Motorischer Test für Kinder und Jugendliche Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft
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Motorischer Test für Kinder und Jugendliche Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ Sprecher: Prof. Dr. Klaus Bös (Universität Karlsruhe) Oktober 2007 Verabschiedet vom ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ der dvs am 27.09.2007. Status: Version 2.0 vom 17.10.2007
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Impressum Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ Sprecher: Prof. Dr. Klaus Bös (Universität Karlsruhe) Sportmotorischer Test für Kinder und Jugendliche Karlsruhe & Hamburg: dvs 2007 Endredaktion: Klaus Bös, Frederik Borkenhagen, Lars Schlenker Fotos: Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Karlsruhe (TH) Mitglieder des ad-hoc-Ausschusses „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs): Bös, Prof. Dr. Klaus; Universität Karlsruhe (Sprecher) Büsch, PD Dr. Dirk; IAT Leipzig Kretschmer, Prof. Jürgen; Universität Hamburg Lames, Prof. Dr. Martin; Universität Augsburg Müller, PD. Dr. Hermann; Universität des Saarlandes Munzert, Prof. Dr. Jörn; Universität Gießen Pfeifer, Prof. Dr. Klaus; Universität Erlangen-Nürnberg Gäste: Dillinger, Dr. Marc-Oliver; Ministerium für Inneres, Familie, Frauen und Sport des Saarlandes Igel, Dr. Christoph; Universität des Saarlandes Kraus, Dr. Ulrike; Innenministerium Nordrhein-Westfalen Lautenbach, Peter; Deutsche Sportjugend, Frankfurt am Main Seidel, Dr. Ilka; FoSS Karlsruhe Strauß, Prof. Dr. Bernd; Universität Münster Ungerer-Röhrich, Prof. Dr. Ulrike; Universität Bayreuth Westermann-Krieg, Liesel; Kultusministerium Niedersachsen Kontakt: Prof. Dr. Klaus Bös Universität Karlsruhe Forschungszentrum für den Schulsport (FoSS) Kaiserstraße 12 76128 Karlsruhe smk@sport.uka.de Website des ad-hoc-Ausschusses: http://www.sportwissenschaft.de/index.php?id=691 2 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Inhaltsverzeichnis I Kurzfassung ......................................................................................... 4 II Stellungnahme dvs-Vorstand ............................................................. 6 III Sachbericht zur Entwicklung des Motorischen Tests ...................... 7 1 Einleitung .................................................................................................................. 7 2 Grundlagen motorischer Tests ............................................................................... 8 2.1 Zielstellungen und Anwendung von sportmotorischen Tests ..................................... 8 2.2 Der fähigkeitsorientierte Ansatz als Grundlage von Tests .......................................... 8 2.3 Testkonstruktion ....................................................................................................... 12 2.3.1 Konstruktionsprinzipien für Testaufgaben in motorischen Tests .............................. 12 2.3.2 Taxonomie von Testaufgaben .................................................................................. 14 2.4 Testübersicht ............................................................................................................ 16 3 Testvorschlag zur Erfassung motorischer Fähigkeiten ...................................... 20 3.1 Testziele, Gültigkeitsbereich und Testdurchführung ................................................. 20 3.2 Testkonstruktion des Motorischen Tests ................................................................... 21 3.2.1 Vorarbeiten ............................................................................................................... 21 3.2.2 Rahmenbedingungen der hier vorgeschlagenen Testbatterie................................... 21 3.2.3 Beurteilung der Testbatterie vor dem Hintergrund der Aufgabentaxonomie ............ 22 3.3 Alternative Testaufgaben .......................................................................................... 23 4 Beschreibung der Testaufgaben ........................................................................... 24 4.1 Testmaterialien ......................................................................................................... 24 4.2 Testdurchführung ...................................................................................................... 24 4.3 Testitems ................................................................................................................... 25 5 Gütekriterien ........................................................................................................... 32 5.1 Objektivität ................................................................................................................ 32 5.2 Reliabilität ................................................................................................................. 32 5.3 Validität ..................................................................................................................... 33 6 Literaturverzeichnis ................................................................................................ 42 7 Anhang .................................................................................................................... 44 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 3
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft I Kurzfassung Ausgangssituation Die motorische Leistungsfähigkeit steht in enger Beziehung zur Gesundheit. Diese Bezie- hung verfestigt sich mit zunehmendem Lebensalter. Motorische Leistungsfähigkeit setzt aber die Setzung angemessener Reize für das motorische System voraus. Dieser Reizsetzung kommt im Kindes- und Jugendalter damit eine herausragende Bedeutung zu. Die aktuelle Diskussion in Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit zeigt, dass die Leistungsfähigkeit heu- tiger Kinder und Jugendlichen gegenüber früheren Generationen zurückgegangen ist. Diese Diskussion passt zu der bildungspolitischen Diskussion um Standards in den unterschiedli- chen Schulfächern, die durch die Ergebnisse der PISA-Studie ausgelöst wurde. Auftrag der SMK an die dvs Am 23.10.2006 hat die Sportministerkonferenz (SMK) den Präsidenten der dvs angefragt, die Sportministerkonferenz bei der Entwicklung eines Testverfahrens zu beraten und zu un- terstützen, das es gestattet, bundesweit das Niveau motorischer Fertigkeiten und Fähigkei- ten von Kindern und Jugendlichen kontinuierlich zu erheben, um zukünftige politische Ent- scheidungen auf der Grundlage verlässlicher Daten treffen zu können. Grundlage für den ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ der dvs waren acht publizierte Testverfahren mit einem großen Bekanntheits- und Verbreitungsgrad, zu denen auch das nationale Motorik-Modul (MoMo) gehört, das erstmals für die Bundesre- publik Deutschland repräsentative Daten zur motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen liefert. Testaufbau und Testinhalte Basierend auf publizierten Testverfahren unter Berücksichtigung der Vorarbeit von MoMo wird für die SMK eine Testbatterie mit 8 Testaufgaben vorgeschlagen: Passive Aufgabenstruktur Systeme Motorische Fähigkeiten der Energie- übertragung Ausdauer Kraft Schnelligkeit Koordination Beweglichkeit AA KA SK AS KZ KP B gehen, laufen 6-Min 20m Bal rw Lokomotions- bewegungen Sprünge SW SHH Obere Extremitäten LS Teilkörper- bewegungen Rumpf SU RB Kürzel der Testitems 6-Min 6-Minuten Ausdauerlauf 20m 20 Meter Sprint SW Standweitsprung Bal rw Balancieren rückwärts LS Liegestütz in 40 sec SHH Seitliches Hin- und Herspringen SU Sit-ups in 40 sec RB Rumpfbeugen Ergänzend werden Größe und Gewicht sowie der BMI erfasst. 4 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Gültigkeitsbereich des Tests Der Test misst die motorischen Fähigkeiten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit, die zusammenfassend als körperliche Leistungsfähigkeit bezeichnet werden. Die Realisierung dieser Fähigkeiten erfolgt mittels einfachstrukturierter motorischer Fertigkeiten wie z.B. laufen, springen und balancieren. Sportartspezifische Fertigkeiten (z.B. Ball spielen, schwimmen, turnen) werden in dieser Testbatterie ausgeklammert. Der Test eignet sich für den Einsatz in Schule und Verein. Getestet werden können Kinder und Jugendliche im Alter von 6-18 Jahren. Ziele des Tests Der Test eignet sich zur Messung des aktuellen Leistungsstandes sowie zur Beschreibung von Leistungsveränderungen. Es können nachstehende Fragen beantwortet werden: Messen des aktuellen Leistungsstands: • Screening: Wie ist der aktuelle motorische Leistungsstand? • Eingangsdiagnose: Ist der aktuelle motorische Leistungsstand ausreichend für die Aufnahme eines bestimmten Trainings? • Leistungsprofil: Welche motorischen Stärken und Schwächen lassen sich erkennen? • Defizitanalyse: Welche motorischen Fähigkeiten sollten bei Schwächen gezielt gefördert werden? • Charakterisierung von Subpopulationen: Welche Unterschiede bestehen bezüglich der motorischen Fähigkeiten zwischen Mädchen und Jungen sowie zwischen den Altersgruppen? Messung von Leistungsveränderungen: • Beschreibung der Entwicklungsverläufe: Wie verändern sich motorische Fähigkeiten in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? • Evaluation von Interventionen: Sind motorische Leistungsveränderungen nach einer gezielten Förderung bei der gesamten Gruppe oder beim Einzelnen erkennbar? Testdurchführung Der Test ist einfach und ökonomisch durchführbar. Im Routinebetrieb können vom Testperso- nal, das aus einer geschulten Person und 5 angeleiteten Testhelferinnen und Testhelfer besteht (dies können auch instruierte Schülerinnen und Schüler sein) bis zu 28 Probanden in 90 Minu- ten getestet werden. Bei der wissenschaftlichen Testung kommt nur Fachpersonal zum Einsatz. Testgütekriterien Die Testaufgaben sind hinsichtlich der teststatistischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität überprüft. Es liegen Normwerte für Jungen und Mädchen der Altersgruppen 6-17 Jahren vor. Testauswertung und Testinterpretation Für die sachgerechte Durchführung des Tests sowie für die Auswertung und Interpretation der Testergebnisse werden Handreichungen für Lehrerinnen und Lehrer und Übungsleiterin- nen und Übungsleiter erstellt. Expertise Die Testbatterie ist das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, in der 7 Experten einschlägiger Sekti- onen und Kommissionen der dvs sowie SMK- und KMK-Mitglieder eingebunden waren. Zu- sätzlich erfolgte eine Anhörung von Testexperten. Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 5
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft II Stellungnahme dvs-Vorstand Am 23.10.2006 hat mich der (damalige) Vorsitzende der Sportministerkonferenz, Herr Sena- tor Röwekamp in meiner Funktion als Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissen- schaft (dvs) angefragt, der nächsten Sportministerkonferenz Ende November 2007 ein stan- dardisiertes Motorik-Testverfahren mit der Zielstellung der kontinuierlichen Erhebung des Niveaus motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten von Kindern und Jugendlichen vorzu- schlagen. Die dvs ist sehr gerne dieser Anfrage nachgekommen und hat dem Anliegen eine hohe Prio- rität gegeben, auch aus der Überzeugung, dass ein solches Vorhaben dringend notwendig ist, um einen nachhaltigen Beitrag zur positiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu leisten. Der dvs-Vorstand hat Ende Dezember 2006 einen ad-hoc-Ausschuss „Motorische Tests von Kindern und Jugendlichen“ einberufen, dem sieben der führenden Sportwissenschaftler auf diesem Gebiet angehören. Der Ausschuss wird geleitet von Professor Dr. Klaus Bös (Universität Karlsruhe TH). Die weiteren sechs Mitglieder des Ausschusses sind PD Dr. Dirk Büsch (IAT Leipzig), Prof. Jür- gen Kretschmer (Universität Hamburg), Prof. Dr. Martin Lames (Universität Augsburg), PD Dr. Hermann Müller (Universität des Saarlandes), Prof. Dr. Jörn Munzert (Universität Gie- ßen) sowie Prof. Dr. Klaus Pfeifer (Universität Erlangen-Nürnberg). Mit Beginn der Beratungen am 26. Januar 2007 war es das vordringliche Ziel des dvs-adhoc- Ausschusses zu sichten und zu entscheiden, ob bereits vorliegende Testverfahren der SMK in Teilen oder im Ganzen vorgeschlagen werden können und ob ggf. gänzlich neue oder teilweise neue Testverfahren zu entwickeln sind und welche Schritte hier notwendig sind. Im Zuge der Beratungen im Mai 2007 wurde eine Expertenanhörung von weiteren Wissen- schaftlern (u. a. Dr. Klaes, WIAD; PD Dr. Stemper, Universität Wuppertal) durchgeführt. Die Beratungen, die im Laufe des 1. Halbjahres 2007 im Ausschuss intensiv geführt wurden, wurden in enger Abstimmung mit Herrn Dr. Dillinger von Seiten der SMK koordiniert. An den Beratungen nahmen weitere Gäste von Seiten SMK und KMK sowie ich selbst und weitere Mitglieder des dvs-Vorstands teil, um gleich von Beginn an einen engen Austausch zu ge- währleisten. Ich freue mich heute sehr, Ihnen den Abschlussbericht des dvs-Ausschusses „Motorische Tests für Kinder und Jugendliche“ unter der Federführung von Professor Bös überreichen zu dürfen. Der Bericht geht ausführlich darauf ein, dass es möglich ist, den motorischen Status von Kindern und Jugendlichen standardisiert und kontinuierlich mittels einer wissenschaftlich abgesicherten Testbatterie zu erheben. Der Ausschuss macht einen ausführlich begründeten Vorschlag für eine solche Testbatterie. Prof. Dr. Bernd Strauß Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) 6 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft III Sachbericht zur Entwicklung des Motorischen Tests 1 Einleitung Am 23.10.2006 hat die SMK an die dvs einen Auftrag formuliert, eine Testbatterie zu entwi- ckeln, die es gestattet, bundesweit das Niveau motorischer Fertigkeiten und Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen kontinuierlich zu erheben, um zukünftige politische Entscheidun- gen auf der Grundlage verlässlicher Daten treffen zu können. Dieser Auftrag entstand vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion in Wissenschaft, Me- dien und Öffentlichkeit, dass die Leistungsfähigkeit heutiger Kinder und Jugendlichen ge- genüber früheren Generationen zurückgegangen ist (vgl. zusammenfassend Bös 2003). Diese Diskussion passt zu der bildungspolitischen Diskussion um Standards in den unter- schiedlichen Schulfächern, die durch die Ergebnisse der PISA-Studie ausgelöst wurde. Für den Schulsport und die Erfassung der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen ergeben sich folgende Besonderheiten: 1. Die motorische Leistungsfähigkeit steht in Beziehung zu Gesundheit. Diese Beziehung verfestigt sich mit zunehmendem Lebensalter. Motorische Leistungsfähigkeit setzt aber die Setzung angemessener Reize für das motorische System voraus. Dieser Reizset- zung kommt im Kindes- und Jugendalter damit eine herausragende Bedeutung zu. 2. Das nationale Motorik-Modul (MoMo) liefert erstmals für die Bundesrepublik Deutschland repräsentative Daten zur motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen. Die Betonung von Motorik und körperlicher Leistungsfähigkeit stellt andere Sinnperspektiven im Sport von Kindern und Jugendlichen nicht in Frage. Die hier vorgeschlagene Testbatterie besteht aus 8 Testaufgaben. Diese Testaufgaben ba- sieren auf den Vorarbeiten publizierter Testverfahren. Eine besondere Berücksichtigung fand dabei das nationale Motorik-Modul (MoMo), das in den Jahren 2003-2006 deutschlandweit an einer repräsentativen Stichprobe von 4.529 Kindern und Jugendlichen im Alter von 4-17 Jahren durchgeführt wurde. Die Tests sind einfach durchführbar und gestatten eine Diagnose und Beurteilung des allge- meinen motorischen Fähigkeitsniveaus mit den Dimensionen Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit, die zusammenfassend als körperliche Leistungsfähigkeit bezeichnet wer- den. Die Realisierung dieser Fähigkeiten erfolgt mittels einfachstrukturierter motorischer Fertigkei- ten wie z.B. laufen, springen und balancieren. Sportartspezifische Fertigkeiten (z.B. Ball spielen, schwimmen, turnen) werden in dieser Testbatterie ausgeklammert. Die Testbatterie hat nicht den Anspruch motorische Fertigkeiten oder darüber hinaus andere Sinnperspekti- ven und Lernziele des Sportunterrichts abzudecken. Insbesondere ist der motorische Test kein vollständiger Lösungsvorschlag für die komplexe Diskussion um Bildungsstandards im Fach Sport, die zur Zeit in der sportpädagogischen Diskussion virulent geführt wird. Die Testbatterie ist das Ergebnis einer ad-hoc-Arbeitsgruppe, in der 7 Experten einschlägiger Sektionen und Kommissionen der dvs eingebunden waren. Die Ergebnisse der Wissen- schaftler wurden von Anfang an mit ständigen Gästen aus der SMK und der KMK diskutiert und im Hinblick auf Ihre Relevanz und Umsetzbarkeit überprüft. Zusätzlich fand eine Anhö- rung von Testexperten statt. Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 7
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft 2 Grundlagen motorischer Tests 2.1 Zielstellungen und Anwendung von sportmotorischen Tests Um den Leistungszustand von Kindern und Jugendlichen beschreiben, verfolgen und sach- gerecht intervenieren zu können, ist die Diagnose eine unverzichtbare Voraussetzung. „Oh- ne Diagnose intervenieren wir blind“ lautete entsprechend auch das Motto der Tagung der deutschen Sportpsychologen (asp) 2007. Das unterrichtliche und trainingsmethodische Han- deln von Lehrerinnen und Lehrern und Trainerinnen und Trainern setzt diagnostische Infor- mationen voraus, um daraus gezielte Bewegungsübungen für den Sportunterricht und den Vereinssport ableiten zu können. Mit motorischen Tests ist eine Momentaufnahme der motorischen Leistungsfähigkeit des einzelnen Kindes oder einer ganzen Gruppe möglich. Sie können außerdem auch Informati- onen zur Entwicklung der motorischen Leistungsfähigkeit aufzeigen. Sportlehrerinnen und Sportlehrer und Übungsleiterinnen und Übungsleiter haben damit ein Instrument an der Hand, mit dessen Hilfe man positive wie negative Veränderungen der Kin- der und Jugendlichen objektiv beurteilen kann. Das diagnostische Urteil von Lehrerinnen und Lehrern und Trainerinnen und Trainern kann dadurch sinnvoll ergänzt werden. Mit Hilfe von motorischen Tests kann man gezielt motorische Stärken und Schwächen erkennen und den Kindern frühzeitig individuell passende Fördermöglichkeiten anbieten. Im Einzelnen lassen sich folgende Einsatzmöglichkeiten von motorischen Tests unterschei- den: Tab. 2.1. Fragestellungen zum Einsatz motorischer Tests. Messen des aktuellen Leistungsstands: • Screening: Wie ist der aktuelle motorische Leistungsstand? • Eingangsdiagnose: Ist der aktuelle motorische Leistungsstand ausreichend für die Aufnahme eines bestimmten Trainings? • Leistungsprofil: Welche motorischen Stärken und Schwächen lassen sich erkennen? • Defizitanalyse: Welche motorischen Fähigkeiten sollten bei Schwächen gezielt ge- fördert werden? • Charakterisierung von Subpopulationen: Welche Unterschiede bestehen bezüglich der motorischen Fähigkeiten zwischen Mädchen und Jungen sowie zwischen den Altersgruppen? Messung von Leistungsveränderungen: • Beschreibung der Entwicklungsverläufe: Wie verändern sich motorische Fähigkeiten in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? • Evaluation von Interventionen: Sind motorische Leistungsveränderungen nach einer gezielten Förderung bei der gesamten Gruppe oder beim Einzelnen erkennbar? 2.2 Der fähigkeitsorientierte Ansatz als Grundlage von Tests Die Testdiagnostik in der Sportwissenschaft hat die gleichen Wurzeln wie die Diagnostik in Psychologie und Pädagogik (vgl. Bös, 1987, 2001). 8 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Sie basiert auf dem fähigkeitsorientierten Ansatz, wie er für die Sportwissenschaft von Gund- lach (1968), Roth (1982), Bös und Mechling (1983) und anderen in der Tradition der Arbeiten in der Psychologie von Fleishman (1954) und Guilford (1957) begründet wurde. Fähigkeiten sind latente Konstrukte, die nicht direkt der Beobachtung zugänglich sind, son- dern aus beobachtbaren Indikatoren erschlossen werden. So ist z.B. die Muskelkraft als motorische Fähigkeit nicht direkt beobachtbar. Aus der Tatsa- che, dass sich Personen bei der Anzahl der absolvierten Klimmzüge, Liegestützen, Sit-ups oder Hocksprünge unterscheiden, wird auf das unterschiedliche Niveau der Kraftfähigkeit der Probanden geschlossen. Die gemessenen Testleistungen sind somit Indikatoren für die la- tente Fähigkeit ’Muskelkraft’. Im gewählten fähigkeitsorientierten Ansatz geht man davon aus, dass die beobachtbaren Zu- sammenhänge auf der Leistungsresultatsebene auf gemeinsame latente Dimensionen (Fähig- keiten) zurückgeführt und mit Hilfe von Tests angemessen diagnostiziert werden können. Fähigkeiten sind damit leistungsbestimmend für ganze Klassen von Bewegungstätigkeiten (Fertigkeiten). Ihnen wird damit ein allgemeiner (aufgaben- und situationsübergreifender) Charakter zugeschrieben, während Fertigkeiten aufgabenzentriert sind. Die energetischen und informationsorientierten Dispositionen (Voraussetzungen), die eine erfolgreiche Ausführung einer bestimmten Bewegungshandlung ermöglichen, werden zu- sammenfassend als motorische Fähigkeiten bezeichnet. Diese bilden in wechselseitigem Zusammenspiel die Grundlage für die Herausbildung von Handlungselementen – eben Fer- tigkeiten – zur Bewältigung von Bewegungsaufgaben. Fertigkeiten sind damit Bestandteile der manifesten (Verhaltens)ebene. Konsequenterweise sollten Fähigkeiten immer der Prozessebene („Innenaspekt“) zugerechnet werden, Fertigkei- ten als sichtbarer Außenaspekt von Fähigkeiten dagegen der manifesten Verhaltensebene („Außenaspekt“). Bezogen auf motorische Tests folgt daraus, dass die Messung immer auf der Verhaltens- ebene (Produktebene, Fertigkeitsebene) erfolgt, dass aber die eigentlich interessanten Grö- ßen die dahinter stehenden latenten Fähigkeiten (Prozessebene) sind. Würde man Fertigkeiten mit speziellen Fähigkeiten gleichsetzen (vgl. Roth, 1982), so unter- scheiden sich beide Begriffe nur hinsichtlich ihres Spezifikationsgrades. Fertigkeiten lägen dann nicht auf der Realisierungsebene einer Bewegungshandlung, sondern wären eher als Teilelemente von Fähigkeiten auf der Ebene latenter motorischer Konstrukte aufzufassen. Um Missverständnisse zu vermeiden, plädieren wir deshalb auf der Beobachtungsebene (Realisierungsebene) für den Terminus ’Fertigkeiten’. Diese sollen auf der Konstruktebene Entsprechungen in ’Fähigkeiten’ haben. Differenzierung motorischer Fähigkeiten Es gibt eine Vielzahl von historischen Arbeiten zur Differenzierung motorischer Fähigkeiten (vgl. Cratty, 1975; Fetz, 1965; Fleishman, 1954; Frey, 1977; Guilford, 1957; Gundlach, 1968; Powell, Katzko & Royce, 1978; Roth, 1982; Bös & Mechling, 1983). Diese sind teils phäno- menologisch, teils empirisch, teils theoretisch begründet. Alle Ansätze gehen dabei von der Vorstellung aus, dass die Motorik ein komplexes, mehrdimensionales Konstrukt ist, das nicht mit einer Kenngröße ausreichend beschrieben werden kann. Differenzierungen von motorischen Fähigkeiten basieren zumeist auf der Annahme von so ge- nannten Grundeigenschaften (Fetz, 1965) oder Hauptbeanspruchungsformen (Hollmann & Het- tinger, 1980) und ermöglichen im Sportunterricht, im Grundlagentraining des Leistungssports Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 9
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft aber auch im Gesundheitssport und Rehabilitationssport eine hinreichend genaue Diagnose und Steuerung der Belastungsgestaltung. Differenzierungen nach Fähigkeitskategorien sind jedoch nicht hinreichend präzise für Leis- tungserklärungen und -prognosen, zur Trainingssteuerung auf hohem Leistungsniveau, für sportartspezifische Beschreibungsmodelle oder für krankheitsspezifische Fragestellungen in der Rehabilitation. Hier erfordern Diagnosen einen stärker prozess- und funktionsorientierten Zugang mit Hilfe sportmedizinischer oder biomechanischer Messverfahren. Wir schließen uns bei der nachstehenden Differenzierung den historisch bedeutsamen An- sätzen von Gundlach (1968) und Pöhlmann (1977) an und unterscheiden auf einer ersten Ebene motorische Fähigkeiten nach den Polen Energie und Information in konditionelle (e- nergetische) und koordinative (informationsorientierte) Fähigkeiten. Auf einer zweiten Ebene wird in die vielzitierten motorischen ’Grundeigenschaften’ Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Ko- ordination und Beweglichkeit aufgefächert (vgl. Martin et al. 2001) Die Zuweisung von Ausdauer- und Kraftfähigkeit zu den energetisch determinierten Funkti- onspotenzen ergibt sich aus der Unterscheidungsmöglichkeit von Herz-Kreislauf-System und Skelettmuskulatur als zentrale Systeme der Energiegewinnung und des Energietransportes im menschlichen Organismus. Umfang und Struktur der Skelettmuskulatur werden als Voraus- setzung für die motorische Kraftfähigkeit angesehen. Die Leistungsfähigkeit des Herz- Kreislauf-Systems stellt die bestimmende und limitierende Größe für Ausdauerleistungen dar. Abb. 2.1. Differenzierung motorischer Fähigkeiten. Die konditionellen Kraft- und Ausdauerfähigkeiten lassen sich auf der Basis von Dauer und Intensität der Belastung weiter differenzieren (Ebene 3). Eine Unterscheidung von aerober (AA) und anaerober (AnA) sowie von Maximalkraft (MK), Schnellkraft (SK) und Kraftausdau- er (KA) erscheint dabei notwendig und ausreichend. Die Einteilung in aerobe (AA) und anaerobe Ausdauer (AnA) korrespondiert mit der Differen- zierung nach den unterschiedlichen Formen der Energiegewinnung. Die Benennung von Maximalkraft (MK), Schnellkraft (SK) und Kraftausdauer (KA) orientiert sich an den beobachtbaren Hauptunterscheidungsformen der Muskelkraft und ist physiolo- gisch und experimentell abgesichert. Maximal- und Schnellkraft sind primär durch die musku- lären (Faseranzahl, Faserquerschnitt, Faserstruktur) und neurophysiologischen Bedingungen (Rekrutierung und Frequenzierung motorischer Einheiten, intermuskuläre Koordination, Mus- kelfaserzusammensetzung) festgelegt, während die Kraftausdauer in stärkerem Maße auch vom Energiestoffwechsel abhängig ist und damit die letztgenannte Fähigkeit in den Schnitt- punkt von Kraft und Ausdauer rückt. 10 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Die Schnelligkeit in ihrer sportspezifischen Ausprägung als Aktionsschnelligkeit (AS) lässt sich nicht eindeutig dem konditionellen oder koordinativen Fähigkeitsbereich zuordnen. Schnelle Bewegungen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass bei ihnen eine optimale Verknüpfung des energetischen Potentials mit der Qualität sensorischer Regulationsprozesse besteht. Die Aktionsschnelligkeit stellt damit keine isolierte motorische Basisdimension, sondern eine konditionell und koordinativ determinierte Komplexfähigkeit dar. Das Niveau der Aktionsschnelligkeit lässt sich bei unselegierten Stichproben durch die Aus- prägung von einfacher strukturierten Kraft-, Ausdauer- und Koordinationsfähigkeiten gut prognostizieren. So konnten wir bei 10-jährigen Schülern die Sprintleistung im 50m-Lauf durch die Basisdimensionen Maximalkraft, allgemeine aerobe Ausdauer und Koordination bei Präzisionsaufgaben mit einer Güte von 55% aufgeklärter Varianz vorhersagen (Bös & Mech- ling, 1983). Am Beispiel der Aktionsschnelligkeit lässt sich sehr anschaulich die enge Ver- bindung von energetischen und informationsorientierten Fähigkeiten bei der Realisierung komplexer sportbezogener Bewegungshandlungen aufzeigen. Die Reaktionsschnelligkeit (RS) beinhaltet die Vorbereitungsphase, die Phase des Reizan- gebots und der Reizwahrnehmung, die Phase der Latenz sowie die Phase der effektiven Handlung ein. Wenn es sich um isolierte Reaktionszeitmessungen handelt, sind in erster Linie physiologi- sche Faktoren für schnelle Reaktion verantwortlich. In komplexen Situationen z.B. in den Sportspielen rückt die Reaktionsschnelligkeit in die Nähe der koordinativ determinierten Anti- zipationsfähigkeit. Zahlreiche empirische Untersuchungen belegen, dass zwischen der Reak- tionszeit und der Bewegungszeit keine korrelativen Zusammenhänge bestehen. Die Fähig- keit zur schnellen Reaktion scheint damit eine relativ eigenständige Komponente darzustel- len, die mit zunehmender Komplexität der geforderten Reaktionsaufgabe von Antizipations- prozessen abhängt. Die koordinativen Fähigkeiten als informationsorientierte Funktionspotenzen lassen sich nach der Art der sensorischen Regulation sowie in Abhängigkeit vom Anforderungsprofil der Bewegungshandlungen unterscheiden. Roth (1982, S. 53) kommt durch die Verbindung von deduktiv abgeleiteten (neuro)physiologischen Erkenntnissen mit induktiven sportwissen- schaftlichen Ansätzen zu einer Gesamtstruktur des koordinativen Merkmalskomplexes, wo- bei er in ’koordinative Fähigkeiten zur genauen Kontrolle von Bewegungen (KP)’ und ’koordi- native Fähigkeiten unter Zeitdruck (KZ)’ differenziert (vgl. Abb. 4.8). Auf der Basis empirischer Untersuchungen kann Roth die vorgelegte Strukturanalyse koordi- nativer Fähigkeiten erhärten. Bös und Mechling (1983) weisen in ihrem Ansatz zu „Dimensionen der Motorik“ die ,Koordi- nation zur genauen Kontrolle von Bewegungen’ (Koordination bei Präzisionsaufgaben) als isolierte motorische Basisdimension des informationsorientierten Fähigkeitsbereiches aus, und bezeichnen die „Fähigkeit zur Koordination unter Zeitdruck’ als komplexe motorische Fähigkeit im Schnittpunkt von energetischen und informationsorientierten Prozessen. Ähnliche komplexe koordinative Konstrukte sind die Gewandheit (Hirtz, 1964) oder die Ge- schicklichkeit (Rieder, 1976). Die beiden Bereiche ’Koordination unter Zeitdruck’ und ’Koordination bei Präzisionsaufga- ben’ lassen sich dimensionsanalytisch gegeneinander abgrenzen (Roth, 1982, S. 192), sind aber statistisch nicht voneinander unabhängig. Tests zur Messung der Koordination unter Zeitdruck (Geschicklichkeitstests, Gewandtheitstests) korrelieren mit Präzisionsaufgaben in mittlerer Höhe (vgl. Bös & Mechling, 1983). Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 11
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Bei der Beweglichkeit (B) besteht ebenfalls keine präzise Zuordnungsmöglichkeit zum kondi- tionellen oder koordinativen Merkmalsbereich. Probleme resultieren vor allem aus der unter- schiedlichen Umfangsbestimmung. Wir plädieren hier für eine enge Fassung des Begriffes „Beweglichkeit“ als „Schwingungswei- te der Gelenke“ im Unterschied zu einem weiten „sportnahen“ Begriffsverständnis, das Be- weglichkeit zu einer komplexen Fähigkeit macht. Optimale Bewegungsamplituden bei sport- bezogenen Leistungsvoraussetzungen, hängen zum einen von der Qualität der „passiven Systeme der Energieübertragung“, zum anderen aber vom energetischen Potential und vom Niveau der sensorischen Regulation bei der Bewegungsausführung ab (vgl. Klee & Wie- mann, 2005). Bei einem engen definitorischen Verständnis erscheint es uns angebracht, Beweglichkeit nicht als Fähigkeit, sondern als eine weitgehend anatomisch determinierte personale Leis- tungsvoraussetzung der passiven Systeme der Energieübertragung anzusehen (vgl. Bös & Mechling, 1983). Insgesamt wurden damit auf der dritten Einteilungsebene zehn motorische Beschreibungska- tegorien ausgewiesen. Auf der Messebene werden diese zehn Beschreibungskategorien noch um die Konstitution ergänzt. Bös und Mechling (1983) rechnen die konstitutionellen Merkmale (Größe, Gewicht, Body Composition) ebenfalls den passiven Systemen der Energieübertragung zu. 2.3 Testkonstruktion Exkurs: Einzeltest oder Testbatterie Die Beantwortung diagnostischer Fragen kann unterschiedlich komplex angegangen werden. Die einfachste Form der Testung ist der Einsatz einzelner Testaufgaben. Diese decken je- doch immer nur einen ganz spezifischen Aspekt der motorischen Leistungsfähigkeit ab. So kann beispielsweise die Koordination bei Präzisionsaufgaben mit der Aufgabe „Balancieren rückwärts“ oder die Kraftausdauer mit „Liegestütz“ oder „Sit-ups“ überprüft werden. Die komplexere Form der Testung ist die Anwendung von Testbatterien. Hier werden mehre- re Testaufgaben zum Messen verschiedener Teilbereiche der motorischen Leistungsfähig- keit durchgeführt. Testbatterien können unterschieden werden in homogene (eindimensionale) Testbatterien und heterogene (mehrdimensionale) Testbatterien, die man auch als Testprofile bezeichnen kann. 2.3.1 Konstruktionsprinzipien für Testaufgaben in motorischen Tests Testaufgaben sollten drei Konstruktionsprinzipien aufweisen: • Testaufgaben sollten nur das zu diagnostizierende Merkmal erfassen. Alle weiteren in- terindividuell differenzierenden Merkmale der Testleistung sollten durch die Art der Auf- gabenstellung möglichst eliminiert werden • Testaufgaben sollten möglichst wenig Übungseffekte aufweisen • Testaufgaben sollten von koordinativen Vorerfahrungen weitgehend unabhängig sein Diese Forderungen lassen sich nur bei der Verwendung von einfachstrukturierten Aufgaben zur Messung von relativ isolierten Fähigkeitsbereichen realisieren. 12 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Die Messung der Maximalkraft bei statischen dynamometrischen Messungen in einem Kraftmessstuhl oder die Messung der aeroben Ausdauer mittels Fahrradergometrie sind sol- che Beispiele für homogene Tests, die isolierte motorische Fähigkeiten messen. „Sportnahe“ Testaufgaben wie Hindernisläufe, Sprünge und Würfe sind dagegen komplex- strukturiert. Dies zeigt sich bei Faktorenanalysen in denen solche Testaufgaben in der Regel Ladungen auf mehreren Faktoren aufweisen. Mit zunehmender Merkmalskomplexität kommt der Aussage von Schnabel (1963, S. 1071), dass es strenggenommen keinen motorischen Test geben wird, der alleiniger Ausdruck nur eines Merkmals, einer Eigenschaft oder Fähigkeit ist, eine immer stärkere Bedeutung zu. Die Konstruktionsprinzipien für motorische Testaufgaben ’Isolierung von Merkmalsberei- chen’, ’Unabhängigkeit von koordinativen Vorerfahrungen’ und ’geringe Übungsabhängigkeit’ scheinen daher allenfalls für die Quantifizierung von allgemeinen konditionellen Fähigkeiten möglich. Für die Erfassung der allgemeinen koordinativen Fähigkeiten und die Diagnose von speziel- len (sportartspezifischen) Merkmalsbereichen lassen sich die oben genannten Konstrukti- onsprinzipien kaum verwirklichen. Dementsprechend treten bei Koordinationstests und/oder sportartspezifischen Tests mehr Va- liditätsprobleme auf. Die Testaufgaben sind oft von spezifischen Vorerfahrungen abhängig und unterliegen in hohem Maße Messwertfluktuationen durch Situationsfaktoren und Übungs- einflüssen. Um auf der Grundlage von sportmotorischen Testresultaten zu diagnostisch verwertbaren Resultaten zu kommen, gilt es, diese Besonderheiten bei der Testkonstruktion zu berück- sichtigen. Dies ist auch Gegenstand bei der Testvalidierung mittels Multitrait-Multimethod- Analyse. Dabei sollten heteromethod-monotrait-Korrelationskoeffizienten (Validitätskoeffi- zienten) größer sein als monomethod-heterotrait-Korrelationen. Bei der Korrelation von Testaufgaben zeigt sich jedoch, dass es häufig so etwas wie „Ballfak- toren“ oder „Lauffaktoren“ gibt, die man auch als Methodenfaktoren bezeichnen könnte. Noch gravierender ist die Tatsache, dass bestimmte Aufgabentypen für bestimmte Perso- nentypen „leichter“ sind. So sind typischerweise für Jungen oft Übungen mit Bällen „leichter“ als für Mädchen, die ihrerseits bei Rhythmusaufgaben Vorteile haben. Dies verletzt das Kri- terium der spezifischen Objektivität, die in der von Rasch (1960) begründeten probabilisti- schen Testtheorie als ein zentrales Gütemerkmal angesehen wird. Exkurs zur Komplexität und Generalität von Testaufgaben Unter Komplexität oder umgekehrt Einfachheit einer Testaufgabe wird hier verstanden ob sich die Lösung einer Testaufgabe auf klar definierbare und abgrenzbare Leistungsfaktoren zurückführen lässt. So ist beispielsweise die Bewältigung der Testaufgabe „Cooper-Test“ (12-Minuten-Dauer- lauf) einfachstrukturiert (laufen ist eine Grundfertigkeit) und die Qualität der Aufgabenbewäl- tigung ist primär von der Ausprägung der aeroben Ausdauer abhängig. Hindernisläufe dagegen sind komplexe Anforderungen auf der Realisierungsebene von Fer- tigkeiten (z.B. Kombinationen von Laufen, Springen, Dribbeln, Kriechen). Die Testaufgabe Hindernislauf lässt sich damit auch nicht einem einzelnen isolierbaren Leistungsfaktor (einer Fähigkeit) zuordnen. Wir sprechen in diesem Fall von einer Testaufgabe hoher Komplexität, die auch mit vielen anderen Testaufgaben korreliert. Generalisierbarkeit bedeutet, ob zu erwarten ist, dass die gemessene Fähigkeit einen be- deutsamen Erklärungswert für eine große Klasse von Bewegungshandlungen hat. So sind Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 13
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft etwa die ’Maximalkraft’ und mehr noch die ’aerobe Ausdauer’ stark generalisierbare Fähig- keiten, d.h. ihnen wird – neben einer hohen Situationskonstanz und zeitlichen Stabilität – unterstellt, dass sie für ganze Klassen von Fertigkeiten leistungsrelevant sind. Eine Person mit guter Maximalkraft wird eine Kugel weiter stoßen können, aber auch mehr Klimmzüge oder Liegestützen absolvieren können. Bei der Beurteilung der Generalisierbarkeit eines Tests spielt allerdings neben der gemessenen Fähigkeit auch immer die Aufgabenstruktur eine Rolle. So besitzen isolierte Teilkörperbewegungen (z.B. Messung der Handkraft) eine geringere Generalisierbarkeit als Tests, die große Muskelgruppen erfassen (z.B. Läufe, Sprünge). 2.3.2 Taxonomie von Testaufgaben Bei der Konstruktion von Testbatterien gilt es auf der Aufgabenebene, neben einer Struktu- rierung der Merkmalsbereiche (Fähigkeitsbereiche) auch situations- und aufgabenspezifi- sche Besonderheiten zu berücksichtigen. Ziel der Testkonstruktion sollte es sein, den ange- strebten Messinhalt möglichst vollständig zu erfassen. Aus ökonomischen Gründen sollte gleichwohl die Anzahl der Testaufgaben möglichst gering sein. Dieses Ökonomieprinzip ist typisch für sportmotorische Tests, da eine Testung auch immer anstrengend ist und Zeit be- ansprucht. Bei Fragebogentests (z.B. Intelligenztests) verwendet man für den gleichen Test- inhalt zumeist mehrere Testaufgaben, um die Reliabilität der Testung zu verbessern. Abb. 2.2. Taxonomie sportmotorischer Testaufgaben (Bös, 1987, S. 103). 14 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft In seiner Taxonomie von Testaufgaben unterscheidet Bös (1987, S. 103) die drei Eintei- lungsdimensionen Fähigkeitsstruktur, Struktur der Handlungsumgebung und Aufgabenstruk- tur. Für die Differenzierung der motorischen Fähigkeiten wird die im Abschnitt 2.2.1 vorge- stellte Systematisierung in 10 motorische Fähigkeiten übernommen. Bei der Differenzierung der Aufgabenstruktur orientieren wir uns an den frühen Arbeiten von Gentile et al. (1975, 2000) und Higgings (1977) und unterscheiden zunächst Lokomotionsbewegungen (Sprünge, Läufe und Gehen), Teilkörperbewegungen mit Ortsveränderung (differenziert nach obere Ex- tremitäten, Rumpf, untere Extremitäten) und Tätigkeiten ohne Ortsveränderung (Haltungen, isometrische Muskelkontraktion). Damit lassen sich 9 Aufgabenkategorien unterscheiden. Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit stellt die Struktur der Handlungsumgebung dar (vgl. Gentile, 1975, 2000; Göhner, 1979). Es lassen sich zunächst in Anlehnung an Poulton (1957) offene und geschlossene Situationen unterscheiden. Ebenfalls wichtig für die Be- schreibung der Umgebungsbedingungen von Testaufgaben ist die Bewegungsausführung mit und ohne Gerät, die in einer Reihe von Systematisierungen ebenfalls genannt wird (vgl. Donskoj, 1975; Meinel, 1971). Geräte können z.B. Bestandteile des Geräteaufbaues sein (z.B. Langbank beim Balancieren) oder aktiv manipuliert werden (z.B. Bälle beim Wurf oder Stoß). Die Kombination von offen/geschlossen mit der Unterteilung ohne Gerät/mit Gerät/mit Gerätemanipulation ergibt sechs Charakterisierungen für die Handlungsumgebung. Auf dieser theoretischen Basis kommt man zu einer Aufgabendifferenzierung in 10 x 9 x 6 = 540 Aufgabentypen. Diese ist zum einen für praktische Zwecke untauglich und zum anderen entspricht sie nicht der empirischen Realität. Im Handbuch sportmotorischer Tests findet Bös 700 verschiedene Testaufgaben (1987, S. 446). Die Zuordnung dieser Aufgaben zu der oben vorgestellten Taxonomie lässt in zwei Reduktionsschritten die Zusammenfassung zu 86 verschiedenen Aufgabentypen und schließ- lich zu folgenden 12 Grundtypen von Testaufgaben zu (S. 452): Dauerläufe, Klimmzüge, Sit- ups, Liegestütz, Sprünge, Würfe/Stöße, Sprint, komplexe Läufe, Auge-Hand-Koordination, Balancieren rückwärts, Einbeinstand und Rumpfbeugen. Die bloße Benennung von Grundtypen schafft noch keine Klarheit für die Zusammenstellung einer Testbatterie, wie das nachfolgende Beispiel zu Sit-ups zeigt. Allein zum Aufgabengrundtyp „Sit-ups“ findet man in der Literatur 60 Ausführungsvarianten, die sich nach Zeitdauer (15 sec, 30 sec, 40 sec, 2 Minuten, maximal), Fixieren der Beine (ohne, Helfer oder Hilfsmittel), mit/ohne Erschwerung (z.B. Ball im Nacken), Armhaltungen (seitlich, vor dem Körper verschränkt). beschreiben lassen (vgl. Safrit, 1992). Um eine möglichst aussagekräftige und gleichzeitig ökonomische Testbatterie zusammenzu- stellen, ist damit sowohl eine theoriegeleitete Klassifikation von Testaufgaben, wie auch eine präzise Beschreibung der Durchführungsbedingungen erforderlich. Hier wird deshalb eine zweidimensionale Klassifikation von Testaufgaben in Fähigkeitsstruktur und Aufgabenstruk- tur vorgeschlagen. Dabei werden bei der dreidimensionalen Taxonomie mit 540 Aufgabenty- pen folgende Einschränkungen vorgenommen: Von den zehn Fähigkeitskategorien können drei unberücksichtigt bleiben: • anaerobe Ausdauer (für Kinder und Jugendliche bis zum Ende der ersten puberalen Phase wegen fehlender Laktatbildung nicht relevant) • Reaktionsschnelligkeit (nur apparativ objektiv und reliabel messbar und für die motori- sche Leistungsfähigkeit nur bedingt relevant) • (isometrische) Maximalkraft (nur apparativ objektiv und reliabel messbar und deshalb für Untersuchungen in Schulen und Vereinen nicht praktikabel) Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 15
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Von den neun Aufgabenkategorien können fünf unberücksichtigt bleiben: • Tätigkeiten ohne Ortsveränderung (Haltung und isometrische Kontraktion) (wegen feh- lender Praktikabilität bei der Testdurchführung) • komplexe Läufe und Sonstiges (wegen komplexer Aufgabenstruktur und damit nicht ein- deutiger Zuordnung zu einer Fähigkeit) • Teilkörper untere Extremitäten (sind durch Läufe, Sprünge und Balancieren ausreichend berücksichtigt) Die Struktur der Handlungsumgebung kann ganz entfallen. Damit verbleiben für die Aufga- benkonstruktion und Zusammenstellung einer Testbatterie 7 Fähigkeitskategorien und 4 Auf- gabenkategorien, die in der nachfolgenden Abbildung dargestellt sind. Sowohl auf der inhaltlichen Ebene der Fähigkeiten als auch auf der messmethodischen Ebe- ne der Tests werden sportartspezifische Aspekte innerhalb dieser Arbeit ausgeklammert. Tab. 2.2. Taxonomie von Testaufgaben nach Fähigkeiten und Aufgabenstruktur. Passive Aufgabenstruktur Systeme Motorische Fähigkeiten der Energie- übertragung Ausdauer Kraft Schnelligkeit Koordination Beweglichkeit 1 AA KA SK AS KZ KP B gehen, Lokomotions- laufen bewegungen Sprünge Obere Teilkörper- Extremitäten bewegungen Rumpf 2.4 Testübersicht In beiden Auflagen des Handbuches „Motorische Tests“ (Bös, 1987; Bös et. al., 2001) findet man eine Vielzahl von Testaufgaben sowie die Kombination dieser Aufgaben zu Testbatte- rien. Weitere Testsammlungen findet man für den deutschsprachigen Raum bei Haag und Dassel (1975), Fetz und Kornexl (1978), Rapp und Schoder (1977), Grosser und Starischka (1981) oder Neumaier (1983). Die internationale Entwicklung findet man in der Übersicht bei Bös (1987) und später bei Telama et. al. (2002) sowie Bös (2003). Beeinflussend für die deutschen Testentwicklungen waren die Arbeiten des CDDS (Commit- tee for the Development of Sport, (1978), die ihren Niederschlag in den Eurofit Tests gefun- den haben, die es sowohl für Kinder (van Mechelen et al., 1991) als auch für Erwachsene (Oja & Tuxworth, 1995) gibt. 1 Die Aktionsschnelligkeit ist in unserem Verständnis keine eigenständige motorische Fähigkeit, da sie weitestgehend aus Kraft und Koordination erklärbar ist. Da der Begriff jedoch in der Sportpra- xis sehr gebräuchlich ist, wird er hier aufrechterhalten. Die gestrichelten Abgrenzungen zur Kraft auf der einen bzw. Koordination auf der anderen Seite soll die Überschneidung der Aktions- schnelligkeit mit den anderen Fähigkeiten verdeutlichen. 16 Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Die genaue Zahl publizierter Testbatterien im nationalen und internationalen Raum lässt sich nicht bestimmen. Alleine Bös et. al. (2001) beschreiben mehr als 100 motorische Testbatterien. Eine qualitative Beurteilung von Tests ist mit Hilfe eines Kriterienkatalogs möglich, wie er auf der Grundlage der Arbeiten des Testkuratoriums Psychologie von Bös (1987) entwickelt und später publiziert wurde (Bös et al., 2001; Test AG der dvs, 2007). Der Kriterienkatalog findet sich im Anhang dieses Berichts. Aus heutiger Sicht können für die Zielgruppe der Kinder und Jugendliche acht Testbatterien mit einem großen Bekanntheits- und Verbreitungsgrad identifiziert werden: • BfEL-Projektevaluation (Bös et al., 2007) • Düsseldorfer Test (www.check-duesseldorf.de) • Eurofit (van Mechelen, 1991) • KATS-K (Bös et al., 2001) • Kinderturn-Test (Bös et al., 2006) • MoMo (Bös et al., 2002) • Sport Science Studies (Telama, Naul u.a., 2002) • WIAD (Rusch & Irrgang, 1994) Die vier in der Karlsruher Arbeitsgruppe entwickelten Tests (MoMo, KATS-K, Kinderturntest, BfEL) sowie der Düsseldorfer Test (www.check-duesseldorf.de) wurden nach den oben vor- gestellten Konstruktionsprinzipien entwickelt. Alle fünf Tests sind umfassend hinsichtlich der Gütekriterien überprüft. Der Hauptunterschied zwischen den Tests liegt in den unterschiedli- chen Testzielen und Rahmenbedingungen. Eurofit (van Mechelen, 1991) basiert auf der internationalen Kommissionsarbeit im CDDS, der in der Sport Science Studies veröffentlichte Testvorschlag von Telama und Naul (2002) orientiert sich ebenfalls an den Vorarbeiten einer internationalen Projektgruppe und der WI- AD-Test (WIAD, 2000) gründet auf dem Münchener Fitness Test von Rusch und Irrgang (1994). In der Tabelle 2.3 sind diese acht Testbatterien dargestellt. Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 17
18 BfEL Düsseldorfer Eurofit KATS-K Kinderturn-Test MoMo Sport Science WIAD Test Studies Bös et al., 2007 Stemper, 2003 van Mechelen, Bös et al., 2001 Bös et al., 2006 Bös et al., 2002 Telama, Originalversion www.check- 1991 Bös et al., 2006 Naul u.a., Münchener Fitness duesseldorf.de 2002 Test Rusch & Irrgang, 1991, 1994; WIAD, 2000; AA Aerobe Lokomotions- 6 Minuten Lauf 6 Minuten Lauf 6 Minuten Lauf 6 Minuten Lauf 6 Minuten Lauf 6 Minuten Lauf Ausdauer bewegungen Shuttle Run Shuttle Run (gehen, laufen) Stufensteigen 1 Minute AnA Anaerobe __ __ __ __ __ __ __ __ Ausdauer KA Kraftausdauer Teilkörper- oE Liegestütz Liegestütz Liegestütz Liegestütz bewegungen Klimmzughang Halten im Hang R Sit-ups Sit-ups Crunches Sit-ups Matthiaß Test MK Maximalkraft Teilkörper- oE __ Handkraft Handkraft __ __ __ __ bewegungen SK Schnellkraft Lokomotions- Standweit Standweit Standweit Standweit Standweit Standweit bewegungen Messplatte Standhoch (Sprünge) 5er Sprung Teilkörper- oE Medizinball Medizinball bewegungen AS Aktions- Lokomotionsbe- 20m 20m __ __ __ __ schnelligkeit wegungen (laufen) Shuttle Run RS Reaktions- __ __ __ __ __ Reaktionstest PC __ __ schnelligkeit KZ Koordination Lokomotions- seitl. Hin und Her seitl. Hin und Her seitl. Hin und Her __ unter bewegungen Hindernislauf Hindernislauf Zeitdruck (Sprünge, laufen) Ballprellen Feinmotorik MLS-Linien MLS-Stifte Tapping KP Koordination Teilkörper- oE Zielwerfen Zielwerfen __ Zielwerfen bei bewegungen Ball-Beine-Wand Ball-Beine-Wand Tab. 2.3. Beschreibung und Beurteilung von acht publizierten Testbatterien. Präzisions- Balance rw Balance rw Balance rw aufgaben uE Einbeinstand Einbeinstand Einbeinstand B Beweglichkeit Haltung Rumpfbeugen Rumpfbeugen Rumpfbeugen Rumpfbeugen Rumpfbeugen Sit and Reach Sit and Reach Kon Konstitution BMI BMI __ BMI BMI BMI BMI BMI Körperfettanalyse Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Motorischer Test für Kinder und Jugendliche
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft Kurzbeschreibung der Testbatterien BfEL-Test (Bös et al., 2007) Der BfEL-Test ist eine Kurzform von MoMo, die im Rahmen der Evaluation der 24 ausge- wählten Modellprojekte von ‚Besser Essen. Mehr Bewegen’ durch die BfEL eingesetzt wird. Die Evaluation ist im Jahre 2007 gestartet. Düsseldorfer Test (www.check-duesseldorf.de; Stemper, 2003) N=4.700; m,w; 6-10 Jahre; Düsseldorf Der Düsseldorfer Test entspricht im Wesentlichen dem KATS-K. Der Test wird flächende- ckend in Düsseldorfer Grundschulen eingesetzt. Eurofit (Van Mechelen, 1991) N=mehrere zig Tausend; m,w; 12-16 Jahren; repräs. für NL; flächendeckend in EU Der Eurofit ist Ergebnis internationaler Kommissionsarbeit. In Deutschland hat sich der Test wegen seiner fehlenden Akzeptanz und Praktikabilität (hoher Testaufwand) nie durchgesetzt. Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von 12-16 Jahren. KATS-K (Bös et al., 2001) N=1.600; m,w; 6-10 Jahre; in 6 Bundesländern Das Karlsruher Testsystem wurde im Rahmen einer von den Unfallkassen finanzierten Un- tersuchung in Grundschulen aus 6 Bundesländern durchgeführt. Das KATS-K besteht im Wesentlichen aus dem AST und dem HAKI-Test (vgl. Bös 2001). Der Gültigkeitsbereich er- streckt sich auf das Alter 6-10 Jahre. Kinderturn-Test (Bös et al., 2006) N>100.000; m,w; 3-10 Jahre; flächendeckend in Deutschland Der Kinderturntest wird im Rahmen der DTB-Kinderturnkampagne eingesetzt. Der Test ist ein Kooperationsprodukt von Universität Karlsruhe, Barmer, DTB und Landesstiftung Baden- Württemberg. Bei der Testentwicklung und -evaluation (Datenbasis N=1.406) wurde den Erfordernissen der Praxis (wenig Geräte, leichte Durchführbarkeit) Rechnung getragen. Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von 3-10 Jahren. MoMo (Bös et al., 2002) N=4.529; m,w; 4-17 Jahre; repräsentativ für Deutschland MoMo wurde im Rahmen des Kinder- und Jugendsurveys des RKI (KiGGs) entwickelt. Mo- Mo deckt das gesamte motorische Fähigkeitsspektrum ab. Wegen der speziellen Testsituati- on (Einzeltest im kleinen Testraum) kamen keine ’sportnahen Tests’ (z.B. 20m-Lauf, 6-min- Lauf) zum Einsatz. Bei einer MoMo-Testung in Luxemburg (Bös et al., 2006) wurde für die Altersgruppen 9,14,17 Jahre der 6-min-Lauf durchgeführt. Sport Science Studies (Telama, Naul u.a., 2002) N=5.000; m,w; 12-15 J.; 6 Länder (anfallende Stichprobe) Der Test besteht aus 5 Aufgaben, die z.T. relativ ungebräuchlich sind (Shuttle Run, Crun- ches, 5er Sprung). Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von 12-15 Jahren. WIAD (Rusch & Irrgang, 1994 [Original]; WIAD, 2000) N=740.000 (WIAD); N=269 (Rusch & Irrgang); 6-18; m,w; flächendeckende Lehrertestung in Deutschland Der WIAD-Test stammt im Original von Rusch (1991) und wurde zur Sportförderdiagnostik entwickelt. Der Test wurde nicht auf Gütekriterien überprüft. Der Test deckt die vorgeschla- gene Aufgabentaxonomie nicht umfassend ab. Das WIAD hat den Test um den 6-min-Lauf ergänzt und lässt den Test durch Lehrerinnen und Lehrer in umfassender Weise durchfüh- ren. (z.B. Fitnesslandkarte Niedersachsen) Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von 6-18 Jahren. Motorischer Test für Kinder und Jugendliche 19
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