Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland - Pilotprojekt Paludikultur 2018
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Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Pilotprojekt Paludikultur 2018 Gert-Jan van Duinen, Christian Fritz & Ella de Hullu Im Auftrag des Internationalen Naturparks Bourtanger Moor-Bargerveen e.V.
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Pilotprojekt Paludikultur Abschlussbericht Im Auftrag des Internationalen Naturparks Bourtanger Moor-Bargerveen e.V. IMPRESSUM Titel: Perspektiven für Nassanbau im internationalen Naturpark Moor-Veenland Kennzeichen: Be00254 Verfasser: Gert-Jan van Duinen, Christian Fritz & Ella de Hullu Stichting Bargerveen | Nijmegen | November 2018 www.stichtingbargerveen.nl | www.linkedin.com/company/stichting-bargerveen 3
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Zusammenfassung Paludikultur nennt man die (land-)wirtschaftliche Nutzung von nassen oder wiedervernässten Moorgebieten für Produktion von Biorohstoffe und Biobrennstoffe. Das Konzept bietet erforderliche, grundsätzliche Umstellungsmöglichkeiten von entwässerten Moorböden hin zu einer nachhaltigen, regionalen und klimafreundlichen Bewirtschaftung. Durch die Nutzung von permanent nassen Moorböden unter Moor erhaltenden Bedingungen, wird der CO2-Ausstoß aufgrund der Abnahme der Oxidierung des Moors deutlich reduziert. Ferner können biologische Ressourcen und Biomasse als Brennstoffe gewonnen werden. Im Rahmen des INTERREG V-A Projektes „Grenzenlos Moor“ (2015-2019) werden umfangreiche Maßnahmen zur Regulierung des Wasserhaushalts im Internationalen Naturpark Bourtanger Moor- Bargerveen (INP) durchgeführt. Außerdem werden Maßnahmen zur Reduzierung der Probleme auf sowohl landwirtschaftlichen als auch bebauten Flächen umgesetzt sowie Versuche mit innovativen und umweltfreundlichen Produktionsmethoden durchgeführt. In diesem Zusammenhang hat die Paludikultur oder „Nasse Landwirtschaft“ sehr viel Potential, weshalb die Möglichkeit untersucht wurde, inwiefern sie in Pufferzonen des Natura 2000-Gebiets Bargerveen sowie weiteren Bereichen im INP angewendet werden kann. Dabei wurden der Bedarf an Biomasse in der Region, Chancen für die Biodiversität, Wasserretention, Wasserklärung (Funktion als großer Helophytenfilter), Speicherung von Treibhausgasen oder Emissionsreduktion sowie Naherholungsmöglichkeiten untersucht. In den Niederlanden wird zurzeit Biomasse aus dem Ausland importiert, um den Bedarf zu decken. Um einen Beitrag zur Realisierung der gesetzten Klimaziele zu leisten, wird der Einsatz erneuerbarer Biomasse für Nahrung, Tierfutter, Energie, Kunststoffe, Chemie, Papier, Karton und Baumaterial eine immer größere Rolle spielen. Hinzu kommt, dass dieser Ansatz vor Ort entwickelt und angewendet werden sollte. Unterschiedliche Behörden setzen daher auf eine Erweiterung des Angebots an Biomasse und streben eine nachhaltigere, optimierte Verwendung derselben an. Dabei wird der Fokus meist auf den Anbau üblicher Nutzpflanzen auf entwässerten Böden gelegt. Jedoch bieten sich hier auch ökonomische Chancen für den Einsatz von Biomasse aus Nassanbau an. Nicht etwa, weil die Qualität von Biomasse aus Feuchtgebieten besser ist, sondern in erster Linie aufgrund ihrer Nachhaltigkeit. Der traditionelle Anbau von Biomasse auf entwässerten Moorböden (Moorkolonien) gilt nicht als nachhaltig, da er nicht zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beiträgt und aufgrund der fortlaufenden Oxidation des immer weiter absackenden Moorbodens Probleme des Wasserhaushalts mit sich bringt. Paludikultur hingegen kann als umweltfreundlich betrachtet werden, was in der Region um den INP zu einer deutlich nachhaltigeren Bewirtschaftung führen kann. Gleichzeitig bietet es Möglichkeiten zur Wasserklärung- und Retention, was ferner finanziell gefördert wird. Mit der Reduktion der CO2-Emission aus Moorböden, die mit einer Paludikultur realisiert würde, könnte auf dem Kohlenstoffmarkt zusätzliches Einkommen generiert werden. Es ist in erster Linie die Kombination all dieser Aspekte, durch die im INP die Umstellung auf Nassanbau auf dafür geeigneten Flächen interessant sein könnte. Gespräche mit Unternehmen in der Region, die Biomasse ernten, zu Produkten oder Bioenergie verarbeiten oder als Tierfutter benutzen, haben gezeigt, dass diese momentan noch zurückhaltend sind hinsichtlich der Einschätzung der Vorteile des Einsatzes von Biomasse aus der Paludikultur. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Konzept sowie die Qualität der Biomasse noch unbekannt sind und Biomasse aus Nassanbau grundsätzlich am Markt noch nicht in großer Menge verfügbar ist. Dennoch steht man dem Projekt aufgeschlossen gegenüber, vor allem hinsichtlich der Möglichkeiten, dass weitere Anwendungsgebiete als allein die Bioenergie erschlossen werden könnten. Momentan wird viel geforscht und entwickelt und es gibt einige regionale bis internationale Initiativen zu den 5
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Themen Nutzung von nachhaltigen, biologischen Ressourcen in Industrie, Tierzucht und Gartenbau sowie effiziente Nutzung von Biomasse-Resten zur Energiegewinnung. Dies ist auch in der Region Emmen-Coevorden und im Emsland der Fall, wo man Bedarf an in der Nähe produzierten erneuerbaren Substraten für den Gartenbau als Alternative für Torf hat und in Emmen ferner die Entwicklung von Biopolymeren und Bioplastik vorantreibt. Damit einher geht der Bedarf an Bioenergie, wofür zurzeit unter anderem die größte Biogasanlage der Niederlande in Coevorden gebaut wird. Hier bestehen Möglichkeiten einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Gartenbau einerseits und der in der Region ansässigen Industrie (Chemie, Kunststoff) sowie Natur und Naherholung andererseits. Schlussfolgerungen Im INP kann Paludikultur in Zukunft eine interessante Nutzungsform unter anderem für die Pufferzonen und für zukünftige Regenwasserrückhaltebecken darstellen, die im Rahmen der Hochmoorregeneration und zur Verbesserung des Wasserhaushaltes eingerichtet werden. Bei einer ausschließlich wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist Paludikultur momentan nicht rentabel und deshalb zurzeit keine Alternative für landwirtschaftliche Betriebe, auf ihren eigenen intensiv benutzten Grundstücken auf diesen Nassanbau umzustellen. Bei einer auf Nachhaltigkeit, Natur, Klima und Wassermanagement ausgerichteten Betrachtungsweise bietet Paludikultur Lösungsmöglichkeiten. Würde Paludikultur künftig für zurzeit intensiv benutzte landwirtschaftliche Grundstücke eingesetzt werden, müsste untersucht werden, ob die Bodenkonditionen und das vor Ort durchzuführende Wassermanagement dies ermöglichen. Beim aktuellen Wassermanagement und durch die Bearbeitung (u.a. Tiefpflügen) der Moorflächen sind landwirtschaftliche Grundstücke in den Sommermonaten und oft auch im Winter oft viel zu trocken für Nassanbau. Wasser wird in einem großen Teil der landwirtschaftlichen Grundstücke und abgetorfte Mooren schlecht gehalten wegen einer fehlenden schlecht wasserdurchlässigen Torfschicht oder starke Entwässerung durch Torfschichtdurchschneidende Gräben. In den wiedervernässten Moorrenaturierungsgebieten im INP ist Paludikultur zurzeit kein Thema weil die Zielsetzung Renaturierung ist. In den Pufferzonen von Relikten der Hochmoore steht bei Renaturierung und (Grundwasser) Management die Verbesserung des Wasserhaushalts im naheliegenden Moor sowie die Erhaltung des Gebietes im Mittelpunkt. Dies setzt einen hohen Wasserstand voraus, dessen Pegel sich häufig an oder über der Bodenoberfläche befindet. Handelt es sich bei den Flächen um Moorböden, bietet die Paludikultur sich als geeignete Nutzungsform an. Die hohe Verfügbarkeit von Düngemitteln im Boden als Folge der landwirtschaftlichen Nutzung stellt dann kein Problem mehr dar und die Möglichkeit nährstoffreiches Wasser pflanzlich zu klären, ist dabei ein positiver Nebeneffekt. Paludikultur kann auch als eine vorübergehende Form der Landnutzung betrachtet werden, um die Flächen allmählich auszuhagern und somit eine gute Ausgangssituation für nährstoffärmere Naturräume zu realisieren. Auf einigen Flächen des INP kommt im Boden als Folge des Tiefpflügens die Moorschicht nicht mehr als kompaktes Paket vor, doch auch hier kann der Nassanbau eine interessante Nutzungsform sein. Dies dient sowohl der bio-basierten Ökonomie, als auch der Biodiversität und der Hydrologie jener Teilgebiete, in denen an (Hoch)Moorrenaturierung gearbeitet wird. Nassanbau mit einheimischen Gewächsen zwischen den Naturschutzgebieten kann ferner wertvoll sein als Nahrungs- und/oder Brutgebiet und Verbindungszone für typische Arten der Feuchtheide- und Moorlandschaften, wie Blaukehlchen, Kranich, Tüpfelsumpfhuhn und Neuntöter. Im INP und den Pufferzonen des Bargerveens wird empfohlen, beim Nassanbau nur einheimische Arten zu kultivieren. Bei Neophyten (Exoten) besteht das Risiko, dass sie invasiv werden, was in der Nähe eines internationalen Schutzgebietes nicht wünschenswert ist. Außerdem wird die einheimische 6
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Flora und Fauna durch den Einsatz von fremden (invasiven) Pflanzen nicht gerade gestärkt; im Gegensatz zu Arten, die von Natur aus ihren Lebensraum in der Gradienten von (Hoch)Moorlandschaften haben. Des Weiteren wird nicht empfohlen, zu große Flächen mit Gewächsen zu kultivieren, die ausschließlich für einen Nischenmarkt angebaut werden, wie z. B. medizinische Pflanzen. Für den größeren Teil des sich für Nassanbau eignenden Gebiets in der Umgebung des INP, sind Gewächse mit einem breiteren Anwendungsgebiet empfehlenswert, die mehr Biomasse pro ha hervorbringen und in größeren Mengen vermarktet werden können. Die Untersuchung des (zukünftigen) Marktbedarfs, der Einnahmen, der Kosten, der möglichen Vorteile für das Ökosystem und der Fördermöglichkeiten zeigt, dass der Anbau von vor allem Rohrkolben sowie Schilf und Weiden auf größeren Flächen rentabel sein kann. Der Anbau von Torfmoos zur Substratgenerierung für den Gartenbau ist ebenfalls interessant und rentabel. Dies ist in den Pufferzonen des Bargerveens, aufgrund des erforderlichen stabilen Wasserstands an der Bodenoberfläche, in größerem Umfang nicht ganz leicht zu realisieren. Auf Flächen des INP und außerhalb werden bereits einige größere Versuchsprojekte zur Torfmooszucht durchgeführt. Dies macht weitere Untersuchungen hinsichtlich einer Paludikultur in größerem Umfang umso interessanter. Im Bericht werden Szenarien zur Realisierung eines entsprechenden Pilotprojektes beschrieben. 7
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung................................................................................................................................... 5 Danksagung ............................................................................................................................................. 9 Was ist Paludikultur und Nassanbau? ................................................................................................... 10 1. Anlass der Untersuchung .............................................................................................................. 12 2. Standortfaktoren im Untersuchungsgebiet .................................................................................. 13 2.1. Situation Internationaler Naturpark Moor-Veenland ........................................................... 15 2.2. Verhältnisse am Standort des Pilotprojektes, die Pufferzone Bargerveen NO ..................... 22 3. Potentielle Nutzpflanzen für Nassanbau im Untersuchungsgebiet .............................................. 25 3.1. Erste Einschränkung bei der Nutzpflanzenwahl .................................................................... 25 3.2. Verwendungsmöglichkeiten der Nutzpflanzen ..................................................................... 26 4. Bedeutung des Nassanbaus für die Biodiversität .......................................................................... 28 4.1. Schutzziele Bargerveen ......................................................................................................... 28 4.2. Lebensraumansprüche von Zielarten im Bargerveen ........................................................... 29 4.3. Entwicklungen der Leitarten im Bargerveen ......................................................................... 32 4.4. Bedeutung der Paludikultur für die Leitarten ....................................................................... 32 4.5. Bedeutung der Paludikultur für sonstige Vogelarten ............................................................ 33 4.6. Effekte von Naturschutzmaßnahmen für Flora und Fauna ................................................... 33 5. Marktanalyse ................................................................................................................................. 34 5.1. Erste Schritte hin zu einer neuen Entwicklung ...................................................................... 35 5.2. (Inter)nationale Entwicklungen: Notwendigkeit lokaler Produktion biologischer Rohstoffe 35 5.3. Lokales Interesse an Biomasse aus Nassanbau ..................................................................... 38 6. Bedeutung für andere Ökosystemdienstleistungen...................................................................... 39 6.1. Treibhausgasbilanz ................................................................................................................ 39 6.2. Wasserretention .................................................................................................................... 40 6.3. Wasserklärung ....................................................................................................................... 40 7. Entwürfe zur Durchführung eines Pilotprojektes als Feldversuch ................................................ 41 7.1. Einrichtung von Versuchsflächen .......................................................................................... 41 7.2. Biomasse – Erträge und Verwendung ................................................................................... 43 7.3. Schätzung von Kosten und Erträgen ..................................................................................... 45 Literatur ................................................................................................................................................. 46 8
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Danksagung Wir danken unserem Auftraggeber und den Mitarbeitern I. Groenke, D. Koop und U. Carli vom Internationalen Naturpark Bourtanger Moor-Bargerveen e.V. für die gute Zusammenarbeit im Laufe dieser Untersuchung. Euren Einsatz in unterschiedlichen Momenten dieses Projektes und im Rahmen der verschiedenen Sitzungen wissen wir sehr zu schätzen. Vonseiten Staatsbosbeheer Bargerveen war vor allem J. de Vries sehr stark mit dem Projekt verbunden; er sowie P. Ursem haben mehrmals sehr wertvolle Beiträge geliefert. Ferner danken wir den Mitgliedern der Begleitkommission: Dr. N. Gepp (Emsland), M. Feld (Landvolk), Dr. E. Masch (Staatliche Moorverwaltung), C. Schipper-Hulshof (Prolander), Dr. J. Köbbing (Klassmann-Deilmann), C. Ruhé (LTO-Noord), E. Veldman (Provincie Drenthe) und J. de Vries (Staatsbosbeheer) für ihre konstruktiven Beiträge und die angenehmen Besprechungstermine. Desweiteren danken wir E. Blom (Provinz Drenthe/Prolander) für seinen Einsatz zur Realisierung dieses Projektes. Alle Teilnehmer der Start- und Abschlussveranstaltung und den unterschiedlichen Unternehmern und Kontaktpersonen der einzelnen Betriebe danken wir für ihren Input sowie ihre kritischen Fragen und Anmerkungen, die uns weitergeholfen haben. J. Oostenbrink führte als Moderator durch die Start- und Abschlussveranstaltung und schuf dabei eine angenehme Atmosphäre und gegenseitiges Verständnis für die deutsch- und niederländisch- sprechenden Teilnehmer. Für ihren Einsatz in der praktischen Durchführung von Feld- und Laborarbeiten sowie ihre Leistung hinsichtlich der Literaturrecherche danken wir J. Schepers, A. Lassche, J. Geurts und R. Versluijs. 9
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Was ist Paludikultur und Nassanbau? Paludikultur (palus=Sumpf, Morast) ist die landwirtschaftliche Nutzung nasser und wiedervernässter Hoch- und Niedermoore unter Erhaltung der Ökosystemfunktion. Das Konzept bietet die erforderliche, grundsätzliche Nutzungsumstellung drainierter Moorböden hin zu einer nachhaltigen, regionalen klimaverträglichen Bewirtschaftung. Anstelle der Entwässerung von Moorgebieten, wodurch Moore oxidieren und sich auflösen, werden die Moore unter permanent nassen, Moor erhaltenden Bedingungen kultiviert. So lautet die Abschlusserklärung der RRR2017 Konferenz in Greifswald. Paludikultur betrifft also Moorböden. Um einer Verwechslung von Begriffen vorzubeugen, spricht man hier ebenfalls von nasser Landwirtschaft, oder Nassanbau, wobei damit landwirtschaftliche Nutzung von sehr feuchten und nassen Böden, auch ohne Moor, gemeint ist. Nassanbau beinhaltet auch die Paludikultur, stellt jedoch grundsätzlich weniger Bedingungen an die Nachhaltigkeit. Reisanbau gehört zum Beispiel zu den Nassanbaumethoden und ist mit einer sehr intensiven Bodenbearbeitung verbunden. Sowohl Paludikultur, als auch Nassanbau umfassen traditionelle Kulturen, wie die Weidenproduktion, Schilf und Binsen, aber auch neue Formen des Nassanbaus, mit dem Ziel der Produktion von Bioenergie und Öko-Baustoffen, Torfmoos als Substrat für den Gartenbau, Rohrkolben als Isolierungsmaterial oder Viehfutter sowie Holz aus forstwirtschaftlichem Nassanbau. Die Entwicklung von Paludikultur und Nassanbau steckt noch in den Kinderschuhen. In Deutschland und den Niederlanden hat man zwar Jahrhunderte lange Erfahrungen mit Weiden- und Schilfkulturen an nassen Standorten (Flüsse, Niedermoore), wo dies eine uralte Praxis ist. Jedoch hat man in den Niederlanden mit der Umwandlung zu Nassanbau in drainierten Gebieten noch recht wenig Erfahrungen. In Deutschland, Weiß-Russland und Kanada arbeitet man bereits großflächig mit Paludikulturen. Die Einrichtung, der Anbau und die Wachstumsbedingungen sollten weiter untersucht sowie der Absatzmarkt und die Produktkette weiter entwickelt werden. Nassanbau - oder Paludikultur, soweit Moorböden betroffen sind - stellt auch eine Option für Pufferzonen nasser Naturräume dar, einschließlich solcher Gebiete, die zu nass sind oder wo in absehbarer Zeit wahrscheinlich nasse Gebiete durch Oxidation entstehen (Bodensenkung). Außerdem ist Nassanbau eine Möglichkeit, um ehemalige landwirtschaftliche Flächen zu nutzen, die sich schließlich zu nährstoffärmeren Feuchtgebieten entwickeln. 10
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Paludikultur beinhaltet die Produktion von Biomasse auf nassen oder wiedervernässten Böden, wobei der durchschnittliche Wasserstand auf Bodenoberfläche oder mindestens bis maximal 20 cm unter der Bodenoberfläche steht und das Grundwasser nie tiefer als 40 cm unter Bodenoberfläche sinkt. Wichtige Ausgangspunkte sind dabei: Erhalt der Produktivität von Moorböden durch Vermeidung von Bodenabsenkung und Versalzung, Erhalt und Verbesserung der Natur(entwicklung), Biodiversität und andere Ökosystemfunktionen, wie Wasserretention und CO2 Bindung, ebenso wie die Nutzung alter Funktionen auf Höfen und deren direkter Umgebung (z. B. Gewächhauskomplexe). Paludikultur und Nassanbau sind also nachhaltige Formen der Landnutzung. Auf moorigen und mineralischen Böden kann Nassanbau ggf. Perspektiven zur Lösung von Problemen, die mit Bodenabsenkung, Hochwasser oder Wasserretention zusammen hängen, liefern. Abb. 1. Übersichtskarte des Internationalen Naturparks Moor – Veenland (Quelle: https://www.naturpark-moor.eu) 11
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland 1. Anlass der Untersuchung Im Rahmen des INTERREG V A-Projektes „Grenzenlos Moor“ (Laufzeit 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2019) hat der Internationale Naturpark Bourtanger Moor-Bargerveen e.V. (INP) ein Konsortium aus Stichting Bargerveen und Radboud Universiteit mit dem Teilprojekt „Pilotprojekt Paludikultur“ beauftragt. Im Projekt „Grenzenlos Moor“ werden umfassende Maßnahmen im Bereich der Regulierung des Wasserhaushalts im Gebiet getroffen. Ferner werden im Rahmen des Projektes unter dem Thema „Moor als Lebens- und Wirtschaftsraum“ Maßnahmen getroffen, bei denen Störungen im landwirtschaftlichen sowie bewohnten Raum vermieden werden und innovative Produktionsmethoden, die der Natur nicht schaden, getestet werden sollen. INP und Staatsbosbeheer erachten das Potential der Paludikultur oder „Nassanbau“ (siehe Infotext „Was ist Paludikultur und Nassanbau?”) als interessant und wollten daher die Möglichkeiten der Paludikultur im Rahmen eines Pilotprojektes untersuchen lassen. Dieses Pilotprojekt bezieht sich auf die Pufferzonen des Natura 2000-Gebietes Bargerveen, jedoch liegen auch außerhalb in Zukunft sicherlich gute Möglichkeiten um Paludikultur anzuwenden. Die zentrale Frage dieses Pilotprojektes lautet: Welche Nutzpflanzen bieten sich bei der Anwendung der Paludikultur im Untersuchungsgebiet an? Im Internationalen Naturpark (INP) Moor-Veenland wird auf deutscher Seite bis spätestens 2023 Torf abgebaut. Nach Beendigung des Torfabbaus gehen hier möglicherweise Arbeitsplätze verloren. Gleichzeitig kann die im INP recht intensiv betriebene Landwirtschaft nicht als nachhaltig erachtet werden: sie begünstigt Bodenerosion und CO2-Emission und führt örtlich zu Bodenabsenkungen. Dies führt saisonal zu einer zunehmenden Hochwasserproblematik im Gebiet. Im betrachteten Naturraum ist ein hoher Wasserstand Voraussetzung für den Erhalt und die Renaturierung von Hochmoor. Durch die unterschiedlichen Nutzungsformen (Landwirtschaft, Natur und Torfabbau) können sich die Interessenskonflikte im Gebiet vergrößern. Möglicherweise bietet die Entwicklung der Paludikultur eine Alternative, die die heutigen Interessenskonflikte minimiert, die Ziele der unterschiedlichen Funktionen respektiert und ggf. auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beiträgt. Das Untersuchungsgebiet ist das Bargerveen, ein Hochmoorgebiet im niederländischen Teil des Naturparks, das zwischen den Ortschaften Zwartemeer und Weiteveen liegt. Um das Bargerveen herum werden Pufferzonen zur Verbesserung des Wasserhaushalts im Hochmoor eingerichtet. Pufferzonen unterstützen die ökologischen Ziele, die für das Bargerveen aufgestellt wurden, die Biodiversität wird begünstigt. Für die Gebiete der Pufferzonen sind unterschiedliche Nutzungsmodelle vorstellbar, solange die Hauptfunktionen Wasserretention und Naturschutz nicht negativ beeinflusst werden. Beispiele unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen sind die Einrichtung einer Pufferzone als Naturschutzgebiet, zur landwirtschaftlichen Nutzung oder für die Paludikultur. In Zukunft liegen sicherlich auch außerhalb des Bargerveens gute Möglichkeiten zur Anwendung der Paludikultur. Obwohl zurzeit bereits Kenntnisse über die Entwicklung der Paludikultur vorliegen, steckt das Thema noch in den Kinderschuhen. Insbesondere müssen noch Untersuchungen zu Anbaumethoden, Wachstumsbedingungen und Erträgen erfolgen. Ferner ist die Entwicklung eines Absatzmarktes erforderlich. Den großen Unterschied zur traditionellen Landwirtschaft machen die abiotischen Faktoren aus, die für die Hochmoorentwicklung im Natura 2000-Gebiet erforderlich sind. Auf Basis dieser Voraussetzungen müssen Nutzpflanzen sorgfältig gewählt werden. 12
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Abb. 2. Trichtermodell zur Wahl von Nutzpflanzen, das im Rahmen dieser Untersuchung zu Grunde gelegt wird, und durch das die unterschiedlichen Aspekte (u. a. sozial-ökonomisch, ökologisch, Klima (C-Zertifikate), Wasser, Tourismus) in der Auswahl berücksichtigt werden. 2. Standortfaktoren im Untersuchungsgebiet Nassanbau - oder Paludikultur, soweit Moorböden betroffen sind - könnte in Zukunft rund um das Bargerveen, im deutschen Teil des INP und in der weiteren Umgebung eine Rolle spielen. Auf Basis der Analyse vorhandenen Kartenmaterials (u. a. NIBIS-Kartenserver für den deutschen Teil), hydrologischer Untersuchungen (Denneborg & Müller, 2013) und Geländeerkundungen vor Ort werden für das Gebiet des INP Perspektiven für den Nassanbau erarbeitet. Um einen Eindruck über die derzeitige Landnutzung und die Vielfalt an unterschiedlichen Nutzpflanzen in der Umgebung des Bargerveens zu vermitteln, wird für die Gemeinde Emmen in Abbildung 3 die Bodennutzung und der Flächenanteil an Nutzpflanzen dargestellt. Der weitaus größte Teil der Gemeindefläche von Emmen wird landwirtschaftlich genutzt. Hierbei stehen Kartoffelanbau und Grünland, bzw. Grünfutter für die Rinderhaltung im Vordergrund. Auch Zuckerrüben und Getreide spielen eine große Rolle. Kurzfristig eignen sich für ein Pilotprojekt zum Nassanbau die Pufferzonen des Bargerveens, die bereits angekauft wurden, bzw. in Kürze erworben und eingerichtet werden. Auch Staatsbosbeheer zeigt Interesse daran, die Perspektiven des Nassanbaus kennenzulernen und möchte sich am Experiment beteiligen. Die Geländeeigenschaften des ausgewiesenen Untersuchungsstandortes, gelegen in der ökologischen Pufferzone nördlich von Meerstalblok-Ost, wurden auf Basis von Bodenprofilbohrungen und chemischen Analysen der Bodenproben der Krume und der tieferen Bodenschichten (-70cm) 13
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland detailliert in Kartenmaterial aufgeführt. Die Wasserstände in den Bohrlöchern wurden kartiert und in den Parzellen wurden zwei Grundwassermessrohre platziert, die heute und in Zukunft als Monitor für die Grundwasserstände dienen. Da es an ausreichendem Kartierungsmaterial von Moorböden und Modellen künftiger Wasserstände mangelt (in Niedersachsen wird inzwischen eine Kartierung von organischen Böden und Moor vorgenommen, mündliche Mitteilung Dr. N. Gepp), war es nicht möglich, für den INP eine verwertbare Karte der evtl. zu realisierenden abiotische Faktoren anzufertigen. Dennoch wurde im Wesentlichen angegeben, welche Teilgebiete grundsätzlich ausreichend nass sind, oder es noch werden können, so dass ein Nassanbau realistisch ist. Landnutzung Gemeinde Emmen (2012); 34627 ha 3% 2% 2% Landwirtschäftliche Flächen 3% Wald und Natur 11% Siedlungsräume 11% Binnengewässer 68% Strassen und Verkehr Naherholung Vereinzelt bebaute Gebiete Landwirtschaft Gemeinde Emmen (2012) Kartoffeln 2% 2% 1% 1% Grünland, Grünfutter 13% 34% Getreide 16% Zuckerrüben Gartenbau 31% Feld grünes Gemüse Handelsgewächse Sonstige Landwirtschaft Abb. 3. Bodennutzung (oben) und landwirtschaftliche Nutzpflanzen (unten) in den Jahren 2012 und 2016 in der Gemeinde Emmen. Quelle: Centraal Bureau voor de Statistiek. 14
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland 2.1. Situation Internationaler Naturpark Moor-Veenland Der Internationale Naturpark Moor-Veenland (INP) umfasst verschiedene Relikte der früher weitreichenden Hochmoorlandschaft Bourtanger Moor, die in unterschiedlichem Maße in der Vergangenheit abgetorft und kultiviert wurden. Das Wesuwer Moor, Rühler Moor, Provinzialmoor, Dalum-Wietmarscher Moor und das Bargerveen sind die größten Moorschutzgebiete. Moor- und Naturbereiche stehen hier inzwischen unter Naturschutz, u. a. im Rahmen des europäischen Natura 2000-Netzwerks. In dem Zusammenhang wurden oder werden Gräben geschlossen, Dämme angelegt und Pufferzonen eingerichtet, um die hydrologischen Bedingungen zur Erhaltung der restlichen Moorschicht zu verbessern (Van Walsum et al., 1998; Deneborg & Müller, 2013). Zwischen den unterschiedlichen Moorschutzgebieten befinden sich Bereiche, die momentan landwirtschaftlich genutzt werden sowie Siedlungsbereiche, wie die Ortschaft Twist sowie weitere zerstreut liegende Häuser (Abb. 1). Die Entwässerungstiefe beträgt hier meistens 1 Meter oder mehr (Abb. 7). Im und am Rand des INP liegen mehrere Gebiete, in denen zurzeit noch Torfabbau stattfindet, der jedoch bis 2023 abgeschlossen sein soll. Danach soll eine Vernässung des Restmoors stattfinden mit dem Ziel der Hochmoorrenaturierung. Zurzeit wird an deutscher Seite an einem Moorkataster „Kohlenstoffhaltige Böden“ gearbeitet (laut mündl. Aussage von Dr. N. Gepp). Die jetzt für das Gebiet zur Verfügung stehende Bodenkartierung (NIBIS-Kartenserver, Abb. 5) ist stark veraltet denn die Moorstärke nahm durch Torfabbau und durch Oxidation in den vergangenen Jahrzehnten stark ab. Trotzdem gibt es innerhalb des INP immer noch bedeutende Moorbodenflächen und anmoorige Böden.. Dies betrifft auf jeden Fall einen Großteil der sich noch in Abtorfung befindlichen Parzellen und auch in Hochmoorschutzgebiete (Hofer & Pautz, 2012), aber auch einen Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Für die Niederlande treten die dränierten Ackerböden mit viel Moor im Boden auf den Karten mit der erwarteten künftigen Bodenabsenkung hervor (siehe Infotext "klimaateffctatlas.nl" auf Seite 21). In Teilen des Gebietes wurde der Moorboden (tief)gepflügt (die sogenannte Sandmischkultur). Hier ist also keine unversehrte Restmoorschicht mehr vorhanden, der oberflächliche Boden kann jedoch noch viel organisches Material enthalten. In den entwässerten Parzellen mit oder ohne umgepflügte Torfschichten im Boden, tritt als Folge der allmählich fortlaufenden Zersetzung von Moor eine Absenkung der Bodenoberfläche von 1-2 cm pro Jahr auf. Die Geschwindigkeit der Zersetzung des noch vorhandenen organischen Materials und der Bodenabsenkung können auf Flächen mit intensivem Ackerbau und dort wo Mais angebaut wird noch größer sein. Um die Bereiche im Sinne der Landwirtschaft trocken zu halten, wurden in der letzten Zeit die relativ niedrig gelegenen (Abb. 6) Teilgebiete Annaveen und Dreipumpenland schon als Polder eingerichtet mit einem Schöpfwerk und einem Wasserpegel, der 0,3 - 0,5 Meter tiefer liegt, als der Pegel des Süd-Nord-Kanals (Deneborg & Müller, 2013). In nassen Perioden und bei Hochwasser im Kanal scheint ein Überflutungsrisiko in Twist und Umgebung zu herrschen, da der Abfluss dann behindert wird. Aus diesem Grund wurde vorgeschlagen, den Wasserpegel im Süd-Nord-Kanal zu senken (Deneborg & Müller, 2013). Auch wird an einem Generalentwässerungsplan für die Gemeinde Twist gearbeitet, bei dem die jetzigen Wasserläufe, die Engpässe bei den Abflüssen sowie mögliche Lösungen hierfür, unter anderem beispielsweise ergänzende Regenrückhaltebecken, dargestellt werden. Aus der Perspektive von Nachhaltigkeit und Klimabeständigkeit kann die Speicherung von Niederschlag (Niederschlagsüberschüssen) im Gebiet ein alternativer Ansatz sein, um das Problem der Entwässerung Richtung Süd-Nord-Kanal, sowie Probleme der Niederschlagsspitzen und (Sommer-) Trockenheit zu lösen. Hierzu wären infrastrukturelle Maßnahmen erforderlich und es hätte Konsequenzen für die landwirtschaftliche Nutzung der Parzellen. Im Rahmen dieser Untersuchung nach Perspektiven für die Paludikultur, können Wasserretentionsbereiche und Teilgebiete, wo die 15
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Entwässerung zurzeit bereits ein Problem darstellt, wie die oben genannten Polder Annaveen und Dreipumpenland, wo Unterentwässerung stattfindet, geeignete Gebiete sein, in denen man auf Paludikultur umstellen könnte. Durch die permanent nasse Nutzung der Torfböden (ob tiefgepflügt oder nicht), die unter anderem auch in den genannten Poldern vorkommen, würde die Zersetzung des Torfes und somit die Absenkung der Bodenoberfläche gestoppt. Ferner würde hierdurch die Emission der Treibhausgase CO2 und N2O (starkes Treibhausgas, das frei wird auf drainierten und gedüngten Moorböden!) reduziert. Aus der Perspektive des Naturschutzes, des Klimas und des Wassermanagements hat eine Umstellung auf Paludikultur in Bereichen, die an Moorschutzgebiete grenzen und die Beendigung der Entwässerung von Poldern (wie z.B. Annaveen) einen positiven Effekt auf die hydrologische Stabilität der Hochmoorschutzgebiete, womit die Renaturierung unterstützt würde, wie die hydrologischen Untersuchung von Van Walsum et al. (1998) und Deneborg & Müller (2013) belegen. So würde zum Beispiel die Entwässerung vom Bargerveen zum Annaveen hin, wie dies aus der Analyse der Wasserstandsdaten und der hydrologischen Modelle (Deneborg & Müller, 2013) hervorgeht, durch Beendigung der Unterentwässerung und eine eventuelle Umstellung auf Paludikultur stark zurück gehen oder möglicherweise gestoppt werden. Auch für die Moorrelikte auf deutscher Seite des INP könnte eine Erhöhung des Wasserstands in angrenzenden Bereichen einen positiven Beitrag zum Erhalt der bestehenden Moorschicht liefern, oder dort zu neuer Moorbildung beitragen, wo dies trotz interner Maßnahmen infolge eines noch zu stark schwankenden Wasserstands, noch nicht gelingt. Aus der Perspektive der gängigen Landwirtschaft ist Paludikultur zurzeit unrentabel. Das gilt für einen Großteil der deutschen landwirtschaftlichen Nutzfläche des INP, aber auch für die an den INP grenzenden landwirtschaftlichen Flächen auf der niederländischen Seite des Bargerveens. Die meisten dieser Parzellen sind Privateigentum und werden intensiv genutzt, mit dem Ziel, die Erträge zu maximieren. Hohe Bodenpreise wegen eines hohen Drucks durch die Ausbringung von Düngestoffen in Kombination mit der Auszahlung von existierenden landwirtschaftlichen Subventionen und dem (noch) Fehlen von ausreichenden Subventionen für Klimaanpassung (oder Bepreisung von Treibhausgasemissionen und Verunreinigung von Grund- und Oberflächenwasser) geben landwirtschaftlichen Unternehmern zurzeit keinen wirtschaftlichen Raum und die Betriebssicherheit, auf Nassanbau umzustellen (Wichmann, 2018). 16
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Abb. 4. Luftbild des Internationalen Naturparks (Quelle: Google). 17
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Abb. 5. Moorböden Vorkommen (grün) und tiefgepflügte Böden (schraffiert, Sand und Moor gemischt) im deutschen Teil des Internationalen Naturparks Moor-Veenland (Quelle: Nibis-Kartenserver). Diese Daten sind zwar veraltet, aber zeigen durchaus auf, wo Moor oder zumindest anmoorige Böden vorhanden sind. Die Gebiete, wo derzeit noch Torfabbau erfolgt und die Moorschutzgebiete wurden nicht als Moorböden gekennzeichnet, obwohl hier Moorböden vorkommen; siehe Hofer & Pautz (2012) und Deneborg & Müller (2013). 18
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Abb. 6. Höhe der Bodenoberfläche im Internationalen Naturpark Moor-Veenland auf Basis der NASA-Höhenkarte für den deutschen Teil und Allgemeine Höhendaten der Niederlande. Blau ist niedrig und Orange ist hoch. 19
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Abb. 7. Entwässerungstiefen im Internationalen Naturpark Moor-Veenland gemäß Modellergebnis (Quelle: Deneborg & Müller, 2013). 20
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Klimaateffectatlas.nl Um das Bargerveen liegen große Flächen, die zu den höchsten Kategorien sowohl der heutigen Bodenabsenkungen (über 60 cm bis 2050) als auch weiterer Bodenabsenkungen aufgrund des Klimawandels (über 15 cm bis 2015) gehören. Bis 2050 wird also eine Bodenabsenkung von über 75 cm erwartet. Kerngebiet für Nassanbau! Bodenabsenkung bis 2050 Weitere Bodenabsenkung aufgrund des Klimawandels 21
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland 2.2. Verhältnisse am Standort des Pilotprojektes, die Pufferzone Bargerveen NO Rundum das Natura 2000-Gebiet Bargerveen befinden sich mehrere Pufferzonen und in mehreren Bereichen wird an der Entwicklung weiterer Pufferzonen gearbeitet, die zum Teil noch heute, bzw. in der Vergangenheit landwirtschaftlich genutzt wurden. Diese Pufferzonen wurden im Rahmen der Natura 2000 Schutzziele und auf Basis hydrologischer Modellstudien (Van Walsum et al., 1998) ausgewiesen. Bei der Nutzung und beim Wasserstandsmanagement in der hydrologischen Pufferzone ist das Ziel, den Wasserhaushalt des Bargerveens zu verbessern. Dies erfordert einen hohen Wasserstand, häufig bis zur Bodenoberfläche oder darüber. Da die landwirtschaftlichen Flächen um das Bargerveen und die deutschen Hochmoorrelikte im INP entwässert werden, ist es nicht möglich hier ein (vorrübergehendes) Pilotprojekt mit Nassanbau zu realisieren. Der Internationale Naturpark Moor-Veenland, Staatsbosbeheer und die Provinz Drenthe haben zwei Parzellen (insgesamt rund 17 ha) direkt im Norden des Teilbereichs Meerstalblok-Ost im Bargerveen als potentiellen Standort für ein Pilotprojekt zur Gewinnung von Praxiserfahrung mit Nassanbau ausgewiesen. Diese Flächen wurden bereits als Pufferzonen des Bargerveens ausgewiesen und sollen somit Hydrologie, Ökologie und Biodiversität des Hochmoorgebietes unterstützen. Die Bodenoberfläche der Parzellen ist etwa 3 Meter tiefer als die angrenzenden Bereiche des Gebietes Meerstalblok-Ost (19,80m + NHN). Die Höhe der Fläche variiert zwischen 16,70 m und 17,30 m +NHN. Die schwankende Höhe der Bodenoberfläche wird mitverursacht durch die unterschiedliche Dicke der restlichen Moorschicht im Boden. Als Folge der variierenden Bodenoberfläche ist der Grundwasserstand auch nicht überall gleich. An manchen Stellen bilden sich in nassen Perioden große Pfützen, wo der Ablauf des Wassers stark durch das restliche Moorpaket behindert wird. Im Durchschnitt lag der Grundwasserstand im März 2017 zwischen 60 und 75 Zentimetern unter der Bodenoberfläche. An manchen Stellen sinkt der Wasserstand auf 90 cm unter der Bodenoberfläche. Im Sommer sinkt der Grundwasserstand auf mindestens 1 m unter der Bodenoberfläche (gemessen im 22
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland September und November 2017). In beiden Parzellen wurde im Herbst 2017 ein Grundwassermessrohr platziert, das gemeinsam mit weiteren Messrohren am nördlichen Rand des Meerstalblok-Ost eine Messreihe bildet, womit in der kommenden Zeit die Wasserstandsentwicklung gemessen werden kann. Ein großer Teil der Fläche weist unter der Bodenkrume von etwa 30 cm noch eine intakte Torfschicht bis zu einer Tiefe von maximal 80 cm unter der Bodenoberfläche auf (Abb. 10). Hierdurch eignet sie sich grundsätzlich gut als Versuchsfläche für Paludikultur. Da sie als Pufferzone ausgewiesen und in ein Naturschutzgebiet umgewandelt werden soll, könnte man erwägen, Paludikultur als Übergangsaktivität einzusetzen. In den vergangenen Jahren wurden diese Flächen an einen örtlichen Landwirt verpachtet, der hier Kartoffeln und Zuckerrüben anbaute. Zur Steigerung der Erträge wurden die Flächen mit Stallmist und Jauche gedüngt. Dies ist an der Olsen-P-Konzentration (pflanzenverfügbarer Phosphor) in der Bodenkrume zu erkennen, die im Frühjahr 2017 1,3 bis 5,8 mmol/l Bodenfrischmasse beträgt (Abb. 11). Im tieferen organischen Boden (-60cm) schwankt die Konzentration an Olsen-P zwischen 0,6 und 1,6 mmol/l Bodenfrischmasse. Zum Vergleich: In der Pufferzone „Maarsingh“, wo abgetorft und teilweise die obere Bodenschicht vor der Vernässung abgeschoben wurde, wurden - ebenso wie im Frühjahr 2017 - Olsen-P-Konzentrationen zwischen 0,1 und 1,5 mmol/l Bodenfrischmasse in der oberen Bodenschicht gemessen. Für die Entwicklung hin zu nährstoffarmen und artenreicheren, nassen Vegetationstypen ist eine niedrige Olsen-P-Konzentration in der oberen Bodenschicht erforderlich, circa 0,1-0,4 µmol/l Bodenfrischmasse (Van Mullekom et al., 2016). Für die Entwicklung nährstoffreicher Sumpfgebiete oder produktiver Nassanbaukulturen, stellt eine hohe P-Verfügbarkeit für Pflanzen natürlich kein Problem dar. Dies sollte man bei der Planung der Pufferzone berücksichtigen. Abb. 8. Luftbild der Versuchsflächen, die für die Paludikultur ausgewiesen wurden (Quelle: Google Earth). Die Standorte der Bodenprobenentnahmen (die Transekte 1 und 4), wo auch Bodenproben für die chemische Analyse genommen wurden, sind dargestellt. 23
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Abb. 9. Höhenkarte der beiden Parzellen mit den Bodenprofilen des jeweiligen Bohrstandortes (Kartengrundlage durch https://ahn.arcgisonline.nl/ahnviewer/). Sand Moor Zand Bodenkrume Abb. 10. Bodenprofile der einzelnen Standort der vier Transekte. 24
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Abb. 11. Olsen-P-Konzentrationen (mmol/l Bodenfrischmasse) in der Bodenkrume (obere Zahlen der Bodenprofile) und in den organischen Bodenschichten auf 60-70 cm Tiefe. 3. Potentielle Nutzpflanzen für Nassanbau im Untersuchungsgebiet Wichtmann et al. (2016) und Abel et al. (2014) geben eine Übersicht potentieller Nutzpflanzen in Paludikulturen. Dabei handelt es sich um Pflanzenarten, die in Feuchtgebieten heimisch sind, nutzbare Biomasse in ausreichender Menge und Qualität produzieren und ferner zum Erhalt von Moor beitragen. Weltweit wurden 1128 Pflanzenarten in die Datenbank potentieller Paludikultur Pflanzen aufgenommen (DPPP; Abel et al., 2014). Hiervon werden etwa 250 Pflanzenarten für die Paludikultur als geeignet betrachtet, weil für sie bereits ein Markt besteht für Produkte, die aus den oberirdischen Pflanzenteilen produziert werden. 3.1. Erste Einschränkung bei der Nutzpflanzenwahl Was den INP und ein Pilotprojekt in der Pufferzone des Bargerveens betrifft, wird aufgrund der folgenden Kriterien die Anzahl potentieller geeigneter Nutzpflanzen stark eingeschränkt. 1. Nur in den Niederlanden und in Niedersachsen einheimische Arten, da es sich hier um ein Naturgebiet von internationaler Bedeutung handelt. Exoten bringen das Risiko mit sich, dass sie invasiv werden (Matthews et al. 2015) und ein solches Risiko ist in der Umgebung eines Naturschutzgebietes zu groß, auch wenn es sich um Arten handelt, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Hochmoorschutzgebieten invasiv werden, nicht sehr groß ist. Die Stärkung der Flora und Fauna durch nicht heimische (und invasive) Pflanzen ist oft sehr beschränkt. 2. Keine Nutzpflanzen, die ausschließlich für Nischenmärkte angebaut werden, wie medizinische Nutzpflanzen (Tabelle 2). „Nischenarten“ werden darum vorläufig außeracht gelassen, denn mit der Ernte in natürlichen Lebensräumen oder Kulturen von nur einem oder wenigen Hektar können die Bedürfnisse des europäischen oder gar Weltmarktes bereits gedeckt werden. Dies kann für bestimmte Pflanzenarten im INP interessant sein, aber für den viel größeren, für 25
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Nassanbau potentiell geeigneten Bereich im und in der Umgebung des INP wird vor allem gesucht nach: 3. Nutzpflanzen mit breiterem Nutzungspotential und 4. Nutzpflanzen, die mehr Biomasse pro Hektar liefern und von denen der Großteil der Biomasse einen Mehrwert für die weitere Verwendung bietet. 5. Arten von (Hoch)Moorlandschaften, inklusive Arten, die typisch sind für Übergänge von sauren, nähstoffarmen Hochmoorkernen zur mineral- und nährstoffreicheren Umgebung. 3.2. Verwendungsmöglichkeiten der Nutzpflanzen Betrachtet man die o. g. Kriterien, kommen für einen Anbau auf größeren Parzellen in den Pufferzonen des Bargerveens und in anderen Bereichen des INP die in Tabelle 1 aufgeführten Arten in Betracht. Die Daten der Tabelle basieren auf Wichtmann et al. (2016), Van Duursen & Nieuwenhuijs (2016) sowie weiteren Informationen, die aus diesem Bericht, vor allem bei der Analyse der Marktpotentiale, hervorgingen. Natürlich unterscheiden sich die Arten untereinander in ihren Eigenschaften und ihrer Bedeutung hinsichtlich entsprechender Anwendungen. Grundsätzlich eignen sich alle Nutzpflanzen für die Gewinnung von Bioenergie. Für die Produktion von Bio-Kunststoffen oder anderen Biopolymeren kommen im Prinzip alle Arten in Frage, die über eine ausreichende Menge Stärke oder (Ligno)Cellulose verfügen. Für die Produktion von Bio-Verbundwerkstoffen braucht man Faserpflanzen. Für die Verwendung als Einstreu oder Futter, oder für Baumaterialien sind nicht alle Pflanzen geeignet. Ferner wird deutlich, dass nur eine beschränkte Anzahl an Arten zum Erhalt oder zur Entwicklung der Moorschicht beitragen kann. Schwarzerle kann hierbei eine positive Rolle spielen, jedoch führen gute bis optimale Standorte von Birken und sicherlich auch Pappeln aufgrund der Austrocknung im Sommer zum Abbau der restlichen Moorschicht und wirken neuer Moorbildung entgegen. Gräser, die von Natur aus in Moorgebieten wachsen, wie Schilf, Breit- und Schmalblättriger Rohrkolben, verschiedene Seggen-Arten und Flatter-Binse, tragen sehr wohl in mehr oder weniger großem Maße zur Moorbildung bei. Rohrglanzgras ist weniger resistent bei Überschwemmungen als Schilf und bildet kein Moor. Für den INP ist Schilf daher die bessere Option, da die Ernte einfacher ist und die Erträge höher sind. Die Biomasse, die aus der Seggenernte hervorgeht, könnte als Einstreu für Tiere oder zur Biogasgewinnung genutzt werden. Die möglichen Erträge liegen zwischen 3,3 und 12 Tonnen Trockenmasse pro Hektar und Jahr, abhängig von der Seggenart. Segge eignet sich jedoch erwartungsgemäß weniger gut für die bestehende Betriebsführung in der Landwirtschaft und für den Naturpark haben Seggen im Vergleich zu Schilf oder Rohrkolben auch keinen besonderen Mehrwert. Ferner werden einige nicht einheimische Arten genannt, bei denen jedoch die Erfahrung gelehrt hat, dass das Risiko der Invasivität in der Region eher gering ist. Gemeint sind Elefantengras, Wasserreis und Algenfarne (Azolla). Sie sind bekannt dafür, dass sie im Nassanbau wirtschaftliche Werte generieren können. Algenfarne können in der Tierproduktion eine nachhaltige Eiweißalternative für Soja sein. Elefantengras (Miscanthus) wird in den Niederlanden und Deutschland bereits für die Papierindustrie sowie als Holz- und Heizöl-Ersatz angebaut. Zum Elefantengras muss jedoch gesagt werden, dass es unter trockeneren Bedingungen mehr Biomasse produziert als im Nassanbau und somit unter guten Wachstumskonditionen nicht oder weniger zum Erhalt der Moorschicht beiträgt als beispielsweise Schilf oder Rohrkolben. Des Weiteren können noch einige essbare Beerenarten genannt werden: Gewöhnliche Moosbeere (Vaccinium oxycoccos), Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) und Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) sind 26
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland Arten, die von Natur aus in den Hochmoorlandschaften unserer Region vorkommen. Gewöhnliche Moosbeere und Heidelbeere kommen jedoch nicht unter besonders nassen Bedingungen vor, eher an feuchten bis sogar trockenen Standorten. Sie könnten jedoch als Regionalprodukt im INP interessant sein; dann wäre Anbau auf niedrigem Niveau ausreichend (Van Duursen & Nieuwenhuijs, 2016). Die Großfrüchtige Moosbeere (Vaccinium macrocarpon) und die Amerikanische Heidelbeere (Vaccinium corymbosum) eignen sich beide nicht zum Anbau im INP, da sie Exoten sind und sie in Hochmooren als invasiv gelten (bekannt aus dem Fochteloërveen (Mitteilung Natuurmonumenten) und Ilperveld (Mitteilung Landschap Noord-Holland), beziehungsweise De Mariapeel (Van Duinen et al., 2013)). Tabelle 1. Nutzpflanzen und Nutzungen, die sich potentiell für Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland eignen. Die Arten, die in Klammern stehen, sind Exoten, bei denen das Risiko der Invasivität gering ist. Bio- Stall- Essbar- Tier- Bau- Möbel Papier Kunststoff Garten- Moor- Energie einstreu keit futter material /Furnier /Chemie bau bildung Schilf x x x x x x x x Rohrglanzgras x x x x x x Rohkolben x x x x x x x x Segge x x x ? x Flatter-Binse x x ? ? (Elefantengras) x x x x x (Wasserreis) x x x (Algenfarn) x ? x x ? Schwarzerle x x x x Erle Weide x x x x Birke x x x x x Pappel x x x x Torfmoos x x Torfmoos- x x x x x x x Schilfflächen Grünland x x x Tabelle 2. Nutzpflanzen mit medizinischer Wirkung, die potentiell für Paludikulturen geeignet sind (Wichtmann et al., 2016). Die oberen vier Arten passen am besten zu den (Hoch)Moorbedingungen des Bargerveens und seiner Umgebung. Rundblättriger Sonnentau Drosera rotundifolia nass-feucht, sauer, Moor Fieberklee Menyanthes trifoliata nass, sauer, Moor Moor Gagel Myrica gale nass-feucht, sauer, Moor Faulbaum Frangula alnus saurer, nasser bis feuchter Boden in unterschiedlichen Waldtypen Echtes Mädesüß Filipendula ulmaria nasser, mäßig nährstoffreicher Boden; nicht in Südost Drenthe Ufer-Wolfstrapp Lycopus europaeus sehr feucht-nass, carbonathaltiges Wasser Großer Wasserfenchel Oenanthe aquatica nass, mäßig nährstoffreicher bis nährstoffreicher, schwach saurer bis kalkhaltiger Boden Echte Engelwurz Angelica archangelica sehr feuchter bis nasser, oft vorübergehend überschwemmt, nährstoffreicher Boden Apfelbeere Aronia melanocarpa in Europa eingebürgert; nass, nährstoffreich, schwach saurer 27
Perspektiven für landwirtschaftlichen Nassanbau im Internationalen Naturpark Moor-Veenland 4. Bedeutung des Nassanbaus für die Biodiversität Mögliche Nutzpflanzen, die für die Paludikultur oder Nassanbau in Frage kommen, unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Biodiversität. Bei der Wahl entsprechender Nutzpflanzen im INP und besonders in den Pufferzonen des Bargerveens und eventuell den deutschen Hochmoorschutzgebieten ist die Bedeutung der Biodiversität ein wichtiger Aspekt. Dabei geht es sowohl um ausgewiesene Zielarten und Schutzziele, als auch um die Artenvielfalt im Allgemeinen. Nasse Flächen mit einheimischen Pflanzen werden sich für Tiere daher erwartungsgemäß viel besser als Verbindungszone zwischen feuchten Naturschutzgebieten im INP eignen. In diesem Zusammenhang spielt auch die Naherholungsfunktion eines Gebietes eine Rolle. Abwechslungsreiche Landschaften mit einer höheren Artenvielfalt werden im Allgemeinen auch für Bewohner und Besucher ohne Hintergrundwissen als sehr bereichernd erfahren. 4.1. Schutzziele Bargerveen Für das Bargerveen wurden im Rahmen von Natura 2000 Schutzbestimmungen festgelegt und für zehn Brutvogelarten sowie zwei weitere Vogelarten Erhaltungsziele formuliert (Tabelle 3). Die Habitattypen die dem Schutzstatus Natura 2000 des Bargerveens zugrunde liegen sind: Artenreiche Borstgrasrasen (6230) Lebende Hochmoore (7110A) Renaturierungsfähige degradierte Hochmoore (7120) Die für das Bargerveen formulierten Schutzziele sind: Ausbreitung des lebenden Hochmoorkerns Förderung der Hochmoorbildung und Instandhaltung heutiger Relikte als Quellpopulationen für Fauna und Flora von Hochmooren Entwicklung von Übergangszonen von großen Moorbereichen, inklusive Lagg-Zonen (mit u. a. Hochmoorwäldern, sauren Heidemooren mit Tüpfelsumpfhuhn, Braunkehlchen und Bekassine) Erhalt und Renaturierung von artenreichen Borstgrasrasen Für die Habitattypen 7110A und 7120 ist es wichtig, dass der Grundwasserstand unter dem Bargerveen bis zum Fuße des Moores reicht. Um dies zu erreichen, müssen hohe (Grund)Wasserstände in den Pufferzonen ausreichend Gegendruck bieten. Für die Entwicklung von Übergangszonen, die typisch für Hochmoorlandschaften sind, muss in den einzelnen Teilgebieten nach Möglichkeiten gesucht werden. Für die Entwicklung von nassen Übergangssituation, in denen sich torfmoosreiche Röhrichte und Lagg- Zonen entwickeln können, sind die Möglichkeiten in und um Hochmoorrelikte aufgrund ihrer Lage in der drainierten und intensiv genutzten Umgebung im Allgemeinen beschränkt (Van Duinen et al., 2017). Diese in Hochmoorlandschaften vorkommenden Elemente sind besonders selten in West- Europa. Dort, wo es möglich ist diese zu renaturieren, können eine nähere (landschaftsökologische) Analyse und eventuelle Maßnahmen sehr lohnenswert sein. Im westlichen Bereich des Bargerveens liegen auf Höhe der Pufferzone Maarsingh eventuell Möglichkeiten zur Entwicklung einer nassen Übergangssituation oder eines Laggs. Grundsätzlich ist nicht vorgesehen in der Pufferzone eine Ausbreitung der Habitattypen des Bargerveen zu realisieren. Es ist wohl denkbar, dass sich in Pufferzonen und auf Flächen mit Paludikultur Arten ansiedeln, die in Übergangszonen großer Moore ihren Lebensraum haben. Ferner ist vorstellbar, dass (Populationen von) Zielarten oder Arten der ausgewiesenen Habitattypen, die im 28
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