OHNE KLIMASCHUTZ KEINE ERNÄHRUNGSSICHERHEIT! - Was die internationale Klimakonferenz (COP26) in diesem Jahr leisten muss
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© Welthungerhilfe OHNE KLIMASCHUTZ KEINE ERNÄHRUNGSSICHERHEIT! Was die internationale Klimakonferenz (COP26) in diesem Jahr leisten muss Unbestritten wirkt sich der Klimawandel negativ lichen Einfluss auf die Umwelt und das Klima1. Die auf die Ernährungssicherung von Menschen vor Auswirkungen sind auf allen Ebenen der Gesellschaften allem im Globalen Süden aus. Seine Eindäm- zu spüren, verschärfen Nahrungsmittelkrisen und be- mung ist die zentrale Aufgabe aller Mitglieds- drohen Menschen und Ökosysteme. staaten der Internationalen Klimarahmenkonven- Der im August des Jahres veröffentlichte erste Teil tion der Vereinten Nationen (UNFCCC), die sich des mittlerweile sechsten Sachstandberichtes des in diesem Jahr zum 26. Mal treffen. Die Fort- Weltklimarats2 zeigt, dass und wie der Einfluss des schritte der internationalen Klimapolitik sind bis- Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Land- lang ungenügend. Die Treibhausgasemissionen flächen erwärmt. Es haben weitverbreitete und schnelle nehmen wieder zu, der Druck auf die Mitglieds- Veränderungen in der Atmosphäre, dem Ozean, der Kry- staaten, entschieden zu handeln, steigt. Auf der osphäre (der von Eis bedeckte Teil der Erde) und der Klimakonferenz in Glasow müssen nun ambitio- Biosphäre stattgefunden, deren Ausmaß seit Jahrtau- niertere, nationale Klimaziele und Maßnahmen- senden beispiellos ist. Auswirkungen auf Wetter- und pakete mit genügend Finanzmitteln für Klima- Klimaextreme sind inzwischen überall auf der Welt – schutz und Anpassung geliefert werden, sonst auch im Norden – zu beobachten: Der Meeresspiegel wird die Ernährungssicherung zu einer nicht be- steigt stärker denn je, und Extremwettereignisse wie wältigbaren Aufgabe. Stürme, Dürren oder Waldbrände nehmen an Zahl und Heftigkeit zu. Sie machen jahrzehntelange Entwick- Die Ausgangslage lungsfortschritte zunichte, mit dramatischen Folgen für die Hunger- und Armutsbekämpfung. Die heute zu beobachtenden Krisen bedingen und ver- stärken sich gegenseitig: Die Klimaerwärmung und die Es ist unbestritten, dass Menschen, die nahe oder unter- Umweltzerstörung, der Verlust der Artenvielfalt und halb der Armutsgrenze leben, besonders anfällig für die die COVID-19-Pandemie – sie sind Ausdruck einer Auswirkungen des Klimawandels sind, mehr verlieren nicht nachhaltigen Lebensweise. Auch die Art, wie und weniger in der Lage sind, mit Schocks umzugehen heute Nahrungsmittel produziert werden, hat erheb- und sich anzupassen. Meistens arbeiten sie auf dem 1 Siehe zur Rolle von Ernährungssystemen: Hungrig nach Wandel. Was die Bundesregierung auf dem UN-Gipfel zu Ernährungs- systemen erreichen sollte, Welthungerhilfe 2021. https://www.welthungerhilfe.de/aktuelles/publikation/detail/hungrig-nach-wandel/ 2 https://www.ipcc.ch/report/sixth-assessment-report-working-group-i/ 1
Land und sind abhängig von dem, was sie produzieren. Hintergrund der aktuell von den Staaten eingereichten Ihre Ernährungssituation ist hochgradig labil und anfällig Emissionszielen aber davon aus, dass der Ausstoß der für Schwankungen. Erodierende Böden und Wasser- Treibhausgase im Jahr 2030 sogar um 16% höher knappheit führen zu Missernten, zerstören ihre Lebens- liegen wird als im Vergleichsjahr 2010. grundlagen und machen sie nicht selten zu Flüchtlingen. Das ist kein gutes Omen für die bevorstehende Klima- Zahl der Hungernden nimmt weltweit zu konferenz in Glasgow (26. Conference of the Parties, COP), die unter dem Vorsitz der britischen Regierung vor Im vergangenen Jahr hatten bis zu 811 Millionen Men- allem drei selbstgestellte Aufgaben hat und sicherstellen schen nicht genug zu essen, das waren 118 Millionen muss, dass: Menschen mehr als im Jahr davor.3 Ein Grund dafür war auch die Covid-19 Pandemie. Aber es gibt grundle- 1. vor allem Industrie- und Schwellenländer bis 2030 gende und weitreichendere Ursachen für Hunger und ihre Klimaziele erhöhen, um bis zur Mitte des Jahr- Unterernährung, zu denen die Ernährungs- und Land- hunderts Klimaneutralität zu erreichen, wirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) 2. konkrete Maßnahmen verabschiedet werden, damit die fortschreitenden Klimaveränderungen, Konflikte, betroffene Menschen in ärmeren Ländern sich an die Armut und Ungleichheit zählt.4 unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels an- passen können und Lebensräume geschützt werden, Auch der Weltklimarat (IPCC) unterstreicht in seinem Sachstandsbericht 2021 den Zusammenhang von Klima- 3. um beide Ziele umzusetzen, ausreichende Finanz- wandel und Hunger, weil sich die deutliche Zunahme von mittel bereitgestellt werden. Hitze und Dürren sowie Starkregen auf die landwirt- Bei der Überprüfung der nationalen Klimaziele schaftliche Produktion (Verfügbarkeit und Qualität der (Nationally Determined Contributions, NDCs) ein- Nahrung) und damit die Ernährungssituation auswirkt. zelner Länder ist bisher festzustellen, dass große Damit sind Missernten vorprogrammiert, traditionelle An- Treibhausgasverursacher wie Japan, Australien bauregionen verlieren ihre Bedeutung (z.B. Kaffee) und und Brasilien mit ihren erschreckend schwachen Schäden durch Gewitter, Tornados oder Hagel nehmen Klimazielen den globalen Ehrgeiz ausbremsen. Die zu. Allein in Südasien gehören Hitzewellen inzwischen zu USA und China – die noch keine ambitionierten den Ereignissen mit den schlimmsten Folgen: Bei som- NDCs vorgelegt haben – müssen dies so schnell merlichen Temperaturen von über 40 Grad Celsius kom- wie möglich nachholen. Zwar hat Deutschland 7 men regelmäßig tausende von Menschen ums Leben.5 Klimaziele vorgelegt (65% weniger Treibhausgase Entsprechend eindringlich warnt der Weltklimarat: Beim bis 2030 im Vergleich mit 1990) und auch die EU Stand der heutigen Treibhausgasemissionen wird die glo- hat einen ambitionierten „European Green Deal“ bale Erwärmung von 1,5 oder 2 Grad Celsius im Laufe vorgelegt (Klimaneutralität angestrebt bis 2050), des 21. Jahrhunderts überschritten und diese Entwick- aber ohne die Umsetzung geplanter Maßnahmen lung weiter verschärfen, spürbar überall auf der Welt. ist längst nicht ausgemacht, ob diese Ziele auch Wichtigster Hebel sind drastische Reduktionen der C02 – eingehalten werden, und auch Deutschland hat und anderer Treibhausgasemissionen in den unmittelbar seine Klimaziele bislang verfehlt. 8 vor uns liegenden Jahrzehnten. „Die Reduzierung von Treibhausgas- „Lichtjahre von Klimazielen entfernt“ emissionen ist unumgänglich“ Doch danach sieht es zurzeit gar nicht aus: Während der Warum die Reduzierung von Emissionen (in erster Linie Eröffnung der Generalversammlung der Vereinten Natio- Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft) gerade auch für nen im September dieses Jahres erklärte Generalsekretär, den entwicklungspolitischen Kontext (und damit für die Antonio Guterres: „Wir sind Lichtjahre von unseren Ernährungssicherung) so wichtig ist, verdeutlicht der (Klima-)Zielen entfernt“. Nach einer Studie, die von der Klimaforscher Michael E. Mann.9 Er konstatiert: Wenn Klimarahmenkonvention (UNFCCC) veröffentlicht wurde,6 unter den Bedingungen der besten aller Annahmen auf müssten bis 2030 die Emissionen weltweit um 45% ge- einer maximalen Fläche von 0,9 Mrd. Hektar der Erd- senkt werden, um bis zur Mitte des Jahrhunderts oberfläche Milliarden Bäume gepflanzt würden, und Klimaneutralität (kein Anstieg von Treibhausgasen in regenerative Landwirtschaft, die auf dem Recycling der Atmosphäre) zu erreichen. Die Studie geht vor dem landwirtschaftlicher Abfälle und der Verwendung von 3 Mehr als die Hälfte der Hungernden leben in Asien und ein Drittel in Afrika, siehe dazu auch den neuen Welthunger-Index 2021: https://www.globalhungerindex.org/de/ 4 The state of food security and nutrition in the world 2021 (fao.org) 5 Klimawandel und die Folgen: Was wissen wir, was vermuten wir? | Munich Re Topics Online 6 https://www.un.org/sg/en/node/259106 7 Laut einer Umfrage der Welthungerhilfe vom September 2021 sehen 72% der Befragten Deutschland und andere Industrieländer in der Verantwortung, aktiven Klimaschutz zu betreiben, um die Lebenssituation der Menschen im Globalen Süden nicht weiter zu verschlecht- ern. Umfrage zum Klimawandel - Welthungerhilfe 8 https://www.tagesschau.de/inland/klimaziele-2030-verfehlt-101.html (vom 19.8.2021) 9 Michael E. Mann: Anpassung ist nicht genug, in: Blätter für Deutsche und Internationale Politik, Ausgabe 9/2021, S. 94 2
Kompostmaterial basiert, in Kombination mit Landnut- und Entwicklung (OECD) geht nur rund ein Viertel der zungspraktiken, die die Kohlenstoffbindung im Boden internationalen Klimagelder in die Anpassung10, entschie- verbessern, dann könnten in der Summe ca. 22 Mrd. den zu wenig und nicht an den Bedarfen der Länder des Tonnen CO2 pro Jahr im Boden gebunden werden. Die Globalen Südens ausgerichtet. Das entspräche auch den Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt aber derzeit das Forderungen afrikanischer Staaten, die eine massive Auf- Äquivalent von etwa 55 Mrd. Tonnen CO2-Emissionen pro stockung, z.B. des Programmes zur Beschleunigung der Jahr. Das heißt, selbst die kombinierte Wirkung von Wie- Anpassung an den Klimawandel in Afrika (AAAP), einfor- deraufforstung, klimaangepasster Landwirtschaft und dern. Afrika erfahre durch den Klimawandel pro Jahr bis Landnutzungspraktiken könnte den Anstieg von CO2 in zu fünfzehn Milliarden US-Dollar Verluste, so der Präsi- der Atmosphäre höchstens verlangsamen, aber nicht dent der Afrikanischen Entwicklungsbank. Und wörtlich: neutralisieren oder umkehren. Umso wichtiger, dass bei- „Es ist nie zu spät [um Veränderungen herbeizuführen]. de Stränge, Treibhausgasreduzierung und Anpassung, Was Afrika braucht, ist die Mobilisierung von Ressour- ineinandergreifen. cen ... um den Wiederaufbau der Infrastruktur zu ermögli- chen, um sie widerstandsfähiger zu machen und um si- Anpassung und… cherzustellen, dass wir bessere Systeme haben, die vielen Mit Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels der heutigen Herausforderungen standhalten können“.11 sind Maßnahmen sozialer, ökologischer oder wirtschaft- licher Art gemeint, um potenzielle Schäden zu begren- … Verluste und Schäden zen. Anpassungslösungen sind kontextspezifisch und Mit „loss and damages“ werden Verluste und Schäden können vom Bau von Hochwasserschutzanlagen, der bezeichnet, die bereits durch den Klimawandel entstan- Einrichtung von Frühwarnsystemen, dem Bau von wider- den sind und zukünftige Auswirkungen, an die man sich standsfähiger (resilienter) Infrastruktur, der Umgestal- nicht mehr anpassen kann (dazu gehören Zerstörungen tung von Anbausystemen in der Landwirtschaft bis zum durch Überflutungen, Versalzen vormals fruchtbarer Bö- Einsatz von dürretolerantem Saatgut gehen. Dabei wird den, Versäuerung der Ozeane, Verlust von Lebensraum in der Regel darauf abgezielt, Gemeinschaften sensibler durch den Meeresspiegelanstieg). Unterschieden wer- für die Risiken und widerstandsfähiger gegen die Aus- den dabei wirtschaftliche (Industrie, Landwirtschaft, wirkungen des Klimawandel zu machen. Auf der Klima- Tourismus, Infrastruktur) und nicht-wirtschaftliche Ver- konferenz in Glasgow muss es nun Beschlüsse geben, luste (Lebensqualität, Gesundheit, indigenes Wissen, um diese Maßnahmen auch zu finanzieren. Nach Anga- Biodiversität, Ökosystemdienstleistungen). Für viele ben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit unmittelbar Betroffene müssen diese klimabedingten Ver- Beispiel für landwirtschaftliche Schäden: Dürren auf Weideflächen Anteil der 2004 bis 2018 von Dürre betroffenen Weideflächen, in Prozent Die Karte zeigt den Anteil des weltweiten Weidelandes, der im Zeitraum zwischen 2004 und 2018 von Dürren betroffen war. Quelle: EU Joint Research Centre (JRC), Anomaly Hotspots of Agricultural Production (ASAP) 10 https://www.oecd-ilibrary.org/sites/03590fb7-en/index.html?itemId=/content/publication/03590fb7-en 11 COP26 urged to prioritize adaptation as climate emergency surges | Climate Change News | Al Jazeera 3
luste und Schäden abgefedert werden, für sie geht es ums Überleben. Sie brauchen auch hier, vor allem in den är- Thematische Aufteilung der bereitge- meren Ländern, finanzielle und technische Unterstützung. stellten und mobilisierten Klimafinanzie- In den Klimaverhandlungen hat es in der Vergangen- rung (in Mrd. USD) heit immer wieder Versuche gegeben, Verluste und Schäden zu adressieren. Bis heute hat sich aber unter den Staaten kein Konsens darüber herausgebildet, wie das aussehen könnte. Zu groß sind die Befürchtungen vor allem der Industriestaaten, sie könnten zu Entschä- digungszahlungen (für den Verlust von Heimat oder ganzen Ökosystemen) aufgefordert werden. Deshalb ist es wichtig, dass in Glasgow konkrete umsetzbare Vor- schläge entwickelt werden, die die Minimierung und Bewältigung von Verlusten und Schäden zum Ziel ha- ben. Dabei könnte ein Finanzmechanismus helfen, der aus existierenden Fonds (wie dem Grünen Klimafonds, Anmerkung: "Cross-cutting" bezieht sich auf Projekte, die sowohl der Mitigation als auch der Anpassung dienen, oder auf Klimafinan- dem Anpassungsfonds u.a.) zusammengesetzt sowie zierung, die noch nicht zugewiesen wurde. aus anderen privaten und öffentlichen Quellen gespeist Quelle: Auf der Grundlage der Zweijahresberichte an die UNFCCC, der werden könnte. Somit könnten in der Zukunft Finanzie- Statistiken des OECD-DAC und der Export Credit Group Statistiken. rungslücken wie Schäden und Verluste durch Extrem- wetterereignisse, die nicht durch Versicherungsinstru- ren Beitrags der Industrieländer im Kampf gegen die mente abgedeckt sind, slow-onset (langsam eintreten- Klimaerwärmung. Auf der Klimakonferenz in Kopenhagen de) Katastrophen wie Dürren und nicht ökonomische 2009 wurde beschlossen, dass die Industrieländer ab Schäden und Verluste gedeckt werden. Diese Maßnah- 2020 ärmeren und betroffenen Ländern jährlich 100 men trügen zu mehr Ernährungssicherheit in betroffe- Mrd. US-Dollar pro Jahr zur Verfügung stellen, das ent- nen Ländern bei. sprach dem damals errechneten Bedarf für die kommen- den Jahre. Der Beschluss gilt bis 2025, danach soll ein neues globales Finanzierungsziel festgelegt werden. © Brockmann/Welthungerhilfe Die Herausforderung besteht allerdings darin, dass we- der Rahmenkonvention noch das Pariser Abkommen die Beschlüsse quantifiziert haben, das heißt die Höhe der finanziellen Zuwendungen ist jeweils den Gebern über- lassen. Deutschland hat im Juni des Jahres auf dem G7-Gipfel zugesagt, die jährlichen Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Klimafinanzierung von derzeit 4,8 Mrd. US-Dollar bis spätesten 2025 auf über 6 Mrd. US-Dollar zu erhöhen (Deutsche Klima- und Entwicklungsorganisationen, darunter die Welthunger- hilfe, haben eine Verdoppelung auf 9,6 Mrd. US-Dollar Äthiopien: Trockenperioden bedrohen die Ernährungssicherheit gefordert).12 Die USA haben angekündigt bis 2024 jähr- von Nomaden lich 5,7 Mrd. US-Dollar zur Verfügung zu stellen, das Vereinigte Königreich 4 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Insge- Klimafinanzierung samt reichen diese Versprechen bis heute nicht, um die Neben der Dringlichkeit, globale Treibhausgasemissionen 100 Mrd. pro Jahr zu erreichen. Und: Je stärker sich die zu reduzieren, gehört die Finanzierung von Klimaschutz Erde weiterhin erwärmt, desto mehr Geld wird in der und Anpassung in den ärmeren Ländern auf die Agenda Zukunft für Anpassung notwendig. der Klimakonferenzen. Zur Klimafinanzierung haben sich die Unterzeichnerstaaten der Klimarahmenkonvention International regeln, national umsetzen 1992 verpflichtet und diese Verpflichtung im Pariser Ab- Die Lage spitzt sich zu. Die rasche Klimaerwärmung kommen von 2015 erneuert. Klimafinanzierung ist nicht trifft alle Menschen, ob in Deutschland oder im Globa- nur völkerrechtlich verbindlich, sie ist auch zentraler Be- len Süden, sie breitet sich immer weiter aus – und das standteil von internationaler Klimagerechtigkeit. Damit ist mit voller Wucht. Im Interesse der Millionen von Klein- gemeint, dass Länder, die die Hauptverantwortung für bauern und Kleinbäuerinnen und Landlosen in den den Klimawandel tragen, auch für die Folgen und Schä- Ländern des Globalen Südens sowie auch zukünftiger den einstehen. Die finanzielle Unterstützung der ärmeren Generationen ist es notwendig, die Situation nicht Länder ist somit, neben der Verpflichtung selbst bis zur noch schlimmer zu machen und sich an die Folgen Jahrhundertmitte klimaneutral zu werden, Teil eines fai- anzupassen. Die Stabilisierung des heutigen Klimas ist 12 Mehr dazu auf der Webseite: Deutsche Klimafinanzierung 4
Mit dem Instrument „vorhersagebasierte Finanzierung“, © Welthungerhilfe im Rahmen der antizipativen humanitären Hilfe, wird schon vor dem Eintreten von Katastrophen gehandelt. So werden Verluste und Schäden proaktiv vermieden.13 Was die Staaten auf der 26. Klimakonfe- renz beschließen müssen: 1. CO2-Ausstoß reduzieren: Insbesondere die Industrie- und Schwellenländer der G20 müssen neue oder aktualisierte Treibhausgasreduktionsziele vorlegen, Bangladesch 2020: Opfer einer Flutkatastrophe, verursacht die mit dem Ziel, bis Mitte des Jahrhunderts Klima- durch heftigen Monsunregen neutralität erreicht zu haben, vereinbar sind. Diese Ziele sind mit konkreten Maßnahmenkatalogen und ein wichtiger Baustein nachhaltiger Entwicklung und Zeitplänen zu unterlegen. damit der Ernährungssicherung. Damit wird nicht nur ein weiterer zentraler Aspekt von Klimagerechtigkeit ange- 2. Betroffene unterstützen: Die angestrebten 100 Mrd. sprochen, die Reduzierung klimaschädlicher Emissionen US-Dollar jährlich für die internationale Klima- ist dann auch ein wichtiges Ziel von Entwicklungszusam- finanzierung ab 2020 sind noch nicht erreicht. menarbeit. Entwicklungsbemühungen dürfen den Zu- Staaten müssen ihre Beiträge erheblich erhöhen. stand des Klimas nicht verschlechtern und Klimaschutz Mindestens die Hälfte der Summe muss für darf Entwicklung nicht behindern. Dafür muss die inter- Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung stehen, um die nationale Klimapolitik den Rahmen setzen, auf nationaler Widerstandsfähigkeit der Menschen gegenüber den Ebene muss die Umsetzung erfolgen. unvermeidbaren Klimafolgen zu erhöhen. Auch die Welthungerhilfe leistet durch klimasensible Ent- 3. Ernährung durch standortgerechte Landwirtschaft als wicklungsmaßnahmen einen Beitrag. Sie selbst will zum Pfeiler für nachhaltige und klimaangepasste Entwicklung einen bis 2025 klimaneutral sein, und zum anderen un- sichern: Landwirtschaft und Ernährungssicherung terstützt sie in ihrer Programm- und Projektarbeit Ziel- müssen auf der Klimakonferenz eine zentrale Rolle gruppen, sich auf die klimatischen Herausforderungen im spielen. Anbaumethoden sollten im Sinne einer Globalen Süden einzustellen. Dazu fördert sie naturba- standortgerechten Landwirtschaft auf eine Vielfalt sierte Lösungen, wie den Schutz und die Wiederherstel- an Pflanzen und Sorten ausgerichtet sein. Sie lung von Böden und Wäldern zur Schaffung von Kohlen- berücksichtigen die Erfordernisse der Anpassung an stoffsenken, bei gleichzeitigem Erhalt von Biodiversität. den Klimawandel und die Anforderungen an Nach- Die richtige Form einer an die lokalen Bedingungen ange- haltigkeit und garantieren Ernährungssicherheit, passten, nachhaltigen Landwirtschaft sichert nicht nur ohne das Klima zu schädigen und das Recht auf die Ernährung, sondern kann mit nachhaltig bewirtschaf- Nahrung zu verletzen. teten Böden und dem Schutz der Artenvielfalt zur Ein- 4. Klima- und Katastrophenrisikofinanzierung ausbauen: dämmung des Klimawandels beitragen. Intakte Böden, Finanzierungslücken von Schäden und Verlusten Moore, Wälder, Feuchtgebiete und Grünland sind wichtige durch Extremwetterereignisse, steigenden Meeres- Kohlenstoffspeicher. spiegel und Landverluste sowie zunehmende Dürren müssen dringend geschlossen werden. Die Schaffung Viele Projekte der Welthungerhilfe dienen der Abfederung eines speziellen Finanzierungsmechanismus soll hier von Extremwetterereignissen wie Starkregen und Sturm. Abhilfe schaffen. Präventive Maßnahmen, darunter Frühwarnsysteme helfen, Menschen vor Wirbelstürmen die antizipative humanitäre Hilfe, müssen stärker oder Überschwemmungen rechtzeitig in Sicherheit zu finanziell gefördert werden. bringen. Die Welthungerhilfe analysiert dafür im Vorfeld mögliche Risiken, entwickelt Notfallpläne und unterstützt den Aufbau notwendiger und angepasster Infrastruktur. 13 Siehe: https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/ueberleben-sichern/forecast-based-action/ Titelbild: Nothilfemaßnahmen nach dem Zyklon Idai in Mozambik Bonn/Berlin, 21. Oktober 2021 Kontakt: Michael Kühn, Senior Policy Advisor Email: policy@welthungerhilfe.de Deutsche Welthungerhilfe e. V., Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn Tel. +49 (0)228 2288-0, Fax +49 (0)228 2288-333, www.welthungerhilfe.de 5
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