Mitteilungen der Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen e.V.
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Mitteilungen der Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen e.V. Im Selbstverlag Mitteilungen 7. Jahrgang der Freunde der Geowissenschaftlichen Heft 16 Bremen Sammlung der Universität Bremen e.V. Febr. 2020
Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen e.V. c/o Jürgen Reinhardt Vogelweide 9 28215 B r e m e n Tel.: 0421/374743 E-Mail: juereinhardt@aol.com Vorstand: Jürgen Reinhardt, Vorsitzender Ludwig Kopp, stellv. Vorsitzender Werner Liebenberg, Schatzmeister www.fgsub.de Eingetragen im Vereinsregister Amtsgericht Bremen VR 7655 HB Unter Steuernummer 60/146/12503 wurde der Verein am 02.05.2017 vom Finanzamt Bremen als gemeinnützig anerkannt. Bank: Nord/LB IBAN: DE37 2905 0000 2002 0835 45, BIC: BRLADE22XXX Schriftleitung: Werner Liebenberg Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie photomecha- nische und andere Vervielfältigungen bedürfen der schriftlichen Genehmigung der Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen e.V.. Für den sachlichen Inhalt sind die Autoren verantwortlich. 2
Inhalt Präparieren für das Nevada-Projekt 4 In der Geowissenschaftlichen Sammlung entdeckt - Haizähne aus der Tongrube Freetz 8 Öffentlichkeitsarbeit: Tag der offenen Tür in der Geowissenschaftlichen Sammlung 11 Die Weihnachtsfeier und das Weser-Geo-Highlight 2019 12 3
Präparieren für das Nevada-Projekt von David Kuhlmann Nach seiner Ausbildung zum geo- wissenschaftlichen Präparator in der Präparationswerkstatt der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster (Westfalen), arbeitet David Kuhlmann nun in der GSUB. Ein Schwerpunkt liegt auf der Her- stellung von Dünnschliffen und der mechanischen Präparation von Ammoniten für das DFG-Projekt “The Anisian (Middle Triassic) Am- monoids of Nevada – An In- tegrated Approach to understand Morphological Change“ d. h. Mor- phologische Veränderungen von Ammoniten des Anisium (Mittlere Trias) von Nevada. Staub, Stichel und Schleifpulver. Das ist meine Welt. Als Präparator im Projekt "Nevammonoidea" der GSUB bin ich, David Kuhlmann, für die Herstellung von Dünnschliffen und die Präparation von tausenden Ceratiten, die 2017 und 2018 in Ne- vada gesammelt wurden, zuständig. Neben der Schleifarbeit ist die me- chanische Präparation mit Abstand meine Haupttätigkeit. Zu Beginn meiner Arbeit in Bremen sortierten wir die Proben nach ihren Schichten, sodass alle Fossilien aus einer Schicht gleichzeitig bearbeitet wer- den konnten. Anschließend suchten wir die Proben für Dünnschliffe her- aus, die wir extra in Nevada genom- Der Arbeitsplatz , men hatten. Die Anfertigung der Foto: D. Kuhlmann Schliffe hatte dann oberste Priorität. 4
Fertig präpariert in der Sammlung Foto: D. Kuhlmann Diese fertigte ich in der Zentralprä- darum, die Schleifriefen der Maschi- paration des Fachbereichs Geowis- ne zu entfernen. senschaften FB5 an. Nun entfernte ich die Proben von Paläontologische Dünnschliffe kön- der Glasscheibe und klebte sie mit nen auf verschiedene Weisen her- Körapox, einem Epoxidharz, einzeln gestellt werden. Ich bevorzuge hier auf Objektträger. Nach dem Aushär- die Arbeit mit Senkrechtflachschleif- ten des Harzes wurden die Proben maschinen, die üblicherweise z.B. dünn abgesägt und konnten auf der im Maschinenbau angewandt wer- Senkrechtflachschleifmaschine auf den. Nach dem Formatieren der Pro- etwa 100µm heruntergeschliffen ben mit einer Gesteinssäge werden werden. Der finale Schritt bestand diese mit Hilfe eines thermoplasti- darin, die Proben wiederum per schen Harzes auf eine Glasscheibe Hand mit Siliziumkarbidpulver, Was- gekittet. So können gleich mehrere ser und dem Schleifklötzchen so zu Proben auf der Senkrechtflach- schleifen, bis die groben Schleifrie- schleifmaschine plan geschliffen fen der Maschine entfernt und die werden. gewünschte Dicke erreicht war. Den finalen Charakter habe ich der Die fertigen Schliffe gingen anschlie- Oberfläche durch das Schleifen mit ßend für die Analyse zu Eva Bi- sehr feinem Siliziumkarbidpulver schof. (800er Körnung) und Wasser, unter Neben Dünnschliffen fertigte ich einem selbst angefertigten Quarz- auch Anschliffe von Ceratiten an. schleifblock verliehen. Hier geht es Hierzu wurden ausgewählte Stücke 5
kurz vor ihrer Mitte dem HW1 sind diese Werkzeuge kolben- "Protoconch" durchgesägt und an- betrieben. schließend mit Hilfe von Schleifpul- Die Erhaltung der Fossilien unterliegt vern der Körnungen 60mesh bis sehr starken Schwankungen selbst 800mesh auf einer sich rotierenden innerhalb der Schichten. Es gibt sehr Metallplatte heruntergeschliffen. fossilreiche bis sehr fossilarme Hierbei war besondere Vorsicht ge- Schichten, aus denen sich die Am- boten. Es musste der nur wenige µm moniten teilweise gut aber auch große Protoconch, also die Initial- schlecht von Gestein trennen lassen. kammer des Ceratiten, am besten in Kurz gesagt, ist das gesamte Spekt- seiner Mitte getroffen werden. Mit rum an Präparierbarkeit vertreten. Hilfe dieser Anschliffe lässt sich Von überhaupt nicht von Gestein zu dann die Schalenontogenie des Ce- trennenden Steinkernen, die nur ratiten verfolgen. Die Entwicklung "umrahmt" werden können, bis hin der Schale und seiner Größenver- zu Schalenerhaltungen, die sich hältnisse, vom Protoconch bis zum wunderbar vom Gestein trennen las- ausgewachsenen Stadium des Indi- sen und hervorragend bis zum Pro- viduums. toconch präpariert werden können. In der Analyse wird nur mit einem Bei der Arbeit mit dem Stichel arbei- Scan der bearbeiteten Oberfläche te ich stets mit einem Binokular, das gearbeitet. Um sicherzustellen, dass eine 6-fache bis 40-fache Vergröße- der Protoconch zu sehen ist, wurden rung zulässt. So bin ich in der Lage, Scans in verschiedenen Schliffebe- mikroskopisch kleine Details heraus- nen des Stückes angefertigt. zuarbeiten. Um zu verhindern, dass Den mit Abstand größten Teil meiner ich im Staub untergehe, sorgt ein Arbeit aber macht die mechanische 4,5kW Industriesauger für perma- Präparation des Materials aus Ne- nenten Abzug des feinen Abraums. vada aus. Eine chemische Aufberei- Das Endglied der Absaugung an tung ist wegen der Beschaffenheit meinem Arbeitsplatz besteht aus des Materials von Fossil und Matrix einem ca. 50cm langen Gelenk- leider nicht möglich. Das am Fossil schlauch, den ich sehr flexibel an Hill und in den Augusta Mountains meine Bedürfnisse anpassen kann. gesammelte Material wird darum Bis zu diesem Zeitpunkt, Januar ausschließlich mit Druckluftsticheln 2019, sind bereits ungefähr 3500 präpariert. Für die Arbeit an den Stücke präpariert worden. Hinzu Fossilien verwende ich Stichel von kommen ca. 60 Anschliffe und 150 Hardy Winkler. Dünnschliffe. Genauer gesagt arbeite ich hier meist mit dem HW70 und dem HW60 (Nachfolger HW65). Diese Stichel haben sich als wahre Allroun- der bewiesen. Für besonders feine Details ziehe ich aber auch den HW322 und HW1 heran. Bis auf den 6
Fertig präpariert in der Sammlung Foto: D. Kuhlmann 7
In der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen entdeckt Haizähne aus der schienen im Selbstverlag des Natur- Tongrube Freetz wissenschaftlichen Vereins zu Bre- men (1956). In der Geowissenschaftlichen Samm- Fundort ist hier die zwischen Freetz lung befinden sich jeweils 1 fragmen- und Lengenbostel gelegene Ziegelei tarischer Haizahn von Synodontaspis Wilhelm. Über diesen Aufschluss hat und Odontaspis sowie 2 Fragmente bereits Gripp 1941 berichtet. von Carcharodon megalodon Agas- In dieser Grube (R 35.35100, siz, 1843 (auch: Carcharocles mega- H 59.089350/Koordinaten nach lodon Agassiz, 1843). Gauß-Krüger) stehen gem. Köwing Die genaue systematische Zuord- kalkfreie, feinsandige Glimmertone nung von Caracharocles zur Familie und tonige Feinsande von brauner Lamnidae oder Otodontidae ist noch bis olivgrüner Farbe an. Horizontwei- nicht eindeutig geklärt. Stratigra- se sind sie reich an Glaukonit. Die phisch finden wir Carcharocles me- Schichten sind gestaucht und strei- galodon vom Miozän bis zur Pliozän- chen NO-SW bei flach NW Einfallen. Pleistozän-Grenze. Die Mächtigkeit, die sich beim Be- Seine Zähne wurden bisher weltweit such von K. Köwing nicht feststellen gefunden. Sehr selten werden auch ließ, beträgt nach unveröffentlichten Wirbel gefunden, z. B.: 20 Wirbel in Aufzeichnungen von Prof. Gripp aus der Tongrube in Gram/Dänemark. dem Jahre 1925 etwa 20 m. Über Insgesamt konnten ihm bisher ca. den o. a. Tonen liegen diskordant 3- 150 Wirbelfunde zugeordnet werden. 5 m mächtige Pleistozänsande. An Gelegentlich finden sich auch Biss- Fossilien werden lediglich Walkno- spuren an Walknochen. chen und Haifischzähne (Lamna sp., Carcharodon sp.) gefunden. Obwohl diese beiden Stücke von Carcharocles recht unscheinbar sind, Stratigraphisch gehören diese Tone so kommt ihnen doch eine regionale in das obere Miozän. Bedeutung zu. Die von Köwing angegebenen Koor- Diese beiden Fossilien mit der Fund- dinaten beziehen sich allerdings ortangabe Ziegelei Freetz bei Sitten- nicht auf die erst seit 1973 betriebe- sen wurden 1954 von Klaus Köwing ne alte und neue Grube der Fa. Wie- aufgesammelt. Über Dr. Thorwald nerberger, Hannover an der K 149. Kruckow gelangten diese Stücke Köwing untersuchte eine der früher dann in die Sammlung des Übersee- betriebenen Tongruben etwas weiter museums in Bremen. westlich am alten Ziegeleiweg. Hier Karl Köwing ist bekannt als Autor des residiert heute der Angelverein Buches “Ausbildung und Gliederung Hecht. des Miozäns im Raum Bremen. Er- Für die neuen Gruben wurde mehr- 8
fach über Funde von Wal-Zähnen-/ zu Lüneburg, Langenfelde und Sege- Knochen, Haizähnen und über eine berg episodisch oder kontinuierlich?). umfangreiche Molluskenfauna berich- 1927 wurde er außerordentlicher Pro- tet. Die östliche Grube hinter der Au- fessor für Geologie in Hamburg, aber tobahnraststätte ist seit langem nicht 1934 aus – wie er selber erklärte – mehr in Betrieb und durch ansteigen- politischen Gründen in den Ruhe- des Grundwasser geflutet. Westlich stand versetzt. der Kreisstraße 149 ist noch Abbau- 1940 wurde er außerplanmäßiger betrieb zu beobachten. Professor in Kiel (für diluviale Vorge- Literatur schichte), wo er 1943 nach der Einbe- Köwing, Klaus (1956): Ausbildung rufung von Kurt Fiege in dessen Ver- und Gliederung des Miozäns im tretung Leiter des Geologischen Insti- Raum von Bremen. Sonderdruck aus: tuts war. 1945 wurde er ordentlicher Abh. Naturw. Ver. Bremen, Band 34, Professor in Kiel, wo er bis zu seiner Heft 2, Seite 69-171. Emeritierung 1958 Direktor des Geo- logischen Instituts der Universität war. Köwing, Klaus (1955): Nutzbare Auch nach seiner Pensionierung blieb Ablagerungen des Tertiärs im Raum er wissenschaftlich aktiv. von Bremen. Kleine Beiträge. Neues Archiv für Niedersachsen 1955/56/2, Band 8(13), 158-161. Klug, Birgit & Günter (1997): Ske- lettreste aus der Tongrube Wiener- berger bei Sittensen (Niedersachsen). Der Geschiebesammler, 30/2, S. 63- 66, Wankendorf, Apr. 1997. Klug, Birgit & Günter (1999): Der miozäne Glimmerton von Tiste/Freetz bei Sittensen in Niedersachsen. Der Geschiebesammler 32/2-3, S.71-91, Wankendorf, Juni 1999. Anhang Karl Christian Johannes Gripp (* 21. April 1891 in Hamburg; † 26. Februar 1985 in Lübeck) war ein deutscher Geologe. Gripp studierte ab 1910 an der Uni- versität Göttingen, in Grenoble und an der Universität Kiel, wo er 1914 bei Ewald Wüst (1875–1934) promo- viert wurde (Über das marine Altmio- zän im Nordseebecken). 1920 wurde er an der Universität Hamburg habilitiert (Steigt das Salz 9
Foto: W. Liebenberg, Bremen 10
Öffentlichkeitsarbeit Tag der offenen Tür chen Mineralien- und Fossilien- Preisen. Am 23.11.2019 öffneten sich wieder die Türen und Schubfächer in der Geowissenschaftlichen Sammlung für die Öffentlichkeit. Zahlreiche Besucher nutzten von 11 - 17.00 Uhr die Möglichkeit, faszinie- rende Zeugen der Urwelt unter fach- kundiger Führung zu besichtigen. Foto: J. Lehmann, Bremen Dazu noch ein kleines Kinderpro- gramm mit Puzzeln, Saurierraten und selbst hergestellten Buttons mit Fos- silienmotiven. In Alans Sandkiste konnten die Kin- der wieder auf Haifischzahnsuche gehen. Foto: W. Liebenberg, Bremen Zusätzlich realisierten die Mitarbeiter des Fachbereichs 5 (Geologie) sowie zahlreiche ehrenamtliche Helfer ein umfangreiches Rahmenprogramm. Neben einem Besuch der Sammlung informierte eine Ausstellung mit aus- führlichen Erklärungen über die ers- ten Lebensspuren kurz vor Beginn des Kambriums vor 541 Mio. Jahren. Dr. Christian Hallman und seine Kol- legen führten im Rahmen einer span- Foto: W. Liebenberg, Bremen nenden Time-Line-Tour über ver- schiedene Stationen durch die Zeit- räume der Evolution. Neben einer kleinen Kaffeepause präsentierten Mitglieder des Geowis- Ergänzt wurde die Führung durch senschaftlichen Arbeitskreises eine einen themenbezogenen Vortrag. attraktive Bernsteinausstellung und Für Entspannung und Spannung künstlerische Graphiken mit Geo- sorgte eine Geo-Tombola mit zahlrei- Motiven. 11
Weihnachtsfeier und das Weser-Highlight 2019 Am 12. Dez. 2019 trafen sich die Mit- Tertiärs. Der Faxekalk gilt als Leitge- glieder des Geowissenschaftlichen schiebe in eiszeitlichen Ablagerun- Arbeitskreises wieder zu ihrer traditi- gen und liefert zahlreiche, interes- onellen Weihnachtsfeier. sante Fossilien. So auch der nach- Nach einem ausführlichen Jahres- stehend abgebildete Krebspanzer mit rückblick kamen auch die Gemütlich- dem wissenschaftlichen Namen Dro- keit und das leibliche Wohl nicht zu miopsis rugosa. kurz. Im Übrigen wurde der Faxekalk zum Sedimentär-Geschiebe des Jahres 2019 gewählt. Höhepunkt war wieder die Wahl des Weser-Geo-Highlights. Die Wahl fiel auf eine Krabbe aus dem Faxekalk, die von Alan Marsh präsentiert wur- de. Der Faxekalk ist ein von Korallen durchsetzter, etwas mürber Kalk- stein. Er wurde nach dem Kalkstein- vorkommen in der Nähe von Faxe auf der Insel Seeland benannt. Die Krabbe Dromiopsis rugosa Er entstand vor 65 bis 60 Millionen und der glückliche Gewinner. Jahren im Danium, dem Beginn des Fotos: W. Liebenberg, Bremen. 12
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