Nachhaltiges Wassermanagement in Südtirol wo wird mehr Effizienz nötig?

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      Nachhaltiges Wassermanagement in Südtirol −
             wo wird mehr Effizienz nötig?
               Uta SCHIRPKE, Roberta BOTTARIN und Ulrike TAPPEINER

      Dieser Beitrag wurde nach Begutachtung durch das Programmkomitee als „reviewed paper“
                                          angenommen.

Zusammenfassung
Klimatische Veränderungen haben weitreichende Auswirkungen auf Ökosysteme in Berg-
gebieten, besonders auf den Wasserkreislauf und folglich auf die abhängigen Ökosystem-
dienstleistungen. Besonders bei der landwirtschaftlichen Produktion spielen das Klima und
die Wasserverfügbarkeit eine entscheidende Rolle. Für die Region Südtirol (Italien), die in
den Zentralalpen liegt, wurden in dieser Studie die klimatischen Bedingungen im Zusam-
menhang mit der Landwirtschaft auf regionaler Einzugsgebietsebene untersucht. Für die
letzten 20 Jahre wurde die zeitliche und räumliche Verteilung der Niederschlagsmengen
während der Vegetationsperiode analysiert. Aufgrund der Landbedeckung treten regionale
Unterschiede der potenziellen Verdunstung auf. In einigen Einzugsgebieten mit intensivem
Obst- und Weinanbau, vor allem in tieferen Lagen der südlichen Landesteile, ist daher die
Landwirtschaft auf Bewässerung angewiesen. Angesichts der Auswirkungen des Klima-
wandels werden diese Gebiete in Zukunft noch verstärkt von den Wasserressourcen der
höher gelegenen Einzugsgebiete abhängen. Daher werden ein effizienteres Wasserma-
nagement und zunehmend regulierende Maßnahmen notwendig werden, um die landwirt-
schaftliche Produktion sicherzustellen und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung der
gesamten Region zu fördern.

1      Hintergrund
1.1    Ökosystemdienstleistungen und Landwirtschaft
Ökosysteme bilden die Grundlage menschlichen Lebens und stellen Güter und Leistungen
für das Wohlergehen des Menschen und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung bereit
(MA 2005). Einerseits ermöglichen sie durch ihre verschiedenen ökologischen Funktionen
die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte. Andererseits beeinflusst die Landwirtschaft
Landschaftsstruktur und ökologische Funktionen, wodurch verschiedene Ökosystemdienst-
leistungen beeinflusst werden, wie beispielsweise Biodiversität, Klima, Wasser- und Nähr-
stoffhaushalt, Landschaftsstruktur (GORDON et al. 2010). Um verschiedene Ökosystem-
dienstleistungen zu erhalten, sind das Verständnis ökologischer Funktionen (KREMEN 2005)
und ein entsprechendes Management notwendig (FOLEY et al. 2005). Besonders wichtig für
die landwirtschaftliche Produktion ist die Wasserverfügbarkeit während der Vegetationspe-
riode (GRASHEY-JANSEN 2010), die größtenteils von den klimatischen Verhältnissen, der
Niederschlagsmenge sowie deren zeitlichen und räumlichen Verteilung abhängig ist. Ange-

Strobl, J., Blaschke, T. & Griesebner, G. (Hrsg.) (2012): Angewandte Geoinformatik 2012.
© Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-520-1.
Nachhaltiges Wassermanagement in Südtirol – wo wird mehr Effizienz nötig?      525

sichts der Auswirkungen des Klimawandels können immer öfter Differenzen zwischen
Niederschlägen und dem Wasserbedarf der Kulturen entstehen.

1.2   Untersuchungsgebiet Südtirol
Südtirol ist mit einer Fläche von 7.400 km² die nördlichste Provinz Italiens und liegt in den
Zentralalpen südlich des Alpenhauptkamms. Die Höhe über dem Meeresspiegel reicht von
194 m bis 3.893 m, wobei etwa 40 % der Fläche über 2.000 m liegen. Hohe Gebirgsketten
beeinflussen maßgeblich das Klima und die Niederschläge. Im Norden des Landes bilden
die Ötztaler, Stubaier und Zillertaler Alpen sowie die Hohen Tauern eine Barriere, während
die Dolomiten und das Ortler-Cevedale-Massiv hingegen teilweise die Feuchtluftmassen
vom Mittelmeerraum abblocken und die Niederschläge verringern. Zusätzlich sind das
Eisacktal, das Sarntal und das Passeiertal als Quertäler transversal zur Hauptrichtung der
Gebirgskämme ausgerichtet. Diese abgeschirmte Lage führt dazu, dass die Niederschlags-
mengen spürbar geringer sind im Vergleich zu denen umliegender Gebiete und die jährliche
Niederschlagsmenge nur selten die mittlere Niederschlagsmenge von 1.000 mm übersteigt.
Vor allem der Westen Südtirols mit 400 bis 600 mm Niederschlag pro Jahr zählt zu den
trockensten Tälern des gesamten Alpenraums.
Die bevorzugte klimatische Lage auf der Alpensüdseite ermöglicht eine intensive landwirt-
schaftliche Nutzung. Die landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt 2.674 km² (ASTAT 2010).
Aufgrund der topographischen Gegebenheiten dominieren im Talboden intensive Apfel-
und Weinplantagen (Gesamtfläche 233 km², davon 77 % Apfelanbau und 21 % Weinanbau
(ASTAT 2010)), während für die Regionen über 900 m ü. NN Grünlandwirtschaft und
Viehhaltung charakteristisch sind. In Südtirol ist für den Obst- und Weinbau sowie den
Gemüseanbau Bewässerung notwendig. In den trockeneren Gebieten werden, wenn mög-
lich, auch Grünlandflächen bewässert. Die Bewässerung erfolgt entweder mittels offener
Waale, Oberkronen- oder Tropfberegnung sowie mittels Tiefbrunnen im Etschtal südlich
von Meran. In der gesamten Provinz Bozen wird eine Fläche von ca. 56.000 Hektar bewäs-
sert, wobei der durchschnittliche Wasserbedarf in einer Vegetationsperiode einer Nieder-
schlagsmenge von 300 mm entspricht. Daher liegt der geschätzte jährliche Gesamtbedarf
für Bewässerung ca. 170 Mio. m³ Wasser (AUTONOME PROVINZ BOZEN 2010).

2     GIS-Modell
2.1   Datengrundlage und Konzept
In dieser Studie wurden die klimatisch-hydrologischen Bedingungen auf regionaler Ein-
zugsgebietsebene im Zusammenhang mit der Landnutzung untersucht. Dazu wurde die
räumliche und zeitliche Niederschlagsverteilung während der Vegetationsperiode der letz-
ten 20 Jahre analysiert. Basierend auf der aktuellen Landnutzung wurde für jedes Einzugs-
gebiet die potenzielle Verdunstung ermittelt und der Niederschlagsmenge gegenüberge-
stellt. Es wurden vier Indikatoren berechnet: Niederschlag, potenzielle Verdunstung, Häu-
figkeit einer negativen klimatischen Wasserbilanz und Flächenanteil von Intensivkulturen.
Die klassifizierten Indikatoren wurden zu einem Index zusammengefasst, aufgrund dessen
die Einzugsgebiete nach ihrer Effizienz im Wassermanagement und zur Ertragssicherung
im landwirtschaftlichen Sektor abgeschätzt werden können (Ablaufschema siehe Abb. 1).
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      Gemessener
                             DGM                                         Landnutzung
      Niederschlag

                                                     ET-Rate

                                                  Vegetations-
                                                     tage

                                                    Korrektur-
                                                   faktor (α, φ)

            Interpolierter      Häufigkeit          Potentielle          Fläche Obst-
            Niederschlag        Trockenheit        Verdunstung            u. Weinbau

                                          Einzugsgebiete                     Index

Abb. 1:    Datengrundlage und Berechnung der Indikatoren, die auf Einzugsgebietsebene
           zu einem Index zusammengefasst werden

Die Abgrenzung der Einzugsgebiete sowie die Berechnung der Indikatoren erfolgte im
ArcGIS auf Rasterdatensätzen mit einer räumlichen Auflösung von 20 m. Die gemessenen
Niederschlagsdaten sowie sämtliche GIS-Basisdatensätze (DGM, Gewässernetz, Realnut-
zungskarte) wurden von der autonomen Provinz Bozen-Südtirol bereitgestellt.

2.2    Wassereinzugsgebiete
Für die regionalen Wassereinzugsgebiete wurde eine Fläche von mindestens 50 km² festge-
setzt. Die Abgrenzung der Wassereinzugsgebiete erfolgte auf Grundlage des digitalen Ge-
ländemodells (DGM) und des Gewässernetzes. Unterirdische Abflüsse konnten dabei nicht
berücksichtig werden. Zuerst wurde ein hydrologisch korrektes DGM erzeugt, wobei ab-
flusslose Senken in dem Höhenmodell aufgefüllt wurden. Im nächsten Schritt wurde das
digitale Gewässernetz „eingebrannt“ (HELLWEGER 1997), d. h. die Höhen im DGM wurden
bei einem bestehenden Gewässer abgesenkt, sodass die Fließrichtung des DGMs mit dem
vorhandenen Gewässernetz übereinstimmt. An jedem Zusammenfluss verschiedener Ge-
wässer wurde ein Auslasspunkt für die Einzugsgebiete definiert, die anschließend mithilfe
der Fließrichtung abgegrenzt wurden. Einzugsgebiete mit einer Fläche von weniger als
50 km² wurden zu größeren Gebieten zusammengefasst, sodass ihre Fläche mindestens
50 km² entspricht. Für die weiteren Analysen wurde ein Shapefile mit 57 Einzugsgebieten
erzeugt und jedem eine ID zugeordnet.
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2.3   Berechnung der Indikatoren
Niederschlag
Für die Landwirtschaft sind besonders die Monate Mai bis August von Bedeutung, d. h.
während der Hauptvegetationsperiode. Daher wurden Niederschlagskarten für die Vegeta-
tionsperiode der letzten 20 Jahre (1991 bis 2010) erstellt. Über einen deterministischen
Ansatz (ArcGIS: Spline mit Option TENSION) wurde der Gebietsniederschlag aus 85
Stationen flächenhaft interpoliert. Zusätzlich wurde die Zunahme der Niederschläge mit der
Höhe berücksichtigt und ein Höhengradient von 30 mm Niederschlag pro 100 Höhenmeter
eingerechnet (SEVRUK 1997). Dazu wurden zuerst alle gemessenen Niederschläge auf Mee-
resspiegelhöhe umgerechnet. Nach der Interpolation wurden die Niederschlagswerte aller
Rasterzellen mit der Höhe aus dem DGM um den Höhengradienten erhöht. Der interpolier-
te Niederschlag entspricht an den Stationen den gemessenen Werten. Da nicht die gesamte
Niederschlagsmenge der Vegetation aufgrund von Versickerung, Oberflächenabfluss und
Interzeption zur Verfügung steht, wurde der Niederschlag anschließend um 40 % reduziert
(BAUMGARTNER & LIEBSCHER 1996). Der reduzierte Niederschlag wurde mit den Einzugs-
gebieten verschnitten und ein Mittelwert pro Einzugsgebiet berechnet.

Verdunstung
Die potenzielle Verdunstung während der Hauptvegetationsperiode (Mai – August) wurde
in einem ersten Schritt auf Grundlage der Landbedeckung berechnet. In Berggebieten be-
einflusst jedoch die Topographie maßgeblich die Verdunstung: einerseits spielt die Höhen-
lage eine Rolle bei der Dauer der Vegetationsperiode, andererseits werden die Verduns-
tungsraten aufgrund der Hangneigung und Exposition erhöht bzw. verringert. Daher wur-
den die Verdunstung in einem zweiten Schritt aufgrund der topographischen Eigenschaften
korrigiert.
Zur Ableitung der Verdunstung anhand der Landnutzung diente die Realnutzungskarte
Südtirols als Basis, die jedoch Wein- und Obstbau nicht unterscheidet, sondern in einer
Klasse beinhaltet. Daher wurden zusätzliche Datensätze mit Obst- und Weinbau integriert,
indem sie mit der Realnutzungskarte überlagert wurden. Da die Daten zu Obst- und Wein-
bau jedoch nicht flächendeckend zur Verfügung standen, wurden fehlende Polygone auf-
grund der Höhenlage und Hangneigung sowie Expertenwissen der jeweiligen Klasse zuge-
ordnet. Dieser neue erweiterte Datensatz mit 33 Landbedeckungsklassen wurde zu 11 Klas-
sen zusammenfasst und jeder Landbedeckung eine mittlere tägliche Verdunstungsrate wäh-
rend der Vegetationsperiode zugeordnet (siehe Tabelle 1).
Die Länge der Vegetationsperiode ändert sich jedoch mit der Höhenlage. Die Vegetations-
tage Tv wurden auf Basis des digitalen Geländemodells mit der Höhe × in m ü. NN nach
HARFLINGER & KNEES (1999) berechnet:
       Tv  0,00001113  x 2  0,0409  x  266,6                                     (1)

Für die Berechnung der potenziellen Verdunstung während der Hauptvegetationsperiode
wurde die maximale Anzahl der Vegetationstage in Abhängigkeit der Höhe verwendet.
Dem Zeitraum außerhalb der Vegetationsperiode wurde eine einheitliche Verdunstungsrate
zugewiesen, die der Verdunstung einer Schneedecke entspricht. In Berggebieten kann sich
außerdem die Verdunstung von einer ebenen Fläche unterscheiden, da die Strahlungsinten-
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sität an Berghängen variiert. Daher wurden Exposition und Hangneigung aus dem digitalen
Geländemodell abgeleitet und ein Korrekturfaktor k in Abhängigkeit von der Hangneigung
φ in Grad und der Exposition α in Grad nach GOLF (1981) berechnet:
         k  1    x (0,0165  sin (  90))  0,00025                                        (2)

Die potenzielle Verdunstung pro Rasterfläche ETpot ergibt sich damit aus:
         ETpot  ( ETi  Tv  (T  Tv  Es ))  k                                               (3)

mit der Evapotranspiration in Abhängigkeit der Landbedeckung i ETi, Anzahl der Tage
während der Vegetationsperiode T, Anzahl der Vegetationstage Tv, der Verdunstung außer-
halb der Vegetationsperiode Es und dem Korrekturfaktor k in Abhängigkeit von Hangnei-
gung und Exposition.

Tabelle 1:      Mittlere Verdunstungsraten (ET) für verschiedene Landbedeckungen wäh-
                rend der Vegetationsperiode

Landbedeckung                                                                    ET [mm/Tag]
Siedlungsflächen                                                                      1,001
Weinbau                                                                               4,922
Obstbau                                                                               6,403
Sonstige landwirtschaftliche Flächen                                                  2,601
Krummholz, Hecken und Flurgehölze                                                     2,771
Wald                                                                                  2,011
Grünland (Talboden)                                                                   2,604
Grünland (Almen)                                                                      1,904
Fels, Vegetationsloses Lockermaterial                                                 1,711
Gletscher                                                                             0,211
Feuchtflächen, Gewässer                                                               2,581
1
    FECHT et al. (2004), 2 Peter Cepuder, Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), 3 Prof. Dr. Peter
    Braun, Fachhochschule Geisenheim, 4 WIESER et al. (2008).

Der Rasterdatensatz der potenziellen Verdunstung während der Hauptvegetationsperiode
von April bis August wurde mit den Einzugsgebieten verschnitten und ein Mittelwert pro
Einzugsgebiet berechnet.

Häufigkeit Trockenheit
Aus dem reduzierten Niederschlag und der potenziellen Verdunstung wurde für jedes Ein-
zugsgebiet eine klimatische Wasserbilanz pro Vegetationsperiode der letzten 20 Jahre auf-
gestellt. Dabei ergeben sich für einige Einzugsgebiete negative Bilanzen, die jedoch jährli-
chen Schwankungen unterliegen. Einige Einzugsgebiete weisen immer negative Bilanzen
auf, während andere Gebiete nur sporadisch unter Wasserknappheit leiden. Je öfter negative
Wasserbilanzen auftreten, desto größer ist die Notwendigkeit von Bewässerung und somit
eines effizienten Wassermanagements.
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Obst- und Weinbau
Besonders die intensiven landwirtschaftlichen Kulturen wie Obst- und Weinbau werden in
Südtirol bewässert und haben daher große Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und das
Wassermanagement. Basierend auf der Landbedeckungskarte wurde pro Einzugsgebiet der
Anteil der Fläche von Obst- und Weinbau an der gesamten landwirtschaftlich genutzten
Fläche berechnet.

2.4   Index
Die vier berechneten Indikatoren Niederschlag, Verdunstung, Häufigkeit Trockenheit und
Flächenanteil von Intensivkulturen wurden zu einem Index zusammengefasst. Die Werte
der berechneten Indikatoren pro Einzugsgebiet wurden standardisiert, wobei die Nieder-
schlagswerte zusätzlich vom Maximum subtrahiert wurden. Alle Indikatoren wurden in
Klassen mit Werten von 0-10 eingeteilt, sodass alle denselben Einfluss erhalten. Anschlie-
ßend wurden die vier Indikatoren aufsummiert. Niedrige Werte entsprechen einer geringen
Wahrscheinlichkeit, dass Wasserknappheit auftreten könnte, während hohe Werte ein effi-
zientes Wassermanagement erfordern.

3     Ergebnis
Innerhalb der Einzugsgebiete treten bei den Indikatoren aufgrund von geografischen (z. B.
Exposition, Höhenlage) oder mikroklimatischen Besonderheiten starke regionale Differen-
zen auf (siehe Abbildung 2). Die Niederschläge unterliegen sowohl regional als jährlich
und saisonal starken Schwankungen. Die niederschlagreichsten Gebiete liegen, abgesehen
vom Vinschgau im Westen, in den nördlichen und höher gelegenen Landesteilen (Abbil-
dung 2a). Im Gegensatz dazu ist aufgrund der klimatischen Bedingungen die potenzielle
Verdunstung in den südlichen Landesteilen am höchsten (Abbildung 2b), sodass dort die
klimatische Wasserbilanz auf Werte von unter –250 mm während der Vegetationsperiode
fällt. Innerhalb der 20-jährigen Periode von 1991-2010 sind die intensiv genutzten Tallagen
von einer sehr hohen Häufigkeitsrate mit einer negativen Wasserbilanz charakterisiert (Ab-
bildung 2c). Andererseits haben gerade diese Gebiete hohe Produktionsraten von Obst und
Wein (Abbildung 2d) und bilden eine wichtige wirtschaftliche Grundlage.
Durch die Verschneidung der Indikatoren wurde ein Index berechnet (vgl. Kapitel 2.4).
Deutlich treten die südlichen Landesteile hervor sowie etwas weniger stark die Tallagen im
Westen Südtirols. Je höher der Wert ist, desto effizienter muss das Wassermanagement
sein, um eventuelle Wasserknappheit vorbeugen und die aktuelle landwirtschaftliche Pro-
duktion sicherstellen zu können (siehe Abbildung 3).
530                       U. Schirpke, R. Bottarin und U. Tappeiner

                                         (a)                                          (b)

                                         (c)                                         (d)

Abb. 2:   Indikatoren für Aufwand im Wassermanagement zur Ertragssicherung im land-
          wirtschaftlichen Sektor: (a) reduzierter mittlerer Niederschlag während der Ve-
          getationsperiode (April-August) der Jahre 1991-2010, (b) potenzielle Verduns-
          tung während der Vegetationsperiode (April-August), (c) Anteil der Jahre, bei
          denen die potenzielle Verdunstung höher ist als der Niederschlag während der
          Vegetationsperiode, (d) Anteil der Fläche von Obst- und Weinbau an der gesam-
          ten landwirtschaftlichen Nutzfläche des Einzugsgebiets.

                                                  Abb. 3:
                                                  Index berechnet aus den 4 Indikatoren.
                                                  Hohe Werte entsprechen einer hohen
                                                  Notwendigkeit der Effizienz beim Was-
                                                  sermanagement

Abbildung 4 stellt die mittlere Höhe der Einzugsgebiete mit dem Index in Beziehung und
lässt eine deutliche Abhängigkeit erkennen. Die am stärksten betroffenen Einzugsgebiete
liegen unterhalb von 1.000 m Höhe, aber auch Gebiete bis über 1.500 m benötigen ein
verstärktes Management der Wasserressourcen. Die höher gelegenen Gebiete mit einem
niedrigen Index sind daher für die Wasserversorgung der intensiv bewirtschafteten Gebiete
Nachhaltiges Wassermanagement in Südtirol – wo wird mehr Effizienz nötig?    531

von großer Bedeutung, da diese das Wasser zur Bewässerung bei entsprechender Speiche-
rung zur Verfügung stellen und die Grundwasserspeicher auffüllen.

                3000
                                             R² = 0.692
Höhe [m] ü.NN

                2000

                1000

                  0                                            Abb. 4:
                       0      10       20       30        40   Abhängigkeit des Index von der mittleren
                                     Index                     Höhe des Einzugsgebiets

3                Fazit
Die landwirtschaftliche Produktion ist stark von den klimatischen Bedingungen abhängig
und daher besonders empfindlich in Bezug auf klimatische Veränderungen. Im Alpenraum
wird von einem Temperaturanstieg bis zu 6°C und starken Schwankungen der Nieder-
schlagsmengen ausgegangen (BENISTON 2010). Dadurch können Erträge und Qualität von
Agrarerzeugnissen beeinträchtigt werden, wenn keine ausreichende Wassermenge zur Ver-
fügung gestellt werden kann. Besonders die südlichen Landesteile sind in Hinblick auf
zukünftige klimatische Veränderungen am stärksten betroffen und die Bewässerungstech-
nik wird vor große Herausforderungen gestellt (GRASHEY-JANSEN 2010). Außerdem kön-
nen andere wirtschaftliche Sektoren wie Tourismus, Energiewirtschaft und Industrie von
Wassermangel betroffen sein. Ein nachhaltiges Wassermanagement ist daher zur Erzeu-
gung von Nahrungsmitteln unentbehrlich. Gleichzeitig müssen aber auch konkurrierende
Ökosystemdienstleistungen berücksichtigt werden, um eine nachhaltige Entwicklung der
gesamten Region sicherzustellen.

Literatur
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532                       U. Schirpke, R. Bottarin und U. Tappeiner

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