Mountainbike-Marktentwicklung - Konzeptpapier - Draft
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Leipzig, 8. Dezember 2020 Mountainbike-Marktentwicklung Konzeptpapier – Draft 1 Deutschland und Europa befinden sich mitten im stärksten Veränderungsprozess des öffentlichen Raums der letzten Jahrzehnte; die Neuverteilung hat begonnen und massive Auswirkungen auf die Rolle und Formen aller Verkehrsträger. Drängende soziale Fragen wie Klimawandel und Biodiversitäts- verlust, Urbanisierung und Bewegungsmangel, Inklusion und soziale Gerechtigkeit führen zu großen Kraftanstrengungen vieler Gruppen. Welche Rolle das Biken und Mountainbikes dabei künftig spielen ist keineswegs ausgemacht. Von ri- goroser Regulierung der (E-)MTB-Nutzung bis hin zur Aufwertung des (E-)MTB zur führenden, neuen Allzweck-Radkategorie reichen die Szenarien. Trotz vielfach positiver Beiträge zu den Gesellschafts- fragen handelt die Branche aktuell im Vergleich zu vielen anderen wenig konzertiert und gibt die Prä- gung ihrer Wahrnehmung mehrheitlich aus der Hand. Ohne eine langfristig angelegte, strategische und überbetriebliche Marktbearbeitung werden weder die Hoffnungen in das Biken noch seine wirtschaftli- chen Potenziale Realität. — Das Potenzial des Mountainbikens als gesellschaftliches Megathema liegt auf der Hand Der Beitrag des Bikens für unsere Gesellschaft – nicht zuletzt bei der Begegnung des Klimawandels – ist enorm. E-Mountainbikes demokratisieren den Zugang zu Bike-Erlebnissen in der Natur. Im aktuellen Umbau der Städte und für die nachhaltige Veränderung des Modal Split spielt das Rad eine immer ge- wichtigere Rolle. Der Flow-Faktor beim Mountainbiken lockt neue Zielgruppen aufs Rad und wirkt dem Bewegungsmangel entgegen. Die Probleme, die hiermit einhergehen, sind ebenso bekannt: » Die öffentliche Wahrnehmung des Mountainbikens ist teilweise (immer noch) von Rücksichtslo- sigkeit geprägt. » Es wiederholen sich lauter werdende Forderungen nach einer Regulierung des E-Bikes. » Overtourism an natürlichen Hotspots führt vermehrt zu Konflikten; das Biken wird in diesem Zu- sammenhang regelmäßig stigmatisiert. » Der positive gesellschaftliche Beitrag des Bikens wird auf kommunaler, Landes-, Bundes- und EU- Ebene fast nicht wahrgenommen. Mountainbike Tourismusforum Deutschland e. V. Universität Leipzig · Jahnallee 59 (Raum B105) · 04109 Leipzig Vereinsregister: Amtsgericht Leipzig VR 5994 · Vorstand: Tilman Sobek, Philipp Heinrich, Norman Bielig www.mountainbike-tourismusforum.de
Neben anlassbezogenen Initiativen gibt es darauf bisher keine konsistente, langfristig angelegte Ant- wort. Andere Marktteilnehmer und Branchen agieren deutlich professioneller. Zusätzlich zu den etwa 2,2 Milliarden jährlichen Werbeausgaben der Kfz-Branche in Deutschland, investiert allein der Volks- wagen-Konzern 40 Millionen Euro in sein Lobbying pro Jahr und ist neben Brüssel in den großen euro- päischen Hauptstädten und zum Teil in den Bundesländern mit eigenem Personal präsent. Die anderen Hersteller und zusätzlich noch Verbände wie VDA und ACEA tun es Volkswagen gleich. Neben Forschung und Entwicklung, Produktion, Marketing und Vertrieb wird dieser Hebel selbstver- ständlich genutzt – mit dem Ergebnis breiten gesellschaftlichen Einflusses. Nicht so das Radfahren. Dabei haben wir es als Branche selbst in der Hand, die Zukunft unseres öffentlichen Bildes und unse- res Marktes konzentriert zu gestalten. Dazu braucht es 1) eine professionelle und permanente Kommunikations- und Pressearbeit, 2) eine langfristig orientierte professionelle Netzwerk- und Lobbyarbeit 3) und strategische Führung. Zielbild: „Biken wirkt“ Eines der wesentlichen Hemmnisse der Potenzialentwicklung des Mountainbikens in Deutschland ist das schlechte, meist radikal-verzerrte Image. Oberstes Ziel der Marktentwicklung ist es, dieses Image langfristig und nachhaltig positiv zu prägen. Folgende Argumente, Maßnahmen und Ziele beschreiben den Weg: » In der gesellschaftlichen Wahrnehmung ist das Biken ein anerkannter, positiv besetzter Breiten- sport mit hoher Bedeutung für unseren Lebensalltag und die Fragen unserer Zeit. Dieses zentrale Ziel beschreibt die Quintessenz des Imagewandels und den Fokus aller Bemühun- gen. Kommunikationserfolge reichen dafür nicht aus. Vielmehr braucht es sichtbare Erfolge und Entwicklungen auf den Ebenen der Infrastruktur, des Klimaschutzes und der Umweltbildung, der Kinder- und Jugendförderung, der gesellschaftlichen Teilhabe sowie des Leistungs- und Gravi- tysports. » Biken bewegt – gesünder leben Aufgrund der hohen Zugänglichkeit sowie der konditionellen und kognitiven Förderung bietet Bi- ken hohe Potenziale für die Gesunderhaltung breiter Schichten der Gesellschaft. Es verzögert die Alterung und wirkt sich nachweislich positiv auf die psychische Gesundheit aus. Deutlich werden die Potenziale der Prävention daran, dass die Folgen von Bewegungsmangel Todesursache Num- mer 1 in der westlichen Welt sind und allein in Deutschland zwischen 100 und 150 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Schäden pro Jahr verursachen. Gerade das E-MTB bietet hier einen wir- kungsvollen, noch breiter zugänglichen Ansatz als schon das Mountainbiken an sich. Auch in der Rehabilitation kann das E-MTB mit der Mischung aus herz- und gelenkschonender Bewegung so- wie den psychischen Benefits zur schnelleren Gesundung beitragen. Die Förderung von Bike-An- geboten und der Zugang zu Fahrrädern – vor allem für einkommensschwächere Bevölke- rungsteile – hat enormes (finanzielles) Potenzial für das Gesundheitssystem. 2
» Biken wirkt – im Alltag und bei Umwelt- und Klimaschutz Soll die Verkehrswende gelingen, braucht Deutschland eine massive Verschiebung im Modal Split: weg vom Kfz-basierten Individualverkehr hin zu mehr ÖPNV und Radnutzung. Als attraktive Freizeittätigkeit motiviert das Biken zu einer stärkeren Integration des Rades in den Alltag und sorgt hier für emissionsarme Fortbewegung mit geringem Raumanspruch. Mountainbiker sind zu- dem deutlich offener gegenüber Umwelt- und Klimaschutzfragen. Diese Vorreiterrolle gilt es zu nutzen und zu betonen. » Biken prägt – es gehört zu den fünf beliebtesten Sportarten unter Kindern und Jugendlichen Hobbies und Lebensstile werden nachweislich in Kindheit und Jugend geprägt. Sollen das Biken und Radfahren noch populärer werden, so muss Biken ab der frühen Kindheit erlebbar sein. Der Zugang zu qualitativen Laufrädern und geländetauglichen Bikes muss im Kindergarten und der Schule erfolgen. Kurse und Meisterschaften verankern den Sport im universitären Betrieb. Es braucht zudem eine Beratung von Vereinen zur Neuausrichtung im Breitensport und der Unter- stützung bei der Schaffung und Pflege flächendeckend verfügbarer Infrastrukturen. » Biken integriert – es ist offen und bildet die Gesellschaft in ihrer Gänze ab Biken ist in der öffentlichen Wahrnehmung aktuell wenig inklusiv, sondern eher männlich, teil- weise akademisch und tendenziell privilegiert. Dabei kann Biken das gesellschaftliche Bild in sei- ner gesamten Breite abbilden. Dazu sollten Einstiegshürden kommunikativ gesenkt, die Kinder- und Jugendarbeit in Vereinen ausgebaut, bisher unterrepräsentierte Gruppen zusätzlich gefördert werden. » Biken ist wohnortnah in Deutschland möglich - Bike-Infrastrukturen und Bike-Spielplätze sind flächendeckend vorhanden und frei zugänglich. Sie werden von Politik und Verwaltung als Teil der Daseinsvorsorge verstanden. - Ein freier Zugang zu Trails und Wegen in allen Bundesländern. Für Baden-Württemberg be- deutet dies eine Novellierung der 2 m-Regel. - Aufbau einer bundesweiten Plattform mit der Darstellung von Bike-Gelegenheiten (vgl. Where to Ride, Developing Mountain Biking in Scotland). » E-MTBs sind und bleiben Fahrräder Das E-Bike (i. S. d. Pedelecs, vgl. § 63a StVZO Abs. 2) schafft eine Zugänglichkeit zur Bewegungs- form Radfahren, wie sie keine Infrastruktur bislang schaffen konnte. Eine Beibehaltung der recht- lichen Anerkennung und Gleichstellung als Fahrrad ist unabdingbar für die weitere Marktentwick- lung und muss auch im Betretungsrecht und Naturschutzrecht gesichert bleiben. » Wirtschaftsfaktor „Bike“ wird sichtbarer Biken ist schon jetzt ein relevanter Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Neben seiner hohen Wert- schöpfung trägt er zur Attraktivierung von Standorten bei und schafft es junge Talente auch in ländlicher geprägten Wirtschaftsräumen zu halten. 3
» In der aktuellen Diskussion um Sinn („Purpose“) in Arbeits- und Wirtschaftswelt sowie Nach- haltigkeit übernimmt die Bike-Industrie Verantwortung für den eigenen Markt und dessen Po- tenziale. Dies geschieht auf regionaler und lokaler Ebene durch Sponsoring, Netzwerk, Reichweite und En- gagement. Auf nationaler und europäischer Ebene unterstützt die Bike-Industrie eine strategische und professionelle Marktentwicklung. Säulen der Marktentwicklung Die Projektarbeit bezieht sich auf die drei Säulen Kommunikations- und Pressearbeit, professionelle Netzwerk- und Lobbyarbeit sowie strategische Führung und Projektmanagement. Der Baustein Kom- munikation und Pressearbeit erzielt bereits kurz- und mittelfristig Wirkungen. Im Bereich Netzwerke und Lobby sind messbare Auswirkungen mittelfristig zu erwarten. Eine strategische Führung koordi- niert die Maßnahmen und Entscheidungsprozesse der involvierten Stakeholder langfristig. Für einen angemessenen Druck auf den Pedalen, wird die skizzierte Arbeit mit zwei Vollzeitäquivalen- ten und der Kommunikationsbeauftragung des pressedienst-fahrrad gestartet. Kommunikation und Pressearbeit Das Zielbild bedingt, dass es auf skalierbarer Ebene eine Abbildung der Zielnarrative gibt. Der Fokus richtet sich dabei auf eine prozessorientierte Pressearbeit (durch den pressedienst-fahrrad und tanne9; hier erfolgt eine klare Aufteilung in General Interest sowie Special Interest Rad- und Outdoor- sport). Diese wird durch eine skalierbare Online- und Content-Kampagne flankiert. Beide Maßnahmen sind messbar und immer wieder fein justierbar. Zu den konkreten Zielsetzungen zählen dabei: » Anpassung der dpa-Bilddatenbank hinsicht- » Schaffung einer positiven Öffentlichkeit und lich der dargestellten Bildwelten. Informationen in einer Online- und Content- » Vermittlung des oben genannten Zielbildes. Kampagne. » Kreation von Pressereisen und Ausflügen. » Neben klassischen Print- und Onlinemedien » Erstellung und Umsetzung eines Jahres- Bespielen von reichweitenstarken und ziel- plans mit Fokus auf kritische Zeiten (Som- gruppenrelevanten Multiplikatoren. (vgl. Kai merloch), Zielgruppen- und Medienorientie- Pflaume bei Fabio Wibmer) rung. Netzwerk- und Lobbyarbeit Neben den oben beschriebenen Ausgaben der Kfz-Industrie, haben auch andere Interessengruppen, wie Waldbesitzer, Jagd und Landwirtschaft eine gewachsene und etablierte Lobby und eng verwobe- nen Netzwerke in den Bundesländern, Berlin und Brüssel. Die Fahrradindustrie stellt sich auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau zwar zunehmend besser auf, behandelt das Thema Mountainbike dabei aber – wenn überhaupt – nachrangig. Ziel ist es, mit einer starken Lobbyarbeit in Berlin und den relevanten Landeshauptstädten zu starten. Dazu dienen die Veröffentlichung von Leitlinien, Entschei- dungshilfen und nicht zuletzt intensive persönliche Gespräche. In einem weiteren Schritt wird in Ko- operation mit Verbänden und Initiativen auf EU-Ebene auch in Brüssel ein starkes Netzwerk und eine 4
professionelle Interessenvertretung etabliert. Ziel ist es, sowohl in den Units der Kommission als auch im Parlament gut vernetzt zu sein. Strategische Führung und Projektmanagement Die dritte Säule bildet das strategische Dach für die Arbeit der Kommunikations- und Lobbyarbeit. Im Projektmanagement werden die Presse- und Kommunikationsarbeit koordiniert und Themengebiete gemeinsam erarbeitet. Hier werden Zahlen, Daten und Fakten erforscht, erarbeitet und aufbereitet. Hier werden Kooperationsgespräche mit anderen Verbänden geführt und Leitlinien, zum Beispiel für eine Vereinsarbeit im Breitensport gemeinsam entwickelt. Das Projektmanagement behält den Über- blick über alle Bausteine, Maßnahmen und Zielsetzungen. Es versorgt alle Akteure mit den notwendi- gen Informationen, überprüft Kennzahlen, koordiniert Adaptionen und die Kommunikation innerhalb der Branche zur Marktentwicklung Mountainbike. Verantwortung übernehmen: Die Rolle der Bike-Industrie Die Chancen liegen auf der Hand, die Herausforderungen und mögliche Antworten sind benannt. Ob die Bike-Industrie eine der Gewinnerinnen der nächsten 20 Jahre wird, entscheidet sich auch aufgrund des Grads der Kooperation in der Branche. Selbstverständlich übernimmt jedes Unternehmen weiter individuell Verantwortung für seine eigene Marktstellung. Die Sicherung und Gestaltung der überregionalen, nationalen und europäischen Rah- menbedingungen wird im Verbund mit den weiteren Marktbegleitern gewährleistet. » Budgetärer Beitrag: Ziel 5 bis 10 Prozent der bike-bezogenen Marketing- und Werbeausgaben – größenabhängiger Sockelbetrag von mind. 10.000 EUR (netto) pro Projektpartner Die gemeinsame, langfristige Marktentwicklung bedarf einer monetären Grundausstattung. Jähr- lich 10.000 EUR pro Projektpartner und 150.000 EUR in Summe sichern die Besetzung von zwei Stellen schon zu Beginn des Projekts und eine strategische Ausweitung der bisherigen Tätigkei- ten. Eine sukzessive Steigerung auf das Niveau der Kfz-Industrie (10 Prozent der Werbeausgaben) bezogen auf den Bike-Bereich sichert das Gewicht der Stimme der Branche. » Ressourcen: Vernetzung, Informationen, Streuung von Informationen, konkreter Ansprechpart- ner, 1 Workshoptag pro Jahr Ein gemeinsames Projekt lebt von der gemeinsamen Arbeit und den daraus entstehenden Impul- sen. Durch die Arbeit des Projektteams werden Ressourcen gebündelt und können die gemeinsa- men Ziele effektiver und effizienter erreicht werden. Darüber hinaus wünschen wir uns einen planbaren Ressourceneinsatz bei allen Projektpartnern. Dazu zählen ein intensiver dezentraler Austausch zu Entwicklungen, Zielsetzungen und Kampag- nenverläufen pro Quartal. Ebenso wird die Integration in vorhandene Netzwerke und ein anlass- bezogener gemeinsamer Austausch zur Ideenentwicklung benötigt. Für eine zielgerichtete Kon- zeptarbeit sehen wir einen intensiven Workshoptag im Jahr zusätzlich zum Quartalsaustausch vor. 5
» Lokales Engagement Zahlreiche Firmen der Bike-Industrie engagieren sich bereits auf lokaler Ebene. Dieses Engage- ment ist über alle Maßen zu begrüßen und sollte, wo möglich, intensiviert werden. Im Rahmen der strategischen Arbeit (Säule 3) können dazu Modelle entwickelt werden. Erste Erfolge politischer Aufmerksamkeit Grußworte deutscher Bundesminister zum deutschen Mountainbike-Tourismuskongress: 6
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