Pädagogische Konzeption - Evangelischer Wallmerkindergarten der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart - Untertürkheim - Evangelische Stadt- und ...
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Pädagogische Konzeption Evangelischer Wallmerkindergarten der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart – Untertürkheim Stand Januar 2021
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 1 Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort ................................................................................................................................ 1 1.1. Grußwort von Pfarrer Martin Hug ................................................................................ 2 2. Unser Auftrag - Rechtliche Grundlagen ............................................................................. 3 2.1. Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) .......................................................................... 3 2.2. § 22 Grundsätze der Förderung .............................................................................. 3 2.3. § 22a Förderung in Tageseinrichtungen ..................................................................... 4 2.4. § 9 Grundrichtung der Erziehung, Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen ... 4 2.5. Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in Baden-Württemberg ....................... 5 3. Unser Bild vom Kind – Bildungsverständnis ...................................................................... 6 4. Pädagogische Konzepte – so arbeiten wir ......................................................................... 7 4.1. Die Bildungs- und Lerngeschichten ............................................................................ 7 4.2. Der Situationsansatz ................................................................................................... 9 4.3. Die Reggio Pädagogik ............................................................................................... 10 4.4. Die Montessori Pädagogik ........................................................................................ 11 5. Unsere pädagogischen Ziele ............................................................................................ 12 5.1. Individuelle Ziele ........................................................................................................ 12 5.2. Soziale Kompetenz.................................................................................................... 15 5.3. Sachkompetenzen ..................................................................................................... 16 5.4. Religionspädagogische Ziele .................................................................................... 19 5.5. Partizipation – Beteiligung von Kindern im Alltag ..................................................... 20 6. Unser Pädagogischer Alltag ............................................................................................. 21 6.1. Die Eingewöhnung in den Kindergarten ................................................................... 21 6.2. Das Freispiel .............................................................................................................. 22 6.3. Die Sprachförderung ................................................................................................. 25 6.4. Das Essen ................................................................................................................. 25 6.5. Das Singen ................................................................................................................ 25 6.6. So feiern wir Geburtstag ............................................................................................ 26 6.7. Unsere Ausflüge ........................................................................................................ 26 6.8. Unsere Feste ............................................................................................................. 27 6.9. Unser Hof ................................................................................................................... 27 6.10. Inklusion ................................................................................................................. 27 6.11. Beschweren erlaubt ............................................................................................... 29
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 7. Kinder unter drei Jahren ................................................................................................... 30 7.1. Die Eingewöhnung in den Kindergarten ................................................................... 30 7.2. Die Eltern ................................................................................................................... 31 7.3. Räume – Material - Außengelände ........................................................................... 31 7.4. Unser Tagesablauf - Essen ....................................................................................... 33 7.5. Unsere Angebote....................................................................................................... 33 7.6. Die Pflege .................................................................................................................. 33 8. Die Rolle der Pädagogischen Fachkraft ........................................................................... 35 8.1. Der Alltag einer pädagogischen Fachkraft ................................................................ 35 8.2. Das Kindergarten-Team ............................................................................................ 37 8.3. Unsere Personalstruktur ............................................................................................ 37 8.4. Die Teamzeiten.......................................................................................................... 38 8.5. Unsere Qualitätsentwicklung / Qualitätssicherung ................................................... 39 9. Die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft ..................................................................... 40 10. Unsere Zusammenarbeit mit dem Träger ..................................................................... 42 11. Unsere Kooperationspartner ......................................................................................... 44 12. Die Öffentlichkeitsarbeit ................................................................................................ 45 13. Unsere Situationsanalyse ............................................................................................. 46 12.1. Lage des Kindergartens – Stadtteil ....................................................................... 46 12.2. Die Innere Analyse – Räume ................................................................................ 47 12.4. Der Hof .................................................................................................................. 54 13. Unsere goldenen Regeln für einen gelingenden Alltag ................................................ 55 14. Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 56
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 1. Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, liebe Eltern, liebe Kinder, „Kinder sind nicht zu verstehen und auch nicht zu behandeln im Blick auf das, was einmal aus ihnen werden soll. Kinder sind keine „kleinen Erwachsenen“; die Kindheit kein Durchgangsstadium auf dem Wege zum eigentlichen Menschsein. Und die Erwachsenen haben kein Recht, Kinder unglücklich zu machen mit dem Hinweis darauf, dass ihrem eigentlichen, ihrem späteren Glück gedient werde. Ein Kind ist von vorneherein ein ganzer Mensch – nicht erst als werdender Mensch anzusehen. Es hat Glücksverlangen und Ansprüche an das Leben, es erfährt Freude und Leid und verdient, darin ernst genommen zu werden wie die Erwachsenen auch.“ (Andreas Flitner) 1
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 1.1. Grußwort von Pfarrer Martin Hug „Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht….“ Das sagt Jesus seinen Jüngern, als sie Kinder abweisen möchten, die zu ihm kommen wollen. Kinder ernst nehmen, ihnen ihren Platz in der Gesellschaft, der Schule, der Familie und eben auch im Kindergarten zuzugestehen, das ist ihm wichtig. Dazu fordert er durch seine Worte alle auf, die mit und für Kinder arbeiten und mit ihnen zu tun haben. Erzieherinnen und Erzieher werden genauso angesprochen, wie Eltern. Im Evangelischen Wallmerkindergarten wird versucht, diesem Anspruch Jesu gerecht zu werden - und das in der nötigen Offenheit anderen Religionen gegenüber. Dass Menschen unterschiedlich sind und doch miteinander leben können, dass sie anders leben und doch voneinander lernen können, das erfahren die Kinder schon früh. Dazu gehört aber auch, von Jesus und seiner Lebenseinstellung zu hören. Das ist der Anspruch, den das Team im Wallmerkindergarten hat. Dem entsprechend ist auch diese Konzeption entstanden. Staatliche Vorgaben, pädagogische Entscheidungen, aber auch die persönliche Einstellung zum wertschätzenden Umgang mit Kindern prägen sie. Wie immer geht es aber um gelebtes Leben, erlebtes Lernen und gemeinsame Erfahrungen, die auf das Leben vorbereiten. Hier wird sich die Konzeption in der Praxis bewähren müssen. Darauf zu achten, dass das in guter Weise geschieht, ist unser aller Aufgabe. “ …denn unseren Kindern gehört das Himmelreich.“ Ihr Martin Hug, Evangelischer Pfarrer Stadt-Wallmergemeinde Untertürkheim 2
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 2. Unser Auftrag - Rechtliche Grundlagen 2.1. Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) § 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe (1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. 2.2. § 22 Grundsätze der Förderung (1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Tagespflegeperson in ihrem Haushalt oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten geleistet. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht. Es kann auch regeln, dass Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen geleistet wird. (2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen 1. die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, 2. die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, 3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen. 3
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 2.3. § 22a Förderung in Tageseinrichtungen (2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass die Fachkräfte in ihren Einrichtungen zusammenarbeiten 1. mit den Erziehungsberechtigten und Tagespflegepersonen zum Wohl der Kinder und zur Sicherung der Kontinuität des Erziehungsprozesses, 2. mit anderen Kinder- und familienbezogenen Institutionen und Initiativen im Gemeinwesen, insbesondere solchen der Familienbildung und –Beratung, 3. mit den Schulen, um den Kindern einen guten Übergang in die Schule zu sichern und um die Arbeit mit Schulkindern in Horten und altersgemischten Gruppen zu unterstützen. Die Erziehungsberechtigten sind an den Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten der Erziehung, Bildung und Betreuung zu beteiligen. (3) Das Angebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren. Werden Einrichtungen in den Ferienzeiten geschlossen, so hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Kinder, die nicht von den Erziehungsberechtigten betreut werden können, eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit sicherzustellen. (4) Kinder mit und ohne Behinderung sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten. 2.4. § 9 Grundrichtung der Erziehung, Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen Bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben sind 1. die von den Personensorgeberechtigten bestimmte Grundrichtung der Erziehung sowie die Rechte der Personensorgeberechtigten und des Kindes oder des Jugendlichen bei der Bestimmung der religiösen Erziehung zu beachten, 4
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 2. die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes oder des Jugendlichen zu selbständigem, verantwortungsbewusstem Handeln sowie die jeweiligen besonderen sozialen und kulturellen Bedürfnisse und Eigenarten junger Menschen und ihrer Familien zu berücksichtigen, 3. die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern. 2.5. Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in Baden- Württemberg Seit 2006 gibt es einen Bildungsplan für die Kindertagessstätten in Baden- Württemberg, die erste Überarbeitung erschien 2014. Darin wird das Bildungsverständnis erklärt (Bildung von Geburt an, Bildung als lebenslanger Prozess, Bildung als Selbstbildung, Bildung mit allen Sinnen und im Dialog) und der Auftrag einer stärkenden und an innerer Motivation orientierten Bildungsbegleitung formuliert. Im Einzelnen gehören dazu: Beobachtung und Dokumentation von individuellen Bildungssituationen des Kindes, Erziehungspartnerschaft mit den Eltern, Übergänge achtsam begleiten, Kooperationen zum Wohl des Kindes. In einem zweiten Teil werden Impulse gesetzt für gelingende pädagogische Arbeit in der Kita, aufgeteilt in sechs Bildungsfelder (Körper, Sinne, Denken, Sprache, Gefühl und Mitgefühl, Sinn, Werte, Religion). 5
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 3. Unser Bild vom Kind – Bildungsverständnis „Bildung“ meint die lebenslangen und selbsttätigen Prozesse zur Weltaneignung von Geburt an. Bildung ist mehr als angehäuftes Wissen, über das ein Kind verfügen muss. Kinder erschaffen sich ihr Wissen über die Welt und sich selbst durch ihre eigenen Handlungen. Kindliche Bildungsprozesse setzen verlässliche Beziehungen und Bindungen zu Erwachsenen voraus. Bildung ist ein Geschehen sozialer Interaktion.“ (Orientierungsplan S. 19) Jedes Kind ist einzigartig und unvergleichbar, es kommt auf die Welt mit einer eigenen individuellen Persönlichkeit. Kinder haben ihre eigene Art die Welt zu sehen, zu fühlen, zu denken, und sich zu äußern. Ein Kind trägt alle Fähigkeiten, die es braucht, um zu wachsen in sich und will sich entwickeln. Jedes Kind entfaltet eigene Methoden um sich selbst zu erfahren und seine Fähigkeiten kennenzulernen und weiterzuentwickeln. Dabei hilft den Kindern ihre natürliche Neugier, ihre Wissbegierde und Experimentierfreude. Damit Kinder dies optimal entwickeln können, brauchen sie sichere Bindungen und Beziehungen, den Raum und die Zeit zur individuellen Entfaltung. Lernen verstehen wir als aktiven Aneignungsprozess. Ein Kind muss eigenaktiv anknüpfen können an dem, was es schon weiß und kann. Dabei hat jedes Kind andere Wege und sein eigenes Tempo sich die Welt anzueignen und zu erklären. Lernmotivation und Lernfreude wird dann erhalten, wenn das Kind Erfolge hat und in seinem Gelingen gestärkt wird. 6
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 4. Pädagogische Konzepte – so arbeiten wir In unserer täglichen Arbeit finden sich Grundgedanken verschiedener pädagogischer Konzepte. Die Elemente aus der Reggio-, Montessoripädagogik, des Situationsansatzes und der Bildungs- und Lerngeschichten sind für uns tragende Pfeiler unserer Arbeit. Sie alle verbindet die Sichtweise aufs Kind; das in seiner individuellen Persönlichkeit wertgeschätzt, in seinen Interessen und Stärken gefördert wird, ohne dass sein Tun und Handeln bewertet wird. Durch Beobachtungen wird jedes Kind in seinen Entwicklungsschritten begleitet. 4.1. Die Bildungs- und Lerngeschichten Die Bildungs- und Lerngeschichten sind eine Methode Bildungsprozesse von Kindern zu beobachten und anhand von Portfolios (roter/blauer Ordner), für jedes Kind zu dokumentieren. Entwickelt hat Margaret Carr aus Neuseeland diese pädagogische Methode die man auch „learning stories“ nennt. Es geht darum, Lernprozesse und Lernschritte der Kinder zu beobachten, zu verstehen und ihre individuellen Lernschritte zu unterstützen. Seit 2007 wurden die „Bildungs- und Lerngeschichten“ in allen Evangelischen Kitas als Verfahren der Bildungsdokumentation implementiert. So werden wir dem Auftrag der Beobachtung und Dokumentation der frühkindlichen Bildungsprozesse aus dem „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung der baden- württembergischen Kindertageseinrichtungen“ gerecht. Jedes Kind wird bei uns im Kindergartenalltag für 10-15 Minuten in selbst gewählten Spielsituationen beobachtet. Die Beobachtung wird schriftlich festgehalten und beschreibt die Handlungen und Äußerungen des Kindes im Spiel. Die Beschreibung der Aktivitäten der Kinder wird von uns nicht interpretiert oder bewertet. Im Anschluss an die beobachtete Spielsituation stellen wir uns folgende Fragen zur Auswertung: 7
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim „An was hat das Kind sich interessiert gezeigt im Spiel?“ „Wo und wie hat das Kind Engagement gezeigt?“ „Hat das Kind das Spiel durchgehalten? Wo hat es standgehalten?“ „Wie teilt sich das Kind mit? Wie drückt es sich aus?“ „Wirkt das Kind in einer Spielgruppe mit und welche Rolle übernimmt es in der Lerngemeinschaft?“ Durch die Beobachtungen und anhand dieser Fragen, die wir uns stellen, nehmen wir die individuellen Fähigkeiten, Stärken und die Interessen jedes Kindes wahr. Wir erkennen seine Motivation, seine Neugier und Wissbegier für einen bestimmten Lernprozess, knüpfen daran an und unterstützen so die weitere Lernentwicklung. Voraussetzungen für gelingendes Lernen ist in erster Linie, dass das Kind sich von uns angenommen fühlt, dass es sich im Haus und in der Gruppe zugehörig und wohl fühlt. Es braucht zudem den Raum, die Zeit und die Möglichkeit, eigenständig Erfahrungen zu machen, ohne dass wir gleich eingreifen und Lösungsmöglichkeiten anbieten. Die ausgewerteten Beobachtungen, die Erkenntnisse aus dem Austausch mit dem Kind, den Eltern und den KollegInnen werden in Form eines Briefes an das Kind zurückgemeldet - die Lerngeschichte. Die Lerngeschichte wird dem Kind vorgelesen und mit ihm besprochen. Der Brief an das Kind ist immer wertschätzend und stärkenorientiert, es soll stolz auf seine Lernerfolge sein. Diese Briefe werden im Ordner des Kindes aufbewahrt und gesammelt. Es kommt häufig vor, dass Kinder ihre Lerngeschichte öfter hören möchten. Im Ordner werden außerdem selbst gemalte Bilder des Kindes, Fotos und Erinnerungen gesammelt. Alles im Portfolio wird von uns ergänzt; wir beschreiben und erklären die Bedeutsamkeit des einzelnen Dokuments. Die Kinder sind sehr stolz auf ihre Ordner und schauen sie gerne an. Das machen sie alleine, mit Freunden, mit uns, und am liebsten mit den Eltern. Eltern können ihren Kindern auch solche Briefe oder Erinnerungen an gemeinsame Unternehmungen, oder andere besondere Ereignisse schreiben und diese mit dem Kind in seinem Ordner abheften. 8
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim Im Austausch mit Kolleginnen sprechen wir über unsere Beobachtungen und Wahrnehmungen über die Entwicklungsschritte des Kindes und über weitere Möglichkeiten den Lernprozess zu begleiten. Auch sind wir immer im Austausch mit den Eltern, über die Entwicklung und Lernprozesse ihres Kindes. 4.2. Der Situationsansatz Der Situationsansatz ist in den 70er Jahren durch den Pädagogen Jürgen Zimmer entwickelt worden. Er orientiert sich, entgegen des bis dahin bestehenden Trainingsprogramms für Kinder, an den Lebenssituationen der einzelnen Kinder. Diese Lebenssituationen bezeichnet man als Schlüsselsituationen, die sich an den persönlichen Erlebnissen, Erfahrungen und sozialen und kulturellen Themen der Kinder anknüpfen. Z.B. Eingewöhnung in die Kita, Einschulung, Umzug, Geburt eines Geschwisterchens, Tod von Angehörigen. Die Kinder bringen diese Themen mit in den Kindergartenalltag ein. Erlebnisse werden im Rollenspiel alleine oder mit anderen Kindern nachgespielt, sie vertrauen sich Freunden oder den pädagogischen Fachkräften an, oder berichten vor allen im Stuhlkreis. Durch genaue Beobachtung der Kinder können wir mit einzelnen Kindern, in Kleingruppen oder mit allen Kindern (im Stuhlkreis), diese Themen aufgreifen und erarbeiten. Durch Motivation und Eigenbeteiligung kann ein Projekt für die Gesamtgruppe entstehen und das Interesse bei anderen Kindern geweckt werden, sofern das Thema hierzu geeignet ist. Die Kinder können dadurch ihre Persönlichkeit und ihre Sozial- und Sachkompetenzen erweitern. Dieser pädagogische Ansatz hat auch heute noch seine Gültigkeit und findet sich in dem Konzept der Bildungs- und Lerngeschichten wieder. 9
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 4.3. Die Reggio Pädagogik Wir orientieren uns auch an den Impulsen der Reggio-Pädagogik. Dieser Pädagogische Ansatz stammt aus der Region „Reggio“ in Italien und wurde von dem Pädagogen Loris Malaguzzi entwickelt. Jedes Kind nimmt Informationen über seine fünf Sinne wahr: „Sehen, Hören, Riechen, Fühlen und Schmecken.“ Über die Sinneseindrücke macht sich das Kind ein Bild der Welt und über sich. Spiegel, Farben und Formen sowie Materialien aus der Natur und anregende Räume spielen eine große Rolle. Die Wertschätzung des Kindes, seiner Kreativität und Phantasie steht im Mittelpunkt, es gibt kein begabt und unbegabt, kein richtig und falsch, kein geschickt und ungeschickt sondern nur das unverwechselbare produktive einzelne Kind. Der Erzieher arbeitet mit den Kindern in Projekten. Dort werden Themen des Kindes aufgegriffen und gemeinsam versucht, mit so vielen Sinnen wie möglich zu „begreifen“. Kind, deine Gedanken sind kostbar. In ihnen entstehst du und sie entstehen durch dich. Du kombinierst und verbindest, wie kein anderer vor dir. Du denkst dich ins Leben und das Leben findet in dir eine Ausdrucksform. (Loris Malaguzzi) 10
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 4.4. Die Montessori Pädagogik Auch Gedanken der Montessori Pädagogik fließen in unserer Arbeit ein: Dieser pädagogische Ansatz wurde von der italienischen Ärztin Maria Montessori (1870-1952) entwickelt. Auch hier ist die Beobachtung des Kindes die Grundlage. Des Weiteren ist eine vorbereitete und anregend gestaltete Umgebung eine wichtige Voraussetzung, um Lernanreize für die Kinder zu bieten. Ziel ist es, dass Kinder durch eigenes Handeln und Ausprobieren ihre Kompetenzen erweitern und dadurch selbstständig werden. Durch das ganze pädagogische Konzept führt der Leitsatz „Hilf mir es selbst zu tun“. Dieser ist auch in unserem Kindergarten ein sehr wichtiger Leitgedanke. Aus diesem Grund achten wir besonders darauf, mit anregendem und vielfältigem Material und einer ansprechenden Raumgestaltung eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Kinder frei entfalten und entwickeln können. 11
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 5. Unsere pädagogischen Ziele 5.1. Individuelle Ziele Kinder kommen in den Kindergarten und bringen ihre Persönlichkeit, ihre Erfahrungen, ihre Geschichte bereits mit. Um Lernerfolge und individuelle Entwicklung gut zu begleiten, ist es wichtig, an den individuellen Vorerfahrungen, an den Möglichkeiten, Fähigkeiten und Interessen des Kindes anzuknüpfen und diese zu stärken. Nur selbstsichere und selbstbewusste Kinder können auch weiter Erfolge sammeln und sich auf ihre Kompetenzen verlassen. Daher sind uns folgende Ziele zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung wichtig, die wir jeweils an konkretem Alltagshandeln deutlich machen: Kinder erkennen und entwickeln ihre individuellen Stärken und Fähigkeiten Alltagsbeispiele: wir gestalten mit den Kindern ein Portfolio, in dem Erfolge und Gelingen dokumentiert und gesammelt werden; wir sind in einem stärkenden Dialog mit dem einzelnen Kind, wir gestalten Gesprächskreise über individuelle Stärken und Fähigkeiten, . .. Kinder begegnen selbstbewusst neuen (vielleicht auch schwierigen) Herausforderungen und Aufgaben und wachsen daran Alltagsbeispiele: Bei Kreisspielen, vor der ganzen gruppe zu sprechen, wenn gewohnte Freunde nicht da sind, sich anderen zuwenden. Neue Situationen u.a. Singen oder Ausflüge meistern. Bei Auseinandersetzungen seinen Standpunkt behaupten und aushalten können. Bei Festen oder Gottesdiensten vor Publikum etwas vortragen. Kinder entwickeln Verantwortungsbewusstsein Alltagsbeispiele: Kinder übernehmen in eigener Verantwortung Dienste im Alltag (z.B. Tischdienst, Blumen versorgen…), Kinder haben die Verantwortung für ihren Spielbereich und den Umgang mit Material 12
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim Kinder entwickeln ein kritisches Bewusstsein Alltagsbeispiele: wir stellen Fragen und philosophieren über Gott und die Welt. Jeder kann sich eine Meinung bilden, kann diese äußern. Niemand wird wegen seinen Äußerungen ausgelacht oder bloßgestellt. Kinder fühlen sich wohl und sicher und bauen Vertrauen auf Alltagsbeispiele: durch Rituale und verlässliche Strukturen schaffen wir Sicherheit, die dennoch Freiräume lassen; wir agieren als verlässliche Ansprechpartner, wir erarbeiten gemeinsam Regeln und Konsequenzen Kinder fühlen sich an- und ernstgenommen in ihrem „So sein“ Alltagsbeispiele: wir achten und schätzen die Einzigartigkeit jeden Kindes; wir achten das individuelle Tempo jeden Kindes, wir stellen uns auf die Möglichkeiten des Kindes ein (z.B. Begrüßungsritual), … Kinder erfahren positive und stabile Beziehungen, bauen sie auf und pflegen sie Alltagsbeispiele: wir schützen Freundschaftsbeziehungen, stärken Lerngemeinschaften und Unterstützungssysteme (z.B. beim Anziehen). Jedes Kind hat in seiner Gruppe eine feste Bezugsfachkraft. Kinder erweitern ihre verbale Sprachfähigkeit und können sich mitteilen, und werden auch in ihrer nonverbalen Kommunikationsfähigkeit (Ausdrucksfähigkeit) gesehen und unterstützt Alltagsbeispiele: wir sehen die Ausdrucksfähigkeit durch Gestik (Zeigegesten), Mimik, Körperhaltung, Tonfall und „antworten“ darauf, wir unterstützen den Spracherwerb im Alltag u.a. mit Spielen, Büchern, wir schätzen Muttersprache und sehen diese als Ressource für das Kind, … 13
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim Kinder entwickeln Kreativität Alltagsbeispiele: Am Maltisch und der Malwand, im Rollenspiel, beim Basteln, beim Spielen im Außenbereich, beim Spielen im Flur mit Schaumstoffklötzen und Tüchern, in der Bauecke, an der Sandkiste. Kinder lernen und entwickeln sich in Bewegung und machen Erfahrungen mit Musik (Instrumente) und Tanz Alltagsbeispiele: monatliches Singen mit der Kantorin, Singen und Spielen im Stuhlkreis, Bewegungsangebote im Hof. Kinder lernen eigene Gefühle kennen und den Umgang damit Alltagsbeispiele: wir sprechen oft über Befindlichkeiten und Gefühle, erleben Bilderbücher, Spiele, Geschichten; und arbeiten häufig mit unserem Gefühlsbarometer, um Kindern Gefühle sichtbar zu machen. Kinder lernen ihren Körper kennen, entwickeln ein positives Körpergefühl und Geschlechtsidentität o Sexualerziehung - „wer bin ich“ Alltagsbeispiel: anlass- und situationsorientiert führen wir Gespräche und ziehen Bücher zu rate, … o Gleichwertigkeit der Geschlechter Alltagsbeispiel: alle Spielbereiche sind für Jungen und Mädchen offen, wir gestalten bewusst alle Spielbereiche für Jungen und Mädchen attraktiv … o Achtung und Schutz des eigenen Körpers, Gefühle für Nähe und Distanz entwickeln Alltagsbeispiel: wir regen Kinder an, bewusst den Körper als Eigentum zu sehen und zu schützen, Respekt vor Distanzbedürfnis, eigenes Distanzbedürfnis formulieren (Prävention). 14
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 5.2. Soziale Kompetenz Der Kindergarten ist für Kinder oft die erste Gelegenheit in einer größeren Gruppe mit Gleichaltrigen Erfahrungen zu machen. Es entstehen neue Lernfelder, die das Zusammenleben in einer Gemeinschaft ermöglichen. Kinder erfahren sich als Teil einer Gemeinschaft und lernen die Grundformen des Zusammenlebens o Ich habe was zu sagen, ich ergreife das Wort, ich bringe Ideen ein, ich übernehme Verantwortung o Ich kann mich auch zurücknehmen, zuhören, andere zu Wort kommen lassen, o Ich kann Kompromisse schließen und verschiedene Lösungen für Konflikte finden o Ich kann teilhaben (Partizipation) o Ich kann Entscheidungen treffen und eine Entscheidung der Gruppe mittragen (Demokratie) Alltagsbeispiele: wir entscheiden gemeinsam über Ziele (z.B. Ausflüge, Spaziergänge…), jedes Kind entscheidet im Freispiel über seine Aktivität, den Spielbereich, den Spielpartner, in Kinderkonferenzen klären wir gemeinsam Probleme und Konflikte, … Kinder entwickeln Respekt und Achtung vor ihrem Gegenüber (unabhängig von Hautfarbe, Religion, Kultur, Herkunft, Tradition) Alltagsbeispiele: wir sind uns hier unserer Vorbildfunktion bewusst, wir unterstützen Kinder bei der respektvollen Lösung von Konflikten (niemand wird beschämt), … Kinder erleben Unterschied und Vielfalt als Bereicherung Alltagsbeispiele: wir singen das Begrüßungslied in verschiedenen Sprachen, Kinder berichten über Feste ihrer Kultur, wir führen Gespräche über 15
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim Anderssein („Jeder ist anders, Jeder ist besonders“), auch das Spielmaterial entspricht der Vielfalt (Bücher aus und über andere Kulturen, Puppen mit dunkler Hautfarbe, verschiedene Sprachen hören und einzelne Begriffe lernen, …) Kinder helfen einander, nehmen Rücksicht und lernen sich in andere einzufühlen (Empathie) Alltagbeispiele: bei uns gibt es Patenschaften (Ältere unterstützen Jüngere), Gespräche über Befindlichkeiten, das Gefühlsbarometer, wir erleben Feinfühligkeit z.B. im Umgang mit Tieren (Hundeprojekt, … Kinder wachsen in einer Atmosphäre auf, die fehlerfreundlich ist Alltagsbeispiele: wir machen alle Fehler und können dazu stehen, wir sind nachsichtig und großzügig und wissen, dass Fehler eine Lernchance sind, wir ermöglichen Kindern an ihre Grenzen zu gehen, zu scheitern, sich zu irren, und eigene Erfahrungen zu machen … Kinder lernen Umgangsformen Alltagsbeispiele: sich begrüßen, höflich sein (bitte/danke), sich zuhören, sich ausreden lassen, sich verbal auseinandersetzen, achtsam essen (Esskultur); auch hier sind wir Vorbild, wir versuchen Gefühle zu verstehen, zu übersetzten und Alternativen der Bewältigung zu erarbeiten/anzubieten, „Ich-Botschaften“ senden („mir ist das zu viel, ich möchte an einen ruhigeren Platz“). 5.3. Sachkompetenzen Kinder sind von Geburt an neugierig und wollen ihre Umwelt verstehen. Darüber hinaus gibt es immer wieder Interessen an anderen Kulturen, Herkunftsländern der Kinder oder Medien, die wir aufgreifen und bearbeiten. 16
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim Kinder erfahren ihre Umwelt o Umweltschutz Alltagsbeispiele: wir achten auf einen sparsamen Umgang mit Ressourcen (z.B. Wasser, Papiertücher), wir vermeiden Müll (Vesperbox, Trinkflaschen) und trennen den Müll, o Tiere, Natur, Umgebung kennenlernen und schützen Alltagsbeispiele: wir bauen Gemüse an, lernen Tiere kennen (Hasen, Hund, Käfer und Krabbeltiere im Garten...), … o Verkehrserziehung Alltagsbeispiele: das Verhalten auf der Straße üben wir aktiv bei jedem Ausflug/Spaziergang; einmal jährlich besucht uns die Polizei und macht Verkehrserziehung Kinder machen kulturelle Erfahrungen Alltagsbeispiele: wir besuchen regelmäßig Theater, Museen und Bibliothek, … Kinder lernen Traditionen kennen und pflegen sie Alltagsbeispiele: Geburtstagsfeier, Feste des Jahreslaufes (Sommerfest, Laternenfest, Erntedank, Weihnachten, Ostergarten, …) Kinder lernen gesunde Ernährung, Zahnpflege und Körperhygiene Alltagsbeispiele: Projekt „Schulfrucht“ (2x/Woche Obst und Gemüse für die Einrichtung), jährliche Zahnprophylaxe durch das Gesundheitsamt, richtiges Händewaschen lernen und Sauberkeitserziehung (zur Toilette gehen) Kinder machen naturwissenschaftliche Experimente und mathematische Erfahrungen Alltagsbeispiele: Experimente mit Wind und Wasser, wir gehen gemeinsam Fragen nach: „was ist schwerer, größer, kann fliegen, geht unter…?“, Kinder sammeln Alltagswissen (Adresse, Buchstaben, Farben, Zahlen, Wochentage, Monate, Jahreslauf, Uhrzeit, …) 17
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim Alltagsbeispiele: Kinder erkennen ihren eigenen Namen und schreiben ihn, „Büro-Ecke“ im Gruppenraum, Jahresuhr, Kalender im Gruppenraum, Geburtstagskalender, … Kinder interessieren sich für Dinge außerhalb ihres Erfahrungskreises Alltagsbeispiele: je nach Interesse der Kinder bearbeiten wir verschiedene Themen (z.B. Berufe-Besuche beim Bäcker, Zahnarzt, Ritter, Dinos, Indianer, Superman, Ninjas) Kinder interessieren sich für Medien Alltagsbeispiele: Kinder möchten Bücher immer wieder vorgelesen bekommen. In der Leseecke haben die Kinder freien Zugang zu Büchern. In der Stadtteilbibliothek gefallen den Kindern besonders die Bilderbüchershows, animierte Bilderbücher. In der Puppenecke spielen die Kinder mit der PC- Tastatur und mit dem Handy. Im Rollenspiel, werden viele Dinge, die sie im Fernsehen oder Kino gesehen haben, nachgespielt. 18
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 5.4. Religionspädagogische Ziele Kinder haben Vertrauen in die Welt und das Leben. Dieses Vertrauen ist bei uns als evangelischer Einrichtung auf den christlichen Glauben gegründet. Kinder übernehmen Verantwortung für andere und achten die Natur als Schöpfung Vermittlung des christlichen Glaubens und den damit verbundenen Traditionen Achtung, Respekt und Offenheit gegenüber anderen Religionen (interreligiöse Kompetenz) Alltagsbeispiele: ein Kindergartengottesdienst findet einmal monatlich für die Schulanfänger statt, wir beten jeden Tag vor dem Essen, wir feiern die Feste des christlichen Jahreskreises und gestalten Gottesdienste aktiv mit, … Eine gesonderte religionspädagogische Konzeption mit Umsetzungsbeispielen liegt in der Einrichtung vor. 19
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 5.5. Partizipation – Beteiligung von Kindern im Alltag „Partizipation heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden“ (Richard Schröder) Dies ist uns wichtig im Kindergartenalltag umzusetzen, da wir Kinder als kompetente Akteure der eigenen Entwicklung sehen. Kinder setzen sich vom Beginn ihres Lebens an aktiv und aus eigenem Antrieb mit ihrer sozialen und materiellen Umwelt auseinander und fällen dabei immerzu wichtige Entscheidungen für ihr zukünftiges Leben – allerdings ohne sich der Folgen bewusst zu sein. Um die Kinder darin begleiten zu können, geben wir ihnen folgende Möglichkeiten im Alltag: o Kinder können täglich aufs Neue selbst entscheiden, mit was, und mit wem sie sich an diesem Tag beschäftigen wollen. o sie können selbst bestimmen, ob und wann sie Frühstücken möchten o Ideen und Themen der Kinder nehmen wir ernst, greifen sie auf und versuchen sie gemeinsam mit ihnen umzusetzen o Gemeinsam erarbeiten wir Gruppenregeln o Regelmäßig finden Kinderkonferenzen statt o Kinder werden in Entscheidungs- und Planungsprozesse mit einbezogen (Ausflugsziele, Raumgestaltung, Anschaffungen, etc.) o Im Alltag ermutigen wir die Kinder, sowohl ihre eigene Meinung zu äußern und diese zu vertreten als auch, sich zu beteiligen und selbstständig zu handeln. o Wir begleiten Kinder dabei, mit ihren Misserfolgen umzugehen o Wir unterstützen die Kinder darin Entscheidungen gemeinsam zu treffen und ihre Konsequenzen anzunehmen und mitzutragen ( nach dem Mehrheitsprinzip Demokratie üben) 20
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 6. Unser Pädagogischer Alltag 6.1. Die Eingewöhnung in den Kindergarten In der Eingewöhnungszeit ist es uns wichtig, individuell auf jedes Kind und die Familie einzugehen. Daher hat jede Eingewöhnung ihr eigenes Tempo und Vorgehen – je nach Bedürfnis und Tempo des Kindes. Nachdem das Kind mit der Mutter oder dem Vater die Einrichtung kennengelernt hat, ist es üblich, dass die Bezugsperson mit dem Kind gemeinsam längere Zeit am Vormittag hierbleibt, so dass sich das Kind, mit der Sicherheit des Elternteiles im Rücken, langsam an die Räume, das Spielmaterial, an die anderen Kinder und an uns gewöhnen kann. Nach einigen Tagen wird eine erste Trennung versucht. Wichtig ist es, dass sich die Eltern bewusst verabschieden und vielleicht ein kleines Abschiedsritual erfunden wird. Nach der vereinbarten Zeit wird das Kind wieder abgeholt. Verlässlichkeit und Kontinuität ist dabei für das Kind sehr wichtig. Wird die Eingewöhnung durch Krankheit oder Urlaub unterbrochen, kann es sein, dass ein neuer Start nötig wird. Ziel ist es, dass das Kind sich in der Kita sicher und wohl fühlt, dass es Vertrauen fasst und die pädagogische Fachkraft als Bezugsperson annimmt und sich von ihr trösten lässt. Dies ist gemeinhin das Signal einer gelungenen Eingewöhnung. Ein intensiver Dialog und Austausch mit den Eltern ist vor allem in der Eingewöhnungszeit sehr wichtig. Daher bieten wir Aufnahmegespräche an, sind in der Begleitzeit der Eltern in der Kita Ansprechpartner und stehen in den Bring- und Abholsituationen immer als Gesprächspartner zur Verfügung. Auf Wunsch stellen wir, wenn möglich, gerne auch den Kontakt zu gleichsprachigen Familien her. 21
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 6.2. Das Freispiel „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“ Friedrich Schiller Das sogenannte „Freispiel“ nimmt einen großen Teil unseres Alltages ein. Daher ist es uns wichtig darzustellen, welche Bedeutung diese Spielform hat. Im freien Spiel entscheiden die Kinder eigenständig wo, mit was und mit wem sie spielen möchten. Diese eigene Entscheidung ist eine Gelegenheit aus innerer Motivation tätig zu werden und Spielhandlungen zu wählen, die Wohlbefinden versprechen. Ein wichtiges Merkmal des Spielens ist dieses emotionale Wohlbefinden, damit ist das selbstgewählte Spiel auch eine Form der Entspannung und trägt zur psychischen Stabilität bei. Außerdem werden Fähigkeiten und Fertigkeiten geübt und gefestigt (Übungsspiele z.B. seilspringen, balancieren, …). Auch Regelhaftigkeit und Einfügen in Strukturen lernt man im Spiel (Regelspiele z.B. Memory, Mensch ärgere dich nicht…). Im Rollen- oder Symbolspiel können Kinder andere Rollen und Perspektiven übernehmen, Verhalten erproben und so ein „Probehandeln“ erleben. Dabei braucht es Phantasie und Einfühlungsvermögen. Das Rollenspiel dient auch der Verarbeitung des Alltags und der Übernahme von kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Begleitend in nahezu allen Spielsituationen braucht es sprachliche Kompetenzen, die nebenher geübt werden: sich mitteilen, eine Meinung formulieren, sich abstimmen, Regeln ausmachen, Kompromisse finden, Pläne machen, Rollen verteilen und besprechen, nach Material fragen, sich mit anderen Meinungen, sich trösten, sich unterstützen, Ideen mitteilen, … Kinder brauchen Räume und Material, um ins Spiel zu kommen und Kontakt zu anderen Kindern aufnehmen zu können. Dazu haben wir Spielbereiche mit hohem Aufforderungscharakter, aber auch großer (Um-)Gestaltbarkeit und leichte Zugänglichkeit zu den Spielmaterialien. Während des Freispiels ist der Prozess des Spielens wichtig, dem Kinder sich in Auseinandersetzung mit Material oder mit anderen Kindern selbst bilden können. Das Ergebnis wird zur Nebensache. Viele Erkenntnisprozesse spielen sich 22
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim unbemerkt ab, daher ist uns die regelmäßige Beobachtung der selbstgewählten Spielsituationen wichtig, um Weiterentwicklungsprozesse zu erkennen und wertschätzend rückmelden zu können. Spielförderung bedeutet, dass wir achtsam Spiele wo nötig initiieren, Impulse setzen, Materialien bereitstellen, Spielpartner zusammenführen, Spielsituationen schützen oder Auseinandersetzungen begleiten. Ebenso finden auch einzelne Angebote statt, an denen Kinder freiwillig teilnehmen können. 23
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim gemeinsam eine Lösung finden Freund- aufeinander schaften Rücksicht knüpfen und nehmen pflegen Fähigkeiten die ein Kind im Spiel erwirbt miteinander Sprechen sich (Sprach- durchsetzen erwerb, Zweitsprach- erwerb) eine Idee entwickeln, Durchhalte- und vermögen umsetzen 24
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 6.3. Die Sprachförderung Grundsätzlich dient alles, was im Kindergarten gemacht wird der Sprachförderung (Bastelangebote, Stuhlkreis, Rollenspiel, Geburtstagsfeiern, Singen, Bilderbücher, Kreisspiele, Rhythmik, Geschichten, alltägliche Sprachanlässe beim Essen oder Erzählen, etc.). Sprachförderung umfasst also alle Kinder jeden Tag. 6.4. Das Essen Morgens von 7.30-10 oder 11 Uhr haben die Kinder die Möglichkeit während des Freispiels zu vespern. Die Kinder gehen individuell an den Vespertisch. → hohe Selbständigkeit, Grundbedürfnisse wie Hunger und Durst wahrnehmen lernen, selbst Vesper auspacken …) Wir erinnern Kinder im Laufe des Vormittags an das Essen. Wir achten auf ein gesundes Vesper und auf Tischkultur (Sitzen bleiben beim Essen, Platz sauber verlassen, Umgang mit dem Essen, …) Das gemeinsame Vesper im Stuhlkreis um 12:30 Uhr beginnt mit einem Tischgebet (die Kinder bringen ausreichend Vesper für zwei Vesperrunden) Durch die Teilnahme an einem EU-Projekt „Schulfrucht“ bekommen wir zur Zeit, einmal pro Woche, Obst und Gemüse gespendet. 6.5. Das Singen Einmal im Monat, 45 Minuten, Singen und Spielen, mit der Kantorin der Gemeinde, im Gemeindehaus und zusätzlich zum täglichen Singen im Morgenkreis Wir lernen neue Lieder und Kreisspiele kennen Die Kinder lernen Musikinstrumente kennen und dürfen diese ausprobieren (Trompete, Klavier, Xylophon, Geige, Triangel, Flöten, Rasseln, Trommeln….) Besonderer Anlass für die Kinder, viel Freude Kinder sollen einen Grundstock an Liedern bekommen Liedgut erhalten 25
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 6.6. So feiern wir Geburtstag Um die Einzigartigkeit eines jeden Kindes hervorzuheben, ist die Geburtstagsfeier im Kindergarten ein sehr wichtiges Ereignis. An diesem Tag steht das Geburtstagskind im Mittelpunkt und erfährt durch die Gruppe Wertschätzung und Anerkennung. Teilhabe, Freude, dass es da ist Mögliche Rituale beim Feiern: Hochleben, Geburtstagslied, Besucher am Geburtstagstisch, Rakete,…. Mitgebrachter Kuchen wird vom Kind an alle verteilt, gemeinsames Essen. Alle Kinder gratulieren dem Geburtstagskind. Jedes Kind überlegt sich einen passenden Geburtstagswunsch, Geburtstagskrone Auspacken des Geschenkes Fotos vom Geburtstag bekommt das Kind dann in sein Portfolio 6.7. Unsere Ausflüge Als Abwechslung zum Kindergartenalltag, und um den Stadtteil, die Natur und unsere Umwelt kennen zu lernen, stellen Ausflüge spannende Höhepunkte dar. Dazu zählen: Theaterbesuche (z.B. in der Stadtbibliothek Untertürkheim) Bücherei Zoo Stadtteilbauernhof Spielplätze Besuche beim Bäcker, Reptilien, Wochenmarkt, Flughafen, Feuerwehr, Förster, Wald, Kleintierzüchterverein, Alpakas,… Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel Verkehrserziehung durch gemeinsame Spaziergänge 26
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 6.8. Unsere Feste Höhepunkte im Jahr, fördern die Gemeinschaft, Kontakte knüpfen, Kultur kennenlernen, Traditionen, Feste die wir nur mit den Kindern feiern, Feste als Großveranstaltung. Geburtstagsfeste Faschingsfeste Ostern Frühlingsfest Sommerfest Erntedankfest Nikolaus Weihnachten 6.9. Unser Hof Geschicklichkeit Körper- und Bewegungserfahrung ( Schaukeln, rutschen, klettern, toben, rennen, balancieren, Ball spielen, Seil springen, matschen, Trampolin, Dreirad, Sandkasten, etc….) Naturerfahrung (Pflanzen, Tiere) 6.10. Inklusion Inklusion bedeutet: alle individuellen Unterschiede von Kindern und deren Familien als Normalität zu betrachten, keine Ausgrenzungen von Gruppen oder Einzelnen zuzulassen. Inklusion ist eine Erweiterung von Integration. „Im Alltag will Inklusion alle Kinder mit ihren Stärken und Schwächen, ihren familiären Lebenslagen, ihren körperlichen Merkmalen, den religiösen und kulturellen Hintergründen berücksichtigen und sie individuell unterstützen. Ziel ist es eine gemeinsame Lernumgebung zu schaffen, die 27
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim die Vielfältigkeit aller Kinder und deren Familien widerspiegelt und repräsentiert.“ (vgl. Kindergarten Heute 3/2012) Natürlich gilt dieser Gedanke nicht nur für die Arbeit in Kindergärten sondern sollte in allen Betrieben, Einrichtungen und Firmen ein wesentlicher Grundgedanke sein. Kinder mit besonderem Förderbedarf können in einen Kindergarten aufgenommen werden, sofern eine gute Förderung und Entwicklung für sie ermöglicht werden kann. Für Kindergartengruppen kann dies eine Bereicherung der sozialen Kompetenzen bedeuten. Gegebenenfalls haben wir die Möglichkeit auf Unterstützung durch Inklusionsassistenten. 28
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 6.11. Beschweren erlaubt Kinder haben das Recht sich zu beschweren! sie haben das Recht ihre Gefühle, Missfallen und ihre Kritik o.ä. zu äußern, auch gegenüber Erwachsenen, pädagogischen Fachkräften, Eltern, Verwandten, Freunden und Fremden. Kinder haben das Recht ihre Bedürfnisse zu äußern z.B: Ich will nicht Ich finde das blöd Gefällt mir nicht Ich bin müde Das schmeckt mir nicht Ich will nach Hause etc. Kinder drücken ihre Beschwerden oft versteckt aus und durch unsere Beobachtungen nehmen wir wahr, wie es dem Kind geht, in welcher Befindlichkeit, in welcher Gefühlslage es sich gerade befindet und wie resilient das Kind im Augenblick ist. Wir bestärken Kinder darin, ihre Gefühle auch gegenüber anderen mitzuteilen. Im Gruppenzimmer befindet sich ein „Gefühlsbarometer“, an dem wir gemeinsam über Gefühle sprechen; dadurch lernen Kinder eigene Gefühle und die anderer einzuschätzen. Kinder sollen lernen, ihren eigenen Gefühlen zu trauen (auf ihr Bauchgefühl zu hören). Regelmäßig thematisieren wir bei Konflikten in der Gemeinschaft oder in Einzelgesprächen, die Gefühle der Kinder und vermeiden beschämende Situationen. Das Einüben u.a. vor dem Spiegel, von dem Wort „Nein“, Körperhaltung, Handheben zum Stopp, Stimme laut werden lassen, sowie Mimik sollen den Kindern Möglichkeiten aufzeigen, sich zu schützen und abzugrenzen. Um die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu sichern, wurde der § 45 SGBVIII für alle Institutionen der Kinder und Jugendhilfe erlassen. 29
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim 7. Kinder unter drei Jahren Kinder unter drei Jahren brauchen gesonderte konzeptionelle Überlegungen, da ihre Bedürfnisse und Entwicklungsschritte andere sind als bei älteren Kindern. Für die Bezugsfachkraft ist es wichtig, die Bedürfnisse des einzelnen Kindes zu erkennen, seine Individualität zu begreifen, sowie Gemeinschaft fürs jüngere Kind erlebbar zu machen. Sicherheit, Orientierung, Rückzugsmöglichkeiten, Rituale und transparente Strukturen haben bei jüngeren Kindern einen großen Stellenwert. 7.1. Die Eingewöhnung in den Kindergarten Wir arbeiten mit jüngeren Kindern nach dem Bezugserzieherinnen-Prinzip d.h. eine pädagogische Fachkraft ist jeweils der Ansprechpartner für das Kind und für die Eltern. Schon in den ersten Tagen im Kindergarten wählt sich das Kind „seine Bezugserzieherin. Der Beginn der Eingewöhnung bzw. der Loslösung ist nach Absprache mit den Eltern erstmals nur stundenweise. Bei der Beziehungsarbeit mit jüngeren Kindern wird mehr Zeit benötigt, sie werden behutsam an die Bezugsperson und an die Einrichtung gewöhnt in Begleitung einer Vertrauensperson. Außerdem sollte gewährleistet sein, dass die Eltern (Vertrauenspersonen) in dieser Zeit erreichbar und verlässlich sind. Der intensive Austausch und der Dialog mit den Eltern sind fürs Wohlbefinden des Kindes unerlässlich, da jüngere Kinder sich sprachlich noch nicht gut mitteilen können. Die Loslösung von den Eltern erfolgt in kleinen zeitlichen Schritten und kann über einen längeren Zeitraum stattfinden. Die Gewohnheiten des Kindes werden berücksichtigt. Braucht es ein „Trösterle“, sein Schmusetier, „Schnuffeltuch“, Schnuller etc. zur Sicherheit und Unterstützung; seine eigene Jacke oder Tasche. Diese sogenannten Übergangsobjekte spielen eine große Rolle bei der Eingewöhnung von unter Dreijährigen. Emotionale Stabilität des Kindes, sowie 30
Evangelischer Wallmerkindergarten in Stuttgart-Untertürkheim Vertrauen und Sicherheit sind wichtige Faktoren ohne die eine Eingewöhnung nicht stattfinden kann. Weitere Eckpunkte haben wir im Kapitel „Eingewöhnung“ beschrieben. 7.2. Die Eltern Uns ist es sehr wichtig, dass die Eltern uns über die Befindlichkeiten ihres Kindes informieren, und dass wir uns gemeinsam auf „Augenhöhe“ um eine gute Entwicklung des Kindes bemühen. Wir sehen die Eltern als die besten Experten für ihr Kind und darum ist ein regelmäßiger, partnerschaftlicher Austausch mit den Eltern eine wichtige Grundlage für uns, um entsprechend gut auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen. 7.3. Räume – Material - Außengelände Unser kleines Nebenzimmer bietet den jüngeren Kindern einen geborgenen und sicheren Rückzugsraum. Es gibt freie Bodenflächen zum Krabbeln und Erforschen, weiche Teppiche und Kissen für Kuschelecken und ebenso bietet dieses Zimmer bei Bedarf auf eigenen Matratzen und Decken Möglichkeiten zum Ausruhen an. Speziell für jüngere Kinder haben wir Spielmaterial, das sie zum Ausprobieren und Entdecken anregt. Zusätzlich gibt es altersgerechte Stühle und Möbel. 31
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