Opendata Journalism in Zeiten von COVID-19 - Diskussion und Vergleich verschiedener Visualisierungen
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Vertiefungsartikel Open Data Vorlesung 2020 Opendata Journalism in Zeiten von COVID-19 Diskussion und Vergleich verschiedener Visualisierungen eingereicht an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern Institut für Wirtschaftsinformatik Dozentur Digitale Nachhaltigkeit beim Dozent Dr. Matthias Stürmer eingereicht von Jan Liechti von Eggiwil, BE im 9. Semester Matrikelnummer: 12-924-346 Studienadresse Schlossstrasse 124 3008 Bern 078 875 41 80 jan.liechti1@students.unibe.ch Bern, 24.6.2020
Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG 3 1.1 Motivation 3 2 FRAGESTELLUNG 4 3 DATENGRUNDLAGEN, DATENQUELLEN 4 3.1 Daten der Johns Hopkins Universität 4 3.2 Daten aus der Schweiz: BAG 5 4 VISUALISIERUNGEN 5 4.1 Visualisierungen der Datenlieferanten 5 4.1.1 Johns Hopkins Universität 5 4.1.2 Bundesamt für Gesundheit (BAG) 6 4.2 Ausgewählte Darstellungen aus den Medien 7 4.2.1 Tagesanzeiger – Tamedia AG 7 4.2.2 Neue Zürcher Zeitung (NZZ) 8 5 DISKUSSION 9 5.1 Karte als Kommunikationsmittel 10 5.2 Zeitliche Entwicklung graphisch dargestellt 11 5.3 Relative Graphiken in der Kritik 12 6 SCHLUSSFOLGERUNG 12 7 DANKSAGUNG 13 LITERATURVERZEICHNIS 15 ANHANG 17 Weitere Darstellungen der Medienportale 17 NZZ 17 Tagesanzeiger 18 Umstrittene Graphik der NZZ 19 SELBSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG 20 VERÖFFENTLICHUNG DER ARBEIT 21
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 3 1 Einleitung Gemäss der Aussage von Alexandra Kohler in der Open Data Vorlesung 2020 erlebt der Datenjournalismus in Zeiten der COVID-19 Pandemie seine Sternstunde. Das In- teresse an der Entwicklung der aktuellen Fallzahlen ist immens, interaktive Darstel- lungen, wie z.B. die der Johns Hopkins-Universitätsdaten, finden sich auf fast allen grösseren und kleinen Newsportalen und erzielen sehr hohe Zugriffszahlen (Beck, 2020). Mittels der ständig aktualisierten Daten kann die Pandemie praktisch in Echt- zeit mitverfolgt werden. Im Schweizer Kontext sind auch die Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und die der einzelnen Kantone relevant. Die Darstellungen zeigen immer nur Teilas- pekte der Pandemie und stehen zum Teil auch in der Kritik (Thelitz & Manz, 2020). Dieser Artikel zeigt die verschiedenen Datenquellen zu COVID-19 und diskutiert de- ren Darstellungsweisen. Dabei soll der Fokus sowohl auf globale als auch auf Schweiz-spezifische Darstellungen gelegt werden. Die Diskussion des Kriteriums der Verständlichkeit und Sinnhaftigkeit von COVID-19 Graphiken soll Vorrang gegeben werden. Viele der COVID-19 Datensätze sind frei als Open Data zugänglich, deshalb eignet sich das Thema für diesen Vertiefungsartikel. In der Open Data Vorlesung des Früh- lingsemesters 2020 gab es einen Gastvortrag von Alexandra Kohler, Datenjournalistin bei der NZZ, zum Thema Storytelling mit Open Data. Dieser Artikel knüpft an den Vortrag an. 1.1 Motivation Die COVID-19 Pandemie hat ab März 2020 das öffentliche Leben in der Schweiz komplett umgekrempelt und wird wahrscheinlich nachhaltige Auswirkungen auf un- sere Gesellschaft haben. Ich persönlich habe die COVID-19 Pandemie interessiert auf verschiedenen News-Portalen mitverfolgt. Immer wieder aufgefallen sind mir die sehr unterschiedlichen Darstellungsansätze der Entwicklung der Pandemie. Auch der Gast- vortrag von Alexandra Kohler, hauptsächlich zum Thema der Pandemie, hat mich sehr fasziniert. Ich finde die verschiedenen Ansätze, wie die Daten mit oftmals gleichem Ursprung (Johns Hopkins Universität) dargestellt werden, spannend. Mit meinem Hin- tergrund als Geographiestudent sehe ich aber, besonders bei den Karten, vielerorts Kritikpunkte. Deshalb möchte ich mit diesem Vertiefungsartikel den Versuch wagen,
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 4 die unterschiedlichen Darstellungen gegenüberzustellen, zu vergleichen und zu beur- teilen. Es ist mir bewusst, dass ich mit diesem Vertiefungsartikel nur einen kleinen Teil der Graphiken zu der COVID-19 Pandemie diskutieren kann. Auch deshalb fokussiere ich mich vor allem auf die Schweiz. 2 Fragestellung Zur COVID-19 Pandemie existieren frei zugängliche und aktuelle Daten (Open Data) zu den weltweiten Fallzahlen. Auch für die Schweiz gibt es verschiedene Datenquel- len. Die Darstellungsmöglichkeiten dieser Daten sind mannigfaltig. Diese Arbeit soll Darstellungsarten von ausgewählten Medienportalen und Institutionen gegenüberzu- stellen, analysieren und beurteilen. Aus diesem Kontext heraus formuliert sich die fol- gende Fragestellung: Werden die verschiedenen Datensätze sinnvoll und verständlich dargestellt? Können einzelne Darstellungsarten zu Missverständnissen führen? Aus dieser Fragestellung formuliert sich die Folgende Hypothese: Daten zur COVID-19 Pandemie sind sinnvoll und ansprechend dargestellt und führen nicht zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen. 3 Datengrundlagen, Datenquellen 3.1 Daten der Johns Hopkins Universität Die Johns Hopkins Universität aggregiert Daten aus verschiedenen Quellen. Gemäss der frei zugänglichen GitHub Repository werden Daten aus den vielen verschiedenen Quellen wie der World Health Organisation, dem European Centre for Disease pre- vention and Control (Johns Hopkins University, 2020). Die vollständige Liste der Quellen kann im ReadMe auf der GitHub Repository eingesehen werden. Die Repository existiert seit dem Dezember 2019 und wurde bis hin zum 31 zweimal täglich manuell aktualisiert. Seit dem ersten Februar wird eine semi-automatische Ak- tualisierung durchgeführt (Gardner, 2020). Die Daten der Johns Hopkins Universität werden von zahlreichen Medienportalen auf- gegriffen und visualisiert. Gemäss Alexandra Kohler hat z.B. die NZZ ein Skript zur automatischen Aktualisierung der Daten geschrieben, dies ermöglicht eine sehr zeit- nahe Berichterstattung.
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 5 3.2 Daten aus der Schweiz: BAG Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erfasst schweizweit die COVID-19 Fallzahlen / Testergebnisse. Diese Daten werden regelmässig aktualisiert und können von der BAG-Website heruntergeladen werden. Die Daten basieren auf Informationen, die La- boratorien, Ärztinnen und Ärzte und Spitäler an das BAG übermitteln (BAG, 2020). Neben dem BAG stellen auch einzelne Kantone ihre Daten zu den aktuellen Fallzahlen zur Verfügung. 4 Visualisierungen Dieses Kapitel ist den verschiedenen Darstellungsarten der COVID-19 Datensätze ge- widmet. Es werden die Darstellungen der Datenlieferanten betrachtet und die von aus- gewählten Medienhäusern. 4.1 Visualisierungen der Datenlieferanten Die Johns Hopkins Universität als auch das BAG publizieren eigene Darstellungen ihrer Daten. In den folgenden zwei Unterkapiteln werden die Darstellungen der Da- tenlieferanten beschrieben, die Diskussion der Darstellungen folgt zu einem späteren Zeitpunkt. Die Betrachtung der Darstellungen der Datenlieferanten Johns Hopkins Universität und des BAGs ist nicht abschliessend. Es existieren weitere Darstellungen von Datenlieferanten wie z.B. das Dashboard der WHO. Für den Umfang dieser Arbeit reicht die Betrachtung der Johns Hopkins Universität und des BAGs aber aus. 4.1.1 Johns Hopkins Universität Die Johns Hopkins Universität stellt die Daten in Rohform als auch visuell aufbereitet zur Verfügung. Sie unterhält ein interaktives Dashboard, siehe Abb. 1. Das Dashboard ermöglicht einen schnellen weltweiten Überblick über die COVID-19 Fallzahlen. Im Zentrum des Dashboards steht die Karte, welche die COVID-19 Fallzahlen als eine Art Dot-density Map darstellt. Das Dashboard ist interaktiv, es lässt sich z.B. in die Karte zoomen. Auf dem Dashboard lässt sich auch noch eine U.S.-Karte anzeigen, diese wird aber in diesem Vertiefungsartikel nicht weiter behandelt. Im Abschnitt «Critical Trends» sind diverse (datengetriebene) Stories verfügbar, oftmals auch mit weiteren Darstellungsarten der Daten. Farblich ist die Darstellung schlicht und modern gehalten, sie setzt auf ein dunkles Design mit klarer farblicher Kommunikation (Rot für die COVID-19 Ansteckungen, Grün für die Geheilten).
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 6 Das Dashboard der Johns Hopkins Universität ist eine gefragte Plattform wird oftmals verlinkt. Die Zahlen der Johns Hopkins Universität stehen teilweise auch in der Kritik wegen einem Quellen-Wirrwarr, was die Verlässlichkeit der Zahlen etwas schmälert. Das allgemeine Bild sei aber stimmig und die Zahlen brauchbar (Becker et al., 2020). Abbildung 1: Interaktives Dashboard der Johns Hopkins Universität. Mit dem Dashboard wird eine weltweite Übersicht über die COVD-19 Fälle möglich. Stand der Daten ist der 12.6.2020 (Johns Hop- kins1, 2020). 4.1.2 Bundesamt für Gesundheit (BAG) Auch das BAG publiziert regelmässig eigene Darstelllungen seiner Zahlen. Diese sind in Abbildung 2 ersichtlich. Die Darstellung ist interaktiv (z.B. Radio Buttons und Mouseover) und weist neben der aggregierten Kantonskarte, welche nicht zoombar ist, noch einen Piechart und eine Timeline auf. Das Design ist hell, schlicht und mit sig- nalrotem Balken als Header. Mit Blautönen als Farbgebung ist die geographische Ver- teilung der laborbestätigten Fälle eher neutral gehalten. Die Zahlen des BAG standen auch schon in der Kritik. So sei das BAG zum Teil nicht mit der Aktualisierung der Zahlen hinterhergekommen und die Erfassung der Papier- dossiers habe zu Fehlern geführt. Das BAG dementiert diese Vorwürfe aber (Rhyn, 2020).
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 7 Abbildung 2: COVID-19 Laborbestätigte Fälle des BAG. Stand der Daten ist: 11.6.2020 (BAG, 2020). 4.2 Ausgewählte Darstellungen aus den Medien In diesem Abschnitt werden exemplarisch die Darstellungen des Tagesanzeigers sowie die der NZZ vorgestellt. Hier handelt es sich nur um eine kleine Auswahl an Visuali- sierungen. Zu der COVID-19 Pandemie gibt es sehr viele Darstellungen auf unter- schiedlichsten Portalen. Aufgrund der Übersichtlichkeit wird jeweils nur eine einzelne Graphik gezeigt (z.B. bei der NZZ gibt es 27 verschiedene Darstellungsformen). Weitere Graphiken der Me- dienportale finden sich im Anhang der Arbeit. 4.2.1 Tagesanzeiger – Tamedia AG Der Tagesanzeiger bietet ein sehr ausführliches COVID-19 Dashboard an, das nur mit einem Abonnement zugänglich ist. In diesem Dashboard gibt es eine Vielzahl an Gra- phiken. Diese lassen sich interaktiv konfigurieren, beispielhaft ist dies in Abbildung 3 ersichtlich: Hier lassen sich via Drop-Down Menü verschiedene Länder auswählen und so die täglich bestätigten Neuinfektionen vergleichen. Mit Radiobuttons lassen sich Dinge wie Skalen, kumulierte Fälle, etc. einstellen. Der Tagesanzeiger bezieht die
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 8 Daten für die Darstellungen der Schweiz primär direkt von den Kantonen und alterna- tiv vom BAG. Die weltweiten Fallzahlen entstammen den Daten der Johns Hopkins University (Brupbacher et al., 2020). Auf dem Dashboard gibt es eine sehr grosse Anzahl von Darstellungen, was viel Zeit zur Betrachtung benötigt. Die Zeitpunkte der Aktualisierung und die verwendeten Quellen sind jeweils klar ersichtlich. Das Design wirkt trotz der vielen Darstellungen aufgeräumt, es werden für die gleichen Sachverhalte jeweils dieselben Farben verwen- det. (z.B. gelbe Balken für die täglich bestätigten Neuinfektionen), was sehr zu einer schnellen Übersicht beiträgt. Abbildung 3: Eine von vielen Darstellungen des Tagesanzeigers. Hier lassen sich die täglichen Neuin- fektionen von verschiedenen Ländern vergleichen (Brupbacher et al., 2020). 4.2.2 Neue Zürcher Zeitung (NZZ) Die NZZ bietet eine grosse Anzahl an Darstellungen zu der COVID-19 Pandemie, diese sind nach einem Login (ohne Bezahlung) zugänglich. Die Graphiken sind nicht interaktiv, d.h. die dargestellten Daten lassen sich nicht ändern und auch beim Mouse- over oder Klick verändert sich nichts. In Abbildung 4 ist ein Beispiel einer Graphik
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 9 ersichtlich. Das Design wirkt aufgeräumt und übersichtlich. Durch die fehlende Inter- aktivität ist wirkt es nicht sehr dynamisch und verspielt. Auffallend ist, dass die Haupt- aussage der Graphiken sich jeweils im Titel der Graphik befindet. Die Daten für die Graphiken stammen von der Johns Hopkins Universität, dem Kanton Zürich und dem Bundesamt für Statistik. Abbildung 4: Graphik aus der NZZ, die die bestätigten Coronavirus-Ansteckungen zeigt (Thelitz et al., 2020). 5 Diskussion In diesem Kapitel werden die verschiedenen Darstellungsarten gegenübergestellt. Dis- kutiert wird auch die subjektive Wahrnehmung der Darstellungen, die Verständlich- keit, sowie die Einbettung in die jeweiligen Dashboards / Websites.
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 10 5.1 Karte als Kommunikationsmittel Karten finden sich bei jeder der betrachteten COVID-19 Dashboards. Sie sind ein ge- eignetes Kommunikationsmittel zur Darstellung der geographischen Verteilung / Aus- breitung der COVID-19 Pandemie. Die Karten der einzelnen Medienportale befinden sich im Anhang dieser Arbeit. Die Karten der Johns Hopkins Universität und des BAGs in den Abbildungen 1 und 2. Die Kartendarstellung der Johns Hopkins University (Abb. 1) mit den roten Punkten auf schwarzem Hintergrund wirkt alarmierend. Der alarmierende Stil wird durch das allgemein dunkle Design noch zusätzlich unterstützt. Es stellt sich etwas das Gefühl einer Gefechtszentrale ein. In Europa, wo die Fallzahlen sehr hoch sind, sind bei der höchsten Zoomstufe keine Details erkennen, es wirkt alles gleichförmig rot. Für hohe Zoomstufen könnte dementsprechend die Darstellungsform etwas angepasst werden. Das BAG wählt mit der blauen Farbgebung eine neutralere Kommunikationsart (Abb. 2). Die Blautöne sind unterschiedlich stark akzentuiert nach Anzahl der laborbestätig- ten Fälle. Vermutlich hat das BAG auf die Farbe Rot in der Karte und dem Piechart verzichtet, da Rot sofort eine alarmierte Stimmung ausgelöst (der rote Balken auf der Website ist wahrscheinlich für diesen Zweck bestimmt). Die Karte des BAGs ist nicht zoombar, eine genauere Auflösung als die Kantonsebene ist nicht möglich, dies er- möglicht keine differenzierte Sicht auf die aktuelle Lage (Fallzahlen der einzelnen Städte / Regionen lassen sich nicht aus dieser Darstellung ableiten). Die Darstellung von absoluten Zahlen auf unterschiedlich grossen Polygonen ist kartographisch frag- würdig. Sinnvoller wäre es hier auf relative Werte (wie bei der Kartendarstellung der NZZ) oder eine Heatmap zu setzen (ähnlich zum Johns Hopkins Dashboard). Das Problem ist es, dass die verschiedenen Kantone unterschiedliche Einwohnerzahlen, Bevölkerungsdichten und Flächen besitzen, was eine Darstellung von absoluten Zah- len nicht sehr sinnvoll gestaltet. Die Daten können nicht ohne Wissen über die zuvor genannten zusätzlichen Faktoren interpretiert werden. Eventuell ist diese Darstellung aber nützlich für Entscheidungsträger auf der Bundesebene, die kantonspezifische Massnahmen treffen müssen. Für private Anwender ist die Darstellung aber eher irre- führend.
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 11 Die NZZ wählt mit ihrer Kantonskarte einen sehr abstrakten Darstellungsansatz (Abb. 5, Anhang). Durch die Hexagon-Darstellung erhalten alle Kantone dieselbe Fläche und Grösse. Dies ist sinnvoll, da es sich hier um eine Darstellung mit relativen Werten handelt (Fläche der Kantone und Einwohnerzahl nicht mehr relevant, man beachte die Diskussion der Karte des BAGs). Auch wirkt die Darstellung der Kantone als Hexa- gone sehr aufgeräumt und übersichtlich. Die Wahl der Farben spricht mit einer Skala von Rottönen eine klare Sprache und wirkt alarmierend. Der Tagesanzeiger verzichtet auf eine Schweizerkarte und zeigt stattdessen eine welt- weite Karte (Abb. 6, Anhang). Die Karte zeigt den Globus in einer dreidimensionalen, nicht entzerrten Form und zeigt deshalb nur einen Ausschnitt der Welt. Nord- und Südamerika sind in der Darstellung nicht wirklich gut ersichtlich, aber als zusätzliche Listenelemente aufgeführt. Die Farbgebung ist einfach und verständlich: Gelb für die Fallzahlen und Rot für die Verstorbenen. In Europa wirkt die Darstellung etwas über- laden mit Kreisen. Etwas schade ist, dass die Karte nicht interaktiv ist (z.B. Drehung der Weltkugel oder eine Zoommöglichkeit wären sinnvolle Features). Auch hier ver- mittelt die Farbgebung eine alarmierende Stimmung. Die Karte ist klar auf Europa zentriert, eventuell würde sich in der momentanen Lage, mit hohen Fallzahlen in den USA und Brasilien, eine neue Ausrichtung lohnen. Insgesamt überzeugen die Karten der Johns Hopkins Universität und die der NZZ am meisten. Dies da sie übersichtlich dargestellt sind und die Inhalte einfach und verständ- lich übermitteln. 5.2 Zeitliche Entwicklung graphisch dargestellt Der zeitliche Verlauf der COVID-19 Pandemie ist von grossem Interesse. Die Darstel- lungen der verschiedenen betrachteten Portale unterscheiden sich hier nicht allzu gross. Auf der X-Achse der Liniendarstellungen ist der zeitliche Verlauf angegeben und auf der Y-Achse die Fallzahlen. Bei der Darstellung des Tagesanzeigers lassen sich verschiedene Länder vergleichen. Dieses interaktive Feature gestaltet die Interak- tion mit der Graphik sehr spannend. Die Darstellung mit den Linien und den Fallzahlen ist nicht so einfach nachvollzieh- bar, wie die einfache Art der Graphik suggeriert: Bei der Interpretation Vorsicht gebo- ten, da bei den Graphiken des Tagesanzeiger und der NZZ logarithmische Skalen auf
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 12 der Y-Achse verwendet werden. Logarithmische Skalen sind nicht so intuitiv lesbar, da pro die Zahl pro Achsenabschnitt nicht linear um den gleichen Wert wächst, son- dern um das jeweils um das Zehnfache (Thelitz & Manz, 2020). Die Krümmung der Linien zeigt die Veränderung der Wachstumsrate, eine gleichblei- bende Linie bedeutet gleichbleibendes Wachstum, die Steigung gibt die Stärke des Wachstums an. Der Nachteil von logarithmischen Darstellungen ist, dass sie die Rea- lität verzerren: Kleine Fallzahlen werden stark aufgeblasen und grosse Fallzahlen zu- sammengestaucht (Thelitz & Manz, 2020). 5.3 Relative Graphiken in der Kritik Thelitz & Manz 2020 beschreiben in ihrem Artikel, dass eine einfache Balkengraphik, die die Anzahl Fälle je 100'000 Einwohner zeigt, für die meiste Kritik gesorgt hat (siehe Abbildung 7, Anhang). Kritisiert werden ungleiche Testhäufigkeiten der ver- schiedenen Länder und dass sich das Virus ungeachtet der Landesgrösse ungefähr gleich schnell ausbreite, so hätten kleinere Länder höhere pro Kopf zahlen. Befürwor- ter der relativen Graphiken sagen, dass es falsch ist, absolute Zahlen von Ländern zu vergleichen (sehr unterschiedlich grosse Bevölkerungszahlen) und nur relative Zahlen die Belastung der Bevölkerung / des Gesundheitssystems aufzeigen. Thelitz & Manz 2020 bewerten beide Argumente als valide und zeigen deswegen sowohl absolute als auch relative Darstellungen. 6 Schlussfolgerung Die datenjournalistischen Bemühungen rund um die COVID-Pandemie sind enorm, die Darstellungsarten sehr vielfältig und zahlreich. Der Artikel von Thelitz & Manz 2020 hat gezeigt, dass die verschiedenen Darstellungen nicht immer unumstritten sind. Die Darstellungen über die COVID-19 Pandemie prägen die öffentliche Wahrneh- mung stark. Besonders Karten und Timelines werden gerne als Kommunikationsmittel für die COVID-19 Pandemie verwendet. Besonders interessant ist die Verwendung von verschiedenen Farben bei den Karten. Das BAG setzt mit Blautönen auf eine eher neutrale Darstellung, die Johns Hopkins Universität und die NZZ mit Rottönen auf alarmierendere Darstellungen.
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 13 Bei den Graphiken, die den zeitlichen Verlauf aufzeigen, ist die einfache Verständ- lichkeit nicht zu unterschätzen – logarithmische Skalen sind nicht intuitiv interpretier- bar und erfordern Zeit und Konzentration zur Interpretation, auch können sie Fallzah- len verzerren (Thelitz & Manz, 2020). Grundsätzlich wird viel für das Verständnis der Graphiken getan und auch auf Kritik (zumindest im Fall der NZZ) reagiert. Man vergleiche dazu den Artikel von Thelitz und Manz 2020. Auf der Seite des Tagesanzeigers z.B. finden sich erläuternde Texte zu logarithmischen Skalen, Fokuspunkte bei der Betrachtung der Graphiken. Auch die Graphiken sind gut beschrieben. Dies fällt auch bei den Darstellungen der NZZ auf: Die Haupterkenntnisse der Graphiken sind im Titel vermerkt. Die betrachteten und diskutierten Darstellungen sind alle von guter Qualität. Über gewisse Aspekte, wie der der Farbgebung oder der Darstellung von relativen Zahlen lässt sich diskutieren. Bei einer korrekten Angabe der Quellen und guter Erläuterung der Sachverhalte sind diese Darstellungen aber allesamt legitim. Basierend auf diesen Erkenntnissen kann die formulierte Hypothese angenommen werden. Abschliessend ist anzumerken, dass auch die verwendeten Datenquellen einer Quel- lenkritik unterzogen werden sollten. Das Zusammentragen der Daten ist sehr aufwen- dig und teilweise mit viel Handarbeit verbunden und kann deshalb auch mit Fehlern behaftet sein. Die zwei betrachteten Hauptquellen der Daten (Johns Hopkins Univer- sität und BAG) standen beide schon in der Kritik (Rhyn, 2020 und Becker et al. 2020). Skripts zur automatisierten Aktualisierung von Darstellungen sollten mit Bedacht ein- gesetzt werden und die Daten immer einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Die Fallzahlen der COVID-19 Pandemie bringen sehr viele Implikationen mit sich: Entscheidungen, die auf Basis der Daten getroffen werden, können sehr weitreichende Konsequenzen für Wirtschaft, Politik und soziale Wohlfahrt haben. 7 Danksagung Ich konnte mich sehr für die Open Data Vorlesung und die Übung begeistern. Für mich war es eine der lehrreichsten Veranstaltungen meines Masterstudiums (für einmal komplett neue Inhalte), was mich sehr motiviert hat. Schade fand ich, dass es keine
Vertiefungsartikel von Jan Liechti 14 richtige Prüfung gegeben hat. Das Verfassen einer Zusammenfassung ist mir etwas wie eine «Alibiübung» vorgekommen. Vielen Dank für die spannenden Inputs und die Möglichkeit eine eigene App zu pro- grammieren. Ich wünschte ich hätte mehr Vorlesungen und Übungen in diesem Format und mit dieser Menge an angewandten Inhalten.
Literaturverzeichnis 15 Literaturverzeichnis Beck, Christian (2020). Coronavirus-Dashboard geht um die Welt. https://www.per- soenlich.com/medien/coronavirus-dashboard-geht-um-die-welt Zugriff: 9.6.2020. Becker J., Hollstein R., Milatz M. (2020). Johns Hopkins: Woher stammen die Corona- Zahlen? https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Corona-Das-steckt-hinter- Zahlen-von-Johns-Hopkins,johnshopkinsquelle100.html Zugriff: 23.6.2020. BAG Bundesamt für Gesundheit (2020). Covid in der Schweiz. https://covid-19- schweiz.bagapps.ch/de-1.html Zugriff: 12.6.2020. BAG Bundesamt für Gesundheit (2020). Neues Coronavirus: Situation Schweiz. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pande- mien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/situation-schweiz-und-internatio- nal.html#-138766968 Zugriff: 12.6.2020. Brupbacher M., Nart J., Vögeli P., Broschinski S., Lutz M. (2020). Die neusten Zahlen zum Schweizer Covid-19-Ausbruch. https://interaktiv.tagesanzeiger.ch/2020/covid- 19-ausbruch-im-vergleich/ Zugriff: 17.6.2020. Gardner Lauren (2020). Mapping COVID-19. Johns Hopkins University. https://sys- tems.jhu.edu/research/public-health/ncov/ Zugriff 11.6.2020. Johns Hopkins University2 (2020). COVID-19 Data Repository by the Center for Sys- tems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University. https://github.com/CSSEGISandData/COVID-19 Zugriff: 11.6.2020. Johns Hopkins University1 (2020). COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University. https://coronavi- rus.jhu.edu/map.html Zugriff: 12.6.2020.
Literaturverzeichnis 16 Rhyn, Larissa (2020). Bis ein toter Coronavirus-Patient in der Statistik auftaucht, kön- nen über 30 Stunden vergehen. https://www.nzz.ch/schweiz/coronavirus-das-bag- kommt-bei-erfassung-der-faelle-kaum-hinterher-ld.1547359 Zugriff: 23.6.2020. Thelitz N., Kohler A., Skinner B., Oesch J., Rittmeyer B., Kelén J. Lemcke A., Monn J., Kleeb C., Batz D., Manz K., Seliger F. (2020). Immer mehr Länder in Lateiname- rika werden zu Corona-Hotspots – und alles Weitere zum Virus in 27 Graphiken. https://www.nzz.ch/panorama/die-wichtigsten-grafiken-zum-coronavirus-ld.1542774 Zugriff: 17.6.2020. Thelitz Nikolai, Manz Kaspar (2020). Die perfekte Corona-Grafik gibt es nicht. https://www.nzz.ch/visuals/coronavirus-die-perfekte-grafik-gibt-es-nicht-ld.1550139 Zugriff: 10.6.2020.
Anhang 17 Anhang Weitere Darstellungen der Medienportale NZZ Abbildung 5: Kartendarstellung der NZZ. Die Darstellung mit den Hexagonen wirkt sehr abstrakt (The- litz et al., 2020)
Anhang 18 Tagesanzeiger Abbildung 6: Kartendarstellung des Tagesanzeigers. Der Tagesanzeiger verzichtet auf eine Schweizer- karte (Brupbacher et al., 2020).
Anhang 19 Umstrittene Graphik der NZZ Abbildung 7: Zeigt die umstrittenste Graphik der NZZ. Es handelt sich hierbei um relative Zahlen.
Selbständigkeitserklärung 20 Selbständigkeitserklärung „Ich erkläre hiermit, dass ich diese Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäss aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche gekennzeichnet. Mir ist bekannt, dass andernfalls der Senat gemäss Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe o des Gesetzes vom 5. September 1996 über die Universität zum Entzug des aufgrund dieser Arbeit verlie- henen Titels berechtigt ist.“ Bern, 24.6.2020 Jan Liechti
Veröffentlichung 21 Veröffentlichung der Arbeit I.d.R. werden schriftliche Arbeiten öffentlich zugänglich gemacht. Hiermit erlaube ich, meine Arbeit auf der Website der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit zu veröffentlichen. Ich möchte auf eine Veröffentlichung meiner Arbeit verzichten. Falls eine Vertraulichkeitserklärung unterschrieben wurde, ist es Sache des Studieren- den, das Einverständnis des Praxispartners einzuholen. Es muss der Arbeit eine schrift- liche Bestätigung des Praxispartners beigelegt werden. Die Benotung der Arbeit erfolgt unabhängig davon, ob die Arbeit veröffentlicht wer- den darf oder nicht. Bern, 24.6.2020 Jan Liechti
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