Persönlicher Erfahrungsbericht - jura.uni-frankfurt.de

Die Seite wird erstellt Silvia Reinhardt
 
WEITER LESEN
Persönlicher Erfahrungsbericht - jura.uni-frankfurt.de
ERASMUS+ 2020/2021                    Zeitraum: SoSe 2021
Gastland: Portugal                    Gastuniversität: UNIVERSIDADE NOVA
DE LISBOA
Fachbereich der ERASMUS-Kooperation: Fachbereich Rechtswissenschaft
Studiengang: Rechtswissenschaft
                                                                        Datum: 27.07.2021

                      persönlicher Erfahrungsbericht

Vorbereitung:
Im Juli 2020 fing ich an mich über ein Auslandssemester in Lissabon zu erkundigen. Ich
wollte herausfinden, wie der Bewerbungsprozess abläuft und vereinbarte ein Telefonat
mit Frau Shukvani. Sie informierte mich dann darüber, dass die Anmeldungen immer im
Februar erfolgen und ich es bereits verpasst hatte. Allerdings stellte sich heraus, dass
eine Studentin beschlossen hatte, ihren Auslandsaufenthalt in Lissabon abzusagen,
sodass ihr Platz frei wurde. Somit konnte ich mich kurzfristig noch bewerben und erhielt
ein paar Tage später auch schon die Zusage. Im August 2020 stand dann offiziell fest,
dass ich mein Auslandssemester im Februar 2021 starten kann. Mein
Bewerbungsprozess lief also etwas untypisch ab und die Vorbereitung musste ich
schnell durchführen. Im November konnten sich die Studierenden dann auch an der
Universidade Nova de Lisboa anmelden und im Januar erhielten wir dann die offiziellen
Stundenpläne. Hierbei möchte ich nochmal erwähnen, dass sowohl das Auslandsbüro
an der Goethe-Universität als auch an der Gasthochschule äußerst hilfsbereit waren
und ich persönlich immer eine schnelle Antwort erhalten habe. Dadurch verlief der
Prozess recht einfach und reibungslos.
Im Januar 2021 buchte ich dann meinen Flug nach Lissabon. Geplant war es am 1.
Februar hinzureisen, damit ich vor Semesterbeginn bereits vor Ort bin. Ende Januar
verschlimmerte sich die Corona-Situation jedoch enorm in Portugal, sodass ein weiterer
Lockdown einberufen worden ist. Ich habe oft überlegt meinen Auslandsaufenthalt
abzusagen, entschied mich aber doch dafür erstmal abzuwarten. Währenddessen hatte
ich bereits einige Leute über Erasmus WhatsApp- und Facebook-Gruppen
kennengelernt, mit denen ich mich austauschen konnte. Kurz danach informierte uns
die Gasthochschule darüber, dass die Kurse online stattfinden werden und noch nicht
feststeht, wann sich dies ändern würde. Mein Flug wurde mittlerweile auch storniert und
es blieb mir nichts anderes übrig als abzuwarten und das Auslandssemester von
Deutschland aus anzufangen. Die Nova Law Students’ Union, welche aus Studierenden
der Gasthochschule besteht, erstellte in der Zeit eine WhatsApp Gruppe mit allen
Erasmusstudenten und über ein Zoom-Meeting fand auch ein erstes Kennenlernen statt.
Glücklicherweise beruhigte sich die Situation dann auch wieder, sodass ich Ende
Februar endlich nach Lissabon fliegen konnte.

Ersten Wochen
Normalerweise findet die Einschreibung an der Gasthochschule vor Ort statt. Dort
bekommt man dann ein paar Einweisungen und einige Formulare. Pandemiebedingt
erfolgte dies jedoch Online.
Die Kurse fanden zwar noch immer Online statt, aber es war trotzdem möglich
Menschen kennenzulernen. In WhatsApp Gruppen wurden Spaziergänge vereinbart,
sodass man erste Kontakte knüpfen und die Stadt besichtigen konnte. Zeitgleich
sanken die Infektionszahlen dann auch wieder und die Regierung sprach im März
bereits über erste Lockerungen.

Wohnsituation
Da ich bei einer Freundin gewohnt habe, die dauerhaft in Lissabon lebt, musste ich
keine Wohnung bzw. kein WG-Zimmer suchen. Allerdings habe ich von vielen
Erasmusstudenten erfahren, dass man mit manchen Internetseiten vorsichtig sein sollte,
denn einige haben bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Deshalb wäre ein
Austausch mit anderen sehr sinnvoll. In WhatsApp- und Facebook-Gruppen werden
auch immer wieder Mitbewohner/innen gesucht.

Studium an der Gasthochschule
Wie bereits erwähnt, verlief das Studium pandemiebedingt sehr untypisch. Die Kurse
fanden zunächst Online statt, doch Ende März kündigte die portugiesische Regierung
an, dass die Hochschulen ab dem 16. April in den Präsenzunterricht umsteigen dürfen,
wenn alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. Einige Universitäten
beschlossen jedoch den Onlineunterricht fortzuführen, da das Semester fast schon
wieder vorbei war und sich viele Studierende nicht in Lissabon aufhielten. Die Nova
entschied sich jedoch dazu den Präsenzunterricht anzubieten, worüber ich mich
persönlich sehr freute. Mitte April durften wir dann also in die Universität und lernten
unsere Professoren/innen und Mitstudierenden persönlich kennen. Am Eingang wurde
Fieber gemessen und die Hände mussten desinfiziert werden. Wir bekamen auch die
Möglichkeit uns vorher testen zu lassen. Dies war allerdings keine Pflicht. Während der
Veranstaltungen mussten wir die Masken anbehalten und wir saßen mit
Sicherheitsabstand voneinander entfernt.
Ich habe die Kurse European Labour Law, International Humanitarian Law, Direito
Constitucional Português gewählt und einen C1 Portugiesisch-Kurs gemacht. Sobald
die Kurse anfangen, hat man aber noch 30 Tage Zeit sich umzuentscheiden.
Die meisten Professoren/innen bieten den Studierenden die Möglichkeit an, im Laufe
des Semesters eine Präsentation zu halten oder einen Essay zu schreiben, um die
Klausur am Ende des Semesters nicht mehr schreiben zu müssen. Entscheidet man
sich dafür, kann man aber trotzdem noch an der Endklausur teilnehmen, sollte man
bspw. nicht zufrieden sein mit der Note. Im Fach European Labour Law entschied ich
mich für eine kurze Präsentation und einen 10-seitigen Essay. Das Thema war nicht
besonders schwierig und der Aufwand war auch nicht besonders groß. Im Fach
International Humanitarian Law hingegen, nahm ich an der Endklausur im Juni teil. Es
war eine Open Book Klausur, die aus 20 Multiple-Choice Fragen bestand. Die
Antworten mussten dann in drei Sätzen begründet werden.
Grundsätzlich waren die Kurse sehr interessant und es fand eine große Beteiligung
seitens der Studierenden statt. Das Verhältnis zu den Professoren/innen ist sehr
entspannt und die Atmosphäre war sehr angenehm.
Der Sprachkurs wurde von der FCSH Fakultät der Nova angeboten und endete mit
einer Klausur. Die Universität bietet Kurse auf A1 bis C1 Niveau an und kosten für
Erasmusstudenten 60€ statt 452,50€.

Studentische Vergünstigungen
Zu Beginn beantragte ich die VIVA Card, die wie eine Monatskarte funktioniert und
aufgeladen werden muss. Mit dem „Navegante Metropolitano“ Tarif, welcher 40€ kostet,
kann man dann mit Bus, Bahn, Straßenbahn oder Metro innerhalb der Metropole
Lissabons fahren. Für Menschen unter 23 Jahre gibt es eine Vergünstigung, wenn eine
Bestätigung der Universität vorgelegt wird. Dadurch kostet der Tarif nur noch 30€.
Weiterhin gibt es zwei große Erasmusorganisationen, Erasmus Life Lisboa (ELL) und
Erasmus Student Network (ESN). Die Mitgliedschaft kostet einmalig 15€ und der Vorteil
ist, dass man mit der Mitgliedskarte Zugang zu den Events hat und Vergünstigungen
erhält. Ich persönlich habe mir lediglich die ELL Karte besorgt und an zwei größeren
Trips nach Évora und Óbidos teilgenommen. Die Trips wurden von ELL selbst
organisiert und haben ungefähr 30€ gekostet. Wir trafen uns morgens in Lissabon und
fuhren mit einem Bus zu der jeweiligen Stadt. Dort angekommen erhielten wir von den
Gruppenleitern einige Einführungen und daraufhin durften wir die Stadt selbst erkunden
und oft kostenlos Museen besuchen. Am späten Nachmittag fuhren wir dann zurück
nach Lissabon. Da etwa 30 Erasmusstudenten mitfahren, ist es eine gute Gelegenheit,
Leute kennenzulernen und gleichzeitig das Land zu bereisen. Später plante ich jedoch
mit meinen Freunden/innen eigene Ausflüge in kleinen Gruppen und wir mieteten uns
selbst ein Auto. Trotzdem kann ich es empfehlen, an den Veranstaltungen teilzunehmen.

Alltag und Freizeit
In Lissabon kann man unglaublich viel unternehmen. Es ist eine wunderschöne Stadt
mit tollen Restaurants, Bars, kulturellen Angeboten, Aussichtspunkten und Stränden, die
schnell und einfach zu erreichen sind. Pandemiebedingt war alles etwas eingeschränkt,
doch trotzdem wurde es nie langweilig und man konnte sehr viel unternehmen. Mit
Freunden/innen plante ich Ausflüge am Wochenende und größere Reisen, nachdem die
Kurse an der Universität beendet waren. Sonst habe ich viel Zeit am Strand verbracht
und auch einen Surfkurs in Carcavelos an der Angel’s Surfschool gemacht. Mit der ELL
Karte kostete ein 90-minütiger Kurs mit 4 weiteren Teilnehmern 12,50€. Da sehr viele
Erasmusstudenten/innen die Surfkurse machen, kann man auch hier sehr einfach
Menschen kennenlernen.

Finanzen
Die Mieten in Lissabon sind recht hoch und ein WG-Zimmer kostet im Schnitt etwa 400-
450€. Die Stadt ist sehr beliebt und jedes Jahr voller Erasmusstudenten. Um also ein
gutes und bezahlbares Zimmer zu finden, lohnt es sich frühzeitig nach einer Unterkunft
zu suchen, da man anfangs noch eine recht große Auswahl hat.
In der Regel wird es also nicht möglich sein, lediglich vom Erasmusstipendiums-Geld zu
leben, weshalb ich z.B. einige Monate vorher das Auslands BAföG beantragte. Der
Prozess ist zwar etwas aufwendig und mühsam, doch meistens möchte man während
des Auslandssemesters viel Reisen und Ausgehen, sodass jede finanzielle Hilfe
gelegen kommen könnte.

Persönliches Fazit
Natürlich entsprach das Auslandssemester, so wie es stattgefunden hat, nicht der
üblichen Erasmus-Erfahrung. Ich habe vor meinem Antritt sehr oft darüber nachgedacht,
es abzusagen. Mich jedoch dagegen entschieden, weil ich es trotzdem probieren und
meine eigenen Erfahrungen sammeln wollte. In Lissabon angekommen hatte ich die
Befürchtung, dass es unglaublich schwer werden würde Leute kennenzulernen, da
anfangs keine Veranstaltungen angeboten werden konnten und auch die Uni online
stattfand. Jedoch war dies glücklicherweise nicht der Fall. Dank des Internets ist es sehr
einfach, erste Kontakte zu knüpfen und Treffen mit anderen zu planen. Als dann auch
die Erasmus-Veranstaltungen wieder losgingen, habe ich wirklich tolle Menschen aus
den unterschiedlichsten Ländern kennenlernen dürfen und Freundschaften fürs Leben
geschlossen.
Gleichzeitig war es mir aber auch sehr wichtig, mich an die Beschränkungen zu halten
und vorsichtig sein. Mir ist nämlich bewusst, dass es ein großes Privileg ist, trotz
Pandemie in ein anderes Land zu reisen und dort ein halbes Jahr leben zu dürfen.
Schlussendlich bin ich unglaublich glücklich darüber, dass ich diese Erfahrung gemacht
habe, und würde es jederzeit wieder tun. Lissabon ist eine wundervolle Stadt, in der
man sich sofort wohlfühlt und der Abschied ist mir wirklich sehr schwergefallen.
Sie können auch lesen