Moving Beyond the Feminism and Multiculturalism Debate - Leti Volpp vs Elisabeth Holzleithner
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Kollision von Feminismus und Multikulturalismus • Vorherrschende Meinung, dass eine solche Kollision unausweichlich ist • Bsp: Susan Moller Okin, „Is Multiculturalism Bad For Women?“ (1999)**
Kollision von Feminismus und Multikulturalismus? • Multikulturalismus und Feminismus widmen sich beide der „anti-subordination“ • Häufig jedoch nicht vereinbare Widersprüche im Bereich der Anliegen beider
Unvereinbare Widersprüche • Die These der Unvereinbarkeit geht offenbar davon aus, dass 1. Multikulturalismus für Veränderungen nicht offen ist, und dass 2. Feministische Anliegen im Multikulturalismus keinen Platz haben
Falsche Prämissen der Kollisionsthese • Annahme der leidenden Migrantin („passives Opfer primitiver Traditionen“) • Minderheitenkulturen unterdrücken Frauen und Kinder • Westliche Kulturen sind liberal und haben sich von ihrer ausgesprochen patriarchalen Vergangenheit viel weiter entfernt**
Legitimation von Kritik • Darf nur kritisiert werden, wenn man selber „perfekt“ ist?
Susan Moller Okin
Is Multiculturalism Bad For Women? • Für Frauen aus Minderheitenkulturen, die patriarchaler sind als die umgebende Mehrheitskultur, könnte es besser sein, wenn die Kultur, in die sie hineingeboren worden sind, verschwindet („become extinct“).**
Is Multiculturalism Bad For Women? • Hier kommt der Rest des Zitats ... • ... oder wenn, und das vorzugsweise, die Minderheitenkultur ermutigt wird, sich so zu verändern, dass die Gleichheit von Frauen befördert wird – zumindest so weit wie dieser Wert in der Mehrheitskultur anerkannt wird. (Okin 1999, 23)
Volpp: Nullsummenschlacht • Falsche Wahl: Gleichheit von Frauen oder positive Bewertung der eigenen Kultur • Falsche Annahme: Minderheitenkulturen sind patriarchaler als die umgebende Mehrheitskultur • Falsche Entgegensetzung: Leidende Immigrantenfrau vs befreite westliche Frau
Falscher Ansatz • Tragen diese Entgegensetzungen irgendetwas zur Lösung bei? • Man darf nicht nach den Gegensätzen der beiden Anliegen suchen. • Man muss nach den Vereinbarkeiten suchen.
Verantwortung von Kultur? • Selektive Beschuldigung von Kultur für „schlechtes Betragen“ („bad behavior“) • Befreiung westlicher Frauen abhängig von „aberrant gendered violence“ in Migranten- Communities – „Geht‘s uns gut!“ • Unterdrückung von und Gewalt gegen Frauen werden aus der eigenen Kultur hinaus in fremde Kulturen hinein projiziert.**
„Traditionelle“ Feministinnen • Gegen herrschende Diskurse • Feministinnen haben „fremde Kulturen“ noch nicht so lang entdeckt • Es wurde ihnen vorgehalten, dass sie sie einfach ignorieren • Okin war eine, die ihre eigene Kulturen scharfen Analysen unterzog (z.B. Women in Western Political Thought; Justice, Gender and the Family)
Beispielspolitik • Zwangsheirat von Irakischen Immigranten • Polygamie von Afrikanern in Frankreich (Okin 1999, 18; 10) • Ignoriert: Analoge Praktiken von Mormonischen Splittergruppen (weiße Christen)** • Unfähigkeit, Verhalten der weißen Mehrheit als „kulturell“ wahrzunehmen
Fremdenfeindliche Rhetorik • “... we cannot change our laws to suit the backward, primitive values of some immigrants, or we shall find our country in the same shape as Iraq.“** • „These people should either assimilate or hit the road“**
Die Not der Quelle • Das ist alles nicht von Okin! – das sind Zeitungsartikelzitate • Rhetorischer Schachzug, der eine Stimmung gegen Okin erzeugt
Fazit • „Kulturelle Differenz ist das Terrain der rassischen Minderheit.“ • Wahrnehmung von Kultur und ihre (exklusiven) Trägerinnen, Minderheiten: – Traditionell, aus Heimat importiert – In archaischer Vergangenheit stecken geblieben – Unveränderliche Traditionen verlangen Unterwerfung unter kulturelle Diktate
Erklärung von problematischem irrationalem Verhalten • Kulturell und rassisch markierte Minderheiten: „Kultur“ – („Culture made him/her do it“) • Weiße Mehrheit: Psychologie
2 Fälle von Kindstötung • Andrea Yates, weiße Amerikanerin: – Mutter unter enormem Druck, unabhängig von irgendwelchen kulturellen Gegebenheiten. • Khoua Her, Hmong Immigrantin: – Mitglied der Hmong Community, die es nicht geschafft hat, sich an westliche Werte anzupassen. Geht voll in „ihrer Kultur“ auf.
Kulturbegriff • Inadäquat: Kultur als statische, abgeschlossene Einheit mit eindeutigen, wirkmächtigen Hierarchien • „Distance Theory of Culture“ • ABER: Kultur ist hybrid und umstritten; das Erleben von Kultur unterscheidet sich nach Alter, Geschlecht, Klasse, Rasse, „disability status“, sexuelle Orientierung**
Kulturelle Interventionen • VOR ALLEM wird in jeder Kultur von Outsiders gegen herrschende Normen interveniert • In jeder Kultur gibt es feministische und antifeministische Strömungen • DAHER ist die simple Entgegensetzung von Feminismus und Multikulturalismus falsch
Geschlecht als Terrain von Kultur • Einschränkend ist zuzugeben: • Kultur wird oft über (Geschlechter)Rollen transportiert und tradiert**
Geschlecht als Terrain von Kultur • Wie kann ich Kultur transportieren, wenn nicht über Geschlechterrollen? • Minderheitenkulturen neigen dazu, eine gemeinschaftliche Identität über die Fixierung bestimmter genderspezifischer Traditionen herzustellen
Zugegeben • Kulturen in der Defensive oder in der Diaspora neigen dazu, eine gemeinschaftliche Identität über die Fixierung bestimmter genderspezifischer Traditionen herzustellen • JEDENFALLS greifen Kulturanalyse und Kulturkritik zu kurz
„Kultursprech“ verschleiert ... 1. strukturelle und geopolitische Mächten, die Kultur formen 2. ökonomische Dimensionen 3. emanzipatorische Potenziale der Immigrantinnen selbst 4. Unterdrückung in der und durch die weiße Mehrheitskultur
1. Verschleierung struktureller Macht • Globale Ungleichheiten • Religiöse Fundamentalismen • (Erbe von) Kolonialismus und Rassismus • Transnationales Kapital
Beispiel: Taliban • Exzessiver Fokus auf religiösen Fundamentalismus der Taliban • Ausblendung U.S.-amerikanischer finanzieller und militärischer Zuwendungen an die Taliban • „Feminismus“ als Deckmantel für imperialistische Absichten
Heuchelei • Respect for women [...] can triumph in the Middle East and beyond! (George Bush) • Der Respekt, den Er meint, oder ein „War Against Women“ (New York Times)
2. Unterdrückung jenseits partikularer kultureller Praktiken • Aufmerksamkeit bekommen vor allem jene Themen, bei denen auch relativ privilegierte Frauen verstehen, dass sie ein Problem sind: Einschränkungen von – Bewegungsfreiheit – Bekleidungsfreiheit – Körperliche Integrität – Kontrolle über die eigene Sexualität**
Beispiel: “FGM“ • Nomi Stolzenberg: Die Aufmerksamkeit und das große Interesse für “FGM and its reportedly detrimental effects on sexual pleasure“ mag durchaus die Tatsache reflektieren, dass Frauen in den USA “high rates of sexual dysfunction“ erleben.
Na und? • Empathie speist sich aus vielen Quellen • Unabhängig davon ist FGM ein gravierendes Gesundheitsproblem – Sexuelle Dysfunktion – Verstümmelung – Krankheit, Tod
Beispiel: Burqa • Burqa und Schönheitsindustrie • Feministinnen missbrauchen die Burqa als Symbol der Frauenunterdrückung** – “Afghanistan is Everywhere“ (Eve Ensler) – Augusta National Gold Tournament
Burqa
Burqabefreiung
Wenig Aufmerksamkeit • Verletzungen des Rechts auf – Obdach – Grundversorgung • Gründe – Ökonomische Ungerechtigkeiten – Ausbeutung durch transnationale Korporationen – Rassismus
Global Fund for Women
3. Die leidende Immigrantin • Immigrantinnen im Immigrantenkontexten haben keine „Wahl“, sind bloße Opfer – im Gegensatz zu westlichen Frauen in westlichen Kontexten • Ms. Magazine und der Feminist Majority Fund tun so, als wären sie die ersten, die in Afghanistan feministisch tätig waren und ignorieren zB den Kampf der RAWA**
4. Unterdrückung in der Mehrheitskultur • Verschleierung von Gewalt gegen Frauen in den USA, von Privat und vom Staat • Verschleierung von Gewalt und Unterdrückung durch den Westen • Bsp.: Islamische CEDAW-Vorbehalte und USA – „Sacred Law“ • Negativbild der „anderen“ Frau wird als Spiegel eigenen Fortschritts missbraucht**
Weiterschreiten • „West is Best“** führt zu defensiven Reaktionen – spielt in die Hände von jenen, die Frauen unterdrückendes Verhalten im Namen eines „nationalen Kulturalismus“ verteidigen – Widerstand gegen Kolonialismus und Imperialismus wird über das Einfrieren solcher „Traditionen“ geübt
Was zu wenig ist • Schlichte Gegenüberstellung – Behauptung, dass Immigrantinnen vor ihren devianten Herkunftskulturen geschützt werden müssen, die eine Gefahr für „unsere“ Ideen darstellen** – Erwiderung, dass dieses Statement eurozentrisch oder imperialistisch ist
Was zu wenig ist • Für wen ist es zu wenig? • Was ist, wenn die Minderheitskultur wirklich zur Bedrohung der liberalen Mehrheitskultur wird?
Was nicht gefragt ist • ob, abstrakt gesprochen, „Gruppenrechte“ respektiert werden sollen oder nicht • die Frage ist zu eng formuliert – sie müsste lauten: „Welche Gruppenrechte respektiert werden können und unter welchen Umständen“
Was gefragt ist: • Ob Rechtfertigungen für Praktiken, die auf „Kultur“ basieren, unterstützt werden sollen • Abhängig davon, ob diese Rechtfertigungen zu Unterdrückung führen oder sie bekämpfen
Was wir brauchen • Eine sorgfältige(re) Befassung mit den Partikularitäten der Beziehungen von Frauen zu bestimmten Patriarchaten im Kontext geopolitischer und ökonomischer Verhältnisse • Prämisse: alle Kulturen, auch unsere eigene, sind patriarchal, nicht mehr oder weniger, sondern verschieden patriarchal
Parameter des Patriarchats • Es gibt sie! – 1. – 2. – 3. – 4. – 5. – 6. – 7.
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