Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft - Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft
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BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14037 21. Wahlperiode 14. 08. 18 Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. November 2015 „Effektive Maßnahmen gegen gewaltbereiten Salafismus und religiösen Extremismus auch in Zukunft fortsetzen“ (Drucksache 21/2196) 1. Anlass Der Senat hat diesem Ersuchen 2016 mit Druck- sache 21/5039 erstmals entsprochen und darin Die Bürgerschaft hat den Senat in ihrer Sitzung zudem angekündigt, die Bürgerschaft auch über am 11. November 2015 mit der Drucksache den Ressourceneinsatz für den Haushalt 2017/ 21/2196 „Effektive Maßnahmen gegen gewaltbe- 2018 gemäß Drucksache 21/1395 zu unterrichten. reiten Salafismus und religiösen Extremismus auch in Zukunft fortsetzen“ ersucht, Mit der vorliegenden Drucksache kommt der Senat dem o.g. Ersuchen, in zweijährigem Ab- „1. das Senatskonzept vom 28. Oktober 2014 stand erneut zu berichten, nach und berichtet zu- (Drucksache 20/13460) ‘Effektive Maßnahmen gleich über den Ressourceneinsatz im Jahr 2017. gegen gewaltbereiten Salafismus und religiö- sen Ex tremismus ergreifen‘ über das Ende 2. Sicherheitslage des Förderzeitraumes am 31. Dezember 2016 hinaus fortzusetzen, weiterzuentwickeln und Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden hat entsprechende Haushaltsmittel im Haushalts- sich die Sicherheitslage für Deutschland und für plan 2017/2018 budgeterhöhend bereitzustel- Hamburg seit der letzten Fortschreibung der Se- len. Auf der Grundlage des unter Ziffer 2. ge- natsdrucksache (Drucksache 21/5039) im Jahr forderten Berichts zu den Haushaltsberatun- 2016 durch die erfolgten Anschläge nicht geän- dert. Die Bedrohungslage durch salafistisch/isla- gen ist zu prüfen, ob und inwieweit die perso- mistisch motivierte Indoktrinationen und unter nellen Ressourcen in der zuständigen Fach- Berufung auf religiöse Motive begründete Terror- behörde aufgestockt werden müssen. anschläge ist anhaltend international wie national 2. der Bürgerschaft alle zwei Jahre, erstmals zum hoch. Nahezu alle Staaten der EU stehen im er- 30. Juni 2016, über die unter dem Handlungs- klärten Zielspektrum international agierender Or- schwerpunkt ‚Vorbeugung und Bekämpfung ganisationen, die sich zur Begründung terroristi- von religiös motiviertem Extremismus und anti- scher Aktionen auf den Islam berufen. Die Reihe muslimischer Diskriminierung‘ geleistete Ar- jihadistisch motivierter Anschläge in Europa in beit Bericht zu erstatten; dazu gehört auch eine den letzten Jahren, insbesondere die Anschläge Berichterstattung über die Wirksamkeit und in Frankreich, Italien, Belgien, Großbritannien Zielerreichung der Projekte.“ und Schweden im Jahr 2017, belegen die bisheri- 1
Drucksache 21/14037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode gen Gefährdungsbewertungen für europäische – Hannover Staaten. Auch Hamburg war durch ein Tötungs- 26. Februar 2016: Messerattacke auf einen Po- delikt betroffen, welches der Täter unter anderem lizisten. Das Opfer wurde lebensgefährlich mit seiner IS-Sympathie begründete. Am 28. Juli verletzt. Die Täterin war zum Tatzeitpunkt 2017 tötete Ahmad A. einen Menschen mit einem 15 Jahre alt. Sie wurde zu einer sechsjährigen Messer in einer Edeka-Filiale in Hamburg-Barm- Haftstrafe verurteilt. bek und verletzte fünf weitere Personen. – Essen In der Folge der schweren militärischen Niederla- gen und territorialen Verluste des sogenannten 16. April 2016: Sprengstoffanschlag auf einen „Islamischen Staates“ in Syrien und im Irak Sikh-Tempel mittels einer aus einem Feuerlö- kommt dem Internet eine immer größere Rolle zu. scher gebauten Bombe. Die Täter waren zum Es wird zunehmend aus dem Untergrund agiert. Tatzeitpunkt 16 bzw. 17 Jahre alt. Drei Perso- So gibt es im Internet Anwerbungsversuche, An- nen wurden verletzt, eine davon schwer. Die leitungen für die Begehung von Terroranschlä- Täter wurden zu mehrjährigen Jugendfreiheits- gen und virtuelle Unterstützung der Täter. strafen verurteilt. Anfang April 2017 versuchte eine sechsköpfige – Würzburg Gruppe von Jihadisten aus Hamburg, Nieder- 18. Juli 2016: Beilattacke auf Familie aus Hong sachsen und Schleswig-Holstein in Richtung Sy- kong in Pendlerzug. Der Täter war zum Tatzeit- rien auszureisen, mutmaßlich um sich dem IS in punkt 17 Jahre alt, vier Personen wurden Syrien oder im Irak anzuschließen. Auf Grund der schwer verletzt, der Täter wurde von der Poli- Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Eu- zei erschossen. ropa konnten die Jihadisten bereits in Österreich (eine Person) und in Bulgarien (fünf) festgenom- – Ludwigshafen men, nach Deutschland zurückgeführt und in November/Dezember 2016: versuchter Spreng Hamburg in Untersuchungshaft genommen wer- stoffanschlag auf den Weihnachtsmarkt mittels den. einer selbstgebauten Nagelbombe, die glückli- cherweise nicht detonierte. Der Täter war zum Dennoch hat entsprechend der bundesweiten Tatzeitpunkt zwölf Jahre alt. Entwicklung im Jahr 2017 auch in Hamburg der Ausreisedruck weiter nachgelassen. Insgesamt Es ist davon auszugehen, dass aktuell eine neue betrug die Zahl der aus der Metropolregion Ham- Generation von Jihadisten heranwächst. Dabei ist burg ausgereisten Jihadisten Ende 2017 rund 80 zu unterscheiden zwischen: Personen, der Frauenanteil lag bei etwa 20 Pro- zent. Zu rund 25 der ausgereisten Personen lie- – Kindern und Jugendlichen, die im Gebiet des gen Erkenntnisse vor, dass sie in den syrischen islamischen Staates (IS) indoktriniert wurden oder irakischen Krisengebieten ums Leben ge- und nun als Flüchtlinge nach Europa kommen kommen sein könnten. Von den insgesamt rund oder gekommen sind; 80 aus dem Großraum Hamburg Ausgereisten ist – Rückkehr von IS-Witwen (z.T. mit Kindern, die nach derzeitiger Erkenntnislage etwa ein Drittel in den Jihadgebieten geboren wurden); zurückgekehrt, darunter auch drei Frauen, die insgesamt fünf Kinder haben. – Generation 2 (Kinder, die in salafistisch-jihadis- tischen Familien in Deutschland aufwachsen). Generell können unter den Zurückkehrenden Neben den Salafisten waren in Hamburg auch an- auch Kinder und Jugendliche sein, die im Gebiet dere islamistische Gruppierungen in der Missio- des islamischen Staates (IS) indoktriniert und nierungsarbeit aktiv. Organisationen wie die Tab- über Jahre traumatischen Erlebnissen ausgesetzt ligh-i Jama’at (TJ) oder die Hizb ut-Tahrir (HuT) wurden und nun nach Europa kommen oder ge- versuchten auch im Jahr 2017 neue Mitglieder zu kommen sind. Bundesweit ist bekannt, dass Kin- werben. Ebenfalls mit dem Ziel der Anhänger- be- der in Einzelfällen zu Kampfeinsätzen oder zu ziehungsweise Mitgliederwerbung hat die in Ham- Hinrichtungen gezwungen wurden. burg sehr aktive Furkan-Gemeinschaft im Jahr In Einzelfällen ist ferner eine gezielte Instrumen- 2017 durch verschiedene Veranstaltungen auf talisierung von Minderjährigen für islamistische sich aufmerksam gemacht. bzw. jihadistische Aktivitäten in Deutschland zu Die islamistische Szene insgesamt hat sich in beobachten. Hamburg nach den Beobachtungen des Landes- Dies zeigen die vier bislang von Minderjährigen in amtes für Verfassungsschutz (LfV) wie folgt entwi- Deutschland begangenen Anschläge: ckelt: 2
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14037 Anmerkung: Das LfV Hamburg beobachtet seit 2014 lediglich die extremistischen Teilstrukturen der Milli Görüs-Bewegung; daher ist die Hamburger Gliederung der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs“ in den Zahlen ab 2014 nicht mehr enthalten. Die jihadistisch-salafistische Szene in Hamburg hat sich nach den Beobachtungen des LfV wie folgt entwickelt: Anzahl Gruppierung 2013 2014 2015 2016 2017 2018* Salafisten 240 400 460 670 780 785 davon Jihadisten 70 240 270 320 420 420 * Quelle: LfV, Stand Juni 2018 Die Zahl der Islamisten, die in Hamburg dem sala- rüber hinaus werden die wichtigsten Maßnahmen fistischen Spektrum zugerechnet werden, stieg im Folgenden kurz dargelegt. von 670 (2016) auf 780 (2017). Unter diesen 780 Salafisten waren Ende 2017 420 Jihadisten (die 3.1 Steuerung des Umsetzungsprozesses den militanten Jihad unterstützen). Der Stand im Der Umsetzungsprozess wird weiterhin gesteuert Juni 2018 ist nahezu unverändert: 785 Salafisten, wie in Drucksache 21/5039 beschrieben. davon 420 Jihadisten. 3.2 Beratungsnetzwerk Prävention und Deradikalisie- Weitere Informationen gibt es im aktuellen Verfas- rung sungsschutzbericht, der unter http://www.ham- Seit seiner Gründung verfolgt das Beratungsnetz- burg.de/verfassungsschutz/ abrufbar ist. werk das Ziel, die Zusammenarbeit aller staat lichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, 3. Stand der Umsetzung des Senatskonzeptes die in Hamburg thematisch betroffen sind und/ oder über eine hohe fachliche Kompetenz auf den Mit Drucksache 21/5039 hat der Senat sein inno- relevanten Handlungsfeldern verfügen, zu institu- vatives und ganzheitliches Konzept zur Vorbeu- tionalisieren, einen stetigen strukturierten Aus- gung und Bekämpfung von religiös begründetem tausch zu gewährleisten und gemeinsam Exper- Extremismus und Muslimfeindlichkeit weiterent- tenwissen aufzubauen. wickelt. Die bereits seit Oktober 2014 angelaufe- nen Maßnahmen (Drucksache 20/13460) wurden Das Beratungsnetzwerk wurde seit 2016 um fol- fortgeführt, konzeptionell weiterentwickelt und gende Mitglieder erweitert: Evangelisch-Lutheri- intensiviert. Der Umsetzungsstand wird in Anlage sche Kirche in Norddeutschland, Fachrat Islami- 1 nach den in Drucksache 21/5039 benannten sche Studien e.V., Arbeitsgemeinschaft Kinder- prioritären Arbeitsschwerpunkten dargestellt. Da und Jugendschutz Hamburg e.V., Institut für kon- 3
Drucksache 21/14037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode struktive Konfliktaustragung und Mediation e.V. vernetzt und in lokalen Arbeitsgruppen mitgear- und die Lawaetz-Stiftung. beitet. Seit September 2016 tagt das Netzwerk nunmehr Auch die Vernetzung mit den Regelsystemen hat ausschließlich im Gesamtplenum. Die Einteilung Legato weiter intensiviert, Kooperationsbeziehun- in die Arbeitsgruppen Prävention und Intervention gen wurden erprobt und vertieft, z. B. mit der Kin- wurde aufgehoben, da die Inhalte der Netzwerk- der- und Jugendhilfe, den Institutionen der Be- sitzungen für alle Mitglieder relevant waren und hörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und eine umfassende Kooperation im Gesamtnetz- den Sicherheitsbehörden. werk besser umgesetzt werden kann. Für spezielle Zielgruppen wurden Konzepte erar- Während die Netzwerksitzungen in den ersten beitet und Personal bereitgestellt, so für die Ziel- beiden Jahren in erster Linie dem Aufbau von Ex- gruppen Mädchen und Frauen, Geflüchtete sowie pertenwissen dienten – es wurden zahlreiche ex- Rückkehrer aus Kriegs- und Krisengebieten. Der terne Expertinnen/ Experten angehört – lag der Umgang mit möglicherweise sicherheitsrelevan- Schwerpunkt in 2017 auf der gemeinsamen Ana- ten Sachverhalten sowie mit den Anforderungen lyse von spezifischen Lagen innerhalb Hamburgs. des Datenschutzes wurde standardisiert. Darüber Der Austausch zu Radikalisierungsprozessen, hinaus wurde die Beratungsstelle im Berichtszeit- -hintergründen und Präventionsstrategien in raum durch die Universität Hamburg evaluiert. Hamburger Quartieren unter Einbeziehung loka- Auch überregional und international kooperiert ler Akteure hat sich als aufschlussreich für alle Legato eng mit den relevanten Akteuren, z. B. mit Netzwerkmitglieder erwiesen. So konnten zahlrei- dem Verbund der norddeutschen Beratungsstel- che Beispiele für inspiring practise identifiziert len, der Bundesarbeitsgemeinschaft religiös be- werden. gründeter Extremismus, der Beratungsstelle Ra- Die regelmäßige Vorstellung von Präventionspro- dikalisierung im Bundesamt für Migration und jekten im Rahmen der Netzwerksitzungen hat Flüchtlinge und dem europäischen Radicalisation zudem zur Förderung von Kooperationen inner- Awareness Network. Auch am Deutschen Präven- halb des Beratungsnetzwerkes und darüber hin- tionstag 2017 hat Legato aktiv mitgewirkt. aus beigetragen. Das Netzwerk hat sich als regel- haftes Austauschgremium in der Hamburger Prä- 3.4 Regelsysteme der Freien und Hansestadt Ham- ventions- und Interventionslandschaft etabliert burg und bewährt. Die überwiegende Arbeit an der Konzeptumset- zung wird in den Regelsystemen geleistet. Nur so 3.3 Beratungsstelle Legato kann sichergestellt werden, dass eine möglichst Die Beratungsstelle Legato – systemische Aus- breite Wirkung erzielt wird. Die Regelsysteme stiegsberatung – Fachstelle für religiös begrün- haben sich umfassend der komplexen Themen dete Radikalisierung (Träger: Vereinigung Pesta- angenommen und arbeiten strukturiert und stetig lozzi gGmbh und Ambulante Maßnahmen Altona zusammen (siehe auch Drucksache 21/5039). e.V.) hatte auch im aktuellen Berichtszeitraum einen guten Zugang zu den Zielgruppen. Im Zeit- 3.4.1 Kinder-, Jugend- und Familienhilfe raum Juli 2015 bis Dezember 2017 hat sie in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit knapp 300 Fällen Beratungs- und Unterstützungs- sowie der Familienförderung wurden durch inter- arbeit geleistet, in erster Linie für Angehörige, disziplinäre Maßnahmen unterstützt, Fragestel- aber auch für Betroffene und Fachkräfte. Die lungen bzgl. religiöser Radikalisierung zu bear- Gruppenangebote für Mädchen sowie für Ange- beiten und Handlungskompetenzen für den Alltag hörige werden ebenso gleichbleibend angenom- in den Einrichtungen zu erwerben. Durch gezielte men. Die Beratungsstelle wurde im Berichtszeit- Professionalisierung und Stärkung der Netzwerke raum mehrfach aufgestockt, Ende 2017 hatte sie gelingt es zunehmend, auf Konfliktlagen unmittel- 5,6 Stellen (Vollzeitäquivalente). bar und angemessen zu reagieren. Die sich konti- nuierlich verändernden Fragestellungen und Legato hat hamburgweit die eigene Bekanntheit Handlungserfordernisse verlangen weiterhin die und die Sensibilisierung für das Thema Radikali- Bereitstellung von Ressourcen. sierung weiter gefördert, z. B. durch Informations- veranstaltungen in Jugendzentren, in Einrichtun- Bei Hinweisen auf eine religiös begründete Radi- gen für Geflüchtete und Stadtteilgremien. Darü- kalisierung bei Minderjährigen oder Elternteilen ber hinaus hat die Beratungsstelle sich in den findet die Fallarbeit in den Regelsystemen der Ju- Stadtteilen mit Institutionen, Präventionsprojek- gendhilfe statt (bezirkliche Jugendämter, Famili- ten und anderen thematisch relevanten Akteuren eninterventionsteam, Fachdienst Flüchtlinge). Die 4
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14037 Verdachtsfälle werden mit Priorität bearbeitet. In zuständige Jugendämter und Jugendhilfeträger, die Fallarbeit werden die Leitungen der Ämter bei sicherheitsrelevanten Fällen auch die Sicher- sowie die Kinderschutzkoordinatorinnen und Kin- heitsbehörden. Ziel ist die gemeinsame Gefähr- derschutzkoordinatoren regelhaft einbezogen. dungs- bzw. Risikoeinschätzung und Abstimmung Die Jugendämter bzw. Fachdienste sind zur Ko- der weiteren Fallbetreuung. operation mit den weiteren zuständigen Behörden und Dienststellen verpflichtet. Die notwendigen 3.4.3 Innere Sicherheit Abstimmungsprozesse werden regelmäßig wei- terentwickelt. Die Sicherheitsbehörden haben den Auftrag des Senatskonzepts auch weiterhin umgesetzt. Dar- 3.4.2 Schule und Berufsbildung aus ergaben sich insbesondere für das Landeskri- minalamt (LKA) und das Landesamt für Verfas- Die BSB hat ein Handlungskonzept zum Umgang sungsschutz (LfV) Hamburg mehrere konkrete mit religiös und politisch begründeter Radikalisie- Arbeitsschwerpunkte. rung und Extremismus aufgestellt, das die Schu- len in den Bereichen Prävention und Intervention Ab dem 1. September 2016 hat das LKA die über- umfassend unterstützt. Dabei soll im System greifende Bearbeitung von vermeintlichen oder Schule einer religiös oder politisch begründeten tatsächlichen Radikalisierungssachverhalten un- Radikalisierung sowie dem Entstehen von Diskri- terhalb der Schwelle konkreter Gefahrenabwehr minierung und Gruppenbezogener Menschen- und Strafverfolgung aufgenommen. Ziel ist es, die feindlichkeit vorgebeugt und auf Radikalisierungs Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit durch tendenzen einzelner Schülerinnen und Schüler vermeintlich oder tatsächlich radikalisierte Perso- kompetent und abgestimmt reagiert werden. nen im Bereich der gewaltzentrierten Ideologien Im Bereich der Prävention unterstützt das Lan- möglichst frühzeitig zu identifizieren und interdis- desinstitut für Lehrerbildung und Schulentwick- ziplinäre Deradikalisierungsmaßnahmen einzulei- lung (LI) die Schulen mit Fortbildungsangeboten, ten. Damit verbunden ist auch eine Ausweitung die darauf zielen, Schulleitungen, weitere Funk der bisher im Bereich des religiös begründeten tionsträger und Lehrkräfte in ihrer Handlungssi- Extremismus stattfindenden intervenierenden cherheit in Bezug auf mögliche Radikalisierungen Präventionsarbeit auf den Bereich des Rechtsext- sowie Fälle von Menschenrechts- und Demokra- remismus, z. B. die durch Bearbeitung von Prüffäl- tiefeindlichkeit zu stärken und um vorhandene len rechtsextremer Radikalisierungen. Das LKA schulinterne Melderoutinen zu entwickeln. baut fortwährend Kooperationsstrukturen mit Be- ratungsstellen wie empower, Kurswechsel oder Über die Fortbildungsveranstaltungen hinaus dem Mobilen Beratungsteam auf und festigt steht das Beratungsteam des Fachbereichs Men- diese. schenrechts- und Demokratiefeindlichkeit am LI allen Schulen und den pädagogischen Fachkräf- Nach dem Messerattentat in Barmbek im Juli ten wie auch Funktionsträgern persönlich, telefo- 2017 wurde eine zentrale Hinweisaufnahme (ZHA) nisch und per E-Mail zur Verfügung, um auf die mit dem Schwerpunkt der Bearbeitung sogenann- konkreten Anliegen einzugehen und gemeinsam ter „Prüffälle Radikalisierung“ im LKA eingerich- mit den Schulleitungen mögliche schulinterne tet. Ziel ist es, den Umgang mit Hinweisen auf Folgeschritte zu verabreden. sich radikalisierende oder verhaltensauffällige Zusätzlich wurde ein Portfolio von präventiven Personen mit islamistischem Hintergrund zu opti- Schülerworkshops und -projekten entwickelt, die mieren. Die Bearbeitung dieser Prüffälle legt die den Schulen angeboten werden. Ziel des univer- seit vielen Jahren bestehenden Standards der kri- sell-präventiven Ansatzes ist es, Schülerinnen minalpolizeilichen Arbeit zugrunde und knüpft an und Schülern Signale von Anerkennung und Zu- die bereits vorhandenen Strukturen in der Abtei- gehörigkeit zu vermitteln, sowie demokratische lung Staatsschutz an, eine nachhaltige Verbesse- Werte, Partizipation und Selbstwirksamkeitser- rung im Prozess der Hinweisbewertung und -steu- fahrungen zu stärken. erung kann so gewährleistet werden. Die Intervention wird von der Beratungsstelle Ge- Das LKA gewährleistet weiterhin eine eigene, an- waltprävention für die allgemeinbildenden Schu- lassunabhängige Netzwerkarbeit durch den Auf- len und dem Beratungszentrum Berufliche Schu- bau und die Pflege von Kontakten zu relevanten len für die beruflichen Schulen durchgeführt. Akteuren (Vereine, behördliche und private Insti- Dabei werden je nach Fall-Lage die entsprechen- tutionen oder Stadtteileinrichtungen), um mög- den Ansprechpartnerinnen und -partner einge- lichst frühzeitig problematische Entwicklungspro- bunden, z. B. die Fachberatungsstelle Legato und zesse im Bereich der gewaltzentrierten Ideologien 5
Drucksache 21/14037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode zu detektieren und Gegenstrategien zu entwickeln desanwalt an die Generalstaatsanwaltschaft bzw. deren Entwicklung zu initiieren. gemäß § 142a Absatz 2 GVG hatte. Hierbei han- delt es sich in erster Linie um Verfahren wegen Seit Januar 2017 arbeitet das LKA auch an der Mitgliedschaft bzw. Unterstützung von terroristi- Aufhellung des Phänomens „radikalisierte Mäd- schen Vereinigungen im Ausland (§§ 129a, 129b chen bzw. Frauen“. Ein weiterer Schwerpunkt ist StGB), die zum Teil aufwändige Ermittlungen die Bekämpfung von Rassismus und Muslim- erfordern. Waren es im Jahr 2015 insgesamt fünf feindlichkeit im Kontext Geflüchteter (auch in Verfahren und 2016 immerhin schon zwölf, migrantischen Communities). Das LKA nimmt schnellte die Zahl im Geschäftsjahr 2017 auf über Kontakt zu relevanten Akteuren auf, vernetzt sich 60 Verfahren hoch. Ähnlich war die Entwicklung und bringt gewonnene Erkenntnisse in das Bera- bei den erstinstanzlichen Verfahren vor dem Han- tungsnetzwerk Prävention und Deradikalisierung seatischen Oberlandesgericht (HansOLG) in ein, darüber hinaus auch in das Beratungsnetz- Staatsschutzsachen, hier war eine Vervierfa- werk gegen Rechtsextremismus. Die gewonne- chung der Eingänge im Zeitraum zwischen 2015 nen Erkenntnisse in Bezug auf Mädchen und bis 2017 zu verzeichnen. Auf diese Entwicklung Frauen bekräftigen den bereits eingeschlagenen hat der Senat mit einer erheblichen personellen Weg, die Präventionsarbeit genderspezifisch aus- Verstärkung der entsprechenden Bereiche re- zurichten. agiert. Mit Verabschiedung der Drucksache Das LfV wird weiterhin gemäß seines gesetzli- 21/12324 durch die Bürgerschaft am 16. Mai 2018 chen Auftrages bereits im Vorfeld von möglichen („Stärkung der Strafjustiz“) wurden Mittel zur Ein- Straftaten tätig, sobald tatsächliche Anhalts- richtung einer eigenen Staatsschutzabteilung bei punkte für einen Verdacht nach § 4 HmbVerfSchG der Generalstaatsanwaltschaft bewilligt sowie zur vorliegen. In diesem Kontext bildet die Beobach- Einsetzung eines weiteren Staatsschutzsenates tung von Rückkehrerinnen/ Rückkehrern im Rah- beim HansOLG. men des Themenkomplexes Syrien einen Schwer- Die parallel zu beobachtende Zunahme von Straf- punkt. verfahren wegen sogenannter „Hasskriminalität“ Mit dem territorialen Niedergang des sogenann- führte zur Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeits- ten „Islamischen Staates“ und seiner Umwand- gruppe unter Beteiligung der zuständigen Be- lung in eine aus dem Untergrund agierende Ter- hörde, die sich insbesondere mit der Frage der rororganisation mehren sich die Hinweise auf besseren statistischen Erfassung entsprechender eine größere Zahl von Frauen mit ihren Kindern, Delikte beschäftigte. Auf Basis der im Anschluss die aus Syrien und Irak nach Deutschland zurück- an den Abschlussbericht erzielten Verständigung gekehrt sind oder zurückkehren werden. Nach unter den Ländern wurde zum 1. Juli 2018 von der vorliegenden Erkenntnissen fügt sich der über- Staatsanwaltschaft damit begonnen, Straftaten wiegende Teil der betreffenden Personen direkt statistisch zu erfassen, bei deren Begehung anti- wieder in die Szene ein. Da die Intention in Bezug semitische, antichristliche, antiislamische, behin- auf die Rückkehr in den wenigsten Fällen bekannt dertenfeindliche oder fremdenfeindliche Motive ist, muss in Betracht gezogen werden, dass die eine Rolle spielten sowie Taten, die wegen der Betroffenen mit einem Auftrag wieder eingereist se-xuellen Orientierung des Geschädigten be- sind. Das LfV klärt daher im Rahmen seiner regu- gangen wurden. lären Tätigkeit auch jihadistische Frauennetz- Im Hamburger Justizvollzug wird seit März 2017 werke auf und stellt seine Erkenntnisse in geeig- das Handlungskonzept Maßnahmen gegen ge- neter Form anderen Behörden zur Verfügung. waltbereite Salafisten und andere extremistische Das LfV Hamburg kann dabei gewonnene Er- Gefangene im Hamburger Justizvollzug umge- kenntnisse nur im Rahmen der bestehenden ge- setzt. Das Konzept regelt insbesondere folgende setzlichen Regelungen in das Präventionsnetz- Punkte: werk einbringen. Insbesondere der Umgang mit – Prüfung von Wahrnehmungen und Hinweisen, personenbezogenen Daten ist auf die geltenden die auf eine mögliche Hinwendung eines Übermittlungsvorschriften begrenzt und lässt die Gefangenen zu einem politischen und/oder re- Mitteilung personenbezogener Sachverhalte ligiösen Extremismus deuten können, unter- nicht immer zu. stützt durch sogenannte Bezugs- bzw. Wohn- Auch der justizielle Bereich erfuhr einen starken gruppenbetreuer im Kurzstrafen-, Langstrafen- Anstieg der Staatsschutzverfahren, was in erster und Jugendvollzug, Linie seine Ursache in der Abgabe entsprechen- – Umgang mit Gefangenen, die wegen Strafta- der Ermittlungsverfahren durch den Generalbun- ten mit Extremismusbezug rechtskräftig verur- 6
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14037 teilt oder in Haft als Extremisten identifiziert – „SelbstSicherSein – Wer bin ich und wie will wurden, ich sein?“ (Träger: Basis & Woge e.V.), – Integration der Präventionsangebote von „Le- – „Jugendphase und Salafismus“ (Träger: Ar- gato PräJus (Islamismusprävention im justi beitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz ziellen Feld)“, „Kurswechsel (Ausstiegsarbeit Hamburg e.V.), rechts)“ und SCHURA. – „Think Social Now 2.0 – Verantwortung über- Darüber hinaus wurde der Austausch der Justiz- nehmen im Internet“ (Träger: Bündnis Islami- behörde und der Haftanstalten mit LKA 7 und LfV scher Gemeinden in Norddeutschland e.V., durch eine Kooperationsvereinbarung gestärkt. BIG), Darüber hinaus steht seit November 2017 den – „Al Wasat – Die Mitte“ (Träger: Islamisches Anstalten in fachlichen und Einzelfallfragen in Wissenschafts- und Bildungsinstitut e.V., IWB), diesem Themenbereich in der Justizbehörde ein Referent mit ausgewiesener Expertise zur Seite. – „Qualifizierung muslimischer Jugendlicher in Hamburger Moscheen“ (Träger: Fachrat Islami- 3.4.4 Institutionenübergreifende Kooperation in sche Studien e.V., FIS), der Fallarbeit – „Koordinierungsstelle „Prävention“ und Lot- senberatung der SCHURA e.V.“ (Träger: In der Fallbearbeitung stehen die fallbeteiligten SCHURA – Rat der Islamischen Gemeinschaf- Akteure vor der Herausforderung, so eng und ab- ten in Hamburg e.V.), gestimmt wie möglich zu agieren, unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Ak- – „Koordinierungsstelle und Lotsenberatung der teure, die gemäß ihrem Auftrag regelmäßig in der Alevitischen Gemeinde Hamburg e.V.“ (Träger: Fallarbeit aktiv werden, sind die Jugendämter, die Alevitische Gemeinde Hamburg e.V.), Beratungsstelle Gewaltprävention und das Bera- – „Lokale Partnerschaften für Demokratie“ (sie- tungszentrum Berufliche Schulen der BSB, LKA ben Partnerschaften in Hamburg, getragen von und LfV sowie die Beratungsstelle Legato. Ge- den Bezirksämtern und verschiedenen freien meinsam arbeiten diese Akteure daran, im Rah- Trägern). men ihrer Zuständigkeiten und Grenzen optimal Informationen zu den landesfinanzierten Projek- zusammenzuarbeiten. Bei Bedarf wird auch die ten sind gebündelt unter http://www.hamburg.de/ Kooperation mit weiteren Partnern gesucht, z. B. religioeser-extremismus/, weitere neue durch den mit der Straffälligenhilfe und den Familiengerich- Bund im Rahmen seines Programms „Demokra- ten. tie leben!“ geförderte Projekte unter https://www. 3.5 Zivilgesellschaft demokratie-leben.de/. Die zivilgesellschaftlichen Präventionsprojekte Die Wirksamkeit und Zielerreichung der Projekte ergänzen die Angebote der Regelsysteme und er- ist Voraussetzung für die Förderung. Sie wird lau- proben neue Ansätze. fend durch die Projektsteuerung sichergestellt. Bis auf die Beratungsstelle Legato sind die zivil- 4. Zusammenfassung und Ausblick gesellschaftlichen Präventionsangebote in Ham- burg universell-präventiv ausgerichtet, d. h. sie Auf Grund der unveränderten Sicherheitslage richten sich an junge Menschen unterschiedlicher haben die in der Drucksache 21/5039 beschriebe- Altersstufen und Lebensphasen bzw. an Fach- nen Themen und Arbeitsfelder nach wie vor hohe kräfte, jedoch nicht an vulnerable Gruppen oder Priorität und werden von den beteiligten Fachbe- Menschen, die bereits problematische Einstellun- hörden und Bezirksämtern intensiv bearbeitet, gen und Verhaltensweisen entwickelt haben. umgesetzt und im engen Dialog miteinander wei- terentwickelt. Da das Senatskonzept davon ausgeht, dass Radi- Die federführende Stelle in der Behörde für Ar- kalisierungsprozesse sehr heterogene Hinter- beit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) gründe haben und sehr unterschiedliche Verläufe wird weiterhin neue Themen aufgreifen und die nehmen können, verfolgen die diversen Präven institutionenübergreifende Bearbeitung der The- tionsprojekte unterschiedliche Ansätze und men koordinieren sowie eine enge Kooperation haben unterschiedliche Zielgruppen. der an der Umsetzung des Konzepts beteiligten Im Berichtszeitraum waren folgende Projekte in Partner sicherstellen. Dazu gehören insbeson- Hamburg zu den Themenkomplexen religiös be- dere auch der Transfer von inspiring practise von gründete Radikalisierung und Muslimfeindlichkeit den Projekten in die Regelsysteme, um diese wei- aktiv: ter zu sensibilisieren und zu stärken sowie der 7
Drucksache 21/14037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode enge Dialog mit den zivilgesellschaftlichen Part- schnitten worden sind. Bis Jahresende 2019 soll nern. die Mehrheit der Bediensteten mit Gefangenen- kontakt geschult werden. Die Kinder- und Jugendhilfe wird speziell für die Verdachtsfälle „Kindeswohl im Kontext von (isla- Die Bezirksämter, und hier insbesondere Ham- mistisch) radikalisierten Familien“ eine fachliche burg-Mitte, Harburg, Wandsbek und Altona, sind Orientierungshilfe erhalten. Diese wurde von der in die Arbeit der Fachbehörden und die darüber Jugend- und Familienministerkonferenz in Auf- hinausgehende Netzwerkarbeit eng eingebunden trag gegeben und soll auch den Hamburger Ju- und setzen mit den Lokalen Partnerschaften für gendämtern zur Verfügung gestellt werden. Demokratie auf den zivilgesellschaftlichen Dialog vor Ort sowie auf die Sensibilisierung und Stär- Das LI wird weiterhin seine präventiven Angebote kung der bezirklichen Regelangebote und -dienst- vorhalten. Das Angebot der präventiven Schüler- leistungen. workshops wird ab August 2018 überprüft und bei Bedarf überarbeitet. Im Schuljahr 2018/19 wird es 5. Finanzierung verstärkt darum gehen, Schulen mit besonderen Bedarfen im Bereich der Prävention noch geziel- Die Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen ter zu unterstützen. Dazu werden die Schulleitun- und Handlungsansätze erfolgte und erfolgt für die gen seit Mai 2018 nochmals verstärkt angespro- Haushaltsjahre 2017/2018 im Rahmen der vor- chen, um Aspekte der Prävention und Demo handenen Ermächtigungen der jeweiligen Einzel- kratieförderung sowie Melderoutinen der Inter- pläne unter Einbeziehung der für die Finanzie- vention an den Schulen nachhaltig zu implemen- rung der zuwanderungsbedingten Mehrbedarfe tieren. eingeworbenen zentralen Mittel (Drucksache 21/1395), da der zusätzliche Ressourcenbedarf Die bereits identifizierten Handlungsschwer- nicht allein aus der Ermächtigung der beteiligten punkte der Sicherheitsbehörden haben weiterhin Behörden gedeckt werden konnte. Zum Mittelab- Bestand und werden unter Berücksichtigung bis- fluss siehe Anlage 2. heriger Praxiserfahrungen, neuer Erkenntnisse aus der Radikalisierungs- und Präventionsfor- Für die Haushaltsjahre 2019/2020 haben die be- schung sowie aktueller Lageeinschätzungen der teiligten Fachbehörden ihre Ressourcenplanun- beteiligten Fachbehörden regelmäßig aktualisiert gen (Personal- und Sachkosten) verstetigt und und ausgebaut. in den Haushaltsplanentwurf 2019/2020 im bis herigen Umfang entsprechend der Drucksache Darüber bearbeitet das LKA folgende Arbeits- 21/5039 und Drucksache 21/9538 eingebracht. schwerpunkte priorisiert: Datenschutz in der Fall- arbeit, Erarbeitung behördenübergreifender Im Zusammenhang mit den bei den Bezirksäm- Handlungsansätze, Transfer der LKA-Expertise in tern Hamburg-Mitte, Harburg, Wandsbek und Al- Strukturen, die mit dem Thema „Zweite Genera- tona vorhandenen (Koordinations-) Stellen zur tion/Salafistische Familien“ konfrontiert sind Steuerung der Partnerschaften für Demokratie sowie Prozessoptimierung der Zentralen Hinweis- wird zurzeit eine über den 31.12.2018 hinausge- aufnahme. hende Regelung konkretisiert. Das LfV plant, seine Analyse- und Öffentlichkeits- Darüber hinaus wird das LfV Hamburg mit dem arbeit zu verstärken. Es sollen zusätzliche Infor- Haushaltsplanentwurf 2019/2020 bedarfsgerecht mationsmaterialien erstellt sowie die Informatio- personell aufgestockt. nen auf der Homepage aktualisiert werden. 6. Petitum Im Justizvollzug werden ab Juni 2018 Aus- und Fortbildungen von Legato PräJus angeboten, die Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle spezifisch auf die Bedarfe des Vollzuges zuge- Kenntnis nehmen. 8
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14037 Anlage 1 Anforderung/Arbeitsschwerpunkt gemäß Drs. 21/5039: 1. Qualifizierung Von besonderer Bedeutung ist die weitere Qualifizierung der Regelsysteme. Ein Schwerpunkt bildet hierbei die Information, Beratung und Fortbildung der Schulleitungen, Lehrkräfte und weiteren pädagogischen Fachkräften an Schulen. Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger BSB, LI Die BSB stellt eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten zur Qualifizierung der Schulleitungen, Lehrkräfte und des weiteren pädagogischen Personals an Schulen bereit. So können die Schulen Beratungs- und Unterstützungsleistungen durch die folgenden Institutionen bzw. Angebote in An- spruch nehmen: die Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ), die Vermittlung von Sprach- und Kulturmittlern, die Beratungsstelle Gewaltprävention, das Beratungszentrum Beruf- liche Schulen (BZBS), das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI). Das LI bietet den Schulen Unterstützung, Beratung und Fortbildung in allen Fragen rund um Men- schenrechts- und Demokratiefeindlichkeit an (religiös und politisch begründete Radikalisierung und Extremismus, wie z.B. Islamismus, antimuslimischer Rassismus, Rechtsextremismus, Anti- semitismus etc.). Dabei können nach Absprache unterschiedliche Fortbildungsformate (zentral und schulintern), Beratungsleistungen und präventive Schülerworkshops abgerufen werden. Die Schulen werden darüber hinaus darin unterstützt, schulspezifische Präventionskonzepte und Melderoutinen zu entwickeln. Fortbildungen: In den Jahren 2016 und 2017 wurden in Bereich Prävention von Islamismus und Islamfeindlichkeit pro Jahr im Durchschnitt 650 pädagogische Fachkräfte fortgebildet. BASFI, FS und In 2017 wurde eine zweite Befragung von rd. 150 Jugendeinrichtungen zur möglichen Radikali- SPFZ sierung im Umfeld und innerhalb von Einrichtungen sowie zu Qualifizierungsbedarfen durchge- führt. Die Ergebnisse liegen vor. Demnach sind die Fachkräfte durch Fortbildungen ausreichend sensibilisiert. Zudem haben die Einrichtungen deutlich mehr Kooperationen mit anderen Instituti- onen und Initiativen im Stadtteil aufgenommen, um konfrontativ auftretenden Strömungen, die ihre extremistischen Ideologien mit dem Islam begründen, zu begegnen. Seit 7/2015 wird eine 25 %-Stelle zusätzlich bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugend- schutz e.V. (ajs) für die Einbeziehung des Themenfelds Salafismus in die Arbeit zum erzieheri- schen Kinder- und Jugendschutz gefördert. Zu den Schwerpunkten zählen regelmäßige Recher- chemaßnahmen zum Thema Salafismus und darauf aufbauend die Beratung und Fortbildung von nachfragenden Fachkräften sowie die Verweisberatung bei beobachteten Radikalisierungsten- denzen junger Menschen. Daneben werden durch die ajs gezielt Vernetzungsangebote in Form von Arbeitsgruppentreffen in betroffenen Sozialräumen gestaltet. Im Stadtteil Jenfeld wurde ein Arbeitskreis mit der ajs und den wichtigsten Akteuren im Sozial- raum, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, gebildet. Der erste Termin diente der Fort- bildung insbesondere der Fachkräfte aus Jugendeinrichtungen und der Bürgernahen Beamten. Weitere Sitzungen fanden in den Folgemonaten statt, u.a. unter Einbeziehung der Fachkräfte aus Schulen mit dem Ziel der Verbesserung von Information, Vernetzung und Zusammenarbeit. Die nächste Regionale Bildungskonferenz im Bezirk wird sich mit der Thematik „Junge Menschen zwischen Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus - Schulen und Jugendhilfe aus Jenfeld ge- meinsam für Prävention und Vernetzung“ befassen. Die Ausweitung dieses Angebots auf andere betroffene Stadtteile ist in Planung. Der Träger ikm e.V. hat ein Modellprojekt „Deradikalisierung im Sozialraum“ im Stadtteil Billstedt begonnen. Ziel des auf drei Jahre angelegten Projektes ist, eine zentrale Stelle im Sozialraum aufzubauen, die als Knotenpunkt für Deradikalisierung und Präventionsarbeit fungiert, um die Anonymität im Sozialraum aufzuheben und durch ein abgestimmtes und verzahntes Zusammen- spiel aller Akteure vor Ort junge Menschen vor einer möglichen Radikalisierung zu schützen. Es handelt sich um ein Projekt des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, kofinanziert durch die BASFI. Anlassbezogen erfolgen Fortbildungen für Fachkräfte und weitere Unterstützungsleistungen für Einrichtungen (bspw. für das Haus der Jugend in Wilhelmsburg, um hier die Attraktivität der An- gebote für junge Menschen zu erhöhen). Am 10. Oktober 2016 fand eine Tagung mit über 100 Fachkräften insbesondere aus der Kinder- und Jugendarbeit zu unterschiedlichen Fragestellungen der Radikalisierung statt. Veranstalter war die ajs. In 2016 und 2017 fanden zahlreiche Fortbildungen zum Themenbereich der Drs. 21/5039 statt. Themen waren z.B. „Junge Muslimen zwischen Islam und Islamismus – Ansätze der Präventi- 9
Drucksache 21/14037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode noch Anlage 1 Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger onsarbeit zu salafistischen Einstellungen“, „Umgang mit religiös gefärbten Konflikten in Jugend- einrichtungen“, „Radikalisierung von jungen Mädchen und Frauen“, „Islam zwischen Religion, Kultur und Lebenswelt“. Die von der BASFI finanzierten oder kofinanzierten Präventionsprojekte „Legato – systemische Ausstiegsberatung – Fachstelle für religiös begründete Radikalisierung“ (Träger: Vereinigung Pestalozzi gGmbh und Ambulante Maßnahmen Altona e.V.), „SelbstSicherSein – Wer bin ich und wie will ich sein?“ (Träger: Basis & Woge e.V.), „Jugendphase und Salafismus“ (Träger: Arbeits- gemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg e.V.), „Think Social Now 2.0 – Verantwortung übernehmen im Internet“ (Träger: Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland e.V., BIG) und „Al Wasat – Die Mitte“ (Träger: Islamisches Wissenschafts- und Bildungsinstitut e.V.) führen laufend Informations- und Fortbildungsveranstaltungen für Fachkräfte durch. BIS, LKA Das LKA 702 hat sowohl behördeninterne als auch -externe Informations- und Fortbildungsver- anstaltungen zu den Themen „Hasskriminalität“, „Prävention von religiös begründetem Extremis- mus und Muslimfeindlichkeit“ und „Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf die unterschiedlichen Bereiche der politisch motivierten Kriminalität“ durchgeführt. Hierbei handelte es sich um Vor- träge, Workshops, Podiumsdiskussionen und Multiplikatorenschulungen. Bei den externen Be- darfsträgern handelte es sich um Schulen, bezirkliche Stellen, Stadtteileinrichtungen, Netzwerk- partner und Projektträger. BA Hamburg-Mitte Es wurden Fortbildungen in verschiedenen Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit durchgeführt sowie Familienförderung in Wilhelmsburg zum Umgang mit religiös gefärbten Kon- fliktlagen (Kerninformationen zu Erscheinungsformen von religiösem Extremismus, Bearbeitung konkreter Fragestellungen zu Vorkommnissen in den Einrichtungen). Des Weiteren wurden zwei Demokratiekonferenzen durchgeführt in Kooperation mit der regiona- len Bildungskonferenz Billstedt / Mümmelmannsberg zu „Demokratie-Bildung als Antwort auf ra- dikale Positionen“ und „Gegen Diskriminierung und Radikalisierung – Solidarisches Handeln in der Bildungs- und Sozialarbeit im Stadtteil.“ BA Wandsbek Im Oktober 2017 fand eine Fachveranstaltung für Fachkräfte aus dem ASD, Elternschulen, die offene Kinder- und Jugendarbeit, Amtsvormünder und Erziehungsberatungsstellen statt, unter Beteiligung der Beratungsstelle Legato und des LKA. Es wurde informiert über Hintergründe von Radikalisierungsprozessen sowie das Erkennen von möglichen Radikalisierungen und die aktu- elle Situation in Wandsbek. Darüber hinaus wurden Kooperationsmöglichkeiten besprochen. 2. Verbesserung der institutionenübergreifenden Fallbearbeitung Die Fallbearbeitung bei den fallbeteiligten Institutionen soll – unter Berücksichtigung des Datenschutzes – besser ab- gestimmt werden. Die Fallberatung und Unterstützung in den Schulen und Einrichtungen bei ersten Anzeichen einer Radikalisierung sind weiter auszubauen (pro-aktive Beratung, Case-Management). Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger Alle Behörden und Stetige Verbesserung der behördenübergreifenden und die Beratungsstelle Legato einbeziehen- Ämter den Kooperation in der Fallarbeit, Vereinbarung verbindlicher Verfahrensabläufe. Klärung datenschutzrechtlicher Aspekte. BASFI, FS-JD Bei Hinweisen auf eine religiöse Radikalisierung bei Minderjährigen oder Elternteilen findet die Fallarbeit in den Regelsystemen der Jugendhilfe statt (bezirkliche Jugendämter, Familieninter- ventionsteams, Fachdienst Flüchtlinge). Die Verdachtsfälle werden mit Priorität bearbeitet. In die Fallarbeit werden die Leitungen der Ämter sowie die Kinderschutzkoordinatorinnen und Kinder- schutzkoordinatoren regelhaft einbezogen. Die Jugendämter bzw. Fachdienste sind im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten zur Kooperation mit den weiteren zuständigen Behörden und Dienststellen verpflichtet. BSB Die Besetzung der 0,5-Stelle in der Beratungsstelle Gewaltprävention im Bereich der Fallarbeit erfolgte zum 1.11.2017. Mit der Einrichtung der Stelle ist ein Mitarbeiter des Beratungszentrums Berufliche Schulen im Umfang von 1,0 Stellen für die Beratung, die Intervention und das Casemanagement im Bereich der Berufsbildenden Schulen sowie die Netzwerkarbeit freigestellt. 10
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14037 noch Anlage 1 Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger Die Kooperation mit dem LKA und dem LfV im Einzelfall entwickelt sich weiterhin sehr gut, ebenso die Kooperation mit der Beratungsstelle Legato in Beratungsfällen. Die behördenübergreifende Zusammenarbeit bei minderjährigen bzw. schulpflichtigen Einzelfäl- len entwickelt sich aus Sicht der BSB fachlich weiter. BIS, LKA und LfV Das LKA 7 steht der BSB als Ansprechpartner sowohl für Einzelfallberatungen als auch für ex- terne Informations- und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema „Gewaltbereiter Salafismus und religiöser Extremismus“ zur Verfügung. Das LKA 702 „Prävention Gewaltzentrierte Ideologien“ ist für die Bearbeitung von vermeintlichen oder tatsächlichen Radikalisierungssachverhalten unterhalb der Schwelle von Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung zuständig. In Fällen einer tatsächlichen Radikalisierung erfolgt die interve- nierende Präventionsarbeit stets einzelfallbezogen und in der Regel interdisziplinär. Das LfV steht der BSB als Ansprechpartner für Einzelfallberatungen oder auch für allgemeine Informationen zum Thema extremistische Bestrebungen zur Verfügung. Alle BÄ Bei Bedarf Durchführung von Runden Tischen (z.B. mit BSB, LKA, Jugendschutz, ReBBZ, ASD, der Beratungsstelle Legato, beteiligten Einrichtungen, Schulen, Moscheevertretern), um Interven- tionen bei Kindern/ Jugendlichen und Eltern abzustimmen sowie Handlungssicherheit der Ein- richtungen zu erhöhen. BA Altona Im Stadtteil Altona Altstadt, ausgehend von der Stadtteilkultureinrichtung Haus 3, wurde ein Dia- logforum reaktiviert und ausgebaut, unter anderem im Hinblick auf die religiös begründete Radi- kalisierung. Das Bezirksamt förderte und unterstützte das Dialogforum und wurde vertreten durch die Integrationsfachkraft und die Projektleitung der Partnerschaft für Demokratie und Vielfalt. 3. Kinder und Kindeswohlgefährdung im Kontext von religiös begründeter Radikalisierung Neuer Arbeitsschwerpunkt: Kinder, die in Familien aufwachsen, in denen geschlossene Weltbilder vermittelt werden und eine auf Ausschluss von der Mehrheitsbevölkerung gerichtete Erziehung vorherrscht, stellen staatliche Institutionen – insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe – und die zivilgesellschaftlichen Beratungsstellen vor neue Herausforderungen. Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger BASFI, AI 22 (FF) Fachtage der norddeutschen Angehörigen- und Ausstiegsberatungsstellen zu den Herausforde- unter Beteiligung rungen, die durch dieses neue Phänomen entstehen, Erarbeitung von Konzepten für die pädago- aller anderen Be- gische Praxis. hörden/Ämter so- Länderoffene Arbeitsgruppe „Kindeswohl im Kontext von (islamistisch) radikalisierten Familien“ wie der Bera- unter der Federführung des Niedersächsischen Sozialministeriums; Umsetzung des Beschlusses tungsstelle Legato der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden (AGJF) vom 21./22. September 2017; „Eckpunkte für Handlungsempfehlungen“ beschlossen von der JFMK am 3./4. Mai 2018 verbunden mit der Bitte an die AGJF, auf dieser Grundlage eine fachliche Orientierungs- hilfe für Jugendämter erstellen zu lassen. Information der Regelsysteme mit aktuellen Fallberichten und Erfahrungsaustausch. Teilnehmer- kreis: BASFI (Amt AI, Amt FS), BSB (Beratungsstelle Gewaltprävention, LI), BIS (LKA, LfV), Be- zirksämter (für das Thema zuständige Kinderschutzkoordinatoren), Justizbehörde (Amtsgericht) sowie Beratungsstellen Legato und PROVention Schleswig-Holstein. Austausch und Bearbeitung des Themas wird fortgesetzt. 4. Handlungsstrategien in Bezug auf Rückkehrer aus Kriegs- und Krisengebieten Handlungsstrategien zum präventiven Umgang mit der Gefahr durch die steigende Anzahl von Rückkehrern und Ansätze für die Einbindung von (geeigneten, deradikalisierten) Rückkehrern in die Präventionsarbeit sind zu entwickeln. Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger Beratungsstelle Rückkehrer-Leitfaden: Die Angehörigen-Beratungsstellen in Norddeutschland haben im Januar Legato 2017 gemeinsam einen Leitfaden zum Umgang mit Rückkehrerinnen und Rückkehrern aus den Kriegs- und Krisengebieten vorgelegt. Beteiligt sind die Beratungsstellen Legato (Hamburg), Pro- vention (Schleswig-Holstein), Beraten (Niedersachsen) und kitab (Bremen), das Copyright liegt bei den Trägern. In dem Leitfaden werden Herausforderungen und Ziele der Beratungsarbeit 11
Drucksache 21/14037 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode noch Anlage 1 Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger sowie Prozessketten beschrieben. Der Leitfaden wird Bedarfsträgern auf Anfrage zur Verfügung gestellt. Legato hat bisher keine Rückkehrerinnen und Rückkehrer in der Beratung, die für einen Einsatz in der Präventionsarbeit geeignet sind (Anforderungen wären: keine Beteiligung an schweren Straftaten, keine laufenden Ermittlungsverfahren, glaubhafte und nachhaltige Distanzierung von der Ideologie und dem sozialen Milieu, psychische Stabilität). BIS, LKA und LfV Das LKA 7 hat in Kenntnis der Anforderungen des von den Beratungsstellen in Norddeutschland entwickelten Rückkehrer-Leitfadens, die Zielgruppe, die prinzipiell für eine Einbindung in die Prä- ventionsarbeit in Frage kommen könnte, definiert. Bis zum Stichtag konnte das LKA 7 keine ge- eigneten Personen aus dem definierten Personenkreis identifizieren, um sie der Beratungsstelle Legato zuzuführen. Gleichwohl sucht die Polizei Rückkehrerinnen und Rückkehrer, von denen sie Kenntnis erhält, unter Berücksichtigung kriminaltaktischer Belange stets auf und prüft erfor- derliche Maßnahmen sowie eine Eignung für die Präventionsarbeit der Beratungsstellen. Die Begleitung von bereits identifizierten ausstiegswilligen Heranwachsenden wird im LKA 702 in Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe (JGH) und Legato ermöglicht. Das LfV wird gemäß seines gesetzlichen Auftrages bereits im Vorfeld von möglichen Straftaten tätig, sobald tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verdacht nach § 4 HmbVerfSchG vorliegen. In diesem Kontext bildet die Beobachtung von Rückkehrerinnen/ Rückkehrern im Rahmen des The- menkomplexes Syrien einen Schwerpunkt. Nach den hier vorliegenden Erkenntnissen fügt sich der überwiegende Teil der betreffenden Personen direkt wieder in die Szene ein. Da die Intention in Bezug auf die Rückkehr in den wenigsten Fällen bekannt ist, muss in Betracht gezogen werden, dass die Betroffenen mit einem Auftrag wieder eingereist sind. Aufgrund dieser Annahme stehen sie unter besonderer Beobachtung der Sicherheitsbehörden. 5. Intensivierung der Beobachtung extremistischer Bestrebungen sowie der Analyse und Beschreibung der Lage Die Beobachtung extremistischer Bestrebungen sowie die Analyse und Beschreibung der Lage sind auf Grund der deutlich verschärften Sicherheitslage auszubauen. Die Befragungen von Hinweisgebern und die Bearbeitung von Hinwei- sen auf mögliche bevorstehende Anschläge sind auszubauen. Die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten mit salafisti- schen bzw. muslimfeindlichem Hintergrund ist fortzuführen und den gestiegenen Anforderungen Rechnung zu tragen. Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger BIS, LKA und LfV Einrichtung einer zentralen Hinweisaufnahme (ZHA) im LKA 721, um das Risiko von Fehlern oder Versäumnissen beim Umgang mit Hinweisen auf sich radikalisierende/ verhaltensauffällige Per- sonen mit islamistischem Hintergrund zu minimieren. In diesem Zusammenhang wurde eine in- terne Anweisung des Leiters des LKA an alle Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter der Polizei Hamburg gesteuert, welche den Prozess der Hinweisbewertung und -steuerung nachhaltig verbessern soll. Positive Auswirkungen konnten bereits festgestellt werden, Optimierungsmöglichkeiten werden sukzessive in die weitere Arbeit einfließen. Die Analyse und Beschreibung der Lage sind der Fallbearbeitung in der ZHA nachgeordnet. Auch das LfV bearbeitet Hinweise/n zeitnah umfassend. Durch die personelle Aufstockung beim LfV – insbesondere im Bereich Auswertung und operative Tätigkeiten – konnte die Beobachtung und Analyse intensiviert werden, um insbesondere auf die zunehmende Muslimfeindlichkeit reagieren zu können. Der Einblick in extremistische Strukturen, Gruppierungen und Aktivitäten sowie von Extremisten besuchte Objekte konnte vertieft werden. Gleichzeitig wurden die Vorfeldaufklärung und die Be- arbeitung von Hinweisen aus der Bevölkerung verbessert. 6. Strafverfolgung In repressiver Hinsicht ist es von besonderer Bedeutung, dass weiterhin eine intensive Strafverfolgung gewährleistet ist. Behörde / Arbeitsbereich Stand der Umsetzung ggf. Träger BIS, LKA, LfV und Das LKA ergreift fortwährend alle erforderlichen und rechtlich möglichen Maßnahmen zur Straf- JB verfolgung. Das LfV unterstützt strafrechtliche Ermittlungsverfahren mit seinen Informationen, sofern dies ge- setzlich möglich ist. 12
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