MRSA bei Beschäftigten im Gesundheitswesen
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www.bgw-online.de MRSA bei Beschäftigten im Gesundheitswesen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung bei MRSA Jörg Schudmann, Geschäftsführer der Bezirksverwaltung Bochum der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Universitätsstraße 78 44789 Bochum
www.bgw-online.de Gliederung • Zahlen und Daten • Leistungsgrundsätze • Berufskrankheit und MRSA • § 3 Berufskrankheitenverordnung bei MRSA
www.bgw-online.de Verdachtsmeldungen MRSA bei der BGW Erfassungsjahr Erkrankung 2008 2009 2010 2011 2012 MRSA (einschl. 220 230 131 166 182 ORSA)
www.bgw-online.de BGW-Anerkennungen Hep. B/C und MRSA BK-Schlüssel 2011 2012 1 - Neue BK-Rente 26 34 310131/32 - Hepatitis B/C 2 - Anerkannte BK ohne Rente 27 28 Gesamt 53 (139 Anz. ) 62 (134 Anz.) 1 - Neue BK-Rente 3 1 310190/91 - MRSA (einschl. ORSA) 2 - Anerkannte BK ohne Rente 6 8 Gesamt 9 (52 m. Anz.) 9 (60 m.Anz.)
www.bgw-online.de Leistungsgrundsätze Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung Zweige der Sozialversicherung gesetzliche gesetzliche gesetzliche gesetzliche Arbeitslosen- Krankenversicherung Unfallversicherung Rentenversicherung Pflegeversicherung versicherung SGB V SGB VII SGB VI SGB XI SGB III Arbeitgeber allein beitrags- pflichtig Grund: Ablösung Unternehmer- haftpflicht für „Betriebsgefahren“ unter Wahrung des Betriebsfriedens 8
www.bgw-online.de Leistungsgrundsätze - generelle Leistungsvoraussetzungen • Leistungen nur bei Eintritt besonderer Risiken = dem Unternehmen zuzurechnenden Leistung verschuldensunabhängig Nur bestimmte Tätigkeiten sind versichert (Finalität) Nur bestimmte Ursachen von Körperschäden oder Krankheiten sind versichert (Kausalität) Nachweis von Tätigkeiten und Ursachen erforderlich (Sondersystem) • Allgemein: Gesetzesvorbehalt = Leistungen nur aufgrund Gesetz (§ 31 SGBI) Aber: Präventionsauftrag ohne Leistungen geht weiter
www.bgw-online.de Leistungsgrundsätze Beweisanforderungen gesetzl. UV Tatsachen (auch Befunde): Vollbeweis = keine Zweifel, volle Überzeugung Ursachenzusammenhang: Wahrscheinlichkeit = es spricht mehr dafür als dagegen, Beweislosigkeit: nicht feststellbar = Beweislast i.d.R. beim Verletzten, da Anspruch nicht bewiesen
www.bgw-online.de Leistungsgrundsätze Versicherungsfälle gesetzliche UV § 7 SGB VII Begriff (1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. (2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus. 11
www.bgw-online.de Leistungsgrundsätze Arbeitsunfall - § 8 SGB VII Haftungsbegründende Kausalität: Gesundheitsschaden durch Unfall (+) Versicherte Tätigkeit (+) Unfallkausalität Unfall infolge versicherter Tätigkeit (+) Haftungsausfüllende Kausalität Folgeschaden Auch Komplikationen durch nosokomiale Infektionen bei der Heilbehandlung 12
www.bgw-online.de Definition Berufskrankheiten - § 8 SGB VII • Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheit bezeichnet und • die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit (z.B. als Beschäftigte) erleiden. • Welche Krankheiten werden bezeichnet? • die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, • denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind 13
www.bgw-online.de Berufskrankheit im Zusammenhang mit MRSA Auszug aus der geltende Berufskrankheitenliste - Stand11.06.2009 – (Anlage zur Berufskrankheitenverordnung 3. Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten 3101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch andere Tätigkeiten der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt ist 14
www.bgw-online.de Voraussetzung Anerkennung BK durch MRSA (1) Voller Nachweis einer Infektionskrankheit • Infektion = Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus (Definition nach § 2 Nr. 2 IfSG) • Krankheit = regelwidriger physischer oder psychischer Zustand • z.B. MRSA-assoziierte Infektionen oder Superinfektion an offenen Haustellen, im Bereich der Harnwege, des Mittelohres oder der Gelenke • Keine Infektionskrankheit • Kolonisation auf Haut oder Schleimhäuten des Nasen-Rachenraums (keine Infektion und als Bestandteil der physiologischen Hautflora kein regelwidriger Zustand) • Quasi „nur“ Verschmutzung der Haut • selbst wenn nach RKI-Empfehlung während der Sanierung keine patientennahen Tätigkeiten ausgeübt werden sollen oder das Gesundheitsamt ein Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG aussprechen kann
www.bgw-online.de Voraussetzung Anerkennung BK durch MRSA (2) Berufsbedingte Infektion durch Nachweis einer besonderen Infektionsgefahr (BSG vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R) • Nachweis einer geeigneten Kontaktperson bei übertragungsgefährdender Tätigkeit möglich durch Dokumentation und durch Vergleich der Resistenzmuster (Antibio-/Resistogramme) • Falls keine Kontaktquelle feststellbar: • gefährdende Tätigkeiten, spezifischen Übertragungsweg, Verbreitungs- grad des konkreten Erregers und außerberufliche Risiken würdigen* Anerkennung auch ohne Indexperson möglich; • offen: Entwicklung von caMRSA ** • Potentieller Übertragungszeitpunkt und Manifestation einer Infektion plausibel • Haamann et al. sehen aufgrund der epidemiologischen Daten ein generell erhöhtes Infektionsrisiko für BIG nicht, ASU 46.10; 2011 ** CA-MRSA sind durch molekulare Charakteristika von HA-MRSA unterscheidbar (Köck et al.,Dtsch. Arztebl. Int 2011; 108(45)
www.bgw-online.de MRSA als BK – Einwirkungs- und haftungsausfüllende Kausalität Zusammenhangsschema innerer ursächlicher ursächlicher ursächlicher Zusammenhang Zusammenhang Zusammenhang Zusammenhang Versicherungs- Tätigkeit bei der Äußere (Erst-) (Folge-) schutztatbestand äußeren Einwirkung (§§ 2, 3, 6 SGB VII) schaden schaden. Einwirkung (zeitlich nicht = vers. Person begrenzt) = z.B. Krankheit Organ- schaden Versicherungsfall Berufskrankheit Entschädigungsumfang (BK-Folgen) Die Leistungen beziehen sich nur auf die Infektion und deren Folgen. 17
www.bgw-online.de Leistungen ohne Versicherungsfall Auszug aus § 3 Abs. 1 Berufskrankheitenverordnung (BKV) Maßnahmen gegen Berufskrankheiten (1) Besteht für Versicherte die Gefahr, dass eine Berufskrankheit entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert, haben die Unfallversicherungsträger dieser Gefahr mit allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken. Ist die Gefahr gleichwohl nicht zu beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen…
www.bgw-online.de Aktuelle Rechtsprechung zur Gefahr einer BK Gefahr der Entstehung einer BK bedeutet gemäß Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22.03.2011 (B 2 U 4/10 R zu Atemwegserkrank.): • nach medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnis entsteht voraussichtlich eine Krankheit, • die in einem BK-Tatbestand umschrieben ist, • die alle übrige Voraussetzungen des BK-Tatbestandes erfüllen wird, • die noch nicht dem vollen Krankheitsbild der BK entspricht und • bei der aber bereits erste Krankheitssymptome vorliegen Ähnlich BSG vom 12.01.2010 (B 2 U 33/08 R zu WS-Erkrankung): • erhöhtes Risiko einer Schädigung für den Versicherten • Risiko- und hypothetische Kausalitätsprognose unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände und der arbeitsmedizinischen Erkenntnisse • abstrakte Gefahr reicht nicht, sondern konkret individuell
www.bgw-online.de Zur Anwendung § 3 BKV bei MRSA-Kolonisierung (1) • Bisher keine Rechtsprechung zur Anwendung des § 3 BKV bei MRSA-Kolonisierung • Nachweis der tatsächlichen Grundlagen einer Entscheidung über Leistungen des Unfallversicherungsträgers nach § 3 BKV erforderlich, einschließlich des Nachweises erster Krankheitssymptome oder einer Gesundheitsstörung im Hinblick auf eine Berufskrankheit 3101. • Ohne diesen Nachweis keine konkret individuelle Gefahr des Entstehens einer Berufskrankheit und daher keine Leistung nach § 3 BKV
www.bgw-online.de Zur Anwendung § 3 BKV bei MRSA-Kolonisierung (2) einige offene Fragen • Wie ist der aktuelle medizinisch-wissenschaftlich Erkenntnisstand hinsichtlich MRSA-positiver Beschäftigter im Gesundheitswesen und deren Gefährdung, an MRSA-assoziierten Infektion zu erkranken?* • Inwieweit ist zur Quantifizierung etwaiger Risiken zwischen passageren und dauerhaften Besiedelungen und deren Intensität zu unterscheiden und wie werden diese nach herrschender Meinung oder Leitlinie voneinander abgegrenzt? ** • Welche Erkenntnisse liegen vor oder können gewonnen werden, um unter den Beschäftigten mit MRSA-Befund besondere Risikogruppen abgrenzbar zu identifizieren und möglicherweise eine Gesundheitsstörung im Hinblick auf eine BK aufzuzeigen? * Nienhaus verweist auf eine Literaturschätzung mit durchschnittlich 5 % Prävalenz, ASU 48, 197; 2013 ** vgl. Nienhaus, a.a.O., dem zufolge diese Unterscheidung allgemeingültig bisher nicht vorliegt.
www.bgw-online.de Zwei Schlussbemerkungen 1. Etwaige Leistungen der BGW bei MRSA-Besiedelung ohne konkrete Infektion berühren die Schnittstelle zwischen − sekundärer Individualprävention nach § 3 BKV − Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für den primären Arbeits- und Gesundheitsschutz seiner Beschäftigten − Verantwortlichkeit des Trägers für den Patientenschutz − Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsschutzes nach IfSG. Antworten auf offene Fragen auch unter Berücksichtigung dieser Schnittstellen bewerten 2. Bei Berufsdermatosen ggf. MRSA-Sanierung im Rahmen des Hautarztverfahrens
www.bgw-online.de Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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