Novellierte Verordnungen für die Klärschlammverwertung
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Rahmenbedingungen Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen Novellierte Verordnungen für die Klärschlammverwertung – Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen – Christian Kabbe 1. Entsorgungsrouten und Entsorgungssicherheit.........................................18 2. Welche Kosten und wer bezahlt?.................................................................25 3. Zusammenfassung.........................................................................................28 4. Literatur...........................................................................................................30 Angesichts des Inkrafttretens der novellierten Düngeverordnung, als auch der neuen Klärschlammverordnung kann das Jahr 2017 als Startschuss der Klärschlammverwer- tungswende betrachtet werden. Während die neue Düngeverordnung die traditionelle stoffliche Klärschlammverwertung in der Landwirtschaft akut beeinflusst, regional sogar Entsorgungsnotstände auslöste, stellt die neue Klärschlammverordnung (AbfKlärV) die Weichen für einen mittelfristigen Wechsel von einer traditionellen Entsorgung hin zu gezielter Wertstoffrückgewinnung, allerdings nur bedingt zu einer Kreislaufführung für den Nährstoff Phosphor. Bereits heute zeichnet sich eine kurzfristige Abnahme der Verwertungsdiversität für Klärschlamm ab. Gerade in Regionen mit hoher Viehdichte und entsprechend hohem Anfall an Wirt- schaftsdüngern ist ein kurzfristiges Ende der landwirtschaftlichen Klärschlammver- wertung zu erwarten. Was gemäß AbfKlärV für Kläranlagen größer 50.000 Einwoh- nerwerte (EW) gesetzliche Gewissheit ist, wird sich auch für viele kleinere Anlagen als Herausforderung darstellen. Die Klärschlammausbringung in der Landwirtschaft wird in Deutschland in Zukunft nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Unter dem Gesichtspunkt Entsorgungssicherheit wird die thermische Vorbehandlung in einer Klärschlammmonoverbrennung durch die neue Verordnung favorisiert. Wer heute in Klärschlammverwertungs- bzw. Entsorgungsinfrastrukturen investieren muss oder möchte, kommt an dieser Option kaum vorbei. Einzig Klärschlammerzeuger in der Nähe von langfristig zuverlässigen Mitverbrennungskapazitäten, sofern es diese überhaupt gibt, werden noch die Wahl haben, ihren zuvor um Phosphor abgereicherten Klärschlamm in Müllheizkraft- oder Zementwerken zu entsorgen. Die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken ist angesichts des politisch erklärten Kohleausstiegs bei der Ener- gieversorgung als nicht langfristig entsorgungssicher anzusehen. Ferner ist nicht davon auszugehen, dass es zu deutlichen Kapazitätserhöhungen in der Mitverbrennungsroute kommen wird. Nahezu sämtliche neuen thermischen Vorbehandlungskapazitäten für Klärschlamm werden in der Monoverbrennung zu finden sein. Bei der exklusiven thermischen Vorbehandlung werden keinerlei Qualitätsanforde- rungen an den Klärschlamm gestellt, die ggf. in den kommenden Jahren nachjus- tiert werden könnten bzw. zu Einschränkungen führen. Insbesondere der § 3a der 17
Rahmenbedingungen Christian Kabbe AbfKlärV steht in der Kritik. Der Bezug des Phosphors auf den Trockenrückstand (TR oder auch Trockensubstanz, TS) ist leider eine schwer nachzuvollziehende und vor allem zu vollziehende Maßgabe, da es sich dabei um eine Gehalts- bzw. Konzen- trationsangabe handelt, die durch mehrere Faktoren beeinflussbar ist, nicht jedoch ausschließlich durch den enthaltenen Phosphor in einer heterogenen Matrix wie Klärschlamm. Besser und praktikabel für den Vollzug wäre der Bezug des Phosphors zur Mineralik, also auf den Glührückstand. Vorstellbar und sinnvoll wäre dann ein Schwellenwert von 60 g P/kg TR. Damit wären zwei Aspekte sichergestellt worden, nämlich die Aschequalität mit einem Mindestgehalt von etwa 6 % P, sowie der Einsatz von Kombinationsverfahren auf Kläranlagen, die sowohl Energieeffizienz, als auch P-Rückgewinnungseffizienz miteinander vereinbaren. Der Paragraph, wie er heute steht, bestraft de facto Kombinationsverfahren auf Kläranlagen, die einen besseren Abbau der Biomasse des Klärschlamms ermöglichen und gleichzeitig mehr P rücklösen. Da jedoch der Biomasseabbau (oTR) im Verhältnis zur P-Freisetzung höher sein kann, reduziert sich der TR des Klärschlamms stärker als der P-Gehalt. Ein Unterschreiten des 20 g P/kg TR Schwellenwertes ist so quasi unmöglich, obwohl substantielle Mengen des P zurückgewonnen werden. Alternativ dazu käme auch ein reiner Frachtenbezug für Phosphor pro Kläranlage in Frage. Sowohl Zulauf- als auch Ablaufwerte sind Überwachungsparameter. Diese wären quasi nur um den Parameter zurückgewonnene und separierte P-Fracht zu ergänzen, was den Vollzug womöglich deutlich vereinfachen würde. Allerdings wären dabei noch die P-Frachten, die bei- spielsweise über Mitbehandlung externer Klärschlämme zugeführt werden, in die Bilanz einzubeziehen. Noch einfacher und wahrscheinlich deutlich praktikabler wäre nicht der anlagenscharfe Vollzug, sondern jener pro Abwasserentsorger bzw. Verband mit einem klaren Frachtenbezug. Das würde die Regionalität der P-Rückgewinnung erhöhen und gleichzeitig die Umsetzung derart flexibilisieren, dass an den sinnvollsten Stellen (Kläranlagen) mit der Rückgewinnung begonnen wird, erwartungsgemäß bei den größten Anlagen des jeweiligen Betreibers. Dann könnten auch die P-Mengen als Gutschriften mitgezählt werden, die bereits heute ökonomisch und ressourceneffizient zurückgewonnen werden. Ferner ließe sich das Verfahren an sich dann auch verein- fachen, indem man nur noch einen gültigen Mindestrückgewinnungswert bräuchte, der dann natürlich über 50 % liegen sollte und keinen Unterschied macht, ob die Rückgewinnung auf oder nach den Kläranlagen stattfindet. Aber all diese Feinheiten treten in den Hintergrund der Überlegungen, wenn die höchste Priorität von Klärschlammerzeugern die Entsorgungssicherheit ist. Neben dem Aspekt langfristiger Legalität spielen dabei auch technische Zuverlässigkeit und natürlich Kosten eine tragende Rolle. 1. Entsorgungsrouten und Entsorgungssicherheit Viele Klärschlammerzeuger stehen nun vor der Entscheidung, welche Entsorgungsroute für sie geeignet ist, in welche Richtung unter Umständen investiert werden sollte, ob Phosphor auf den eigenen Kläranlagen oder doch nachgeschaltet zurückgewonnen werden kann, soll oder muss. 18
Rahmenbedingungen Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen Bild 1 bezieht sich zwar maßgeblich auf die unmittelbar von den Restriktionen der novellierten Klärschlammverordnung betroffenen Kläranlagen größer 50.000 EW, jedoch werden die Kernaussagen auch auf andere Größenklassen übertragbar sein. Bild 2 vermittelt einen Eindruck, welche Verfahrensansätze derzeit prominent sind und welchen Reifegrad diese erreicht haben. Sandfang Vorklärung Belebung Nachklärung Zulauf Ablauf Überschussschlamm Verboten! ÜS- Vorbehandlung / Landwirtschaft bzw. nicht P-Mobilisierung verfügbar Eindickung Zentrat 2c 2b Biogas nung Monoverbren Hauptroute Entwässerung itie rung Limitiert! 2a 3 keine Lim bzw. beim KS (Verfügbarkeit n) Faulung ge P-Anforderun Verbrennung integriert auf KA nach der KA anlagenscharf Cluster (skalierbar) eher dezentral, nicht skalierbar eher zentralisiert Bild 1: Sogenannte Hot-Spots für Phosphorrückgewinnung mit Bezug zur Entsorgungssicherheit für Klärschlamm Wo? Rücklösungsmodule Rückgewinnungsmodule ohne forcierte Rücklösung Kristallisation AirPrex Rephosmaster im Struvit Struvit Wasstrip Multiwas Schlamm EloPhos STRUVEX Polyphosphatrücklösung Struvit Struvit vor der Faulung Acidogen Phosforce + integriert auf CalPrex der Kläranlage thermische Hydrolysen Pearl Phosnix Lysotherm TDH Kristallisation Struvit Struvit bzw. Pondus Adsorption NuReSys AD-HAP Struvit HAP aus dem chemische Rücklösung Stuttgart EXTRAPHOS Zentrat STRUVIA CalPrex Struvit/DCP DCP Vorbehandlung P -Rückgewinnung & Recycling DÜM -Hersteller Ash2Phos & CleanMAP SSP/TSP/NP/NPK/PK DCP, MAP, SSP nasschemisch Glatt SERAPLANT NPK EcoPhos und TetraPhos techn. H3PO4 METAWATER HAP Solventextraktion Monoverbrennung techn. H3PO4 AshDec EuPhoRe mineralische Phosphate Thermphos P4 nachgeschaltet thermisch Mephrec RecoPhos(InduCarb) P4 Schlacke, Filterstaub thermische Alternativen (Pyrolyse, Vergasung, EcoRin KUBOTA Schmelze) P-reiche Schlacke P-reiche Schlacke Direktverwertung Landwirtschaft Landschaftsbau Full-scale Demo/Pilot Bild 2: Einordnung gängiger Verfahrensoptionen zur P-Rückgewinnung/Recycling sowohl auf Kläranlagen, als auch nachgeschaltet mit Beispielen 19
Rahmenbedingungen Christian Kabbe Landwirtschaft? Neben der Anlagengröße und der Klärschlammqualität kommt hier vor allem die Flächenverfügbarkeit zum Tragen. Diese wurde 2017 mit Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung, der nationalen Implementierung der europäischen Nitratrichtlinie deutlich reduziert. Die schärfere Begrenzung der auf landwirtschaftliche Flächen aus- bringbaren Nährstofffrachten und der erlaubten Zeiträume verschärfte dramatisch die Konkurrenz zwischen landwirtschaftlichen Reststoffen wie Wirtschaftsdüngern, Gär- resten und Siedlungsabfällen wie Klärschlamm. Es liegt auf der Hand, dass Landwirte der Entsorgung ihrer eigenen Reststoffe den Vorrang geben, bevor externe Reststoffe angenommen werden. Davon besonders betroffen sind Regionen mit hoher Viehdichte und entsprechenden regionalen Gülleüberschüssen. Aus diesem Grund ist die Verwertung von Klärschlamm in der Landwirtschaft schon heute nicht mehr als gesichert anzusehen, also die langfristige Entsorgungssicherheit längst nicht mehr gegeben. Das betrifft nicht nur die Kläranlagen größer 50.000 EW, sondern bereits heute schon viele kleinere Anlagen. Besonders prekär ist die Lage in Regionen, wo die Klärschlammverwertung in der Landwirtschaft bislang den größ- ten Anteil ausmachte. Bei gleichzeitigem Mangel an alternativen Kapazitäten in der thermischen Vorbehandlung, egal ob Mono- oder Mitverbrennung wurden ab Herbst 2017 regionale Entsorgungsnotstände wie zum Beispiel im Nord-Westen der Republik provoziert und Kostenexplosionen unabhängig von der Entsorgungsroute generiert. Das Ende dieser Situation und der steigenden Preisspirale ist auch noch nicht erreicht und wird sich auch erst dann auf deutlich höherem Niveau stabilisieren, wenn Alternativ- entsorgungskapazitäten tatsächlich nutzbar werden. Dies ist jedoch nicht vor 2022/23 in Anfängen zu erwarten und wird erst Ende des kommenden Jahrzehnts in einen dann herrschenden Normalzustand übergehen. Die akuten Entsorgungsengpässe können kurzfristig nur durch Zwischenlagerung kompensiert werden, was wiederum dazu führt, dass sich bis 2022/2023 und darüber hinaus langsamer wachsend ein virtueller Klärschlammberg auftürmt, den es dann in Zukunft sukzessive abzubauen gilt. Dieser Abbau wird mindestens ein Jahrzehnt dauern, da Neukapazitäten v.a. in der thermischen Verwertungsroute mit Sicherheit nur für den laufenden Klärschlammanfall mit kleiner Redundanz konzipiert werden, jedoch nicht für Altlasten. Auch ist nicht mit übermä- ßigen Redundanzen bei den Verbrennungskapazitäten zu rechnen, da mit steigender Redundanz auch das betriebswirtschaftliche Risiko für den jeweiligen Betreiber der Anlage steigt bzw. wie im Falle interkommunaler Kooperationen Limitierungen für externe Schlämme (max. 20 %) greifen. Betreiben Klärschlammerzeuger mehrere Kläranlagen unterschiedlicher Ausbaugrößen, also auch mit unterschiedlichen Anforderungen bzw. Restriktionen hinsichtlich der Klärschlammverwertung bzw. – entsorgung, böte sich theoretisch eine Diversität von Entsorgungsrouten an. Jedoch ist nicht davon auszugehen, dass eine solche Diversität mit ihrer einhergehenden Komplexität freiwillig umgesetzt wird. Vielmehr wird es darauf hinauslaufen, für die gesamte Klärschlammmenge eine legale und verlässliche Route zu etablieren, die den geringsten Entsorgungsaufwand hinsichtlich Personal, Stoffstrommanagement und Kosten bedeutet. D.h. auch wenn für einige Kläranlagen eines Zweckverbandes die Landwirtschaft tatsächlich noch erlaubt bleibt, etwas 20
Rahmenbedingungen Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen Schlamm sogar in die Mitverbrennung kann, doch ein substantieller Teil in die Mono- verbrennung muss, dass letzten Endes der gesamte anfallende Klärschlamm in die Monoverbrennungsroute eingespeist wird. Dies wird vor allem dann geschehen, wenn Klärschlammerzeuger gleichzeitig auch Betreiber von Monoverbrennungsanlagen sind bzw. sein werden. Investitionen werden in die langfristig sicherste und einfachste Route fließen. Wer beispielsweise als Klärschlammerzeuger in die Monoverbrennungsroute investiert, wird dies für die gesamte Schlammmenge tun, nicht nur für einen Teilstrom. Mitverbrennung? Die Hauptfrage bzgl. der Mitverbrennung ist die lokale oder regionale Verfügbarkeit. Bereits heute sind die vorhandenen Kapazitäten überbucht, d.h. wer nur Teilmengen in die Mitverbrennung geben kann bzw. darf, muss daneben noch investieren oder hoffen, dass bei Ausschreibungen zur Entsorgung mehr als ein Gebot abgegeben wird. Unter den Mitverbrennungsrouten macht die Kohlekraftwerksroute den größten Teil aus, gefolgt von Zementwerken und dann Müllverbrennungsanlagen. Wird der Kohle- ausstieg umgesetzt, bricht die Hauptroute der Mitverbrennung weg. Zwar gibt es in Deutschland genügend Zementwerke, die rein theoretisch auch noch deutlich mehr Klärschlamm durchsetzen könnten, doch blieben etwaige Signale seitens der Zementindustrie, noch mehr Klärschlamm zu verwerten eher verhalten, was wohl auch daran liegt, dass seitens der Zementwerksbetreiber Investitionen nötig wären. Müllver- brennungsanlagen haben bekanntermaßen zwar Überkapazitäten was den Restmüll aus Deutschland angeht, machen jedoch selbst bei Verdopplung der durchgesetzten Klärschlammmengen nur einen Bruchteil des Klärschlammentsorgungsspektrums aus. Neben der Kapazitätsfrage hinsichtlich der thermischen Verwertung phosphorarmer bzw. abgereicherter Klärschlämme stellt sich ferner die Frage, ob und welche Maß- nahmen bzw. Verfahren geeignet sind, auf Kläranlagen die Vorgaben hinsichtlich der Abreicherung auf unter 2 % P im TR bzw. um mindestens 50 % zu gewährleisten. Bislang selbst weltweit etablierte Verfahren (siehe Tabelle 1) wurden nicht primär installiert, um Phosphor aus dem Klärschlamm zurückzugewinnen, sondern um Betriebsprobleme zu beheben bzw. operative Verbesserungen der Schlammbehandlung bzw. der Kläranlagenperformance hinsichtlich Ablaufqualität zu bewirken. Die Phos- phorrückgewinnung war bis dato nur ein nice to have Nebeneffekt. Nachfolgend sind einige Faktoren aufgeführt, die bislang den Ausschlag für die Installation von derlei Verfahren auf Kläranlagen gaben und noch geben. Dabei handelt es sich ausschließlich um operative Notwendigkeiten bzw. Vorzüglichkeiten, die allesamt zur Verringerung von Betriebskosten führen. • Vermeidung ungewollter Inkrustrationen, • Erhöhung der Schlammentwässerbarkeit, • Reduktion des Flockungshilfsmittelverbrauchs, • Reduktion von Schlammvolumen zur Entsorgung, • Reduktion der Nährstoffrückbelastung, • bessere Auslastung von Faulbehältern und • höhere Biogasausbeuten (in Kombination mit Desintegrationsmodulen). 21
Rahmenbedingungen Christian Kabbe Tabelle 1: Globale Umsetzung der Phosphorrückgewinnung aus dem Abwasserpfad [1, 2, 3, 4, 5] Prozess Ort und Betreiber seit P-Rezyklat integriert auf Abwasserbehandlungsanlagen Senboku Blackwater TP (JP), Senboku City 2007 Totsugawa Village (JP) 2008 AD-HAP Seihokugo Environment Improvement Assoc. (JP) 2009 HAP (seit 2014 Hitachi Zosen) Kushimoto Town (JP) 2011 Shimanto Town (JP) 2011 Kofu Town (JP) 2015 MG-Neuwerk (DE), Niersverband 2009 Wassmannsdorf (DE), Berliner Wasserbetriebe 2010 Echten (NL), Drents Overijsselse Delta 2013 Amsterdam-West (NL), Waternet 2014 Salzgitter Nord (DE), ASG 2015 AirPrex Uelzen (DE), SE Uelzen 2017 Struvit Wolfsburg (DE), SE Wolfsburg 2017 Tianjin (CN), Tianjin CEPG 2016 Liverpool, OH (USA), Medina County 2018 Little Patuxent WRP, MD (USA), Howard County 2018 Denver, CO (USA), Denver Metro 2019 Ft. Collins, CO (USA) 2020 Well (NL), EcoFuels, (biomass digestion) 2005 Odiliapeel (NL), Peka Kroef (potatoe) 2006 Kruiningen (NL), Lamb Weston Meijer (potatoe) 2003 Bergen op Zoom (NL), Lamb Weston Meijer 2007/16 ANPHOS Budrio (IT), Pizzoli (potatoe) 2010 Struvit (Colsen) Haps (NL), Waterschap Aa en Maas 2011 Oosterbierum (NL), Lamb Weston Meijer 2016 Den Bosch (NL), Waterschap Aa en Maas 2018 Asturias (ES), Longas 2018 Tiel (NL), Waterschap Rivierenland 2019 Crystalactor Nanjing (CN), Royal Haskoning DHV 2010 Struvit EloPhos Lingen (DE), SE Lingen 2016 Struvit ePhos Sylt (DE) 2019 Struvit EXTRAPHOS Itzehoe (DE), Kommunalservice Itzehoe 2018 (Demo) DCP (Budenheim) Gifhorn Gifhorn (DE), ASG 2007 Struvite/CaP J-Oil Yokohama (JP), J-Oil Mills Co. HAP JSA Kawasaki (JP), Japan Synthetic Alcohol Co. 1998 HAP KURITA Fukuoka North, South and Wasui (JP), Fuk. City 1997 Struvit Kyowa Hakko Hofu (JP), Kyowa Hakko Bio Corp. 2006 HAP Yakima, WA (USA) n.i. Boise, ID (USA) n.i. Struvit Multiform Massey, MD (USA), Jones Family Farms (dairy) n.i. Green Bay, WI (USA) n.i. NASKEO Castres (FR) 2015 Struvit Harelbeke (BE), Agristo 2008 2x Niewkuerke (BE), Clarebout Potatoes 2009/12 Waasten (BE), Clarebout Potatoes 2012 Geel (BE), Genzyme 2013 NuReSys Leuven (BE), Aquafin 2014 Struvit Schiphol Airport (NL), Evides 2015 Land van Cuijk (NL), Logisticon 2016 Apeldoorn (NL), Vallei & Veluwe 2018/19 Braunschweig Steinhof (DE), SE|BS / AVB 2014 22
Rahmenbedingungen Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen Tabelle 1: Globale Umsetzung der Phosphorrückgewinnung aus dem Abwasserpfad [1, 2, 3, 4, 5] (Fortsetzung) Prozess Ort und Betreiber seit P-Rezyklat integriert auf Abwasserbehandlungsanlagen NutriTec 2010 Zutphen (NL), SaniPhos® GMB Struvit und DAS (Sustec, DMT) now offline Tigard, OR (USA) Clean Water Services 2009 Suffolk, VA (USA) Hampton Roads Sanit. District 2010 York, PA (USA), City of York 2010 Hillsboro, OR (USA) Clean Water Services 2012 Slough (UK), Thames Water 2012 Saskatoon, SK (CDN) City of Saskatoon 2013 Madison, WI (USA) Madison Metro. Sew. Distr. 2014 PEARL Burford, GA (USA) Gwinnett County 2015 Struvit (OSTARA) Amersfoort (NL) Vallei & Veluwe 2015 (Crystal Green) Edmonton, AB (CDN) EPCOR Water Services 2015 Stickney, IL (USA) Metro. Water Recl. Chicago 2016 Reno, NV (USA) Cities of Reno and Sparks 2016 Madrid (ES) Canal de Isabel II 2016 Winchester, VA (USA) F. Winchester Service A. 2016 St. Cloud, MN (USA) City of St. Cloud 2018 Jarocin (PL) City of Jarocin 2018 Atlanta, GA (USA) City of Atlanta 2019 Tel Aviv (IL), Mey Ezor Dan 2020 PHORWater Calahorra (ES), El Cidacos 2015 (demo) Struvit Struvit PhosForce (Veolia) Schönebeck (DE), OEWA Wasser & Abw. GmbH 2019 or Brushit (DCP) 7 plants installed in Japan between 1989 and 1989 2011 with capacities between 80-500 m3/d 1992 -- 1995 PHOSNIX Lake Shinji-East (JP), Matsue City (1998) 1998 Struvit (Hitachi Zosen) -- 2000 -- 2009 -- 2011 Kinan Environment Improvement Association (JP) 2014 Olburgen (NL), Waterstromen (municipal & food) 2006 Lomm (NL), Waterstromen (food) 2007 China (brewery) 2011 Poland (bio-ethanol) 2011 Nottingham (UK), Severn Trent Water 2012 PHOSPAQ Struvit USA (confidential) 2013 Germany food processing 2014 China (food processing) 2015 China (ethanol) 2016 Tilburg (NL), Waterchap de Dommel 2016 UK (municipal) 2017 PhosphoGREEN Aaby (DK), Aarhus Water 2013 (SUEZ) Herning (DK), Herning Water 2016 Marselisborg (DK), Aarhus Water 2018 Struvit Villiers Saint Frederic (FR), SIARNC 2019 Sausheim (FR), Mulhouse 2019 REPHOS Altentreptow (DE), Remondis Aqua (dairy) 2006 Struvit (delivered by NuReSys) Rintoru Mobile unit applying A-CSH for P recovery -- CaP auf CSH STRUVIA Helsingør Southcoast (DK), Forsyning Helsingør 2015 Struvit 23
Rahmenbedingungen Christian Kabbe Tabelle 1: Globale Umsetzung der Phosphorrückgewinnung aus dem Abwasserpfad [1, 2, 3, 4, 5] (Fortsetzung) Prozess Ort und Betreiber seit P-Rezyklat integriert auf Abwasserbehandlungsanlagen Offenburg (DE), AZV 2011 (Demo) Struvit (nach Stuttgart MSE Mobile Schlammentwässerungs GmbH 2015 (mobil) Säureauf schluss) Swing Higashi-Nada, Kobe (JP), Swing Corp. 2012 Struvit Kläranlagen nachgeschaltet bzw. Ascheroute Kopenhagen (DK), Biofos/EasyMining 2020 Ash2 phos DCP/MAP/DAP Helsingborg (SE), Bitterfeld (DE) 2022 Varna (BG), DecaPhos (für Aschekampagnen) 2016 H3PO4/DCP/ EcoPhos Dunkerque (FR), EcoPhos 2021 MCP mineralisches EuPhoRe Mannheim (DE), MVV ???? Phosphat Komponenten verschiedene Hersteller haben Struvit, versch. DüM-Industrie erprobt/gewollt in kommer- Aschen erprobt ziellen DüM Gifu North (JP), Gifu City 2010 METAWATER HAP Akisato (JP), Tottori City 2013 Nippon PA Chiba (JP), Nippon Phosphoric Acid 2009 H3PO4 TetraPhos Hamburg (DE), Remondis Aqua 2020 H3PO4 Zwar sind derzeit Verfahren in der Erprobung, die die Vorgaben hinsichtlich P-Rückgewinnung unter ökologisch und ökonomisch sinnvollen bzw. vertretbaren Rahmenbedingungen ermöglichen sollen, doch lösen sie bei weitem nicht die Proble- matik der Entsorgungssicherheit, schon gar nicht, wenn derlei Verfahren nur auf einem Teil der Anlagen von Abwasserentsorgern installiert werden können bzw. gar keine Mitverbrennungskapazitäten für den um P abgereicherten Klärschlamm zur Verfügung stehen. Das heißt, wenn weder Landwirtschaft noch Mitverbrennung in der Region als Entsorgungsrouten zur Verfügung stehen bzw. nur Teilmengen aufnehmen können, muss für den Rest des Klärschlamms entweder (überregional) ausgeschrieben werden oder in lokale/regionale Monoverbrennungskapazitäten investiert werden. Monoverbrennung? Liest man den Text der Klärschlammverordnung, kommt man zu dem Schluss, dass an Klärschlämme, die in der Monoverbrennung thermisch vorbehandelt werden dürfen, keine qualitativen Anforderungen gestellt werden. Während für die landwirtschaftli- che Verwertungsroute die strengsten Anforderungen gelten, für die Mitverbrennung der Phosphorgehalt maßgeblich ist, gibt es keine schlammseitigen Limitierungen für die exklusive thermische Vorbehandlung (gilt für Klärschlämme der kommunalen Abwasserbehandlung). Vereinfacht bedeutet das, dass jeglicher kommunale Klär- schlamm in einer exklusiven Monoverbrennungsanlage, Vergasung, Pyrolyse o.ä. thermisch vorbehandelt werden darf. Es gibt (noch) nicht einmal eine Anforderung bzgl. eines Mindestgehalts an Phosphor, was wiederum sinnvoll erscheint, wenn der Phosphor anschließend aus der resultierenden Asche zurückgewonnen werden soll. Allerdings wäre das rechtlich schwer durchzusetzen, wenn weder die Landwirtschaft, 24
Rahmenbedingungen Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen noch die Mitverbrennung in ausreichendem Maße Entsorgungskapazitäten bieten. Das heißt, es wird sich praktisch nicht vermeiden lassen, dass in der Monoverbrennung auch phosphorreiche mit phosphorarmen Klärschlämmen verbrannt werden. Es ist davon auszugehen, dass hier jedoch marktwirtschaftliche Instrumente seitens der Aschaufbereiter greifen werden, in etwa der Form, dass für phosphorreiche geringere Verbrennungspreise verlangt werden, als für phosphorarme Aschen und dann entspre- chend up-stream für die Schlämme. Die folgende Tabelle indiziert verschiedene Fakto- ren bezüglich Klärschlamm(asche)zusammensetzung und deren Einfluss auf etwaige Annahmegebühren (gate fees). Sämtliche Verfahren, die nicht auf Kläranlagen selbst implementiert werden und keine operativen Vorteile für Kläranlagenbetreiber mit sich bringen, werden sich maßgeblich über die Erlöse für die Rezyklate ökonomisch dar- stellen lassen müssen. Das heißt, die Rezyklate müssen tatsächlich vermarktet werden können und dürfen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Phosphate als Hauptprodukte, geeignete Metallsalze als Nebenprodukte valorisiert werden (müssen). Gehalt in Tabelle 2: beeinflusst Menge von je höher der Gehalt, desto der Asche Parameter sowohl im Klär- Phosphor Hauptprodukt niedriger die gate fee schlamm, als auch der Klär- Calcium Säureverbrauch höher die gate fee schlammasche und deren Ein- Aluminium Nebenprodukt leicht geringere gate fee fluss auf die Annahmegebühr Eisen Nebenprodukt leicht geringere / neutral (gate fee) für die Monoverbren- nung bzw. P-Rückgewinnung Sand Rückständen höher die gate fee aus der Asche 2. Welche Kosten und wer bezahlt? Im Allgemeinen ist zwischen Gestehungskosten und Marktpreisen zu unterscheiden. Die Gestehungskosten umfassen die Kapitalkosten für den Bau der zur Erfüllung der gestellten Aufgabe nötigen Infrastruktur (inklusive Abschreibung und Zins) und die Betriebskosten für Betriebsmittel, Personal und Instandhaltung. Diese Kostenkomponenten fallen für jeden an, egal ob aus Betreiber- oder Nachfra- gersicht und werden in die Marktpreise eingepreist, die dann wiederum vom Nach- frager zu bezahlen sind. Diese Marktpreise enthalten zusätzliche Komponenten wie Gewinnzuschlag und Umsatzsteuer und können regional variieren. Diese Variation ist vom Verhältnis Angebot zu Nachfrage abhängig. Um die Kosten sowohl für die Klärschlammverwertung, als auch die P-Rückgewinnung in Grenzen zu halten ist der Zusammenschluss (Cluster) mehrerer Klärschlammerzeu- ger zweckmäßig. Zwar diskutiert man nach wie vor auch quasi-dezentrale Optionen, wie etwa Klärschlammvergasung bzw. Pyrolyse, jedoch werden sich zentralisierte, groß- volumige Strukturen mit geringem Personalaufwand flächendeckend durchsetzen. Die sogenannte economy of scale wird dazu führen, dass vorrangig Monoverbrennungskapa- zitäten, vor allem in Form größerer Anlagen geschaffen werden. Dies bringt u.a. neben den ökonomischen Aspekten auch einen weiteren Vorteil mit sich, dass größere Asche- mengen an einem Ort anfallen, deren Zusammensetzung zudem homogener sein wird. 25
Rahmenbedingungen Christian Kabbe Das wiederum wirkt sich positiv auf die nachfolgende Phosphorrückgewinnung aus, da auch dort die economy of scale ein entscheidender Faktor ist und homogenes Input- material von Vorteil für die Weiterverarbeitung ist. Nun ist es in Deutschland üblich, die Abfallentsorgung regelmäßig auszuschreiben. Inwieweit das auch für P-reiche Aschen Bestand haben wird, muss sich noch zeigen. Es ist kaum davon auszugehen, dass jemand in eine P-Rückgewinnungsanlage investiert, wenn keine Langzeitlieferverträge geschlossen werden können. Hier sind zehn Jahre als absolutes Minimum anzusehen. Während die P-Extraktion aus dem Klärschlamm auf den Kläranlagen sicher nicht installiert werden wird, wenn sie nicht mit operativen Vorteilen bezüglich der Schlamm- behandlung in Form verbesserter Entwässerungsergebnisse, reduzierter Flockungshilfs- mittelverbräuche oder Fällmittelverbräuche und am Ende reduzierter Schlammmengen einhergeht, wird die Rückgewinnung aus Klärschlammaschen die Hauptroute abbilden. Hier wären demnach die Rückgewinnungskosten noch den Verbrennungskosten aus Sicht des Klärschlammerzeugers und letztlich des Gebührenzahlers draufzuschlagen. In Diskussionen mit Klärschlammverbrennern klingt durch, dass die Aschebehand- lungskosten letztlich nicht teurer sein dürfen, als die Aschedeponierungskosten. Nach Einschätzung des Autors wird sich dieser Wunsch jedoch nicht flächendeckend erfül- len lassen. Für die derzeitige Aschedeponierung wurden von mehreren Seiten Kosten zwischen 25 und 60 EUR/t Asche genannt. Diese Größenordnung kann letztlich nur von Ascheaufbereitungsverfahren erreicht werden, die: a) die am Ende zu entsorgende Reststoffmenge deutlich reduzieren, b) gleichzeitig moderat im Nettoverbrauch von Betriebsmitteln (Säuren, Laugen, Adsorbentien, Energie) sind und c) Produkte und Intermediate hoher Qualität und damit einer substantiellen Wert- schöpfung generieren (Marktnachfrage). Dies gilt im Besonderen für alle Klärschlammaschen, die bis zum 31.12.2028 erzeugt werden. Abfall | Produkt -Grenze Rückgewinnung Recycling andere industr. Haushalte, Rohstoff Düngemittel Land- Kläranlage Industrie wirtschaft Düngemittel Kosten? Profit? Angebot Bedarf Bild 3: Verknüpfung von Rückgewinnung und Recycling in Wertschöpfungsketten/-kreisläufen 26
Rahmenbedingungen Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen Da jedoch ab 2029/32 eine gesetzlich verankerte Rückgewinnungspflicht für P aus derlei Aschen besteht, ist dann die Ascherückholung und nachfolgende Aufbereitung in die Deponierung mit einzupreisen. D.h. Ascheerzeuger sollten eher bestrebt sein, den aufwendigen Zwischenlagerungsweg zu vermeiden und die Asche direkt nach Anfall aufzubereiten, sei es in eigenen Anlagen oder extern. Dies wiederum bedeutet, dass sich die Deponierungskosten mindestens verdoppeln werden (Ablagerung und Re- Excavation), und somit Ascheaufbereitungsverfahren durchaus wirtschaftlich mithalten können. Ohnehin erlaubt die Gesetzgebung mit der sogenannten Gebührenfähigkeit ein gewisses Maß an Flexibilität, da ja eine eventuelle Deckungslücke zwischen Klär- schlammentsorgungs- und P-Rückgewinnungskosten und den erzielbaren Erlösen für die Rezyklate durch den Gebührenzahler kompensiert werden wird. Zwar hat der Gesetzgeber eine Zumutbarkeitsklausel in der Verordnung verankert, jedoch zeigen ähnliche Konstrukte wie das EEG, das am Ende immer der Steuer- oder Gebührenzahler einspringt, somit also auch das volle wirtschaftliche Risiko trägt, während potentielle Abnehmer für die Rezyklate sich über subventionierte Sekundärrohstoffe oder gar Produkte freuen können. Während die Monoverbrennung ein essentieller Bestandteil der Entsorgungssicherheit und in Eigenregie auch der Kostenkontrolle ist, kann die Phosphorrückgewinnung aus den Klärschlammaschen differenzierter betrachtet werden. In Eigenregie macht dies erst ab einem Mindestvolumen von etwa 20.000 t Asche pro Jahr Sinn, generiert aber gleichzeitig zusätzliche Verantwortlichkeiten, wie: • Rezyklatvermarktung bzw. Registrierung einschl. ggf. notwendiger Zertifizierun- gen und Logistik, • Nebenproduktvermarktung und • Reststoffverwertung bzw. Entsorgung (mehrere Stoffströme). Hier gilt es abzuwägen, ob dieser zusätzliche Aufwand in Eigenregie gerechtfertigt ist, oder ob die Ascheaufbereitung nicht doch besser an Dritte delegiert werden kann. Für die Entsorgungssicherheit des Klärschlamms als solcher spielt das keine Rolle, da die geforderte unverdünnte thermische Vorbehandlung mit einer Monoverbrennung und separater Aschezwischenlagerung gegeben ist. Einzig die Kostenfrage und damit auch eine eventuelle Gebührenanpassung bleibt noch unklar. Sehr vernünftig erscheint der Ansatz, die Ascheaufbereitung zentralisiert in bei- spielsweise Chemieparks anzusiedeln. Zum einen sind dort alle infrastrukturellen Notwendigkeiten gegeben, wie Transportanbindungen, Betriebsmittelbereitstellung einschließlich von z.B. Säuren für nasschemische Aufschlüsse und zum anderen auch potentielle Abnehmer für erzeugte Rezyklate oder Intermediate. Zudem ist es einfacher und vor allem sicherer Aschen zu transportieren als zum Beispiel Gefahrstoffe wie Säuren oder Laugen. Daneben besteht ferner die Möglichkeit, Aschen aus der Region bzw. sogar überregional zusammenzuführen und zu homogenisieren, was wiederum dem jeweiligen Aufbereitungsprozess zu Gute kommt. 27
Rahmenbedingungen Christian Kabbe Um Gebühren zahlende Haushalte und Verbraucher tatsächlich mitzunehmen wird noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten sein. Auch wenn das Thema P-Rückgewinnung derzeit in der breiten Öffentlichkeit kaum Beachtung findet, wird es spätestens mit Eintreffen der ersten Gebührenbescheide passieren, in denen die Kosten der P-Rückgewinnung veranschlagt werden. Damit es kein böses Erwachen gibt, sind aufklärende Kommunikation und vor allem mehr Transparenz von Nöten. Die Dis- kussion um die negativen Aspekte der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung werden kaum dazu beitragen, dass die Akzeptanz für klärschlammbürtige Rezyklate erhöht wird, wenn nicht klar kommuniziert wird, welche Vorzüge diese gegenüber ihrer Quelle, aber auch im Vergleich zu gängigen, derzeit eingesetzten Produkten haben. Bild 4: Kartoffeletikett aufgenommen 2017 in einem Supermarkt in Niedersachsen mit klarer und vor allem lesbarer Kennzeich- nung, dass diese Feldfrüchte von einem Boden stammen, der weder mit Gülle noch mit Klärschlamm belastet wurde. Was jedoch fehlt ist eine Anga- be, welcher Dünger stattdessen eingesetzt wurde. Für den Ausstieg der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung hätte es wahr- scheinlich gar keiner novellierten Düngeverordnung bzw. Klärschlammverordnung bedurft, Transparenz und Verbraucherpartizipation hätten das womöglich deutlich schneller, unbürokratischer und kostengünstiger hinbekommen. 3. Zusammenfassung Auch wenn die Auswirkungen des Inkrafttretens gleich mehrerer Verordnungen im Jahr 2017 vorhersehbar waren, ist man als Beobachter doch überrascht, wie unvorbereitet sowohl die Verwaltung, die für den Vollzug zuständig ist, aber auch betroffene Akteure zum Teil waren. Es ist sehr verwunderlich, dass es in der Bundesrepublik Deutschland im 21. Jahrhundert noch zu Entsorgungsnotständen für Siedlungsabfall kommen kann. Man gewann Anfang 2018 den Eindruck, dass in manchen Bundesländern das Thema Klärschlammentsorgungssicherheit und Düngeverordnung weder auf der politischen Agenda, noch bei Klärschlammerzeugern ernst genug genommen wurde. Während viele angeschlossene Haushalte der betroffenen Regionen die Zeche dafür zahlen müssen, ermöglichen die aus Entsorgungsengpässen generierbaren Mitnahmeeffekte einigen Entsorgern traumhafte Gewinne. Offenbar waren die Teilaspekte Energie, Phosphor, Spurenstoffe und jüngst auch Mikroplastik als solche wichtiger als das ganzheitliche Stoffstrommanagement. 28
Rahmenbedingungen Politische Ambitionen versus betrieblicher Herausforderungen Während die Düngeverordnung die Entsorgungsroute Landwirtschaft für den Klärschlamm akut und dramatisch beschneidet, wird die novellierte Klärschlamm- verordnung mittelfristig die Entsorgungs- bzw. Verwertungsdiversität reduzieren und die Monoverbrennung als Hauptroute etablieren. Klärschlammerzeuger und Entsorgungsunternehmen sind nun gehalten, schnell umsetzbare Zwischenlösungen zu implementieren, letztlich Zwischenlager für Klärschlamm zu schaffen und mit- telfristig die Infrastruktur aufzubauen, die eine langfristige Entsorgungssicherheit herstellt. Es ist absehbar, dass gegen Ende des kommenden Jahrzehnts ausreichend Monoverbrennungskapazitäten vorhanden sein werden, um den Anforderungen der Klärschlammverordnung hinsichtlich der thermischen Vorbehandlung des Klärschlamms gerecht zu werden. Inwieweit sich Klärschlammerzeuger für eine P-Abreicherung ihrer Schlämme auf den Kläranlagen selbst entscheiden, wird maß- geblich von der regionalen Verfügbarkeit der Mitverbrennung abhängen. Da sich derzeit aber eher ein Wegbrechen und nicht die Erhöhung dieser Kapazitäten abzeichnet, wird diese Route höchstwahrscheinlich eine untergeordnete Rolle spielen. Das wiederum bedeutet, dass die P-Rückgewinnung hauptsächlich auf der Monoverbrennungsroute stattfinden wird. Unter ökonomischen Gesichtspunkten erscheinen größerskalige Ascheaufbereitungseinheiten, also zentralisierte Strukturen sinnvoll. Ansiedlung dieser in Chemieparks bietet große Vorteile und vermeidet unnötige Gefahrstofftransporte auf deutschen Straßen. P-Rezyklate, also mineralische Nährstoffkonzentrate werden vor allem dann den Zugang zum Markt schaffen, wenn es sich dabei um bekannte, kommerzielle Produkte handelt. D.h., es ist leichter, sogenannte Commodities in den Markt zu bringen, als einen Markt für exotische, heterogene und bislang unübliche Materialien zu generieren. Daraus ist zu schließen, dass die Phosphorrückgewinnung nur in kleinem Maße von den Klärschlammerzeugern selbst, sondern vielmehr von Dritten durchgeführt wird. Neben logistischen Aspekten macht dies auch vor dem Hintergrund Sinn, dass Kläranlagenbetreiber nicht zwingend mit düngerechtlichen, chemikalienrechtlichen und anderen Anforderungen vertraut sind geschweige denn Personal haben, eine komplette Nährstoffrecyclingkette aufzubauen und zu betreiben. Von behördlicher Seite wären klarere und praktikable Vorgaben sowohl für die Um- setzung aus Betreibersicht, aber auch für den Vollzug der novellierten Klärschlamm- verordnung wünschenswert. Dies betrifft u.a. Aspekte wie: 1. eine klare Bilanzgrenze bzw. Referenzlinie zur praktikablen Ermittlung der Rück- gewinnungsrate auf Kläranlagen festlegen, 2. Frachtenregelung statt Konzentrationen und 3. Gebührenfähigkeit für Maßnahmen, die eine P-Rückgewinnung, sei es auf der Kläranlage oder danach, begünstigen, auch wenn sie die derzeitigen Vorgaben auf den Kläranlagen nicht schaffen (§ 3a). Qualität fängt bei der Indirekteinleiterüber- wachung an und kann am Ende die P-Rückgewinnung und das mögliche Recycling dramatisch vereinfachen. Wünschenswert ist zudem ein ressortübergreifender Ansatz – das heißt, nicht nur die P-Rückgewinnung fordern (BMU), sondern auch das P-Recycling ermöglichen (BMEL). Auch sollten weder Klärschlamm noch Phosphor isoliert betrachtet werden. 29
Rahmenbedingungen Christian Kabbe Das Beispiel Gülle zeigt einen viel akuteren Handlungsbedarf und macht allein schon mit der Stickstoffproblematik deutlich, dass man in Zukunft ein nachhaltiges, ganz- heitliches Nährstoffmanagement umsetzen muss und nicht mit Einzelstoff(strom)- betrachtungen weitermachen darf. 4. Literatur [1] Kabbe, C.; Kraus, F.: P recovery: from evolution to revolution. Fertilizer International. 479:37-41 2017 [2] Kabbe, C.: Global Compendium on Phosphorus Recovery & Recycling from Wastewater prä- sentiert auf IWA World Water Congress & Exhibition, Tokyo, 16.-20. September 2018 [3] Ohtake, H.; Tsuneda, S. (Hrsg.): und Autoren (2018) Phosphorus Recovery and Recycling. Sprin- ger Nature Singapore Pte Ltd. ISBN: 978-981-10-8030-2 [4] Schoumans, O.F.; Bouraoui, F.; Kabbe, C.; Oenema, O.; van Dijk, K.C.: Phosphorus management in Europe in a changing world. AMBIO. 44:180-192, 2015 [5] Walker, C.: Market Map – Beating the burn rate for resource and energy recovery from sludge. Global Water Intelligence Magazine 2017:1 :40-47, 2017 Ansprechpartner Dr. Christian Kabbe Isle Utilities Rudower Chaussee 29 12489 Berlin, Deutschland +49 30 61647943 christian.kabbe@isleutilities.com 30
Vorwort Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar Olaf Holm, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Peter Quicker, Stefan Kopp-Assenmacher (Hrsg.): Verwertung von Klärschlamm ISBN 978-3-944310-43-5 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH Copyright: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Olaf Holm Alle Rechte vorbehalten Verlag: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH • Neuruppin 2018 Redaktion und Lektorat: Dr.-Ing. Olaf Holm, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc. Erfassung und Layout: Janin Burbott-Seidel, Ginette Teske, Roland Richter, Sarah Pietsch, Cordula Müller, Gabi Spiegel Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmun- gen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien, z.B. DIN, VDI, VDE, VGB Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. 2
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