MS: die wichtigsten Fakten - Schweizerische Multiple Sklerose ...
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MS: die wichtigsten Fakten Die Multiple Sklerose ist eine chronisch fortschreitende, neurologische Erkrankung. Sie äussert sich bei jedem Menschen anders und kann viele Lebensbereiche beein- flussen. Hier finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen zur Multiplen Sklerose und zum Leben mit der Krankheit. steuert, die Nervenimpulse an die entsprechen- Das Wichtigste in Kürze den Stellen senden. Umgekehrt schicken unsere Sinnesorgane Signale von aussen ins Gehirn, wo – MS ist eine chronische und fortschreiten- diese Information verarbeitet wird. Alle diese Nervenimpulse wandern entlang der Nervenfa- de Erkrankung. sern, die von einer dicken Isolierschicht (Myelin) – Die genauen Ursachen sind bisher unbe- umhüllt sind – ähnlich wie bei einem Stromka- kannt. bel. Das Myelin ist verantwortlich dafür, dass – Bisher ist keine Therapie zur Heilung be- Signale im Nervensystem schnell und wirksam übertragen werden. kannt. – Medikamente können den Krankheitsver- lauf mildern. Wie entsteht MS? Die Multiple Sklerose greift zum einen das My- elin an. Diese Isolierschicht wird irrtümlicher- Um zu verstehen, wie Multiple Sklerose (MS) weise vom eigenen Immunsystem attackiert den Körper beeinträchtigt, braucht es ein wenig und abgebaut (Demyelinisierung). Konkret biologisches Vorwissen: Das zentrale Nerven- passiert Folgendes: Fehlgesteuerte Zellen des system (ZNS) des Menschen besteht aus Gehirn, Immunsystems, die im Normalfall Viren und Sehnerv und Rückenmark. Unsere Körperteile Bakterien bekämpfen, durchdringen die Wände und Organe werden von den Gehirnzellen ge- der Blutgefässe im Gehirn und treten so ins Ge- MS–Info
webe und ins Rückenmark ein. Dort verursachen –Blasen- oder Sexualstörungen sie lokale Entzündungsherde und zerstören die –Koordinationsstörungen in Armen und Beinen Myelinschicht (Autoimmunvorgang). Zum an- –Probleme bei der kognitiven Leistungsfähig- deren kommt es durch MS auch zu einem Abbau keit (z. B. Konzentrationsstörungen) von Nervenfasern (Axone) und -zellen, weshalb –Depression und andere psychische Symptome Impulse nur noch reduziert oder gar nicht mehr –Schmerzen weitergleitet werden. Welche Beschwerden dadurch auftreten, hängt Wie wird MS diagnostiziert? davon ab, wo im ZNS die akuten Entzündungs- herde oder Narben liegen. Darum zeigt sich Mul- Es gibt keinen einzelnen Test, der MS nachwei- tiple Sklerose bei jeder Person anders. sen kann. Der Neurologe muss verschiedene Untersuchungen durchführen, um eine Diag- nose stellen zu können. Die Schilderung Ihrer Welche Beschwerden verursacht MS? Symptome ist dabei genauso wichtig wie die Resultate der körperlichen und technischen Un- Bei MS gibt es keine typischen Symptome, die tersuchungen. Bei Verdacht auf MS gehört eine ausschliesslich für diese Erkrankung stehen. Magnetresonanztomographie (MRI) zwingend Die Erstbeschwerden sind sehr unterschiedlich dazu. So können minimale Veränderungen in und treten oft überraschend innerhalb weniger Gehirn und im Rückenmark, die durch Entzün- Stunden oder Tage auf. Oft sind es Seh- oder dungen verursacht wurden, sichtbar gemacht Gefühlsstörungen (z. B. Taubheit oder Kribbeln werden. Um den Verdacht einer MS-Diagnose zu in Armen und Beinen). Im weiteren Verlauf der erhärten, wird eine Untersuchung der Hirn- und Erkrankung können unterschiedliche Beschwer- Rückenmarksflüssigkeit (Liquoranalyse) veran- den dazukommen, aber auch wieder verschwin- lasst. Diese Flüssigkeit entnimmt man mit einer den. Menge und Intensität dieser Symptome feinen Nadel im unteren Bereich der Wirbelsäu- sind je nach Person komplett unterschiedlich. le (Lumbalpunktion). Bei MS-Betroffenen zeigt Die häufigsten Beschwerden sind: diese Flüssigkeit Veränderungen, die auf Ent- zündungsvorgänge im zentralen Nervensystem –Sehstörungen, Doppelbilder deuten. Gleichzeitig können so andere Krank- –Gleichgewichts- und Gehstörungen heiten wie z.B. Borreliose ausgeschlossen wer- –Gefühlsstörungen den. Mit der Elektrodiagnostik (evozierte Poten- –Muskelverkrampfungen (Spastik) tiale) misst man zusätzlich, ob Nerven wie der –Müdigkeit (Fatigue) Sehnerv die Nervenimpulse noch gleich schnell –Schwache Arme und Beine weiterleitet, oder ob er in der Vergangenheit be- reits unbemerkt von einer Entzündung betroffen war. Wie verläuft MS? Auch wenn die Krankheitsbilder sehr unter- schiedlich sind, erleben die meisten Betroffenen am Anfang sogenannte MS-Schübe. Das sind akute Phasen mit neuen oder stärker werden- den Symptomen, die nach Tagen, Wochen oder Monaten wieder teilweise oder vollständig ver- schwinden. Bei dieser schubförmigen MS ver- hält sich die Krankheit zwischen den Schüben ruhig. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen geht der schubförmige Verlauf nach mehreren Jahren in ein nächstes Stadium über, in die sekundär- progrediente (fortschreitende) MS-Form. In die- ser Phase verschlechtert sich der Zustand der MS–Info
betroffenen Person auch zwischen den Schüben nannten primär-progredienten MS sind häufiger zunehmend. Nur etwa 10% der MS-Betroffenen Männer betroffen. haben bereits von Krankheitsbeginn an keine klar abgrenzbaren Schübe, sondern langsam Man unterscheidet bei MS zwischen diesen Ver- erlaufsformen Verlaufsformen der MS der MS zunehmende Beschwerden. Von dieser soge- laufsformen: remittierend remittierend remittierend remittierend Beeinträchtigung Beeinträchtigung Beeinträchtigung Beeinträchtigung Schubförmig Schubförmig (RRMS) (RRMS) Jahre Jahre Jahre Jahre Beeinträchtigung Beeinträchtigung Beeinträchtigung Beeinträchtigung Sekundär-chronisch Sekundär-chronisch progredient (SPMS) progredient (SPMS) Jahre Jahre Jahre Jahre Beeinträchtigung Beeinträchtigung Beeinträchtigung Beeinträchtigung Primär-chronisch Primär-chronisch progredient progredient (PPMS) (PPMS) Jahre Jahre Jahre Jahre Legende –CIS (KIS) = klinisch isoliertes Syndrom (keine bestätigte MS-Diagnose) –RRMS = schubförmige MS oder schubförmig remittierende MS –SPMS = sekundär chronisch progrediente MS –PPMS = primär chronisch progrediente MS Wie sieht die Zukunft aus? Ist MS vererbbar? MS-Betroffene müssen lernen, mit Unsicherhei- Trotz intensiver Forschung sind die genauen ten zu leben. Selbst Fachärzte können den indi- Ursachen für Multiple Sklerose bisher nicht be- viduellen Krankheitsverlauf nicht vorhersagen. kannt. Man nimmt an, dass zwei Dinge aufein- Klar ist aber, dass MS die Lebensdauer kaum andertreffen: Faktoren aus der Umwelt (Viren, verkürzt. Bakterien etc.) und Menschen mit einer emp- Längerfristig hat etwa jeder fünfte MS-Betrof- fänglichen genetischen Veranlagung, deren Im- fene einen milden Verlauf, der selbst nach zehn munsystem stärker reagiert. Es passiert sehr Jahren kaum Einschränkungen mit sich bringt. selten, dass sich MS-Erkrankungen innerhalb Drei Viertel der Betroffenen sind auch nach Jah- einer Familie häufen. MS ist keine eigentliche ren noch in der Lage, ihr Leben selbstständig Erbkrankheit, da nur die Veranlagung vererbt und weitgehend ohne Hilfsmittel zu führen. Nur wird. Kinder und Geschwister von MS-Betroffe- knapp die Hälfte aller Betroffenen ist im Verlauf nen haben ein minim höheres Risiko, auch zu er- der Krankheit überhaupt auf einen Rollstuhl an- kranken (2–5%). Deshalb und aus medizinischer gewiesen. Sicht spricht grundsätzlich nichts dagegen, trotz Multipler Sklerose Kinder zu haben. MS–Info
Wer bekommt MS? (aHSCT): Sie ist am Universitätsspital Zürich im Rahmen einer Registerstudie zugelassen und er- Die Krankheit beginnt meist im Erwachsenen- gänzt das Spektrum der MS-Behandlungen. Das alter, zwischen dem 20. und dem 40. Lebens- Verfahren wird wegen der Risiken nur in Einzel- jahr. Selten bei Kindern und älteren Menschen. fällen angewendet. Bei dieser Therapie beseitigt Frauen sind mehr als doppelt so häufig von MS man das zu stark reagierende Immunsystem, betroffen als Männer. Der Grund dafür ist nicht um danach aus körpereigenen Blutstammzellen bekannt – ob hormonelle Einflüsse damit zu tun ein neues aufzubauen. Man erwartet, dass das haben, wird derzeit untersucht. Immunsystem danach keine Autoimmunreakti- on mehr aufweist. Welche Behandlung bei jeder MS kommt in Mittel- und Nordeuropa häufiger und jedem Einzelnen Sinn macht, wird je nach vor, in Südeuropa und Afrika seltener. Die Ursa- Krankheitsverlauf gemeinsam vom Facharzt che für diese Unterschiede sind ebenfalls noch und der betroffenen Person entschieden. nicht erforscht. Im deutschsprachigen Raum sind von 1’000 Menschen einer bis zwei betrof- fen. In der Schweiz wird täglich etwa eine Neu- Behandlung der akuten Phase diagnose gestellt. Ein akuter MS-Schub wird standardmässig mit Kortison behandelt. So klingen Entzündungs- MS in Stichworten herde und Beschwerden schneller ab. Kortison wird während weniger Tage in hohen, einzel- –Entzündliche Erkrankung des zentralen Ner- nen Dosen verabreicht – entweder als Infusion vensystems (Gehirn, Rückenmark, Sehnerv) (beim Arzt oder in der Klinik) oder als Tabletten. –Eigenes Immunsystem beschädigt Nervenhül- So können Langzeitnebenwirkungen verhindert len und Nervenfasern werden. Diese Behandlung wird allgemein gut –Verlauf in Schüben und / oder kontinuierlich vertragen. Ob ein Schub oder eine Verschlechte- fortschreitend rung mit Kortison behandelt werden soll, müs- –Diagnose meistens zwischen dem 20. und 40. sen Sie in Absprache mit Ihrem Arzt entschei- Lebensjahr den. Wenn Ihre körperlichen und psychischen –Bei Frauen häufiger (ca. 60% aller Diagnosen) Beschwerden eher schwach sind und Sie im All- –Vielfältige Symptome tag nur wenig einschränken, ist Kortison kein –Keine psychische Erkrankung Muss. –Bisher nicht heilbar –Medikamente können den Krankheitsverlauf mildern Behandlung der Symptome Einzelne Beschwerden können teilweise recht Ist MS heilbar? gut behandelt werden. Es lohnt sich, die thera- peutischen Möglichkeiten auszuschöpfen und Bisher ist keine Therapie bekannt, die MS hei- Geduld zu haben, bis die richtige Therapie für len kann. Es gibt jedoch Medikamente, die den Ihre individuellen Symptome gefunden ist. Be- Verlauf bremsen. Alle Medikamente, die zur Be- schwerden wie Spastik, Blasen- und Darmstö- handlung von MS eingesetzt werden, regulieren rungen, Depressionen oder Schmerzen können oder hemmen Entzündungen im zentralen Ner- häufig symptomatisch behandelt werden. In der vensystem. Bei einer schubförmigen MS redu- Regel ist der Hausarzt der erste Ansprechpart- zieren diese Wirkstoffe die Anzahl neuer Schübe ner dafür. Er wird Sie wenn nötig an Fachärzte und verlangsamen die Zunahme der Behinde- oder spezialisierte Zentren verweisen. rung. Zur Behandlung der primär progredienten Verlaufsform gibt es ein Medikament, das dafür sorgt, dass sich der Zustand der betroffenen Per- Rehabilitation son langsamer verschlechtert. Studien haben gezeigt, dass MS-Therapien am besten direkt Ein umfassendes Behandlungskonzept für MS nach dem ersten Schub beginnen. Ein Spezial- beinhaltet auch die Rehabilitation. Diese Mass- fall ist die autologe Stammzelltransplantation nahmen können entweder ambulant zu Hause MS–Info
(Physiotherapie, Ergotherapie) oder stationär Die Schweizerische Multiple Sklerose Gesell- (z. B. in einem mehrwöchigen Klinikaufenthalt) schaft informiert Betroffene und Angehörige stattfinden. Ziel jeder Massnahme ist es, die über die Erkrankung, Auswirkungen, Behand- Fähigkeiten und die Selbstständigkeit der MS- lungsmöglichkeiten und wie man damit umge- betroffenen Person so lange wie möglich zu er- hen kann. Wenden Sie sich an die MS-Infoline halten und für den Alltag zu fördern. Denn diese für eine kostenlose Beratung. Erfolge steigern die Lebensqualität. Wichtig zu wissen Komplementärmedizin bei MS –MS ist nicht ansteckend. Etwa drei Viertel der MS-Betroffenen setzen ne- –MS ist keine eigentliche Erbkrankheit. ben der Schulmedizin auch auf Therapien aus –Weniger als 50% der Betroffenen sind im der Komplementärmedizin. Beide Formen ha- Krankheitsverlauf auf einen Rollstuhl angewie- ben ihre Berechtigung, ein Mit- oder Nebenein- sen. ander ist durchaus möglich. –Die Lebenserwartung verkürzt sich kaum. –Viele Betroffene arbeiten, treiben Sport und reisen. Forschung lässt hoffen –Mit MS kann man schwanger werden und Kin- der haben. Weltweit arbeiten zahlreiche Forschergruppen –Strategien zur Stressbewältigung und zur Ent- daran, die Hintergründe der MS besser zu ver- spannung sind hilfreich. stehen, um zielgerichtete und wirksame Thera- –Es gibt keine MS-Diät. Eine ausgewogene, ge- pien entwickeln zu können. Ziel ist es, künftig sunde Ernährung ist sinnvoll. die Myelinschicht aufzubauen und die Nerven –Rauchen beeinflusst den Verlauf der MS un- zu schützen. Schon in naher Zukunft sollen Me- günstig. dikamente zur Verfügung stehen, die MS effizi- –Gute Strategien zur Krankheitsbewältigung enter bremsen. verbessern die Lebensqualität. Diagnose MS – und jetzt? Durch die Diagnose MS werden die eigenen Le- benspläne oft grundlegend infrage gestellt. Vie- le Betroffene erleben die Diagnosestellung als Schock. Es braucht Zeit, um mit der neuen Si- tuation umgehen zu können. Auch Angehörige sind von der MS mitbetroffen und erleben das Auf und Ab hautnah mit. Möglicherweise stellen sich plötzlich Fragen zur beruflichen oder fami- MS-Infoline liären Situation, Zukunftsperspektiven müssen neu überdacht werden. Es ist nicht einfach, die 0844 674 636 Mo – Fr von 9.00 bis 13.00 Uhr Erkrankung in den Alltag miteinzubeziehen und die mit der MS verbundene Ungewissheit auszu- halten. 08/2021 Schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft Josefstrasse 129, Postfach, 8031 Zürich T 043 444 43 43, PK 80-8274-9 info@multiplesklerose.ch, multiplesklerose.ch
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