Mensch oder Maschine? - OPUS 4
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EDITORIAL Mensch oder Maschine? Egal ob Autoindustrie, Banken, Journalismus oder eben Bibliothe- ken – die digitale Revolution mischt alle Branchen auf. Mit zum Teil gravierenden Auswirkungen: Mahnendes Beispiel bleibt die Musik- industrie, die den digitalen Wandel komplett verschlafen hat und weitgehend durch Streaming-Dienste ersetzt wurde. Klar ist: Die Digitalisierung hat viele Facetten, der Kern aller Umwälzungspro- zesse ist jedoch gleich und folgt einem nahezu gesetzmäßigen Ablauf, dem Ersatz von menschlicher Arbeit und persönlichen Trans- aktionen durch Algorithmen. Beim vergangenen OCLC-Bibliotheks- leitertag, der sich intensiv mit dieser Entwicklung beschäftigte (siehe Beitrag ab Seite 10), erklärte Innovationsexperte Jens-Uwe Meyer: »Die Verbraucher sind aus dem Internet gewohnt, dass alles sofort und überall verfügbar ist, mit wenigen Klicks erledigt werden kann und selbst Reparaturen – beispielsweise im Softwarebereich – inzwischen online stattfinden.« Seine Warnung: »Wer sich auf diese Erwartungen nicht einstellt, ist irgendwann weg.« Soweit die Theorie. In der Praxis ist das freilich etwas kompli- zierter, wie ein aktuelles Beispiel aus der Deutschen Nationalbi- bliothek (DNB) zeigt. Dort wurde im vergangenen Jahr ebenfalls menschliche Arbeitskraft durch Algorithmen ersetzt, und zwar in einem zentralen Kompetenzbereich: bei der Sacherschließung von gedruckten Büchern. Die DNB weitete damit ihre bisherige Pra- xis der maschinellen Bearbeitung bei digitalen Publikationen auf die automatische inhaltliche Erschließung von Druckwerken aus. Der Protest folgte umgehend. Das Hauptargument der Kritiker: Die automatische Erschließung durch Maschinen liefere deutlich schlechtere Ergebnisse als die intellektuelle Erschließung durch Menschen. Wertvolles Wissen werde dadurch unzugänglich. Greift hier die Gesetzmäßigkeit der digitalen Entwicklung nicht? Ist die Nationalbibliothek zu weit vorgeprescht? Handelt es sich bei den Kritikern um die Zauderer und Zweifler, die es bei Modernisierungen immer gibt? Wie könnten Kompromisslösungen aussehen? Der aktuelle BuB-Schwerpunkt ab Seite 26 geht dem kontroversen Thema auf den Grund und führt die wichtigsten Po- sitionen, Argumente und Fakten auf. Dabei zeigt sich: Der Streit um den richtigen Weg bei der Sacherschließung ist exemplarisch für viele andere digitale Veränderungsprozesse in Bibliotheken – und ein notwendiger Vorgang, um die beste Lösung zu finden. Bernd Schleh, Leitender BuB-Redakteur BuB 70 01/2018 001
BuB Forum Bibliothek und Information 01 / 2018 FOYER PRAXIS VERANSTALTUNGEN 005 »Kleider machen BibliothekarInnen« 020 Krimi-Duell sorgt für Der Einfluss von Kleidung des Bib- Hochspannung in Hoyerswerda liothekspersonals auf die Kontakt- Geringe Kosten – großer Erfolg: Bri- aufnahme von Benutzenden gitte-Reimann-Bibliothek entwi- (Marcella Haab-Grothof) ckelt neues Veranstaltungsformat (Annekathrin Trojahn) SCHWERPUNKT AUSLAND SACHERSCHLIESSUNG 008 Der Bücherturm als Zentrum einer Eine gute inhaltliche Er- dynamischen Informations- landschaft schließung von Medien ist die 200 Jahre Bibliothek der Universität Voraussetzung für einen ge- Gent (Gernot Gabel) zielten Zugang zu relevantem Wissen – und damit Kernge- TAGUNGEN schäft für Bibliothekare. Den- noch spielt das Thema in der 010 Keine Angst vor großen Ideen! Der Bibliotheksleitertag widmete 021 NACHRICHTEN allgemeinen Fachdiskussion sich erstmals Öffentlichen und keine große Rolle. Mit dem Wissenschaftlichen Bibliotheken – BuB-Schwerpunkt in diesem sowie inhaltlich ganz dem Thema 025 MARKT Heft wollen wir das ändern. »Innovation« (Bernd Schleh) Heidrun Wiesenmüller gibt ab 012 Auf dem Weg zu einem »Bundes- Seite 26 einen umfassenden verband der Deutschen Biblio- theks-Freundeskreise (BDB)« Überblick über den Stand Ein Rückblick auf die sechste und der Dinge in Sachen verbaler letzte Jahrestagung der »Arbeits- Sacherschließung. gemeinschaft der Freundeskreise im dbv« (Ronald Schneider) Ins Blickfeld gerückt ist das Thema im vergangenen Som- LESESAAL mer durch die Entscheidung ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK der Deutschen Nationalbiblio- 014 Gemeinsam online lernen SCHWERPUNKT: thek, auch gedruckte Medien Peer 2 Peer University: Lernteams SACHERSCHLIESSUNG in der Stadtbibliothek Köln maschinell zu erschließen. 026 RSWK reloaded (Hannelore Vogt) Welche Idee dahintersteckt, Verbale Sacherschließung im Jahr 016 Überzeugende Strategie 2018 (Heidrun Wiesenmüller) ist ab Seite 30 zu lesen. Was Stadtbibliothek Eisenach ist Thü- Praktiker in ÖBs und WBs ringens erste »Erlesene Bibliothek« davon halten, zeigen weitere (Annette Brunner) 030 Maschinelle Inhaltserschließung in Beiträge des Schwerpunkts. der Deutschen Nationalbibliothek Breiter Sammelauftrag stellt hohe Foto: ©peshkova / Fotolia WISSEN FRAGT ... ? Anforderungen an die Algorithmen 017 Index – Syntax – Komplex zur statistischen und linguisti- Auf einen Espresso mit dem schen Analyse Foto Titelseite: Gina Sanders / Fotolia Künstler Axel Malik zur »Atmo- (Elisabeth Mödden, Christa Schö- Fotos Inhaltsverzeichnis: Brigitte-Rei- sphäre von Bibliotheken« ning-Walter, Sandro Uhlmann) mann-Bibliothek, Gina Sanders / Fotolia, (Dirk Wissen) Staatsbibliothek zu Berlin 002
AUS DEM BERUFSVERBAND 036 Ja, wo stehen sie denn ...? KUNST Ein Plädoyer für die verbale 064 Bibliotheksvielfalt zwischen 047 »K« für Kunstwerk Inhaltserschließung Hofburg und Burggasse Kunst und Kunstwerke in der (Klaus Peter Hommes) Rückblick auf eine »schiach Staatsbibliothek zu Berlin (Gabriele Kaiser) schene« Studienreise nach Wien (Andrea Beißner) 038 »Die automatisierte Sacherschlie- ßung kann nicht alleine von der 067 Blick hinter die Kulissen DNB geleistet werden« Besuch des Informationszentrums Andreas Degkwitz von der HU Berlin des Landtages von Baden- im Interview: Qualität und Akzep- Württemberg (Heike Heinisch) tanz bei Einführung von automati- 068 Herbstsitzung des BIB-Vereins- sierter Sacherschließung müssen ausschusses in Reutlingen stimmen (Steffen Heizereder) (Katrin Lück, Karin Holste- Flinspach) 040 Automatisierte Verfahren: Die Zukunft der Sacherschließung? PRAXIS Stellungnahmen von Anna 052 PDA-Print in der Leihverkehrs- Kasprzik und Jakob Voß und Ergänzungsbibliothek Projektbericht zur Einführung 001 EDITORIAL eines neuen Erwerbungsmodells 043 IMPRESSUM 041 Inhaltserschließung am Institut (Stephan Gülck, Oke Simons) für Bibliotheks- und Informa- 070 SUMMARY / RESUME tionswissenschaft der Hum- boldt-Universität zu Berlin 072 STELLENANZEIGEN TAGUNGEN Inhaltserschließung in der Ausbildung bleibt wichtig, 056 Wenn alle Wege nach Frankfurt Schwerpunkte ändern sich (Regine führen Beckmann, Vivien Petras) Bibliothekare aus zehn Ländern diskutieren Möglichkeiten internati- onaler Kooperation auf dem Frank- 044 Warum brauchen Öffentliche furter Symposium (Heidi Madden, Bibliotheken Sacherschließung? Sarah How, Sarah G. Wenzel) AB IN DIE APP! Kundenfreundliche Bestandsprä- sentation und zielsicheres Auf- finden im Katalog / Ein Überblick 010 Erstmals auch mit WB-Themen über gängige Systematiken und Der Bibliotheksleitertag wurde noch Methoden (Carola Schelle-Wolff) MAGAZIN bunter, wie eine Fotogalerie zeigt 014 Neue Lernangebote in Köln FACHLITERATUR Ein Handbuch erklärt die Bildung von 060 Das Bibliothekswesen in den USA freien Lernteams in der Bibliothek Betrachtung der institutionellen 064 Streifzug durch Wien Entwicklung ausgewählter Impressionen von der Studienrei- Bibliotheken (Jürgen Plieninger) se der BIB-Landesgruppe Nieder- 062 Betrachtungen einer sachsen/Bremen Bibliotheksleiterin Eine Auswahl aus dem früheren Weblog (Frank Merken) 063 NEUE FACHLITERATUR BuB 70 01/2018 003
ANZEIGE HOCHSCHULE FÜR MUSIK, DETMOLD Die neue Bibliothek der Hochschule für Musik ist baulich mit der LLB verbunden und bildet gemein- sam mit dieser und dem benachbarten Landesarchiv NRW Abt. Ostwestfalen Lippe (LAV) das „Forum Wissenschaft | Bibliothek | Musik“. Dieses neue Zentrum gilt nach dem Rektor der HfM, Prof. Vogel, als „größte und bestausgestattete Bibliothek einer Musikhochschule“. Das Gebäude ist zentral gelegen, barrierefrei zugänglich und in besonderem Maße energiesparend angelegt. Die Architektur fügt sich rücksichtsvoll in die benachbarte Umgebung ein, ohne dabei auf eine eigene Sprache zu verzichten. Es stehen 1000 m² flexibel nutzbare Bibliotheksfläche auf drei Ebenen zur Verfügung, ein zweigeschossiger Lesesaal, Büro- und Verwal- tungsbereiche etc. Die beiden Bibliotheken haben in dem gläsernen und von zwei Seiten zugänglichen Verbindungsbau eine gemeinsame Ausleihe und Rückgabe. Der Entwurf für die Bibliothek und Sonderlösungen stammen von den UKW Innen-Architekten in Krefeld (www.ukw-innenarchitekten.de). Wir als Schulz Speyer haben im Jahre 2015 weitgehend die Inneneinrichtung geliefert in dieses außerge- wöhnlich ansprechende Gebäude. WWW.SCHULZSPEYER.DE PART OF LAMMHULTS DESIGN GROUP 004
FOYER PRAXIS »Kleider machen BibliothekarInnen« Der Einfluss von Kleidung des Bibliothekspersonals auf die Kontaktaufnahme von Benutzenden In ihrer Masterarbeit an der HTW Bewusstsein zu schärfen, denn »[eine] Bi- »Wer sich stilvoll anzieht, adelt die Chur konnte Marcella Haab-Grothof bliothek, die wegen räumlicher, finanziel- Profession. Ein gepflegt gekleideter mithilfe einer Online-Umfrage zeigen, ler oder personeller Vorgaben keinen op- Mensch […] wertet auf, was er präsen- dass die Kleiderfarbe und der Klei- timalen Service bieten kann, was in der tiert. […] Die Kleidung von Mitarbei- dungsstil von Bibliothekarinnen und Realität auf einen sehr großen Teil der Bi- tern im Kundenkontakt ist damit Marke- Bibliothekaren sowie ein Namens- bliotheken zutrifft, wird, wenn ihre Mit- ting pur. […] Der viel zitierte gute erste schild Einfluss auf die Entscheidung arbeiter service- und kundenorientiert Eindruck kann zwar über eine schlechte haben, an wen sich die Kunden wen- denken und handeln, von der überwie- inhaltliche Vorbereitung oder etwa ein den. Diese Erkenntnisse liefern Hin- genden Mehrheit der Kunden positiv ge- schwaches Produkt nicht hinwegtäu- weise, wie die Zugänglichkeit von Bi- sehen.« (Hilpert 2014, S. 15) schen. Er ist aber der Türöffner.« (Star- bliotheksangestellten verbessert wer- Kleidung ist ein Teil der menschli- lay 2015) den kann. chen Identität. Sie sagt etwas über die soziale Zugehörigkeit aus und hat einen Meistens wird im Bereich Kundenkon- Einfluss auf das Selbstbild eines Men- Die Umfrage takt der Fokus auf das Auskunftsinter- schen (Hoffmann 1981, S. 280–281). view gelegt. Selten oder nie wird da- Damit ist Kleidung ein wichtiger non- Um herauszufinden, welchen Einfluss gegen untersucht, was vor der Kon- verbaler Faktor. »Aus Kleidungssigna- der Kleidungsstil, die Kleiderfarbe und taktaufnahme passiert und ob die len lassen sich Schlüsse ziehen auf phy- ein Namensschild auf die Entscheidung Zugänglichkeit des Personals verbessert sische, psychische und soziale Eigenhei- von Kunden haben, zu welchem/r Bib- werden kann und muss liothekaren/in sie lieber (Bonnet und McAlexander gehen, wurde eine On- 2012, S. 277). Für die Nut- line-Umfrage mit Fotos er- zer ist das Verhalten des stellt. Die Umfrage orien- Bibliothekars wichtiger tierte sich an der amerika- als das »bibliothekarische nischen Studie von Bonnet Fachwissen oder die Aus- und McAlexander (2012, stattung der Bibliothek« 2013). (Barz 2007, S. 147). Men- Für jedes Geschlecht schen sind stark visuell ge- wurde ein sogenanntes steuert und verlassen sich Baseline-Bild erstellt: Bib- aus Gründen der Effizienz Abbildung 1: Beispielseite aus der Umfrage (Screenshot: LimeSurvey; Fotos: liothekar beziehungsweise auf den ersten Eindruck Karl Haab) Bibliothekarin mit blauem (Sampson 1995, S. 28). Oberteil (casual) ohne Na- Dieser erste Eindruck entscheidet, ob die ten des Trägers, die von Beobachtern mensschild. Dieses wurde mit anderen Bibliothekarin zugänglich erscheint, und auch bei der Planung und Durchfüh- Bildern verglichen, bei denen entweder bleibt oft sehr lange bestehen (Bonnet rung eigenen Handelns berücksichtigt der Kleidungsstil oder die Kleiderfarbe und McAlexander 2012, S. 284). Er wird werden.« (Sommer 1989, S. 73) Im Ein- verändert war oder ein Namensschild vor allem durch nonverbale Kommunika- zelhandel, Tourismus-, Banken- und Ge- getragen wurde. Beim Stil wurde »ca- tion (NVK) bestimmt. NVK besteht nach sundheitswesen sowie anderen Berufs- sual« mit »formal« verglichen, bei den Argyle (2013, S. 11) nicht nur aus Mimik zweigen sind Vorschriften für Kleidung Farben Blau mit Weis und Rot. Die Teil- und Gestik, sondern ebenso aus Kleidung, seit Jahren üblich und rechtlich auch zu- nehmer sollten jeweils die Person ankli- Geruch und dem Erscheinungsbild ganz lässig (Baumgartner 2016). In Bibliothe- cken, auf die sie bei einer Frage in einer allgemein. Die meisten dieser Punkte sind ken wäre die Wirkung von Vorschriften Bibliothek lieber zugehen würden. Ab- relativ einfach zu beeinflussen, wenn man in Hinsicht auf Qualitätsstandards eben- bildung 1 zeigt eine Beispielseite der sich ihrer bewusst ist. Es ist wichtig, dieses falls zu überlegen: Umfrage. BuB 70 01/2018 005
FOYER PRAXIS Zusätzlich gab es noch einen weite- ren Frageblock. Die Teilnehmer sollten angeben, wie wichtig einzelne Merk- male des Bibliothekspersonals für sie sind. Folgende Merkmale wurden ab- gefragt: Alter, Geschlecht, Kleiderfarbe, Kleidungsstil, Namensschild. Neben der Umfrage wurden Interviews mit Biblio- theksverantwortlichen geführt, um he- rauszufinden, ob Kleidung in Deutsch- schweizer Bibliotheken ein Thema ist. Die Ergebnisse Die Online-Umfrage wurde von 1 444 Abbildung 2: Je älter die Befragten sind, desto wichtiger wird der Kleidungsstil. Teilnehmern aus der Deutschschweiz komplett ausgefüllt. Die Teilnehmer set- um Einheitskleidung, sondern lediglich ist, lohnt es sich, darauf zu achten und zen sich zusammen aus 1 110 Frauen um Leitlinien, wie das Erscheinungsbild sich bewusst für den Kundenkontakt und 334 Männern im Alter von 16 bis die eigene Kompetenz sowie die posi- zu kleiden: Bibliothekare sollten sich über 65 Jahren. tive Wirkung der Bibliothek unterstrei- eher formal als casual kleiden, das wirkt Die Bibliothekare wurden je nach chen kann. Es wird ein professionell zugänglicher. Kleidungsstil und Kleiderfarbe unter- wirkendes Erscheinungsbild angestrebt, Ein Namensschild erhöht die Zu- schiedlich wahrgenommen, wobei der das dem Arbeitsort in einem Dienstleis- gänglichkeit ebenfalls, außerdem ist es Favorit formale, blaue Kleidung mit Na- tungsbetrieb mit Kundenkontakt an- den Kunden wichtig. Deshalb sollte es mensschild war. Der Kleidungsstil sowie gemessen ist; ein Namensschild gehört möglichst konsequent getragen werden. ein Namensschild waren für die Umfra- überall dazu. Wenn die Richtlinien ge- Aufgrund dieser Erkenntnisse ist es geteilnehmer von Bedeutung (siehe Ab- meinsam im Team erarbeitet wurden, angebracht, das Bewusstsein für das Er- bildung 2 und 3), die Kleiderfarbe, das werden sie in der Regel gut akzeptiert. scheinungsbild zu schärfen, denn nicht Alter sowie das Geschlecht des Biblio- Für den bibliothekarischen Alltag nur der Gesichtsausdruck, sondern thekspersonals jedoch nicht. kann Folgendes festgestellt werden: auch die Kleidung spielt eine Rolle für Die Interviews mit sieben Personen Mit einem blauen Oberteil können den ersten Eindruck und damit für den in leitender Funktion von ausgewähl- Bibliothekare ihre Zugänglichkeit er- Kundenkontakt. ten Bibliotheken zeigten, dass es ein- höhen. Rote Oberteile sollten eher ver- Die Resultate der Untersuchung zelne Institutionen gibt, die ihren Mit- mieden werden; sie können unzugäng- können als Anregung dienen, die eigene arbeitenden Vorschriften bezüglich lich wirken. Die Farben an sich sind den Thekenperformance zu analysieren und Kleidung und Erscheinungsbild ma- Kunden jedoch nur bedingt wichtig. gegebenenfalls zu verändern. Sie kön- chen. Dabei geht es in keiner Bibliothek Da der Stil den Kunden aber wichtig nen auch Grundlage für eine Diskussion in einem Bibliotheksteam sein, über ihr Erscheinungsbild und ihren Kundenkon- takt nachzudenken. Die vollständige Arbeit kann im In- ternet heruntergeladen werden: http:// www.htwc hur.c h/digit al-science/ forschung-und-dienstleistung/chu rer-schriften.html (Schrift 90) Das Literaturverzeichnis Argyle, Michael (2013): Körpersprache & Kommunikation. Nonverbaler Ausdruck und soziale Interaktion. 10. überarb. Neuaufl. Paderborn: Junfermann Barz, Carmen (2007): Qualitative Unter- suchung des Auskunftsdienstes der Abbildung 3: Die überwiegende Mehrheit spricht sich für Namensschilder aus. Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig. 006
FOYER PRAXIS Ein Praxisbericht. In: Tom Becker Informationsvermittlung. Berlin: De und Carmen Barz (Hg.): »Was für ein Gruyter Saur (Bibliotheks- und Informa- Service!«. Entwicklung und Sicherung tionspraxis, 52) der Auskunftsqualität von Bibliotheken. Hoffmann, Hans-J. (1981): Kommunikation Wiesbaden: Dinges & Frick (BIT online mit Kleidung. In: Communications (7), S. Innovativ, 13), S. 145–158 269–290. Online verfügbar unter https:// Baumgartner, Gabriela (2016): Dresscode. www.degruyter.com/downloadpdf/j/ Angemessen angezogen zur Arbeit. In: comm.1981.7.is Beobachter Online, 09.02.2016. Online sue-2-3/comm.1981.7.2-3.269/ verfügbar unter http://www.beobachter. comm.1981.7.2-3.269.xml, zuletzt ge- ch/arbeit-bildung/arbeitgeber/artikel/ prüft am 19.10.2016 dresscode_angemessen-angezogen-zur- Sampson, Eleri (1995): First impressions. arbeit/, zuletzt geprüft am 28.10.2016 The power of personal style. In: Library Bonnet, Jennifer L.; McAlexander, Benjamin Management 16 (4), S. 25–28. DOI: (2012): Structural Diversity in Academic 10.1108/01435129510087022 Libraries. A Study of Librarian Appro- Sommer, Carlo Michael (1989): Soziopsy- achability. In: The Journal of Academic chologie der Kleidermode. Diss. Univ. Marcella Haab-Grothof ist Medio- Librarianship 38 (5), S. 277–286. DOI: Heidelberg, 1989. Regensburg: Roderer thekarin an einem Schweizer Gym- 10.1016/j.acalib.2012.06.002 Starlay, Katharina (2015): Warum Firmen nasium. Ursprünglich ausgebildet Bonnet, Jennifer L.; McAlexander, Benja- Dresscodes brauchen. Plädoyer für als Grundschullehrerin begann sie min (2013): First Impressions and the Kleidervorschriften. In: Spiegel Online, nach mehrjähriger bibliothekari- Reference Encounter. The Influence of 04.12.2015. Online verfügbar unter Affect and Clothing on Librarian Appro- scher Tätigkeit ein Weiterbildungs- http://www.spiegel.de/karri achability. In: The Journal of Academic ere/dresscode-im-buero-warum-kleider studium an der Hochschule für Tech- Librarianship 39 (4), S. 335–346. DOI: vorschriften-nuetzlich-sind-a-1065872. nik und Wirtschaft Chur, das sie im 10.1016/j.acalib.2012.11.025 html, zuletzt geprüft am 16.10.2016 Juni 2017 erfolgreich mit dem MAS Hilpert, Wilhelm (2014): Benutzungs- Information Science abschloss. dienste in Bibliotheken. Bestands- und Marcella Haab-Grothof DABIS_A5_quer_cl_ohne_Termin.pdf 1 29.11.2017 15:18:58 ANZEIGE BIS-C 2018 DABIS. eu Gesellschaft für Datenbank-InformationsSysteme Archiv- und Bibliotheks-InformationsSystem DABIS.eu - alle Aufgaben - ein Team Archiv Bibliothek Dokumentation Archiv / Bibliothek Synergien: WB-Qualität und ÖB-Kompetenz singleUser System multiUser Modell: FRBR . FRAD . RDA Szenario 1 + 2 Lokalsystem und Verbund Regelkonform RDA. RAK.RSWK.Marc21.MAB multiDatenbank multiServer C Web . SSL . Integration & Benutzeraccount multiProcessing multiThreading Verbundaufbau.Cloud/Outsourcing-Betrieb skalierbar performance stufenlos M Unicode DSGVO-konform multiLingual Y Normdaten GND RVK redundanzfrei multiMedia JSon Integration CM Software - State of the art - flexible MY CY 29 Jahre Erfahrung Wissen Kompetenz Portale mit weit über 17 Mio Beständen CMY Leistung Sicherheit Datenschutz K Standards Offenheit Individualität http://Landesbibliothek.eu http://bmlf.at Stabilität Partner Verläßlichkeit http://OeNDV.org http://VThK.eu Service Erfahrenheit Support http://VolksLiedWerk.org http://bmwfw.at Generierung Customizing Selfservice http://Behoerdenweb.net http://wkweb.at Outsourcing Cloudbetrieb SaaS Dienstleistung Zufriedenheit DABIS GmbH GUI-Web-XML-Z39.50-SRU.OAI-METS Heiligenstädter Straße 213, 1190 Wien, Austria Tel. +43-1-318 9777-10 * Fax +43-1-318 9777-15 eMail: support@dabis.eu * http://www.dabis.eu Zweigstellen: 61350 - Bad Homburg vdH, Germany / 1147 - Budapest, Hungary / 39042 - Brixen, Italy Ihr Partner für Archiv-, Bibliotheks- und DokumentationsSysteme BuB 70 01/2018 007
Beliebt bei Touristen und Studenten: Die belgische Stadt Gent bietet neben einer traditionsreichen Universität auch eine sehenswerte Altstadt. Foto: Horváth Botond / Fotolia.com Der Bücherturm als Zentrum einer dynamischen Informationslandschaft 200 Jahre Bibliothek der Universität Gent Anfang Oktober 2017 luden Univer- der traditionsreichen Handels- und In- eine von ihnen als bäuerlich und rück- sität und Stadtverwaltung von Gent dustriestadt Gent, und so war bei der ständig verachtete Sprache. Genter Stu- die Öffentlichkeit ein, an den Feiern Gründungszeremonie am 9. Oktober dentenvereinigungen, die sich ab der zum 200. Gründungstag der Universi- 1817 vor etwa 190 Studenten und ei- Jahrhundertmitte für Flämisch als zu- tät teilzunehmen. Um möglichst viele nem Dutzend Professoren der niederlän- sätzliche Unterrichtssprache einsetzten, Menschen anzusprechen, wurden ne- dische Kronprinz der Ehrengast. wurden von der Professorenschaft mit ben einem Festakt rund 230 Vorträge, Nachdem sich die sogenannten süd- dem Argument abgewiesen, das Flämi- Führungen, Workshops, Konzerte und lichen Niederlande 1830 mit einer Revo- sche sei nun mal keine Wissenschafts- Spiele angeboten. lution vom nördlichen Nachbarn losge- sprache. Auch vom Parlament in Brüs- sagt und sich unter dem Namen Belgien sel war keine Hilfe zu erwarten, denn als neuer Staat konstituiert hatten, über- die Abgeordneten gehörten schließlich nahm eine adelig-großbürgerliche Ober- überwiegend der frankophonen Ober- Die Universität schicht das Regime im Lande. Diese war schicht an. frankophon und von der Superiorität Als 1914 deutsche Truppen Belgien Die Genter Universität war seit ihrer der französischen Sprache und Kultur besetzten und Gent zum Hauptquartier Gründung nicht nur eine Stätte der überzeugt, und so wurde von der neuen einer deutschen Armee wurde, schloss Lehre und Forschung, sie erlangte im Regierung 1835 Französisch als Unter- die Universität ihre Tore. Angesicht des Laufe der Jahre auch eine bemerkens- richtsprache der Universität festgelegt. harten Besatzungsregimes – die Men- werte politische Bedeutung. Den An- Bald übernahmen ihre Absolventen die schen litten unter Mangelernährung stoß für ihre Gründung gab 1815 indi- Spitzenpositionen in Verwaltung, Jus- und Einschränkungen durch das Kriegs- rekt der Wiener Kongress, als die euro- tiz, Industrie, Armee, Presse und Bil- recht – suchte die deutsche Generalität päischen Großmächte nach Napoleons dungswesen, auch in dem mehrheitlich die Bevölkerung Flanderns durch ihre Abdankung eine umfassende politische von Flamen bevölkerten Landesteil, was sogenannte »Flamenpolitik« für sich Neuordnung Europas verfügten und das dort zu erheblichen Spannungen und einzunehmen. Mit Verweis auf gemein- Gebiet zwischen Nordsee und den Ar- schließlich zur Gründung einer flämi- same germanische Wurzeln hoffte man dennen, jahrhundertelang ein Kriegs- schen Bewegung führte. die flämischen Aktivisten zur Kollabo- schauplatz der großen Nachbarstaaten, ration zu bewegen. Um die Ernsthaftig- dem neuen Königreich der Vereinigten keit solcher Bemühungen sichtbar zu Niederlande zuschlugen. Um dort das Der Sprachenstreit unterstreichen, gründete die deutsche höhere Bildungswesen auszubauen, de- Verwaltung 1916 in Gent die »Vlaam- kretierte der niederländische Monarch Die frankophonen Eliten weigerten sich sche Hoogeschool«, natürlich mit Flä- 1816 die Gründung einer Universität in mehrheitlich, das Flämische zu erlernen, misch als Unterrichtssprache. Doch nach 008
FOYER AUSLAND Abzug der deutschen Truppen wurde diente, wurden die Bände in den Seiten- Jedoch konnte man aus Material- diese Hochschule umgehend geschlos- kapellen verwahrt. und Geldmangel den als Gesamtkunst- sen, und 1919 nahm die Genter Univer- Dieser aus Geldmangel hingenom- werk konzipierten Bau – der Architekt sität in alter Tradition ihre französischen mene Zustand galt als provisorisch, hatte auch alle Details der Inneneinrich- Lehrveranstaltungen wieder auf. aber erst als nach Ankauf mehrerer Pri- tung, von der Beleuchtung über das Mo- Aber »der Geist war aus der Fla- vatsammlungen die Raumnot unüber- biliar bis zur Heizungsverkleidung, ent- sche«, und zu Beginn der 1920er-Jahre sehbar wurde, kam 1880 der Anbau ei- worfen – nur mit qualitativen Abstrichen kam es zu heftigen Debatten im Parla- nes Lesesaals mit Magazinteil zustande. vollenden. Außerdem hatten die deut- ment und sogar zu Straßenkämpfen we- Nach Ende des Ersten Weltkriegs ging schen Truppen 1940 auf dem obersten gen des Sprachenkonflikts. Der 1923 man schließlich die Planungen für ein Geschoss, dem als Aussichtsbereich ge- vom Wissenschaftsministerium vorge- Bibliotheksgebäude mit Nachdruck an stalteten Belvedere, einen Observations- legte Reformplan für eine zweisprachige und beauftragte Henry van de Velde posten eingerichtet und später auch ein Universität erwies sich in der Praxis als (1863-1957, Gründer der Weimarer Flak-Geschütz aufgestellt, das sie vor ih- wenig tauglich. Als die flämischen Na- Kunstgewerbeschule, der Keimzelle des rem Abzug 1944 sprengten, was zu Ris- tionalisten 1929 die Parlamentswahlen Bauhauses, seit 1925 Professor an der sen in den Magazindecken führte. In gewannen, bestimmten sie per Gesetz Genter Universität) mit dem Entwurf für späteren Jahren zeigten sich durch Rost- Gent zur ersten ausschließlich flämisch- einen Neubau auf dem Blandijnenberg, befall wiederholt Schäden an der Turm- sprachigen Universität Belgiens. Bis in der höchsten Erhebung der Stadt. hülle, sodass erste Reparaturarbeiten er- die Nachkriegszeit blieb diese sprachli- forderlich waren und schließlich der Ruf che Ausrichtung unangefochten, doch nach einer Generalüberholung (Kosten- mit der zunehmenden Internationali- Der Bücherturm schätzung rund 40 Millionen Euro) laut sierung, unter anderem gefördert durch wurde. das Erasmus-Austauschprogramm, wur- Angeregt durch Als das Wissenschaftsministerium den ebenfalls englischsprachige Lehr- neue Bibliotheks- aus Geldmangel ablehnte, erwies sich veranstaltungen angeboten. Heute bauten in Bern als glücklicher Umstand, dass ein ver- kommt etwa jeder Zehnte und Cambridge mögender Sammler die Bauunterlagen der rund 40 000 Studie- entwarf der inter- Van de Veldes 2002 bei einer Auktion renden an der Genter Uni- national renom- ersteigert hatte und nach einem Besuch versität aus dem Ausland. mierte Architekt, vom baulich desolaten Zustand der Bi- Der Andrang ist weiterhin übrigens gegen bliothek so erschüttert war, dass er die groß, denn die Universi- das Votum der Presse mobilisierte und mit Unterstüt- tät hat einen exzellenten damaligen Biblio- zung der Universität und eines breiten Ruf und zählt zu den 100 Top-Hochschu- theksleitung, einen Bücherturm mit an- Netzwerks die Öffentlichkeit beschwor, len der Welt (derzeit belegt sie Platz 69 grenzendem flachem Trakt für die Kata- dieses Erbe des Architekten (seit 1992 im »Academic Ranking of World log- und Lesesäle. ein denkmalgeschütztes Objekt) zu be- Universities«). Die Bauarbeiten wahren. Schließlich willigte das Minis- begannen 1936 terium ein. Nach Abschluss der 2012 und waren, be- begonnenen Sanierung soll sich das Ge- Die Bibliothek dingt durch Krieg samtkunstwerk endlich gemäß den ur- und Besatzung, sprünglichen Intentionen des Architek- In den ersten Jahrzehnten ih- erst 1942 been- ten präsentieren. rer Existenz nutzte die Univer- det. Der 64 Meter Mit ihren rund drei Millionen Bän- sität Gebäude in der Genter hohe, aus Stahlbe- den, darunter wertvolle Handschrif- Innenstadt, meist ehemalige ton errichtete Bü- ten, Inkunabeln und Frühdrucke, ge- Klöster und Kirchengebäude, cherturm weist 24 hörte Gent zu den ersten Universitäts- die nach der französischen Be- Bücherturm der UB Gent. Magazingeschosse bibliotheken, die mit Google einen setzung des Landes aufgehoben Fotos: Gabel auf mit einer Kapa- Vertrag zur Digitalisierung von Bestän- worden waren. Die aus diesen zität für rund zwei den abschloss (bisher mehr als 200 000 konfiszierten Handschriften und Bü- Millionen Bände. Als Kontrast zu den Bände). Die UB fungiert heute als Zen- chern entstandene Sammlung nutzte die drei mittelalterlichen Kirchtürmen der trum eines Verbunds aus neun Fakul- Stadt 1804 zur Einrichtung einer Stadt- Altstadt wurde der wuchtige, mit ver- täts- und etwa 200 Instituts- und Se- bücherei in der Baudeloabtei. Anfang tikalen Lichtbändern versehene Maga- minarbibliotheken, mit denen sie 1818 wurden Gebäude wie Kollektion zintrakt zum weithin sichtbaren Wahr- kooperiert zwecks Schaffung einer dy- der neuen Universität als Dauerleihgabe zeichen der gesamten Universität, zu namischen Informationslandschaft übereignet. Im spätgotischen Kirchen- einem Symbol für die Moderne und für (Webseiten: https://lib.ugent.be). schiff der Abtei, das zugleich als Lesesaal den Wissenschaftsstandort Flandern. Gernot Gabel BuB 70 01/2018 009
FOYER TAGUNGEN Keine Angst vor großen Ideen! übertragen. Der Innovations-Experte sagte unmissverständlich: »Wer hier nicht mithält, ist irgendwann weg.« Meyers Rezept, um in der digitalen Der Bibliotheksleitertag widmete sich erstmals Öffentlichen und Umwälzung nicht unterzugehen: Inno- Wissenschaftlichen Bibliotheken – sowie inhaltlich ganz dem vationen. Sein Ratschlag: »Bauen Sie Luftschlösser, träumen Sie und lassen Thema »Innovation« Sie sich von Ihren Ideen nicht abbrin- gen, auch wenn andere Sie für einen Spinner halten.« Die größte Gefahr für Mit dem Motto »Was sich ändert, Shopping-Malls der Republik. Dazu innovative Ideen seien indes nicht die bleibt. Neue Rollen – neue Chancen« stellte der Experte unmissverständlich Warner und Zauderer von außen, son- hat OCLC beim Bibliotheksleitertag klar: »Innovation heißt nicht, Erfolgsre- dern die Schere im eigenen Kopf. Angst 2017 Ende November in Mannheim zepte zu kopieren.« Viele vermeintliche vor der eigenen Vision, eingefahrene Ge- das Thema »Innovation« in den Mittel- Innovatoren gingen hier den einfachen wohnheiten und langjährige Erfahrun- punkt gestellt – und bei der Tagungs- Weg. Sie wollten zwar das Neue, aber gen, die in der Regel mehr auf Gefühlen organisation gleich umgesetzt: Zum es sollte nicht zu neu sein und auf jeden als auf Fakten beruhen, nannte er als die ersten Mal gab es bei der gut einge- Fall sicher funktionieren. Das, so Meyer, drei größten Innovationskiller. Um nicht führten Veranstaltung für Öffentliche habe mit Innovation nichts zu tun. Inno- in diese Falle zu tappen, sei es sinnvoll, Bibliotheken auch Vorträge aus dem vation sei immer mit Risiko verbunden, mit kleinen Ideen zu beginnen und diese Bereich der Wissenschaftlichen Bib- man müsse als erster eine neue Idee um- dann nach und nach auszudehnen – bis liotheken. Ein Konzept, das aufging: setzen, ohne Netz und doppelten Boden. man die bisherigen Grenzen überschrit- Mehr als 200 Bibliothekare aus bei- Die Konsequenzen von echten Innova- ten habe. den Sparten besuchten die 13. Aus- tionen, gerade im digitalen Bereich, kön- Was es dafür braucht? Meyer meint: gabe des Bibliotheksleitertags. nen enorm sein und ganze Wirtschafts- »Mut – und dann einfach machen und branchen umkrempeln. So ist das bei- vor allem durchhalten!« Wie lange seien Mit einer weiteren kleinen Innovation spielsweise in der Musikindustrie mit Innovatoren für ihre Idee des fliegenden startete die Tagung: Die Teilnehmer Einführung der Streaming-Dienste ge- Autos belächelt worden? »Zurzeit«, be- konnten sich per App-Live-Abstimmung schehen. Meyer: »Der Markt hat sich tonte Meyer, »heben die ersten Passa- zu der Frage äußern, ob es in Bibliothe- komplett neu ausgerichtet, die alten Ge- gierdrohnen in Dubai ab.« Der Redner ken besonders schwierig sei, innova- schäftsmodelle wurden wertlos.« Was ist sich sicher: »Schon in wenigen Jahren tiv zu sein. Das Ergebnis war eindeutig. die Musikbranche an digitaler Umwäl- wird diese Art der Fortbewegung ganz Zwei Drittel verneinten das und waren zung bereits verarbeitet habe, müssten selbstverständlich sein.« damit der Überzeugung, dass Bibliothe- andere Wirtschaftszweige aktuell noch ken ein geeigneter Ort für Innovatio- durchstehen. Meyer nannte hier den tra- nen sind. Diese Zuversicht dürfte im fol- ditionellen Journalismus, der mit einem Sonntagsöffnung und Open Library genden Auftaktvortrag bei so manchem komplett veränderten Informationsver- Teilnehmer zerbröckelt sein. Denn Jens- halten, ausgelöst durch digitale Medien, Nach dem theoretischen Höhenflug in Uwe Meyer, angekündigt als »Deutsch- konfrontiert sei oder auch die traditio- Sachen Innovation ging es in Einzelvor- lands Nr. 1 Experte für Innovation & di- nelle Bankenszene, die bei Kredit- und trägen hinunter in die Niederungen der gitale Disruption« ließ keinen Zweifel Finanzgeschäften immer häufiger das bibliothekarischen Praxis sowohl bei daran, was Innovation eigentlich be- Nachsehen gegenüber digitalen Angebo- Wissenschaftlichen als auch bei Öffent- deutet: Risiko, Spinnerei, radikale Um- ten habe. Meyer erklärte dazu: »Die Ver- lichen Bibliotheken. Bei den ÖBs stand setzung, Unsicherheit. Allesamt Schlag- braucher sind aus dem Internet gewohnt, zunächst die gar nicht mehr so neue »In- wörter, die man nicht in erster Linie mit dass alles sofort und überall verfügbar ist, novation« der Sonntagsöffnung auf dem Bibliotheken verbindet. mit wenigen Klicks erledigt werden kann Programm. Brigitte Behrendt berichtete Der Begriff »Innovation«, stellte und selbst Reparaturen – beispielsweise von ihren Erfahrungen in der Stadtbib- Meyer gleich zu Beginn fest, werde heut- im Softwarebereich – inzwischen on- liothek Mönchengladbach.1 Seit 2012 zutage inflationär verwendet. Nur ganz line stattfinden.« Diese Ansprüche wür- ist dort die Stadtteilbibliothek Rheydt selten sei auch Innovation drin, wo Inno- den nach und nach auf alle Branchen sonntags geöffnet – mit großem Erfolg. vation draufstehe. Beispiel gefällig? Die Die Besucherzahl ist stark angestiegen Gestaltung deutscher Innenstädte. Egal und vor allem auch die Verweildauer in ob Stuttgart, München oder Gelsenkir- Weitere Eindrücke vom Bib- der Bibliothek. Fast die Hälfte der Be- chen – überall gebe es inzwischen die- liotheksleitertag zeigt eine sucher sind Jugendliche und junge Er- selbe Abfolge von H&M, Starbucks, Ci- Fotogalerie in der BuB-App . wachsene, die häufig in der Gruppe nemaxx, Zara … in den »innovativen« kommen und die Bibliothek sonntags 010
FOYER TAGUNGEN als Lernort und Treffpunkt nutzen. Beh- Citizen Science, also offene rendt erklärte: »Viele kommen, weil Wissenschaftsarbeit mit sonntags die Atmosphäre ganz beson- Unterstützung von Frei- ders entspannt ist.« Da verschmerzen willigen. Das bekannteste die Besucher auch gerne, dass es keine Projekt in diesem Zusam- fachliche Betreuung gibt. 75 Prozent der menhang ist die jährliche Nutzer sehen darin kein Problem. Vogelzählung des Natur- Positive Erfahrungen, obwohl das schutzbunds Deutschland Bundesarbeitszeitgesetz eine Sonntags- (NABU). Freiwillige Helfer öffnung für Öffentliche Bibliotheken bestimmen und zählen an eigentlich gar nicht zulässt. Wie passt einem bestimmten Tag die das zusammen? In Mönchengladbach Vögel in ihrem Garten und wurde Meyers Strategie der kleinen In- melden das Ergebnis on- novationsschritte angewendet und die line an eine Zentrale. Die Grenze immer wieder mal ein bisschen Wissenschaftler erhalten ausgeweitet, zum Beispiel im Rahmen auf diese Weise wertvol- eines Stadtreparaturprojekts oder mit les Datenmaterial, das sie anderen Vereinbarungen auf kommuna- allein mit wissenschaftli- ler Ebene. chen Mitarbeitern in die- Ein ähnliches Innovationsprojekt sem Umfang niemals erhe- stellte Carolin Rohrßen von den Ham- ben könnten. burger Öffentlichen Bücherhallen vor. Diese Arbeitsmethode In der Hansestadt wird mit technischen funktioniert auch in Bib- Maßnahmen die Verlängerung der Öff- liotheken. Praktische Um- nungszeiten vorangetrieben. Pilotpro- setzungen sind vor allem jekt war die Open Library in der Stadt- aus den USA bekannt. Die teilbibliothek Finkenwerder.2 Auch dort New York Public Library wurde die Bibliothek ohne Personal beispielsweise betreibt Keine Angst vor Innovationen: Referent Jens-Uwe Meyer rasch von den Nutzern angenommen. seit Längerem das Pro- erklärte, wie man ungewöhnliche Ideen umsetzt. Foto: Bis Ende 2019 sollen in Hamburg 23 jekt »Building Inspector«. www.MiloFoto.de weitere Filialen mit Open-Library-Kon- Dabei werden historische zept folgen. Rohrßen unterstrich: »Das Landkarten aus dem eigenen Bestand es muss auch eine geeignete Software ist ein gutes Angebot, um den Rückgang ins Internet gestellt. Freiwillige sollen zur Verarbeitung der erhobenen Da- bei den Ausleihen auszugleichen.« Und dann Details identifizieren und Infor- ten gefunden und die Qualität der Da- die innovative Leistung? Sie besteht hier mationen anfügen. Die Bibliothek kann ten überprüft werden. Hinzu kommt die nicht zuletzt darin, die richtige Balance diese Angaben in den Landkarten wie- Aufbereitung der Daten, die geeignete zwischen Vertrauen und Kontrolle zu derum mit anderen Beständen verknüp- Präsentation und und und ... Angesichts finden, wenn die Besucher ganz ohne fen, sodass kombinierte Fakten über die der knappen Ressourcen in vielen Wis- begleitendes Personal in der Bibliothek Stadtgeschichte entstehen. senschaftlichen Bibliotheken also doch sind. Die Hamburger Bibliothekarin re- Bunge erklärte: »Bibliotheken kön- nur eine Spinnerei? Oder eben die not- sümierte: »Bei uns geht das Konzept bis- nen sich damit als moderne und inno- wendige Voraussetzung für eine erfolg- her zu 100 Prozent auf.« vative Einrichtungen präsentieren.« Mit reiche Innovation – je nach Sichtweise. solchen Projekten werde nicht nur der Weitere spannende Vorträge des Ta- Bekanntheitsgrad der Bibliothek erhöht, ges befassten sich mit der Profilbildung Citizen Science sondern auch das Image verbessert so- von Bibliotheken durch eine durch- wie das Interesse für die Einrichtung dachte Veranstaltungsarbeit oder mit Warum immer alles alleine machen, und die unterschiedlichen Bestände ge- der Methode des Design Thinking zur fragte Eva Bunge von der Bibliothek weckt. Zudem könne sich die Bibliothek erfolgreichen Ideenfindung. Dazu gibt des Deutschen Museums in München, hier als kompetenter Partner für Wis- es im Internet unter www.bibliothekslei und stellte damit eine innovative Idee senschaftseinrichtungen anbieten, die tertag.de ausführlichere Informationen. für Wissenschaftliche Bibliotheken vor: bei umfangreichen Forschungsvorhaben Abgeschlossen wurde der Fortbildungs- zunehmend auf Citizen Science setzten. tag mit einer kleinen Feier zum 50-jäh- 1 Siehe hierzu BuB-Heft 2/2015, Seite 100 Auf die Schnelle lässt sich so ein Pro- rigen Bestehen von OCLC als globalem und Seite 110, sowie BuB-Heft 5/2016, jekt freilich nicht auf die Beine stellen. Bibliotheksverbund. Seite 258 Es müssen nicht nur die freiwilligen Hel- Bernd Schleh, 2 Siehe hierzu BuB-Heft 4/2015, Seite 211 fer zuverlässig betreut werden, sondern BuB-Redakteur BuB 70 01/2018 011
FOYER TAGUNGEN Auf dem Weg zu einem »Bundesverband der Deutschen Bibliotheks-Freundeskreise (BDB)« Ein Rückblick auf die sechste und letzte Jahrestagung der »Arbeitsgemeinschaft der Freundeskreise im dbv« Der am 15. Oktober 2016 auf der Vortag begann und eine Besichtigung Thema »Einbindung von Freiwilligen 5. Jahrestagung der »AG der Freun- der Zentralbibliothek in der Hasengasse in den Bibliotheksbetrieb« stand. Uwe deskreise im dbv« in Stuttgart neu ge- und natürlich der DNB, eine Altstadt- Janssen stellte zunächst das Konzept des wählte Vorstand der »Arbeitsgemein- führung und ein gemeinsames Abend- ehrenamtlichen Engagements in Lein- schaft der Freundeskreise im dbv«, essen mit viel Frankfurter Lokalkolorit felden-Echterdingen vor, wo zwei Orts- Volker Pirsich (Vorsitzender), Uwe enthielt. teil-Bibliotheken, die geschlossen wer- Janssen und Kurt Idrizovic, hatte und Die eigentliche Arbeitstagung am 7. den sollten, durch das Engagement des hat sich bislang vorrangig mit dem Oktober, an der trotz des sturmbeding- Freundeskreises und seiner Mitglieder Thema Verselbstständigung der AG ten Bahnchaos und einiger kurzfristi- erhalten werden konnten. Der Freun- und Gründung eines rechtsfähigen ger Absagen über 30 Freundeskreis-Ver- deskreis ist Vertragspartner der Stadt Vereins zu befassen. Auslöser hierzu treter teilnahmen, wurde eingeleitet und organisiert den Bibliotheksbetrieb war der ausdrückliche Wunsch des durch die Grußworte von Ute Schwens, mit 40 Ehrenamtlichen. Der Preis der Deutschen Bibliothek sverbands der stellvertretenden Generaldirektorin Erhaltung beider Zweigstellen sei aber (dbv), die »AG der Freundeskreise« bei der DNB, die ihr Haus mit den beiden ein deutlicher Qualitätsverlust im Bib- ausreichender Mitgliederstärke aus Standorten Frankfurt und Leipzig kurz liotheksangebot. Hier setzte auch die dem dbv als Bibliotheksträger-Ver- vorstellte. Danach konnte zum vierten lebhafte Diskussion an, in der sich eine band auszugliedern. In drei Koordi- Mal der Preis »Freundeskreis des Jah- klare Mehrheit für eine Kombination von nierungsrunden mit dem dbv wurde res« vergeben werden, wie immer ge- Haupt- und Ehrenamt aussprach. 2016 und 2017 versucht, die organi- sponsert von der Firma Datronic/Augs- satorischen und rechtlichen Probleme burg. Der erste Preis, dotiert mit 1 000 Nach einer Einarbeitungszeit auf dem Wege einer Loslösung der AG Euro, ging an den Freundeskreis Schön- von fünf bis sechs Monaten der Freundeskreise aus dem dbv ge- walde-Glien, der eine Bibliothek in Ei- übernimmt jeder Ehrenamt- meinsam abzuklären, ein rechtssiche- genverantwortung betreibt und dabei liche eine »Schicht« von res Überleitungsverfahren für die bis- außerordentliche Aktivitäten in der Bi- herigen AG-Mitglieder zu finden und bliotheksorganisation wie nach außen 3,5 Stunden pro Woche. die Möglichkeiten künftiger Koope- entfaltet. Den zweiten Preis, dotiert mit ration zwischen dem dbv und dem 600 Euro, erhielt der Freundeskreis der Die folgenden drei Kurz-Vorträge stell- noch zu gründenden »Bundesverband Stadtbibliothek Lörrach, vorrangig seine ten weitere alternative Modelle des Ein- der Deutschen Bibliotheks-Freundes- vielfältige und innovative Veranstal- satzes von Ehrenamtlichen im Biblio- kreise (BDB)« abzustecken. tungspalette. Der dritte Preis, dotiert mit theksbetrieb vor. Ulrike Koop erläuterte 400 Euro, ging an den Freundeskreis der das Ehrenamtsmodell in Melle, das den Natürlich stand auch die 6. Jahresta- Stadtbücherei Hattingen, ebenfalls für Einsatz von knapp 30 Ehrenamtlichen gung der AG der Freundeskreise und das ungewöhnlich breite und innovative mit einer hauptamtlichen Leitung ver- ihrer Gäste am 7. Oktober 2017 in der Veranstaltungsprogramm. knüpft. Nach einer Einarbeitungszeit Deutschen Nationalbibliothek (DNB) von fünf bis sechs Monaten übernimmt in Frankfurt am Main unter den Vorzei- jeder Ehrenamtliche eine »Schicht« von chen der einschneidenden organisato- Kombination von Haupt- und 3,5 Stunden pro Woche. rischen Veränderungen. Doch zunächst Ehrenamt Karl-Joseph Lippold skizzierte dann sollte dies auch eine Arbeitstagung wie als alternatives Modell die Unterstüt- in den früheren Jahren sein, mit inten- Nach der Vorstellung des Freundeskrei- zung der Arbeit der Stadtbücherei Werl sivem Erfahrungsaustausch und vielen ses der Deutschen Nationalbibliothek durch den Förderverein »Buchstützen e. Anregungen für die Arbeit der Freun- durch Nathalie Kromm läutete Uwe V.«. Dort arbeiten acht Ehrenamtliche in deskreise vor Ort. Nicht zu vergessen Janssen die Vortrags- und Diskussions- der Stadtbücherei, vier als Lesepaten, das Rahmenprogramm, das bereits am runde ein, die in diesem Jahr unter dem vier ergänzend im Bibliotheksbetrieb. 012
FOYER TAGUNGEN Volker Pirsich (Vorsit- zender der AG; Bildmitte) und Manfred Flotho (Jury) mit den diesjährigen Preisträgern des »Freun- deskreises des Jahres«. Foto: Uwe Janssen, Leinfelden-Echterdingen Der Verein unterstützt die Stadtbüche- die Bibliotheksträger (Länder, Kommu- auch eine Eintrittserklärung in den neu rei aber auch durch ein umfangreiches nen…) über ihre Bibliotheken vertreten zu gründenden Bundesverband der literarisches Veranstaltungsprogramm. seien. Freundeskreise vertreten jedoch Freundeskreise mit enthalten. Danach Ein weiteres Modell stellte Nicola Men- die Interessen der Kundschaft der Bib- geht es für den in Berlin neu zu wäh- zel mit der seit 13 Jahren ehrenamtlich liotheken und können als eigenständige lenden Vorstand sofort an die Arbeit, betriebenen Bibliothek in Schönwal- Vereine ihr Anliegen auch in der Öffent- um den neuen Verein durch bundes- de-Glien vor. Unter der organisatori- lichkeit vortragen – und sollten daher weite und regionale Veranstaltungen schen und personellen Verantwortung auf Dauer auch in einer eigenständigen und überzeugenden Service-Leistungen der Vorsitzenden des Freundeskreises Organisationsform zusammengeschlos- für seine Mitglieder so schnell wie mög- wird die Bibliothek von 18 Ehrenamt- sen sein. Der dbv versteht sich als Ge- lich wieder auf Wachstumskurs zu brin- lichen betrieben, von denen die Hälfte burtshelfer einer bundesweiten Verei- gen. Der künftige BDB wird sich dann vom Freundeskreis gestellt wird. Biblio- nigung der Bibliotheks-Freundeskreise, auch stärker als bisher bundesweit als thekspolitisches Ziel dieses Modells ist der er auch künftig als Kooperations- Lobbyist der Freundeskreise aufstellen es, durch seinen Erfolg dem Rat die Not- partner eng verbunden bleibt. müssen. wendigkeit eines fachlich geführten Bi- In der sich anschließenden Aus- bliotheksangebotes deutlich zu machen. sprache fand die Argumentation Petra Die nachfolgende Diskussionsrunde »Verselbstständigung der AG« Bünings Zustimmung, verbunden mit galt dann vor allem rechtlichen Fra- dem Appell, dass möglichst alle AG-Mit- gen des Einsatzes von Ehrenamtlichen In seinem ersten Arbeitsbericht als glieder den Weg in den neuen Bundes- im laufenden Bibliotheksbetrieb. Dar- Vorsitzender stellte Volker Pirsich das verband mitgehen. Ein weiteres Votum aus entstand der Vorschlag, auf einer Thema »Verselbständigung der AG« in gilt der Differenzierung der Beiträge der nächsten Tagungen juristische und den Mittelpunkt. Die Gründung eines nach unten im Sinne einer Staffelung steuerliche Fragen einschließlich von rechtsfähigen Vereins, voraussichtlich des Beitrags für kleine Freundeskreise Haftungsrisiken in den Mittelpunkt zu als »Bundesverband der Deutschen Bi- und Freundeskreise im Aufbau (die ja stellen. bliotheks-Freundeskreise« (BDB), sei in besondere Weise auf die Erfahrungen Zu Beginn der Mitgliederversamm- angesichts der dargestellten Sachlage anderer angewiesen sind). Mit einem lung erläuterte Petra Büning, Ansprech- alternativlos. Die Gründungsversamm- Dank des Vorsitzenden an die Gastge- partnerin der AG der Freundeskreise lung, an der auch die Bundesgeschäfts- ber und an alle Tagungsteilnehmer für im Bundesvorstand des dbv, die Posi- führerin des dbv teilnehmen wird, soll die vielen innovativen Beiträge und die tion des dbv als Motor der Verselbstän- am 16. Juni 2018 in der Humboldt-Bi- konstruktive Diskussion ging die sechste digung der AG der Freundeskreise. Für bliothek in Berlin-Reinickendorf statt- und letzte Tagung der »AG der Freundes- den dbv seien die Freundeskreise einer- finden. Die Einladung zu dieser Grün- kreise im dbv« zu Ende. seits eine wichtige Stimme, andererseits dungsversammlung wird sowohl eine sei der dbv ein Trägerverband, in dem Austrittserklärung aus dem dbv als Dr. Ronald Schneider BuB 70 01/2018 013
FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK Gemeinsam online lernen Peer 2 Peer University: Lernteams in der Stadtbibliothek Köln Die Stadtbibliothek Köln experimen- fungiert. So kann einerseits selbstbe- noch fehlen. Doch das Handbuch, die tiert mit neuen Lernangeboten für stimmt und ohne langfristige Bindung, Foren und die Tipps auf den Websei- Erwachsene – einer Verbindung aus aber trotzdem gemeinsam mit ande- ten sind auch hierzulande eine großar- E-Learning und Treffen vor Ort. Vor- ren, gelernt werden. Lernteams in Bib- tige Unterstützung. Die Projektbetreue- bild der Kölner »Lernteams« ist die liotheken sind sicher ein gutes Angebot rin der Kölner Stadtbibliothek hat eine Peer 2 Peer University – oder einfa- für Einsteiger ins E-Learning. Die Biblio- Kurzversion des Handbuchs als Leitfa- cher P2PU (www.p2pu.org/en/), ei- thek stellt hier – ganz im Sinne der Ma- den übersetzt. ner mit dem MIT (Massachusetts Ins- ker-Idee – den Raum, die Infrastruktur titute of Technology, Cambridge) ver- und vernetzt die Bürgerinnen und Bür- bundenen Non-Profit-Organisation, ger als Akteure. Die Kurzversion des Hand- die all ihre Materialien Open Source Vorbild hierfür ist die P2PU, für die buchs in deutscher Sprache zur Verfügung stellt. Philipp Schmidt, der Kölner Philipp Schmidt mit verant- ist in der BuB-App zu finden. Director of Learning Innovation am wortlich ist. Die P2PU – Learning Circles MIT, hat damit seine Vision von Open- (https://learningcircles.p2pu.org/en/ ness in der digitalen Bildung verwirk- about/) laufen inzwischen in zahlrei- Im ersten Schritt sichtete die Stadtbiblio- licht. Die P2PU bietet einen nied- chen amerikanischen Bibliotheken mit thek kostenlose E-Learning-Angebote so- rigschwelligen Zugang zu digitaler großem Erfolg und auch in Frankreich wie die eigenen Online-Kurse von Lynda. Bildung und spricht auch bildungsfer- und Kenia gibt es erste Angebote. 2015 com. Die didaktisch hervorragend aufge- nere Schichten an. Sie richtet sich ins- wurde gemeinsam mit der Chicago Pub- bauten Trainingsvideos des renommier- besondere auch an Personen, die »aus lic Library in einem Pilotprojekt gestartet ten Anbieters Lynda.com (vormals Vi- dem klassischen Bildungssystem her- und ein Leitfaden für Bibliotheken ent- deo2brain) helfen beruflich wie privat ausgefallen sind«. wickelt. Das kostenlos herunterladbare – insbesondere in den Bereichen Bild- »Facilitator Handbook« bietet Checklis- bearbeitung & Fotografie, Web, Video Die Urlaubsfotos sind nicht so schön ge- ten zum Start eines Lernteams (im Eng- & Audio, 3D und CAD, Design, IT, Pro- worden wie gedacht – was tun? Wie war lischen »Learning Circle« genannt), eine grammierung, Business und Marketing das noch mit den Formeln in Excel-Ta- Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Kur- – und decken über 1 800 Themen ab. bellen? Wie kann ich mein Zeitmanage- splanung sowie genau definierte Curri- Einzelthemen wurden teilweise zu sich ment verbessern oder durch visuelles cula für die sechswöchigen Begleittref- sinnvoll ergänzenden Kurseinheiten zu- Denken meine Kreativität steigern? Die fen. Außerdem gibt es dort viele prakti- sammengefasst und können über die Stadtbibliothek testet eine neue Lernme- sche Tipps, Feedback-Bögen und Muster E-Ausleihe/Onleihe ausgeliehen werden. thode, die eine Balance zwischen selbst- für Teilnahmeurkunden. Daneben wurde das deutschspra- ständigem und gemeinsamem Lernen In den USA sind die Kurse teilweise chige Angebot an MOOCs gesich- verspricht. Man lernt online zuhause sehr niederschwellig angelegt, beispiels- tet. MOOCs sind offene Massen-On- und triff t sich mit den anderen Kursteil- weise für Menschen, die eine Ausbil- line-Kurse, bei denen Videos, Lesemate- nehmenden regelmäßig in der Biblio- dung abgebrochen haben und wieder ei- rial und Lernaufgaben kombiniert sind thek. Man arbeitet mit einem kostenlo- nen ersten Start zum Lernen suchen. In mit Foren, in denen Lehrende und Ler- sen Online-Kurs sechs Wochen lang an Köln zeigte sich, dass das Angebot eher nende miteinander kommunizieren und einem Thema und triff t sich begleitend als zusätzliches Erwachsenenbildungs- Gemeinschaften bilden können. Sie wer- dazu einmal wöchentlich für 90 Minu- angebot der bisherigen Nutzer wahrge- den meist von Universitäten, aber auch ten in der Kölner Stadtbibliothek, um nommen wird – auch bedingt durch die von Privatleuten und Bildungsinstitu- sich mit anderen dazu auszutauschen. reduziertere, nicht unbedingt nieder- tionen angeboten und sind oft kosten- Die Gruppentreffen werden von ei- schwellige Auswahl an frei verfügbaren, los (oder gegen eine geringe Gebühr) ner ehrenamtlichen Kraft moderiert, deutschsprachigen E-Learning-Quel- zu nutzen. Hier zeigte sich, dass es auf die nicht notwendigerweise Experte für len. Die P2PU bietet den teilnehmen- dem deutschen Markt noch deutlich we- das jeweilige Thema ist, sondern als Mo- den US-Bibliotheken zahlreiche Zusatz- niger geeignete Angebote als in engli- derator und Organisator für die Gruppe services, die für deutsche Bibliotheken scher Sprache gibt. 014
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