Neue rechtliche Grundlagen - Aseptica
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Das Fachmagazin für Krankenhaus- und Praxishygiene Schutzgebühr 6,– € Besuchen Sie www.aseptica.com und nutzen Sie das umfangreiche Archiv! 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 MPBetreibV Pflichten Beauftragter Instandhal tungsmaß Einweisungspflicht Medizinprodukterecht Beurteilung Mitwirkungspflicht Zertifikat pflicht Ausbildung Validierung Kontrollen Medizinproduktesicherheit Fortbildungsmaßnahmen Implantatpass Einweisungspflicht Erfüllung Weisung Neue rechtliche Grundlagen Was sich durch die Medizinprodukte-Betreiberverordnung 2017 ändert
2 aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 Editorial Meldung Neue Antibiotikaresistenzen in der EU entdeckt Liebe Leserinnen und Leser, Jedes Jahr sterben 25.000 Menschen in der EU an einer Infektion mit antibiotikaresistenten Bakterien. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat nun vor zunehmender Resistenz mit dem Start in das Jahr 2017 gibt es in Deutschland wieder viele Neuerungen von Bakterien gegen Antibiotika gewarnt. Die Widerstandsfähigkeit vom Steuerrecht bis hin zur Krankenpflege. Besonders interessant für Sie ist si- der Krankheitserreger stelle eine »ernsthafte Bedrohung für Mensch cherlich, dass die vom Bundesrat zugestimmten Änderungen in der Medizinpro- und Tier« dar, heißt es in dem Bericht. dukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) zum 1. Januar in Kraft getreten sind. Besonders sorgen sich die Sachverständigen der EU derzeit um Re- Die Regelungen haben Einfluss auf den Aufbereitungsprozess von Medizinpro- sistenzen bei Salmonellen. Erstmals haben die Forscher Resistenzen gegen das Antibiotikum Carbapenem bei Tieren und in Lebens- dukten und damit auf Ihren Alltag. Da nicht immer direkt ersichtlich ist, was mitteln in der EU nachgewiesen. Das Mittel wird üblicherweise geändert wurde, haben wir Ihnen in dieser ersten Ausgabe der aseptica die wich- als letzte mögliche Behandlungsmethode in schweren Fällen von tigsten Neuerungen aufgezeigt. Damit möchten wir Sie in die Lage versetzen, die Salmonellose angewendet. Zuvor waren bereits andere Resistenzen nötigen Anpassungen zu ermitteln und entsprechend umzusetzen. des Erregers bekannt und wurden im aktuellen Bericht bestätigt. So dokumentierte die EFSA Resistenzen gegen das Antibiotikum Co- In unserem Fortbildungsteil finden Sie einen Artikel zum Thema Personalschutz, listin in Schweinen und Rindern. Colistin wird üblicherweise gegen der speziell dem Thema Handschuhe gewidmet ist. Prof. Dr. Michael Pietsch Infektionen bei Schweinen eingesetzt, kommt aber auch beim Men- schen zum Einsatz, wenn andere Antibiotika versagen. beschreibt darin die zum Einsatz kommenden Handschuhe bei medizinischen Allerdings weisen die Sachverständigen darauf hin, dass die Resisten- Maßnahmen und gibt eine Übersicht über Materialien und Prüfnormen. Infor- zen gegen die hochwirksamen Antibiotika noch sehr selten sind. Die mationen und weitere praktische Hinweise finden Sie ab Seite 11. Erfolgschancen auf Genesung seien also weiterhin hoch. Besonders aktuell und lesenswert ist die Studie von Jörg Schnurbusch vom Uni- Mehr Resistenzen in Süd- und Osteuropa versitätsspital Basel zur Keimdichtigkeit von Sterilisationscontainern (Seite 14). »Der bedachte Einsatz von Antibiotika in Menschen und Tieren ist extrem wichtig«, sagte Mike Catchpole vom Europäischen Zentrum Ein häufig diskutiertes Thema in der ZSVA, welches mit der Frage einhergeht, für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), das ob visuelle Kontrollen ausreichen, um die Funktionalität der Container zu be- ebenfalls an der Studie beteiligt war. »Wir alle sind dafür verantwort- werten. Antworten finden Sie in diesem Artikel. lich, dass Antibiotika wirksam bleiben.« Erst im Januar 2017 wurde der Fall einer Frau aus den USA bekannt, bei der 26 Antibiotika Damit wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen der aktuellen Ausgabe! versagten. Sie starb. In dem aktuellen EU-Bericht wurde auch deutlich, dass die Wi- derstandsfähigkeit der Bakterien regional variiert. Im Norden und Ihr Westen Europas ist sie demzufolge geringer als im Süden und Osten. Die Forscher führen dies vor allem auf eine unterschiedlich starke Anwendung von Antibiotika zurück – auch bei Tieren. In Ländern, in denen Landwirte angehalten seien, den Einsatz von m Aaron Papadopoulos www.aseptica.co Antibiotika bei Tieren zu verringern, seien weniger neue Antibio- Ar chiv tikaresistenzen sowie rückläufige Tendenzen zu beobachten, sagte • Umfangreiches Marta Hugas, Leiterin des EFSA-Referats für biologische Gefahren oads • Aktuelle Downl und Kontaminanten. Das ECDC fordert deshalb einen »zurückhal- tenden« Einsatz der Medikamente. jme/AFP/Reuters, Quelle: Spiegel Online, 22.02.2017 Inhalt Klinik und Hygiene S. 6 Risikomanagement und Plausibilitätskontrolle 6 Routinekontrollen bei Containern: Sichtprüfung reicht aus 14 Aktuelles S. 3 Kontamination einer Nährbouillon-Lösung 18 Auf den Punkt gebracht: Medizinprodukte- Betreiberverordnung (MPBetreibV) – Was Fortbildung S. 11 ändert sich an der Rechtsverordnung 2017? 3 Einsatz von Handschuhen in der Medizin 11 Europäischer Rat verabschiedet neue Medizinprodukte-Verordnung 23 Diverses/Impressum S. 22
aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Aktuelles 3 Auf den Punkt gebracht: Medizinprodukte- Betreiberverordnung (MPBetreibV) – was ändert sich an der Rechtsverordnung 2017? J. Verhoeven, A. Brömmelhaus Nach der Zustimmung des Bundesrates Folgende Tätigkeiten an Medizin- wurde die Änderungsverordnung der Me- produkten werden aufgeführt: dizinprodukte-Betreiberverordnung (MP- | Autoren BetreibV) zum 01.01.2017 gültig. Im Fol- 1. das Errichten, genden sind einige Änderungen aufgeführt, 2. das Bereithalten, Jörn Verhoeven die für die Praxis der Aufbereitung von Be- 3. die Instandhaltung, MPO Medical Product Officer deutung sind und die aufzeigen, welche 4. die Aufbereitung, c/o Miele Professional Carl-Miele-Straße 29 Konsequenzen dies mit sich bringt. 5. die sicherheits- und messtechni- 33332 Gütersloh schen Kontrollen. E-Mail: Joern.Verhoeven@miele.de [Aufbau und Struktur] Dr. Andreas Brömmelhaus Aufgrund einiger Inhalte, die nicht direkt oder nur Dieser Zusammenhang wurde zu- Leitung Regulatory Affairs und sehr schwer einer Norm zuzuordnen waren, wurde die vor ausschließlich in der Medizin- Managementsystem Struktur dieser Verordnung geändert und übersichtli- produkte-Sicherheitsplanverord- c/o Miele Bielefeld cher gestaltet. Diese Änderung wurde vorgenommen, nung (MPSV) dargestellt. Mielestr. 2 33611 Bielefeld um Unklarheiten in der Anwendung der Rechtsverord- E-Mail: nung vorzubeugen. [§ 2 Abs. 2 MPBetreibV] Andreas.Broemmelhaus@miele.de Definition Betreiber [§ 1 Abs. 1 MPBetreibV] Der Betreiber eines Medizinpro- Anwendungsbereich duktes ist jede natürliche oder juristische Person, die für Der Anwendungsbereich dieser Verordnung wird für das den Betrieb der Gesundheitseinrichtung verantwortlich Betreiben, Anwenden und die damit zusammenhängen- ist, in der das Medizinprodukt durch dessen Beschäf- den Tätigkeiten definiert. tigte betrieben oder ange- Die bisher enthaltene Instandhaltung wurde aus dem ers- wendet wird. Als Betreiber Der Betreiber eines Medizinproduk- ten Paragrafen gestrichen, jedoch im § 2 MPBetreibV mit gilt auch, wer außerhalb tes ist jede natürliche oder juristi- aufgenommen und ist somit auch weiterhin relevant. von Gesundheitseinrichtun- sche Person, die für den Betrieb der gen in seinem Betrieb oder Gesundheitseinrichtung verantwort- [§ 1 Abs. 2 MPBetreibV] seiner Einrichtung oder im lich ist, in der das Medizinprodukt Anwendungsbereich öffentlichen Raum Medi- Die nicht unter die MPBetreibV fallenden Medizinpro- zinprodukte bereithält (z. B. […] betrieben oder angewendet wird dukte werden nun klar definiert. Dies sind z. B. Produkte, Gemeinschaftspraxen, Pra- die zur klinischen Prüfung, zur Leistungsbewertungsprü- xen, Krankenhäuser, Firmen oder andere Einrichtun- fung oder ausschließlich aus eigener Verantwortung er- gen, die Defibrillatoren bereithalten). worben und angewendet werden, nicht aber medizinische Produkte, die aufgrund einer zahnärztlichen/ärztlichen [§ 2 Abs. 3 MPBetreibV] Verschreibung bereitgestellt und im privaten Umfeld an- Definition Anwender gewendet werden (z. B. Gehhilfen). Als Anwender wird derjenige bezeichnet, der das Medi- zinprodukt am Patienten nach entsprechender Verord- [§ 2 Abs. 1 MPBetreibV] nung einsetzt. Begriffsdefinition Erstmalig werden Begriffsdefinitionen im Zusammen- [§ 2 Abs. 3 MPBetreibV] hang mit der Tätigkeit des Betreibers, Anwenders und Definition Gesundheitseinrichtungen von Gesundheitseinrichtungen aufgeführt. Stellen oder Institutionen, Rehabilitations- und Pfle-
4 aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Aktuelles geeinrichtungen, in denen Medizinprodukte 1. hinsichtlich der jeweiligen Tätigkeit über aktuelle durch medizinisches Personal, Pflegeperso- Kenntnisse aufgrund einer geeigneten Ausbildung und nal oder befugte Personen verwendet und einer einschlägigen beruflichen Tätigkeit verfügt, berufsmäßig betrieben werden, sind nach dieser Verordnung Gesundheitseinrich- 2. hinsichtlich der fachlichen Beurteilung keiner Weisung tungen. unterliegt und [§ 3 Abs. 2 MPBetreibV] 3. über die Mittel, insbesondere Räume, Geräte und Pflichten eines Betreibers sonstige Arbeitsmittel, wie geeignete Mess- und Prü- Dieser Absatz bezieht sich, wie zuvor feinrichtungen, verfügt, die erforderlich sind, um die in § 2 Abs. 2 MPBetreibV schon er- jeweilige Tätigkeit ordnungsgemäß und nachvollzieh- wähnt, auf diejenigen Betreiber, die au- bar durchzuführen. ßerhalb ihrer Gesundheitseinrichtung tätig sind und Betreiberpflichten wahr- [§ 5 Abs. 2 MPBetreibV] nehmen müssen. Es handelt sich um Besondere Anforderungen Medizinprodukte, die im privaten Umfeld Die Erfüllung der in § 5 Abs. 1 erwähnten Voraussetzun- angewendet werden (z. B. Rollstühle). Die gen kann durch ein Zertifikat der zuständigen Behörde Betreiberpflichten können an Dritte, z. B. oder anerkannten Stelle erfolgen. Auch gilt ein Zertifikat Sanitätshäuser, durchaus vertraglich abgetreten einer zuständigen Stelle eines anderen EU/EWR-Staates werden und auch ein Einsatz des Medizinproduk- als zulässig, insofern es den Voraussetzungen des § 5 tes in anderen Gesundheitseinrichtungen ist erlaubt Abs.1 entspricht. und möglich. Die Umsetzung muss bis zum 1. Januar 2020 erfolgt sein, [§ 4 Abs. 3 MPBetreibV] allerdings ist die Art und Weise der Umsetzung noch Allgemeine Anforderungen nicht klar definiert. So ist es zurzeit völlig unklar, wer auf Es ist eine ordnungsgemäße Einweisung in die Hand- welcher Grundlage solche Zertifikate vergeben darf. habung des Medizinproduktes erforderlich. Die Ausnahme ist zulässig, wenn es sich um ein bau- [§ 6 Abs. 1 MPBetreibV] gleiches (z. B. weiteres Beauftragter für Medizinprodukterecht Reinigungs- und Des- Wenn Gesundheitseinrichtungen regelmäßig mehr als Wenn Gesundheitseinrichtungen […] infektionsgerät vom 20 Mitarbeiter (durchschnittliche Beschäftigungszahl) be- mehr als 20 Mitarbeiter […] beschäf- gleichen Hersteller) schäftigen, müssen diese eine oder einen Beauftragte/-en tigen, müssen diese eine oder einen oder um ein selbsterklä- für die Medizinproduktesicherheit benennen. Beauftragte/-en für die Medizinproduk- rendes (z. B. Brille) Me- tesicherheit benennen. dizinprodukt handelt. Diese/-r Beauftragte muss eine sachkundige und zuver- lässige Person sein, die eine medizinische, naturwissen- Die Einweisungen sind entsprechend in geeigneter Form schaftliche, pflegerische, pharmazeutische oder techni- zu dokumentieren, um die Durchführbarkeit einer Über- sche Ausbildung absolviert hat. prüfung durch das jeweilige Überwachungsorgan zu ge- währleisten. Die bereits vorhandene Einweisungspflicht [§ 6 Abs. 2 MPBetreibV] nach § 10 MPBetreibV Anlage 1 bleibt auch weiterhin Beauftragter für Medizinprodukterecht bestehen. Die Funktion ist ähnlich der Funktion eines Medizin- produktesicherheitsbeauftragten eines Herstellers bzw. [§ 5 Abs. 1 MPBetreibV] Erstinverkehrbringers und umfasst folgende Aufgaben: Besondere Anforderungen Für bestimmte Tätigkeiten an Medizinprodukten gelten 1. Kontaktperson für Behörden, Hersteller und Vertreiber Regelungen zur Umsetzung und Durchführung. Sobald im Zusammenhang mit Meldungen über Risiken von ein Medizinprodukt auf diese Anforderung hinweist, Medizinprodukten sowie bei der Umsetzung von not- darf diese Tätigkeit nur durchführen, wer wendigen korrektiven Maßnahmen;
aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Aktuelles 5 2. Koordinierung interner Prozesse der Gesundheits- Eindeutigere Zuordnung der einrichtung zur Erfüllung der Melde- und Mitwir- Pflichten und Voraussetzungen kungspflichten der Anwender und Betreiber; für Betreiber und Anwender von Medizinprodukten 3. Koordinierung der Umsetzung korrektiver Maßnah- men und der Rückrufmaßnahmen durch den Verant- wortlichen nach § 5 des Medizinproduktegesetzes in [§ 15 MPBetreibV] den Gesundheitseinrichtungen. Besondere Pflichten bei implantierbaren Medizinpro- dukten [§ 6 Abs. 3 MPBetreibV] Diese geänderte Vorschrift fordert vom für eine Im- Beauftragter für Medizinprodukterecht plantation Verantwortlichen, dass er dem Patienten Der Beauftragte darf in seiner Tätigkeit als solcher weder alle für die Sicherheit erforderlichen Informationen behindert noch benachteiligt werden. mitteilt, einen Implantatpass übergibt und alle nötigen Daten über 20 Jahre aufzubewahren hat, um den Pati- [§ 6 Abs. 4 MPBetreibV] enten innerhalb von drei Tagen bei einem Rückruf des Beauftragter für Medizinprodukterecht Implantates erreichen zu können. Auf der Internetpräsenz der Gesundheitseinrichtung muss die E-Mail-Adresse des benannten Beauftragten Insbesondere beim letzten Punkt ist völlig unklar, wie für die Medizinproduktesicherheit bekannt gegeben dieses erreicht werden soll. Zahnimplantate sind nicht werden. ausgeschlossen von dieser Forderung. [§ 7 Abs. 2 MPBetreibV] Zusammenfassung Instandhaltung von Medizinprodukten Die Vorschrift entspricht der vorangegangenen Verord- Die Verabschiedung der überarbeiteten Medizinproduk- nung im Punkt Instandhaltung von Medizinprodukten te-Betreiberverordnung ermöglicht nun eine eindeutigere und ist lediglich um die Voraussetzung für besondere An- Zuordnung der Pflichten und Voraussetzungen, die ein forderungen bei bestimmten Tätigkeiten hinsichtlich der Betreiber und Anwender von Medizinprodukten erfüllen Instandhaltung ergänzt worden (s. auch § 5). muss. [§ 8 Abs. 4 MPBetreibV] Der Korrekturbedarf sollte vom Betreiber ermittelt und Aufbereitung von Medizinprodukten entsprechend abgestellt werden, um den neuen Anforde- Die geänderte Vorschrift verlangt hier vom Betreiber, rungen gerecht zu werden. dass er nur noch Personen, Betriebe oder Einrichtun- gen mit der Aufbereitung von Medizinprodukten beauf- Auch Dienstleistungsunternehmen, die den besonderen tragt, die die Voraussetzung nach § 5 erfüllen. Anforderungen entsprechen und diese in Zukunft anbie- ten wollen, sollten ihre Prozesse zielgerichtet auf eine be- Wenn die Voraussetzung nach § 5 bei der beauftragten vorstehende Zertifizierung ein- bzw. umstellen. | Person oder dem Beschäftigten des beauftragten Betrie- bes bzw. der beauftragten Einrichtung nicht über die er- forderliche Ausbildung verfügt, können Kenntnisse aus fachspezifischen Fortbildungsmaßnahmen (nach RKI/ BfArM-Empfehlung) angerechnet werden. Quelle: Zusätzlich muss die Validierung und Leistungsbeur- teilung des Aufbereitungsprozesses durch qualifizierte, Medizinprodukte-Betreiberverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 2002 (BGBI. I S. nach § 5 zertifizierte Fachkräfte (ab 1. Januar 2020) 3396), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 27. erfolgen. Hier ist nochmals zu erwähnen, dass zurzeit September 2016 (BGBI. I S. 2203) geändert worden ist. völlig unklar ist, wer auf welcher Grundlage solche Zer- tifikate vergeben darf.
6 aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Klinik und Hygiene Risikomanagement und Plausibilitätskontrolle Th. W. Fengler Die Aufbereitung von Medizin- Es muss eine von den Mitarbeitern praktizierbare Rou- produkten ist eine Produktions- tine für den Produktionsprozess aufbereiteter Medizin- | Autor aufgabe, die viele händische produkte-Einheiten auch durch Kontrollmaßnahmen Arbeitsschritte einschließt und sichergestellt werden. Diese wird auf Basis des »Deming- Dr. med. Dipl.-Ing. Thomas W. Fengler die sich aufgrund der beson- kreises« [Plan – Do – Check – Act → PDCA-Zyklus] in Schriftführer deren Anforderungen einem einem dynamischen Optimierungsprozess gehalten. Der Chirurgie-Instrumenten-AG Qualitätsmanagement unter- Betreiber der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte Cleanical Investigation & Application Scharnhorststraße 3 werfen muss (ISO 13485, muss jederzeit die Qualität der geleisteten Arbeit belegen 10115 Berlin 9001, 14971, 15224). Insbe- können. www.cleanical.de sondere ist ein Organisations- verschulden mit Blick auf den Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) stellt zum Patienten, Mitarbeiter oder be- Thema »Klinisches Risikomanagement und Fehlermelde- troffene Dritte auszuschließen. Eine zentra- systeme« fest:1 »§ 5 (1) Das Krankenhaus hat wesentliche le Aufgabe ist daher die Risikoanalyse, die Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Patientensicher- für die zu beschreibenden Aufbereitungsteil- heit ein- und durchzuführen. Dazu werden unter Einbe- schritte Verfahrensweisen herausfiltert, die ziehung auch der Patientenperspektive Risiken identifi- ein möglichst geringes Risiko aufweisen. ziert und analysiert, wobei es Führungsaufgabe ist, die entsprechende Risikostrategie festzulegen. Identifizierte Für jeden der Prozessschritte (Ablage, Transport, Vor- Risiken werden bewertet und durch die Ableitung und bereitung zur Reinigung, Vorreinigung und Reinigung Umsetzung von Präventionsmaßnahmen reduziert. usw.) ist darzustellen, welche Gesichtspunkte für die (2) Die Krankenhausleitung bietet aktiv Unterstützung Risikobetrachtung im Sinne einer Risikominimierung, und gewährleistet den strukturierten Austausch aller Be- -überwälzung oder -übernahme eine Rolle spielen. Ziel teiligten. Für die Etablierung, Koordination und Steue- ist dabei nicht die Maximierung der Maßnahmen oder rung des klinischen Risikomanagements im Krankenhaus Abb. 1: Zeitlicher und die Übernahme von Laboraufgaben seitens der AEMP, sind Verantwortliche zu benennen. Die Mitarbeiter sind inhaltlicher Ablauf der Aufbereitung in der sondern eine Verfahrensweise, die eine Plausibilitätsbe- regelmäßig und zeitnah über den Sachstand zu infor- Aufbereitungseinheit für trachtung einschließt. mieren und in die geplanten Maßnahmen einzubinden. Medizinprodukte (AEMP). Hierzu gehören insbesondere Schulungen der Mitarbeiter sowie Fallanalysen und -besprechungen. […]« Sterilgutaufbereitung Auch Überwachungsbehörden gehen übrigens nach den Endoskopische Instrumente und Komponenten Methoden des Risikomanagements vor, z. B. erfolgt die behördliche Überwachung der Betreiber nach dem MPG in NRW schon seit 2002 einem Konzept der systemati- schen risikoabgestuften Überwachung. Dabei werden die Überwachungsmaßnahmen priorisiert nach • Risiko aus der Anwendung (Behandlungsspektrum), • Risiko aus der Aufbereitung, • Fallzahlen (Patientenaufkommen). 1 Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB V über die grundsätzlichen Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser: Umsetzung des § 137 Absatz 1d Satz 1 SGB V vom 23. Januar 2014
aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Klinik und Hygiene 7 Werkzeuge des Risikomanagements Risikomanagement wird als ein fortlaufender Prozess ver- standen, in dem Planung, Umsetzung, Überwachung und Verbesserung kontinuierlich stattfinden und sich der Pro- Planen Durchführen zess nach und nach zu höherer Qualität »emporschraubt« (siehe Abb. 2). Es ist in diesem Sinne und gemäß der ISO-Norm 14971 eine Führungsaufgabe, welche auch Demingkreis Risikomanagement soll […] eine Kultur der Risikolenkung in der Handeln Kontrollieren Organisation entstehen lassen. Abb. 2: Demingkreis: eine entscheidende Rolle im Qualitätsmanagement spielt. Wie »schraube« ich an Risikomanagement soll über die gesamte Lebensdauer ei- der Qualität? ner Organisation (z. B. für die Aufbereitung von Medi- zinprodukten) zur Anwendung kommen und eine Kultur Kontrollpunkten. Eine kritische Eingreifgrenze ist der der Risikolenkung in der Organisation entstehen lassen. Maximal- oder Minimalwert, auf die hin physikalische, Die Anwendung eines Risikomanagementsystems kann chemische oder biologische Gefahren überprüft werden mithilfe von bestimmten Werkzeugen erleichtert werden: müssen, um eine Gefährdung abzuwenden, zu eliminie- ren oder auf ein erträgliches Niveau zu reduzieren. 1. »CAPA = CORRECTIVE AND PREVENTIVE • Einrichten von entsprechenden Überwachungsver- ACTIONS« ist ein Qualitätsmanagementkonzept für die fahren an den kritischen Kontrollpunkten. Das Über- systematische Untersuchung von Abweichungen (z. B. wachungsverfahren und die Häufigkeit sollten im Ausfall/Abweichung), um ein wiederholtes Auftreten zu HACCP-Plan festgehalten werden. vermeiden (»Korrekturmaßnahmen«) oder das Auftreten • Einrichten von Korrekturmaßnahmen für den Fall von im Voraus zu verhindern (»vorbeugende Maßnahmen«). Abweichungen. Die notwendigen Schritte im Fall von Um sicherzustellen, dass die Maßnahmen wirksam sind, Über- oder Unterschreitungen der Grenzwerte müssen ist eine systematische Untersuchung von Ausfällen oder festgelegt sein. Medizinprodukte, die die Grenzwerte Abweichungen von wesentlicher Bedeutung. Ein System nicht einhalten, müssen dem Kreislauf entzogen werden. könnte zum Beispiel ISO 13485:2003/AC2007 (Me- • Einrichten von Evaluierungsmaßnahmen zur Überprü- dizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme – An- fung der Effizienz des HACCP-Systems. Dabei können/ forderungen für regulatorische Zwecke) sein oder ISO sollten die gesamten HACCP-Pläne, die Aufzeichnungen 14971:2012 (Medizinprodukte – Anwendung des Risi- der kritischen Kontrollpunkte, die kritischen Grenzwerte, komanagements auf Medizinprodukte). die Stichproben und die Analysen evaluiert werden. • Einrichten einer Dokumentation der Maßnahmen: 2. »HACCP = HAZARD ANALYSIS AND CRITICAL Alle Produktionsstätten haben entsprechende Archive CONTROL POINTS«: Ein »kritischer Kontrollpunkt« und Dokumentationen der Daten zum HACCP. Dazu ist ein Punkt, Schritt oder Verfahren im Verarbeitungs- gehören die Daten an den Kontrollpunkten, Grenz- prozess, bei dem Kontrollen möglich sind, um Risiken zu werte, Aktivitäten zur Überprüfung und zur Evaluie- verhindern oder sie auf ein akzeptables Niveau zu redu- rung und die Vorgehensweise bei Abweichungen. zieren. Durch eine Gefährdungsanalyse können mögliche Gefahren (= Risiken) identifiziert und Pläne für Gegen- 3. »ALARP = As Low As Reasonably Practicable«: Beim maßnahmen ausgearbeitet werden. ALARP-Konzept geht es darum, das Risiko gegen den Auf- Die Durchführung einer Gefahrenanalyse, Identifizie- wand (Kosten, Arbeit) abzuwägen, der benötigt würde, um rung potenzieller Gefahren und Festlegung von Plänen es weiter zu reduzieren oder auszuschalten. Die Entschei- für Gegenmaßnahmen erfolgt in mehreren Schritten: dung ist von vornherein zugunsten von Gesundheit und • Identifikation der für die Sicherheit kritischen Kontroll- Sicherheit gewichtet, da der Betreiber Risikominderungs- punkte. Festlegung von Eingreifgrenzen an den jeweiligen maßnahmen umzusetzen hat. Will er den Aufwand ver-
8 aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Klinik und Hygiene meiden, muss der Betreiber nachweisen, dass der Aufwand (4) Auf der Grundlage eingegangener Meldungen erfolgt grob unverhältnismäßig wäre, da z. B. nur ein geringeres die Analyse der Prozesse, und nach zeitnaher Bearbeitung Maß an Risikominimierung zu erreichen wäre. werden entsprechende Präventionsmaßnahmen abgelei- tet und umgesetzt. […] 4. Die Risikodokumentation kann im Rahmen eines (5) […] Für das Fehlermeldesystem im Besonderen ist »CIRS = Critical Incident Reporting System«, zu eine entsprechende Dokumentation und Nachvollzieh- Deutsch: eines Fehlermeldesystems, durchgeführt wer- barkeit des Systems erforderlich. Nach Implementierung den. Diesem Konzept liegt die Erfahrung zugrunde, dass von Maßnahmen sollen eine Evaluation und gemäß dem einem gravierenden Schaden i. d. R. eine Reihe von ent- PDCA-Zyklus ggf. erforderliche Anpassungen erfolgen.« sprechenden Beinahezwischenfällen vorangegangen ist. Bei Kenntnis des Risikos wäre es wohl möglich gewesen, »Risiko-Nutzen-Analyse«: Manchmal kann man ein Ri- das Ereignis zu verhindern. Es können alle sicherheitsre- siko nur mindern, indem man auf ein bestimmtes Instru- levanten Ereignisse berichtet werden: kritische Ereignis- ment verzichtet. Beispiel: der flexible Knochenmarksboh- se, Beinaheschäden und Fehler, die zusätzlich für über- rer (Abb. 4). Wir benötigen ihn, aber er lässt sich kaum regionales, interdisziplinäres oder interprofessionelles risikolos reinigen. Die Entscheidung, solche Instrumente Lernen relevant erscheinen. CIRS haben nicht das Ziel, zu nutzen, erfordert es, die Risiken gegen den erwarteten Schuld- oder Haftungsfragen zu klären, sondern das Risi- Nutzen des Verfahrens abzuwägen. Manchmal können ko zu reduzieren, indem »Löcher« in der mehrschichtigen solche Urteile nur im Wissen um den Gesundheitszustand Abwehr geschlossen werden, welche oft durch aktive und eines einzelnen Patienten durch einen Arzt vorgenommen passive Fehler verursacht werden. werden. Unter Berücksichtigung der Herstellerangaben und auf der Grundlage des vorliegenden MP könnte er zu Der G-BA äußert sich dazu wie folgt: dem Schluss kommen, dass es besser ist, das Instrument »(3) Ein Fehlermeldesystem muss für alle Mitarbeiter ab- nicht zu benutzen. Oder der Betreiber stellt, vielleicht so- teilungs- und berufsgruppenübergreifend niederschwel- gar durch eigene Versuche, sicher, dass die Risiken erträg- lig zugänglich und einfach zu bewerkstelligen sein. Die lich sind, weil ein geeignetes Verfahren zur Reinigung be- Meldungen müssen freiwillig, anonym und sanktionsfrei schrieben werden kann. So oder so, es muss Verantwortung durch die Mitarbeiter erfolgen können. […] Es sind so- übernommen werden. Alle Beteiligten müssen verstehen, wohl Einführungen in den Umgang mit Fehlermeldesys- dass die Nutzung eines Medizinprodukts immer ein be- temen als auch bei Bedarf regelmäßige Schulungen für stimmtes Risiko birgt, ganz gleich welche Vorsichtsmaß- die Mitarbeiter durchzuführen. nahmen wir anwenden. Inspektion Packen Sterilisation Dampf Maschinelle Nachreinigung? Sieb FA Steril Zerlegung Reinigung, Reparatur? Set EO Transport vom Vorreinigung thermische Wartung, Plasma OP Desinfektion, Montage Rein Ultraschall Trocknung Unrein Trocken- Entsorgung Abb. 3: Das »Schweizer-Käse- Diagramm« vergleicht Sicher- heitsebenen mit hintereinan- derliegenden Käsescheiben. Die Löcher im Käse sind ein Bild für die Unvollkommen- heit von Sicherheits- oder Schutzmaßnahmen in einem Sicherheitssystem. Bei einer ungünstigen Kombination vieler ursächlicher Faktoren entwickeln sich einzelne Feh- Annahme Freigabe ler zu Schäden, Unfällen oder Zeit (Minuten) 5 60 5 15 30 bis 60 katastrophalen Folgen.
aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Klinik und Hygiene 9 Die Risikoanalyse ist daher immer Plausibilitätsprüfun- tisch? Welche bedürfen einer obligatorischen manuellen Abb. 4: Benutzen oder gen zu unterziehen, bevor beispielsweise eine klinische Vorreinigung? Welche müssen validiert werden? Welche nicht benutzen? Das ist hier die Frage! Flexibler Studie geplant wird. Die Plausibilitätsprüfung ist eine Parameter sind für die verschiedenen Aufbereitungs- Knochenmarksbohrer, der grobe Schätzung, eine schnelle Überprüfung eines Ergeb- schritte bekannt, die neben automatisierten Reinigungs- innen gebürstet und gespült nisses, ob etwas überhaupt plausibel ist (akzeptabel, ver- oder Sterilisationsverfahren auch viele manuelle Aspekte werden muss. nünftig). Sind die Zahlen realistisch? So kann ein mögli- enthalten? Spezifische Protokolle sollten relevante und cher offensichtlicher Fehler manchmal frühzeitig erkannt strukturierte Informationen enthalten. werden. Plausibilitätsprüfungen können mit minimalem Aufwand auf Basis bereits bestehender Erkenntnisse Eine Vorgehensweise, um prozessbezogene Risiken zu be- durchgeführt werden. heben, ist die Klassifizierung im Zusammenhang mit den Eigenschaften des Medizinproduktes: unkritisch, semi- In gewisser Weise kann man den Begriff der »Plausibi- kritisch und kritisch. Design-Merkmale können bezüg- lität« auch durch »Einsatz von gesundem Menschen- lich definierter Prozesse (Reinigungs-Sterilisierbarkeit) verstand« ersetzen. Legt man dieses Konzept schon vor Einfluss nehmen (Tab. 1, 2): Beginn der kleinteiligen Analysen und Risikobeherr- • Durchlässigkeit (Permeabilität) innerer Lumina schungsmaßnahmen an ein Problem an, dann hat man • Material und Oberflächenbeschichtungen oft schon früh eine Vorstellung davon, wohin die Reise • Gelenke, Scharniere, Gewindegänge geht und wo man am ehesten mit Problemen zu rechnen • Hohlräume hat. Zur Illustration hier ein paar Thesen zur Plausibilität • Schäfte der Reinigungskontrolle: • Oberflächeneigenschaften • Wenn ich eine Restverschmutzung schon visuell entde- • Masse cke, dann kann ich mir die Probennahme sparen. • Volumen • Wenn ich die Ausgangsverschmutzung nicht kenne, • Beständigkeit dann gibt mir die Reduzierung um eine bestimmte Zahl von log-Stufen nur bedingte Sicherheit. Weitere Aspekte • Wenn die Restverschmutzung pro Instrument über- prüft, aber nicht auf die Oberfläche/Größe umgerech- Medizinprodukte werden direkt an Menschen einge- net wird, dann ist das Ergebnis nur vermeintlich aussa- setzt. Manche Medizinprodukte können die Patienten gekräftig. verletzen und Schäden hervorrufen. Der Patient ist während einer Operation eben nicht nur ein Kunde! Medizinprodukte-»Familien« schaffen Das wiederaufbereitete Medizinprodukt ist nur eines von vielen Risikofaktoren. Da niemand weiß, wo diese Die Gruppenbildung von Instrumenten hilft uns, Aufbe- Medizinprodukte zuvor zum Einsatz kamen, existiert reitungsprobleme bestimmter Medizinprodukte zu anti- ein spezielles Regelwerk für ihre Überwachung. Eine zipieren: Welche Instrumente sind potenziell problema- geeignete Form der Dokumentation ist erforderlich. Keine Validierung nötig (Anforderungen sind bereits durch die Validierung durch den Hersteller nötig (und u. U. auch durch den Leistungsanforderungen an das RDG nach ISO 15883 abgedeckt) Anwender); Reinigungserfolg nicht direkt überprüfbar Gruppe 1: Kritisch-A-Instrumente, wie Wundhaken Gruppe 3: Schiebeschaftinstrumente Gruppe 2: Kritisch-B-Instrumente, wie Scheren, Klemmen Gruppe 4: Rohrschaftinstrumente Gruppe 5: Mikrochirurgische Instrumente Gruppe 6: Komplexe Instrumente Gruppe 7: Flexible Instrumente Tab. 1: Einteilung von Instrumenten in Gruppen nach Erreichbarkeit von Oberflächen bei der Aufbereitung. Gruppierung nach: Wilder J, Roth K: Cleaning of Instruments – an absolute Requirement for Successful Reprocessing. Horizons. A Supplement to Biomedical Instrumentation & Technology. AAMI (spring 2012): 69-72
10 aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Klinik und Hygiene Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 (Gastroskope, Koloskope) (Bronchoskope, HNO, Urologie) mit Luft-/Wasserkanälen mit Luft-/Wasserkanälen mit bis zu 2 Kanälen, aber ohne Kanalsystem im Versorgungsschlauch mit einem Instrumentier-/Absaugkanal mit einem Instrumentier-/Absaugkanal ohne Kanäle im gesamten Endoskop mit/ohne zusätzlichen Instrumentierkanal mit/ohne zusätzlichen Instrumentierkanal mit/ohne Zusatzspülkanal mit/ohne Albarrankanal mit bis zu 2 Steuerkanälen für Ballonfunkti- onen Tab. 2: Eingruppierung von Endoskopen nach Aufbereitungsaspekten. Vgl. Leitlinie zur Validierung maschineller Rei- nigungs- und Desinfektionsprozesse zur Aufbereitung thermolabiler Endoskope. Zentralsterilisation Suppl. 3/2011, Anlage 3 (siehe FORUM Schriftenreihe Band 14, 2012, www.cleanical.de/media/pdf/Forum2012_14_web.pdf) Das Personal muss insbesondere manuelle, technische, • Zeitliche und räumliche Trennung der Aufbereitungs- chemische, hygienische und organisatorische Fähigkei- prozesse (unrein, rein, verpackt, sterilisiert) ten besitzen. • Qualifiziertes, fortgebildetes Personal (Fachkunde I–III) • Regelmäßige Weiterbildungen (Auffrischungskurse Um eine sichere Aufbereitung auf dem Stand der Wis- nach 5 Jahren) senschaft und Technologie zu garantieren, sind folgende • Geeignete und validierte manuelle/maschinelle Prozes- Anforderungen von äußerster Bedeutung: se (in beschriebenen Schritten) • Geeignete Räumlichkeiten und Geräte (investieren) • Mindestanforderungen sind in die Betriebsabläufe (SOP, Standard Operating Procedures) eingebettet • Gesetzliches Regelwerk (ist bekannt und wird befolgt) Literatur: • Aktueller Stand der Technologie und Wissenschaft 1. Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen (wird wahrgenommen) Desinfektion von Medizinprodukten. DGKH – Deutsche Gesellschaft für Kranken- • Lückenlose, zurückführbare Dokumentation (stich- haushygiene, DGSV – Deutsche Gesellschaft für Sterilgutversorgung, AKI – Arbeits- wortartig) kreis Instrumentenaufbereitung, in Kooperation mit dem VAH – Verbund für • Qualitätssicherungssystem, Prozessbeschreibung, Stan- angewandte Hygiene 2. Wilder J, Roth, K: Cleaning of Instruments – an absolute Requirement for Success- dardverfahren ful Reprocessing. Horizons. A Supplement to Biomedical Instrumentation & Technology. AAMI (spring 2012): 69-72 Risikomanagement ist ein entscheidender Teil des Qua- 3. Rutala WA, Weber DJ, HICPAC: Guideline for Disinfection and Sterilization in litätsmanagements bei der Aufbereitung von Medizin- Healthcare Facilities, 2008 4. DIN EN ISO 13485:2016: Medizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme – produkten. Es ist in Deutschland gesetzlich im Sozi- Anforderungen für regulatorische Zwecke algesetzbuch verankert. Verschiedene Werkzeuge des DIN EN ISO 9001:2015: Qualitätsmanagementsysteme Risikomanagements werden eingesetzt, um eine Kultur DIN EN ISO 14971:2013: Medizinprodukte – Anwendung des Risikomanagements der Risikolenkung in der Organisation entstehen zu las- auf Medizinprodukte DIN EN 15224: Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen sen. Die Bildung von MP-Gruppen und -Familien hilft 5. Medizinproduktegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. August 2002 uns dabei, Probleme zu antizipieren und Risiken zu re- (BGBl. I S. 3146), das zuletzt durch Artikel 278 der Verordnung vom 31. August duzieren. Nicht zuletzt sollten wir bedenken, dass sich 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses 6. Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MBetreibV novelliert und ergänzt 2017) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3396), die aus der Summe der potenziellen Risiken ergibt. Je mehr zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 11. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2010) davon wir also identifizieren und kontrollieren können, geändert worden ist. desto besser – für alle Beteiligten. | 7. Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 8. Europäische Richtlinie 93/42/EWG vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte Quelle: www.cleanical.de/media/pdf/Forum2016_28.pdf
aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Fortbildung 11 Fortbildungsteil zum Heraustrennen Einsatz von Handschuhen in der Medizin M. Pietsch, D. Catania, M. Kiesel Bei medizinischen Maßnahmen kommen in DIN EN 455-3: »Anforderungen und der Regel Einmalhandschuhe zum Einsatz. Prüfung für die biologische Bewertung Dabei sind zwei Handschuharten zu unter- (Biokompatibilität)« kontrolliert. Hier | Autoren scheiden: geht es um den Gehalt an Chemikali- • Medizinische Handschuhe sollen beim Arzt- en, Endotoxinen, Puder und herauslös- Prof. Dr. Michael Pietsch Patient-Kontakt Anwender und Patient im baren Proteinen. Bei Verwendung von Diana Catania Rahmen der Hygienemaßnahmen vor Infek- Latex ist der Handschuh aufgrund die- Abt. für Hygiene und Infektions- prävention – Krankenhaushygiene tionen schützen. Sie sind demzufolge eine ses Normenteils entsprechend zu kenn- Universitätsmedizin Mainz beiderseitige Keimbarriere. zeichnen. Eine wichtige Bedeutung hat Hochhaus am Augustusplatz • Schutzhandschuhe – auch als Chemikali- auch die DIN EN 455-4: »Anforderung 55131 Mainz enschutzhandschuhe bezeichnet – dienen und Prüfung der Haltbarkeitsdauer«. Markus Kiesel B. A. ausschließlich dem Schutz des Anwen- In Echtzeitstudien hat der Hersteller Krankenhaushygiene ders. In der Medizin haben sie insbesonde- nachzuweisen, dass die Haltbarkeit der Katholisches Klinikum Mainz re bei der Herstellung von Zytostatika eine Handschuhe für den genannten Zeit- An der Goldgrube 11 Bedeutung. Ihre Anwendung ist dann eine raum gewährleistet ist. Er muss zudem 55131 Mainz Arbeitsschutzmaßnahme. Ein weiteres Ein- die Lagerungsbedingungen angeben. satzgebiet ist der (dauerhafte) Umgang Dies hat auf der kleinsten Einheit zu mit Desinfektionsmittellösungen, z. B. im erfolgen, also auf der Verpackung des Reinigungsdienst oder Funktionsbereichen einzelnen Handschuhpaares. (unreine Seite Endoskopie und ZSVA). Schutzhandschuhe unterliegen zunächst den allgemei- Bei den medizinischen Handschuhen ist zusätzlich noch nen Regelungen der DIN EN 420: »Schutzhandschu- nach sterilen Operationshandschuhen und nach in der he«. Diese Norm gilt für alle Arten von Schutzhandschu- Regel unsterilen Untersuchungs- und Pflegehandschu- hen, also auch für solche, die im industriellen Bereich hen zu unterscheiden. Die Operationshandschuhe wer- benutzt werden. Hierbei geht es um Mindestmaße der den – aufgrund des Einsatzzweckes mit potenzieller einzelnen Handschuhgrößen, Leistungsstufen für die Patientengefährdung – als Medizinprodukt klassifiziert. Anforderung der Fingerfertigkeit, die Kennzeichnungs- Sie unterliegen deshalb auch den Regelungen des Medi- pflicht auf den Kartons sowie den spezifischen Hand- zinproduktegesetzes. schuhaufdruck, um Verwechselungen zu vermeiden. Denn je nach Benutzung kann es bei falscher Anwen- Normengerechte Prüfungen dung zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Hän- de kommen. Für die Überprüfung der Qualität medizinischer Handschuhe gelten mehrere Normen. In der DIN EN Für die Überprüfung von Schutzhandschuhen für die 455-1: »Anforderungen und Prüfung auf Dichtheit und Zytostatika-Herstellung wird die DIN EN 374 »Schutz- Freiheit von Löchern« wird die Abwesenheit von Lö- handschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen« chern mit einer Wasserundurchlässigkeitsprüfmethode herangezogen. Bei der Penetrationsprüfung mittels Was- festgestellt. Der dabei ermittelte AQL-Wert (Accep- ser- oder Lufttest werden Mikroläsionen gesucht. Die ted quality level) definiert die Qualität eines Herstel- Zeit, bis es zu einer Durchwanderung von Chemikali- lungsprozesses durch Überprüfung einer bestimmten en in molekularer Größe kommt, wird in der Perme- Menge von Handschuhen. Dieser liegt bei medizini- ationsprüfung ermittelt. Diese darf bei drei von zwölf schen Handschuhen bei 1,5 %. Anhand der DIN EN Substanzen nicht unter 30 Minuten liegen. Bei Beste- 455-2: »Anforderung und Prüfung der physikalischen hen dieses Tests kann man das Produkt als Chemika- Eigenschaften« wird die Reißfestigkeit geprüft. Die lienschutzhandschuh bezeichnen, erkennbar an einem Inhaltsstoffe der Handschuhmaterialien werden nach Erlenmeyerkolben-Piktogramm und drei Buchstaben
12 aseptica xx. 23. Jahrgang Jahrgang 201x Heftx1||Fortbildung 2017|| Heft Fortbildung für die geprüften Substanzen. Bei Nichtbestehen er- geben, dass etwa 60 % der verwendeten medizinischen hält der Handschuh als Piktogramm ein Becherglas. Es Handschuhe aus Latex hergestellt sind. Dieses Material handelt sich dann um ein Produkt, das zwar wasserfest hat einen hohen Tragekomfort. Es ist extrem dehnbar ist, aber nur einen geringen Schutz gegen Chemikalien und hat gute Griffeigenschaften, insbesondere im Be- bietet. Für die Zytostatika-Zubereitung ist das dichte- reich der Fingerkuppen. Das Problem der Latexallergie re Produkt zu verwenden. Eine weitere Prüfung nach kann durch Waschschritte bei der Herstellung vermin- DIN EN 388: »Schutzhandschuhe gegen mechanische dert werden. Durch Verzicht auf die Puderung kann die Risiken« ermittelt die Abrieb- und Schnitt- bzw. Durch- Übertragung von Naturgummilatexallergenen deutlich stichfestigkeit. Falls auch dieser Test bestanden wurde, reduziert werden. Durch Einsatz von synthetischem kann der Handschuh als »Schutzhandschuh gegen Che- Kautschuklatex ohne pflanzliche Proteine wird das all- mikalien und Mikroorganismen« bezeichnet werden. ergene Risiko weiter vermindert. Bei Naturlatex besteht allerdings das Risiko, dass bei längerem Einsatz in der Materialien Chirurgie Körperfette und Sekrete zu einer Erweichung und Ausdehnung führen können, was die Taktilität an In der Produktion kommen in erster Linie Latex und den Fingerspitzen beeinträchtigt. Nitril, seltener PVC, Polyethylen oder Neopren zum Einsatz. Die Nachfrage in einem Großklinikum hat er- Handschuhe aus Nitrilpolymeren können zwar ver- gleichbar gute Qualitäten bei der Wasserundurchlässig- keit erreichen (AQL < 1,5 %). Allerdings ist der Trage- Abb. 1: Handschuh bei der Flächendesinfektion (Fotos: Markus Kiesel, Mainz) komfort durch die geringere Dehnbarkeit schlechter als bei Latexhandschuhen. Es wird berichtet, dass durch den Vorfall der Stulpe immer wieder einmal keine Bün- digkeit mit dem Schutzkittel hergestellt werden kann. Typischer Einsatzbereich sind deshalb vor allem die Ambulanzen. Auswahl für spezielle Bereiche Zusätzlich sollte die Auswahl des Handschuhs an das Einsatzgebiet und die erwartete Beanspruchung an- gepasst werden. Für die Mitarbeiter der Unterhalts- reinigung werden so Handschuhe mit langen Stulpen empfohlen, bei der Aufbereitung von Instrumenten auf der unreinen Seite sind durchstichsichere Handschuhe Abb. 2: Handschuh bei komplexer Punktion (ebenfalls mit verlängertem Schaft) empfehlenswert. Handschuhdesinfektion Eine Desinfektion der behandschuhten Hände soll nur in besonderen Situationen erfolgen. Dazu gehört bei- spielsweise die Notwendigkeit, bei aufeinanderfolgen- den Maßnahmen die Handschuhe eigentlich wechseln zu müssen, was jedoch zu einer Unterbrechung des Ar- beitsflusses führen würde und deshalb nur schwer um- zusetzen ist. Nach der RKI-Empfehlung »Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens« gilt die nicht einhaltbare Zeitspanne für die Lufttrocknung der desin- fizierten Hände als Kriterium.
aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Fortbildung 13 Fortbildungsteil zum Heraustrennen Eine Handschuhdesinfektion darf keinesfalls durchge- führt werden, wenn eine Perforation sichtbar ist oder die Handschuhe mit Blut, Sekreten oder Exkreten be- lastet sind. Da dies in der Intensivtherapie häufiger zu erwarten ist, wird in der RKI-Empfehlung ein Hand- schuhwechsel nach spätestens 15 Minuten sowie nach jeder Patientenwaschung vorgeschlagen. Erforderlich ist auch die Chemikalienbeständigkeit des verwendeten Produktes. Die genannte Prüfung nach DIN EN 374 muss deshalb mindestens einen Alkohol bei den drei ge- prüften Substanzen beinhalten. Das Positionspapier der »Aktion Saubere Hände« ergänzt hierzu, dass generell eine Tragedauer von 30 Minuten und fünf Desinfektio- nen pro Handschuh nicht überschritten werden sollen. Zudem dürfen der Hersteller des Handschuhs und des Händedesinfektionsmittels dieses Vorgehen nicht aus- geschlossen haben. | Abb. 3: Handschuhe bei der Isolation Praktische Hinweise • Eine Entnahme der Handschuhe aus Boxen soll- te ohne Berührung der Verpackung und weite- rer Handschuhe erfolgen. Ist dies nicht möglich, muss vor jeder Entnahme eine Händedesinfekti- on erfolgen. • Die Boxen sind nach Anbruch vor Kontaminati- on durch Staub oder Flüssigkeiten zu schützen, z. B. durch Lagerung in einem Pflegewagen oder senkrechte Lagerung der Handschuhpackung (Entnahmeöffnung seitlich). • Handschuhe dürfen nicht in der Kitteltasche be- vorratet werden. • Die Verwendung von feuchtigkeitsabsorbieren- Literatur: den textilen Unterziehhandschuhen ist bei Er- fordernis zulässig. Dies vermindert den Hand- 1. AWMF – Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftli- schweiß und hat dadurch einen positiven Effekt chen Medizinischen Fachgesellschaften: Anforde- rungen an Handschuhe zur Infektionsprophylaxe für den Hautzustand. im Gesundheitswesen. Stand: 12/2009 • Handschuhe sollten nur mit trockenen Händen angelegt werden. 2. Kommission für Krankenhaushygiene und • Nach dem Ablegen der Handschuhe sollte eine Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut: Händedesinfektion durchgeführt werden. Ei- Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheits- wesens. Stand: 9/2016 nerseits sind Mikroläsionen bei der Herstellung in Einzelfällen nicht zu vermeiden und anderer- 3. Aktion Saubere Hände: Positionspapier »Desinfi- seits kann es bei den Tätigkeiten zu unerkannten zierbarkeit von medizinischen Untersuchungshand- Perforationen kommen. schuhen«, Stand: 07/2015
14 aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Klinik und Hygiene Routinekontrollen bei Containern: Sichtprüfung reicht aus J. Schnurbusch Die Fragestellung nach visuellen Kontrollen Untersuchungskonzept bei Sterilisationscontainern ist immer ein aktuelles Thema in der Aufbereitung von Aufgrund dessen haben wir uns im Universitätsspital chirurgischem Instrumentarium. Deshalb Basel um einen differenzierten Ansatz bemüht. Bei Con- wurden Systeme mit unterschiedlichen Nut- tainern sind gemäß EN 868-8:2009 Wartungsschritte zungsdauern willkürlich aus einem Prozess anzugeben. Diese Wartungsschritte beschränken sich in entnommen, um diese auf Ihre Keimdich- der Regel auf visuelle Kontrollen der kritischen Berei- tigkeit zu überprüfen. In diesem Prozess che bzw. Teile. Zudem empfehlen die Hersteller, diese werden die Sterilisationscontainer bei je- Kontrollen vor jeder Wiederverwendung, also bei jedem dem Packvorgang ausschließlich visuell Packvorgang, durchzuführen. Bei bestimmten Fehler- geprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass kein bildern ist eine Reparatur bzw. ein Austausch der be- Wachstum von Mikroorganismen während troffenen Teile notwendig. der Tests festgestellt werden konnte. Eine Sichtkontrolle der kritischen Bereiche, um Um herauszufinden, ob diese vorgeschlagenen Sichtkon- die Funktionalität des Sterilisationscon- trollen ausreichend sind, damit eine Funktionalität ge- tainers zu bewerten, scheint damit ausrei- währleistet werden kann, wurde eine Testreihe konzipiert. chend zu sein. Aus dem Aufbereitungsprozess wurden nach dem Zu- Problemstellung fallsprinzip insgesamt sechs Container unterschiedlichen Alters entnommen. Im Universitätsspital Basel werden | Autor Immer wieder stellt sich in der Pra- Container zweier verschiedener Entwicklungsgenera- xis die Frage, wie Containersysteme tionen eingesetzt. Dadurch war es uns möglich, unter- Jörg Schnurbusch auch nach jahrelanger Nutzung hin- schiedlich gealterte Systeme einfach zu erkennen, sodass Leiter ZSVA sichtlich Ihrer Funktionalität über- wir Container entnommen haben, die eine – v. a. reale – Universitätsspital Basel prüft werden können. Dabei wird auf Nutzungsdauer von fünf bis neun Jahren erfahren haben. Petersgraben 4 4031 Basel Fachkongressen und in der Literatur Telefon: +41 61 328 76 80 eine Vielzahl von Testmethoden dis- Diese Container wurden anschließend an das Institut für Telefax: +41 61 265 38 90 kutiert, die vor allem die Dichtheit Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Hochschu- E-Mail: joerg.schnurbusch@usb.ch und auch die Sterilitätserhaltung tes- le Anhalt versendet mit dem Ziel, die Wirksamkeit der ten sollen. Meist beschränken sich Sterilitätserhaltung während einer Lagerzeit von vier Wo- diese Tests auf eine Kontrolle der chen zu zeigen. Dichtigkeit des Systems und sind in der Praxis nur schwer oder begrenzt anwendbar. Die Anwendbarkeit Dieser Test wird sonst von den Herstellern von Contai- wird vor allem dadurch erschwert, dass unterschiedli- nern verwendet, um eine Lagerdauer in einer stark kon- che Arten von Containersystemen in einer ZSVA ein- taminierten Umgebung zu simulieren. Diese Vorgehens- gesetzt werden. weise ist auch als sog. Aerosol-Test bekannt und wurde von Prof. Junghannß et al. entwickelt. Deshalb erschien Eine ausschließlich visuelle Kontrolle der Komponenten es uns sinnvoll, dieses bereits praxisrelevante und akzep- eines Containersystems zur Beurteilung der Funktionali- tierte Verfahren für die Untersuchung zu verwenden. tät wird dadurch auch infrage gestellt. Zu klären bleibt, ob visuelle Kontrollen tatsächlich ausreichend sind oder ob an zuverlässigen Testverfahren für Containersysteme in der täglichen Routine gearbeitet werden muss.
aseptica 23. Jahrgang 2017 | Heft 1 | Klinik und Hygiene 15 Prozessbeschreibung zur Nutzung der getesteten Container Beschreibung des Aufbereitungskreislaufs Im Universitätsspital Basel wurde bereits vor mehreren Jahren entschieden, dass für die Sterilverpackung der Ins- trumente nach Möglichkeit Container verwendet werden sollen. Dies aufgrund der einfachen und sicheren Hand- habung, der Robustheit des Materials und nicht zuletzt auch aus ökologischen Überlegungen. Bei der Verpa- ckung von Einzelinstrumenten oder unförmigen Materi- Abb. 1: Kritische Bereiche, die bei der visuellen Kon- alien kommen dann aber auch andere Verpackungsmate- trolle zu prüfen sind rialien, wie Folien oder Vlies, zum Einsatz. Die Container werden für die Ver- und Entsorgung gleichermaßen ver- wendet. Dabei werden sie etwa 200- bis 250-mal pro Jahr gen kontrolliert werden. In Summe umfasst die visuelle wiederaufbereitet. Routinekontrolle bei jedem Packvorgang die folgenden Schritte: Reinigung und Desinfektion • Sicherer Sitz der Barriere Die Reinigung und Desinfektion der Container erfolgt • Dichtung liegt vollständig auf Wanne auf ausschließlich maschinell. Dafür wird hauptsächlich eine • Verschluss ist ohne Defekt und leichtgängig Taktbandanlage verwendet. Das Reinigen und Desinfi- • Keine Oberflächenveränderungen (bzw. Bewertung zieren erfolgt aber teilweise auch in Einkammer-RDG. dieser) • Keine Risse Als Reinigungsmittel wird eine mild alkalische Chemie • Container nicht verformt verwendet, die sich bei einem pH-Wert von zehn bewegt. • Kante (Wannenrand) eben und keine Kerben Der A0-Wert für die Aufbereitung der Container ist min- destens 600, wobei der eingestellte Prozess deutlich dar- Sterilisation überliegt. Die Container werden bei 134 °C dampfsterilisiert und dabei auch untereinander gestapelt. Danach erfolgt eine Routinekontrollen beim Packen parametrische Freigabe des sterilisierten Gutes. Da die verwendeten Container mit einem Barrieresys- tem mit unbeschränkter Anwendungsdauer ausgerüstet Lagerung und Transport sind, beschränkt sich hier die Kontrolle auf einen festen Abbildung 2 zeigt die Lagerung nach der Sterilisation. Sitz und die Unversehrtheit der Barriere. Der Contai- Die Container werden bis zur Verwendung bzw. zum ner selber wird visuell auf Defekte, wie eine nicht ebene Transport zum OP auf diese Weise gelagert. Oberkante (Wannenrand) oder sonstige Deformati- onen, untersucht. Sollte der Container als Ablage für Instrumentensiebe missbraucht werden, weist die Lippe der Containeroberkante mit der Zeit unter Umständen kleine Kerben auf. Diese Einkerbungen könnten bei entsprechender Tiefe die Funktion der Dichtung beein- trächtigen. Auch solche Container wurden für die Über- prüfung herangezogen. Bei den Containerdeckeln benötigen die Dichtung und der Verschluss besondere Aufmerksamkeit. Gerade bei der leicht in einer Nut versenkten Dichtung muss visuell kontrolliert werden. Aber auch die Oberflächen müssen Abb. 2: Lagerbedingungen auf feinste Haarrisse oder sonstige Materialveränderun- der sterilisierten Container
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