Perspektiven der Kreislaufwirtschaft zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse aus der Primärproduktion - Ökosoziales Forum
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Technische
Universität
München
Perspektiven der Kreislaufwirtschaft zur
nachhaltigen Nutzung von Biomasse
aus der Primärproduktion
W. Windisch
Lehrstuhl für Tierernährung
TUM School of Life Sciences
Technische Universität München
Ökosoziales Forum: Agrar- & Forstwiss. Konferenz 2022, Wien, 04.05.20222 | W. Windisch: Perspektiven der Kreislaufwirtschaft zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse aus der Primärproduktion | Seite 1
Kreislaufwirtschaft – Circular Economy - Bioökonomie Technische
Universität
München
Die Kreislaufwirtschaft ist ein System von Produktion und Konsum, bei dem bestehende Materialien und
Produkte so lange wie möglich geteilt, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt werden.
Dadurch werden Abfälle auf ein Minimum reduziert. Am Ende der Lebensdauer eines Produkts werden die
Ressourcen und Materialien in größtmöglichem Umfang produktiv weiterverwendet, so dass erneut eine
Wertschöpfung entsteht. Die Kreislaufwirtschaft steht im Gegensatz zum traditionellen, linearen
Wirtschaftsmodell der "Wegwerfwirtschaft“ (modifiziert nach EU-Parlament 2021).
Bioökonomie ist die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen, um Produkte,
Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukünftigen
Wirtschaftssystems bereitzustellen (Bioökonomierat 2017).
des Bedarfs an Biomasse
Zu den vorrangigen Aufgaben der Bioökonomie zählt die Sicherung der-------------------
Ernährung einer wachsenden
Weltbevölkerung (Bioökonomierat 2017; OECD-FAO 2018)
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Weltweit geerntete Biomasse, ausgedrückt als Brennwert Technische
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München
(Exajoule/Jahr) (1015 J/a) (aus Thrän et al. 2020)
Brennwerte in EJ/Jahr
Biomasse: 200
Fossile E.-Träger 455
Die global geerntete
Biomasse könnte allenfalls
Thrän, D., Moesenfechtel, U. die Hälfte des Bedarfs an
(Hrsg; 2020) Das System
Bioökonomie. Springer fossiler Energie ersetzen.
Spektrum, Springer-Verlag
GmbH Deutschland, 390 S.
• Biomasse kann nur durch Lebewesen generiert werden (primär durch Photosynthese).
• Biomasse ist energetisch relativ ineffizient, aber dafür extrem komplex und funktional.
• Biomasse ist viel zu wertvoll, um sie einfach nur energetisch zu verwerten.
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Biomasse ist viel zu wertvoll, Technische
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um einfach nur verheizt zu werden München
Biomasse von Nahrung für Menschen CO2, H20
Primäre Extraktion des
erwünschten Produkts
Pflanzen und Baustoffe (flächige und Reorganisation
Einzellern: räumliche Strukturen, z.B. funktioneller
• agrar… Balken, Folien, Gefäße, …) Monomere
• forst… Funktionsstoffe (Pharmaka, (Stoffwechsel,
• garten… technische Hilfsstoffe, Kleb- techn. Synthese)
• aqua… stoffe, Enzyme, Aromen, …)
• biotech… Zerlegung und Separation
• urban… funktioneller Monomere: CO2, H20
• vertical… Sekundärer Verwertungszyklus
• Verdauung (Nutztiere)
• inhouse… der übrigen Biomasse Bio-
• Fermenter (Mikroben)
gas,
• Technische Systeme?
Biomasse sollte so vielfältig wie möglich, Ver-
Reststoffe der bren- CO2, H20
in möglichst großem Umfang und so lange wie nung,
sekundären Verwertung
möglich als Biomasse genutzt werden. …
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Biomasse sollte so vielfältig wie möglich, so viel wie möglich Technische
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und so lange wie möglich als Biomasse erhalten bleiben. München
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Die Landwirtschaft erzeugt überwiegend Technische
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nicht essbare Biomasse München
1 kg veganes Lebensmittel erzeugt mindestens 4 kg nicht essbare Biomasse
Pflanzen- vegane Lebensmittel
kulturen Ernteprodukte Beispiele für Fragestellungen:
Nebenprodukte
für die
der Verarbeitung
Human- • Erhöhung der unmittelbare „Ausbeute“ an essbarer
Nicht essbare
Biomasse
ernährung Koppelprodukte (z.B. Stroh)
Biomasse (Pflanzenzüchtung, Pflanzenproduktion,
Zwischenkulturen der Fruchtfolge Verarbeitungstechnologie)
absolutes Grasland (nicht ackerfähig, • Identifikation und Behebung limitierender
Deutschland 30 %, weltweit > 70%)
Kopplungen bei der Verwertung von Biomasse
andere
Pflanzen • Quervernetzung mit Bereichen außerhalb der
nutritiven Nutzung von Biomasse.
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Vegane Lebensmittel sind Ausdruck einer Technische
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optimierten Ausbeute an essbarer Biomasse München
1 kg Hafer → 380 g im Haferdrink + 250 g Kleie + 370 g Rest Vegane Lebensmittel erzeugen
1 kg Soja → 200 g Öl + 470 g Protein + 80 g Schalen + 250 g Rest große Mengen an Tierfutter
1 kg Lupine → 300 g Protein + 240 g Schalen + 410 g Rest + 50 g Öl (toxisch) (nicht essbare Biomasse).
Verarbeitete vegane Produkte sind bioökonomisch interessant. Sie
maximieren die Auftrennung der Biomasse in verschiedene
Fraktionen für eine differenzierte Nutzung. Zusammen mit der
Verfütterung der Nebenprodukte an Nutztiere wird ein Maximum an
Lebensmitteln aus derselben Biomasse gewonnen.
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„Gras ist Futter für Wiederkäuer und Technische
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nichts für Menschen (Schweine, Hühner, ...)“ München
nicht ganz richtig
Relevanz des mikrobiellen Gehalt an
urid=1574988
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?c
LadyofHats, Gemeinfrei,
structure svg.svg from Mariana Ruiz Villarreal.
Von Translation by Muellercrtp - Image:Plant cell
Abbaus im GI-Trakt Faser
Mensch,
Fisch
Huhn
Schwein
Pferd
„Coating Effekt“:
Ziege Die faserhaltige Zellwand unterbindet die Verdauung
durch körpereigene Enzyme. Nur Mikroorganismen
Rind,
Schaf können die Zellwand öffnen.
Der Inhalt der Zelle selbst ist höchst verdaulich.
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Extraktion von Protein aus grüner Biomasse Technische
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– eine alte Idee – München
Die Proteinqualität im Zellsaft
von vegetativem Pflanzen-
teilen ist deutlich besser als die
Speicherproteine in generati-
N.W. Pride
vem Material (Körner, Samen).
? Sojablätter statt Sojabohne
? Weizenblätter statt Weizenkörner
Biologische Wertigkeit des Nahrungsproteins (%) ? Blätter von Laubbäumen statt …
„Normales“ Material BW (%) Proteinisolat aus Blättern BW (%)
Ei 97 Blatt von Spinat 84 Wir haben uns seit jeher daran
Rindfleisch 75 Blatt von Klee 84 gewöhnt, dass die Zellwand
Soja (Samen) 65 Blatt von Weidelgras 86
Weizen (Korn) 50 Blatt von Weizen 86 uns den nutritiven Zugang
Mais (Korn) 26 Blatt von Mais 83 dazu verwehrt…
Akeson & Stahlmann (1965)
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Aufhebung limitierender Kopplungen durch Technische
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Separierung in unterschiedliche Qualitätsfraktionen München
Beispiel: Gewinnung von hochwertigem Eiweiß aus Kleegras
Kleegras Separierung von hochwertigem Eiweiß
1000 g Trockenmasse aus Rückständen biotechnologischer
200 g Rohprotein Verfahren, mikrobiologischer
Umsetzungen, usw.:
Pressen
• Schlempen aus Biosprit-Herstellung
Press-Saft • Gärreste von Biogas-Anlagen
60 % Ausbeute • …
Zugabe von Propion-
säure, Zentrifugation Trennung von grüner Biomasse (z.B.
Luzerne) in Blätter (hochwertig) und
Proteinkonzentrat Stängel (faserreich). Die Rückstände
135 g Trockenmasse Der Rückstand bleibt weiterhin sind i.d.R. faserreich und eignen sich
58 g Rohprotein ein gutes Wiederkäuerfutter!
48 g Reineiweiß
als Futter für Wiederkäuer.
(Nadler et al. 2013)
Ökosoziales Forum: Agrar- & Forstwiss. Konferenz 2022, Wien, 04.05.20222 | W. Windisch: Perspektiven der Kreislaufwirtschaft zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse aus der Primärproduktion | Seite 10Diversifizierung der stoffliche Nutzung von Technische
Universität
Biomasse (Baustoffe, Funktionsstoffe) München
Von Frank Liebig - Archiv Frank Liebig, CC BY-SA
3.0 de, https://commons.wikimedia.org/
w/index.php?curid=50379958
Hanf als Quelle von Gras und Klee als Zellulosegerüste z.B. aus Gras
CC BY 1.0,
https://commons.wikimedia.o
Textilien, Pharmaka, Quelle für Klebstoffe, als Stützmaterial für Verbund-
rg/w/index.php?curid=26110 Dämmstoffen, … Aromen, … werkstoffe, Zellkulturen, …
Beispiele für quervernetzende Fragestellungen:
• Kann man aus Nebenprodukten der stofflichen Nutzung etwas zum Essen oder zum Füttern machen?
• Agroforstsysteme als Schnittstelle zwischen stofflicher und nutritiver Nutzung von Biomasse
Ökosoziales Forum: Agrar- & Forstwiss. Konferenz 2022, Wien, 04.05.20222 | W. Windisch: Perspektiven der Kreislaufwirtschaft zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse aus der Primärproduktion | Seite 11Quervernetzung der stofflichen Nutzung in Technische
Universität
Richtung nutritiver Nutzung München
… Hutweiden … … Laubwiesen …
Die Blätter von Laubbäumen
https://commons.wikimedia.org/w/index.p
Von Derzno - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,
https://commons.wikimedia.org/w
(frisch sowie als „Laubheu“)
Von Kotivalo - Eigenes Werk, CC
/index.php?curid=34809699
können durchaus einen
ansprechenden Futterwert
hp?curid=48993131
für Wiederkäuer aufweisen
BY-SA 4.0,
(z.B. Linde,…)
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curi
Von Katrin Hubner - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,
https://commons.wikimedia.org/w/i
Von Hajotthu - Eigenes Werk, CC BY
ndex.php?curid=13487997
d=59404432
3.0,
Ökosoziales Forum: Agrar- & Forstwiss. Konferenz 2022, Wien, 04.05.20222 | W. Windisch: Perspektiven der Kreislaufwirtschaft zur nachhaltigen Nutzung von Biomasse aus der Primärproduktion | Seite 12Perspektiven der Kreislaufwirtschaft zur nachhaltigen Technische
Universität
Nutzung von Biomasse aus der Primärproduktion München
Kreislaufwirtschaft funktioniert erst auf der Ebene des Gesamtsystems
Biomasse ist ein höchst wertvolles Primärprodukt von Pflanzen (und Mikroorganismen) mit spezifischen
Funktionen (Nahrung, Baustoff, Funktionsstoff). In der Kreislaufwirtschaft wird Biomasse so vielfältig wie
möglich, in möglichst großem Umfang und so lange wie möglich als Biomasse verwertet.
Sektorales Denken abbauen (Pflanze – Tier – Wald – Wasser – …).
Stoffliche Diversifizierung vermehren.
Synergien suchen, limitierende Kopplungen brechen.
Verantwortung für nachgelagerte Verwertungen übernehmen.
LOW INPUT – HIGH OUTPUT | KOMPLEXITÄT geht vor ENERGIE
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