Morbidität und Mortalität nach Eingriffen an der Leber

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Morbidität und Mortalität nach Eingriffen an der Leber
Ruhr-Universität Bochum
                    Prof. Dr. med. M. Büsing
       Dienstort: Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen
           Abteilung für Allgemein- und Unfallchirurgie

Morbidität und Mortalität nach Eingriffen an der Leber

                     Inaugural-Dissertation
                               zur
            Erlangung des Doktorgrades der Medizin
                              einer
                  Hohen Medizinischen Fakultät
                  der Ruhr-Universität Bochum

                          vorgelegt von
                            Anita Ide
                          aus Bochum
                              2002
Morbidität und Mortalität nach Eingriffen an der Leber
Dekan:         Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent:      Prof. Dr. med. M. Büsing
Korreferent:   Prof. Dr. med. G. Hohlbach

Tag der Mündlichen Prüfung: 27.05.2003

                                            1
Inhaltsverzeichnis

1.         Abkürzungsverzeichnis………………………………………………………………                                                                    3

2.         Einleitung / Ziel der Arbeit …………………………………………………………..                                                            5

3.         Allgemeiner Teil
3.1.       Historische Entwicklung der Leberchirurgie...................................................…. 7
3.2.       Präoperative Diagnostik..................................................................................... 12
3.3.       Behandlungsstrategie........................................................................................ 13
3.4.       Chirurgische Therapie........................................................................................ 16
3.4.1.     Resektionsverfahren.......................................................................................... 21
3.4.1.1. Lagerung und Zugangswege..........................................................................… 24
3.4.1.2. Linksseitige bzw. rechtsseitige Hemihepatektomie.......................................…. 25
3.4.1.3. Erweiterte linksseitige bzw. rechtsseitige Hemihepatektomie........................... 31
3.4.1.4. Segmentresektion............................................................................................. 37
3.4.1.5. Atypische Segmentresektion.........................................................................… 41
3.4.1.6. Zystektomie....................................................................................................... 42
3.4.1.7. Leberabszess.................................................................................................... 42
3.5.       Postoperative Phase.....................................................................................…. 43

4.         Spezieller Teil
4.1.       Patienten und Methoden................................................................................… 45
4.2.       Ergebnisse…………………………………………………………………………… 61

5.         Diskussion……………………………………………………………………………                                                                        72

6.         Zusammenfassung………………………………………………………………….                                                                      77

7.         Literaturverzeichnis…………………………………………………………………. 78

8.         Danksagung………………………………………………………………………….                                                                        88

9.         Lebenslauf……………………………………………………………………………. 89

                                                                                                                                 2
1. Abkürzungen

A.         ………………………………………   Arteria
Abb.       ………………………………………   Abbildung
anatom.    ………………………………………   anatomisch
aPTT       ………………………………………   aktivierte partielle Thromboplastinzeit
AT III     ………………………………………   Antithrombin III
atyp.      ………………………………………   atypisch
bzgl.      ………………………………………   bezüglich
bzw.       ………………………………………   beziehungsweise
Ca.        ………………………………………   Carcinom
CT         ………………………………………   Computertomographie
D.         ………………………………………   Ductus
D-Bili     ………………………………………   Direktes Bilirubin
EK         ………………………………………   Erythrozytenkonzentrat
erw.       ………………………………………   erweitert
evtl.      ………………………………………   eventuell
FFP        ………………………………………   Fresh Frozen Plasma
GB         ………………………………………   Gallenblase
G-Bili     ………………………………………   Gesamt-Bilirubin
ggf.       ………………………………………   gegebenenfalls
GGT        ………………………………………   Gamma-Glutamyl-Transferase
GOT        ………………………………………   Glutamat-Oxalacetat-Transaminase
GPT        ………………………………………   Glutamat-Pyruvat-Transaminase
HCC        ………………………………………   Hepatozelluläres Karzinom
Hemi.      ………………………………………   Hemihepatektomie
i.d.R.     ………………………………………   in der Regel
Lig.       ………………………………………   Ligamentum
Ligg.      ………………………………………   Liggamenta
max.       ………………………………………   maximal
min.       ………………………………………   Minuten
mind.      ………………………………………   mindestens
MRT        ………………………………………   Magnetresonanztomographie
OP         ………………………………………   Operation
PHR        ………………………………………   percent hepatic replacement by tumor
R.         ………………………………………   Ramus
sec.       ………………………………………   Sekunden

                                                                       3
Seg.      ………………………………………   Segmentresektion
Tab.      ………………………………………   Tabelle
TK        ………………………………………   Thrombozytenkonzentrat
u. a.     ………………………………………   unter anderen
UICC      ………………………………………   Union International Contre le Cancer
V.        ………………………………………   Vena
v.a.      ………………………………………   vor allem
v. Chr.   ………………………………………   vor Christus
vs.       ………………………………………   versus
z.B.      ………………………………………   zum Beispiel

                                                                   4
2. Einleitung / Ziel der Arbeit

Die Leberchirurgie stellt heute mit ihren Möglichkeiten einen Gewinn hinsichtlich der
Behandlungen von benignen und insbesondere malignen Lebertumoren dar. Die letzten 20-
30 Jahre sind geprägt von einer zunehmenden Bedeutung der Leberresektionen, welche
ohne   Zweifel   auch    heute     noch     zu    den      anspruchsvollen         Operationen    in    der
Abdominalchirurgie gehören. Durch Kenntnis und Berücksichtigung des segmentalen
anatomischen Aufbaus des Organs und Anwendung adäquater chirurgischer Techniken,
sowie wachsender individueller und allgemeiner Erfahrung, ist die Leberresektion
inzwischen, von einer sehr riskanten, anfangs eher experimentellen Operation, an den
entsprechenden erfahrenen Zentren zu einem standardisierten Eingriff geworden. [9,53]

Auf    der   Basis      der    erforderlichen          chirurgischen,      anästhesiologischen          und
intensivmedizinischen Erfahrung und nicht zuletzt aufgrund der hohen funktionellen
Reservekapazität einerseits und der ausgeprägten Regenerationsfähigkeit andererseits
können auch, ohne dass daraus dauerhafte funktionelle Einschränkungen resultieren,
ausgedehnte Leberresektionen unter kurativer Zielsetzung mit einer postoperativen Mortalität
von etwa 5% vorgenommen werden.

Die meisten Erfahrungen liegen bisher mit den Metastasen kolorektaler Karzinome vor,
welche die größte Gruppe sekundärer Malignome der Leber bilden (80-90%). Die
verbleibenden Fälle verteilen sich auf Lebermetastasen bei Karzinomen anderen Ursprungs
(Pankreas-, Magen-, Mamma-, Nasopharynx-Ca. u.a.), cholangiozelluläres Karzinom oder
benignen Veränderungen wie den Leberzysten, der FNH, dem Leberhämangiom, dem
Leberzelladenom und der Histoplasmose. [9]

Die chirurgischen Resektionen bieten als einziges Behandlungsverfahren die Möglichkeit
einer kurativen Behandlung mit der Chance eines längerfristigen tumorfreien Überlebens (2-
Jahresüberlebensrate    von    etwa       70%    (in    der    Literatur   stark    variierend)   und     5-
Jahresüberlebensrate     von       etwa     25-30%),          während      im      Spontanverlauf       kein
Langzeitüberleben beobachtet werden kann.

Trotz zahlreicher Studien, die den Einfluss der Leberresektion auf die Überlebensrate bei
Patienten mit Metastasen kolorektaler Karzinome untersuchten, wird der Stellenwert
einzelner prognostischer Faktoren kontrovers diskutiert. Die nach wie vor begrenzten
Kenntnisse   über    tatsächlich    relevante     Prognosefaktoren         unterstreichen     somit      die
Notwendigkeit zusätzlicher kritischer Analysen.

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Der Ansatzpunkt der vorliegenden Arbeit war, anhand einer retrospektiven Untersuchung,
hierzu einen Beitrag zu leisten, mit dem Ziel, hierbei einerseits die Gesamtergebnisse einer
einzigen Institution über einen Zeitraum von etwa drei Jahren darzustellen, andererseits evtl.
bedeutsame Prognosekriterien herauszuarbeiten und mit den vorliegenden Ergebnissen
anderer Arbeitsgruppen zu vergleichen.

Zusätzlich wurde nicht nur der Frage bezüglich der Operationsmorbidität und –mortalität
nach reserzierenden und ablativen (kryothrapeutischen) Eingriffen an der Leber bei malignen
Leberveränderungen (wie bereits erwähnt insbesondere Lebermetastasen kolorektaler
Karzinome) nachgegangen, sondern auch benigne Leberveränderungen unter diesem
Aspekt analysiert und ein Vergleich hinsichtlich gutartiger und bösartiger Lebererkrankungen
unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien (Geschlecht, Alter, OP-Technik u.a.)
aufgestellt.

Für diese Untersuchungen wurden im Zeitraum von Mai 1998 bis Januar 2001 in der
chirurgischen Abteilung des Knappschaftskrankenhauses Recklinghausen unter der Leitung
von Professor Büsing 94 Patienten mit benignen und malignen Erkrankungen bzw. Tumoren
an der Leber behandelt, wobei 89 Patienten unter kurativer Zielsetzung an der Leber operiert
wurden. 72 Patienten unterzogen sich einer Leberresektion. Die restlichen 17 Patienten
wurden einer anderen chirurgischen Therapie zugeführt. Bei 5 Patienten kam aufgrund der
intrahepatischen Tumorausdehnung keine Leberresektion oder andere chirurgische Therapie
zur Anwendung. Der Eingriff wurde bei diesen als explorative Laparotomie beendet. Die
weitere Behandlung erfolgte dann unter palliativen Aspekt.

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3.1. Historische Entwicklung der Leberchirurgie

Die Leber- und Pfortaderchirurgie ist zwar mit ihrem heutigen Facettenreichtum ein
neuzeitliches   Phänomen    und   auch   die   Erkenntnisse   und   daraus   resultierenden
Entwicklungen erfuhren erst im letzten Jahrhundert einen explosionsartigen Anstieg, jedoch
beschäftigten sich die Menschen schon seit Jahrhunderten mit der größten Drüse und mit
einem Gewicht von etwa einem Kilogramm schwersten Organ unseres Körpers.

Die Entwicklungsgeschichte der Leberchirurgie war in den frühen Anfängen von vielen
Mythen und Spekulationen geprägt. Erste Hinweise zur Leberanatomie fanden sich in
Dokumenten um 3500 v. Chr., in denen die Leber als das „schicksalstragende Organ“
herausgestellt wurde. Aber nicht nur die schicksalstragende Funktion, sondern auch der
Glaube, die Leber sei Sitz der Organseele (Platon 427-347 v. Chr.) spiegeln die Bedeutung
wieder [73].

In weiteren alten Schriften ließen sich immer wieder verschiedenartige Kenntnisse über
einzelne Lebercharakteristika finden, wie z.B. die Regenerationsfähigkeit der Leber
(Prometheussage, 4. Jh. v. Chr.) [29]; die Leber als blutreiches Organ (Homer, um 800 v.
Chr.) [26]; die Größe, die Lage, die Konturen und die Blutversorgung der Leber (Herophilos
334-280 v. Chr.) [73]; die Leber als Ort der Blutbildung und der Verlauf der Pfortader
(Galenus 129-199 v. Chr.) [19,40]. Galenus schuf mit seinen anatomischen Untersuchungen
und Beobachtungen an verschiedenen Spezies ein umfassendes System der Medizin, den
Galenismus, welches mehrere Jahrhunderte die Heilkunde und das medizinische Denken
und Handeln bestimmte (Abb. 1).

Detailreichere Aufschlüsse über die Anatomie der Leber gaben Capri (1470-1530) [14],
Vesal (1514-1564) [69], Hildanus (1560-1643), Harvey (1578-1656) [30], Glisson (1592-1656)
[26] und Ruysch. Vesal veröffentlichte 1543 sein Buch „De humani corporis fabrica libri
septem“ und läutete damit den Beginn der wissenschaftlichen Anatomie der Neuzeit ein [69].
Der Name Hildanus wird im Zusammenhang mit einer um 1600 durchgeführten Exzision
eines Leberstücks nach einem aufgetretenen Trauma genannt. Der Patient überlebte den
Eingriff. Harvey entdeckte den großen Blutkreislauf und die Funktion des Herzens als dessen
Antriebspumpe, wodurch die Heilung vieler Krankheiten und die Verlängerung der mittleren
Lebenserwartung begründet wurde [30]. Glisson postulierte 1654 nach Eingriffen an der
Leber mit Präparation der Lebergefäße die Verbindung zwischen Vena portae und
Lebervenen [26]. Ruysch gab 1732 erste Hinweise bezüglich portaler Injektionsräume.

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In Dokumenten des 17.,18. und 19. Jahrhunderts fanden sich vermehrt Hinweise über
verschiedene Eingriffe an der Leber, die mit dem Überleben der Patienten einhergingen.
MacPerson (1688) und Berta (1716) berichteten über Entfernungen von prolabierten Teilen
der Leber nach Verletzungen im Abdominalbereich [6,47]. Ähnliches dokumentierte auch
Garre´ 1889 mit Bezug auf den von Paul von Bruns durchgeführten Lebereingriffen während
des Krieges 1871/1872 [23]. Thompson dokumentierte zwölf Leberverletzungen gründend
auf die Schlacht von Waterloo und berichtete davon, dass einige Patienten den Eingriff an
der Leber überlebten (1815).

Morton (1846) und Lister (1865) nahmen eine gewisse Schlüsselposition im weiteren Verlauf
der Leberchirurgie ein. Die sogenannten Urväter in den Bereichen Anästhesie und Antisepsis
gaben mit ihren Entdeckungen die Möglichkeit, die Eingriffe an der Leber zu erweitern, zu
präzisieren und in die Richtung der zukünftigen modernen Chirurgie zu lenken [29].

      Abb. 1. Galen C. Stich nach                       Abb. 2. Langenbuch Karl J. A.
      Rubens [Deutsche Fotothek                         [73]
      Dresden, Kramer] [73]

Die ersten Schritte im Bereich der Pfortaderchirurgie setzte von Eck 1877 mit einer im
Tierexperiment durchgeführten laterolateralen portokavalen Anastomose [17]. Der Franzose
Lenoir nahm diese Operation erstmalig am Menschen (1901), Rosenstein erstmalig
erfolgreich   bei   einer   Patientin   mit   Leberzirrhose   und   Aszites   vor   (1912).   Eine
Weiterentwicklung dieses Verfahrens u.a. in Form porto-systemischer Shunts erfolgten erst
nach 1945 durch die Amerikaner Linton und Warren.

Der Name Langenbuch (1846-1901) steht für die erste geplante und erfolgreiche
Linksresektion der Leber beim Menschen (1888). Langenbuch entfernte einen sogenannten

                                                                                                 8
Schnürlappen mittels Durchstichligaturen und behandelte eine postoperativ aufgetretene
Nachblutung mit Umstechungen [41] (Abb. 2). William Williams Keen führte 1891 die erste
Leberresektion in den USA durch. Er entfernte erfolgreich ein gestieltes Lebercystadenom.

Eine Erweiterung der Kenntnisse auf dem Gebiet der Leberchirurgie erlangte man auch
durch Ponfick, Tillmanns [28], Gluck und Meister, welche zum einen eine Resektionsfähigkeit
von bis zu 70-80% zeigten, zum anderen die enorme Regenerationsfähigkeit der Leber
nahezu bis zu ihrem Ausgangsgewicht herausstellten (1889). Mit ihren tierexperimentellen
Studien hatten sie die Prinzipien der Leberresektion etabliert.

Weitere Erungenschaften auf dem Weg zur heute existierenden modernen Leberchirurgie
waren die von Kousnetzoff mit stumpfer Nadel ausgeführten Matratzennähte zur Blutstillung
(1896), die Markierung der Grenzebene zwischen rechter und linker Leber durch Gallenblase
und V. cava inferior (Cantlie 1898) [13], die weiterführende Kenntnis der Leberanatomie
bezüglich der Aufteilung in einzelne Lappen und deren Blutversorgung (Cantlie 1898 und
Rex 1888) [13,55], die experimentelle Unterbindung der Leberarterie von Haberer (1903)
[28] und die stumpfe Parenchymdissektion der Leber von Anschütz (1903) [3].

1886 beschrieb Lius die Entfernung eines kindskopfgroßen Lebertumors (1886) [45].
Aufgrund einer schwerwiegenden Nachblutung verstarb jedoch der Patient sechs Stunden
nach dem Eingriff. Zwar berichteten Tiffany (1890) und Lucke (1891) über die ersten
erfolgreichen Tumorresektionen, die Komplikation der intra- und postoperativ auftretenen
Blutungen blieb aber bestehen. Ein Name drängt sich hierbei in den Vordergrund, durch dem
der weitere Schritt in die heutige Richtung gebahnt wurde. Es war „Pringle“ (1908) und
dessen herausragende Leistung der temporären Blutungskontrolle durch Okklusion des
Ligamentum hepatoduodenale, durch welche Blutungen verringert und somit die Versorgung
erleichtert wurde [52]. Das Prinzip der normothermen Lebereinflussstauung findet noch
heute als sogenanntes Pringle-Manöver Anwendung. Auch Fortner und Huguet trugen zur
Erweiterung der Erfahrungen auf diesem Gebiet bei: Fortner 1975 mit der Isolations-
Perfusions-Technik der Leber-Teilresektion, Huguet 1978 mit der normothermen vaskulären
Exklusion der Leber.

Weitere Erkenntnisse auf dem Gebiet der Leberchirurgie errang James Israel (1848-1926).
Ihm gelang mittels besonderer Abschnürligatur die Exstirpation eines Leberkavernoms
(1911). Er begann die Resektion an der Grenzlinie zwischen beiden Lappen mit sukzessiv
angelegten großen Umstechungsnähten [36].

                                                                                            9
Die erste erfolgreiche Hemihepatektomie rechts gelang Walter Wendel 1911 durch Ligatur
des rechten Astes der A. hepatica propria nach Abgang der A. cystica bei Leberzellkarzinom
mit Unterlassen der zentralen Unterbindung des rechten Pfortaderastes und Anlegen von
Durchstichligaturen mit Hilfe einer Öhrsonde im Bereich der Resektionsfläche [71] (Abb. 3).
Die erste erfolgreiche Resektion einer kolorektalen Lebermetastase publizierte Cattell 1940.

Die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts spiegelten zusammen mit Hjortsjös Topographie der
intrahepatischen Gallenwege (1951), Healeys anatomischen Erkenntinssen der Leberarterie
(1953) und Couinauds anatomischer Darstellung der Leber in acht Segmenten (1954) den
Durchbruch in der Leberchirurgie wieder [15] (Abb. 4).

           Abb. 3. Wendel W. [73]                         Abb. 4. Couinaud C. [73]

Die Erweiterung der anatomischen und topographischen Kenntnisse, die Verbesserung der
operativen Technik, die Kenntnisse zur Leberischämie und der Einsatz protektiver
Maßnahmen sowie die Erfahrungen auf den Gebieten der Narkose und Intensivtherapie
ebneten den Weg zur heute existierenden modernen Leberchirurgie. Jedoch blieb ein
weiteres Problem gerade im Bereich der Resektion maligner Tumoren bestehen. Für die
operative Verfahrenswahl waren und sind auch heute noch in der Leberchirurgie zwei
gegensätzliche Aspekte bedeutsam: die onkologische Radikalität und die postoperative
Leberfunktion bzw. funktionelle hepatische Reserve. Bei einer gesunden Leber sind im
Extremfall Resektionen von bis zu 80% durchaus vertretbar, aber bei einer kranken Leber
bzw. einer Leber, bei der die postoperative Leberfunktion nicht gewährleistet bzw. die
funktionelle hepatische Reserve erschöpft ist, ist die Grenze der operativen Therapie
erreicht. Erst durch Tom E. Starzl wurde diese Grenze überwunden (Abb. 5). Er führte 1963
die erste orthotope Lebertransplantation und 1968 die erste erfolgreiche orthotope
Lebertransplantation durch [67]. Daraufhin folgten die erste Lebertransplantation in
Deutschland von Gütgemann (1968) [27] und die Trisegmentektomie und Transplantation
einer   größenreduzierten    Leber    von   Starzl   (1975)   [67].    Eine    Zunahme    der

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Lebertransplantationen zeigte sich mit der erheblichen Verbesserung der Immunsuppression
durch Cyclosporin, welche auf die Arbeit von Calne zurückging (1980) [12]. Die
Transplantationen in den 80er Jahren wurden geprägt von der Split-liver Transplantation von
Pichlmayr und Bismuth (1984), der ex situ / ante situm Resektion von Pichlmayr (1988)
(Abb. 6) und der Leber-Lebendspende von Raia (1989) [51,59,72].

                Abb. 5. Starzl T [73]                              Abb. 6. Pichlmayr R [73

Letztendlich waren die exakten Kenntinsse der Leberanatomie, die Möglichkeit der
Blutungskontrolle, das Wissen über die Leberischämie, der Einsatz protektiver Maßnahmen,
ein optimiertes Regime bei Narkose und Intensivtherapie sowie die Verbesserungen in der
operativen   Technik       die   Wegbereiter      für    die   moderne       Leberchirurgie    mit    ihrem
Facettenreichtum und Möglichkeiten. Auf dieser Grundlage und immer wieder angeregt
durch   klinische       Erfordernisse     konnten       weitere     zahlreiche     chirurgisch-technische
Innovationen entwickelt werden, deren Idee und Ausführung inzwischen von vielen
übernommen worden ist. Gerade das Streben die Morbidität und Mortalität nach Eingriffen
an der Leber, welche schon im Verlauf der Geschichte                         einen enormen Rückgang
verzeichneten (anfangs lag die Operationsletalität nur unwesentlich unter 100%, heute ist
eine Letalität von 5% und darunter zu verzeichnen), weiterhin zu senken wird den Ehrgeiz
weitere gezieltere Therapien zu erforschen aufrecht erhalten. Aber nicht nur im
makroskopischen       Bereich     werden    die     Forschungen        weitergehen,     auch   zukünftige
Bestrebungen lassen Möglichkeiten auf dem Gebiet der Mikroskopie verbunden mit
Erkenntinssen     auf     subzellulärer    Ebene        deutlich    werden.      Eine   Optimierung     der
Leberzellisolierung, -kultivierung und -transplantation ist anzustreben. Auch die Idee der
sogenannten Entwicklung einer „künstlichen Leber“ ist heute keine Utopie, sondern ein
Gebiet reger medizinischer Forschung.

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3.2. Präoperative Diagnostik

Die Wahl der Untersuchungsverfahren und die Reihenfolge ihres Einsatzes hängen im
Einzelfall von der klinischen Fragestellung ab. Dabei können zwei Ausganssituationen
unterschieden werden, zum einen die Charakterisierung eines bekannten Herdes mit
bekannter oder unbekannter Ätiologie, zum anderen die Detektion fokaler Läsionen bei
bekannten     oder       vermutetem      Tumorleiden.    Beide    Fragen      stellen    unterschiedliche
Anforderungen       an    die     Untersuchungstechnik,       welche   sich    nach      dem    jeweiligen
Ausgangsbefund richtet.

Die diagnostischen Anforderungen bei Tumoren, deren Ätiologie unbekannt ist erstrecken
sich   zunächst auf die Charakterisierung und Dignitätsabschätzung, die bei denen die
Ätiologie bekannt ist auf Staging und Monitoring. Steht jedoch die Suche nach dem
Primärtumor und/oder den Metastasen im Vordergrund zentriert sich die diagnostische
Anforderung auf die Detektion.

Die in die Studie aufgenommenen Patienten lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Zum
einen stellten sich Patienten mit bekanntem oder vermutetem Tumorleiden vor, bei denen
dann die Detektion fokaler Läsion im Vordergrund stand; zum anderen stellten sich Patienten
vor, bei denen im Rahmen einer ungezielten Leberuntersuchung (meist durch Sonographie
oder Computertomographie) eine herdförmige Läsion entdeckt wurde. Bei der Frage nach
der Dignität konnte bei einem Teil der Patienten schon aus der Erstuntersuchung anhand
des sonographischen bzw. computertomographischen Befundes eine definitive Diagnose
gestellt   werden    (dies      betraf   vor   allem    die   zystischen      Lebererkrankungen,      die
Leberhämangiome und die fokalen nodulären Hyperplasien), so dass hier keine weitere
Diagnostik erforderlich war. Bestand jedoch noch eine Unsicherheit bezüglich der Diagnose
wurde eine erweiterte Diagnostik (MRT/Szintigraphie) durchgeführt; in Verbindung mit der
führenden Klinik konnten so vor allem das hepatozelluläre Karzinom, Metastasen bei
bekanntem Tumorleiden und Leberabszesse diagnostiziert werden. Konnte auch aufgrund
der erweiterten Diagnostik keine definitive Diagnose gestellt werden stand die Biopsie oder
Resektion als Verfahren der Wahl im Vordergrund, wodurch letztendlich auf bioptisch
histologischem Weg die Diagnose gesichert werden konnte.

Unabhängig von der erst erzielten Tumordiagnose oder einem schon bekannten
Tumorleiden     hängt       die     angestrebte    diagnostische       Strategie        und    Wahl   des
Untersuchungsverfahrens in erster Linie von den therapeutischen Konsequenzen ab.
Besteht schon bei der Eingansuntersuchung Irresektabilität erübrigt sich die weitere

                                                                                                       12
Diagnostik. Ist die Frage der Resektabilität offen sind Spiral-CT und MRT Methode der Wahl.
Wird erst intraoperativ eine Irresektabilität festgestellt, kann die Operation auch als
explorative Laparotomie beendet werden (was immerhin auf 5 Patienten in der Studie zutrifft)
[22].

3.3. Behandlungsstrategie

Die Wahl des Behandlungsverfahrens richtet sich nach dem Ausmaß der Lebererkrankung.
Während benigne Lebertumoren anhand operativer Verfahren kurativ behandelt werden
können, besteht bei den malignen Erkrankungen der Leber häufig das Problem der
Resektabilität. Ob ein Lebertumor resektabel ist richtet sich nach dem Allgemeinzustand des
Patienten, dem Tumorstadium, der lokalen Ausdehnung und der nach der Resektion zu
erwartenden Restfunktion der Leber. Besteht allgemeine oder lokale Inoperabilität muss
individuell abgewogen werden, ob lokale (Alkoholinjektion, Thermokoagulation, Kryotherapie,
Laser-Photokoagulation,    elektromagnetische       Wellen       (Radiowellen,     Mikrowellen),
Gentherapie,     Strahlentherapie)    bzw.        regionale      (regionale      Chemotherapie,
Chemoembolisation) oder systemische medikamentöse Therapieverfahren (systemische
Chemotherapie, Hormontherapie) oder nur supportive Maßnahmen angewandt werden. Bei
auf die Leber beschränkten irresektablen Tumoren ist eher ein regionales Therapieverfahren
das Mittel der Wahl. Wird der Lebertumor erst durch Exploration als irresektabel gesichert,
kann die Implantation eines Arteria-hepatika-Katheter zur regionalen Chemotherapie
erwogen    werden.   Die   Chemoembolisation       steht   bei   nichtresektablem     HCC    als
Therapiemöglichkeit zur Verfügung. Alle regionalen, nichtreserzierenden Verfahren haben
mehrere Eigenschaften gemeinsam. Zum einen richtet sich die Therapie direkt gegen den
Tumor, zum anderen wird eine fokale Nekrose erzeugt. Desweiteren können Lokalisation
und Ausdehnung der Nekrosen durch den Therapeuten beeinflusst werden und die
Nekrosen verbleiben im Gewebe [25].

Da im Rahmen der prospektiven Studie neben der Resektion auch konservative Verfahren
angewandt wurden (Chemotherapie, Ethanolinjektion, Kryochirurgie und Strahlentherapie)
sollen diese im Folgenden kurz erörtert werden.

Die 1983 in Japan entwickelte perkutane Alkoholinjektion beruht auf eine Entstehung einer
kompletten Koagulationsnekrose nach Injektion von 100% Ethanol in den Tumorherd und
das umgebende Gewebe. Diese Therapie erfolgt in mehrfachen Sitzungen. Vor allem
unilokuläre, möglichst durch eine Pseudokapsel gut abgegrenzte Tumoren, die einen
Maximaldurchmesser von etwa 3 cm aufweisen, scheinen geeignet. Die Therapie scheint

                                                                                              13
sinnvoll bei einer begrenzten Anzahl von Herden. Limitiert wird der Indikationsbereich dieser
Methode durch eine fehlende Begrenzung der meist weit fortgeschrittenen Tumoren zum
umgebenden normalen Leberparenchym bzw. bei sehr kapselnah liegenden Tumoren.
Vorteile sind die geringe Patientenbelastung, die niedrigen Kosten und die wiederholte
Therapiemöglichkeit. Die in Lokalanästhesie durchgeführte Punktion erfolgt unter Ultraschall-
oder CT-Kontrolle, wobei unter behutsamen Zurückziehen der Nadel einige Milliliter des
100%igen Alkohols injiziert werden. Die zur Nekrose führende Wirkung von Alkohol wurde
sowohl im Tierversuch als auch in humanen, reserzierten Tumoren nachgewiesen.

Die seit 1963 bei Lebermetastasierung durchgeführte Kryotherapie basiert auf der
ultraschallgesteuerten Vereisung eines Tumors anhand von im Tumor plazierten Sonden
mittels flüssigem Stickstoff (-196°Celsius, da die Nukleationstemperatur bei verschiedenen
Zellarten unterschiedlich ist und bei Tumorzellen nicht genau bekannt ist, wird im Schrifttum
zur Tumorzerstörung eine Temperatur von wenigstens –50°C gefordert). Die Vereisung führt
zu einer Nekrosenbildung (Absterben von Gewebe), wobei im Rahmen eines multifaktoriellen
Geschehens bei der Gefrierschädigung von Zellen die intrazelluläre Eisbildung nach
Erreichen der sogenannten Nukleationstemperatur das entscheidende letale Ereignis sein
dürfte.   Ein   wichtiger   Vorteil    der   Kryochirurgie   gegenüber   anderen     lokalen,
nichtreserzierenden Therapieverfahren ist die mechanische Fixation der Tumorzellen durch
die extrazelluläre Eismatrix. Dadurch wird eine Dissemination der Tumorzellen während des
Eingriffs verhindert. Die Wirksamkeit der Kryotherapie korreliert mit der Größe der Tumoren
und der kompletten Nekrose aller Tumorzellen. Letzeres Ziel kann in der Regel bei multiplen
Tumoren nicht erreicht werden. Zur Verstärkung kann eine regionale Chemotherapie
angewendet werden. Hauptindikationen für die Kryobehandlung sind solitäre, nichtresektable
Tumoren < 6cm und die komplementäre Therapie bei Resektion nicht im Gesunden oder mit
zu geringem Sicherheitsabstand [25].

Steht die Chemotherapie als Therapieverfahren der Wahl im Vordergrund wird bevorzugt die
regionale anstelle der systemischen Therapie angewandt. Zielvorstellung der regionalen
Chemotherapie ist es, eine hohe lokale Zytostatikakonzentration d.h. höhere lokale
Medikamenten-Konzentrationen mit gesteigerter lokaler Wirksamkeit in das Tumorgewebe
zu erzielen und andererseits die Rate an unerwünschten Nebenwirkungen, wie sie
vorwiegend bei systemischer Applikation auftreten, zu verringern. Die Gabe des
Medikamentes erfolgt transarteriell über die A. gastroduodenalis in die A. hepatica
permanent implantierten Portkatheter-Systemen basierend auf der Tatsache, dass die
Tumoren (HCC, Metastasen) in erster Linie arteriell versorgt werden. Kontraindikationen für
das Therapieverfahren sind extrahepatische Metastasen, ein Tumorbefall der Leber von

                                                                                          14
mehr als 50%, primär nicht resektabel erscheinende Metastasen oder intraoperativ als nicht
resektabel   erwiesene       Metastasen,     ein   Quick-Wert   von     weniger   als   50%,
Thrombozytenkonzentrationen von weniger als 50G/l, Serumbilirubin von mehr als 7mg/dl
oder ein massiver Aszites, desweiteren eine Enzephalopathie oder ein Karnofsky-Index
weniger als 60%. In Bezug auf sekundäre Lebermalignome ist die regionale FUDR-
(Fluordeoxyuridin) Therapie heute gerade wegen der hohen Kosten und hepatobiliären
Toxizität bis hin zu einer biliären Sklerose zugunsten der Folinsäure/5-FU-Therapie (nach
ART-I-Protokoll, „Arbeitsgemeinschaft Regionale Tumortherapie“) weitgehend ersetzt,
welche zu ähnlich hohen Remissionsraten und zu sehr günstigen Überlebenszeiten führt
(entsprechend unserem Krankengut). Auch bei den primären Lebermalignomen ist ein
Wandel zu verzeichnen. Die früher geltende FUDRAM- (FUDR+Adriamycin+Mitomycin)
Therapie nach Patt et al. hat zugunsten der Therapie mit einer Kombination aus Cisplatin
und Adriamycin von Carr et al. an Bedeutung verloren.

Neben der regionalen Chemotherapie ist eine transarterielle Chemoembolisation möglich,
unter deren Annahme der lokale Wirkungsgrad der regionalen arteriellen Chemotherapie
durch die gleichzeitige Applikation des Chemotherapeutikums zusammen mit einem
Embolisat, z.B. dem öligen Kontrastmittel Lipiodol, gesteigert werden kann. Lipiodol wird
selektiv in den Tumorgefäßen gespeichert. Doxorubicin oder Epirubicin werden als
Monotherapie, Cisplatin und Mitomycin in Kombination mit verschiedenen Embolisaten am
häufigsten verwendet.

Ein weiteres Therapieverfahren ist die konventionelle, extrakorporale Bestrahlung. Sie hat in
der Behandlung von Lebertumoren einen marginalen Stellenwert aufgrund der durch die
Strahlenexposition verursachten Leberfibrose und der Strahlenresistenz der HCC. Vor allem
131Jod-Lipiodol   oder   90Yttrium   fanden als sogenannte „interne“ Radiojodtherapie durch
intraarterielle Injektion und lokaler Tumorzerstörung Anwendung [25].

Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass allen hier genannten Verfahren keine kurative
Rolle in der Behandlung von Lebertumoren zukommt. Sie ermöglichen im günstigsten Fall
eine Tumorverkleinerung, häufig einen Wachstumsstillstand und erreichen dadurch
sekundäre palliative Effekte. Ob eine Lebensverlängerung möglich ist, kann heute nicht
sicher beurteilt werden. Es hat sich herausgestellt, dass sich gerade die regionalen/lokalen
Therapieverfahren für die Tumorbehandlung eignen, da vor allem bei zirrhotischer Leber das
nicht-tumoröse Parenchym nicht oder nur wenig beeinträchtigt wird. Es ist darauf zu achten,
dass jede Behandlungsmaßnahme definierte Indikationen sowie Behandlungsausschlüsse
hat, die im Einzelfall geprüft werden müssen.

                                                                                          15
3.4 Chirurgische Therapie

Nach Abschluß der präoperativen Diagnostik und bei bestehender Resektabilität, tritt die
chirurgische Therapie in den Vordergrund. Insbesondere etablierte sich gerade im Bereich
maligner Erkrankungen eine zunehmend aggressive chirurgische Therapie mit potentiell
kurativer Zielsetzung in der Behandlung von resektablen malignen Lebertumoren. Für die
Darstellung der chirurgischen Vorgehensweise werden im Folgenden die in der Studie
hauptsächlich verwendeten Methoden der chirurgischen Therapie benigner und maligner
Lebererkrankungen vorgestellt.

Für die operative Verfahrenswahl sind in der Leberchirurgie, insbesondere bei bestehender
Malignität, zwei gegensätzliche Aspekte bedeutsam: die onkologische Radikalität und die
postoperative Leberfunktion bzw. funktionelle hepatische Reserve. Bei einer gesunden Leber
sind im Extremfall Resektionen von bis zu 80% durchaus vertretbar aber nicht grundsätzlich
voraussetzbar.    Eine   klinische   relevante    Leberinsuffizienz   kann    allerdings   nur
ausgeschlossen werden, wenn weniger als 50% des funktionalen Leberparenchyms
reserziert werden. Desweiteren ist darauf zu achten, dass das Verfahren der Wahl einen
tumorfreien Resektionsrand garantiert, ohne dabei unnötig intaktes Parenchym zu opfern.
Letztendlich ist die Kenntnis und Beachtung der segmentorientierten Anatomie und der
Gefäßstrukturen grundlegende Voraussetzung für eine chirurgische Therapie [7,66].

Die an der intrahepatischen Aufteilung der portalen Strukturen orientierte Gliederung der
Leber erfolgt nach Couinaud. Die Leber lässt sich demnach in zwei Hälften (linker und
rechter Leberlappen), fünf Sektoren (lateraler (Segment VI und VII) und paramedianer
(Segment V und VIII) Sektor der rechten Seite, paramedianer Sektor (Segment IV) sowie
linker Lappen (Segment II und III) der linken Seite und Lobus caudatus) und zehn Segmente
(I(a+b), II, III, IV(a+b), V, VI, VII, VIII“ aufteilen). Der linke Leberlappen besteht aus den
Segmenten II, III, IV(a+b), der rechte Leberlappen aus den Segmenten V, VI, VII und VIII.
Segment I(a+b) entspricht dem Lobus caudatus [44,64] (Abb. 7: Segment I befindet sich
hinter (über) der Leberpforte und ist auf der Abbildung nicht zu erkennen).

Die Leber durchziehen zwei Systeme von Gefäßstraßen, zum einen das System der
afferenten Blutgefäße bestehend aus der Arteria hepatica und Vena portae, zum anderen
das System der efferenten Blutgefäße bestehend aus den Lebervenen. Die beiden
afferenten Blutgefäße laufen mit den intrahepatischen Gallengängen immer als Trias

                                                                                            16
hepatica (Glissonsche Trias) vereint. Die Lebertrias wird von etwas Bindegewebe und
Lymphgefäße begleitet und bildet etwa dreieckige Zwickel zwischen den Leberläppchen [43].

                                      Abb. 7. Segmentale Anatomie der Leber (nach Couinaud) [10]

Die arterielle Versorgung der Leber erfolgt über die Arteria hepatica propria. Sie kommt aus
dem Truncus coeliacus und ist die Fortsetzung der Arteria hepatica communis nach Abgang
der Arteria gastroduodenalis. Bevor sie sich in der Porta hepatis in den Ramus dexter und
den Ramus sinister aufteilt (häufigster Fall) gibt sie noch zwei Äste ab: die Arteria gastrica
dextra zur kleinen Magenkrümmung und die Arteria cystica zur Gallenblase und zum
Gallenblasengang (Abb.8). Für den linken Leberlappen wird meist noch eine Aufteilung für
den lateralen Sektor beobachtet: eine sogenannte Arteria hepatica media für das Segment
IV und eine Arteria lobi caudati sinister für den linken Teil des Lobus caudatus. Für den
rechten Leberlappen beobachtet man noch eine Aufteilung für den posterioren und
anterioren Sektor sowie rechten Teil des Lobus caudatus (Abb.9). Neben diesem
hauptsächlich vorzufindenen arteriellen Gefäßverlauf sind noch einige Variationen bekannt.
Zum einen können Ramus dexter und Ramus sinister getrennt aus dem Truncus coeliacus
oder ein zusätzlicher Ast zum linken Leberlappen aus der Arteria gastrica sinistra
entspringen, zum anderen besteht die Möglichkeit, dass die Arteria hepatica propria aus der
Arteria mesenterica inferior oder der Ramus dexter aus der Arteria mesenterica superior
entspringt und am Hinterrand zwischen Ductus hepatocholedochus und Pfortader zur Leber
läuft. Die Leberarterienaufteilung im Hilus kann man gelegentlich als Trifikation vorfinden.
Dies ist bei Eingriffen am Ligamentum hepatoduodenale, am Pankreaskopf und bei Einlegen
eines arteriellen Ports zur Chemotherapie zu beachten [9,43,64].

                                                                                              17
Abb. 8. Verteilung der Äste des Truncus coeliacus (nach Broelsch E, Kremer K, von
Lüdinghausen M: Leber. In: Kremer K et al. , Chirurgische Operationslehre, Thieme-Verlag,
Stuttgart New York 1993)

   1. Truncus coeliacus                   8. R. sinister a. hepaticae
   2. A. hepatica communis                9. R. dexter a. hepaticae
   3. A. gastrica sinistra               10. A. cystica
   4. A. splenica                        11. R. sinister accessorius der A. gastrica sinistra
   5. A. hepatica propria                12. R. dexter accessorius der A. gastroduodenalis
   6. A. gastroduodenalis                13. R. dexter accessorius der A. mesenterica superior
   7. A. gastrica dextra                 14. Sonderfall einer A. gastrica sinstra als Ast des R.
                                             sinister der A. hepatica propria

Abb. 9. Schemazeichnung der intrahepatischen Arterienverzweigung (nach Skandalakis. In:
Köckerling F, Waclawiczek H. W: Leberchirurgie, JA Barth-Verlag, Heidelberg Leipzig 1999)

                                                                                                18
Die Lebervenen verlaufen unabhängig von den Ästen der Vena portae ähnlich wie die
Lungenvenen an den Segmentgrenzen immer von ventrokaudal in leichtem Bogen zum
kraniodorsalen Leberrand bzw. zum oberen Abschnitt des Sulcus venae cavae und sind
damit wichtige Grenzmarker für den Chirurgen. Es wird zwischen einer oberen Gruppe:
rechte Lebervene (V. hepatica dextra), mittlere Lebervene (V. hepatica intermedia) und linke
Lebervene (V. hepatica sinistra) und einer unteren Gruppe kleinerer, sehr variabler Venen
(retrohepatische Venen, Vv. hepaticae inferiores, posteriores sive dorsales) unterschieden.
Die Vena hepatica dextra liegt in der rechten Grenzspalte und entsorgt die posterioren und
anterosuperioren Segmente (Segmente V,VI,VII und Teile von VIII). Die Vena hepatica
media verläuft i. d. R. in der Trennebene zwischen rechtem und linkem Versorgungsgebiet
und projiziert sich meist auf die Hauptgrenzspalte der Facies diaphragmatica. Sie entsorgt
v.a. den Lobus quadratus und große Teile des rechten vorderen und linken mittleren
Segmentes (vorwiegend Segmente IV und V) sowie des hinteren Abschnittes von Segment
VIII. Die Vena hepatica sinistra liegt in der linken Grenzspalte bzw. der Tiefe des hinteren
Abschnittes der Fissura ligamenti venosi. Sie entsorgt die linken lateralen Segmente
(Segmente II und III) und die oberen Abschnitte des medialen Segmentes (IV) und
gelegentlich auch des Lobus caudatus (Abb.10). Die retrohepatischen Venen sind
eigenständige Abflüsse des paramedianen Leberparenchyms, insbesondere aus dem Lobus
caudatus und aus den kavanahen Teilen des rechten Lappens. Die beiden Gruppen münden
unmittelbar unter dem Foramen venae cavae des Zwerchfells in die Vena cava inferior
[9,43].

Bei typischen Leberteilresektionen ist der Pfortaderverlauf zu beachten. Die 6-11 cm lange
Pfortader mit einem Durchmesser von 10-12 mm entsteht aus der hinter dem Pankreaskopf
gelegenen Vereinigung von Vena splenica und Vena mesenterica superior in Höhe des 2.
Lendenwirbels. Nach Unterkreuzung des Duodenums erfolgt der weitere Verlauf im
Ligamentum heptoduodenale. In der Regel teilt sich die Pfortader unmittelbar vor Erreichen
des Leberparenchyms in einen kürzeren etwas stärkeren rechten und längeren etwas
schwächeren linken Hauptast. Der linke Hauptstamm (R. sinister) verläuft bis in die linke
intersektoriale Fissur extrahepatisch, dann gibt er Äste zum Segment II ab. Danach teilt er
sich auf und verzweigt sich in die Segmente III und IV. Zu beachten ist, dass aus dem
Hauptstamm ein bis drei posteriore Äste zum Segment I-links ziehen. Der rechte
Hauptstamm nimmt an der rechten Seite der portalen Bindegewebsplatte die Vena cystica
auf und teilt sich am Eintritt in das Parenchym nach Abgabe des R. caudatus (Segment I
unter Einschluss des Processus caudatus) in einen Ast für den anterioren und einen Ast für
den posterioren Sektor (Abb.10). Weiterhin ist zu beachten, dass in vereinzelten Fällen die
Pfortaderäste für beide Sektoren unabhängig voneinander entspringen können. Diese

                                                                                         19
Variante ist bei der linksseitigen Hemihepatektomie von Bedeutung. Unterbindet man den
Pfortaderast nach dem Abgang des ersten großen nach rechts ziehenden Astes, ohne die
Aufteilung zu beachten, kommt es zu einer Durchblutungsstörung der Segmente V und III [9].

         Abb. 10. Venöse und portalvenöse Gefäßarchitektur der Leber

Der rechte und linke Leber-Gallen-Gang (Ductus hepaticus dexter et sinister) vereinigen sich
i. d. R. am Hilum und damit extrahepatisch und zwar knapp unterhalb der Birfucatio v. portae
zum Ductus hepaticus communis. Bevor dieser sich als Ductus choledochus fortsetzt mündet
noch der Ductus cysticus in den Ductus hepaticus communis (Abb.11) [9].

   Abb. 11. Gallenwegsystem                         Abb. 12. Intrahepatische Gallengangsverzweigung
    (nach Skandalakis 1989. In: Köckerling F, Waclawiczek H. W: Leberchirurgie, JA Barth-Verlag 1999)
                                                                                                   20
3.4.1 Resektionsverfahren

Heute stehen verschiedene Resektionsverfahren zur Verfügung. Bei peripher gelegenen
Tumoren geringeren Ausmaßes oder unklaren Läsionen können kleine, nicht anatomische
Resektionen durchgeführt werden. Bei größeren Tumoren oder sonstigen Prozessen, die auf
ein oder mehrere Segmente bzw. auf einen Leberlappen beschränkt sind, werden
Standardresektionen wie Mono- oder Polysegmentresektionen bzw. links- oder rechtsseitige
Hemihepatektomien vorgenommen. Liegen Tumoren vor, welche die anatomischen Grenzen
zwischen linken und rechten Leberlappen überschreiten, können erweiterte Resektionen
durchgeführt werden, wobei dann ein größerer Parenchymverlust in Kauf genommen wird.
Unter erweiterten Hemihepatektomien kann auch die Kombination einer klassischen
Leberresektion mit Resektion der zentralen Gallenwege und/oder der essentiellen Gefäße
(Pfortader,      Leberarterie,    Lebervene,     Hohlvene)   verstanden    werden.       Bei   diesen
ausgedehnten Resektionen kann die komplette vaskuläre Okklusion oder die Resektion an
der gekühlten, mit Konservierungslösung durchspülten Leber notwendig werden. Als
sogenannte Perfusionslösung stehen heute die durch ihr günstigeres Fließverhalten und
geringerem Risiko hyperkaliämischer Herz-Rhythmus-Störungen aufgrund des niedrigeren
Kaliumgehaltes        bevorzugte       Histidin-Tryptophan-Ketogluturat   (HTK)-     Lösung     nach
Bretschneider und die University-of-Wisconsin-Lösung zur Verfügung.
Eine Infiltration der großen Lebervenen, der Vena cava inferior sowie gegebenenfalls der
zentralen Hilusstrukturen verbunden mit aufwendigen Gefäßrekonstruktionen kann eine
Resektion in situ erheblich erschweren oder unmöglich machen. Um das Operationsgebiet
zugänglicher zu machen kann in diesem Fall die Leber teilweise oder vollständig aus dem
Körper genommen werden, sogenannte Ante-situ- und Ex-situ-Resektionen der Leber.
Dieses Verfahren wird aber eher in seltenen Fällen angewandt.
Liegen Tumoren vor, die als sicher benigne eingestuft werden (z.B. Hämangiome;
Leberzysten) versucht man diese tumorösen Prozesse mit Hilfe von Enukleationen oder
Zystentdachungen zu entfernen, um möglichst das gesamte gesunde Leberparenchym zu
erhalten [53].

Unter der Voraussetzung, dass die meisten Lebertumoren anfangs auf ihr Segment begrenzt
wachsen,      hat      sich      die   segmentorientierte    Resektionstechnik     als     optimales
Operationsverfahren der Wahl in Bezug auf Radikalität und Funktionalität (die portalvenöse,
lebervenöse und arterielle Versorgung der Restleber wird nicht kompromittiert; die
Orientierung der intrahepatischen Gallenwege am segmentalen Aufbau der Leber
gewährleistet die biliäre intrahepatische Drainage des verbleibenden Restleberparenchyms)
herausgestellt, da sie sich an den entsprechenden anatomischen Grenzflächen orientiert.

                                                                                                   21
Es werden vier Segmentresektionsformen unterschieden. Ist der Tumor nur auf ein Segment
begrenzt   wird   eine   Monosegmentresektion     (komplette   Entfernung    einer    einzelnen
anatomischen Einheit) durchgeführt. Sind mehrere nebeneinander liegende Segmente
betroffen steht die Bi- und Polysegmentresektion im Vordergrund (Entfernung mehrerer
miteinander verbundener Einzelsegmente). Liegen die Tumorherde an verschiedenen
Bereichen der Leber wird die Mehrfach-Segmentresektion (simultan an verschiedenen
Bereichen der gleichen Leber durchgeführte Segmentresektion) angewandt. Die vierte
Resektionsform, die „segmentorientierte Modifikation klassischer Resektionen“ ist eine
Untergruppe von Polysegmentresektionen, bei der die Lobektomie rechts unter Erhaltung
des Lobus quadratus im Vordergrund steht. Die Resektion kann als eigentliche
Segmentresektion durchgeführt werden, bei der das Leberparenchym möglichst exakt in der
gefäßarmen Grenzschicht durchtrennt wird. Anwendung findet dieses Verfahren bei
umschriebenen benignen Veränderungen und bei malignen Tumoren, bei denen die prä- und
intraoperative Untersuchung eine ausreichende Distanz zwischen Tumorrand und venösem
Hauptstamm bzw. portaler Aufzweigungsebene nachgewiesen hat.
Bei ungünstig gelegenen Malignomen, die nahe an die intrahepatischen Grenzflächen
heranreichen oder diese sogar verlagern findet nicht die Segmentresektion sondern die
sogenannte Perisegmentresektion Anwendung. In unmittelbarer Umgebung solcher Tumor-
Kontaktbereiche wird daher die Resektionsebene unter Schonung des portalen Zuflusses, 5-
10 mm in das jeweilige Nachbarsegment verschoben.
Im Falle einer über die Segmentgrenzen hinausreichende Tumorausbreitung ist eine an der
anatomischen Gliederung orientierte Resektion nicht mehr möglich. Als Therapieverfahren
der Wahl steht dann die atypische Segmentresektion im Vordergrund [66].

Bei den Hemihepatektomien unterscheidet man drei Resektionsformen. Die rechtsseitige
Hemihepatektomie     umfasst   die   Entfernung   der   Segmente   V-VIII.   Die     linksseitige
Hemihepatektomie geht mit dem Verlust der Segmente II-IV und eventuell zusätzlich
Segment I einher. Bei der linkslateralen Leberresektion werden die Segmente II und III
entfernt. Breitet sich der Tumor über die anatomischen Grenzen aus werden, wie bereits
erwähnt, erweiterte Hemihepatektomien durchgeführt. Die erweiterte Rechtsresektion
umfasst zusätzlich zu den Segmenten V-VIII die Segmente IVa und IVb und gegebenenfalls
Segment I. Bei der erweiterten Linksresektion werden neben den Segmenten I-IV die
Segmente V und VIII entfernt, so dass nur die Segmente VI und VII zurückbleiben [53].
Die Leberresektionsverfahren konnten in den vergangenen zwei Jahrzehnten durch die
Fortschritte der Operationstechnik wesentlich verbessert werden. Aus einem zunächst eher
experimentell durchgeführten Eingriff hat sich zusehends ein standardisierter Eingriff
entwickelt. Die Leberresektion, insbesondere zur Behandlung metastasierender, solider

                                                                                              22
Tumoren, kann heute mit sehr geringer perioperativer Letalität (Senkung von 10-25% auf
mittlerweile
Kremer, Lierse, Platzer, Schreiber und Weller geben beispielsweise eine postoperative
Letalität von 5 und 25% bei Rechtsresektion der Leber an, während selektive Eingriffe und
gutartige Tumoren mit einer Letalität von
3.4.1.2. Linksseitige bzw. rechtsseitige Hemihepatektomie [8, 9, 44]

1.)     Identifizierung von Diagnose und Indikation.

2.)     Eröffnen des Abdomens und Exploration des gesamten Situs sowie Darstellung der
        Leberoberfläche, Palpation und ultrasonographische Evaluation des Gesamtorgans.
        [ Besondere Aufmerksamkeit gilt einem möglichen Lokalrezidiv (bei Vorliegen von
        Lebermetastasen) oder einem extrahepatischen Lymphknotenbefall. ]

3.)     Durchtrennung der Ligg. falciforme hepatis und triangulare sinistrum bzw. dextrum
        (Abb. 13).

4.)     Cholezystektomie.
        [ Inzision des Peritoneum entlang des D. choledochus zum Calotschen Dreieck und
        Aufsuchen und Durchtrennen der A. cystica und des D. cysticus; anschließend
        Entfernung der Gallenblase aus dem Leberbett mit Inzision der Leberkapsel. ]

Abb. 13. Mobilisation des betreffenden Leberlappens (nach Broelsch E, Kremer K, von Lüdinghausen M:
Leber. In: Kremer K et al., Chirurgische Operationslehre, Thieme-Verlag 1993.    Kleines Bild nach
Köckerling F, Waclawiczek H. W: Leberchirurgie, JA Barth-Verlag 1999)

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