    Inhalten und Methoden sich ein Projekt über
    Mensch-Natur-Verhältnis auseinanderzusetzen.      die Biene als Nutztier in Kita und Grundschule
                                                      gestalten lässt. Viele dieser Methoden sind
    Die Kinder können Bienen direkt vor unserer       auch auf andere Nutztiere übertragbar.
    Haustür entdecken. Sie erleben die fliegenden
    Insekten, lernen Wild- und Honigbienen und        Kapitel 5 bietet einen Ideenpool für die Projekt-
    ihre Bedürfnisse kennen. So haben bereits         und Lernwerkstattarbeit. Dazu werden exem-
    kleine Kinder die Möglichkeit zu erfahren, dass   plarisch ein Kita-Projekt zu Bienen und eine
    Tiere genutzt werden können und schützens-        Lernwerkstatt für Grundschulkinder (Klassen
    wert sind; sie erleben, wie ein respektvoller     3 und 4) vorgestellt. Ergänzende Arbeitsblät-
    Umgang mit Lebewesen – auch mit so kleinen        ter zur Lernwerkstatt stehen als Download im
    wie Bienen – aussehen kann. Denn sensibel         Internet bereit (s. S. 35).
    für die Belange anderer Lebewesen zu sein,
    sich mit fremden Bedürfnissen und ethischen       Kapitel 6 gibt Bücher- und Materialtipps, Kapi-
    Fragen auseinanderzusetzen, eigene Wertmaß-       tel 7 eine Hilfestellung zur Auswahl von außer-
    stäbe und eine verantwortungsvolle Haltung        schulischen Lernorten.
    zu entwickeln – all das will erlernt sein und
    ist daher Teil der Bildungspläne für Kitas und    Wir wünschen den Kindern und Ihnen viel
    Grundschulen.                                     Freude sowie spannende Entdeckungen und
                                                      Begegnungen!
    Dieses Heft liefert Wissenswertes und Hinter-
    grundinformationen rund um die Biene sowie
    kindgerechte Zugänge und Praxistipps für Kitas
    und Grundschulen.
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2 Bienen: Ein Thema für Kindergarten und Grundschule

2.1 Warum gerade Bienen?                            Bienen bestäuben über 80 Prozent der
Die Biene Maja kennt jedes Kind – diese kleine      Blüten und leisten somit einen enormen
Biene, die zusammen mit ihren Freunden viele        Beitrag für unser Leben sowie die Ökosysteme.
Abenteuer erlebt und Gefahren übersteht.            Die Honigbiene ist also nicht nur wegen der
Kinder sind aber nicht nur von der Trickfilmbie-    Honigproduktion bereits seit Jahrtausenden
ne fasziniert, sondern auch von ihren echten        ein kostbares Nutztier für den Menschen. Doch
Verwandten, solange diese Abstand halten.           ob Honig- oder Wildbiene: In vielen Regionen
Dass Bienen stechen können und sich schnell         nimmt die Anzahl und Artenvielfalt der Bienen
und abrupt bewegen, lässt sie Kindern mitunter      ab. Über 50 Prozent der hiesigen Wildbienen-
gefährlich und etwas unberechenbar erschei-         arten gelten inzwischen als gefährdet. Zurück-
nen.                                                geführt wird dies unter anderem auf die intensi-
                                                    ve Landwirtschaft und den Klimawandel (mehr
Die Kinder können faszinierende Dinge entde-        dazu s. Abschnitt 2.3).
cken. So hat die Honigbiene beispielsweise ein
spannendes System entwickelt, um mit ihren          ‚Bienen‘ ist daher ein ebenso aktuelles wie
Artgenossen zusammenzuleben und zu kom-             spannendes Thema direkt vor der Haustür, das
munizieren. Bienen verfügen über Fähigkeiten,       für jede Kita und Grundschule gute Anknüp-
die wir Menschen nicht haben, und sehen die         fungs- und Handlungsmöglichkeiten bietet –
Welt ganz anders als wir. Durch die Begegnung       auch für den Schutz von Honig- und Wildbienen.
mit Bienen erfahren die Kinder viel über diese
Tiere und deren Bedürfnisse. Und sie lernen         2.2 Blick in die Praxis: Bienen in Kitas
Regeln für den Umgang mit Bienen kennen.            und Grundschulen
Auf diese Weise können Kinder Ängste ab-            Welche Erfahrungen Kinder machen können,
bauen und einen respektvollen Umgang mit            wenn Bienen in den Einrichtungen thematisiert
kleinen Tieren entwickeln.                          werden und Begegnungen möglich sind, zeigen
                                                    die folgenden Beispiele.
Warum das wichtig ist, beschreibt Erziehungs-
wissenschaftler Ulrich Gebhard: Wie Kinder
Natur und somit Tieren begegnen, welche Er-
fahrungen sie machen, beeinflusst wesentlich,
wie sie später mit Natur umgehen. Machen sie
positive Erfahrungen, prägt dies ihre morali-
schen Urteile und ihre Einstellungen, auch in
Bezug auf Naturschutz, sowie ihre Bereitschaft,
dementsprechend zu handeln (vgl. Gebhard
2013, S. 117f.). Insofern spielen auch das
Kennenlernen und Erleben von Insekten, die
Sensibilisierung hinsichtlich ihrer Bedeutung für
das Ökosystem und die Auseinandersetzung
                                                                                                           w.r.wagner / pixelio.de

mit ethischen Fragen rund um den Umgang
des Menschen mit Natur schon im Kita- und
Grundschulalter eine wichtige Rolle.
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    Bienen in der Kita                                Als es hörte, dass sie den ganzen Tag Eier legt,
    In der AWO-Kita Ubbedissen werden seit 2011       meinte es: »Oh, ich wäre nicht gerne Königin.
    Honigbienen gehalten; und auch für Wildbienen     Das ist ein langweiliges Leben.«
    stehen Nistmöglichkeiten auf dem Außengelän-
    de zur Verfügung.                                 Die meisten Arbeiten werden zusammen mit
                                                      den Kindern gemacht. Die angehenden Schul-
                                                      kinder sind reihum in die Pflege einbezogen,
                                                      von den anderen Kindern diejenigen, die
                                                      besonderes Interesse daran haben. Bei den
                                                      täglichen Kontroll- und Versorgungsgängen
                                                      kommen immer viele Kinder mit. Sie schauen
                                                      dann vom Zaun aus zu. Bei der Arbeit mit den
                                                      Bienen begleiten zwei der älteren Kinder die
                                                      pädagogische Fachkraft. Je nach Jahreszeit
                                                      fallen unterschiedliche Aufgaben an: Zwischen-
                                                      wände einsetzen, nach der Brut schauen,
                                                      prüfen, ob die Tiere gesund sind …
                                                      »Die Bienen hören, wenn wir die Tür zum
                                                      Bienenhaus öffnen«, so Nadine Schimmel. »An
                                                      einem Morgen war ein Volk sehr laut. Da war
                                                      klar, da stimmt etwas nicht. Als wir nachschau-
                                                      ten, war die Königin gestorben.«
    Die Honigbienen wohnen am Rand des Kita-
    geländes in einem Holzhaus. Dort sind sechs       Im vergangenen Jahr konnte die Kita etwa 40
    Bienenvölker zu Hause. Als die Kita sich          Kilogramm Honig pro Volk ernten. Dieser wurde
    entschied, Bienen zu halten, absolvierten zwei    gemeinsam geschleudert und abgefüllt. »Uns
    Kitamitarbeiterinnen eine Imkerausbildung.        ist wichtig, dass die Kinder den ganzen Prozess
    Nach ihrer Motivation für die pädagogische        erleben, nur die Kleinen müssen bei manchen
    Arbeit mit Bienen gefragt, sagt Nadine Schim-     Schritten der Honigverarbeitung zuschauen.
    mel: »Ich möchte meine eigene Begeisterung        Das Entdeckeln der Honigwaben machen die
    weitergeben. Kinder lernen so, dass Bienen        Älteren, da sind die Kleinen noch etwas zu
    nützlich sind. Oft sind Kinder zu Beginn ihrer    grobmotorisch. Sie stechen da hinein, und
    Kitazeit sehr vorsichtig, manchmal ein wenig      dann verlieren wir den Honig«, erzählt Kita-
    ängstlich. Sie können Bienen und Wespen gar       Leiterin Anke Kleymann.
    nicht unterscheiden.«
                                                      Insbesondere die Begegnungen im Alltag sind
    Kinder lernen so, dass Bienen nützliche In-       für die Kinder bedeutsam: Auf dem Gelände
    sekten sind. Oft sind Kinder zu Beginn ihrer      des Kindergartens wächst ein Kirschbaum. An
    Kitazeit sehr vorsichtig, manchmal ein wenig      einem Tag im Frühling stand der fünfjährige
    ängstlich. Sie können Bienen und Wespen gar       Hugo fasziniert unter dem blühenden Baum
    nicht unterscheiden. Durch die Arbeit mit den     und hörte das Summen vieler Bienen. Schnell
    Bienen legen Kinder ihre Angst ab. Viele Kinder   holte er Erzieherin Nadine Schimmel aus ihrer
    können sich gar nicht vorstellen, dass jedes      Gruppe zu dem Baum: »Hör mal, Nadine, der
    Bienenvolk nur eine Königin hat. Ein Mädchen      ganze Baum summt.« Gemeinsam schauten
    fragte: »Und was macht die den ganzen Tag?«       sie sich die Blüten an und beschlossen, eine
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zu zerteilen. Im Blüteninneren entdeckten sie    Insekten beobachten«, erläutert die Erzieherin.
einen Nektartropfen. Wie die Bienen wohl dar-    »Am Ende ihrer Kitazeit können unsere Kinder
ankommen, überlegten sie. Die pädagogische       Hummeln, Schwebfliegen, Wild- und Honigbie-
Fachkraft erzählte Hugo von der langen Bie-      nen sehr gut unterscheiden.«
nenzunge und wofür Nektar (für die Honigpro-
duktion) und Pollen (zum Füttern der Larven)     Wenn Leiterin Anke Kleymann neuen Eltern die
gut sind. Danach schauten sie noch eine Weile    Kita zeigt, lernen diese auch die Honigbienen
den Bienen zu. »Später ist Hugo summend          kennen. »Da die Bienen am Rande unseres
über das Gelände gelaufen und hat Bienchen       Geländes leben, haben die meisten Eltern keine
gespielt. So verarbeiten Kinder ja neue Erfah-   Bedenken«, sagt sie.
rungen«, sagt Kita-Leiterin Anke Kleymann. »Im
Stuhlkreis der Gruppe greifen wir solche Ent-    Bienen im Offenen Ganztag
deckungen natürlich auch auf. Hugo haben wir     In die offene Ganztagsschule Flittard am Stadt-
gefragt, was er an dem Vormittag beim Spielen    rand von Köln zogen schon im Jahr 2012 Bie-
gesehen und gehört hat. Er hat von seinem Er-    nen ein. »Viele Kinder waren damals hysterisch,
lebnis erzählt, und das hat auch andere Kinder   wenn sie eine Stubenfliege sahen. Sie traten
motiviert, sich unter den Baum zu stellen, zu    auch alle Insekten tot«, erzählt Gruppenleiterin
hören und zu beobachten.«                        Verena Goddek. Deshalb rief sie zusammen mit
                                                 ihrer Kollegin Marion Schmitz das Bienenpro-
Im Sommer lebt eines der sechs Bienenvölker      jekt ins Leben. Zu zweit besuchten sie einen
in einem Schaukasten, den die Gruppen regel-     Imkerlehrgang, um mehr über die Haltung von
mäßig besuchen. Eines Tages beobachteten         Bienen zu erfahren. Und sie wurden Mitglied
die Kinder, wie eine Hornisse angeflogen kam     im Imkerverein, da dieser sowohl Informations-
und sich eine Biene schnappte. »Die Kinder       austausch als auch eine rechtliche Absicherung
waren empört, dass sie unsere Bienen frisst«,    bietet. Mittlerweile haben die beiden Hobby-
erzählt Nadine Schimmel. »Dann sprechen wir      imkerinnen 14 Bienenvölker, von denen zwei in
natürlich auch über den Nutzen von Hornissen.«   der Grundschule leben.

                                                 »Unser Ziel ist es, dass Kinder einen anderen
                                                 Blick bekommen und auch Insekten wert-
                                                 schätzen«, beschreibt die Gruppenleiterin ihre
                                                 Motivation. Dass dies bei den Kindern im OGS-
                                                 Bereich gelungen ist, zeigen ihre Erfahrungen.
                                                 »Die Schülerinnen und Schüler beobachten
                                                 nun häufig die Bienen oder bringen tote Hum-
                                                 meln, die sie in der Pause gefunden haben, und
                                                 wollen wissen, was das für ein Tier ist. Manch-
                                                 mal erleben wir auch, wie sie anderen Kindern,
Auf dem Gelände gibt es bereits eine ‚Kräuter-   die nicht bei uns in der Nachmittagsbetreuung
schnecke’ mit Pflanzen wie Borretsch, Orega-     sind, erklären, dass Insekten nicht totgetreten
no und Bergbohnenkraut, die nicht nur in der     werden dürfen.«
Kita-Küche genutzt werden, sondern die auch
die Bienen mögen. Nun soll noch eine größere     Bereits auf der Infoveranstaltung für Erst-
Bienenweide mit weiteren Pflanzen angelegt       klässler erfahren alle Interessenten, dass es
werden. »Da können wir dann auch andere          Honigbienen an der Schule gibt. Dazu wurde
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    ein Schaukasten mit Bienen aufgestellt. Dieser    Im OGS-Alltag können die Tiere natürlich auch
    ist immer gut besucht. »Mittlerweile melden       zwischendurch beobachtet werden, da der
    manche Eltern ihre Kinder gerade wegen der        Schaukasten im Innenhof steht. Die Bienen-
    Bienen hier an«, freut sich Verena Goddeck.       tränke bietet ebenfalls gute Möglichkeiten,
    Zwischen März und September werden die            dem Insektenalltag beizuwohnen. »Uns ist auch
    fleißigen Insekten am wöchentlichen Bienentag     wichtig, dass die Kinder lernen, wie viel Arbeit
    gepflegt und versorgt. Mit den Bienen arbeiten    darin steckt, Lebensmittel zu produzieren. Das
    die beiden AG-Betreuerinnen in Gruppen von        erleben sie hier mit dem Honig«, erzählt Verena
    jeweils fünf Kindern und zwei Erwachsenen. Die    Goddek. Der Honig wird gegen Spende abge-
    Kinder tragen Schutzanzüge und Lederhand-         geben. Ein Teil des Geldes fließt in die Pflege
    schuhe. »Wenn wir zu den Bienen kommen«,          der Bienen; aber etwa ein Drittel der Spenden
    so die Gruppenleiterin, »sind alle Kinder, auch   kann in neue Materialien für die Kinder inves-
    die sonst eher unruhigen, hoch konzentriert. Es   tiert werden. »So erfahren die Kinder, dass ihre
    werden ja auch so viele Sinne angesprochen:       Arbeit etwas wert ist.«
    Bei den Stöcken hören wir die Bienen sum-
    men, wir können spüren, wie viel Wärme sie        In den Räumen der OGS gibt es zudem eine
    erzeugen, sehen, was sie gerade machen, und       Bienenecke mit Büchern, Bildern und Werk-
    riechen.«                                         stattmaterial zum selbsttätigen Lernen rund
                                                      um das Thema ‚Bienen‘. In jeder Woche hängt
                                                      dort eine neue Frage aus, zum Beispiel: ‚Wie
                                                      viele Eier legt eine Königin pro Tag?‘ Die Kin-
                                                      der können nun in den Büchern stöbern, ihre
                                                      Antwort samt Namen aufschreiben und in eine
                                                      Urne einwerfen. Aus den richtigen Antworten
                                                      wird am Ende der Woche ein Zettel gezogen
                                                      und dem Gewinner ein Bienenwachsteelicht
                                                      überreicht. Zu Beginn des Schuljahres gibt es
                                                      auch einen Malwettbewerb: Die Mädchen und
                                                      Jungen können Etiketten für die Honiggläser
                                                      gestalten (mehr dazu s. Abschnitt 4.2).

                                                      Da Bienenhaltung nicht an die Schulzeit ge-
                                                      bunden ist, gehört persönliches Interesse dazu.
                                                      »Man muss das auch privat wollen, denn nicht
                                                      alle Arbeiten kann ich mit Kindern machen«,
                                                      fasst Verena Goddek zusammen. Da sie von
    Besonders beeindruckend ist für die Kinder die    Bienen so begeistert ist und nicht alle Kitas
    schiere Menge an Bienen: »Sie staunen darü-       und Schulen die Möglichkeit haben, Bienen zu
    ber, dass die Honigbienen zu so vielen zusam-     halten, besuchen sie und ihre Kollegin Marion
    menleben und sich scheinbar nicht streiten.«      Schmitz ehrenamtlich mit einem Bienenschau-
    Den AG-Betreuerinnen ist es wichtig, dass die     kasten umliegende Einrichtungen.
    Kinder auch nach weniger spannenden Arbei-        Weitere Zugänge zur Bildungsarbeit mit und
    ten wie Rähmchen säubern oder Mittelwände         rund um Bienen liefern die Kapitel 4 und 5.
    einlöten immer noch Gelegenheit haben, das
    Bienenvolk anzuschauen.
Bienen auf der Spur: forschen, entdecken, schützen - Praxismaterial für die Kindertagesstätte und die Grundschule - Dr. Axe-Stiftung Bonn
9
2.3 Hintergrundwissen: Über BNE,                    In der modernen Landwirtschaft werden auch
Tierethik und Bienenschutz                          immer mehr Hochleistungssorten angebaut,
                                                    die zu einem veränderten Nektar- und Pollen-
Warum brauchen Bienen Schutz?                       angebot führen. Unkraut wird stärker reguliert,
»Wenn die Biene von der Erde verschwindet,          weshalb Beikräuter wie Kornblume, Acker-
dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu          krummhals und Kornrade seltener vorkommen.
leben«, soll Albert Einstein mal gesagt haben.      Brachflächen werden häufiger umgebrochen,
Derzeit wird weltweit beobachtet, dass Bienen       Wiesen im Grünlandbereich früher gemäht, so
sterben, und zwar massiv. Aktuelle Daten bele-      dass Pflanzen gar nicht oder nur kurz blühen.
gen zum Beispiel für Großbritannien, dass die       So ist bis Ende Mai vielerorts noch ein ausrei-
Vielfalt der Bienen abnimmt (minus 70 Prozent)      chendes Nahrungsangebot vorhanden, ab Juni
und damit einhergehend die Anzahl der Wild-         bis Ende Oktober sieht es allerdings oft schon
pflanzen. In Deutschland gelten mehr als 50         deutlich schlechter aus.
Prozent der hier lebenden Wildbienenarten als
gefährdet; und bei Honigbienen hat der Ausfall      Auch über den Einsatz von Pestiziden wird
an Bienenvölkern zugenommen. Das hat Kon-           viel diskutiert. »Selbst als bienenverträglich
sequenzen für Natur- und Kulturlandschaften,        geprüfte Stoffe können in Wirkstoffkombina-
denn ein Großteil der Bestäubung wird von Bie-      tion zu erheblichen Bienenschäden führen.«
nen übernommen. Im Bereich des Obstanbaus           (ebd., S. 15) Das bedeutet, dass Bienen durch
beispielsweise, wo Honigbienen zu fast 80           den Einsatz von Pestiziden nicht sterben, aber
Prozent für die Bestäubung verantwortlich sind      so geschwächt sind, dass die Anfälligkeit für
(Baumgartner/Loritz 2011, S. 12ff.), bereitet das   Krankheiten – beispielsweise durch Schädlinge
Bienensterben große Sorgen.

Seit Jahren suchen Wissenschaftler deshalb
nach den Ursachen, und zwar sowohl aus Na-
turschutz- wie auch aus wirtschaftlichen Grün-
den. Denn Alternativen wie das Bestäuben per
Hand, das bereits in Obstanbaugebieten, zum
Beispiel in China, praktiziert wird, sind enorm
aufwendig und längst nicht so effektiv.

Als Hauptursache gilt inzwischen die konven-
tionelle moderne Landwirtschaft. Probleme
resultieren aus der wachsenden Anzahl an            wie die Varroa-Milbe, die ganze Bienenvölker
Monokulturen und dem Einsatz von Pestiziden,        schädigen können – steigt. Die Zulassungs-
aber auch aus der zunehmenden Größe der             stellen prüfen zudem meist nur die Wirkung auf
Maschinen, mit denen Wiesen zwar schneller          Honigbienen.
gemäht werden können, die Bienen jedoch we-
niger Fluchtmöglichkeiten lassen. »Zudem ver-       Für Wildbienen kommt erschwerend hinzu,
nichtet eine Mahd in einem blühenden Bestand        dass viele Arten auf bestimmte Pflanzen bzw.
während der Flugzeit der Bienen und Hum-            Ökosysteme spezialisiert sind und besondere
meln je nach Mähtechnik und -zeitpunkt bis zu       Nistmöglichkeiten (z. B. in Steinhaufen und
90.000 Bienen pro Hektar – das entspricht drei      Böschungen) benötigen. Neben der Land-
Bienenvölkern.« (ebd., S. 16)                       wirtschaft führen auch Versiegelung durch
Bienen auf der Spur: forschen, entdecken, schützen - Praxismaterial für die Kindertagesstätte und die Grundschule - Dr. Axe-Stiftung Bonn
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     Siedlungs-, Industrie- und Straßenbau zu
                                                         Tierethik – Tierschutz
     gravierenden Veränderungen und damit zum
                                                         Die Lebensgemeinschaft von Mensch und Tier ist Be-
     Artensterben.
                                                         standteil der menschlichen Kultur. Die Ansichten über
                                                         die Stellung der Tiere und deren Beziehung zum Men-
     Sicher scheint auch, dass durch den Klimawan-       schen haben sich im Laufe der Geschichte gewandelt
     del das Blühverhalten von Pflanzen beeinflusst      und variieren von Kulturkreis zu Kulturkreis.

     wird. Eine veränderte Pflanzenblüte bedeutet        Tierethik als Teildisziplin der Bioethik beschäftigt sich
                                                         mit moralischen Fragen im Allgemeinen: Hinterfragt
     jedoch ein verändertes Nahrungsangebot, was
                                                         wird, wie wir als Gesellschaft mit Tieren umgehen und
     wiederum einen Nahrungsmangel bedingen              ob bzw. unter welchen Bedingungen wir Tiere als Lebe-
     kann. Das Zusammenspiel der verschiedenen           wesen nutzen dürfen. Letzteres ist gerade im Zusam-
     Faktoren wird noch erforscht.                       menhang mit Massentierhaltung relevant, da Tiere hier
                                                         eher als Produktionsfaktoren betrachtet werden.

     Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)              Der Tierschutz wiederum stellt das einzelne Tier in den
                                                         Mittelpunkt der Betrachtung und zielt darauf ab, den
     regelt neben dem Schutz von Lebensräumen
                                                         Tieren individuell ein artgerechtes Leben zu ermögli-
     auch der Schutz von wildlebenden Tieren wie         chen. Die Rechtspflichten des Menschen gegenüber
     etwa Wildbienen. Demnach ist es verboten,           den Tieren sind im Deutschen Tierschutzgesetz
     »wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen        geregelt:
     oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu          »Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung
     verletzen oder zu töten (…)« (§39 (1). In Arti-     des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen
                                                         Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf
     kel 44 (1) wird dies für besonders geschützte
                                                         einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden
     Arten, zu denen zahlreiche Wildbienenarten          oder Schäden zufügen.« (Artikel 1)
     zählen, komplett untersagt (sogenanntes
                                                         Das Gesetz bezeichnet das Tier also als »Mitgeschöpf
     Zugriffsverbot). Zugleich regelt Abschnitt 4,       des Menschen« und überträgt dem Menschen die
     dass in der landwirtschaftlichen Nutzung bei        Verantwortung für dessen Schutz. Demnach hat das
     guter fachlicher Praxis kein Verstoß gegen das      Tier keine Persönlichkeitsrechte, doch der Mensch ist
                                                         verantwortlich für das Leben und Wohlbefinden des
     Zugriffsverbot entsteht.
                                                         Tieres.

     Bundesweit setzen sich zahlreiche Initiativen      Über Bildung für eine nachhaltige
     wie BUND, NABU und die Deutsche Umwelt-            Entwicklung (BNE)
     hilfe für den Schutz von Bienen ein. Es werden     Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich
     Bienenbeauftragte für Regionen benannt und         aus der Forstwirtschaft und bedeutet, dass
     Bienenaktionspläne aufgestellt.                    nicht mehr Holz geschlagen werden soll als
                                                        nachwächst (vgl. z. B. Deutsche UNESCO-
     Diese kurze Beschreibung zeigt, dass das The-      Kommission o. J.).
     ma ‚Bienenschutz‘ ökologische, ökonomische,        Das Leitbild nachhaltiger Entwicklung ist ein
     kulturelle und soziale Aspekte berührt. Wie        wertebasiertes politisches Leitbild, das 1992
     sieht eine nachhaltige Landwirtschaft aus, die     auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung
     ökologische Fragen berücksichtigt und trotz-       in Rio de Janeiro als ‚Agenda 21‘ verabschiedet
     dem wirtschaftlich sein kann? Dabei kommen         wurde. Dabei handelt es sich um ein von den
     auch (tier-)ethische Fragen zur Sprache: Wie       Vereinten Nationen beschlossenes politisches
     darf der Mensch mit Tieren umgehen? Welche         Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert, mit
     Eigenrechte haben Tiere, in diesem Fall die Bie-   welchem sich 178 Staaten dazu verpflichtet ha-
     nen? Welche Verantwortung trägt der Mensch         ben, ihre Politik an dem Leitbild einer nachhal-
     für den Erhalt ihrer natürlichen Lebensgrundla-    tigen Entwicklung auszurichten. Bildung wird
     gen und der Artenvielfalt?                         dabei als unerlässliche Voraussetzung für die
11
erfolgreiche Umsetzung definiert (vgl. Kapitel     Bildung ist insofern ein wesentlicher Aspekt,
36 des Leitpapiers).                               als Menschen lernen müssen, ihre Lebens- und
Nachhaltige Entwicklung hat zum Ziel, natürli-     Wirtschaftsweisen entsprechend zu verändern.
che Lebensgrundlagen zu erhalten und Vertei-       Das Bildungskonzept ‚Bildung für nachhaltige
lungs- wie Umweltprobleme zu lösen – global        Entwicklung‘ (BNE) fordert daher explizit die
und zwischen den Generationen. Um das zu           Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwi-
erreichen, sind gesellschaftliche Veränderungs-    schen Mensch und Natur. Ziel ist es, gute Le-
und Aushandlungsprozesse notwendig.                bensbedingungen für die Menschen weltweit,
                                                   heute und zukünftig zu schaffen und dabei
Ansatzpunkte bieten die sogenannten Nach-          natürliche Lebensgrundlagen zu erhalten.
haltigkeitsstrategien: Besser. Anders. Weniger.
Gerechter.                                         Der Mensch soll dazu befähigt werden, im Sin-
• Besser: effizientere Nutzungsformen finden       ne nachhaltiger Entwicklung zu handeln. Ger-
  und entwickeln.                                  hard de Haan und Dorothee Harenberg haben
• Anders: die Belastbarkeit von Ökosystemen        dazu das Konzept der Gestaltungskompetenz
  berücksichtigen, Kreisläufe und Jahreszeiten     entwickelt. Gestaltungskompetenz bezeich-
  berücksichtigen.                                 net die Fähigkeit, »Wissen über nachhaltige
• Weniger: den Verbrauch von Ressourcen            Entwicklung anwenden und Probleme nicht
  reduzieren durch Verzicht auf umweltbelas-       nachhaltiger Entwicklung erkennen zu können.«
  tende Prozesse oder Überflüssiges.               (de Haan 2008, S. 31) Es bedeutet aber auch,
• Gerechter: weltweit und zwischen den Gene-       bei der Gestaltung des eigenen Lebens, der
  rationen Ungerechtigkeiten verringern.           Gesellschaft und der Zukunft im Sinne einer
(Vgl. u. a. Bund/Misereor [Hrsg.] 1996, S. 30f.;   nachhaltigen Entwicklung zu handeln.
Fritz/Schubert 2014)

 2.4 Zusammengefasst
 • Bienen sind für uns Menschen von großer Bedeutung, da sie über 80 Prozent der Blüten
    bestäuben und so einen wesentlichen Beitrag für unser Leben und für die Ökosysteme
    leisten.
 • Durch die Begegnung mit Bienen erfahren die Kinder viel über die Tiere und ihre Bedürfnis-
    se. Und sie lernen Regeln für den Umgang mit Bienen kennen. So können Ängste abgebaut
    und ein respektvoller Umgang mit kleinen Tieren entwickelt werden.
 • Wie Kinder Natur und somit Tieren begegnen, welche Erfahrungen sie machen, beeinflusst
    wesentlich, wie sie später mit Natur umgehen.
 • Dem Konzept »Bildung für nachhaltige Entwicklung« (BNE) liegen ethische Leitgedanken
    zugrunde. Ziel ist die Stärkung der Persönlichkeit und die Befähigung des Einzelnen, aktiv
    zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und zu mehr Gerechtigkeit – global und zwi-
    schen den Generationen – beizutragen.
 • BNE erfordert die Auseinandersetzung mit dem Mensch-Natur-Verhältnis, wozu das Thema
    »Bienen« gute Ansatzpunkte bietet: Zum einen sind Bienen für das Leben des Menschen
    von großer Bedeutung (Bestäubung), zum anderen sind sie, insbesondere aufgrund von
    industrialisierter Landwirtschaft und Klimawandel, stark gefährdet.
 • Am Beispiel der Honig- und Wildbienen können der Schutz von Tieren und die Handlungs-
    möglichkeiten jedes Einzelnen thematisiert werden.
12
     3 Die Biene

     3.1 Wie Bienen leben                                Einsiedler- oder Solitärbienen, und solchen, die
     Nach heutigen Erkenntnissen lebt die Biene          in Gruppen verschiedener Größe zusammenle-
     seit knapp 100 Millionen Jahren auf der Erde.       ben. Darüber hinaus gibt es die parasitischen
     Da es Blütenpflanzen aber schon 30 Millionen        Bienen, auch Kuckucksbienen oder Kuckucks-
     Jahre länger gibt, waren die Blüten bis dahin       hummeln genannt, die ihre Eier in fremde
     allein auf den Wind als Bestäuber angewiesen.       Nester legen. Nicht nur Größe und Lebens-
     Eine ziemlich unsichere Angelegenheit – und         weise der Wildbienenarten variieren erheblich,
     so war es ein wichtiger evolutionärer Schritt,      sondern auch andere körperliche Merkmale
     als erste Insekten den Blütenstaub (Pollen) als     wie Form, Behaarung und die Länge der Fühler.
     Nahrung entdeckten. Allerdings fraßen die-          Sogar Männchen und Weibchen derselben Art
     se noch den gesamten Staubbeutel auf, was           können sehr unterschiedlich aussehen (vgl.
     für die Bestäubung wenig förderlich war. Den        Westrich 2014, S. 10). Die meisten Wildbienen-
     perfekten Partner fanden die Blüten schließlich     arten sind auf bestimmte Blütenpflanzen spe-
     in der Biene, mit der sie – in langer wechsel-      zialisiert und verwenden auch nur bestimmte
     seitiger Anpassung, der sogenannten Koevo-          Materialien zum Nestbau. Die Gehörnte Mauer-
     lution – eine ideale Beziehung entwickelten.        biene zum Beispiel nistet gern in Lehmwänden,
     Um im Konkurrenzkampf um die begehrten              Steilhängen und Bohrlöchern (und nimmt daher
     Bestäuberinnen zu bestehen, bieten die Blüten       auch gern künstliche Nisthilfen oder auch
     unterschiedliche Mengen und Qualitäten an           Löcher im Verputz an). Die Brutzellen werden
     Nektar und locken die Bienen mit Duft und           dann mit einem Gemisch aus Sand oder Lehm
     Farbenpracht an. In den meisten Regionen der        und eigenen Drüsensekreten verschlossen.
     Erde ist die Biene heute die wichtigste Bestäu-
     berin und somit nach Rind und Schwein sogar
     das drittwichtigste Nutztier des Menschen (vgl.
     Tautz 2012, S. 55 f.).

     Die Wildbiene
     Die weltweit etwa 17.000 bekannten Wildbie-
     nenarten produzieren zwar keinen Honig und
     werden daher auch nicht direkt vom Menschen
     genutzt, als Bestäuberinnen sind sie für den
     Menschen dennoch von großer Bedeutung
     (vgl. Westrich 2014, S. 7). In Deutschland leben
     nachweislich 550 Wildbienenarten (vgl. ebd.,
     S. 7), von denen einige Arten nur 1,3 Millimeter,   Die Honigbiene
     andere bis zu 30 Millimeter lang werden. Die        Im Gegensatz zu der Wildbiene hat die Honig-
     einzelnen Arten beanspruchen zudem unter-           biene nur neun Arten ausgebildet. Acht davon
     schiedliche Nistplätze und Nahrungspflanzen.        leben in Asien; in Europa und Afrika hingegen
     So nisten Wildbienen in Mauerlöchern oder           ist nur eine einzige Art beheimatet: die Apis
     Schneckenhäusern, einige Arten graben aber          mellifera. Während Wildbienen oft Einzelgän-
     auch unterirdische Nisthöhlen. Man unterschei-      ger sind oder in Kleingruppen leben, bildet
     det zwischen den Einzelgängern, sogenannten         die Honigbiene sogenannte Staaten mit rund
13
50.000 Tieren im Sommer und gut 20.000              Wächterinnen untersuchen jeden Ankömmling
Tieren im Winter (vgl. Tautz 2012, S. 55). Die      mit ihren Fühlern und lassen nur Bienen aus
Bienen sammeln Pollen und Nektar von Blüten.        dem eigenen Volk, die sie am Geruch erken-
Während die Wildbiene neben den Pollen auch         nen, herein. Alle anderen Insekten, aber auch
den Nektar frisst, verspeist die Honigbiene nur     Säugetiere und Menschen, die dem Bienen-
den Pollen und stellt aus dem Nektar Honig          stock zu nahekommen, werden – notfalls unter
her. Honig und Pollen (als Vorrat) speichert sie    Einsatz des Giftstachels – vertrieben. Ist die Ar-
in selbst gebauten, sechseckigen Waben aus          beiterin schließlich als Flug- oder Sammelbiene
dem Wachs, das sie in ihren Wachsdrüsen             tätig, hat sie ihre letzte Lebensstation erreicht.
erzeugt. In diesen Waben entwickelt sich auch       Beim Fliegen orientiert sie sich an der Sonne
der Bienennachwuchs (vgl. ebd., S. 13 f.).          und teilt anderen Bienen durch den Bienentanz
                                                    mit, wo gute Nahrungsquellen zu finden sind.
Damit das Leben im Bienenstaat reibungslos          Beim Pollen- und Nektarsammeln leistet die
funktioniert, hat die Honigbiene eine einzigarti-   Honigbiene Erstaunliches. So kann eine einzige
ge Logistik entwickelt. Die einzelnen Aufgaben      Sammelbiene an nur einem Arbeitstag bis zu
im Bienenvolk sind klar verteilt: Die Königin,      3.000 Blüten besuchen! Diese großartige
das einzige fruchtbare Weibchen im Bienen-          Leistung macht die Honigbiene für die biologi-
staat, ist als Mutter aller Bienen ausschließlich   sche Vielfalt und die Landwirtschaft und damit
für die Produktion von Nachwuchs zuständig.         für uns Menschen so wertvoll.
Im Sommer legt sie täglich zwischen 1.000 und
2.000 Eier, jedes davon in eine eigene Waben-
zelle (vgl. ebd., S. 140). Die männlichen Honig-
bienen, die Drohnen, begatten die Königin auf
dem ‚Hochzeitsflug‘ und werden danach nicht
mehr gebraucht, weshalb sie aus dem Bienen-
volk ausgeschlossen werden und sterben (vgl.
ebd., S. 114 f.). Den weitaus größten Teil des
Bienenvolks aber bilden die Arbeiterinnen, die
im Laufe ihres Lebens verschiedene Aufga-
ben übernehmen: Direkt nach dem Schlüpfen
beginnen die jungen Arbeiterinnen mit dem
Putzen anderer Wabenzellen oder helfen beim
Wärmen der Brut, indem sie durch Muskelzit-
tern Wärmeenergie erzeugen (vgl. Armbruster
2014, S. 33). Nach einigen Tagen werden sie         3.2 Die Biene und der Mensch
dann Ammenbienen und füttern die Larven mit         Schon früh entdeckte der Mensch die beiden
Futtersaft, den sie in den Futtersaftdrüsen pro-    kostbaren Produkte der Honigbiene: Bienen-
duzieren, sowie mit Honig und Pollen. Ist eine      wachs und Honig. Die Wissenschaft geht
Arbeiterin zwölf Tage alt, sind ihre Wachsdrü-      davon aus, dass bereits Steinzeitmenschen
sen funktionsfähig, so dass sie sich als Wachs-     wilden Honig sammelten und sich die Löcher in
biene dem Bau der Waben widmen kann.                den Zähnen mit Bienenwachs stopften. Als der
                                                    Mensch sesshaft wurde, holte er deshalb auch
Ab dem 18. Lebenstag übernehmen einige              die Bienen näher ans Haus: Eine systematische
Bienen die Wache am Flugloch, um den Bie-           Bienenhaltung ist ab ca. 7.000 vor Christus
nenstock vor Eindringlingen zu schützen. Die        belegt. Im alten Ägypten wurde die Biene hoch
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     geschätzt; sie galt als Glücksbringerin, was         3.3 Bienenhaltung: Entwicklung und
     über 5.000 Jahre alte Bienenamulette bewei-          Haltungsformen
     sen. Auch die entzündungshemmende Wirkung
     von Honig war längst bekannt, weshalb das            Geschichte der Bienenhaltung
     Bienenprodukt unter anderem zur Wundheilung          Zunächst wurden Honig und Wachs der Honig-
     bei Kriegsverletzungen eingesetzt wurde. Und         bienen dort gewonnen, wo man die Tiere vor-
     in Teilen des jüdischen Reiches, dem heutigen        fand, zum Beispiel in hohlen Baumstämmen.
     Israel, wo es neuesten Erkenntnissen zufolge         Diese Waldbienenhaltung, auch Zeidlerei ge-
     schon vor über 3.000 Jahren eine hoch entwi-         nannt, war lange Zeit verbreitet und wurde op-
     ckelte Bienenhaltung gab, wurde Honig eben-          timiert, indem den Bienen gezielt ein adäquater
     falls als Medizin verwendet, unter anderem           »Wohnraum« angeboten wurde. Dazu schlug
     bei Herzleiden und Gicht. Honig diente aber          der Zeidler künstliche Höhlen in hohe, starke
     vor allem zum Süßen und Haltbarmachen von            Bäume und verschloss diese an der Rückseite
     Speisen. Das Bienenwachs wiederum nutzte             mit einem Holzdeckel, so dass er besser an
     man zum Beispiel als Lederfett und zum Be-           die Waben herankam. Die Zeidlerei war jedoch
     schichten hölzerner Schreibtafeln (vgl. Arm-         sehr aufwendig und schädigte die Bäume
     bruster 2014, S. 17). Im antiken Griechenland        erheblich. Insofern war die folgende Hausbie-
     hingegen galt der Honig als Quelle von Weis-         nenhaltung mit Bienenkörben aus Ruten, Reisig
     heit, Beredsamkeit und Dichtkunst. Und die           oder Strohseilen ein echter Fortschritt.
     griechische Fruchtbarkeitsgöttin Artemis trug
     den Beinamen »Melitta«, die Biene, was dafür
     spricht, dass man schon damals um die beson-
     dere Rolle der Biene als Bestäuberin wusste
     (vgl. ebd., S. 17). So gilt Aristoteles denn auch
     als der erste Bienenforscher (vgl. ebd., S. 18).
     Es ist erwiesen, dass auch Kelten, Germanen
     und Slawen Bienenhaltung betrieben. Und mit
     der Christianisierung wurde die Bienenhaltung
     in Klöstern vorangetrieben, da das Wachs zur
     Herstellung von Kerzen benötigt wurde und der
     Verkauf von Met (Honigwein) eine gute Einnah-
     mequelle für die Klöster darstellte.

     Wie bedeutsam die Biene für uns Menschen
     ist, zeigt sich aktuell in der industriellen Land-
     wirtschaft, wo aufgrund des akuten Bienenster-       Im 19. Jahrhundert schließlich setzte sich der
     bens die Bestäubung der Blüten gefährdet ist:        sogenannte Mobilbau durch. Eine kleine Revo-
     In Kalifornien leihen sich die Landwirte ganze       lution in der Bienenhaltung, denn von Natur aus
     Bienenvölker aus; in Japan wird an einer Ro-         bauen Bienen ihre Waben fest an den umge-
     boter-Drohne geforscht, die Blüten bestäuben         benden Hohlraum an. Das hat den Nachteil,
     kann; und in einigen Regionen Chinas müssen          dass die Waben ausgeschnitten und zerstört
     die Blüten inzwischen mühevoll von Hand be-          werden müssen, um den Honig zu ernten. Beim
     stäubt werden, weil der massive Einsatz giftiger     Mobilbauverfahren hingegen werden Rahmen
     Insektizide selbst das Bestäuben durch ‚gelie-       mit vorgeprägten Waben in die Beute (siehe
     hene‘ Bienen verhindert.                             Begriffserklärung rechts) eingesetzt. Diese
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können dann wieder entnommen und nach der                    Eier ablegt und die Larven herangezogen wer-
Honigernte (Honigschleudern) erneut verwen-                  den. Darüber liegt der Honigraum, vom Brut-
det werden (vgl. Armbruster, S. 25).                         raum durch ein Gitter getrennt, durch das nur
                                                             die schmaleren Arbeiterinnen passen, damit die
Dank dieses innovativen Verfahrens ließ sich                 Königin nicht in den Honigraum gelangen kann,
mit weniger Aufwand mehr Honig ernten,                       was die Honigernte erleichtert (vgl. Armbruster,
wodurch die Imkerei sehr viel wirtschaftlicher               S. 59).
wurde. Heute arbeiten fast alle ImkerInnen mit
dem Mobilbauverfahren, ob nun in der konven-
tionellen Imkerei, in der Bio-Imkerei oder bei
der wesensgemäßen Bienenhaltung. Einzige
Ausnahmen: die Korbimkerei und das Imkern
mit der Bienenkiste.

 Begriffe rund um Bienen
 Beute: Den Ort, an dem Bienen wohnen, nennen Imke-
 rInnen Beute.
 Bien: Gemeint ist das Bienenvolk als Ganzes, also der
 Superorganismus.
 Honigraum: Das ist der Ort im Bienenstock, an dem die
 Bienen den Honig lagern.
 Stifte: So werden die Eier genannt, die die Königin legt.
 Weisel: Andere Bezeichnung für die Königin. Wird eine
 Königin nachgezogen, heißt die Eizelle Weiselzelle.

Drei typische Formen der Bienenhaltung                       Im Frühsommer zieht das Bienenvolk Jung-
                                                             königinnen heran, und sobald diese kurz vor
1. Magazinimkerei                                            dem Schlüpfen stehen, verlässt die alte Köni-
Das sind Bienenstöcke aus Holz oder Kunst-                   gin mit einem Teil ihres Volkes den Stock und
stoff, die mehrere Etagen umfassen. Das Ziel                 schwärmt aus, um sich eine neue Wohnung zu
der Magazinimkerei ist maximaler Honigertrag                 suchen. Da dies für die ImkerInnen mehr Arbeit
bei möglichst geringem Aufwand für die Imke-                 und weniger Ertrag bedeutet, versuchen sie
rInnen. Die einzelnen Etagen eines Magazins                  durch verschiedene Maßnahmen das Schwär-
werden als »Zargen« bezeichnet, in welche die                men zu verhindern, zum Beispiel indem die
Rahmen mit den vorgeprägten, eher kleinen                    Brutzellen von Jungköniginnen herausgebro-
Waben von oben eingehängt werden. Die                        chen werden oder die alte Königin durch Be-
Bienen orientieren sich an der Vorprägung, so                schneiden der Flügel am Ausfliegen gehindert
dass die Waben nicht nur gleichmäßig werden,                 wird. Neue Bienenvölker entstehen somit nur
sondern auch weniger Drohnen entstehen.                      durch die Nachzucht der Königinnen und ge-
Drohnen benötigen nämlich größere Waben,                     zieltes Teilen der Völker. Ein wichtiger Bereich
produzieren aber keinen Honig. Die oberste                   der modernen Imkerarbeit ist die Bekämpfung
Zarge ist mit einem Deckel verschlossen, unter               von Krankheiten und Schädlingen, insbesonde-
der untersten gibt es einen Boden. In den                    re der aus Asien eingeschleppten Varroa-Milbe
unteren (geschützten) Zargen befindet sich der               (Parasit), die eine ernst zu nehmende Gefahr
sogenannte Brutraum, in dem die Königin ihre                 für ein Bienenvolk darstellt. Bei Varroa-Befall
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     dürfen verschiedene Mittel eingesetzt werden.                                           lassen oder Wechselwirkungen mit anderen
     Einige von ihnen sind allerdings rezeptpflichtig                                        Umwelteinflüssen haben, was wiederum zu
     und dürfen nur vom Tierarzt oder zu bestimm-                                            Bienenverlusten führen kann (vgl. ebd., S. 61f.
     ten Jahreszeiten eingesetzt werden, da sie                                              und S. 96ff., Ritter 2013).
     Rückstände im Wachs und im Honig hinter-

     Übersicht über Haltungsformen

                                          Demeter                            Bioland                   EU-bio                    konventionell

       Aufstellung                         bevorzugt auf ökolo-               bevorzugt auf ökolo-      bevorzugt auf ökolo-        keine Regelung
                                          gisch bewirtschafteten             gisch bewirtschafteten    gisch bewirtschafteten
                                             oder natürlichen                   oder natürlichen          oder natürlichen
                                                 Flächen                            Flächen                   Flächen

       Bienenkästen                         nur aus natürlichen                nur aus natürlichen       nur aus natürlichen        keine Regelung
                                                Materialien                        Materialien               Materialien

       Völkerführung                       Königinnen-Absperr-                Königinnen-Absperr-       Königinnen-Absperr-       keine Regelung, Ab-
                                             gitter verboten                     gitter erlaubt            gitter erlaubt          sperrgitter erlaubt

       Zucht und Vermehrung                nur über den natürli-               Künstliche Königin-     Künstliche Königinnen-          Künstliche
                                            chen Schwarmtrieb                  nenzucht ist erlaubt,   zucht inkl. künstlicher   Königinnenzucht inkl.
                                                                               Völker dürfen künst-    Besamung ist erlaubt,     künstlicher Besamung
                                                                                lich geteilt werden.   Völker dürfen künstlich         ist erlaubt.
                                                                                                           geteilt werden.

       Wabenbau                               Naturwabenbau,                  Nur einige Waben im       künstliche Mittelwän-    künstliche Mittelwän-
                                             im Honigraum sind               Brutraum müssen aus         de aus Öko-Wachs        de aus verschiedenen
                                              Mittelwände aus                Naturwabenbau sein,                erlaubt          Wachsen aus teilweise
                                              Demeter-Wachs                  künstliche Mittelwän-                                  unkontrollierten
                                                   erlaubt                   de aus Bioland-Wachs                                      Imkereien
                                                                                     erlaubt.

       Fütterung                          Demeter-Zucker, mind.                        Bio-Zucker            Bio-Zucker             keine Regelung
                                           10% eigener Honig

       Varroa-Behandlung                   auschließlich mit in              Milchsäure, Oxalsäure,       Milchsäure, Oxal-         keine Regelung
                                          der Natur vorkommen-               Ameisensäure, Thymol       säure, Ameisensäure,
                                            den Mitteln (Milch-                                          Thymol, Essigsäure
                                             säure, Oxalsäure,
                                              Ameisensäure)

       Honig                                Abfüllung vor dem                 Erwärmung bis 40 °C          keine Regelung           keine Regelung
                                            ersten Festwerden,                      erlaubt
                                           Erwärmung bis 35 °C
                                                  erlaubt.

     Tab. 1: Anforderung an die Bienenhaltung im Überblick (Quelle: Mellifera e. V.)
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2. Ökologische Imkerei                            wesensgemäße Bienenhaltung gelegt. Diese
Möchten ImkerInnen ihren Honig als Bio-Honig      orientiert sich an den natürlichen Bedürfnis-
verkaufen, müssen sie den EU-Richtlinien          sen und Instinkten des Bienenvolks. So wird
für die ökologische Imkerei entsprechen. Der      beispielsweise auf vorgeprägte Waben verzich-
wesentliche Unterschied zur konventionellen       tet, damit die Bienen ihre Waben selbst bauen
Bienenhaltung besteht darin, dass zur Behand-     können; auch gibt es keine künstliche Trennung
lung von Krankheiten und Schädlingsbekämp-        von Brut- und Honigraum. Die Völker teilen sich
fung ausschließlich organische Wirkstoffe wie     über den Schwarmtrieb, so dass es zu einer
Ameisen- oder Milchsäure verwendet werden         Unterbrechung der Brut kommt: Der ausgeflo-
dürfen. Außerdem müssen die Beuten aus na-        gene Schwarm muss zunächst neue Waben
türlichen Materialien wie Holz, Lehm oder Stroh   bauen, und die Jungkönigin im zurückgebliebe-
bestehen und sind auf ökologisch bewirtschaf-     nen Volk kann erst nach dem Hochzeitsflug mit
teten oder natürlichen Flächen zu platzieren      der Eiablage beginnen. Die Brutunterbrechung
(vgl. Tabelle 1).                                 reduziert zwar den Honigertrag, aber auch bak-
                                                  terielle Erkrankungen und die Belastung mit der
3. Wesensgemäße Bienenhaltung                     Varroa-Milbe. Insgesamt profitiert die Gesund-
Mit dem vermehrten Auftreten der Varroa-Milbe     heit des Bienenvolks nachweislich von dem
und dem ersten Bienensterben begann in            natürlichen Wachsschwitzen beim Wabenbau
Deutschland Mitte der 1980er Jahre ein Um-        und von der Mehrfachbegattung der Königin
denken bei der Bienenhaltung. Im Umfeld der       beim Hochzeitsflug. In Deutschland wird die
neu gegründeten Lehr- und Versuchsimkerei         wesensgemäße Bienenhaltung von Demeter
Fischermühle wurden die Grundlagen für die        zertifiziert (vgl. Mellifera 2015, S. 18).

Die Gehörnte Mauerbiene                           Honigbiene
18
     3.4 Zwei Steckbriefe

      HONIGBIENE (SIEHE S. 17)

      Herkunft                     Ursprünglich sozial lebende Wildbiene in Europa und Afrika. Heute weltweit verbreitet, seit
                                   mehreren tausend Jahren vom Menschen genutzt, für die Honigherstellung domestiziert und
                                   gezüchtet.

      Größe                        »»Königin: 16-20 mm
                                   »»Arbeiterin: 12-15 mm
                                   »»Drohne: 14-18 mm

      Färbung                      dunkelbraun, hellgelblich behaart

      Eigenschaften und Leistung   »»Hoch soziales Insekt, das mehrjährige Staaten bildet.
                                   »»Auf verschiedene Aufgaben spezialisierte Individuen: Königin legt Eier, Arbeiterinnen pflegen
                                     z. B. die Brut oder fliegen als Sammlerinnen; Drohnen dienen der Fortpflanzung.
                                   »»Ein Staat produziert 20 bis 30 Kilogramm Honig im Jahr.
                                   »»Für 500 Gramm Honig fliegen Bienen bis zu 40.000-mal aus und legen dabei eine Flugstrecke
                                     von bis zu 120.000 Kilometern (also drei Erdumrundungen) zurück.

      Alter                        »»Lebenserwartung der erwachsenen, sprich 122 bis 152 Tage alten Tiere
                                   »»Im Sommer leben Arbeiterinnen ca. 5 Wochen, im Winter zwischen 6 und 7 Monaten.
                                   »»Königin: 4-5 Jahre
                                   »»Drohne: ca. 24 Tage

      Feinde                       Vögel, Wanzen, Parasiten (z. B. Milben), Käfer, Spinnen, Raubfliegen und Hornissen sowie
                                   Krankheiten wie Faulbrut und Darmseuchen

      Besonderheiten               Qualität, Richtung und Entfernung von Ertragsquellen werden über den Bienentanz übermittelt,
                                   damit auch andere Sammlerinnen den Ort finden.

      DIE GEHÖRNTE MAUERBIENE: EINE HEIMISCHE WILDBIENENART (SIEHE S. 17)

      Herkunft                     Wildbiene, Solitärbiene. Kommt in fast allen Lebensräumen vor, häufig auch im
                                   Siedlungsbereich.

      Größe                        12-16 mm

      Färbung                      Der Brustbereich ist nur leicht grauschwarz behaart, der Hinterleib hingegen dicht rostrot
                                   behaart. Gesicht und Unterseite des Kopfes sind weiß behaart.

      Eigenschaften und Leistung   »»Die Weibchen sorgen allein für die Brut.
                                   »»Nester mit bis zu 12 Brutzellen in Hohlräumen wie Ritzen in Mauern, Holz, Verputz oder
                                     Schilfhalmen
                                   »»Sie bestäuben Wildpflanzen, alle Obstsorten und Nutzpflanzen. Im Gegensatz zu anderen
                                     Wildbienen ist die Mauerbiene nicht auf einzelne Pflanzenarten spezialisiert.

      Alter                        Lebenserwartung als erwachsenes Tier: 4-6 Wochen
                                   »»Verbringt als fertiges Insekt ein Ruhestadium von ca. 8 Monaten in der Niströhre.

      Feinde                       Vögel, Wanzen, Parasiten (z. B. Milben), Käfer, Spinnen sowie Krankheiten

      Besonderheiten               »»Sie können bis zu 20% ihres Gewichts an Pollen tragen.
                                   »»Wärme liebende Art
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4 Wenn’s um die Biene geht: Methoden

Dieses Kapitel enthält Ideen und Anregungen      Das Gespräch zielt darauf ab, das Interesse
für die pädagogische Praxis, um das Thema        der Kinder an dem Thema zu wecken und ihre
‚Wild- und Honigbienen‘ mit Kita- und Grund-     Fragen sichtbar zu machen.
schulkindern vielseitig zu bearbeiten. Nachdem   Variante: Einstieg für Grundschulkinder
die jeweilige Methode vorgestellt wurde, wird    (Klasse 3-4)
kurz das benötigte Material aufgeführt und       Jedes Kind schreibt auf einem Blatt auf, was
schließlich skizziert, welche Erfahrungsmög-     es bereits über Bienen weiß (linke Spalte) und
lichkeiten diese Methode bietet.                 was es gerne noch über Bienen wissen möchte
                                                 (rechte Spalte). Entsprechende Abbildungen
                                                 und Bücher liegen zum Stöbern bereit.
                                                 Material: Abbildungen und Produkte, zum
                                                 Beispiel Honig, Wachskerze, Foto einer Biene,
                                                 Waben, Pflanzenstängel, Schneckenhaus. Für
                                                 die Variante: Stifte und Zettel

                                                              Erfahrungsmöglichkeiten
                                                   Fragekompetenz stärken, differenzierende Wahrneh-
                                                   mung, Aktivieren von Vorwissen

                                                 Wie lebt die Honigbiene?
                                                 Als Einstieg kann z. B. ein Auszug aus dem
                                                 Buch ‚Wie lebt die kleine Honigbiene?‘ vor-
                                                 gelesen werden. Dabei handelt es sich um die
                                                 Geschichte einer geschlüpften Arbeiterbiene,
4.1 Methoden für den Einstieg                    die das Leben im Bienenstock kennenlernt.
                                                 Das Buch ist anschaulich illustriert.
Das Gespräch                                     Was finden die Kinder besonders spannend?
In der Tisch- bzw. Gruppenmitte liegen ver-      Was würden sie wissen wollen, wenn sie selbst
schiedene Materialien zum Thema ‚Biene‘.         die kleine Honigbiene wären?
Mögliche Fragen für den Gesprächseinstieg:       Material: Buch z. B. ‚Wie lebt die kleine Honig-
Was wisst ihr über Bienen? Welche Bienen-        biene?‘ (ab 4 Jahre)
produkte kennt ihr? Wo begegnet ihr Bienen?
Habt ihr schon einmal Bienen beobachtet? Hat
jemand Angst vor Bienen? Und: Welche Fragen                   Erfahrungsmöglichkeiten
habt ihr an/zu/über Bienen? Die Fragen der         Differenzierende Wahrnehmung, Aktivieren von Vorwis-
                                                   sen, Perspektivwechsel
Kinder werden auf Zetteln festgehalten und an
einer Wand befestigt. So können die Fragen in
der weiteren Arbeit aufgegriffen werden (z. B.   Alles Bienen oder was?
beim Planen eines Projekts; oder die Kinder      In der Mitte des Sitzkreises liegen Bilder
können ihre eigenen Fragen im Rahmen einer       verschiedener Bienenarten. Die Kinder schau-
Lernwerkstatt erforschen).                       en sich die Bilder an. Im Gespräch wird nun
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     überlegt, was die Tiere gemeinsam haben und               Die Kinder überlegen sich vorab Fragen, die
     worin sie sich unterscheiden. Wer hat schon               sie den BienenexpertInnen stellen möchten.
     mal welches dieser Tiere gesehen? Wo? Weiß                Zum Beispiel: Wie werden Honigbienen gehal-
     jemand, um welche Tiere es sich handelt?                  ten? Was machen die Bienen den ganzen Tag?
     Material: Fotos z. B. von Honigbiene, Hummel,             Frühstücken sie? Was machen ImkerInnen?
     Wespe, Hornisse, Schwebfliege, Solitärbiene               Müssen Bienen gepflegt werden? Vor Ort er-
     (Beispiele s. Arbeitsmaterial Lernstation 1 S. 35)        fahren die Kinder, was Honigbienen zum Leben
     Hinweis: Die Anzahl der Bilder wird je nach               brauchen, welchen Gefahren sie ausgesetzt
     Alter und Vorwissen der Kinder reduziert oder             sind und welche Aufgaben es im Leben des
     erhöht.                                                   Insekts gibt. Darüber hinaus lernen die Kinder
                                                               ein jahrhundertealtes Handwerk kennen.
                                                               Die Kinder können beobachten, wie die Tiere
                   Erfahrungsmöglichkeiten                     sich verhalten und miteinander kommunizieren.
       Differenzierende Wahrnehmung, Vorwissen aktivieren,     Für Mutige ist sogar eine kurze Begegnung
       Wissen erweitern
                                                               mit Drohnen möglich, da diese keinen Stachel
                                                               haben. Manchmal kann auch mitgeholfen wer-
     4.2 Methoden zur Vertiefung                               den; das ist allerdings nur in kleinen Gruppen
                                                               möglich.
     Exkursion: Den Wildbienen auf der Spur                    Material: -
     Naturschutzverbände, Umweltstationen und
     VertreterInnen von Naturschutzbehörden/
     Bienenbeauftragte kennen sich mit Wildbie-
                                                                             Erfahrungsmöglichkeiten
                                                                Beobachtung (z. B. Verhalten, Aufgaben, Kommunika-
     nen aus. Ähnlich wie beim Imkerbesuch (s. u.)              tion), Sinneswahrnehmung, Kennenlernen eines alten
     können sich die Kinder vorab Fragen überle-                Handwerks, Wissenserweiterung, direkte Tierbegegnung
     gen, die sie gerne mit den ExpertInnen klären
     möchten. Manche ExpertInnen bringen soge-
     nannte Kaleidoskope oder Facettenaugen mit,
     so dass die Kinder versuchen können, die Welt
     mit Insektenaugen zu sehen.
     Material: Bilder von Wildbienen, Hummeln, Ho-
     nigbienen, Facettenaugen/Kaleidoskope, ggf.
     Farbfolien (denn Bienen sehen Farben anders)

                   Erfahrungsmöglichkeiten
       Beobachtung (z. B. Verhalten), Sinneswahrnehmung,
       Wissenserweiterung (z. B. Lebensräume, Bedürfnisse),
       direkte Tierbegegnung, externen Lernort und ExpertIn-
       nen kennenlernen

     Besuch bei einer Imkerei
     Häufig gibt es in der Nähe von Kitas und
     Grundschulen eine Imkerei, selbst in der Stadt.
     Näheres weiß der Imkerverein vor Ort. Hier
     können Honigbienen besucht und beobachtet
     werden.                                                                                 M. Großmann / pixelio.de
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