Mobile Daten-nutzung in der Schweiz - Datenwachstum und Datenstau im mobilen Datennetz der Schweiz - 2010 bis 2021
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Mobile Daten- nutzung in der Schweiz Datenwachstum und Datenstau im mobilen Datennetz der Schweiz – 2010 bis 2021 Mai 2021
1 Zur Studie 3 2 Die mobile Daten-Explosion 5 2.1 Exponentielle Entwicklung 5 2.2 Gesamte Last bei 4G LTE 7 3 Ländlicher Datenschub 9 3.1 Wachstum in die Breite 9 3.2 Kein digitaler Graben 11 4 Engpässe und Datenstau 15 4.1 Wettlauf gegen Datenstau 15 4.2 Grenzen der Kapazitätsausweitung 19 5 Effekte der Corona-Pandemie 22 5.1 Geglättete Nutzung 22 5.2 Geographie des Lockdowns 24
IMPRESSUM Mobile Datennutzung in der Schweiz Auftraggeber_in: succèSuisse Auftragnehmer_in: Sotomo, Dolderstrasse 24, 8032 Zürich. Autor_innen: Lorenz Bosshardt, Michael Hermann
Zur Studie Für die meisten Menschen in der Schweiz gehört das Smartphone schon lange zum Alltag. Dennoch nahm die mobile Datennutzung im vergangenen Jahrzehnt beinahe exponentiell zu. Während sich die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer von Smartphones seit 2010 verdreifacht hat, steigerte sich das mobile Datenvolumen um Faktor 200. Dieses rasche Wachstum führt zu einer immer stärkeren Belastung des Antennennetzes und es führt, ähnlich wie beim Strassenverkehr, zu Staugefahr. Stau im Datennetz bedeutet, dass Verbindungen zeitverzögert aufgebaut und Seiten weniger schnell geladen werden. Stau heisst, dass Übertragungen stocken und Videos einfrieren. Erstmalige Analyse In der vorliegenden Studie von Sotomo im Auftrag von succèSu- isse wurde die Entwicklung der mobilen Datennutzung sowie des Datenstaus erstmals umfassend und räumlich differenziert untersucht und dargestellt. Für die Studie konnte auf die um- fassende Datenbasis der Swisscom zurückgegriffen werden. Die Swisscom besitzt im Mobilfunkbereich einen Marktanteil von fast 60 Prozent und steht repräsentativ für den Mobilfunkmarkt insgesamt. Überbrücken des digitalen Grabens Die Datenanalyse zeigt, dass in den Ballungsräumen zwar insgesamt der grösste Bedarf an mobilen Daten besteht, die Da- tennutzung hat jedoch in den vergangenen Jahren im ländlichen Raum am stärksten zugenommen. Die mobile Datennutzung pro 3
Mobile Datennutzung in der Schweiz 4 Kopf ist im untersuchten Netz im ländlichen Raum am grössten. Gerade in eher peripheren Regionen mit einer weniger ent- wickelten Netzinfrastruktur sind mobile Daten entscheidend zum Überbrücken des digitalen Grabens. Datenstau Das stark wachsende mobile Datenvolumen muss heute haupt- sächlich durch Kapazitätssteigerungen bestehender Zellen gedeckt werden. Dieser Kapazitätsausbau auf Basis der be- stehenden 4G-Technologie hat seinen Preis. Die Untersuchung zeigt, dass je grösser die erbrachte Leistung einer Zelle, desto eher kommt es dort zu Engpässen in der Datenübermittlung. Die technischen Möglichkeiten der aktuellen Generation der Mobilfunktechnologie sind zunehmend ausgeschöpft. Das be- deutet Stau für alle, die diese Zellen nutzen. Interessant ist, dass die Corona-Situation zwar nicht das Datenwachstum gebremst hat, jedoch den Datenstau. Seit April 2020 verteilt sich aufgrund der Präventionsmassnahmen die Bevölkerung gleichmässiger über Zeit und Raum. Grenzen der bestehenden Technologie Mit dem Ende der Pandemie wird sich dies jedoch rasch wieder ändern. Wie beim Strassenverkehr nehmen die Engpässe bei den Mobilfunkdaten nicht linear mit der Belastung zu, sondern es gibt Kipppunkte, die zu vom flüssigen Verkehr zum Stau führen. Nur mit dem Einbezug der neuen Generation Mobilfunktechno- logie 5G lassen sich die heute bestehenden, technisch bedingten Grenzen der mobilen Datenübertagung soweit verschieben, dass das Nachfragewachstum künftig keine flächengreifenden Eng- pässe verursachen. Oder um beim Bild zu bleiben: Nur mit ei- ner neuen Mobilfunkgeneration lässt sich ein mobiler Datenver- kehrskollaps verhindern.
5 Mobile Datennutzung in der Schweiz Die mobile Daten-Explosion Für die meisten Menschen in der Schweiz gehört das Smartphone längst zum Alltag. Während der Mobilfunkmarkt weitgehend gesättigt ist, nimmt die mobile Datennutzung ungebremst zu. Im Vergleich zu 2010 gibt es heute rund dreimal so viele Smartphones. Das mobile Datenvolumen hat in derselben Zeit jedoch um Faktor 200 zugenommen. Die dafür verwendete Technologie ist heute noch immer 4G LTE. Diese stammt aus einer Zeit, in der erst ein Zwanzigstel des heutigen Datenvolumens benötigt wurde. 2.1. EXPONENTIELLE ENTWICKLUNG Als Steve Jobs Anfang 2007 das erste iPhone vorstellte, markier- te dies nicht nur eine technologische Revolution. Es katapultier- te das Smartphone aus dem Nischenmarkt, in dem es zuvor jah- relang verharrt hatte. 2010 verfügte bereits fast jede dritte er- wachsene Person in der Schweiz über ein Smartphone, heute sind es über 90 Prozent. Das heisst, die Zahl der Smartphones hat sich etwas mehr als verdreifacht. In derselben Zeit hat sich jedoch das mobile Datenvolumen, das über die Netze der Swiss- com rauf- und runtergeladen wird, um den Faktor 200 vergrö- ssert. Die sichtbare Verbreitung des Smartphones wird von ei- ner unsichtbaren Datenexplosion begleitet. Die Datenvolumen, die heute von einem Smartphone verarbeitet werden, sind we- sentlich grösser als noch vor 10 Jahren.
Mobile Datennutzung in der Schweiz 6 «Die sichtbare Verbreitung des Smartphones wird von einer unsichtbaren Datenexplosion begleitet.» Veränderung Zahl der Mobiltelefone versus Mobildatenvolumen (Abb. 1) Schweizweites Mobildatenvolumen im Januar 2010 im Vergleich zu Januar 2020 2020 2010 2020 2010 Anzahl Smartphones Mobiles Datenvolumen Das Bedürfnis nach Anwendungen mit immer grösserem Daten- bedarf ist bis heute nicht gesättigt. Mit den neuen technologi- schen Möglichkeiten steigt auch die Nachfrage nach Daten für unterwegs. Wie Abbildung 2 zeigt, verlief das Wachstum der mo- bilen Datennutzung seit 2010 annähernd exponentiell. In den ersten Jahren nach 2010 verdoppelte sich die genutzte mobile Datenmenge alle 1,5 Jahre. Heute verdoppelt sich das nachge- fragte Datenvolumen alle 2 bis 2,5 Jahre. Das heisst konkret, dass
7 Mobile Datennutzung in der Schweiz die Swisscom und die anderen Mobilfunkanbieter in dieser Zeit- spanne die Leistung ihrer Antennen-Infrastruktur in der gesam- ten Schweiz jeweils verdoppeln müssen. Indexierte Entwicklung des monatlichen Datenvolumens seit 2010 (Abb. 2) Durchschnittliches Mobildatenvolumen (Uplink/Downlink) pro Monat in Prozent seit Januar 2010 1.1 J. 1.4 J. 0.6 J. 1.3 J. 1.2 J. 1.3 J. 2.5 J. 24000% 22000% 20000% 18000% 16000% 14000% 12000% 10000% 8000% 6000% 4000% 2000% 0% 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2.2. GESAMTE LAST BEI 4G LTE Bis ins Jahr 2014 war der wichtigste Träger für mobile Daten in der Schweiz die 3G-Technologie. Seither dominiert die 4G-LTE- Technologie. Mit dem Jahresbeginn 2015 erfolgte zwei Drittel des Datenverkehrs via 4G. Seit mehr als fünf Jahren spielt die 3G- Technologie nur noch eine marginale Rolle und der überwiegen- de Teil der Daten werden über 4G verbreitet. Seit 2019 arbeiten die ersten Zellen von Swisscom mit der neusten Generation der 5G-Technologie. Aufgrund aktueller gesetzlicher Auflagen und Grenzwerte spielt diese Technologie weiterhin nur eine unterge- ordnete Rolle. Die wachsenden Datenvolumen werden von einer
Mobile Datennutzung in der Schweiz 8 Technologie übertragen aus einer Zeit, als erst ein Zwanzigstel des heutigen Datenvolumens benötigt wurde. Entwicklung des Datenvolumens nach Technologie (Abb. 3) Mobildatenvolumen (Uplink/Downlink) pro Woche seit Januar 2010 nach Mobilfunktechnologie 1.5e+07 1.0e+07 Datenvolumen in Gigabyte 5G 4G 3G 2G 5.0e+06 0.0e+00 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 «Mobile Daten werden von einer Technologie übertragen aus einer Zeit, als erst ein Zwanzigstel des heutigen Datenvolumens benötigt wurde.»
9 Mobile Datennutzung in der Schweiz Ländlicher Datenschub Der grösste Bedarf an mobilen Daten besteht in den grossen Ballungsräumen. Das grösste relative Wachstum mobiler Datennutzung fand in den vergangenen Jahren jedoch im ländlichen Raum statt. Die Nutzung mobiler Daten pro Kopf ist heute im Swisscom-Netz im ländlichen Raum am grössten. Es zeigt sich kein digitaler Graben, sondern vielmehr wird deutlich, dass in ländlichen Gebieten mit einer weniger entwickelten Netzinfrastruktur mobile Daten heute besonders wichtig sind. 3.1. WACHSTUM IN DIE BREITE Während die Entwicklung des gesamten von der Swisscom transportierte mobile Datenvolumen bis ins Jahr 2010 zurück- verfolgt werden kann, liegen Daten für die einzelnen Zellen des Swisscom-Antennennetzes seit Mitte 2017 vor. In dieser relativ kurzen Zeitspanne von 3,5 Jahren zeigen sich markante Entwicklungen im Raum. Abbildung 4 zeigt die Antennenstand- orte des Swisscom-Mobilfunknetzes. Dabei ist für den ersten und den letzten verfügbaren Monat das durchschnittliche Tages-Downlink-Volumen dargestellt.
Mobile Datennutzung in der Schweiz 10 Mobiles Datenvolumen pro Zelle des Swisscom-Netzes (Abb. 4) Durchschnittliches Tages-Downlink-Volumen pro Monat und Zelle – Vergleich zwischen Juni 2017 und Dezember 2020 Juni 2017 Dezember 2020 Das an einem Ort benötigte Datenvolumen hängt wesentlich von der Bevölkerungsdichte ab. Je mehr Personen, desto mehr po- tenzielle Nutzerinnen und Nutzer. Für die Karten in Abbildung 5 wurde der Verbrauch an mobilen Daten auf die rund 2200 Gemeinden der Schweiz umgelegt. Dargestellt ist das Downlink- Volumen pro Quadratkilometer. Die Karte zeigt die Regionen der Schweiz, an denen sich viele Menschen bewegen. Neben den städtischen Zentren gehören dazu auch die wichtigsten Verkehrskorridore. In den dreieinhalb Untersuchungsjahren sind die Zonen intensiver Datennutzung über die städtischen Zentren hinausgewachsen. «Die Zonen intensiver Datennutzung sind über die städtischen Zentren hinausgewachsen.»
11 Mobile Datennutzung in der Schweiz Mobiles Datenvolumen pro Gemeindefläche (Abb. 5) Durchschnittliches Tages-Downlink-Volumen pro Monat und Gemeindefläche – Vergleich zwischen Juni 2017 und Dezem- ber 2020 Juni 2017 100 90 Durchschnittliches mobiles Tagesvolumen [GByte] pro km² 80 70 60 Dezember 2020 50 40 30 20 10 3.2. KEIN DIGITALER GRABEN Die intensivste Nutzung mobiler Daten pro Raumeinheit er- folgt typischerweise im städtischen Raum. Dennoch kann von einem digitalen Graben nicht die Rede sein. Wird die Datennut- zung nicht pro Flächeneinheit, sondern pro Einwohnerin und Einwohner gerechnet, war die räumliche Verteilung der Da-
Mobile Datennutzung in der Schweiz 12 tennutzung 2017 zumindest über das Swisscom-Netz räumlich weitgehend ausgeglichen. Mobiles Datenvolumen pro Einwohnende (Abb. 6) Durchschnittliches Tages-Downlink-Volumen pro Monat und Einwohnende – Vergleich zwischen Juni 2017 und Dezember 2020 Juni 2017 0.3 Durchschnittliches mobiles Tagesvolumen [GByte] pro Einwohnende 0.25 0.2 Dezember 2020 0.15 0.1 0.05 Nur dreieinhalb Jahre später – Ende 2020 – ist die Nutzung mo- biler Swisscom-Daten gemessen pro Einwohnerin und Einwoh- ner jedoch im ländlichen Raum am grössten. Besonders markant zeigt sich dies im alpinen Raum. Es gilt dabei zu berücksichtigen, dass die Markanteile der Swisscom im ländlichen Raum tradi-
13 Mobile Datennutzung in der Schweiz tionell besonders gross sind. Entscheidend ist jedoch, dass auch innerhalb des Swisscom-Netzes die Nutzung mobiler Daten im ländlichen Raum pro Kopf besonders rasch gewachsen ist. Gera- de in ländlichen Gebieten mit einer weniger entwickelten Netz- infrastruktur sind mobile Daten heute besonders wichtig. Indexierte Entwicklung des Datenvolumen nach Stadt / Land (Abb. 7) Downlink-Volumen in Prozent seit 06/2017 im Vergleich zur gesamtschweizerischen Entwicklung (rot) 350% Ländlich 300% Intermediär 250% Städtisch 200% 150% Coronamassnahmen 100% 06/2017 01/2018 01/2019 01/2020 12/2020 «Gerade in ländlichen Gebieten mit einer weniger entwickelten Netzinfrastruktur sind mobile Daten heute besonders wichtig.»
Mobile Datennutzung in der Schweiz 14 Indexierte Entwicklung des Datenvolumen in touristischen Gebieten (Abb. 8) Downlink-Volumen in Prozent seit 06/2017 im Vergleich zur gesamtschweizerischen Entwicklung (rot) sowie zur Entwick- lung von Kernstädten 450% Tourismusregionen 400% 350% 300% 250% Schweiz 200% 150% Coronamassnahmen 100% 06/2017 01/2018 01/2019 01/2020 12/2020 Daten werden nicht nur von den Einwohnerinnen und Einwoh- ner einer Gemeinde genutzt. In städtischen Zonen spielen Ar- beitsplätze aber auch Einkaufen und Freizeit eine wichtige Rol- le für das Ausmass der mobilen Datennutzung. Besonders stark wird die mobile Datennutzung von Personen, die sich dort nur temporär aufhalten in den touristischen Regionen (ausserhalb der urbanen Zentren) getrieben. Dabei kommt es hier zu ausge- prägten saisonalen Schwankungen, die besondere Ansprüche an die mobile Netzinfrastruktur stellen. Wie in Abbildung 8 ersicht- lich, zeichnen sich touristische Regionen nicht nur besondere saisonale Schwankungen aus, sondern insbesondere auch durch eine überproportionale Zunahme des nachgefragten Datenvolu- mens.
Engpässe und Datenstau Dem raschen Wachstum der mobilen Datennutzung wird heute vor allem durch Kapazitätssteigerungen an bestehenden Standorten begegnet. Der Kapazitätsausbau auf Basis der bestehenden 4G-Technologie hat jedoch seinen Preis: Je grösser die erbrachte Leistung einer Zelle, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit von Engpässen bei der Auslieferung der Daten. Wie das Verkehrsnetz ist auch Mobilfunknetz ein gemeinsam genutztes Medium, bei dem bei zunehmender Nutzung Einschränkungen für alle entstehen können. Weil immer mehr Zellen an die Grenzen ihrer technischen Möglichkeiten gelangen, hat der durch Engpässe verursachte Datenstau seit Anfang 2019 stärker zugenommen als das Datenvolumen insgesamt. 4.1. WETTLAUF GEGEN DATENSTAU Das rasche Wachstum der mobilen Datennutzung führt zu einer immer stärkeren Belastung des mobilen Antennennetzes. Ähn- lich wie im Strassenverkehr erhöht dies die Staugefahr. Stau im Datennetz bedeutet, dass Verbindungen zeitverzögert auf- gebaut und Seiten weniger schnell geladen werden. Stau heisst, dass Übertragungen stocken und Videos einfrieren. Um solche Einschränkungen in der Verbindungs- und Übermittlungsquali- 15
Mobile Datennutzung in der Schweiz 16 tät zu minimieren, wird die Netzinfrastruktur mit zusätzlichen Standorten und der Erhöhung der Übertagungskapazität der Zellen fortlaufend ausgebaut. Dieser Ausbau erfolgt dezentral und schrittweise und führt punktuell zu einer Reduktion der Engpässe bei der Datenübertragung bzw. des Datenstaus. Das Ausmass des Datenstaus bei mobilen Daten lässt sich im Swisscom-Netz bis 2017 für alle Zellen zurückverfolgen. Abbil- dung 9 zeigt die Entwicklung des Downlink-Datenvolumen, das von Datenstau betroffen ist, gemessen am Referenzzeitpunkt Anfang 2017. Das entspricht dem mobilen Datenvolumen, das aufgrund von Überbeanspruchung des Netzes eine reduzierte Empfangsqualität aufwies. Als Vergleichsgrösse ist zusätzlich auch das relative Wachstum des gesamten Datenvolumens dargestellt. Indexierte Entwicklung von Datenvolumen und Engpässen (Abb. 9) Engpässe «Pain» und Downlink-Volumen im Vergleich zum Juni 2017 350% 300% 250% 200% 150% 100% Coronamassnahmen 50% 06/2017 01/2018 01/2019 01/2020 12/2020 Datenvolumen Engpässe Bis Anfang 2019 nahmen die Engpässe im mobilen Datennetz we- niger rasch zu als das Datenvolumen. Das heisst, dass es zwar
17 Mobile Datennutzung in der Schweiz insgesamt mehr Engpässe gab, der Anteil der betroffenen Daten am gesamten Datenvolumen aber zurückging. Seit Anfang 2019 hat der Datenstau jedoch stärker zugenommen als das Datenvo- lumen insgesamt. Werden die Grenzen eines Systems erreicht, steigt der Druck überproportional. «Der Datenstau hat stärker zugenommen als das Datenvolumen. An den Grenzen eines Systems steigt der Druck überproportional.» Zwar konnte der Druck aufs Netz mit dem Ausbau der Kapazitä- ten weiterhin punktuell abgebaut werden. Die Entlastung blieb jedoch jeweils nur kurzfristig. Im Wettlauf mit dem wachsen- den Datenvolumen werden die Netzkapazitäten erweitert, was das digitale Staugeschehen entlastet, bevor es wieder zunimmt. Bis zum März 2020 hat sich das von Datenstau betroffene Datenvolumen mehr als verdreifacht. Mit dem Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Lage entspannt. Zwar nimmt nach einem kurzen Unterbruch das Datenvolumen wieder zu. Das Wachstum des Datenstaus ist jedoch nicht mehr überpro- portional. Wie noch gezeigt wird, hat dies vor allem mit der gleichmässigeren Verteilung der Bevölkerung im Raum zu tun. Trotz dieses (vorübergehenden) Rückgangs ist das von ver- minderter Empfangsqualität betroffene Datenvolumen aktuell zweieinhalbmal so gross wie Anfang 2017.
Mobile Datennutzung in der Schweiz 18 Engpässe nach Zellenstandort (Abb. 10) Engpässe «Pain» im Vergleich zum Juni/Dezember 2017 und 2020 – je grösser ein Punkt, desto grösser der Engpass 06/2017 06/2018 06/2019 06/2020 Abbildung 10 das Ausmass des Datenstaus bei den einzelnen Zellen des mobilen Datennetzes der Swisscom zu verschiede- nen Zeitpunkten. Hier wird das starke Datenstauwachstum zwischen 2017 und 2020 sichtbar. Ebenso die punktuelle Ent- spannung ab April 2020.
19 Mobile Datennutzung in der Schweiz 4.2. GRENZEN DER KAPAZITÄTSAUSWEITUNG Der Ausbau der Kapazität im Wettlauf gegen den Datenstau er- folgt mit zwei Ansätzen. Erstens mit dem Ausbau der Kapazität pro Zelle und zweitens mit der Inbetriebnahme zusätzlicher Zellen bzw. zusätzlicher Antennenstandorte. Wie Abbildung 11 zeigt, wird der Kapazitätsausbau hauptsächlich durch den Ausbau der Leistung der einzelnen Zellen erreicht. Seit Mitte 2017 hat sich das Datenvolumen pro Mobilfunkzelle mehr als verdoppelt. Ebenfalls zugenommen hat die Zahl der Mobilfunk- zellen, dies aber weit weniger rasch, nämlich um knapp einen Viertel. Das Potenzial neue Standorte und Funkzellen in Betrieb zu nehmen ist limitiert, die Prozesse sind langwierig, so dass damit nur der kleinste Teil des Nachfragewachstums abgedeckt werden kann. Entwicklung der Anzahl Zellen im Vergleich zum Datenvolumen pro Zelle (Abb. 11) Indexierte Entwicklung der Anzahl Zellen sowie des durchschnittlichen täglichen Datenvolumens im Monat seit Juni 2017 (=100%) 200% 175% 150% 125% Coronamassnahmen 100% 06/2017 01/2018 01/2019 01/2020 12/2020 Anzahl Zellen Durchschnittliches Datenvolumen pro Zelle
Mobile Datennutzung in der Schweiz 20 Das stark zunehmende mobile Datenvolumen muss heute hauptsächlich durch Kapazitätssteigerungen bestehender Zel- len abgedeckt werden. Dieser Kapazitätsausbau auf Basis der bestehenden 4G-Technologie hat jedoch seinen Preis: Je grösser die erbrachte Leistung einer Zelle, desto grösser ist die Wahr- scheinlichkeit von Engpässen bei der Übertragung der Daten. Abbildung 12 zeigt den Zusammenhang zwischen Datenmenge pro Zelle und Datenstau. In der Vertikalen ist die Datenlei- stung der Zellen dargestellt in der Horizontalen der Anteil der gelieferten Datenmenge mit verminderter Empfangsqualität. Die Zellen gelangen an ihre technisch bedingten Grenzen. Die Datenmenge wird zwar gesteigert, die Übertragung der Daten erfolgt jedoch nicht mehr reibungslos. Anteil der Engpässe je Mobilfunkzellenkategorie im Dezember 2020 (Abb. 12) Kategorie von Engpässen nach Kategorie von Mobilfunkzellen (gemessen am Volumen) 500-950 450-500 400-450 350-400 300-350 Keine Engpässe 250-300 Geringe Engpässe Grosse Engpässe 200-250 150-200 100-150 50-100 0-50 0% % % % % 0% 20 40 60 80 10 Dies zeigt, dass die technischen Möglichkeiten der aktuellen Generation Mobilfunktechnologie zunehmend ausgeschöpft sind. Eine Steigerung des Datenvolumens an den bestehenden Standorten in reibungsloser Übertragungsqualität ist vieler- orts nicht mehr möglich. Wie der Stau beim Strassenverkehr nehmen die Engpässe bei den Mobilfunkdaten nicht linear mit der Verkehrs- bzw. Datenmenge zu. Solange die technischen Kapazitätsgrenzen nicht erreicht sind, lässt zunehmendes Datenvolumen gut bewältigen. Je näher das System an diese
21 Mobile Datennutzung in der Schweiz Grenzen kommt, desto schneller nimmt jedoch auch das Stau- geschehen zu. Nur mit dem Einbezug der neuen Generation Mobilfunktechnologie 5G lassen sich die heute bestehenden, technisch bedingten Grenzen der mobilen Datenübertagung soweit verschieben, dass das Nachfragewachstum künftig keine flächengreifenden Engpässe verursachen. Oder um beim Bild zu bleiben: Nur mit einer neuen Mobilfunkgeneration lässt sich ein mobiler Datenverkehrskollaps verhindern. «Nur mit einer neuen Mobilfunkgeneration lässt sich ein mobiler Datenverkehrskollaps verhindern.»
Effekte der Corona- Pandemie Die Corona-Krise hat sich kaum spürbar auf die Dynamik des Wachstums mobilen Daten ausgewirkt. Sie hat jedoch einen dämpfenden Effekt auf die Engpässe bei der Datenübertagung. Die Pandemie macht deutlich, dass die Kapazität des Mobilfunknetzes nicht nur von der konsumierten Datenmenge, sondern insbesondere auch von der raum-zeitlichen Verteilung der Nutzung abhängt. Durch die gleichmässigere Verteilung der Bevölkerung in Raum und Zeit aufgrund der Covid-19-Präventionsmassnahmen ist es zu einer (vorübergehenden) Entlastung der Datenhotspots gekommen. Die gegenwärtige Entlastung des Systems aufgrund der geglätteten Nutzung ist allerdings gebunden an die Zeitdauer der Pandemie. 5.1. GEGLÄTTETE NUTZUNG Die unmittelbaren Effekte der Corona-Pandemie lassen sich am besten durch einen Vergleich von Februar und April 2020 sichtbar machen. Im Februar 2020 war das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in der Schweiz noch kaum betroffen von der nahenden Pandemie. Im April stand das Land mitten im ersten Lockdown. Der kurze zeitliche Abstand der beiden Ver- 22
23 Mobile Datennutzung in der Schweiz gleichsmonate garantiert, dass im Zeitvergleich hauptsächlich der Pandemie-Effekt sichtbar wird und nicht die anhaltende Zunahme der mobilen Datennutzung. Datenvolumen Feb. Und Apr. 2020 nach Grösse der Funkzellen (Abb. 13) Downlink-Volumen von Februar 2020 und April 2020 in Abhängigkeit der Übertragungsleistung der Mobilfunkzellen 500-1000 450-500 400-450 350-400 300-350 250-300 200-250 150-200 100-150 50-100 0-50 0 50000 100000 150000 200000 250000 Februar 2020 April 2020 Abbildung 13 zeigt, dass die Corona-Situation zu einer deutli- chen Entlastung der Hochleistungsstandorte beigetragen hat. Der Vergleich der beiden Flächen zeigt, dass das Downlink- Datenvolumen ist insbesondere bei den leistungsstarken Zellen zurückgegangen ist. Es sind Zellen an räumlichen Hotspots, die, wie oben gezeigt, oft am Rand der technischen Kapazitätsgren- zen arbeiten und deshalb besonders anfällig sind für Datenstau. Die räumliche und zeitliche Glättung der Nutzung mobiler Da- ten aufgrund der Einschränkung menschlicher Aktivitäten hat damit unmittelbar zu einer Entlastung des Staugeschehens im mobilen Datennetz beigetragen. Mit dem Ende der Pandemie wird sich die Bevölkerung wieder vermehrt bewegen, treffen und räumlich konzentrieren. «Mit dem Ende der Pandemie wird sich die
Mobile Datennutzung in der Schweiz 24 Bevölkerung wieder vermehrt bewegen, treffen und räumlich konzentrieren.» Zwischenzeitlich hat bis dahin allerdings auch das konsumierte Datenvolumen weiter zugenommen, das dann wieder häufiger unterwegs und damit mobil ausgeliefert werden muss. 5.2. GEOGRAPHIE DES LOCKDOWNS Die räumliche Glättung der mobilen Datennutzung lässt sich sehr gut auch direkt im Raum erfassen. Insbesondere im Umfeld der grossen Zentren ist es zwischen Februar und April 2020 zu einer markanten Verlagerung der mobilen Datennutzung gekommen. Die folgenden Abbildungen zeigen die Veränderung der Datennutzung anhand der drei Zentren Bern, Lausanne und Zürich. Dabei zeigt sich sehr schön, wie die Datennutzung in den Zonen mit hoher Arbeitsplatzdichte, an Verkehrsknoten sowie an Orten mit vielen Einkaufs- und Freizeitangeboten zurückgegangen ist. Demgegenüber hat das Datenvolumen an klassischen Wohnstandorten zugenommen.
25 Mobile Datennutzung in der Schweiz Prozentuale Veränderung des Datenvolumen Feb. – Apr. 2020 in der Region Bern (Abb. 14) Prozentuale Veränderung des Downlink Volumen vom April 2020 im Vergleich zum Februar 2020 (vor und während dem coronabedingten Lockdown) Prozentuale Veränderung zwischen Februar und April 2020 50% 70% 90% 110% 130% 150% Prozentuale Veränderung des Datenvolumen Feb. – Apr. 2020 in der Region Lausanne (Abb. 15) Prozentuale Veränderung des Downlink Volumen vom April 2020 im Vergleich zum Februar 2020 (vor und während dem coronabedingten Lockdown) Prozentuale Veränderung zwischen Februar und April 2020 50% 70% 90% 110% 130% 150%
Mobile Datennutzung in der Schweiz 26 Prozentuale Veränderung des Datenvolumen Feb. – Apr. 2020 in der Region Zürich (Abb. 16) Prozentuale Veränderung des Downlink Volumen vom April 2020 im Vergleich zum Februar 2020 (vor und während dem coronabedingten Lockdown) Prozentuale Veränderung zwischen Februar und April 2020 50% 70% 90% 110% 130% 150%
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