Die Eichen (-Wälder) am Oberrhein im Fokus von NATURA 2000
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Die Eichen (-Wälder) am Oberrhein im Fokus von NATURA 2000 Les fôrets chênaies du Rhin Supérieur au cœur de l'intérêt du réseau NATURA 2000 Albrecht Franke*, Dietmar Winterhalter*, Elisabeth Lux* und Philipp Schweigler** * Regierungspräsidium Freiburg, Abt. Forstdirektion, Referat 82 Forstpolitik und Forstliche Förderung (RPF 82) ** Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR)
Zitat aus Brandl, H. (1970): Der Stadtwald von Freiburg La forêt communale de Fribourg „In den eichenreichen Laubwaldungen des Mooswaldes…stand… die Schweinemast eindeutig im Vordergrund… In diesen Waldgebieten hatte sich daher bereits im 12. und 13. Jahrhundert ein geregelter Mittelwaldbetrieb entwickelt… . Photo: Internet
Zitat aus Brandl (1970): Der Stadtwald von Freiburg La forêt communale de Fribourg „Die Eichelmast im Mooswald war weithin bekannt und berühmt. 1588 bat z.B. die Stadt Kenzingen um Erlaubnis, ihre Schweineherde in die Freiburger Wälder treiben zu dürfen... „In besonders guten Jahren kam über die Hälfte der Einnahmen (aus dem Stadtwald) aus der Mastnutzung…“
Bedeutung der Eichen für den Naturschutz Importance des chênes pour la conservation de la nature Besonderer Lebensraum • lockerer Bestandesaufbau, lichte Belaubung artenreiche Kraut-/Strauchschicht • hohes Alter, Holz-Haltbarkeit langsame Zersetzung Totholzreichtum Lebensstätte von Arten: • In Mitteleuropa sind – je nach Quelle – 300 bis 500 Arten bekannt, welche auf Eichen spezialisiert sind mehr als bei jeder anderen Baumart
Eichenbestände im Wuchsgebiet „Oberrheinische Tiefebene“ Les peuplements de chênes dans la region du Rhin Supérieur Bestandesfläche % öffentl. Wald (ha) Bestände mit Eiche 27.200 100 Ei-Anteil < 30 % 16.600 61 Ei-Anteil 30-50 % 5.100 19 Ei-Anteil > 50 % 5.500 20
Eichen-Waldbiotope im Oberrhein-Gebiet Les habitats forestiers des chênes WBK- WBK Kennung Kurzbezeichnung 52.23 Waldziest-Hainbuchen-Stieleichen-Wald 52.50 Stieleichen-Ulmen-Wald (Hartholzauenwald) 53.13 Waldlabkraut-Hainbuchen-Traubeneichen-Wald 56.11* Hainbuchen-Traubeneichen-Waldi 56.12* Hainbuchen-Stieleichen-Waldi 56.20* Birken-Stieleichen-Wald mit Pfeifengras * geschützt nach § 30a LWaldG
Ziel von NATURA 2000 Le but de NATURA 2000 Erhaltung der biologischen Vielfalt in Europa durch den Aufbau eines Netzes von natü natürlichen und naturnahen Lebensrä Lebensräumen sowie der Erhaltung von Vorkommen gefä gefährdeter Tier- Tier- und Pflanzenarten Conservation de la diversité biologique
NATURA 2000 Rechtsgrundlagen: Base juridique - Vogelschutzrichtlinie der EU 1979 Directive 79/409/CEE concernant la conservation des oiseaux sauvages • Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU von 1992 Directive 92/43/CEE DU CONSEIL du 21 mai 1992 concernant la conservation des habitats naturels ainsi que de la faune et de la flore sauvages
NATURA 2000 in Europa Gesamtfläche (2007): ~ 115.000.000 ha FFH-Gebiete Zones Spéciales de Conservation 21.574 Gebiete zones 64.850.000 ha Vogelschutzgebiete Refuges d'oiseaux 4.850 Gebiete refuges 50.130.000 ha
Sicherung der FFH-Lebensräume Sécurisation des habitats FFH • Schutzgebietsausweisungen sind nicht zwingend vorgeschrieben • in Ba-Wü sind FFH-Gebiete abgegrenzt, aber nicht per Verordnung • häufig sind bereits vorhande Schutzgebiete einbezogen (NSG, Bannwald, Schonwald, Biotope etc.) • Grundsätzlich sollen vertragliche Regelungen Vorrang vor Schutzgebietsausweisungen
Sicherung der Vogelschutzgebiete Sécurisation des refuges d'oiseaux Schutzgebietsausweisungen erfolgten auf der Grundlage der Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten (VSG-VO) vom 5. Februar 2010
Sicherung der NATURA-Lebensräume Sécurisation des habitats NATURA Sie erfolgt durch: • Erstellung von (behördenverbindlichen) Managementplänen (MAP) • Forsteinrichtung im öffentlichen Wald (naturnahe Waldwirtschaft) • Vertragsnaturschutz auf freiwilliger Basis (Förderung nur im Privatwald) • Arten- und Biotopschutzprogramme
Verschlechterungsverbot für FFH-Gebiete Interdiction de détérioration dans les zones spéciales de conservation Es gilt grundsätzlich: • Aktive Handlungen, die eine Verschlechterung bewirken, sind nicht zulässig (Verschlechterungsverbot) • Maßnahmen der Waldbewirtschaftung in der bisherigen Art und Weise stellen jedoch i.d.R. keine Verschlechterung dar • ggf. Erheblichkeit prüfen
Managementpläne NATURA 2000 (MAP) Les plans de gestion pour NATURA 2000 • Formale Zuständigkeit liegt bei der Naturschutzverwaltung (Regierungspräsidien, Referate 56) • Im Wald: einvernehmliche Ziel- und Maßnahmenfestlegung zwischen Forst- und Naturschutzverwaltung
Managementpläne NATURA 2000 (MAP) Les plans de gestion pour NATURA 2000 • Forstverwaltung erstellt als Fachbeitrag das „Wald-Modul“ und legt darin Ziele und Maßnahmen für Wald-LRT und für im Wald lebende Arten (Waldarten) fest • Grundlage hierfür sind die Ergebnisse der Waldbiotopkartierung (WBK) und der Forsteinrichtung (FE), auch im Privatwald
Ablaufschema – MAP Erstellung Kartierungen Waldbiotop- Forst- Kartierung der aller anderen kartierung einrichtung „Wald“-Arten Arten im Wald (FVA) (RP56 + LUBW) 2009 2010 2010 2011 RP 82 _ Mai 2011 Übergabe an RP 56 Herbst 2011 RP 56 mit Planersteller (Frühjahr 2012) RP = Regierungspräsidium Referat 56 MAP fertig Ende 2012
Schutzgebiete in der Oberrheinische Tiefebene Réserves • 69 NATURA 2000- Schutzgebiete 40 FFH-Gebiete 29 Vogelschutzgebiete • darin enthalten 65 Waldschutzgebiete 14 Bannwälder und 51 Schonwälder
Schutz der Eichenwälder am Oberrhein durch Natura 2000 Protection des forêts de chêne bereits Fläche (ha) bearbeitet (ha) FFH-Fläche 36.900 Oberrheinebene 64.700 (57%) (nur Baden-Württemberg) davon 26 FFH-Gebiete (von 40) mit Eichen-LRT geschützte Fläche der Eichen-LRT : 1.800 ha
Eichenbestände im Wuchsgebiet „Oberrheinische Tiefebene“ Les peuplements de chênes dans la region de Haute Vallée du Rhin Bestandesfläche davon FFH / % öffentl. Wald (ha) SPA (ha) Bestände mit Eiche 27.200 17.900 100 Ei-Anteil < 30 % 16.600 10.500 59 Ei-Anteil 30-50 % 5.100 3.800 21 Ei-Anteil > 50 % 5.500 3.600 20
Eichenbestände im Wuchsgebiet „Oberrheinische Tiefebene“ Les peuplements de chênes dans la region de Haute Vallée du Rhin davon reine Ei- Bestandesfläche Fläche in FFH / öffentl. Wald (ha) SPA (ha) 5.400 Bestände mit Eiche 27.200 (20%) Ei-Anteil < 30 % 16.600 1.200 Ei-Anteil 30-50 % 5.100 1.500 Ei-Anteil > 50 % 5.500 2.700
Eichenwälder und Natura 2000 FFH-Lebensraumtypen Types d'habitats FFH – Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder [9160] Chênaies pédonculées ou chênaies-charmaies sub- atlantiques et médioeuropéennes du Carpinion betuli – Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder [9170] Chênaies-charmaies du Galio-Carpinetum – Bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen [9190] Vieilles chênaies acidophiles des plaines sablonneuses à Quercus robur – Hartholzauenwälder [91F0] Forêts mixtes à Quercus robur, Ulmus laevis, Ulmus minor, Fraxinus excelsior ou Fraxinus angustifolia, riveraines des grands fleuves (Ulmenion minoris)
Schutz der Eichenwälder am Oberrhein durch Natura 2000 Eichen-LRT in FFH-Gebieten in der Fläche Oberrheinebene in Baden-Württemberg (ha) 9160 Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald 1.100 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald 10 9190 Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen 200 91F0 Hartholzauenwald 500 gesamt 1.810
Eichenwälder und Natura 2000 Arten nach FFH- und Vogelschutz-RL Heldbock Hirschkäfer Eremit Mittelspecht Bechsteinfledermaus u.a
NATURA 2000-Managementpläne Plans de gestion de Natura 2000 Ein Beispiel: Un exemple: Das FFH-Gebiet 7413-341 „Östliches Hanauer Land“
FFH-Gebiet 7413-341 „Östliches Hanauer Land“
MAP „Östliches Hanauer Land“ • Wald: ca.1.744 ha (Gemeindewald: 94,6 %) • Überlagerung mit VSG „Korker Wald“ • Lebensraumtypen u.a: – 215 ha Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wälder [9160] • besonders schützenswerte Arten u.a.: – Hirschkäfer (Lucanus cervus) auf ca. 500 ha – Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) auf ca. 1200 ha – Mittelspecht (Dendrocopos medius) auf ca. 1800 ha Photo: ILN
Bestände mit Eichen-Anteilen im FFH-Gebiet Peuplements des chênes 250,0 200,0 150,0 Fläche (ha) Ei-Anteil > 50% (235 ha) 100,0 Ei-Anteil 30-50% (319 ha) 50,0 Ei-Anteil < 30% (433 ha) 0,0 1 3 5 7 9 11 13 15 V DB Altersstufe Niveau Âge
MAP „Östliches Hanauer Land“
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald Chênaies pédonculées ou chênaies-charmaies sub-atlantiques et médioeuropéennes du Carpinion betuli MAP „Östliches Hanauer Land“ Fläche: 215 ha Lebensraumtypisches hervorragend A Arteninventar Baumartenzusammensetzung Anteil gesellschaftstypischer A Baumarten >90% Verjüngungssituation Anteil gesellschaftstypischer B Baumarten an der Verjüngung >50 % Bodenvegetation vollständig A Lebensraumtypische durchschnittlich C Habitatstrukturen Altersphasen 1 Altersphase Wachstumsphase C Totholzvorrat 1,3 Festmeter/ha C Habitatbäume 6,2 Bäume/ha A Beeinträchtigungen hervorragend A Bewertung auf Gebietsebene gut B
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald MAP „Östliches Hanauer Land“ Zielkonflikt: conflit d'objectifs Verjüngung Eichen-Beständen Régénération des peuplements de chênes Erhalt von Althölzern aus Artenschutzgründen Préservation des vieux chênes
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald MAP „Östliches Hanauer Land“ Zielkonflikt: conflit d'objectifs • Eichen-Altholzfläche (> 120 Jahre alt) nimmt wegen Hauptnutzung & Verjüngung mittel-/langfristig ab • evtl. beschleunigt durch Eichen-Komplexkrankheit • jüngere Eichen-Bestände wachsen zwar in Altholzphase ein, vollständige Kompensation? • daher: „Streckung“ der Eichen-Altholznutzung (Nutzungs- verzögerung) & gleichzeitig nachhaltige Eichen-Nachzucht • Ziel: Erhalt LRT Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald, aber auch einzelne Alteichen für Arten (z.B. Mittelspecht)
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald MAP „Östliches Hanauer Land“ Problem dabei auf primären Eichen-Standorten: des problemes sur les sites de chêne primaires • Flächige Verjüngung der Eichenbestände kann kontraproduktiv zu Artenschutzzielen stehen ( Erhalt von alten Eichen) • Verjüngung der (Stiel-) Eiche erfordert aber flächiges Vorgehen, nicht einzeln oder kleinflächig • Um also dauerhaft Alteichen zu haben, müssen ganze Bestände verjüngt werden Schirmschlagverfahren; Pflanzung > 0,5 ha
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald MAP „Östliches Hanauer Land“ Problem dabei auf primären Eichen-Standorten: des problemes sur les sites de chêne primaires • Pflanzung heißt: ohne Zaun Jagd • Altholz/Totholz auf der Fläche gefährdet Verjüngung und Arbeitssicherheit • Altholz/Totholz beherbergt aber evtl. Wochen- stuben-Quartiere der Bechsteinfledermaus • rauhborkige Esche keine Alternative wegen Eschentriebsterben
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald MAP „Östliches Hanauer Land“ Problem dabei auf sekundären Eichen-Standorten: des problemes sur les sites de chêne secondaire • hier haben eigentlich Edellaubbaumarten oder Rotbuche standörtlich Vorrang • Stieleiche aber wegen Artenschutz in Einzelmischung erforderlich • daher Erhalt eines Mosaiks von Altholz-/Totholz-Inseln & Habitatbäumen einerseits • bewusstes Herauspflegen von Eichen-Jungwüchsen in der Verjüngung ( teuer !!!) andererseits
Ziele und Maßnahmen • Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen: Les objectifs de conservation et les mesures de conservation Erhalt oder Wiederherstellung eines günstigen Zustandes (A oder B) • Entwicklungsziele und Entwicklungmaßnahmen: Les objectifs de développement et mesures weitere Verbesserung eines bestehenden günstigen Zustandes oder Entwicklung neuer LRT-Fläche ( freiwillig !!!)
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen- Wälder [9160] Erhaltungsziele Les objectifs de conservation • Erhaltung der charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt, insbesondere der natürlichen Baumartenzusammensetzung mit Eiche und Hainbuche • Erhaltung der lebensraumtypischen Habitatstrukturen (Totholz, Habitatbäume, Grundwasserregime) • Schonwald: u. a. möglichst langfristige Erhaltung des ehemaligen Mittelwaldes
Sternmieren-Eichen-Hainbuchen- Wälder [9160] Erhaltungsmaßnahmen les mesures de conservation • Naturnahe Waldwirtschaft – Förderung der Eichen bei allen Pflege-/Holzernte- maßnahmen – natürliche Verjüngung mittels flächiger Schirmschläge oder Pflanzung (mind. 0,5 -1,0 ha) – Habitatbäume, Tot- und Altholzanteile erhalten • Verringerung der Verbissbelastung durch Festlegung von Bejagungsschwerpunkten, Anpassung Wildbestände, Ziel Verjüngung ohne Zaun
Mittelspecht (Dendrocopos medius) [Pic mar] Erhaltungsziele Les objectifs de conservation • Erhaltung des guten Erhaltungszustands der Population • Erhaltung von Laubwäldern mit hohen Anteilen von Eichen und weiteren Baumarten mit grober Borke (z.B. Erle, Esche, Pappel) • Sicherung zusammenhängender oder im Verbund stehender Lebensstätten und Vermeidung von Fragmentierung und Isolierung geeigneter Waldbereiche • Erhaltung von Altbäumen (insbesondere Eichen) & Altholzinseln • Erhaltung stehendes Totholz/Höhlenbäume Erhaltungsmaßnahmen les mesures de conservation • Naturnahe Waldwirtschaft
Verjüngung versus Erhalt von Althölzern aus Artenschutzgründen Rajeunissement Préservation des vieux chênes Lösungsansatz: approche de solution primäre Eichen-Standorte: • Vorrang des Erhalts des Lebensraumtyps flächige Verjüngung der Eiche • Tot- und Altholzanreicherung dort nur insoweit, als dass die Verjüngung der Eiche & die Arbeitssicherheit nicht gefährdet wird Tot-/Altholz nur einzelbaumweise Tot-/Altholzgruppen nur entlang von Bestandesrändern, Rückescheiden etc.
Verjüngung versus Erhalt von Althölzern aus Artenschutzgründen Rajeunissement Préservation des vieux chênes Lösungsansatz: sekundäre Eichen-Standort: • außerhalb der Eichen-LRT‘en kommt die Baumart Eiche als Mischbaumart vor • hier Eiche bei Bestandespflege als Einzelbaum besonders berücksichtigen, alt werden lassen. • hier Konzentration der Ausweisung von Habitatbaumgruppen und Waldrefugien o.ä.
Dann: Ihnen herzlichen Dank Merci beaucoup für Ihre Aufmerksamkeit! Und meinen Co-Autoren Dietmar Winterhalter & Elisabeth Lux & Philipp Schweigler herzlichen Dank für die Zusammenarbeit !
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