Neues Bauvertragsrecht für Architekten - Mainz, 5. November 2017 Rechtsanwalt Michael Halstenberg
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HFK RECHTSANW ÄLTE L L P • WWW.HFK. DE Neues Bauvertragsrecht für Architekten Mainz, 5. November 2017 Rechtsanwalt Michael Halstenberg
Übersicht 1. Einleitung 2. Kaufrecht 3. Architekten- und Ingenieurvertrag 4. Werkvertragsrecht / Bauvertrag 5. Ausblick © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 1
Gründe für die Novellierung I. Gesetzliche Regelungen für Bauverträge nicht ausreichend II. Rechtliche Lösungen oft mit Hilfe von - § 138 BGB – Sittenwidriges Rechtsgeschäft, Wucher - § 157 BGB – Auslegung von Verträgen – Redlichkeit der Auslegung - § 242 BGB – Treu und Glauben - § 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage - § 642 BGB – Mitwirkung des Bestellers (Auslegung) III. Folgen Keine sinnvolle Strategie eines sozialen Kooperationsverhaltens Keine Berechenbarkeit der Vertragsabwicklung Vorschub für intransparente Kalkulations- und Abrechnungspraktiken Belange der Verbraucher nicht hinreichend berücksichtigt Trägt den spezifischen Bedürfnissen der Architekten- und Ingenieure nicht hinreichend Rechnung. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 3
Gründe für die Novellierung Kooperatives Verhalten der Vertragsparteien stärken. Verbraucher müssen besser abgesichert werden (Bürgschaften / Gewährleistungsabsicherung). Regelung der Ein- und Ausbaukosten bei B2B Geschäften zur Entlastung des Handwerks und von Bauunternehmen. Neuregelung der Lasten im Bereich der gesamtschuldnerischen Haftung der Planer. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 4
Gesetzgebungsverfahren • 24.09.2015 Vorlage Referentenentwurf des BMJV • 02.03.2016 Kabinettbeschluss über modifizierten Entwurf • 12.04.2016 Bundesratsbeschluss mit Änderungen (u. a. „Teilprivilegierung“ der VOB/B) • 18.05.2016 Vorlage des abschließenden Regierungsentwurfs mit Gegenäußerung der Bundesregierung im BT • 10.06.2016 1. Lesung mit Überweisung an Rechtsausschuss • 22.06.2016 Sachverständigenanhörung • 08.03.2017 Abschließende Beratung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz mit Beschlussempfehlungen • 09.03.2017 2. und 3. Lesung im Bundestag – Verabschiedung des Gesetzentwurfs • 31.03.2017 Beschlussfassung des BR (Plenum) über die Anrufung des Vermittlungsausschusses • 01.01.2018 Inkrafttreten – Entstehen des Schuldverhältnisses (Art. 229 ff. EG BGB) © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 5
Wesentliche Inhalte des Gesetzes Regelung der Ein- und Ausbaukosten bei B2B Geschäften (Kaufvertragsrecht) Spezielle Regelung Bauvertrag, Verbraucherbauvertrag und Architekten- und Ingenieurvertrag Baubeschreibungspflicht für Bauträger / Unternehmer Verbindliche Vereinbarung der Bauzeit bei Verbrauchern Widerrufsrecht des Verbrauchers Obergrenze Abschlagszahlungen Anordnungsrecht des Bestellers Preisanpassung bei Mehr- oder Minderleistungen Abnahme und Gefahrenübergang Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 6
Sonstige wichtige Änderungen • Einführung einer ausschließlichen Zuständigkeit der Landgerichte - für Streitigkeiten über Anordnungsrechte (§ 650b BGB) - und die Vergütungsanpassung (§ 650c BGB) • Obligatorische Einrichtung von Spezialspruchkörpern bei den Land- gerichten und Oberlandesgerichten in Bausachen §§ 71 Abs. 2 und 72a, 119a GVG • Nicht übernommen: Privilegierung der VOB/B bei Preisfindung im Fall der Anordnung (§ 650c Abs. 4 BGB-E gestrichen) Keine Durchführung eines Streitbeilegungsversuchs unter Beteiligung eines Sachverständigen vor Anrufung der Gerichte © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 7
2. Kaufrecht © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 8
Neue Bestimmungen des Kaufrechts 2. Abschnitt 8 Einzelne Schuldverhältnisse, Titel 1 Kauf, Tausch Änderung § 439 Nacherfüllung Einfügung § 445a Rückgriff des Verkäufers Einfügung § 445b Verjährung von Rückgriffsansprüchen Ergänzung § 474 Verbrauchsgüterkauf Ergänzung § 475 Anwendbare Vorschriften Änderung § 478 Sonderbestimmungen für den Rückgriff des Unternehmers © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 9
Neue Bestimmungen des Kaufrechts 2. Abschnitt 8 Einzelne Schuldverhältnisse, Titel 1 Kauf, Tausch, Untertitel 1 Allgemeine Vorschriften § 439 Nacherfüllung (1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. (2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen (3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwen- dungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der man- gelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen. § 442 Absatz 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die Kenntnis des Käufers an die Stelle des Vertragsschlusses der Einbau oder das Anbringen der mangelhaften Sache durch den Käufer tritt. (4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. …….. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 10
Neue Bestimmungen des Kaufrechts - Historie EuGH – Urteil vom 16.06.2011 (C 65/09 und 87/09) – Vorlage BGH VIII ZR 70/08 Im Rahmen der Nacherfüllung besteht auch ein Anspruch auf Kosten für den Ausbau der mangelhaften Kaufsache und den Einbau der nachgebesserte Kaufsache („Ersatzsache“) gegenüber dem Verkäufer einer beweglichen Sache. Alternativ möglich: Selbstvornahme durch den Verkäufer, sofern Käufer ein Verbraucher ist (Verbrauchsgüterkauf). Verschulden ist nicht erforderlich (ansonsten: §§ 437 Nr. 3, 440, 280 ff.). Nacherfüllungsanspruch reicht damit weiter als der ursprüngliche Erfüllungs- anspruch (Vgl. BGH, Urt. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07 – Parkettstäbeentschei- dung) – Umsetzung BGH, Urt. 21.12.11, VIII ZR 70/08; 17.10.12, VIII ZR 226/11. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 11
Erweiterung des kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruchs Im Rahmen der Nacherfüllung ist verschuldensunabhängig Ersatz dafür zu leisten, dass die mangelhafte Kaufsache ausgebaut und die Ersatzsache wieder eingebaut werden muss („Wandlung“). Gilt für auch für den Fall, dass die gleiche Sache nach Ausbau und nach Behebung des Mangels wieder eingebaut wird („Nachbesserung“). Keine Selbstvornahme des Aus- und Einbaus durch den Verkäufer als Konsequenz des 2. Andienungsrechts, wie im Entwurf zunächst vorgesehen. (Vermeidung der Konkurrenz von Hauptleistungspflichten aus Werkvertrag und Gewährleistungsrechten aus Kaufvertrag). Für den Anspruch kommt es auf die Kenntnis zum Zeitpunkt des Einbaus an (§ 442 Abs. 1 S. 1) Einbeziehung von Kaufverträgen zwischen Unternehmen (B2B-Geschäfte). © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 12
Ersatz der Aus- und Einbaukosten Objektive Beurteilung der „verwendungszweckmäßigen“ Einbaus. Ggf. Reduzierung des Anspruchs um die „Sowieso“ Kosten (Vorteilsausgleich). Anbringung bedeutet – anders als ein „Einbau“ – die Verbindung mit einer anderen Sache in der Weise, dass sie dem Einbau gleichkommt z. B. bei Dachrinnen, Leuchten, Farben, wohl aber auch Regale etc. Der Aufwendungsersatzanspruch ist dem Anspruch nach § 637 nachgebildet (Selbstvornahmerecht des Bestellers – vgl. BGH Urt. 31.01.91 – VII ZR 63/90). Absicherung des Anspruchs durch § 309 Nr. 8 b) cc) (Klauselverbot), umfasst auch Ansprüche aus § 635 Abs. 2, Geltung für Unternehmer über § 307 Abs. 1 und 2 (Inhaltskontrolle). Leistungsverweigerungsrecht bei Unverhältnismäßigkeit (beachte: § 475 IV). © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 13
Verbrauchsgüterkauf Sonderbestimmung zu § 439 Abs. 4 (Leistungsverweigerungsrecht) § 475 (4) Ist die eine Art der Nacherfüllung nach § 275 Absatz 1 ausgeschlossen oder kann der Unternehmer diese nach § 275 Absatz 2 oder 3 oder § 439 Absatz 4 Satz 1 verweigern, kann er die andere Art der Nacherfüllung nicht wegen Unver- hältnismäßigkeit der Kosten nach § 439 Absatz 4 Satz 1 verweigern. Ist die andere Art der Nacherfüllung wegen der Höhe der Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 oder Absatz 3 Satz 1 unverhältnismäßig, kann der Unternehmer den Aufwendungsersatz auf einen angemessenen Betrag beschränken. Bei der Bemessung dieses Betrages sind insbesondere der Wert der Sache in mangel- freiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Beschränktes(!) Leistungsverweigerungsrecht des Verkäufers (Einrede) bei absoluter Unverhältnismäßigkeit. Bei Unverhältnismäßigkeit der „Zusatz- kosten“ kann der Aufwendungsersatzanspruch auf einen angemessenen Betrag reduziert sein (Einzelfallentscheidung, z. B. bei ästhetischem Mangel). Verbraucher hat ggf. einen Anspruch auf Vorschuss (§ 475 Abs. 6) © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 14
Rückgriffsrecht des Käufers § 445a Rückgriff des Verkäufers (1) Der Verkäufer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von dem Verkäufer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Absatz 2 und 3 sowie § 475 Absatz 4 und 6 zu tragen hatte, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war. (2) Für die in § 437 bezeichneten Rechte des Verkäufers gegen seinen Lieferanten bedarf es wegen des vom Käufer geltend gemachten Mangels der sonst erforderlichen Fristsetzung nicht, wenn der Verkäufer die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat. (3) Die Absätze 1 und 2 finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind. (4) § 377 des Handelsgesetzbuchs bleibt unberührt. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 15
Rückgriffsrecht des Käufers Entspricht der bisherigen Regelung im Verbrauchsgüterkauf (§ 478) Ausgleich für eine erweiterte Mängelhaftung, vor allem des Letztverkäufers. Hersteller Baustoffhändler Bauunternehmer Auftraggeber (Verursacher) (Verkäufer) (Letztkäufer) (Bauherr) Selbständiger Regressanspruch: Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen (auch aus Werkvertrag), die der Letztverkäufer im Verhältnis zum Käufer („unvermeidbar“) zu tragen hatte. § 377 HGB erhält in Bezug auf die „Erkennbarkeit“ des Mangels wegen der gestiegenen wirtschaftlichen Auswirkungen eine größere Bedeutung. Eine Verletzung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten kann zum Verlust des Regressanspruchs führen. § 445b enthält Sonderregelung der Verjährung: Ablaufhemmung/max. 5 Jahre © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 16
3. Architekten- und Ingenieurvertrag © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 17
Haftung bei mangelhafter Objektüberwachung Die Haftung der Planer für mangelhafte Objektüberwachung ist weitgehend: Auch Objektüberwachungsvertrag ist in der Regel Werkvertrag. Architekt ist auch dann verantwortlich, wenn Sonderfachleute Stichproben machen. Bei gefährlichen oder schadensträchtigen Gewerken muss der Architekt „erst recht“ kontrollieren. Besteht der „Verdacht“ einer mangelhaften Leistung muss der Architekt fehlendes Können der Bauunternehmen durch intensivere Kontrolle „ausgleichen“. Architekt muss über allgemeines Fachwissen verfügen. Entlastung des Architekten nur im Ausnahmefall (Aufklärung des Bauherrn, Ablehnen der Verantwortung, Sonderwissen erforderlich). und teuer! © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 18
„Planerhaftung“ Vorteile einer Inanspruchnahme des Planers für den Bauherrn: Planer schuldet Schadensersatz = „Haftung auf Zahlung“ Haftpflichtversicherung des Planers für Mangelfolgeschäden Planer haftet grundsätzlich bei mangelhafter Objektüberwachung „schnittstellenunabhängig“ Keine Klärung der Frage eines Planungs- und/oder Ausführungsmangels erforderlich Kein Mitverschulden des Bauherrn © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 19
Probleme der gesamtschuldnerischen Haftung: Planer haften auch für nicht qualifiziertes Bauunternehmen ohne für höheren Kontrollaufwand vergütet zu werden. Der Bauherr reduziert die Baukosten „auf Kosten des Planers“. Die Haftpflichtversicherung mutiert zu einer gesetzlichen Gewähr- leistungsversicherung, die allein die Planer finanzieren. Dem Planer wird die Möglichkeit zur Nachbesserung genommen, selbst wenn diese möglich ist. Die Versicherungsprämien steigen laufend. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 20
Reform des Architektenrechts Entscheidungen des Gesetzgebers: Architektenvertrag soll (einheitlich) dem Werkvertrag zugeordnet bleiben. Den Besonderheiten soll bei der Ausgestaltung des Werkvertrags aber Rechnung getragen werden. Diskutierte Problembereiche: Regelung zu der „Konzeptfindungsphase“ Kann die „Bestimmung des Leistungserfolgs“ als eigenes Werk qualifiziert werden? Anordnungsrecht des Bestellers Differenzierung des Werkerfolgs im Hinblick auf mögliche Nachträge und/oder Kündigungsrechte der Parteien? Abnahme Kann mehr Klarheit über den Zeitpunkt geschaffen werden? Gesamtschuldnerische Haftung Entschärfung durch eine (Pflicht-) Versicherung für Bauunternehmen? © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 21
Planervertragsrecht - Übersicht Definition vertragstypischer Pflichten incl. „Konzeptfindungsphase“ Definition der Planerleistung. Die „Bestimmung des Leistungserfolgs“ = Erstellung der Planungsgrundlagen ist Teil der (Werk-) Leistung - § 650p Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts und des Bauvertragsrechts u. a. Anordnungsrecht des Bestellers Wiederholung von Leistungsphasen kann angeordnet werden führt aber ggf. zu Nachträgen – Verweis § 650q Sonderkündigungsrecht – nach Vorlage der Planungsgrundlagen § 650r Abnahme Architekt kann Teilabnahme (Abschluss der Objektüberwachung) verlangen § 650s Subsidiäre gesamtschuldnerische Haftung Begrenzung durch eine vorrangige Inanspruchnahme des Bauunternehmers § 650t © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 22
4. Änderungen des Werkvertragsrechts © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 23
Neue Vertragstypen Titel 9 Werkvertrag und ähnliche Verträge (gesetzliche Leitbilder) • Kapitel 1 – Allgemeine Vorschriften (Werkvertrag) • Kapitel 2 – Bauvertrag (nur) Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon • Kapitel 3 – Verbraucherbauvertrag Verträge, die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet • Kapitel 4 – Unabdingbarkeit • Untertitel 2 Architektenvertrag und Ingenieurvertrag • Untertitel 3 Bauträgervertrag Bauvertrag, der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 24
§ 650p Vertragstypische Pflichten aus Architekten- und Ingenieurverträgen (1) Durch einen Architekten- oder Ingenieurvertrag wird der Unter- nehmer verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. (2) Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, hat der Unternehmer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Er legt dem Besteller die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung vor. Vergütung: § 650q i. V. m. § 631 Abs. 1 und 632 Abs.2 sowie HOAI. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 25
Architekten- und Ingenieurvertrag Spezieller Vertragstyp ist eigener Auslegung zugänglich. Ansonsten gilt ggf. das allgemeine Werkvertragsrecht. Keine Definition des „Architekten“ oder des „Ingenieurs“ – sondern der „Tätigkeit wie ein Architekt oder Ingenieur“ (Bauunternehmer? – gemischter Vertrag) In Bezug auf die vertragstypischen Pflichten keine Bezugnahme auf die Leistungsbilder der HOAI. Vertragstyp erfasst nur Leistungen zur „Ausführung“ d. h. Herstellung von Bauwerken und von Außenanlagen (§ 648a BGB). Erforderlich ist Grundstücksbezug (kein bloßes Designen von Gegenständen) und gestalterische Arbeit (nicht Gartenpflege), vgl. § 39 HOAI „Freianlagen“. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 26
Pflichten des Planers Trennung „Konzeptfindungsphase“ / Umsetzung der Planung DerPlaner schuldet nach wie vor den Erfolg und die erforderlichen Planungs- und Leistungsschritte. Eserfolgt eine notwendige laufende Konkretisierung „nach dem jeweiligen Stand der Planung“. Konkretisierungdes Erfolgs („Weiterplanung“) ist von einer vergütungs- pflichtigen Änderungsanordnung abzugrenzen. Architekt muss ggf. Entscheidung des Bauherrn herbeiführen und dokumentieren. Die Konzeptfindungsphase („Nullphase“) wird vom Besteller oft als kostenlose „Akquisition“ angesehen. Erstellung der Planungsgrundlagen soll eigentlich vergütungspflichtig sein – aber Vertragsschluss nach wie vor erforderlich - § 631 Abs. 1 und 632 Abs. 1 BGB. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 27
Planungsgrundlage Unternehmer legt dem Besteller die Planungsgrundlage, mit der die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele festgelegt werden, zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustim- mung vor. Der Besteller soll die Möglichkeit haben, rechtzeitig eine fundierte Entscheidung zu treffen – auch über die Fortsetzung des Projektes. Isteine der Vertragsparteien nach Erstellung des Konzepte mit der Leistung nicht einverstanden, kommt eine Kündigung des Vertrags bisher grundsätzlich nur nach § 649 BGB in Betracht. Dies ist mit erheblichen Kostenrisiken verbunden. Für Anordnungsrechte / Nachträge (§§ 650q i. V. m. §§ 650 b ff. BGB) bedarf es eines zuverlässigen Maßstabs: Fortschreibung der Planungsgrundlage. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 28
§ 650r Sonderkündigungsrecht (1) Nach Vorlage von Unterlagen gemäß § 650p Absatz 2 kann der Besteller den Vertrag kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen, bei einem Verbraucher jedoch nur dann, wenn der Unternehmer ihn bei der Vorlage der Unterlagen in Textform über das Kündigungsrecht, die Frist, in der es ausgeübt werden kann, und die Rechtsfolgen der Kündigung unterrichtet hat. (2) Der Unternehmer kann dem Besteller eine angemessene Frist für die Zustimmung nach § 650p Absatz 2 Satz 2 setzen. Er kann den Vertrag kündigen, wenn der Besteller die Zustimmung verweigert oder innerhalb der Frist nach Satz 1 keine Erklärung zu den Unterlagen abgibt. (3) Wird der Vertrag nach den Absätzen 1 oder 2 gekündigt, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 29
Sonderkündigungsrecht Führtdie Vorplanungsphase zu einem tauglichen Entwurf, der den Vor- stellungen und Wünschen des Bestellers objektiv entspricht, kann der Besteller kündigen. Schriftform erforderlich - § 650h BGB. DerArchitekt kann den Besteller auffordern, sich (binnen zwei Wochen) zu den definierten Planungszielen zu erklären. Der Besteller hat dann (Anknüpfung § 642 BGB) Obliegenheit, sich zu erklären (keine Abnahme sondern Konkretisierung des vertraglich geschuldeten Erfolgs). Erfolgt keine Erklärung hat auch der Architekt Kündigungsmöglichkeit. • Einigung: Vertrag wird auf dieser Basis abgewickelt. • Keine Einigung: Aufwands- und ggf. Nutzungsentschädigung (für die erstellten Pläne). Gewährleistung für die erbrachten Leistungen. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 30
§ 650q Anwendbare Vorschriften (1) Für Architekten- und Ingenieurverträge gelten die Vorschriften des Kapitels 1 des Untertitels 1 sowie die §§ 650b, 650e bis 650h entspre- chend, soweit sich aus diesem Untertitel nichts anderes ergibt. (2) Für die Vergütungsanpassung im Fall von Anordnungen nach § 650b Absatz 2 gelten die Entgeltberechnungsregeln der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der jeweils geltenden Fassung, soweit infolge der Anordnung zu erbringende oder entfallende Leistungen vom Anwendungsbereich der Honorarordnung erfasst werden. Im Übrigen ist die Vergütungsanpassung für den vermehrten oder verminderten Aufwand auf Grund der angeordneten Leistung frei vereinbar. Soweit die Vertragsparteien keine Vereinbarung treffen, gilt § 650c entspre- chend. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 31
§ 650q – anwendbare Vorschriften des Werkvertragsrechts • Untertitel 1, Kapitel 1 : Allgemeine Vorschriften des Werkvertragsrechts • § 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag • § 632 Vergütung • § 632a Abschlagszahlungen • § 633 Sach- und Rechtsmangel • § 634 Rechte des Bestellers bei Mangel • § 634a Verjährung der Mängelansprüche • § 635 Nacherfüllung • § 636 Besondre Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz • § 637 Selbstvornahme • § 638 Minderung • § 639 Haftungsausschluss • § 640 Abnahme • § 641 Fälligkeit der Vergütung • § 642 Mitwirkung des Bestellers • § 643 Kündigung bei unterlassener Mitwirkung • § 644 Gefahrtragung • § 645 Verantwortlichkeit des Bestellers • § 646 Vollendung statt Abnahme • § 647 Unternehmerpfandrecht • § 648 Kündigungsrecht des Bestellers • § 648a Kündigung aus wichtigem Grund • § 649 Kostenvoranschlag • § 650 Anwendung des Kaufrechts © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 32
Änderung des Werkvertragsrechts - Allgemeine Vorschriften § 632a BGB Abschlagszahlungen (1) Der Unternehmer kann von dem Besteller eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen verlangen. Sind die erbrachten Leistungen nicht vertragsgemäß, kann der Besteller die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlags verweigern. Die Beweislast für die vertragsgemäße Leistung verbleibt bis zur Abnahme beim Unternehmer. § 641 Abs. 3 gilt entsprechend. Die Leistungen sind durch eine Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für erforderliche Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, wenn dem Besteller nach seiner Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird. (2) Die Sicherheit nach Absatz 1 Satz 6 kann auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 33
Änderung des Werkvertragsrechts – Allgemeine Vorschriften Allgemeine Vorschriften § 632a BGB – Berechnung von Abschlagszahlungen • Erleichterung der Berechnung: Maßstab soll der Wert der von dem Unter- nehmer erbrachten und vertraglich geschuldeten Leistung sein (nicht Wertzuwachs). • Auch bei wesentlichen Mängeln kann vom Abschlag nur ein angemessener Betrag (i. d. R. das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten) zurückbehal- ten werden. • Die Abschlagszahlungen für Bauträgervertrag und die Verbraucherschutz- rechte sind in anderen Regelungen enthalten (§§ 650v und 650m). © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 34
Änderung des Werkvertragsrechts – Allgemeine Vorschriften § 640 Abnahme (1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzuneh- men, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlos- sen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. (2) Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen. (3) Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, ob- schon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 35
Änderung des Werkvertragsrechts – Allgemeine Vorschriften § 640 BGB – Abnahme Die Abnahme wird (endgültig) fingiert, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Vollendung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Voraussetzung „Fertigstellung“, d. h. Leistungen sind „abgearbeitet“. • Bisher Streit über die „Abnahmereife“ wenn der Unternehmer vergeblich eine Frist zur Abnahme gesetzt hatte. Damit bestand ggf. lange Zeit Unklarheit, ob die Abnahmewirkungen eingetreten waren. • Verweigerung zerstört die Fiktion. • Möglich bleibt das „Nachschieben von Mängeln“. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 36
Änderung des Werkvertragsrechts – Allgemeine Vorschriften § 648a Kündigung aus wichtigem Grund (1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interes- sen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann. (2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenz- baren Teil des geschuldeten Werks beziehen. § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 37
Änderung des Werkvertragsrechts – Allgemeine Vorschriften § 648a Kündigung aus wichtigem Grund (3) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen ver- langen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungs- standes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungs- standfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat. (4) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unterneh- mer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt. (5) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 38
Änderung des Werkvertragsrechts § 648a BGB - Kündigung aus wichtigem Grund Voraussetzung: dem kündigenden Teil ist die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Vollendung des Werks nicht zumutbar. Ggf. Fristsetzung erforderlich (vgl. Rücktritt!) Teilkündigung bei abgrenzbarem Teil des Werks möglich. Folge: Vergütung nur des bis zur Kündigung erbrachten Teils des Werks. Anspruch der Parteien auf eine gemeinsame Feststellung des Leistungsstandes (Sanktion: Beweislastumkehr). Merke: Die Kündigung eines Bauvertrags bedarf der Schriftform (§ 650h) © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 39
Novellierung des Bauvertragsrechts © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 40
§ 650q – anwendbare Vorschriften des Bauvertragsrechts • § 650b Änderung des Vertrags, Anordnungsrecht des Bestellers • Vergütungsanpassung 1. HOAI / 2. Vereinbarung / 3. § 650c • § 650d Einstweilige Verfügung § 650e Sicherungshypothek des Bauunternehmers § 650f Bauhandwerkersicherung • § 650g Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme , Schlussrechnung • § 650h Schriftform der Kündigung des Bauvertrags © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 41
Bauvertrag § 650a BGB –Definition des Bauvertrags Vertrag über die Herstellung oder den Umbau eines Bauwerks einer Außenanlage oder eines Teils davon sowie Instandhaltung bei wesentlicher Bedeutung für das Bauwerk. - Herstellung - Wiederherstellung - Beseitigung (neu) - Umbau - Instandhaltung mit wesentlicher Bedeutung - Erweiterung / Modernisierung s. § 2 HOAI (wesentlich?) - Instandsetzung © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 42
Bauvertrag § 650b Änderung des Vertrages; Anordnungsrecht des Bestellers (1) Begehrt der Besteller 1. eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs (§ 631 Absatz 2) 2. oder eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist, streben die Vertragsparteien Einvernehmen über die Änderung und die infolge der Änderung zu leistende Mehr- oder Mindervergütung an. Der Unternehmer ist verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen, im Falle einer Änderung nach Satz 1 Nummer 1 jedoch nur, wenn ihm die Ausführung der Änderung zumutbar ist. Macht der Unternehmer betriebsinterne Vorgänge für die Unzumutbarkeit einer Anordnung nach Abs. 1 S.1 Nr.1 geltend, trifft ihn die Beweislast hierfür. Trägt der Besteller die Verant- wortung für die Planung des Bauwerks oder der Außenanlage, ist der Unter- nehmer nur dann zur Erstellung eines Angebots über die Mehr- oder Minder- vergütung verpflichtet, wenn der Besteller die für die Änderung erforderliche Planung vorgenommen und dem Unternehmer zur Verfügung gestellt hat. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 43
Bauvertrag § 650b Änderung des Vertrages; Anordnungsrecht des Bestellers Begehrt der Besteller eine Änderung, für die dem Unternehmer nach § 650c Absatz 1 Satz 2 kein Anspruch auf Vergütung für vermehrten Aufwand zusteht, streben die Parteien nur Einvernehmen über die Änderung an; Satz 2 findet in diesem Fall keine Anwendung. (2) Erzielen die Parteien binnen 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens beim Unternehmer keine Einigung nach Absatz 1, kann der Besteller die Änderung in Textform anordnen. Der Unternehmer ist verpflichtet, der Anordnung des Bestellers nachzukommen, einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 jedoch nur, wenn ihm die Ausführung zumutbar ist. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. - Streitigkeiten können im Verfahren der einstweiligen Verfügung ausgetragen werden - § 650d. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 44
Bauvertrag § 650b BGB – Anordnungsrecht des Bestellers Zielt auf eine einvernehmliche Regelung durch die Parteien. Herbeiführung von Leistungen, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig sind (2. Alt.) oder Anordnung zur Änderung des Werkerfolgs (Vertragsänderung-1. Alt). Einigung über Änderung und Vergütung (bei geänderter Leistung ggf. Vergleichsrechnung?) erforderlich Nach 30 Tagen: einseitige Anordnung des AG möglich (Textform – sonst ggf. Nichtigkeit - § 125 BGB). Voraussetzung: Zumutbarkeit (Art und Bauzeit) Ggf. Planung des Auftraggebers (Schnittstelle) „Verantwortung“ (Grds. nicht wenn Unternehmer Planung schuldet - Globalpauschalvertrag ansonsten Vertrag im Einzelfall). Folge: AN kann ggf. Leistung verweigern bis Einigung über Zumut- barkeit oder gerichtliche (EV) oder außergerichtliche Entscheidung. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 45
Bauvertrag § 650c BGB – Vergütungsanpassung bei Anordnungen (1) Die Höhe des Vergütungsanspruchs für den infolge einer Anordnung des Bestellers nach § 650b Absatz 2 vermehrten oder verminderten Aufwand ist nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit ange- messenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu ermitteln. Umfasst die Leistungspflicht des Unternehmers auch die Planung des Bauwerks oder der Außenanlage, steht diesem im Fall des § 650b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 kein Anspruch auf Vergütung für vermehrten Aufwand zu. (2) Der Unternehmer kann zur Berechnung der Vergütung für den Nachtrag auf die Ansätze in einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation zurückgreifen. Es wird vermutet, dass die auf Basis der Urkalkulation fortgeschriebene Vergütung der Vergütung nach Absatz 1 entspricht. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 46
Bauvertrag § 650c BGB – Vergütungsanpassung bei Anordnungen (3) Bei der Berechnung von vereinbarten oder gemäß § 632a geschul- deten Abschlagszahlungen kann der Unternehmer 80 Prozent einer in einem Angebot nach § 650b Absatz 1 Satz 2 genannten Mehrvergütung ansetzen, wenn sich die Parteien nicht über die Höhe geeinigt haben oder keine anderslautende gerichtliche Entscheidung ergeht. Wählt der Unternehmer diesen Weg und ergeht keine anderslautende gerichtliche Entscheidung, wird die nach den Absätzen 1 und 2 geschuldete Mehrver- gütung erst nach der Abnahme des Werkes fällig. Zahlungen nach Satz 1, die die nach Absätzen 1 und 2 geschuldete Mehrvergütung über-steigen, sind dem Besteller zurückzugewähren und ab ihrem Eingang beim Unter- nehmer zu verzinsen. § 288 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und § 289 Satz 1 gelten entsprechend. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 47
Bauvertrag § 650c BGB – Vergütungsanpassung bei Anordnungen • Richtet sich nach den „tatsächlich erforderlichen Kosten“ mit angemesse- nen Zuschlägen für AGK, Wagnis und Gewinn (= fiktive Berechnung mit Gegenüberstellung und Vermischungsverbot). • Rückgriff auf Urkalkulation ist zulässig (Wahlrecht), falls vereinbarungs- gemäß hinterlegt – (widerlegbare) Vermutungswirkung (§ 292 ZPO). Vergütungsregelungen der VOB/B wohl kein Widerspruch. • Der AN kann bei geschuldeten Abschlagszahlungen 80 Prozent einer im Angebot zur Vertragsanpassung genannten (prüfbaren) Mehrvergütung ansetzen wenn keine Einigung über die Höhe erfolgt ist und keine anders- lautende gerichtliche Entscheidung ergeht. Alt.: 100% der berechneten Kosten. • Mehrvergütung erst nach Abnahme des Werks fällig. Ggf. Rückerstattung der Vorauszahlung plus Verzinsung (§ 288 f. BGB!). © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 48
Bauvertrag § 650d Einstweilige Verfügung Zum Erlass einer einstweiligen Verfügung in Streitigkeiten über das Anordnungs- recht gemäß § 650b oder die Vergütungsanpassung gemäß § 650c ist es nach Beginn der Bauausführung nicht erforderlich, dass der Verfügungsgrund glaubhaft gemacht wird. • Dringlichkeit ist nach Baubeginn gegeben. • Folge „Bauprozess“, Bsp.: „80% Regelung“: - Wunsch des Bestellers auf Änderung der Leistung - Nachtragsangebot - Keine Einigung (ggf. Verstreichen der Frist) - Schriftliche Anordnung durch Besteller - Ausführung der geänderten Leistung (bis zum fraglichen Leistungsstand) - Vergütungsanteil und Reduzierung auf 80% des Nachtragsangebots. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 49
Bauvertrag § 650e BGB Sicherungshypothek des Bauunternehmers § 650f BGB Bauhandwerkersicherung Die Vorschriften zur Sicherungshypothek des Bauunternehmers und zur Bauhandwerkersicherung betreffen ausschließlich Bau- verträge. Sie werden daher mit einigen Modifizierungen (u. a. Anwendungsbereich) aus systematischen Gründen in Kapitel 2 weitgehend unverändert übernommen § 650g BGB – Zustandsfeststellung / Gefahrtragung AN kann vom Besteller die Mitwirkung an einer Zustandsfest- stellung verlangen, wenn der Besteller die Abnahme verweigert (Übergang der Leistungsgefahr bei nicht festgestellten Mängeln). © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 50
Bauvertrag § 650g Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme; Schlussrechnung (1) Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. Die gemeinsame Zustandsfeststellung soll mit der Angabe des Tages der Anfertigung versehen werden und ist von beiden Vertragsparteien zu unterschreiben. (2) Bleibt der Besteller einem vereinbarten oder einem von dem Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Zustandsfeststellung fern, so kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung auch einseitig vorneh- men. Dies gilt nicht, wenn der Besteller infolge eines Umstands fernbleibt, den er nicht zu vertreten hat und den er dem Unternehmer unverzüglich mitgeteilt hat. Der Unternehmer hat die einseitige Zustandsfeststellung mit der Angabe des Tages der Anfertigung zu versehen und sie zu unterschreiben sowie dem Besteller eine Abschrift der einseitigen Zustandsfeststellung zur Verfügung stellen. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 51
Bauvertrag § 650g Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme; Schlussrechnung (3) Ist das Werk dem Besteller verschafft worden und ist in der Zustandsfest- stellung nach Absatz 1 oder 2 ein offenkundiger Mangel nicht angegeben, wird vermutet, dass dieser nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist. Die Vermutung gilt nicht, wenn der Mangel nach seiner Art nicht vom Besteller verursacht worden sein kann. (4) Die Vergütung ist zu entrichten, wenn 1. der Besteller das Werk abgenommen hat oder die Abnahme nach § 641 Absatz 2 entbehrlich ist, und 2. der Unternehmer dem Besteller eine prüffähige Schlussrechnung überge- ben hat. Die Schlussrechnung ist prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstel- lung der erbrachten Leistungen enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist. Sie gilt als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen ihre Prüf- fähigkeit erhoben hat. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 52
Bauvertrag § 650g Abs. 4 BGB – Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzungen für die Vergütung für alle Bauverträge Die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung tritt als weitere Fälligkeitsvoraussetzung neben die Abnahme. Prüffähigkeit erforderte eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen, die für den Besteller nachvollziehbar ist. Sie gilt (unwiderleglich) als prüffähig, wenn 30 Tage nach Zugang keine begründeten Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben werden. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 53
§ 650s Teilabnahme Der Unternehmer kann ab der Abnahme der letzten Leistung des bau- ausführenden Unternehmers oder der bauausführenden Unternehmer eine Teilabnahme der von ihm bis dahin erbrachten Leistungen verlan- gen. Begründung: Die Umsetzung der Planung ist zum Zeitpunkt der Bauabnahme praktisch erfolgt. Daher kann die Planungsleistung und die Überwachungsleistung schon mit der Abnahme des Bauwerks (§ 640 Abs. 2) abgenommen werden. Folge frühere Verjährung. Teilabnahme entlastet auch Bauunternehmen im Hinblick auf den gesamtschuldnerischen Ausgleich wg. Gleichlauf der Verjährungsfristen. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 54
§ 650t Gesamtschuldnerische Haftung mit dem bauausführenden Unternehmer Nimmt der Besteller den Unternehmer wegen eines Überwa- chungsfehlers in Anspruch, der zu einem Mangel an dem Bau- werk oder an der Außenanlage geführt hat, kann der Unter- nehmer die Leistung verweigern, wenn auch der ausführende Bauunternehmer für den Mangel haftet und der Besteller dem bauausführenden Unternehmer noch nicht erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. • Einschränkung der gesamtschuldnerischen Haftung des Architekten / Ingenieurs durch Übertragung der Rechtspre- chung zum (ausnahmsweisen) Vorrang der Nachbesserung bei Leistungsbereitschaft des Unternehmers. • Es genügt der „erfolglose Versuch“. © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 55
§ 650t – Vorrang der Nacherfüllung (Vorläufiges) Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers, sofern er gem. §§ 643 Nr. 4, 280, 281 BGB auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Unternehmer behält Recht auf Vorrang der Nachbesserung. Auch Architekt erhält ggf. Gelegenheit zur Nacherfüllung der Überwachungsleistung. Architekt hat als Bauherrenvertreter gewisse „Steuerungsmöglichkeit“ © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 56
5. Ausblick © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 57
Wie geht es weiter? BMJV bereitet zweite Novelle zum Bauvertragsrecht vor • Diese soll vor allem Regelungen zum Bauträgervertragsrecht enthalten, zunächst Abschluss der Arbeiten der AG Bauträgervertragsrecht. • Evtl. können darin auch bisher noch nicht umgesetzte Vorschläge der AG Bauvertragsrecht aufgenommen werden (z.B. zu den Prüf- und Hinweisobliegenheiten des Unternehmers und zu Mängelrechten vor Abnahme) © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 58
Versicherungslösung wird weiterhin geprüft Lösung durch „Gesamtversicherung“ Grundidee: Absicherung der Beteiligten angleichen. Gewährleistungsrechte sollen zumal bei Verbrauchern generell abgesichert werden. Bürgschaft würde wegen der Subunternehmerketten Zu einer großen finanziellen Belastung führen. Versicherung von Gewährleistungsschäden durch Direktanspruch des Bestellers. Keine Pflichtversicherung Versicherung wird zum „Qualitätssicherer “, da sie nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das Vorhaben versichert, z. B. unabhängige Kontrolle. Gutachten läuft derzeit © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 Seite 59
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! © HFK Rechtsanwälte LLP Rechtsanwalt Michael Halstenberg 2017 60
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