Mensch oder Maschine? - OPUS 4

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Mensch oder Maschine? - OPUS 4
EDITORIAL

Mensch oder Maschine?
Egal ob Autoindustrie, Banken, Journalismus oder eben Bibliothe-
ken – die digitale Revolution mischt alle Branchen auf. Mit zum Teil
gravierenden Auswirkungen: Mahnendes Beispiel bleibt die Musik-
industrie, die den digitalen Wandel komplett verschlafen hat und
weitgehend durch Streaming-Dienste ersetzt wurde. Klar ist: Die
Digitalisierung hat viele Facetten, der Kern aller Umwälzungspro-
zesse ist jedoch gleich und folgt einem nahezu gesetzmäßigen
Ablauf, dem Ersatz von menschlicher Arbeit und persönlichen Trans-
aktionen durch Algorithmen. Beim vergangenen OCLC-Bibliotheks-
leitertag, der sich intensiv mit dieser Entwicklung beschäftigte
(siehe Beitrag ab Seite 10), erklärte Innovationsexperte Jens-Uwe
Meyer: »Die Verbraucher sind aus dem Internet gewohnt, dass alles
sofort und überall verfügbar ist, mit wenigen Klicks erledigt werden
kann und selbst Reparaturen – beispielsweise im Softwarebereich
– inzwischen online stattfinden.« Seine Warnung: »Wer sich auf
diese Erwartungen nicht einstellt, ist irgendwann weg.«

   Soweit die Theorie. In der Praxis ist das freilich etwas kompli-
zierter, wie ein aktuelles Beispiel aus der Deutschen Nationalbi-
bliothek (DNB) zeigt. Dort wurde im vergangenen Jahr ebenfalls
menschliche Arbeitskraft durch Algorithmen ersetzt, und zwar in
einem zentralen Kompetenzbereich: bei der Sacherschließung von
gedruckten Büchern. Die DNB weitete damit ihre bisherige Pra-
xis der maschinellen Bearbeitung bei digitalen Publikationen auf
die automatische inhaltliche Erschließung von Druckwerken aus.
Der Protest folgte umgehend. Das Hauptargument der Kritiker:
Die automatische Erschließung durch Maschinen liefere deutlich
schlechtere Ergebnisse als die intellektuelle Erschließung durch
Menschen. Wertvolles Wissen werde dadurch unzugänglich.

   Greift hier die Gesetzmäßigkeit der digitalen Entwicklung
nicht? Ist die Nationalbibliothek zu weit vorgeprescht? Handelt
es sich bei den Kritikern um die Zauderer und Zweifler, die es bei
Modernisierungen immer gibt? Wie könnten Kompromisslösungen
aussehen? Der aktuelle BuB-Schwerpunkt ab Seite 26 geht dem
kontroversen Thema auf den Grund und führt die wichtigsten Po-
sitionen, Argumente und Fakten auf. Dabei zeigt sich: Der Streit
um den richtigen Weg bei der Sacherschließung ist exemplarisch
für viele andere digitale Veränderungsprozesse in Bibliotheken –
und ein notwendiger Vorgang, um die beste Lösung zu finden.

                         Bernd Schleh, Leitender BuB-Redakteur

BuB 70 01/2018                                                         001
Mensch oder Maschine? - OPUS 4
BuB
                                Forum Bibliothek
                                und Information

                                01 / 2018

                                              FOYER

                                                   PRAXIS                                     VERANSTALTUNGEN

                                              005 »Kleider machen BibliothekarInnen«     020 Krimi-Duell sorgt für
                                                  Der Einfluss von Kleidung des Bib-         Hochspannung in Hoyerswerda
                                                  liothekspersonals auf die Kontakt-         Geringe Kosten – großer Erfolg: Bri-
                                                  aufnahme von Benutzenden                   gitte-Reimann-Bibliothek entwi-
                                                  (Marcella Haab-Grothof)                    ckelt neues Veranstaltungsformat
                                                                                             (Annekathrin Trojahn)
  SCHWERPUNKT
                                                   AUSLAND
  SACHERSCHLIESSUNG                           008 Der Bücherturm als Zentrum einer
  Eine gute inhaltliche Er-                       dynamischen Informations-
                                                  landschaft
  schließung von Medien ist die                   200 Jahre Bibliothek der Universität
  Voraussetzung für einen ge-                     Gent (Gernot Gabel)
  zielten Zugang zu relevantem
  Wissen – und damit Kernge-
                                                   TAGUNGEN
  schäft für Bibliothekare. Den-
  noch spielt das Thema in der                010 Keine Angst vor großen Ideen!
                                                  Der Bibliotheksleitertag widmete       021 NACHRICHTEN
  allgemeinen Fachdiskussion
                                                  sich erstmals Öffentlichen und
  keine große Rolle. Mit dem                      Wissenschaftlichen Bibliotheken –
  BuB-Schwerpunkt in diesem                       sowie inhaltlich ganz dem Thema        025 MARKT
  Heft wollen wir das ändern.                     »Innovation« (Bernd Schleh)
  Heidrun Wiesenmüller gibt ab                012 Auf dem Weg zu einem »Bundes-
  Seite 26 einen umfassenden                      verband der Deutschen Biblio-
                                                  theks-Freundeskreise (BDB)«
  Überblick über den Stand
                                                  Ein Rückblick auf die sechste und
  der Dinge in Sachen verbaler                    letzte Jahrestagung der »Arbeits-
  Sacherschließung.                               gemeinschaft der Freundeskreise
                                                  im dbv« (Ronald Schneider)
  Ins Blickfeld gerückt ist das
  Thema im vergangenen Som-                                                              LESESAAL
  mer durch die Entscheidung                       ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK

  der Deutschen Nationalbiblio-               014 Gemeinsam online lernen                     SCHWERPUNKT:
  thek, auch gedruckte Medien                     Peer 2 Peer University: Lernteams           SACHERSCHLIESSUNG
                                                  in der Stadtbibliothek Köln
  maschinell zu erschließen.                                                             026 RSWK reloaded
                                                  (Hannelore Vogt)
  Welche Idee dahintersteckt,                                                                Verbale Sacherschließung im Jahr
                                              016 Überzeugende Strategie                     2018 (Heidrun Wiesenmüller)
  ist ab Seite 30 zu lesen. Was
                                                  Stadtbibliothek Eisenach ist Thü-
  Praktiker in ÖBs und WBs                        ringens erste »Erlesene Bibliothek«
  davon halten, zeigen weitere                    (Annette Brunner)                      030 Maschinelle Inhaltserschließung in
  Beiträge des Schwerpunkts.                                                                 der Deutschen Nationalbibliothek
                                                                                             Breiter Sammelauftrag stellt hohe
  Foto: ©peshkova   / Fotolia                      WISSEN FRAGT ... ?                        Anforderungen an die Algorithmen
                                              017 Index – Syntax – Komplex                   zur statistischen und linguisti-
                                                  Auf einen Espresso mit dem                 schen Analyse
Foto Titelseite: Gina Sanders / Fotolia           Künstler Axel Malik zur »Atmo-             (Elisabeth Mödden, Christa Schö-
Fotos Inhaltsverzeichnis: Brigitte-Rei-           sphäre von Bibliotheken«                   ning-Walter, Sandro Uhlmann)
mann-Bibliothek, Gina Sanders / Fotolia,
                                                  (Dirk Wissen)
Staatsbibliothek zu Berlin

002
Mensch oder Maschine? - OPUS 4
AUS DEM
                                                                                    BERUFSVERBAND
036 Ja, wo stehen sie denn ...?               KUNST
    Ein Plädoyer für die verbale                                                    064 Bibliotheksvielfalt zwischen
                                         047 »K« für Kunstwerk
    Inhaltserschließung                                                                 Hofburg und Burggasse
                                             Kunst und Kunstwerke in der
    (Klaus Peter Hommes)                                                                Rückblick auf eine »schiach
                                             Staatsbibliothek zu Berlin
                                             (Gabriele Kaiser)                          schene« Studienreise nach Wien
                                                                                        (Andrea Beißner)
038 »Die automatisierte Sacherschlie-
    ßung kann nicht alleine von der                                                 067 Blick hinter die Kulissen
    DNB geleistet werden«                                                               Besuch des Informationszentrums
    Andreas Degkwitz von der HU Berlin                                                  des Landtages von Baden-
    im Interview: Qualität und Akzep-                                                   Württemberg (Heike Heinisch)
    tanz bei Einführung von automati-                                               068 Herbstsitzung des BIB-Vereins-
    sierter Sacherschließung müssen                                                     ausschusses in Reutlingen
    stimmen (Steffen Heizereder)                                                        (Katrin Lück, Karin Holste-
                                                                                        Flinspach)

040 Automatisierte Verfahren: Die
    Zukunft der Sacherschließung?             PRAXIS
    Stellungnahmen von Anna
                                         052 PDA-Print in der Leihverkehrs-
    Kasprzik und Jakob Voß
                                             und Ergänzungsbibliothek
                                             Projektbericht zur Einführung          001 EDITORIAL
                                             eines neuen Erwerbungsmodells          043 IMPRESSUM
041 Inhaltserschließung am Institut
                                             (Stephan Gülck, Oke Simons)
    für Bibliotheks- und Informa-                                                   070 SUMMARY / RESUME
    tionswissenschaft der Hum-
    boldt-Universität zu Berlin                                                     072 STELLENANZEIGEN
                                              TAGUNGEN
    Inhaltserschließung in der
    Ausbildung bleibt wichtig,           056 Wenn alle Wege nach Frankfurt
    Schwerpunkte ändern sich (Regine         führen
    Beckmann, Vivien Petras)                 Bibliothekare aus zehn Ländern
                                             diskutieren Möglichkeiten internati-
                                             onaler Kooperation auf dem Frank-
044 Warum brauchen Öffentliche               furter Symposium (Heidi Madden,
    Bibliotheken Sacherschließung?           Sarah How, Sarah G. Wenzel)                       AB IN DIE APP!
    Kundenfreundliche Bestandsprä-
    sentation und zielsicheres Auf-
    finden im Katalog / Ein Überblick                                               010 Erstmals auch mit WB-Themen
    über gängige Systematiken und                                                       Der Bibliotheksleitertag wurde noch
    Methoden (Carola Schelle-Wolff)
                                         MAGAZIN                                        bunter, wie eine Fotogalerie zeigt

                                                                                    014 Neue Lernangebote in Köln
                                              FACHLITERATUR                             Ein Handbuch erklärt die Bildung von
                                         060 Das Bibliothekswesen in den USA            freien Lernteams in der Bibliothek
                                             Betrachtung der institutionellen       064 Streifzug durch Wien
                                             Entwicklung ausgewählter                   Impressionen von der Studienrei-
                                             Bibliotheken (Jürgen Plieninger)
                                                                                        se der BIB-Landesgruppe Nieder-
                                         062 Betrachtungen einer                        sachsen/Bremen
                                             Bibliotheksleiterin
                                             Eine Auswahl aus dem früheren
                                             Weblog (Frank Merken)

                                         063 NEUE FACHLITERATUR

BuB 70 01/2018                                                                                                           003
Mensch oder Maschine? - OPUS 4
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HOCHSCHULE FÜR MUSIK, DETMOLD

                                 Die neue Bibliothek der Hochschule für Musik ist baulich mit der LLB verbunden und bildet gemein-
                                 sam mit dieser und dem benachbarten Landesarchiv NRW Abt. Ostwestfalen Lippe (LAV) das „Forum
                                 Wissenschaft | Bibliothek | Musik“.
                                 Dieses neue Zentrum gilt nach dem Rektor der HfM, Prof. Vogel, als „größte und bestausgestattete
                                 Bibliothek einer Musikhochschule“. Das Gebäude ist zentral gelegen, barrierefrei zugänglich und in
                                 besonderem Maße energiesparend angelegt. Die Architektur fügt sich rücksichtsvoll in die benachbarte
                                 Umgebung ein, ohne dabei auf eine eigene Sprache zu verzichten. Es stehen 1000 m² flexibel nutzbare
                                 Bibliotheksfläche auf drei Ebenen zur Verfügung, ein zweigeschossiger Lesesaal, Büro- und Verwal-
                                 tungsbereiche etc. Die beiden Bibliotheken haben in dem gläsernen und von zwei Seiten zugänglichen
                                 Verbindungsbau eine gemeinsame Ausleihe und Rückgabe.
                                 Der Entwurf für die Bibliothek und Sonderlösungen stammen von den UKW Innen-Architekten in
                                 Krefeld (www.ukw-innenarchitekten.de).
                                 Wir als Schulz Speyer haben im Jahre 2015 weitgehend die Inneneinrichtung geliefert in dieses außerge-
                                 wöhnlich ansprechende Gebäude.

WWW.SCHULZSPEYER.DE
PART OF LAMMHULTS DESIGN GROUP

004
Mensch oder Maschine? - OPUS 4
FOYER PRAXIS

»Kleider machen
BibliothekarInnen«

Der Einfluss von Kleidung des Bibliothekspersonals auf die Kontaktaufnahme von Benutzenden

In ihrer Masterarbeit an der HTW             Bewusstsein zu schärfen, denn »[eine] Bi-         »Wer sich stilvoll anzieht, adelt die
Chur konnte Marcella Haab-Grothof            bliothek, die wegen räumlicher, finanziel-    Profession. Ein gepflegt gekleideter
mithilfe einer Online-Umfrage zeigen,        ler oder personeller Vorgaben keinen op-      Mensch […] wertet auf, was er präsen-
dass die Kleiderfarbe und der Klei-          timalen Service bieten kann, was in der       tiert. […] Die Kleidung von Mitarbei-
dungsstil von Bibliothekarinnen und          Realität auf einen sehr großen Teil der Bi-   tern im Kundenkontakt ist damit Marke-
Bibliothekaren sowie ein Namens-             bliotheken zutrifft, wird, wenn ihre Mit-     ting pur. […] Der viel zitierte gute erste
schild Einfluss auf die Entscheidung         arbeiter service- und kundenorientiert        Eindruck kann zwar über eine schlechte
haben, an wen sich die Kunden wen-           denken und handeln, von der überwie-          inhaltliche Vorbereitung oder etwa ein
den. Diese Erkenntnisse liefern Hin-         genden Mehrheit der Kunden positiv ge-        schwaches Produkt nicht hinwegtäu-
weise, wie die Zugänglichkeit von Bi-        sehen.« (Hilpert 2014, S. 15)                 schen. Er ist aber der Türöffner.« (Star-
bliotheksangestellten verbessert wer-            Kleidung ist ein Teil der menschli-       lay 2015)
den kann.                                    chen Identität. Sie sagt etwas über die
                                             soziale Zugehörigkeit aus und hat einen
Meistens wird im Bereich Kundenkon-          Einfluss auf das Selbstbild eines Men-       Die Umfrage
takt der Fokus auf das Auskunftsinter-       schen (Hoffmann 1981, S. 280–281).
view gelegt. Selten oder nie wird da-        Damit ist Kleidung ein wichtiger non-        Um herauszufinden, welchen Einfluss
gegen untersucht, was vor der Kon-           verbaler Faktor. »Aus Kleidungssigna-        der Kleidungsstil, die Kleiderfarbe und
taktaufnahme passiert und ob die             len lassen sich Schlüsse ziehen auf phy-     ein Namensschild auf die Entscheidung
Zugänglichkeit des Personals verbessert      sische, psychische und soziale Eigenhei-     von Kunden haben, zu welchem/r Bib-
werden kann und muss                                                                                    liothekaren/in sie lieber
(Bonnet und McAlexander                                                                                 gehen, wurde eine On-
2012, S. 277). Für die Nut-                                                                             line-Umfrage mit Fotos er-
zer ist das Verhalten des                                                                               stellt. Die Umfrage orien-
Bibliothekars wichtiger                                                                                 tierte sich an der amerika-
als das »bibliothekarische                                                                              nischen Studie von Bonnet
Fachwissen oder die Aus-                                                                                und McAlexander (2012,
stattung der Bibliothek«                                                                                2013).
(Barz 2007, S. 147). Men-                                                                                   Für jedes Geschlecht
schen sind stark visuell ge-                                                                            wurde ein sogenanntes
steuert und verlassen sich                                                                              Baseline-Bild erstellt: Bib-
aus Gründen der Effizienz Abbildung 1: Beispielseite aus der Umfrage (Screenshot: LimeSurvey; Fotos:    liothekar beziehungsweise
auf den ersten Eindruck Karl Haab)                                                                      Bibliothekarin mit blauem
(Sampson 1995, S. 28).                                                                                  Oberteil (casual) ohne Na-
Dieser erste Eindruck entscheidet, ob die      ten des Trägers, die von Beobachtern       mensschild. Dieses wurde mit anderen
Bibliothekarin zugänglich erscheint, und       auch bei der Planung und Durchfüh-         Bildern verglichen, bei denen entweder
bleibt oft sehr lange bestehen (Bonnet         rung eigenen Handelns berücksichtigt       der Kleidungsstil oder die Kleiderfarbe
und McAlexander 2012, S. 284). Er wird         werden.« (Sommer 1989, S. 73) Im Ein-      verändert war oder ein Namensschild
vor allem durch nonverbale Kommunika-          zelhandel, Tourismus-, Banken- und Ge-     getragen wurde. Beim Stil wurde »ca-
tion (NVK) bestimmt. NVK besteht nach          sundheitswesen sowie anderen Berufs-       sual« mit »formal« verglichen, bei den
Argyle (2013, S. 11) nicht nur aus Mimik       zweigen sind Vorschriften für Kleidung     Farben Blau mit Weis und Rot. Die Teil-
und Gestik, sondern ebenso aus Kleidung,       seit Jahren üblich und rechtlich auch zu-  nehmer sollten jeweils die Person ankli-
Geruch und dem Erscheinungsbild ganz           lässig (Baumgartner 2016). In Bibliothe-   cken, auf die sie bei einer Frage in einer
allgemein. Die meisten dieser Punkte sind      ken wäre die Wirkung von Vorschriften      Bibliothek lieber zugehen würden. Ab-
relativ einfach zu beeinflussen, wenn man      in Hinsicht auf Qualitätsstandards eben-   bildung 1 zeigt eine Beispielseite der
sich ihrer bewusst ist. Es ist wichtig, dieses falls zu überlegen:                        Umfrage.

BuB 70 01/2018                                                                                                                   005
Mensch oder Maschine? - OPUS 4
FOYER PRAXIS

    Zusätzlich gab es noch einen weite-
ren Frageblock. Die Teilnehmer sollten
angeben, wie wichtig einzelne Merk-
male des Bibliothekspersonals für sie
sind. Folgende Merkmale wurden ab-
gefragt: Alter, Geschlecht, Kleiderfarbe,
Kleidungsstil, Namensschild. Neben der
Umfrage wurden Interviews mit Biblio-
theksverantwortlichen geführt, um he-
rauszufinden, ob Kleidung in Deutsch-
schweizer Bibliotheken ein Thema ist.

Die Ergebnisse

Die Online-Umfrage wurde von 1 444             Abbildung 2: Je älter die Befragten sind, desto wichtiger wird der Kleidungsstil.
Teilnehmern aus der Deutschschweiz
komplett ausgefüllt. Die Teilnehmer set-       um Einheitskleidung, sondern lediglich            ist, lohnt es sich, darauf zu achten und
zen sich zusammen aus 1 110 Frauen             um Leitlinien, wie das Erscheinungsbild           sich bewusst für den Kundenkontakt
und 334 Männern im Alter von 16 bis            die eigene Kompetenz sowie die posi-              zu kleiden: Bibliothekare sollten sich
über 65 Jahren.                                tive Wirkung der Bibliothek unterstrei-           eher formal als casual kleiden, das wirkt
    Die Bibliothekare wurden je nach           chen kann. Es wird ein professionell              zugänglicher.
Kleidungsstil und Kleiderfarbe unter-          wirkendes Erscheinungsbild angestrebt,                 Ein Namensschild erhöht die Zu-
schiedlich wahrgenommen, wobei der             das dem Arbeitsort in einem Dienstleis-           gänglichkeit ebenfalls, außerdem ist es
Favorit formale, blaue Kleidung mit Na-        tungsbetrieb mit Kundenkontakt an-                den Kunden wichtig. Deshalb sollte es
mensschild war. Der Kleidungsstil sowie        gemessen ist; ein Namensschild gehört             möglichst konsequent getragen werden.
ein Namensschild waren für die Umfra-          überall dazu. Wenn die Richtlinien ge-                 Aufgrund dieser Erkenntnisse ist es
geteilnehmer von Bedeutung (siehe Ab-          meinsam im Team erarbeitet wurden,                angebracht, das Bewusstsein für das Er-
bildung 2 und 3), die Kleiderfarbe, das        werden sie in der Regel gut akzeptiert.           scheinungsbild zu schärfen, denn nicht
Alter sowie das Geschlecht des Biblio-             Für den bibliothekarischen Alltag             nur der Gesichtsausdruck, sondern
thekspersonals jedoch nicht.                   kann Folgendes festgestellt werden:               auch die Kleidung spielt eine Rolle für
    Die Interviews mit sieben Personen             Mit einem blauen Oberteil können              den ersten Eindruck und damit für den
in leitender Funktion von ausgewähl-           Bibliothekare ihre Zugänglichkeit er-             Kundenkontakt.
ten Bibliotheken zeigten, dass es ein-         höhen. Rote Oberteile sollten eher ver-                Die Resultate der Untersuchung
zelne Institutionen gibt, die ihren Mit-       mieden werden; sie können unzugäng-               können als Anregung dienen, die eigene
arbeitenden Vorschriften bezüglich             lich wirken. Die Farben an sich sind den          Thekenperformance zu analysieren und
Kleidung und Erscheinungsbild ma-              Kunden jedoch nur bedingt wichtig.                gegebenenfalls zu verändern. Sie kön-
chen. Dabei geht es in keiner Bibliothek           Da der Stil den Kunden aber wichtig           nen auch Grundlage für eine Diskussion
                                                                                                 in einem Bibliotheksteam sein, über ihr
                                                                                                 Erscheinungsbild und ihren Kundenkon-
                                                                                                 takt nachzudenken.
                                                                                                      Die vollständige Arbeit kann im In-
                                                                                                 ternet heruntergeladen werden: http://
                                                                                                 www.htwc hur.c h/digit al-science/
                                                                                                 forschung-und-dienstleistung/chu
                                                                                                 rer-schriften.html (Schrift 90)

                                                                                                 Das Literaturverzeichnis

                                                                                                 Argyle, Michael (2013): Körpersprache &
                                                                                                   Kommunikation. Nonverbaler Ausdruck
                                                                                                   und soziale Interaktion. 10. überarb.
                                                                                                   Neuaufl. Paderborn: Junfermann
                                                                                                 Barz, Carmen (2007): Qualitative Unter-
                                                                                                   suchung des Auskunftsdienstes der
Abbildung 3: Die überwiegende Mehrheit spricht sich für Namensschilder aus.                        Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig.

006
Mensch oder Maschine? - OPUS 4
FOYER PRAXIS

        Ein Praxisbericht. In: Tom Becker                          Informationsvermittlung. Berlin: De
        und Carmen Barz (Hg.): »Was für ein                        Gruyter Saur (Bibliotheks- und Informa-
        Service!«. Entwicklung und Sicherung                       tionspraxis, 52)
        der Auskunftsqualität von Bibliotheken.              Hoffmann, Hans-J. (1981): Kommunikation
        Wiesbaden: Dinges & Frick (BIT online                  mit Kleidung. In: Communications (7), S.
        Innovativ, 13), S. 145–158                             269–290. Online verfügbar unter https://
      Baumgartner, Gabriela (2016): Dresscode.                 www.degruyter.com/downloadpdf/j/
        Angemessen angezogen zur Arbeit. In:                   comm.1981.7.is
        Beobachter Online, 09.02.2016. Online                  sue-2-3/comm.1981.7.2-3.269/
        verfügbar unter http://www.beobachter.                 comm.1981.7.2-3.269.xml, zuletzt ge-
        ch/arbeit-bildung/arbeitgeber/artikel/                 prüft am 19.10.2016
        dresscode_angemessen-angezogen-zur-                  Sampson, Eleri (1995): First impressions.
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        10.1016/j.acalib.2012.06.002
                                                             Starlay, Katharina (2015): Warum Firmen               nasium. Ursprünglich ausgebildet
      Bonnet, Jennifer L.; McAlexander, Benja-                 Dresscodes brauchen. Plädoyer für                   als Grundschullehrerin begann sie
        min (2013): First Impressions and the                  Kleidervorschriften. In: Spiegel Online,            nach mehrjähriger bibliothekari-
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        Affect and Clothing on Librarian Appro-                                                                    scher Tätigkeit ein Weiterbildungs-
                                                               http://www.spiegel.de/karri
        achability. In: The Journal of Academic                ere/dresscode-im-buero-warum-kleider                studium an der Hochschule für Tech-
        Librarianship 39 (4), S. 335–346. DOI:                 vorschriften-nuetzlich-sind-a-1065872.              nik und Wirtschaft Chur, das sie im
        10.1016/j.acalib.2012.11.025                           html, zuletzt geprüft am 16.10.2016                 Juni 2017 erfolgreich mit dem MAS
      Hilpert, Wilhelm (2014): Benutzungs-                                                                         Information Science abschloss.
        dienste in Bibliotheken. Bestands- und
                                                                                   Marcella Haab-Grothof
               DABIS_A5_quer_cl_ohne_Termin.pdf   1   29.11.2017     15:18:58
                                                                                                                                                   ANZEIGE

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Mensch oder Maschine? - OPUS 4
Beliebt bei Touristen und Studenten: Die belgische Stadt Gent bietet neben einer traditionsreichen Universität auch eine sehenswerte
Altstadt. Foto: Horváth Botond / Fotolia.com

Der Bücherturm als Zentrum einer
dynamischen Informationslandschaft

200 Jahre Bibliothek der Universität Gent

Anfang Oktober 2017 luden Univer-               der traditionsreichen Handels- und In-          eine von ihnen als bäuerlich und rück-
sität und Stadtverwaltung von Gent              dustriestadt Gent, und so war bei der           ständig verachtete Sprache. Genter Stu-
die Öffentlichkeit ein, an den Feiern           Gründungszeremonie am 9. Oktober                dentenvereinigungen, die sich ab der
zum 200. Gründungstag der Universi-             1817 vor etwa 190 Studenten und ei-             Jahrhundertmitte für Flämisch als zu-
tät teilzunehmen. Um möglichst viele            nem Dutzend Professoren der niederlän-          sätzliche Unterrichtssprache einsetzten,
Menschen anzusprechen, wurden ne-               dische Kronprinz der Ehrengast.                 wurden von der Professorenschaft mit
ben einem Festakt rund 230 Vorträge,                Nachdem sich die sogenannten süd-           dem Argument abgewiesen, das Flämi-
Führungen, Workshops, Konzerte und              lichen Niederlande 1830 mit einer Revo-         sche sei nun mal keine Wissenschafts-
Spiele angeboten.                               lution vom nördlichen Nachbarn losge-           sprache. Auch vom Parlament in Brüs-
                                                sagt und sich unter dem Namen Belgien           sel war keine Hilfe zu erwarten, denn
                                                als neuer Staat konstituiert hatten, über-      die Abgeordneten gehörten schließlich
                                                nahm eine adelig-großbürgerliche Ober-          überwiegend der frankophonen Ober-
Die Universität                                 schicht das Regime im Lande. Diese war          schicht an.
                                                frankophon und von der Superiorität                 Als 1914 deutsche Truppen Belgien
Die Genter Universität war seit ihrer           der französischen Sprache und Kultur            besetzten und Gent zum Hauptquartier
Gründung nicht nur eine Stätte der              überzeugt, und so wurde von der neuen           einer deutschen Armee wurde, schloss
Lehre und Forschung, sie erlangte im            Regierung 1835 Französisch als Unter-           die Universität ihre Tore. Angesicht des
Laufe der Jahre auch eine bemerkens-            richtsprache der Universität festgelegt.        harten Besatzungsregimes – die Men-
werte politische Bedeutung. Den An-             Bald übernahmen ihre Absolventen die            schen litten unter Mangelernährung
stoß für ihre Gründung gab 1815 indi-           Spitzenpositionen in Verwaltung, Jus-           und Einschränkungen durch das Kriegs-
rekt der Wiener Kongress, als die euro-         tiz, Industrie, Armee, Presse und Bil-          recht – suchte die deutsche Generalität
päischen Großmächte nach Napoleons              dungswesen, auch in dem mehrheitlich            die Bevölkerung Flanderns durch ihre
Abdankung eine umfassende politische            von Flamen bevölkerten Landesteil, was          sogenannte »Flamenpolitik« für sich
Neuordnung Europas verfügten und das            dort zu erheblichen Spannungen und              einzunehmen. Mit Verweis auf gemein-
Gebiet zwischen Nordsee und den Ar-             schließlich zur Gründung einer flämi-           same germanische Wurzeln hoffte man
dennen, jahrhundertelang ein Kriegs-            schen Bewegung führte.                          die flämischen Aktivisten zur Kollabo-
schauplatz der großen Nachbarstaaten,                                                           ration zu bewegen. Um die Ernsthaftig-
dem neuen Königreich der Vereinigten                                                            keit solcher Bemühungen sichtbar zu
Niederlande zuschlugen. Um dort das             Der Sprachenstreit                              unterstreichen, gründete die deutsche
höhere Bildungswesen auszubauen, de-                                                            Verwaltung 1916 in Gent die »Vlaam-
kretierte der niederländische Monarch           Die frankophonen Eliten weigerten sich          sche Hoogeschool«, natürlich mit Flä-
1816 die Gründung einer Universität in          mehrheitlich, das Flämische zu erlernen,        misch als Unterrichtssprache. Doch nach

008
Mensch oder Maschine? - OPUS 4
FOYER AUSLAND

Abzug der deutschen Truppen wurde             diente, wurden die Bände in den Seiten-       Jedoch konnte man aus Material-
diese Hochschule umgehend geschlos-           kapellen verwahrt.                        und Geldmangel den als Gesamtkunst-
sen, und 1919 nahm die Genter Univer-            Dieser aus Geldmangel hingenom-        werk konzipierten Bau – der Architekt
sität in alter Tradition ihre französischen   mene Zustand galt als provisorisch,       hatte auch alle Details der Inneneinrich-
Lehrveranstaltungen wieder auf.               aber erst als nach Ankauf mehrerer Pri-   tung, von der Beleuchtung über das Mo-
    Aber »der Geist war aus der Fla-          vatsammlungen die Raumnot unüber-         biliar bis zur Heizungsverkleidung, ent-
sche«, und zu Beginn der 1920er-Jahre         sehbar wurde, kam 1880 der Anbau ei-      worfen – nur mit qualitativen Abstrichen
kam es zu heftigen Debatten im Parla-         nes Lesesaals mit Magazinteil zustande.   vollenden. Außerdem hatten die deut-
ment und sogar zu Straßenkämpfen we-          Nach Ende des Ersten Weltkriegs ging      schen Truppen 1940 auf dem obersten
gen des Sprachenkonflikts. Der 1923           man schließlich die Planungen für ein     Geschoss, dem als Aussichtsbereich ge-
vom Wissenschaftsministerium vorge-           Bibliotheksgebäude mit Nachdruck an       stalteten Belvedere, einen Observations-
legte Reformplan für eine zweisprachige       und beauftragte Henry van de Velde        posten eingerichtet und später auch ein
Universität erwies sich in der Praxis als     (1863-1957, Gründer der Weimarer          Flak-Geschütz aufgestellt, das sie vor ih-
wenig tauglich. Als die flämischen Na-        Kunstgewerbeschule, der Keimzelle des     rem Abzug 1944 sprengten, was zu Ris-
tionalisten 1929 die Parlamentswahlen         Bauhauses, seit 1925 Professor an der     sen in den Magazindecken führte. In
gewannen, bestimmten sie per Gesetz           Genter Universität) mit dem Entwurf für   späteren Jahren zeigten sich durch Rost-
Gent zur ersten ausschließlich flämisch-      einen Neubau auf dem Blandijnenberg,      befall wiederholt Schäden an der Turm-
sprachigen Universität Belgiens. Bis in       der höchsten Erhebung der Stadt.          hülle, sodass erste Reparaturarbeiten er-
die Nachkriegszeit blieb diese sprachli-                                                forderlich waren und schließlich der Ruf
che Ausrichtung unangefochten, doch                                                     nach einer Generalüberholung (Kosten-
mit der zunehmenden Internationali-           Der Bücherturm                            schätzung rund 40 Millionen Euro) laut
sierung, unter anderem gefördert durch                                                  wurde.
das Erasmus-Austauschprogramm, wur-         Angeregt durch                                  Als das Wissenschaftsministerium
den ebenfalls englischsprachige Lehr-       neue Bibliotheks-                           aus Geldmangel ablehnte, erwies sich
veranstaltungen angeboten. Heute            bauten in Bern                              als glücklicher Umstand, dass ein ver-
kommt etwa jeder Zehnte                     und Cambridge                               mögender Sammler die Bauunterlagen
der rund 40 000 Studie-                     entwarf der inter-                          Van de Veldes 2002 bei einer Auktion
renden an der Genter Uni-                   national renom-                             ersteigert hatte und nach einem Besuch
versität aus dem Ausland.                   mierte Architekt,                           vom baulich desolaten Zustand der Bi-
Der Andrang ist weiterhin                   übrigens gegen                              bliothek so erschüttert war, dass er die
groß, denn die Universi-                    das Votum der                               Presse mobilisierte und mit Unterstüt-
tät hat einen exzellenten                   damaligen Biblio-                           zung der Universität und eines breiten
Ruf und zählt zu den 100 Top-Hochschu-      theksleitung, einen Bücherturm mit an-      Netzwerks die Öffentlichkeit beschwor,
len der Welt (derzeit belegt sie Platz 69   grenzendem flachem Trakt für die Kata-      dieses Erbe des Architekten (seit 1992
im »Academic Ranking of World                                    log- und Lesesäle.     ein denkmalgeschütztes Objekt) zu be-
Universities«).                                                  Die Bauarbeiten        wahren. Schließlich willigte das Minis-
                                                                 begannen 1936          terium ein. Nach Abschluss der 2012
                                                                 und waren, be-         begonnenen Sanierung soll sich das Ge-
Die Bibliothek                                                   dingt durch Krieg      samtkunstwerk endlich gemäß den ur-
                                                                 und Besatzung,         sprünglichen Intentionen des Architek-
In den ersten Jahrzehnten ih-                                    erst 1942 been-        ten präsentieren.
rer Existenz nutzte die Univer-                                  det. Der 64 Meter          Mit ihren rund drei Millionen Bän-
sität Gebäude in der Genter                                      hohe, aus Stahlbe-     den, darunter wertvolle Handschrif-
Innenstadt, meist ehemalige                                      ton errichtete Bü-     ten, Inkunabeln und Frühdrucke, ge-
Klöster und Kirchengebäude,                                      cherturm weist 24      hörte Gent zu den ersten Universitäts-
die nach der französischen Be- Bücherturm der UB Gent.           Magazingeschosse       bibliotheken, die mit Google einen
setzung des Landes aufgehoben Fotos: Gabel                       auf mit einer Kapa-    Vertrag zur Digitalisierung von Bestän-
worden waren. Die aus diesen                                     zität für rund zwei    den abschloss (bisher mehr als 200 000
konfiszierten Handschriften und Bü-         Millionen Bände. Als Kontrast zu den        Bände). Die UB fungiert heute als Zen-
chern entstandene Sammlung nutzte die       drei mittelalterlichen Kirchtürmen der      trum eines Verbunds aus neun Fakul-
Stadt 1804 zur Einrichtung einer Stadt-     Altstadt wurde der wuchtige, mit ver-       täts- und etwa 200 Instituts- und Se-
bücherei in der Baudeloabtei. Anfang        tikalen Lichtbändern versehene Maga-        minarbibliotheken, mit denen sie
1818 wurden Gebäude wie Kollektion          zintrakt zum weithin sichtbaren Wahr-       kooperiert zwecks Schaffung einer dy-
der neuen Universität als Dauerleihgabe     zeichen der gesamten Universität, zu        namischen Informationslandschaft
übereignet. Im spätgotischen Kirchen-       einem Symbol für die Moderne und für        (Webseiten: https://lib.ugent.be).
schiff der Abtei, das zugleich als Lesesaal den Wissenschaftsstandort Flandern.                                      Gernot Gabel

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Mensch oder Maschine? - OPUS 4
FOYER TAGUNGEN

Keine Angst vor großen Ideen!                                                              übertragen. Der Innovations-Experte
                                                                                           sagte unmissverständlich: »Wer hier nicht
                                                                                           mithält, ist irgendwann weg.«
                                                                                                Meyers Rezept, um in der digitalen
Der Bibliotheksleitertag widmete sich erstmals Öffentlichen und                            Umwälzung nicht unterzugehen: Inno-
Wissenschaftlichen Bibliotheken – sowie inhaltlich ganz dem                                vationen. Sein Ratschlag: »Bauen Sie
                                                                                           Luftschlösser, träumen Sie und lassen
Thema »Innovation«
                                                                                           Sie sich von Ihren Ideen nicht abbrin-
                                                                                           gen, auch wenn andere Sie für einen
                                                                                           Spinner halten.« Die größte Gefahr für
Mit dem Motto »Was sich ändert,             Shopping-Malls der Republik. Dazu              innovative Ideen seien indes nicht die
bleibt. Neue Rollen – neue Chancen«         stellte der Experte unmissverständlich         Warner und Zauderer von außen, son-
hat OCLC beim Bibliotheksleitertag          klar: »Innovation heißt nicht, Erfolgsre-      dern die Schere im eigenen Kopf. Angst
2017 Ende November in Mannheim              zepte zu kopieren.« Viele vermeintliche        vor der eigenen Vision, eingefahrene Ge-
das Thema »Innovation« in den Mittel-       Innovatoren gingen hier den einfachen          wohnheiten und langjährige Erfahrun-
punkt gestellt – und bei der Tagungs-       Weg. Sie wollten zwar das Neue, aber           gen, die in der Regel mehr auf Gefühlen
organisation gleich umgesetzt: Zum          es sollte nicht zu neu sein und auf jeden      als auf Fakten beruhen, nannte er als die
ersten Mal gab es bei der gut einge-        Fall sicher funktionieren. Das, so Meyer,      drei größten Innovationskiller. Um nicht
führten Veranstaltung für Öffentliche       habe mit Innovation nichts zu tun. Inno-       in diese Falle zu tappen, sei es sinnvoll,
Bibliotheken auch Vorträge aus dem          vation sei immer mit Risiko verbunden,         mit kleinen Ideen zu beginnen und diese
Bereich der Wissenschaftlichen Bib-         man müsse als erster eine neue Idee um-        dann nach und nach auszudehnen – bis
liotheken. Ein Konzept, das aufging:        setzen, ohne Netz und doppelten Boden.         man die bisherigen Grenzen überschrit-
Mehr als 200 Bibliothekare aus bei-             Die Konsequenzen von echten Innova-        ten habe.
den Sparten besuchten die 13. Aus-          tionen, gerade im digitalen Bereich, kön-           Was es dafür braucht? Meyer meint:
gabe des Bibliotheksleitertags.             nen enorm sein und ganze Wirtschafts-          »Mut – und dann einfach machen und
                                            branchen umkrempeln. So ist das bei-           vor allem durchhalten!« Wie lange seien
Mit einer weiteren kleinen Innovation       spielsweise in der Musikindustrie mit          Innovatoren für ihre Idee des fliegenden
startete die Tagung: Die Teilnehmer         Einführung der Streaming-Dienste ge-           Autos belächelt worden? »Zurzeit«, be-
konnten sich per App-Live-Abstimmung        schehen. Meyer: »Der Markt hat sich            tonte Meyer, »heben die ersten Passa-
zu der Frage äußern, ob es in Bibliothe-    komplett neu ausgerichtet, die alten Ge-       gierdrohnen in Dubai ab.« Der Redner
ken besonders schwierig sei, innova-        schäftsmodelle wurden wertlos.« Was            ist sich sicher: »Schon in wenigen Jahren
tiv zu sein. Das Ergebnis war eindeutig.    die Musikbranche an digitaler Umwäl-           wird diese Art der Fortbewegung ganz
Zwei Drittel verneinten das und waren       zung bereits verarbeitet habe, müssten         selbstverständlich sein.«
damit der Überzeugung, dass Bibliothe-      andere Wirtschaftszweige aktuell noch
ken ein geeigneter Ort für Innovatio-       durchstehen. Meyer nannte hier den tra-
nen sind. Diese Zuversicht dürfte im fol-   ditionellen Journalismus, der mit einem        Sonntagsöffnung und Open Library
genden Auftaktvortrag bei so manchem        komplett veränderten Informationsver-
Teilnehmer zerbröckelt sein. Denn Jens-     halten, ausgelöst durch digitale Medien,       Nach dem theoretischen Höhenflug in
Uwe Meyer, angekündigt als »Deutsch-        konfrontiert sei oder auch die traditio-       Sachen Innovation ging es in Einzelvor-
lands Nr. 1 Experte für Innovation & di-    nelle Bankenszene, die bei Kredit- und         trägen hinunter in die Niederungen der
gitale Disruption« ließ keinen Zweifel      Finanzgeschäften immer häufiger das            bibliothekarischen Praxis sowohl bei
daran, was Innovation eigentlich be-        Nachsehen gegenüber digitalen Angebo-          Wissenschaftlichen als auch bei Öffent-
deutet: Risiko, Spinnerei, radikale Um-     ten habe. Meyer erklärte dazu: »Die Ver-       lichen Bibliotheken. Bei den ÖBs stand
setzung, Unsicherheit. Allesamt Schlag-     braucher sind aus dem Internet gewohnt,        zunächst die gar nicht mehr so neue »In-
wörter, die man nicht in erster Linie mit   dass alles sofort und überall verfügbar ist,   novation« der Sonntagsöffnung auf dem
Bibliotheken verbindet.                     mit wenigen Klicks erledigt werden kann        Programm. Brigitte Behrendt berichtete
    Der Begriff »Innovation«, stellte       und selbst Reparaturen – beispielsweise        von ihren Erfahrungen in der Stadtbib-
Meyer gleich zu Beginn fest, werde heut-    im Softwarebereich – inzwischen on-            liothek Mönchengladbach.1 Seit 2012
zutage inflationär verwendet. Nur ganz      line stattfinden.« Diese Ansprüche wür-        ist dort die Stadtteilbibliothek Rheydt
selten sei auch Innovation drin, wo Inno-   den nach und nach auf alle Branchen            sonntags geöffnet – mit großem Erfolg.
vation draufstehe. Beispiel gefällig? Die                                                  Die Besucherzahl ist stark angestiegen
Gestaltung deutscher Innenstädte. Egal                                                     und vor allem auch die Verweildauer in
ob Stuttgart, München oder Gelsenkir-                  Weitere Eindrücke vom Bib-          der Bibliothek. Fast die Hälfte der Be-
chen – überall gebe es inzwischen die-                 liotheksleitertag zeigt eine        sucher sind Jugendliche und junge Er-
selbe Abfolge von H&M, Starbucks, Ci-                  Fotogalerie in der BuB-App .        wachsene, die häufig in der Gruppe
nemaxx, Zara … in den »innovativen«                                                        kommen und die Bibliothek sonntags

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als Lernort und Treffpunkt nutzen. Beh-     Citizen Science, also offene
rendt erklärte: »Viele kommen, weil         Wissenschaftsarbeit mit
sonntags die Atmosphäre ganz beson-         Unterstützung von Frei-
ders entspannt ist.« Da verschmerzen        willigen. Das bekannteste
die Besucher auch gerne, dass es keine      Projekt in diesem Zusam-
fachliche Betreuung gibt. 75 Prozent der    menhang ist die jährliche
Nutzer sehen darin kein Problem.            Vogelzählung des Natur-
     Positive Erfahrungen, obwohl das       schutzbunds Deutschland
Bundesarbeitszeitgesetz eine Sonntags-      (NABU). Freiwillige Helfer
öffnung für Öffentliche Bibliotheken        bestimmen und zählen an
eigentlich gar nicht zulässt. Wie passt     einem bestimmten Tag die
das zusammen? In Mönchengladbach            Vögel in ihrem Garten und
wurde Meyers Strategie der kleinen In-      melden das Ergebnis on-
novationsschritte angewendet und die        line an eine Zentrale. Die
Grenze immer wieder mal ein bisschen        Wissenschaftler erhalten
ausgeweitet, zum Beispiel im Rahmen         auf diese Weise wertvol-
eines Stadtreparaturprojekts oder mit       les Datenmaterial, das sie
anderen Vereinbarungen auf kommuna-         allein mit wissenschaftli-
ler Ebene.                                  chen Mitarbeitern in die-
     Ein ähnliches Innovationsprojekt       sem Umfang niemals erhe-
stellte Carolin Rohrßen von den Ham-        ben könnten.
burger Öffentlichen Bücherhallen vor.           Diese Arbeitsmethode
In der Hansestadt wird mit technischen      funktioniert auch in Bib-
Maßnahmen die Verlängerung der Öff-         liotheken. Praktische Um-
nungszeiten vorangetrieben. Pilotpro-       setzungen sind vor allem
jekt war die Open Library in der Stadt-     aus den USA bekannt. Die
teilbibliothek Finkenwerder.2 Auch dort     New York Public Library
wurde die Bibliothek ohne Personal          beispielsweise betreibt Keine Angst vor Innovationen: Referent Jens-Uwe Meyer
rasch von den Nutzern angenommen.           seit Längerem das Pro- erklärte, wie man ungewöhnliche Ideen umsetzt. Foto:
Bis Ende 2019 sollen in Hamburg 23          jekt »Building Inspector«. www.MiloFoto.de
weitere Filialen mit Open-Library-Kon-      Dabei werden historische
zept folgen. Rohrßen unterstrich: »Das      Landkarten aus dem eigenen Bestand          es muss auch eine geeignete Software
ist ein gutes Angebot, um den Rückgang      ins Internet gestellt. Freiwillige sollen   zur Verarbeitung der erhobenen Da-
bei den Ausleihen auszugleichen.« Und       dann Details identifizieren und Infor-      ten gefunden und die Qualität der Da-
die innovative Leistung? Sie besteht hier   mationen anfügen. Die Bibliothek kann       ten überprüft werden. Hinzu kommt die
nicht zuletzt darin, die richtige Balance   diese Angaben in den Landkarten wie-        Aufbereitung der Daten, die geeignete
zwischen Vertrauen und Kontrolle zu         derum mit anderen Beständen verknüp-        Präsentation und und und ... Angesichts
finden, wenn die Besucher ganz ohne         fen, sodass kombinierte Fakten über die     der knappen Ressourcen in vielen Wis-
begleitendes Personal in der Bibliothek     Stadtgeschichte entstehen.                  senschaftlichen Bibliotheken also doch
sind. Die Hamburger Bibliothekarin re-          Bunge erklärte: »Bibliotheken kön-      nur eine Spinnerei? Oder eben die not-
sümierte: »Bei uns geht das Konzept bis-    nen sich damit als moderne und inno-        wendige Voraussetzung für eine erfolg-
her zu 100 Prozent auf.«                    vative Einrichtungen präsentieren.« Mit     reiche Innovation – je nach Sichtweise.
                                            solchen Projekten werde nicht nur der           Weitere spannende Vorträge des Ta-
                                            Bekanntheitsgrad der Bibliothek erhöht,     ges befassten sich mit der Profilbildung
Citizen Science                             sondern auch das Image verbessert so-       von Bibliotheken durch eine durch-
                                            wie das Interesse für die Einrichtung       dachte Veranstaltungsarbeit oder mit
Warum immer alles alleine machen,           und die unterschiedlichen Bestände ge-      der Methode des Design Thinking zur
fragte Eva Bunge von der Bibliothek         weckt. Zudem könne sich die Bibliothek      erfolgreichen Ideenfindung. Dazu gibt
des Deutschen Museums in München,           hier als kompetenter Partner für Wis-       es im Internet unter www.bibliothekslei
und stellte damit eine innovative Idee      senschaftseinrichtungen anbieten, die       tertag.de ausführlichere Informationen.
für Wissenschaftliche Bibliotheken vor:     bei umfangreichen Forschungsvorhaben        Abgeschlossen wurde der Fortbildungs-
                                            zunehmend auf Citizen Science setzten.      tag mit einer kleinen Feier zum 50-jäh-
1 Siehe hierzu BuB-Heft 2/2015, Seite 100       Auf die Schnelle lässt sich so ein Pro- rigen Bestehen von OCLC als globalem
  und Seite 110, sowie BuB-Heft 5/2016,     jekt freilich nicht auf die Beine stellen.  Bibliotheksverbund.
  Seite 258                                 Es müssen nicht nur die freiwilligen Hel-                              Bernd Schleh,
2 Siehe hierzu BuB-Heft 4/2015, Seite 211   fer zuverlässig betreut werden, sondern                               BuB-Redakteur

BuB 70 01/2018                                                                                                              011
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  Auf dem Weg zu einem »Bundesverband
 der Deutschen Bibliotheks-Freundeskreise
                  (BDB)«
                      
         Ein Rückblick auf die sechste und letzte Jahrestagung der »Arbeitsgemeinschaft der
                                       Freundeskreise im dbv«

Der am 15. Oktober 2016 auf der           Vortag begann und eine Besichtigung           Thema »Einbindung von Freiwilligen
5. Jahrestagung der »AG der Freun-        der Zentralbibliothek in der Hasengasse       in den Bibliotheksbetrieb« stand. Uwe
deskreise im dbv« in Stuttgart neu ge-    und natürlich der DNB, eine Altstadt-         Janssen stellte zunächst das Konzept des
wählte Vorstand der »Arbeitsgemein-       führung und ein gemeinsames Abend-            ehrenamtlichen Engagements in Lein-
schaft der Freundeskreise im dbv«,        essen mit viel Frankfurter Lokalkolorit       felden-Echterdingen vor, wo zwei Orts-
Volker Pirsich (Vorsitzender), Uwe        enthielt.                                     teil-Bibliotheken, die geschlossen wer-
Janssen und Kurt Idrizovic, hatte und         Die eigentliche Arbeitstagung am 7.       den sollten, durch das Engagement des
hat sich bislang vorrangig mit dem        Oktober, an der trotz des sturmbeding-        Freundeskreises und seiner Mitglieder
Thema Verselbstständigung der AG          ten Bahnchaos und einiger kurzfristi-         erhalten werden konnten. Der Freun-
und Gründung eines rechtsfähigen          ger Absagen über 30 Freundeskreis-Ver-        deskreis ist Vertragspartner der Stadt
Vereins zu befassen. Auslöser hierzu      treter teilnahmen, wurde eingeleitet          und organisiert den Bibliotheksbetrieb
war der ausdrückliche Wunsch des          durch die Grußworte von Ute Schwens,          mit 40 Ehrenamtlichen. Der Preis der
Deutschen Bibliothek sverbands            der stellvertretenden Generaldirektorin       Erhaltung beider Zweigstellen sei aber
(dbv), die »AG der Freundeskreise« bei    der DNB, die ihr Haus mit den beiden          ein deutlicher Qualitätsverlust im Bib-
ausreichender Mitgliederstärke aus        Standorten Frankfurt und Leipzig kurz         liotheksangebot. Hier setzte auch die
dem dbv als Bibliotheksträger-Ver-        vorstellte. Danach konnte zum vierten         lebhafte Diskussion an, in der sich eine
band auszugliedern. In drei Koordi-       Mal der Preis »Freundeskreis des Jah-         klare Mehrheit für eine Kombination von
nierungsrunden mit dem dbv wurde          res« vergeben werden, wie immer ge-           Haupt- und Ehrenamt aussprach.
2016 und 2017 versucht, die organi-       sponsert von der Firma Datronic/Augs-
satorischen und rechtlichen Probleme      burg. Der erste Preis, dotiert mit 1 000      Nach einer Einarbeitungszeit
auf dem Wege einer Loslösung der AG       Euro, ging an den Freundeskreis Schön-        von fünf bis sechs Monaten
der Freundeskreise aus dem dbv ge-        walde-Glien, der eine Bibliothek in Ei-       übernimmt jeder Ehrenamt-
meinsam abzuklären, ein rechtssiche-      genverantwortung betreibt und dabei
                                                                                        liche eine »Schicht« von
res Überleitungsverfahren für die bis-    außerordentliche Aktivitäten in der Bi-
herigen AG-Mitglieder zu finden und       bliotheksorganisation wie nach außen
                                                                                        3,5 Stunden pro Woche.
die Möglichkeiten künftiger Koope-        entfaltet. Den zweiten Preis, dotiert mit
ration zwischen dem dbv und dem           600 Euro, erhielt der Freundeskreis der       Die folgenden drei Kurz-Vorträge stell-
noch zu gründenden »Bundesverband         Stadtbibliothek Lörrach, vorrangig seine      ten weitere alternative Modelle des Ein-
der Deutschen Bibliotheks-Freundes-       vielfältige und innovative Veranstal-         satzes von Ehrenamtlichen im Biblio-
kreise (BDB)« abzustecken.                tungspalette. Der dritte Preis, dotiert mit   theksbetrieb vor. Ulrike Koop erläuterte
                                          400 Euro, ging an den Freundeskreis der       das Ehrenamtsmodell in Melle, das den
Natürlich stand auch die 6. Jahresta-     Stadtbücherei Hattingen, ebenfalls für        Einsatz von knapp 30 Ehrenamtlichen
gung der AG der Freundeskreise und        das ungewöhnlich breite und innovative        mit einer hauptamtlichen Leitung ver-
ihrer Gäste am 7. Oktober 2017 in der     Veranstaltungsprogramm.                       knüpft. Nach einer Einarbeitungszeit
Deutschen Nationalbibliothek (DNB)                                                      von fünf bis sechs Monaten übernimmt
in Frankfurt am Main unter den Vorzei-                                                  jeder Ehrenamtliche eine »Schicht« von
chen der einschneidenden organisato-      Kombination von Haupt- und                    3,5 Stunden pro Woche.
rischen Veränderungen. Doch zunächst      Ehrenamt                                          Karl-Joseph Lippold skizzierte dann
sollte dies auch eine Arbeitstagung wie                                                 als alternatives Modell die Unterstüt-
in den früheren Jahren sein, mit inten-   Nach der Vorstellung des Freundeskrei-        zung der Arbeit der Stadtbücherei Werl
sivem Erfahrungsaustausch und vielen      ses der Deutschen Nationalbibliothek          durch den Förderverein »Buchstützen e.
Anregungen für die Arbeit der Freun-      durch Nathalie Kromm läutete Uwe              V.«. Dort arbeiten acht Ehrenamtliche in
deskreise vor Ort. Nicht zu vergessen     Janssen die Vortrags- und Diskussions-        der Stadtbücherei, vier als Lesepaten,
das Rahmenprogramm, das bereits am        runde ein, die in diesem Jahr unter dem       vier ergänzend im Bibliotheksbetrieb.

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                                                                                          Volker Pirsich (Vorsit-
                                                                                          zender der AG; Bildmitte)
                                                                                          und Manfred Flotho (Jury)
                                                                                          mit den diesjährigen
                                                                                          Preisträgern des »Freun-
                                                                                          deskreises des Jahres«.
                                                                                          Foto: Uwe Janssen,
                                                                                          Leinfelden-Echterdingen

Der Verein unterstützt die Stadtbüche-     die Bibliotheksträger (Länder, Kommu-      auch eine Eintrittserklärung in den neu
rei aber auch durch ein umfangreiches      nen…) über ihre Bibliotheken vertreten     zu gründenden Bundesverband der
literarisches Veranstaltungsprogramm.      seien. Freundeskreise vertreten jedoch     Freundeskreise mit enthalten. Danach
Ein weiteres Modell stellte Nicola Men-    die Interessen der Kundschaft der Bib-     geht es für den in Berlin neu zu wäh-
zel mit der seit 13 Jahren ehrenamtlich    liotheken und können als eigenständige     lenden Vorstand sofort an die Arbeit,
betriebenen Bibliothek in Schönwal-        Vereine ihr Anliegen auch in der Öffent-   um den neuen Verein durch bundes-
de-Glien vor. Unter der organisatori-      lichkeit vortragen – und sollten daher     weite und regionale Veranstaltungen
schen und personellen Verantwortung        auf Dauer auch in einer eigenständigen     und überzeugenden Service-Leistungen
der Vorsitzenden des Freundeskreises       Organisationsform zusammengeschlos-        für seine Mitglieder so schnell wie mög-
wird die Bibliothek von 18 Ehrenamt-       sen sein. Der dbv versteht sich als Ge-    lich wieder auf Wachstumskurs zu brin-
lichen betrieben, von denen die Hälfte     burtshelfer einer bundesweiten Verei-      gen. Der künftige BDB wird sich dann
vom Freundeskreis gestellt wird. Biblio-   nigung der Bibliotheks-Freundeskreise,     auch stärker als bisher bundesweit als
thekspolitisches Ziel dieses Modells ist   der er auch künftig als Kooperations-      Lobbyist der Freundeskreise aufstellen
es, durch seinen Erfolg dem Rat die Not-   partner eng verbunden bleibt.              müssen.
wendigkeit eines fachlich geführten Bi-                                                   In der sich anschließenden Aus-
bliotheksangebotes deutlich zu machen.                                                sprache fand die Argumentation Petra
    Die nachfolgende Diskussionsrunde      »Verselbstständigung der AG«               Bünings Zustimmung, verbunden mit
galt dann vor allem rechtlichen Fra-                                                  dem Appell, dass möglichst alle AG-Mit-
gen des Einsatzes von Ehrenamtlichen       In seinem ersten Arbeitsbericht als        glieder den Weg in den neuen Bundes-
im laufenden Bibliotheksbetrieb. Dar-      Vorsitzender stellte Volker Pirsich das    verband mitgehen. Ein weiteres Votum
aus entstand der Vorschlag, auf einer      Thema »Verselbständigung der AG« in        gilt der Differenzierung der Beiträge
der nächsten Tagungen juristische und      den Mittelpunkt. Die Gründung eines        nach unten im Sinne einer Staffelung
steuerliche Fragen einschließlich von      rechtsfähigen Vereins, voraussichtlich     des Beitrags für kleine Freundeskreise
Haftungsrisiken in den Mittelpunkt zu      als »Bundesverband der Deutschen Bi-       und Freundeskreise im Aufbau (die ja
stellen.                                   bliotheks-Freundeskreise« (BDB), sei       in besondere Weise auf die Erfahrungen
    Zu Beginn der Mitgliederversamm-       angesichts der dargestellten Sachlage      anderer angewiesen sind). Mit einem
lung erläuterte Petra Büning, Ansprech-    alternativlos. Die Gründungsversamm-       Dank des Vorsitzenden an die Gastge-
partnerin der AG der Freundeskreise        lung, an der auch die Bundesgeschäfts-     ber und an alle Tagungsteilnehmer für
im Bundesvorstand des dbv, die Posi-       führerin des dbv teilnehmen wird, soll     die vielen innovativen Beiträge und die
tion des dbv als Motor der Verselbstän-    am 16. Juni 2018 in der Humboldt-Bi-       konstruktive Diskussion ging die sechste
digung der AG der Freundeskreise. Für      bliothek in Berlin-Reinickendorf statt-    und letzte Tagung der »AG der Freundes-
den dbv seien die Freundeskreise einer-    finden. Die Einladung zu dieser Grün-      kreise im dbv« zu Ende.
seits eine wichtige Stimme, andererseits   dungsversammlung wird sowohl eine
sei der dbv ein Trägerverband, in dem      Austrittserklärung aus dem dbv als                             Dr. Ronald Schneider

BuB 70 01/2018                                                                                                             013
FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK

Gemeinsam online lernen
Peer 2 Peer University: Lernteams in der Stadtbibliothek Köln

Die Stadtbibliothek Köln experimen-          fungiert. So kann einerseits selbstbe-        noch fehlen. Doch das Handbuch, die
tiert mit neuen Lernangeboten für            stimmt und ohne langfristige Bindung,         Foren und die Tipps auf den Websei-
Erwachsene – einer Verbindung aus            aber trotzdem gemeinsam mit ande-             ten sind auch hierzulande eine großar-
E-Learning und Treffen vor Ort. Vor-         ren, gelernt werden. Lernteams in Bib-        tige Unterstützung. Die Projektbetreue-
bild der Kölner »Lernteams« ist die          liotheken sind sicher ein gutes Angebot       rin der Kölner Stadtbibliothek hat eine
Peer 2 Peer University – oder einfa-         für Einsteiger ins E-Learning. Die Biblio-    Kurzversion des Handbuchs als Leitfa-
cher P2PU (www.p2pu.org/en/), ei-            thek stellt hier – ganz im Sinne der Ma-      den übersetzt.
ner mit dem MIT (Massachusetts Ins-          ker-Idee – den Raum, die Infrastruktur
titute of Technology, Cambridge) ver-        und vernetzt die Bürgerinnen und Bür-
bundenen Non-Profit-Organisation,            ger als Akteure.                                         Die Kurzversion des Hand-
die all ihre Materialien Open Source              Vorbild hierfür ist die P2PU, für die               buchs in deutscher Sprache
zur Verfügung stellt. Philipp Schmidt,       der Kölner Philipp Schmidt mit verant-                   ist in der BuB-App zu finden.
Director of Learning Innovation am           wortlich ist. Die P2PU – Learning Circles
MIT, hat damit seine Vision von Open-        (https://learningcircles.p2pu.org/en/
ness in der digitalen Bildung verwirk-       about/) laufen inzwischen in zahlrei-         Im ersten Schritt sichtete die Stadtbiblio-
licht. Die P2PU bietet einen nied-           chen amerikanischen Bibliotheken mit          thek kostenlose E-Learning-Angebote so-
rigschwelligen Zugang zu digitaler           großem Erfolg und auch in Frankreich          wie die eigenen Online-Kurse von Lynda.
Bildung und spricht auch bildungsfer-        und Kenia gibt es erste Angebote. 2015        com. Die didaktisch hervorragend aufge-
nere Schichten an. Sie richtet sich ins-     wurde gemeinsam mit der Chicago Pub-          bauten Trainingsvideos des renommier-
besondere auch an Personen, die »aus         lic Library in einem Pilotprojekt gestartet   ten Anbieters Lynda.com (vormals Vi-
dem klassischen Bildungssystem her-          und ein Leitfaden für Bibliotheken ent-       deo2brain) helfen beruflich wie privat
ausgefallen sind«.                           wickelt. Das kostenlos herunterladbare        – insbesondere in den Bereichen Bild-
                                             »Facilitator Handbook« bietet Checklis-       bearbeitung & Fotografie, Web, Video
Die Urlaubsfotos sind nicht so schön ge-     ten zum Start eines Lernteams (im Eng-        & Audio, 3D und CAD, Design, IT, Pro-
worden wie gedacht – was tun? Wie war        lischen »Learning Circle« genannt), eine      grammierung, Business und Marketing
das noch mit den Formeln in Excel-Ta-        Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Kur-    – und decken über 1 800 Themen ab.
bellen? Wie kann ich mein Zeitmanage-        splanung sowie genau definierte Curri-        Einzelthemen wurden teilweise zu sich
ment verbessern oder durch visuelles         cula für die sechswöchigen Begleittref-       sinnvoll ergänzenden Kurseinheiten zu-
Denken meine Kreativität steigern? Die       fen. Außerdem gibt es dort viele prakti-      sammengefasst und können über die
Stadtbibliothek testet eine neue Lernme-     sche Tipps, Feedback-Bögen und Muster         E-Ausleihe/Onleihe ausgeliehen werden.
thode, die eine Balance zwischen selbst-     für Teilnahmeurkunden.                            Daneben wurde das deutschspra-
ständigem und gemeinsamem Lernen                  In den USA sind die Kurse teilweise      chige Angebot an MOOCs gesich-
verspricht. Man lernt online zuhause         sehr niederschwellig angelegt, beispiels-     tet. MOOCs sind offene Massen-On-
und triff t sich mit den anderen Kursteil-   weise für Menschen, die eine Ausbil-          line-Kurse, bei denen Videos, Lesemate-
nehmenden regelmäßig in der Biblio-          dung abgebrochen haben und wieder ei-         rial und Lernaufgaben kombiniert sind
thek. Man arbeitet mit einem kostenlo-       nen ersten Start zum Lernen suchen. In        mit Foren, in denen Lehrende und Ler-
sen Online-Kurs sechs Wochen lang an         Köln zeigte sich, dass das Angebot eher       nende miteinander kommunizieren und
einem Thema und triff t sich begleitend      als zusätzliches Erwachsenenbildungs-         Gemeinschaften bilden können. Sie wer-
dazu einmal wöchentlich für 90 Minu-         angebot der bisherigen Nutzer wahrge-         den meist von Universitäten, aber auch
ten in der Kölner Stadtbibliothek, um        nommen wird – auch bedingt durch die          von Privatleuten und Bildungsinstitu-
sich mit anderen dazu auszutauschen.         reduziertere, nicht unbedingt nieder-         tionen angeboten und sind oft kosten-
    Die Gruppentreffen werden von ei-        schwellige Auswahl an frei verfügbaren,       los (oder gegen eine geringe Gebühr)
ner ehrenamtlichen Kraft moderiert,          deutschsprachigen E-Learning-Quel-            zu nutzen. Hier zeigte sich, dass es auf
die nicht notwendigerweise Experte für       len. Die P2PU bietet den teilnehmen-          dem deutschen Markt noch deutlich we-
das jeweilige Thema ist, sondern als Mo-     den US-Bibliotheken zahlreiche Zusatz-        niger geeignete Angebote als in engli-
derator und Organisator für die Gruppe       services, die für deutsche Bibliotheken       scher Sprache gibt.

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