Integriertes Gemeindeentwicklungskonzept Ritterhude 2020 - Gemeinde Ritterhude
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Gemeinde Ritterhude Integriertes Gemeindeentwicklungskonzept 2020 Auftraggeber: Die Bürgermeisterin Riesstraße 40 27721Ritterhude info@ritterhude.de www.ritterhude.de Ansprechpartner: Dipl.Ing. Michael Keßler Bauamt Gemeinde Ritterhude Telefon: 04292 - 889-163 Fax: 04292 - 889-2263 E-Mail: m.kessler@ritterhude.de Auftragnehmer: Ostertorsteinweg 70-71 28203 Bremen Telefon: 0421 - 703207 Fax: 0421 - 702237 E-mail: office@bpw-baumgart.de www.bpw-baumgart.de Projektleitung: Dipl.Ing. Lars Lemke Bearbeitung: M.A. Christian Stolte Dipl.-Geogr. Jan Bembennek Cand.-Ing. Katharina Söpper Beratung: Prof. Dr. Sabine Baumgart In Kooperation mit: Dipl.Ing. Ralf M. Beckmann Verkehrs- und Regionalplanung GmbH Huckarder Straße 12 Rotdornweg 16 44147 Dortmund 28865 Lilienthal Ritterhude, 21. April 2008
1. EINLEITUNG 7 1.1 Aufgabenstellung und Zielsetzung 7 1.2 Methodik der Erarbeitung 9 1.3 Beteiligung der Öffentlichkeit 11 2. AUSGANGSLAGE 12 2.1 Lage im Raum 12 2.1.1 Ritterhude innerhalb der Region Bremen 12 2.1.2 Verflechtungen mit den Nachbargemeinden 12 2.1.3 Verkehrsanbindung 13 2.1.4 Ritterhuder Ortsteile 14 2.2 Skizze der historischen Entwicklung 14 2.3 Kerndaten 16 2.3.1 Siedlungsstruktur 17 2.3.2 Landschaftsstruktur 18 2.3.3 Bevölkerungsentwicklung 20 2.3.4 Wirtschaftsentwicklung 22 3. HANDLUNGSFELDER: STÄRKEN- UND SCHWÄCHENANALYSE 24 3.1 Einzelhandel in Ritterhude 24 3.2 Gewerbe in Ritterhude 34 3.3 Wohnen in Ritterhude 43 3.4 Natur und Freiraum in Ritterhude 48 3.5 Tourismus, Kultur und Freizeit in Ritterhude 49 3.6 Verkehr in Ritterhude 51 3.7 Landwirtschaft in Ritterhude 52 3.8 Ergebnisse der Bürgerbefragung 53 4. LEITZIELE DER GEMEINDEENTWICKLUNG 57 5. ENTWICKLUNGS-/WACHSTUMSKONZEPTE 60 5.1 Baustein integriertes Einzelhandelskonzept 60 5.2 Baustein integriertes Gewerbeflächenentwicklungskonzept 63 5.3 Baustein integriertes Wohnbauflächenkonzept 71 5.4 Baustein Freiraumentwicklung 78 5.5 Baustein Tourismus, Kultur- und Freizeitentwicklung 79 5.6 Baustein Verkehrsplanung 80 5.7 Baustein Friedhofsplanung 81 6. PROJEKTE DER ORTSKERNENTWICKLUNG 83 6.1 Neue Ortsmitte 83 6.2 Erweiterung Veranstaltungszentrum Ritterhude 85 6.3 Exkurs: Sanierung Ortskern Alt-Ritterhude 86 7. EMPFEHLUNGEN ZUR UMSETZUNG 88 LITERATUR-, ABBILDUNGSVERZEICHNIS, ANHANG (Presseberichte) 92 Anlagen: Kommunales Einzelhandelskonzept Gewerbeflächenentwicklungskonzept Sportflächenkonzept
1. Einleitung 1.1 Aufgabenstellung und Zielsetzung Die niedersächsische Gemeinde Ritterhude hat im Dezember 2006 beschlossen, ein Konzept auf Grundlage integriertes Gemeindeentwicklungskonzept zu erarbeiten. Das Konzept soll als Hand- des Ritterhuder Leit- lungsinstrument für eine zukunftsfähige Entwicklung der Gemeinde Ritterhude – auf bildes Grundlage des bereits zuvor entwickelten Leitbildes – mit dem Zeithorizont 2020 die- nen. Die erste Ritterhuder Entwicklungsplanung stammt aus dem Jahre 1974 und eig- net sich aufgrund veränderter Rahmenbedingungen und neuer städtebaulicher Her- ausforderungen mit dem Leitziel einer nachhaltigen Gemeindeentwicklung nicht mehr zur Steuerung der räumlichen Entwicklung Ritterhudes. Ritterhude mit seinen knapp 15.000 Einwohner verfügt als Grundzentrum innerhalb des engeren Verflechtungsbereichs der benachbarten Großstadt Bremen sowohl über städtisch als auch dörflich geprägte Bereiche, die in der Vergangenheit unterschied- liche Entwicklungen erfahren haben. So konnten die kleineren Ortsteile Platjenwerbe, Lesumstotel, Werschenrege und Stendorf ihre kleinteiligen Siedlungsstrukturen der ehe- mals bäuerlich geprägten Kulturlandschaften sowie das örtliche Gemeinschaftsleben weitestgehend erhalten, während die Ortsteile Ihlpohl und Ritterhude durch Siedlungs- wachstum und Verkehrsmaßnahmen ihr Gesicht verändert haben. Das Entwicklungskonzept für die Gemeinde Ritterhude setzt entsprechend der unter- schiedlichen Entwicklungen in den Ortsteilen räumliche und thematische Schwerpunkte, die einer integrierten Betrachtungsweise unterliegen. Mit einer ausgewählten Sicht auf Konzept wird Entwick- lungsplanung gerecht die räumlichen Dimensionen sozioökonomischer, ökologischer und kultureller Entwick- lungsmöglichkeiten wird das Konzept durch die Schwerpunktsetzungen der Komplexität einer gemeindlichen Entwicklungsplanung gerecht, die den Anspruch auf Vollständig- keit zugunsten strategischer Ergebnisse aufgibt. Abb.1: Siedlungsstruktur in der Region (Intra-Endbericht)
Die Entwicklung Ritterhudes ist in den vergangenen Jahrzehnten als dynamisch zu be- schreiben, wie sich durch die kontinuierliche Steigerung der Einwohner- und Beschäf- tigtenzahlen belegen lässt. Lebten in Ritterhude – bezogen auf das Gebiet der Einheits- gemeinde – im Jahre 1961 rd. 10.000 Einwohner, so sind dies heute rd. 47% mehr. Zeitgleich stieg die Zahl der Beschäftigten in Ritterhude von 1.572 auf heute 3.161 (Gewos/PPL 1974, regio GmbH). Die positive Einwohner- und Beschäftigtenentwicklung wurde einerseits begünstigt durch die räumliche Nähe zum Oberzentrum Bremen und andererseits durch ein attraktives, intaktes Ortsbild sowie durch die Lage innerhalb der vielfältigen Landschaftsräume der Geest und Hamme-Wümme-Niederung. Zu den Stärken Ritterhudes zählen die attrak- tiven Wohnlagen für junge Familien, gute Verbindungen von Wohnen, Freizeit, Natur und Arbeit, ein großes Potenzial für die landschaftsbezogene Erholung durch vielfältige Landschaften und damit verbunden ein hoher Erlebnis- und Freizeitwert (z.B. Rad- und Bootfahrten). Darüber hinaus bestehen in Ritterhude gute verkehrliche Anbindungen an das Bremer Stadtzentrum sowie zu den Mittelzentren Osterholz-Scharmbeck und Bremen-Vegesack. Der allgemeine Trend der steigenden Mobilität sowie das im Bremer Umland anhal- Beeinträchtigung des tende Siedlungswachstum hat in den vergangenen Jahren zu einer Regionalisierung Ortszentrums durch der Lebensabläufe geführt, die sich vor allem in einer Zunahme der Verkehrsmengen Durchgangsverkehr zwischen dem Oberzentrum Bremen und den Städten und Gemeinden des peripher gelegenen Bremer Umlandes ausdrücken. So wird insbesondere die Entwicklung des Ritterhuder Ortszentrums „Riesstraße“ durch den Pendler- und Güterverkehr aus Städ- ten und Gemeinden des weiteren Verflechtungsbereichs Bremens (u.a. Stadt Oster- holz-Scharmbeck, Samtgemeinde Hambergen) beeinträchtigt. Ein weiterer Trend der Regionalisierung ist die Zunahme des großflächigen Einzel- Zunahme des großflä- handels, der sich auch in der Region Bremen negativ auf den Einzelhandel in den chigen Einzelhandels wirkt sich negativ auf gewachsenen Innenstädten und Ortszentren der Grund- und Mittelzentren auswirkt. In Ortszentrum aus Ritterhude haben in den vergangenen Jahren immer mehr alteingesessene Geschäfte und Betriebe der großflächigen Konkurrenz in Gewerbegebieten und auf der „Grünen Wiese“ nicht standhalten können. An ihre Stelle sind Filialisten von Einzelhandelsket- ten und Nutzungen wie Spielhallen, Pizza-Lieferanten, Sonnenstudios oder auch der Leerstand getreten. Aufgrund dieser Entwicklung und der Verkehrsbelastungen hat die Vielfalt an Dienstleistungen, Einzelhandelsläden und Restaurants in der zentralen Ge- schäftsstraße Ritterhudes abgenommen, so dass diese ihre Funktion als Ortszentrum nur noch unzureichend ausfüllen kann. Die städtebauliche Aufwertung und Entwick- lung der Ortsmitte ist somit auch abhängig von der Steuerung der Einzelhandelsan- siedlungen in Ritterhude. Aus diesem Grund ist ein Baustein des Entwicklungskon- zeptes ein Einzelhandelskonzept für die Gemeinde Ritterhude, das parallel erarbeitet wurde und dessen Aussagen in das übergreifende Entwicklungskonzept integriert wur- den. Da die städtebauliche Aufwertung und gezielte Einzelhandelsentwicklung nicht ohne Berücksichtigung der Verkehrsströme erfolgen kann, sind verkehrsplanerische Fragestellungen begleitend zum Entwicklungskonzept untersucht und Maßnahmen zur Verkehrsentlastung beschrieben worden. Zu den weiteren räumlichen Entwicklungen, die einer übergeordneten Steuerung durch ein integriertes Entwicklungskonzept bedürfen, zählt die Bereitstellung von Gewerbeflä- chen. Hier stößt die Gemeinde Ritterhude an ihre Grenzen, denn es stehen nur noch rd. 3 ha Gewerbeflächen zur Entwicklung zur Verfügung. Mit dem Ziel des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden trifft das Gemeindeentwicklungskonzept Aussagen zur Nutzung von Nachverdichtungspotenzialen im Bestand sowie zur behutsamen Arron- dierung zweier bestehender Gewerbegebiete. Aufgrund des demographischen Wandels und einer langfristig zu erwartenden rückläu- figen Bevölkerungsentwicklung gilt auch für die zukünftige Wohnbauflächenentwick- lung das Leitmotiv „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“.
Im Sinne kompakter Siedlungsstrukturen mit kurzen Wegen zu den notwendigen Versor- gungseinrichtungen beschreibt das Entwicklungskonzept Potenzialflächen und Maßnah- Sparsamer Umgang mit men zur Nachverdichtung, wie z.B. verdichtete Formen des Einfamilienhausbaus, die Grund und Boden in Gebäudetypologien von Doppel-, Reihen- und Kettenhäuser bereits in den 1960er und -70er Jahren in Ritterhude gebaut worden sind. Das Entwicklungskonzept benennt als weitere Handlungsfelder die Sicherung von Na- tur und Landschaft und damit eng verbunden die Verknüpfung von Freiräumen und die Entwicklung des Kultur- und Freizeitangebots. Die Ziele des integrierten Gemeindeentwicklungskonzeptes 2020 lassen sich somit fol- gendermaßen zusammenfassen: • Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs „Riesstraße“ durch städtebauliche Auf- wertungsmaßnahmen wie Schaffung einer neuen Ortsmitte und durch Entwicklung von Instrumenten zur räumlichen Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen auf den Ortskern sowie durch Maßnahmen zur Verkehrslenkung; • Aufzeigen von geeigneten Standorten für Einzelhandelsansiedlungen je nach Sorti- mentsgruppe innerhalb der Gemeinde Ritterhude; • stärkere Einbindung der bestehenden landschaftlichen Potenziale - unter Berück- sichtigung der ökologischen Tragfähigkeit - zur Aufwertung des Ortszentrums und der einzelnen Ortsteile sowie zur Profilierung der Gemeinde Ritterhude als Wohn- und Geschäftsstandort an der Hamme. Für die Gemeinde Ritterhude liegen bereits sektorale und teilräumliche Untersuchungen und Konzepte vor. Diese sind bei der Erarbeitung des Entwicklungskonzeptes mitein- bezogen worden. Dies gilt unter anderem für die vorliegenden Untersuchungen zum Verkehr sowie zur Sanierung der Riesstraße. Mit seinem integrierten und dialogorientierten Ansatz entspricht das Entwicklungs- konzept auch den Elementen des vom Deutschen Rat für nachhaltige Entwicklung in Integrierter, dialogori- entierter Ansatz seinem Bericht „Perspektiven für Deutschland: Unsere Strategien für eine nachhaltige Entwicklung“ entworfenen Leitbilds der nachhaltigen Entwicklung: • Generationengerechtigkeit, • Lebensqualität, • sozialer Zusammenhalt und • internationale Verantwortung. 1.2 Methodik der Erarbeitung Die methodische Herangehensweise setzt sich aus der inhaltlichen Bearbeitung und der Prozessgestaltung, in Kombination unterschiedlicher Methoden und Verfahren, zusam- men. Die inhaltlichen Grundlagen wurden über die Auswertung bestehender Gutach- ten und statistischen Datenmaterials, Literaturrecherche, eigene Bestandserhebungen sowie Bürger- und Unternehmensbefragungen durch das beauftragte Planungsteam erarbeitet. Dieses setzte sich zusammen aus dem federführenden Bremer Stadtpla- nungsbüro BPW baumgart+partner, dem Büro Verkehrs- und Regionalplanung GmbH, Lilienthal und dem Einzelhandelsgutachterbüro Stadt+Handel, Dortmund. Die Vorstellung und Rückkopplung der Ergebnisse erfolgte im Konsensverfahren in Ar- beitskreisen unter Beteiligung der Bürgermeisterin, Vertretern des Bauamtes und der Wirtschaftsförderung, der politischen Fraktionen und externer Fachleute (Kommunal- verbund Niedersachsen/Bremen e.V., IHK Stade, Interessensgemeinschaft Ritterhuder Betriebe e.V.). Die Moderation wurde vom Planungsbüro BPW baumgart+partner übernommen. Die Arbeitskreise eröffneten den persönlichen Kontakt zwischen dem Planungsteam und den Akteuren aus Politik und Verwaltung.
Abb.2: Bearbeitungsdesign und Prozessablauf (eigene Darstellung) Die externen Fachleute unterstützten den Prozess, in dem sie ihr Expertenwissen und Er- Transparenter Prozess fahrungen aus anderen Kommunen in die Gespräche einbrachten. In den Arbeitskrei- mit regelmäßigen sen wurden Stärken und Schwächen der einzelnen Themen und Orte diskutiert sowie Arbeitskreisen Anregungen, Kritiken und Projektvorschläge formuliert. Die Ergebnisse und Präsenta- tionen wurden vom Planungsteam protokolliert und den Beteiligten anschließend zur Verfügung gestellt. Das Entwicklungskonzept ist somit in einem offenen, transparenten und dialogorientieren Prozess erarbeitet worden. Das Bearbeitungskonzept wurde entsprechend der Handlungsfelder produktorientiert in drei Arbeitsschritten aufgebaut: A. Bestandsaufnahme und Analyse zur Bewertung der räumlichen und funktionalen Situation unter Einbeziehung bereits vorliegender Daten und Konzepte, B. Zielbilddiskussion als Definition von gemeindlichen Entwicklungs- und Handlungs- spielräumen, C. Raumstrukturkonzept mit Schwerpunktbereichen. 10
Im Rahmen der Bestandsaufnahme erfolgte die Analyse des Flächennutzungsplanes, des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Osterholz, der relevanten Bebauungs- pläne und vorliegender Fachgutachten sowie informeller Planungen. Ergänzend führte das Planungsteam Fachgespräche mit örtlichen und regionalen Experten. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Erarbeitung eines integrierten Entwicklungskonzeptes wurden Qualitäten und Konflikte herausgearbeitet, die auch die regionale Einbindung einbeziehen. Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme und -analyse wurden in den jewei- ligen Arbeitskreisen zu den Handlungsfeldern präsentiert und diskutiert. In der Zielbilddiskussion wurde eine Analyse der bestehenden Qualitäten und Konflikt- bereiche aus planerischer Sicht durchgeführt. Es wurden bereits formulierte sektorale und teilräumliche Zielsetzungen aufgegriffen und weitere, aus der Analyse abgeleitete Zielvorstellungen und -konflikte definiert. Die Zielbilddiskussion erfolgte ebenfalls im Rahmen der Arbeitskreise. Das Raumstrukturkonzept stellt die räumliche Konkretisierung des Entwicklungskon- zeptes dar. Es setzt sich zusammen aus den in den Arbeitskreisen gewonnenen Er- kenntnissen, die in räumlichen und sektoralen Aussagen in Form von Text und Karten zusammengefasst wurden. Des Weiteren benennt es Schwerpunktbereiche, in denen Handlungsbedarf besteht. Diese wurden ebenfalls in den Arbeitskreisen identifiziert. Das vorliegende integrierte Gemeindeentwicklungskonzept 2020 wurde in der Zeit von Januar 2007 bis April 2008 erarbeitet. Es stellt eine Zusammenfassung der im vorgenannten Zeitraum erarbeiteten Inhalte dar. Detaillierte Daten und Informationen sowie weitere Analysekarten der Stärken und Schwächen Ritterhudes sind den vom Pla- nungsteam erstellten Teilkonzepten Einzelhandels-, Gewerbe- und Wohnbauflächen- konzept sowie den Verkehrsuntersuchungen zu entnehmen. 1.3 Beteiligung der Öffentlichkeit Die Beteiligung der Ritterhuder Öffentlichkeit erfolgte im Rahmen der Erarbeitung der Beteiligung der Öffent- Teilkonzepte durch eine Haushaltsbefragung zum Thema Einzelhandel, durch eine Un- lichkeit durch Haus- ternehmensbefragung der Einzelhändler, Handwerks- und Gewerbetreibenden sowie halts- und Unterneh- durch die Beteiligung der Interessensgemeinschaft Ritterhuder Betriebe e.V. an allen mensbefragungen Arbeitskreisen. Um ein Stimmungsbild der Bevölkerung über die Stärken und Schwächen Ritterhudes sowie über Verbesserungsmöglichkeiten zu erfahren, wurde ein Flyer erstellt, der im Herbst 2007 an die Haushalte mit der Bitte um Rücksendung/Abgabe verteilt wurde. Da die Stadtentwicklungsplanung ein offener und dynamischer Prozess ist und das vor- liegende integrierte Gemeindeentwicklungskonzept fortgeschrieben werden soll, sollten positive Vorschläge des Bürgerflyers in der laufenden Planung berücksichtigt werden. 11
2. Ausgangslage 2.1 Lage im Raum 2.1.1 Ritterhude innerhalb der Region Bremen Gemäß der Einteilung der Raumstrukturtypen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR-Raumordnungsbericht 2005, S.20) liegt Ritterhude im Übergangs- bereich zwischen dem äußerem Zentralraum des Oberzentrums Bremen und dem Zwi- schenraum mit Verdichtungsansätzen. Eine Konkretisierung dieser Einteilung wird im interkommunalen Raumstrukturkonzept der Region Bremen („INTRA“) vorgenommen (INTRA, S.5 u.9). Demnach liegt Ritterhude im engeren Verflechtungsraum der Region Bremen. Dieser setzt sich aus den unmittelbar an Bremen angrenzenden Kommunen zusammen. Im engeren Verflechtungsbereich von Bremen weisen die ineinander über- gehenden Siedlungsbereiche Bremens und der angrenzenden Städte und Gemeinden, vor allem Oyten, Schwanewede, Weyhe, Stuhr, Ritterhude, Achim und Delmenhorst, einen hohen Siedlungsflächenanteil und die höchste Siedlungsdichte auf (INTRA, S.5 u.9). 2.1.2 Verflechtungen mit den Nachbargemeinden Ritterhude grenzt im Norden an die Stadt Osterholz-Scharmbeck. Während im Bereich des Ortsteils Ritterhude ein Zusammenwachsen mit dem angrenzenden Osterholzer Ortsteil Scharmbeckstotel bislang nicht erfolgte, ist ein kleiner Teil des Ortsteils Wer- schenrege im Nordosten Ritterhudes mit Scharmbeckstotel siedlungsräumlich verfloch- ten. Die westlich gelegenen Ritterhuder Ortsteile Stendorf und Platjenwerbe grenzen an die Gemeinde Schwanewede. Die Siedlungsstrukturen werden durch größere Wald- und Grünflächen voneinander getrennt. Im Südwesten Ritterhudes grenzen die Ortsteile Platjenwerbe und Ihlpohl an die Stadt Bremen. In der Louis-Seegelken-Straße sind die Ortsteile Platjenwerbe und Bremen- Lesum baulich zusammengewachsen. Der überwiegende Bereich Platjenwerbes verfügt jedoch noch über zahlreiche Elemente der ehemals bäuerlich geprägten Kulturland- schaft, so dass sich die Siedlungsstruktur durch Binnengrünflächen, alte Alleen und Baumbestände von den Siedlungsstrukturen des angrenzenden Bremens abgrenzen. Abb.3: Lage der Gemeinde Ritterhude in der Region Bremen (eigene Darstellung) 12
Es ist Ziel der Gemeinde Ritterhude, ein Zusammenwachsen mit den Nachbargemein- den durch Erhaltung von Freiräumen zu unterbinden. Dieses Ziel wurde auch in das in- terkommunale Raumstrukturkonzept der Region Bremen aufgenommen. (Für die Lage der Ortsteile vgl. Abb. 9). 2.1.3 Verkehrsanbindung Die regionale Verkehrsanbindung Ritterhudes erfolgt zum einen durch den Haltepunkt Gute überregionale der Deutschen Bahn AG entlang der Strecke Bremen - Bremerhaven und zum ande- Verkehrsanbindung der ren über drei Autobahnausfahrten der BAB 27. Die Regionalbahn verkehrt tagsüber Gemeinde stündlich, in den Morgen- und Nachmittagsstunden halbstündlich. Neben dem Auto- bahnanschluss ist Ritterhude an das überörtliche Verkehrsnetz über die Bundestraße B 74 in die Richtungen Bremen und Osterholz-Scharmbeck (Stade) angebunden. Die Stadtmitte Bremens ist nur rd. 13 km entfernt, der Flughafen Bremen ist mit dem Pkw in ca. 20 min zu erreichen. Abb.4: Ritterhuder Eisenbahnanbindung (eigene Abb.5: Überörtliche Verkehrserschließung (eigene Darstellung) Darstellung) Abb.6: Ritterhuder Ortsteile (eigene Darstellung) 13
2.1.4 Ritterhuder Ortsteile Die Gemeinde Ritterhude gehört zum Landkreis Osterholz und setzt sich in ihrer heu- tigen Gemarkung aus den vor der Gebiets- und Verwaltungsreform von 1974 ehemals selbständigen Ortsteilen Platjenwerbe, Ihlpohl, Stendorf, Lesumstotel, Werschenrege und Ritterhude zusammen. Der Ortsteil Ritterhude stellt gemäß der Einwohner- und Flächenzahl den größten der sechs Ortsteile dar. Ritterhude: 8.434 Platjenwerbe: 2.344 Stendorf: 523 Ihlpohl: 2.212 Lesumstotel: 772 Werschenrege: 403 Tabelle 1: Einwohnerzahlen Ortsteile Ritterhude, Stand 01.06.2007 2.2 Skizze der historischen Entwicklung Um auf die zukünftige Entwicklung einer Gemeinde oder Stadt Einfluss nehmen zu können, ist es wichtig, ihre Entstehungsgeschichte zu kennen. So hat jede Zeit ihre spe- zifischen Ausprägungen hinterlassen, die sich mehr oder weniger im Orts- und Land- schaftsbild wiederfinden und der Gemeinde eine Identität geben. Diese Identität gilt es Identitäten bewahren zu bewahren und weiterzuentwickeln, denn in Zeiten der Globalisierung und fortschrei- tenden „Filialisierung“ des Einzelhandels gleichen sich die Städte und Gemeinden zu- nehmend an und verlieren somit einen Teil ihrer kulturellen Prägung. Diese ist jedoch notwendig, um Alleinstellungsmerkmale zu bewahren und somit einen Teil zur Profilie- rung der Gemeinde und Region im nationalen Standortwettbewerb beizutragen. Die Gemeinde Ritterhude ist in ihren heutigen Gemarkungsgrenzen erst im Jahre 1974 durch die niedersächsische Verwaltungs- und Gebietsreform entstanden. Ihre Entste- hungsgeschichte ist also die der einzelnen Ortsteile, deren Entwicklung nachfolgend kurz angerissen wird. (Die geschichtlichen Daten stammen aus dem Buch „Ritterhude“ von Jürgen Meyer-Korte und Rolf Metzing, Verlag H. Saade,1983). Ortsteil Ritterhude Die Geschichte des Ortes Ritterhude hat ihre Ursprünge in der Niederlassung des Ge- schlechts von der Hude („Luderus de Hude“), das im heutigen Bereich der Schleuse an der Hamme eine Wasserburg errichtete. Erste Erwähnungen Ritterhudes stammen aus dem Jahre 1181. Die Ritter von der Hude, von denen sich der Name der Gemein- de ableitet, waren als Burgmänner und Ministeriale Gefolgsleute des Erzbischofs von Bremen. Nach Aufgabe der Wasserburg entstand zwischen 1350 und 1380 das heute noch bestehende Dammgut in Kreuzungsbereich Dammstraße/Riesstraße. Mitte des 16. Jahrhunderts gab es 52 Familien auf dem „Damthor Hude“ . Ritterhude entwickelte sich als typisches Geestranddorf mit dem Dammgut und vier weiteren Adelssitzen (Gut Fergersberg, Liethhof, Eickhof, Hudenhof) als Mittelpunkt. Die Entwicklung wurde begünstigt durch die Lage am Handelsweg Bremen-Stade. Die Hamme ließ sich in Ritterhude leichter überbrücken als die tiefere und breitere Lesum. Weitere Entwicklungsimpulse setzte der Eisenbahnbau um 1860 sowie die Regulierung der Hamme ab 1897 durch die Ritterhuder Schleuse. Zwischen 1911 und 1915 er- folgte für den Bau des Eisenbahndamms der Strecke Bremen-Burg – Bremen Hbf. ein Sandabbau im großen Stil, der den Bereich des heutigen „Großen Geerens“ zwischen Mühlenberg und Neuer Landstraße umfasste. Die Bevölkerungszahl betrug im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts 1.300 Einwohner. 100 Jahre später hatte sich die Bevölkerung verdoppelt. In den 1920er Jahren und nach dem zweiten Weltkrieg war das Bevölkerungswachstum am größten. Im Jahre 1970, also vier Jahre vor der Gemeindegebietsreform, zählte Ritterhude 7.472 Ein- wohner. 14
Von baukultureller und identitätsstiftender Bedeutung sind – neben dem Dammgut und der St. Johannes Kirche – die in der Riesstraße in der Zeit zwischen 1912 und 1930 entstanden Riesbauten. Alle Bauten dienen dem Allgemeinwohl und sind – bis auf das Rathaus – im einheitlichen Stil mit Walmdächern in rotem Backstein errichtet und auch so bis heute erhalten. Fünf der sechs Riesbauten reihen sich in regelmäßigen Abständen an der Riesstraße auf und geben dieser eine räumliche Fassung sowie ein homogenes Erscheinungsbild – trotz einzelner Bausünden der 1970er und -80er Jah- re. Das Rathaus und die dahinterliegende Riesschule bilden ein städtebauliches En- semble, das die Funktion der Riesstraße als Ortsmitte Ritterhudes unterstreicht. Weitere ortsbildprägende Straßenzüge sind die nordwestlich parallel zur Riesstraße verlaufende Goethestraße und die Straße „Auf dem Berge“, in denen z.T. gut erhaltene Häuser aus dem 19. Jahrhundert und früher stehen. Ortsteil Lesumstotel Auch Lesumstotel ist ein alter Ort, der erstmalig 1137 in einer Urkunde des Klosters Li- lienthal erwähnt wird. Lesumstotel hat seine Siedlungsstruktur als Bauerndorf bis heute erhalten können, auch wenn inzwischen die reine Wohnnutzung durch freistehende Einfamilienhäuser überwiegt. Der erste befestigte Straßenbau erfolgte in Lesumstotel im Jahre 1878. Im Jahre 1908 wurden in Lesumstotel 229 Einwohner gezählt, drei Jahre vor der Gebietsreform waren es 494 Einwohner. Ortsbildprägend sind in Lesumstotel die Bauernhöfe und Bauernhäuser in den Straßen „Auf den Eichen“, „Am Weißen Rieden“ und „Auf dem Krümpel“. Zu den neueren Bauvorhaben zählt die Dorfgemein- schaftsanlage mit Gerätehaus der Ortsfeuerwehr, Festsaal und Turnhalle. Lesumstotel verfügt über ein reges Dorfgemeinschaftsleben, das sich in den örtlichen Vereinen und Dorfaktivitäten wie Dorfgemeinschafts- und Erntefesten widerspiegelt. Ortsteil Werschenrege Der Ortsteil Werschenrege ist nach Einwohnern der kleinste Ritterhuder Ortsteil. Über die Straßen „Am Wullbrandt, „Kirchweg“ „Große und Kleine Loge“ ist er mit Lesumsto- tel verbunden. Durch diese räumliche Nähe zu Lesumstotel werden Werschenrege und Lesumstotel oft als ein zusammengehöriger Ortsteil wahrgenommen. Der Name Werschenrege wird erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt. Der Namensteil „Rege“ leitet sich aus dem Plattdeutschen ab und steht für „Reihe“ und bezeichnet eine Reihensiedlung. Diese Reihensiedlung lässt sich auch heute noch sehr gut in Werschen- rege erkennen, da sich der Ort überwiegend aus Bauernhöfen und -häusern entlang der rd. 2,8 km langen Werschenreger Straße entwickelt hat. Die ältesten Häuser ste- hen in der „Kleinen Loge“ und stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die bäuerliche Siedlung um Einfamilienhäuser ergänzt. Ortsbildprägend ist das ehemalige Schulhaus – heute Haus des Spielkreises – an der Werschenreger Str. 27, ein eingeschossiger Backsteinbau aus dem Jahre 1892 mit einer weithin sichtbaren Schuluhr am Frontgiebel. Ortsteil Stendorf Stendorf ist urkundlich zum ersten Mal 1158 erwähnt, wohl als Gründung durch das Kloster Lilienthal. Funde aus dem Jahre 1971 belegen jedoch, dass bereits um 1.700 v.Chr. Menschen im westlichsten Ritterhuder Ortsteil lebten. Ähnlich wie in Lesumstotel hat Stendorf den Charakter eines Bauerndorfes erhalten können, auch wenn durch den Bau der „Bremerhavener Chaussee“ – der ehemaligen Bundesstraße 6 (heute L 135) – in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Ort geteilt wurde. Zu den ortsbildprä- genden Gebäuden zählen in Stendorf das ehemalige Schulgebäude (heue Spielkreis) sowie Einzelgebäude in der Steenstraße. 15
Ortsteil Platjenwerbe Der Ort Platjenwerbe wurde zwischen 1600 und 1800 Platkenwarf genannt und ist vermutlich von Schloss Schönebeck aus gegründet worden. Im Jahre 1899 wurden in Platjenwerbe 55 Häuser gezählt, 1928 wurde das nördlich angrenzende Stubben eingemeindet. In den 1930er Jahren wurden Teile eines Anwesens eines Bremer Ex- portkaufmanns von der niedersächsischen Heimstätte erworben und eine sogenannte Seefahrersiedlung errichtet. Damit entstand in dem Bauerndorf eine rege Bautätigkeit, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg noch verstärkte. 1950 wurde die Vacuum-Oil- Siedlung gebaut. Zwischen 1939 und 1962 hat sich die Einwohnerzahl in Platjenwerbe mehr als verdoppelt. Ortsmittelpunkt ist der Bereich des Dorfgemeinschaftshauses mit benachbarter Grund- schule und Kindergarten in der Schulstraße Nr. 21. Heute ist Platjenwerbe ein attrak- tiver Wohnstandort in einer ehemaligen bäuerlichen Kulturlandschaft, die noch durch alte Bauernhäuser, Baum- und Heckenbeständen sowie ortsbildprägende Wiesen- und Weideflächen erkennbar ist. Ortsteil Ihlpohl Genaue Angaben über die erste Erwähnungen Ihlpohls liegen leider nicht vor, so dass wenig über die Entstehung Ihlpohls bekannt ist. Zwei Urnenfriedhöfe sowie Funde von Steingeräten lassen - ähnlich wie in Stendorf - auf eine frühe Besiedlung schließen. Ihl- pohl hat sich im 20. Jahrhundert von einem ehemaligen Bauerndorf zu einem Wohn- standort entwickelt, der insbesondere nach dem 2. Weltkrieg durch den Zuzug vieler Bremer Flüchtlinge stark gewachsen ist. Ursprünglich war Ihlpohl begrenzt auf den Bereich „Osterhagen“ wie aus dem ehemaligen Namen Ortsnamen „Ihlpohl-Osterha- gen“ ablesbar ist. 1927 erfolgte eine Umgemeindung der Gemarkung Großenhalm von Ritterhude nach Ihlpohl, so dass sich die Einwohnerzahl deutlich erhöhte. Wurden im Jahre 1889 32 Haushalte in Ihlpohl gezählt, so waren es 1927 69 Haushalte. Im Jahr 1971 lebten in Ihlpohl 1.677 Menschen. Die Siedlungsstruktur und das Ortsbild Ihlpohls wurden durch den Bau der Autobahn 27 und den Verteilerkreis Bremen-Nord zu Beginn der 1970er Jahre nachhaltig be- einträchtigt. Die Autobahn in Hochlage stellt eine Zäsur dar, die Ihlpohl in zwei Teile trennt: westlich der Autobahn befindet sich das Wohnquartier im Bereich der Straßen „Großenhalm“, „Rosenhügel“ und „Tannenhügel“ und östlich der BAB 27 bestehen Wohngebiete zwischen den Straßen „An der Trift“, „An der Ihle“, „Grenzweg“, „An der Weide“ und „Am Denkmal“. Während der Teil westlich der Autobahn über keinen Ortsmittelpunkt verfügt, stellen die Grundschule und der dahinter liegende Sportplatz mit Vereinsheim den Ortsmittelpunkt des östlichen Teil Ihlpohls dar, auch wenn er ge- ographisch betrachtet am nördlich Rand Ihlpohls liegt. 2.3 Kerndaten Die Gemeinde Ritterhude umfasst eine Fläche von 3.286 ha und erstreckt sich dabei in Ost-Westrichtung auf bis zu 9,8 km und in Nord-Südrichtung auf bis zu 7,3 km. Die Flächen verteilen sich auf 26% Siedlungs- und Verkehrsfläche, 64% landwirtschaftliche Fläche, 6% Waldflächen, 3% Wasserflächen und 1% sonstige Flächen (vgl. nachfol- gende Abbildung). Ritterhude weist mit seinen 14.688 Einwohnern (Stand: 01.06.2007) eine Einwoh- nerdichte von 447 Einwohner/km² auf. Dies entspricht einer relativ hohen Einwoh- nerdichte, wie der Vergleich mit dem Landkreis Osterholz insgesamt und dem Land Niedersachsen zeigt. Hier liegt die Zahl jeweils bei 170 Einwohnern/km². 16
Abb.7: Flächennutzungen Gemeinde Ritterhude (eigene Darstellung) 2.3.1 Siedlungsstruktur Die Siedlungsstruktur Ritterhudes ist gegliedert durch die Aufteilung der Gemeinde in die sechs Ortsteile, die an einzelnen Stellen miteinander verwachsen sind - z.B. Ihlpohl mit Platjenwerbe im Bereich „Klemperhagen“ und Lesumstotel mit Werschenrege im Bereich „Am Wullbrandt“ und der „Großen Loge“ - sowie durch die größeren zusam- menhängenden Freiräume wie z.B. das Heerweger Moor. Die größte Zäsur innerhalb der Gemeindegrenzen stellt die Bundesautobahn 27 dar, die Ritterhude in einen west- lichen und einen östlichen Teil trennt. Der Ortsteil Ritterhude ist in sich gegliedert durch die drei Verkehrsstränge „B 74/Stader Landstraße“, Eisenbahntrasse und den Stra- ßenverlauf „Neue Landstraße–Fergersbergstraße–Riesstraße“. Die Hamme fließt „im Rücken“ der Riesstraße und stellt die südöstliche Siedlungsgrenze Ritterhudes dar. Während in den Ortsteilen Stendorf, Lesumstotel, Werschenrege und zum Teil Platjen- In Ritterhude und werbe noch Strukturen der bäuerlichen Kulturlandschaft erkennbar sind, überwiegen Ihlpohl überwiegen in Ritterhude und Ihlpohl die Wohnsiedlungen aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Da Wohnsiedlungen aus Ritterhude kontinuierlich gewachsen ist, gibt es Siedlungsbauten aus allen Jahrzehnten der Zeit nach dem des 20. Jahrhunderts. So zum Beispiel eine 50er Jahre Siedlung nördlich des Großen 2.Weltkrieg Geerens mit relativ großen Grundstücken und kleineren sogenannten „Versorgerhäu- sern“. Wohnsiedlungen der 1960er und -70er Jahre sind z.B. entstanden im Bereich der Ahornstraße mit einer überwiegenden Doppelhausbebauung, auf dem Mühlenberg mit Doppel-, Ketten und Reihenhäusern sowie im Bunkenburgsweg mit Doppel- und freistehenden Einfamilienhäusern. In den 1980er Jahren fanden verdichtete Baumaß- nahmen mit Reihenhäusern auf dem Mühlenberg in der Findorffstraße und in der Wag- nerstraße sowie der Bau von Terrassenhäusern in der Straße „Am Sande“ statt. In den 1990er Jahren wurde in einer großen Baumaßnahme im Bereich „Vor Vierhausen“ eine Siedlung aus Einzel-, Doppel und Reihenhäusern errichtet. Ein weiteres großes Projekt im neuen Jahrhundert ist die Bebauung der „Ritterhuder Schweiz“ mit Einzel-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern. Aktuell findet eine Bebauung des Gebietes „Osterhagen“ südlich der Lesumstoteler Straße in freistehender Einfamilienhausbauweise statt. Die Siedlungsstruktur der einzelnen Ritterhuder Ortsteile ist als kompakt zu bezeichnen. Keine Zersiedelung der Eine Zersiedelung der Landschaft hat es noch nicht geben, alle Neubauprojekte stellen Landschaft eine Arrondierung des bestehenden Siedlungskörpers dar oder sind auf Brachflächen bzw. ehemaligen Sandabbauflächen entstanden. Lediglich die Neubausiedlung „Os- terhagen“ nimmt ehemals landwirtschaftliche Flächen in Anspruch. Aber auch diese Siedlung schließt an die bestehende Bebauung in Ihlpohl zwischen der Lesumstoteler Straße und den Ihlpohler Sportplätzen an. Als historische Mitte und Ortszentrum Ritterhudes ist die Riesstraße zu benennen, die ehemals Hauptstraße hieß. Sie ist seit jeher Geschäftsstraße und zentraler Versorgungs- bereich Ritterhudes, auch wenn die Einzelhandelsgeschäfte seit den 1970er Jahren in der Summe über eine geringere Verkaufsfläche verfügen als die in dieser Zeit in Ihlpohl und Platjenwerbe errichteten großflächigen Einzelhandelsmärkte. 17
Abb.8: Gebäudenutzungen Riesstraße aus dem Zwischenbericht Sanierungsrahmenplanung (argeplan, 2006) Die Bestimmung der Riesstraße als zentraler Versorgungsbereich Ritterhudes ergibt sich Multifunktionalität der durch ihre Multifunktionalität, die sich in den zentrenbildenden Faktoren Einzelhandels- Riesstraße mit klein- bestand, Dienstleistungsangebot, öffentliche Infrastruktur sowie städtebauliche Struktur teiliger Handelsstruk- und verkehrliche Anbindung ausdrückt (vgl. Einzelhandelskonzept Ritterhude). Mit den tur und umfassenden ansässigen Dienstleistungsunternehmen, Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben Dienstleistungsangebot verfügt sie über ein Angebot von Waren und Dienstleistungen aller Art. So existiert in der Riesstraße als Hauptgeschäftsstraße eine kleinteilige Handelsstruktur, in der rd. ein Viertel der Ritterhuder Einzelhandelsbetriebe vorzufinden sind. Das Dienstleistungsangebot in der Riesstraße umfasst insgesamt 30 Betriebe. Darunter sind 12 einzelhandelsnahe Dienstleistungsbetriebe wie z. B. Banken, Reinigungen, Fri- seure, Reisebüros etc. zu finden. Die sonstigen Dienstleistungsangebote in der Ries- straße umfassen rd. 15 Betriebe. Dies sind Arztpraxen, Versicherungsagenturen, Be- herbergungsbetriebe etc. Die privaten Dienstleistungsangebote werden ergänzt durch die öffentlichen Einrichtungen. Dazu gehören u.a. das Rathaus, die Kirche, die Poli- zeistation, die Bücherei, die Turnhalle, die Diakonie-Sozialstation, die Filiale der Post, die Gemeindewerke sowie das Veranstaltungszentrum mit Kino. Aufgrund der Vielzahl an öffentlichen Einrichtungen übernimmt die Riesstraße Versorgungsfunktionen für die gesamte Gemeinde Ritterhude, wie sie an keinem anderen Standort in Ritterhude vor- zufinden sind. Die Geschäftsstraße Riesstraße befindet sich in städtebaulich integrierter Lage und ist u.a. durch den Bahnhof Ritterhude und die Bushaltestelle vor dem Rathaus auch für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer gut angebunden. Der Bahnhof ist rd. 200 m von der Riesstraße entfernt. Innerhalb von 14 min. ist der Bremer Hauptbahnhof und inner- halb von 4 min. der Bahnhof von Osterholz-Scharmbeck per Zug zu erreichen. Der Bus verkehrt ebenfalls in Richtung Bremen Hauptbahnhof und Osterholz-Scharmbeck. 2.3.2 Landschaftsstruktur Naturräumlich gehört das Gebiet der Gemeinde Ritterhude zu den Großeinheiten We- sermünder Geest (Osterholz-Scharmbecker Lehmgeest sowie Bremer Schweiz) und Wesermarschen (Hamme-Wümme-Marsch). Die Geestkante verläuft in nordwestlicher Richtung und teilt das Gemeindegebiet in das östlich tiefergelegene Marschland und die westlichen Geestflächen. Der Ortskern von Ritterhude liegt dabei am Übergang beider Landschaftsräume. Alle anderen Siedlungskerne der Gemeinde liegen auf den Geestflächen, die Marschgebiete sind bis auf einzelne Gehöfte unbesiedelt. Für die Geestflächen sind die landschaftsprägenden Elemente Wälder, Heideflächen sowie 18
Grünland- und Ackerflächen kennzeichnend. Kleinflächig kommen in Senken Feucht- standorte (Moore) hinzu. Das Relief der Geest ist wellig und bildet somit einen Kontrast zu der ebenen Fluss- marsch. Die Geest ist durchzogen von den Flusstälern der Schönebecker Aue und der Ritterhuder Beeke, sowie den Bachläufen der Ihle und der Kleinen Aue. Das Tal der Ritterhuder Beeke dehnt sich dabei bis weit in den Siedlungsbereich Ritterhudes aus. Die Hamme-Wümme-Niederung schließt sich östlich an den Siedlungsbereich von Ritterhude an. Die Flussaue ist bis auf wenige Ausnahmen durchweg in Grünlandnut- zung. Die Ebene ist von einem dichten Netz an Entwässerungsgräben durchzogen, so dass die ursprünglich vorhandenen Niederungsmoore auf Restflächen zurückgedrängt worden sind. Geomorphologisch besteht die Marsch aus nacheiszeitlichen Sandabla- gerungen sowie Moorböden, die Geestflächen sind eiszeitliche Grundmoränen aus Geschiebemergel bzw. –lehm. Folgende Flächen sind im Gemeindegebiet nach dem Niedersächsischen Naturschutz- gesetz (NNatG) geschützt: • Naturschutzgebiet Obere Ihleniederung • Naturschutzgebiet Untere Wümme • Naturschutzgebiet Heerweger Moor und Quellbereiche der Ritterhuder Beeke • Landschaftsschutzgebiet Hammewiesen • Landschaftsschutzgebiet Bremer Schweiz • Unteres Beeketal (geschützter Landschaftsbestandteil) • Kiebitzmoor (geschützter Landschaftsbestandteil) • Ihlpohler Moor (geschützter Landschaftsbestandteil) Weiterhin ist eine Fläche an der Hamme Teil eines EU-Vogelschutzgebietes. Abb.9: Großräumige Freiraumstruktur (INTRA, 2006) 19
2.3.3 Bevölkerungsentwicklung In der Gemeinde Ritterhude waren am 1. Juni 2007 insgesamt 14.688 Einwohner ge- Konstantes Wachstum meldet. Die natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Ritterhude lag im Jahr der Gemeinde ist auf 2006 bei -38 Einwohnern (Durchschnitt 1997-2006: -20 Einwohner). Ritterhude besitzt Wanderungsgewinne somit ein leichtes Geburtendefizit. Dem stehen im selben Jahr jedoch Wanderungsge- zurückzuführen winne in Höhe von 217 Einwohnern gegenüber (Durchschnitt 1997-2006: 131 Ein- wohner), so dass sich im Saldo eine Bevölkerungszunahme von 179 Einwohnern ergibt (Durchschnitt 1996-2005: 111 Einwohner) (Daten: NLS 2007, Stand 31.12.2006). Die Einwohnerentwicklung der vergangenen zehn Jahre entspricht dabei dem lang- fristigen Trend. So lässt sich seit dem 19. Jahrhundert ein konstantes Wachstum der Gemeinde beobachten. Ritterhude profitiert dabei von seiner Lagegunst im unmittel- baren Stadtumland von Bremen, so dass ein großer Teil der Zugewinne durch die hohe Attraktivität als Wohnstandort begründet werden kann. Es handelt sich also primär um Suburbanisierungsgewinne. Dies lässt sich auch durch die Pendlerstatistik belegen. Ritterhude ist zwar Ziel von 2.520 Einpendlern, 4.129 Personen pendeln jedoch aus, dabei primär nach Bremen, was einen Saldo von -1.609 Pendlern ergibt (Daten: NLS 2006, Stand 30.06.2006). EW Abb.10: Kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnung /-prognose Gemeinde Ritterhude EW Abb.11: Regionale Bevölkerungsprognose Landkreis Osterholz (Daten: NLS) 20
Für die mittelfristige demographische Entwicklung der Gemeinde existieren zwei Prog- nosen. Die Bertelsmann-Stiftung kategorisiert Ritterhude als suburbanen Wohnstandort mit rückläufigen Wachstumserwartungen. Bis 2020 wird eine Bevölkerung von 14.584 Einwohnern prognostiziert. Die Prognose basiert dabei auf Zahlen von 2003 (Bertels- mann Stiftung 2005). Das Niedersächsische Statistische Landesamt geht hingegen in seiner aktuellen kleinräumigen Bevölkerungsvorausberechnung für die nächsten zehn Jahre – ausgehend vom Jahr 2006 – von einem Zuwachs von 9,2% bis 2016 aus, was einer Bevölkerung von 15.887 Einwohnern entspricht. Die beiden Werte unterschei- den sich erheblich und stehen zwischen Stagnation der Bevölkerungsentwicklung und einem deutlichen Bevölkerungszuwachs (vgl. Abb.16). Von der Bewertung der Einwohnerprognosen hängen dabei u.a. der künftige Wohn- bauflächenbedarf oder die Dimensionierung der kommunalen Infrastruktur ab. Für das integrierte Gemeindeentwicklungskonzept wird die Prognose des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik (NLS) verwendet und zwar, weil das NLS im Vergleich zu den Zahlen der Bertelsmann Stiftung mit neueren Daten (Basisjahr 2006) arbeitet, was bereits einen Unterschied von 451 Einwohnern gegenüber den Zahlen von 2003 aus- macht. Zudem entsprechen die Daten des NLS am Besten der polynomischen Re- Bevölkerungsprognose gression, sie spiegeln also den Trend der Bevölkerungsentwicklung mit einer höheren des NLS kommt zur Bestimmtheit wider als die Prognose des Wegweisers Demographie der Bertelsmann Anwendung Stiftung. Aus diesen Gründen wird dem Entwicklungskonzept die Prognose des NLS zu Grunde gelegt. Abb.12: Altersstruktur der Gemeinde Ritterhude (Daten: NLS) EW Abb.13: Absolute Entwicklung der Altersstruktur (Daten: NLS) 21
Mit einem Rückgang der Einwohnerzahl ist daher kurzfristig nicht zu rechnen, gesi- cherte Prognosen gibt es hierfür nicht. Eine kürzlich veröffentlichte Prognose der Forum GmbH geht für Ritterhude mittelfristig von einem Ende des dynamischen Wachstums Abnahme der Bevölke- aus, aber der Übergang zu Stagnation und Einwohnerverlusten dürfte sich demnach rung im erwerbsfähigen langsamer als im Gesamtkreis Osterholz vollziehen. Konkrete Zahlen können auch Alter, Zunahme der hier nicht geliefert werden. Trotzdem ergibt sich aufgrund der Veränderungen der Menschen im Alterszusammensetzung der Bevölkerung ein Handlungsbedarf. Die Bevölkerung im Rentenalter erwerbsfähigen Alter wird abnehmen, die Zahl der Menschen im Rentenalter wird stei- gen. Schon jetzt macht die Gruppe der über 65jährigen rund 21,3% der Ritterhuder aus. Durch die Zuwanderungsgewinne wird sich der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung allerdings nicht so massiv erhöhen, wie dies in anderen Kom- munen der Fall sein wird. Die aktuelle Prognose des NLS geht davon aus, dass im Jahr 2016 23,9% der Bevölkerung Ritterhudes über 65 Jahre alt sein werden. Ritterhude sollte sich somit frühzeitig dem Wandel der Bedürfnisse der alternden Be- völkerung anpassen. Schließlich sind nach der aktuellen Prognose rund 700 ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger mehr als heute zu versorgen, so dass gerade eine gute altersbezogene Infrastruktur der Gemeinde weitere Wachstumschancen bieten kann - umgekehrt wird sich die Auslastung von Schulen und anderen sozialen Infrastruktur- einrichtungen langfristig verringern. Ritterhude besitzt durch die guten verkehrlichen Anbindungen einen Vorteil, den viele Gemeinden im suburbanen Raum nicht besitzen. Trotz der altersbedingt sinkenden Mobilität von Teilen der Bevölkerung können diese am Wohnstandort Ritterhude durch die gute Zugverbindung immer noch am Angebot des Oberzentrums Bremen teilhaben. In vielen anderen Fällen ist es gerade die sin- Flächenschonende Ent- kende persönliche Mobilität, die einen Hauptgrund für den Umzug in die Kernstädte wicklung auch aufgrund bildet. Weiterhin sind die geringeren Mobilitätsradien älterer Menschen ein Argument geringerer Mobilitätsra- dien älterer Menschen für eine flächenschonende und altersgerechte Innenentwicklung, welche ein Leitbild des Gemeindeentwicklungskonzeptes darstellt. 2.3.4 Wirtschaftsentwicklung Die wirtschaftliche Entwicklung Ritterhudes ist eng verknüpft mit der ökonomischen Enge Verknüpfung der Entwicklung der Region Bremen, wobei das Oberzentrum Bremen eine ungünstigere Wirtschaft in der Region Beschäftigtenentwicklung als das Umland aufweist. Hintergrund dieser Entwicklung ist Bremen zum einen die zunehmende Verflechtung in der Region und zum anderen die anhal- tende räumliche Dekonzentration von Arbeitsplätzen (Suburbanisierung). So konnte Ritterhude in den letzten Jahren ein Wachstum an Arbeitsplätzen – insbesondere im Dienstleistungssektor – verzeichnen. Die Standortvorteile Ritterhudes sind zurückzuführen auf die Nähe zur Bundesautobahn 27, auf die direkte Nachbarschaft zur Stadt Bremen mit ihrem vielfältigen kulturellen Angebot sowie auf die hohen Wohnqualitäten im „Grünen“. Die Wirtschaftskraft wird Abb.14: Beschäftigte nach Wirtschaftssektoren Gemeinde Ritterhude (Daten: NLS) 22
Beschäftigte Abb.15: Entwicklung der absoluten Beschäftigtenzahl Gemeinde Ritterhude (Daten: NLS) angetrieben durch alteingesessene und standorttreue Industriebetriebe sowie durch die Ritterhude verfügt über Ansiedlung neuer Betriebe in vergrößerten und neu ausgewiesenen Gewerbegebieten signifikante Standort- (z.B. Gewerbepark Ritterhude, Gewerbepark Ihlpohl, Gewerbegebiet Stendorfer Str./ vorteile Auf dem Radberge). In der Gemeinde Ritterhude wurden 2006 insgesamt 3.134 Personen sozialversiche- rungspflichtig beschäftigt. Im Juli 2007 waren in Ritterhude 423 Personen arbeitslos gemeldet, die Arbeitslosenquote für den Landkreis Osterholz betrug zum selben Zeit- punkt 7,1% und lag damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 8,9% (Bundes- agentur für Arbeit 2007). Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Ritterhu- de verteilen sich mit 0,45 % auf den Wirtschaftssektor Land- und Forstwirtschaft, mit 29,05% auf das produzierende Gewerbe und mit 24,55% auf das verarbeitende Ge- werbe. Im Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr sind 26,83% der Beschäftigten tätig, im Dienstleistungssektor 19,12% (NLS 2006, Stand 30.06.2006). Im gesamten Landkreis Osterholz werden pro Einwohner nur 15.500,00 €/Jahr erwirt- schaftet, das Bruttoinlandsprodukt liegt daher erheblich unter dem Wert für Nieder- sachsen (23.232,00 €/Jahr) und beträgt nur 57,9% des Bundesdurchschnitts (NLS 2005). Das Kaufkraftniveau lag hingegen 2006 im Landkreis mit 18.925,00 € pro Einwohner leicht über dem Bundesdurchschnitt. Beides passt insofern zusammen, als dass der Landkreis Osterholz einen deutlich negativen Pendlersaldo (-15.947, 2006) besitzt und damit mehr als Wohn- denn als Arbeitsstandort fungiert. Die Gemeinde Ritterhude ist dabei hinsichtlich der Gewerbeansiedlungen ein wirtschaftlicher Schwer- punkt des Landkreises. 23
3. Handlungsfelder: Stärken- und Schwächenanalyse 3.1 Einzelhandel in Ritterhude Ausgangslage und Problemstellung Die Gemeinde Ritterhude hat beschlossen, als ein Baustein des integrierten Gemein- deentwicklungskonzepts ein kommunales Einzelhandelskonzept für Ritterhude erarbei- ten zu lassen. Das Thema Einzelhandel stellt einen Schwerpunktbereich in der Ge- meindeentwicklung Ritterhudes dar. Anlass hierfür ist der zunehmende Leerstand an Geschäften und Läden im Ortszentrum Ritterhudes sowie die Veränderung des Be- satzes mit selbständigen Einzelhandelsbetrieben und Filialen. Die Entwicklung in der Vergangenheit hat dazu geführt, dass durchmischte Nutzungsstrukturen - insbeson- dere im Ortszentrum Riesstraße - zunehmend ausgedünnt wurden und die Vielfalt an Dienstleistungen, Einzelhandelsläden und Restaurants abgenommen hat. Ohne eine räumliche Steuerung der zukünftigen Einzelhandelsansiedlungen anhand der städte- baulichen Entwicklungsziele der Gemeinde besteht die Gefahr, dass die Riesstraße ihre Funktion als Ortszentrum der Gemeinde Ritterhude nicht mehr angemessen wahrneh- men kann. Das kommunale Einzelhandelskonzept nimmt eine bestmögliche Abstimmung mit dem in Aufstellung befindlichen regionalen Zentren- und Einzelhandelskonzept für die Regi- on Bremen – Fortführung des IMAGE-Moderationsverfahrens – bezüglich der Ritterhu- der Sortimentsliste und der Leitlinie für die künftige Zentren- und Standortentwicklung Ritterhudes vor. Das kommunale Einzelhandelskonzept als Teilleistung des integrierten Gemeindeent- wicklungskonzepts soll als politisch gestütztes Instrument eine grundlegende und strate- gische Arbeitsbasis für den Gemeindeentwicklungsprozess der nächsten Jahre bilden. Städtebauliche Einordnung Kein Ortszentrum gleicht dem anderem. Jedes verfügt über eine eigene Geschichte, über spezifische städtebauliche Erkennungsmerkmale, über besondere kulturelle An- gebote und auch über einen speziellen Mix an Einzelhandelsangeboten. Aus diesem Grund reisen Menschen so gerne in andere Städte; sie nehmen diese Unterschiede als Erlebnis wahr. Aber auch für die ortsansässige Bevölkerung haben das Ortszentrum und die Neben- bzw. Nahversorgungszentren eine ganz besondere Funktion: die Zentren bieten Ver- sorgungsmöglichkeiten, Bildungsangebote und Dienstleistungen in einer Dichte und in einem atmosphärischen Umfeld an, die in anderen Gemeindebereichen in der Regel nicht zu finden sind. Diese Koppelungsattraktivität der Zentren gibt ihnen unter den Besuchsmotiven den Vorzug vor peripheren und weniger dicht genutzten Bereichen. Viele private und öffentliche Investitionen haben über Jahre dazu beigetragen, diese Attraktivität – funktionell wie städtebaulich – zu erhalten und zu steigern. Erhaltung der Funk- tionsfähigkeit und Es besteht insgesamt also ein großes öffentliches wie auch privates Interesse daran, Nutzungsdichte des die Funktionsfähigkeit und die lebendige Nutzungsdichte der Innenstädte und der un- Ortszentrums tergeordneten Zentren zu erhalten. Umgekehrt formuliert bedeutet dies, so genannte „trading-down“-Effekte, Leerstände und einen Attraktivitätsverlust der Zentren zu ver- meiden. Ein Einzelhandelskonzept beinhaltet die hierzu erforderlichen Abwägungs- grundlagen und Steuerungsempfehlungen, die durch die kommunale Bauleitplanung und im Rahmen der örtlichen Baugenehmigungsverfahren aufgegriffen werden. Sowohl die Einzelhandelsbetriebe selbst als auch die Einzelhändler und Haushalte in Ritterhude standen im Fokus der Erhebungen; die relevanten Daten wurden an- hand von Betriebsbegehungen, persönlichen Befragungen sowie durch Aushändigung von Fragebögen und telefonischen Umfragen ermittelt. Alle Erhebungen wurden vom 24
15.01. bis zum 30.01.2007 durchgeführt. Durch die unterschiedlichen empirischen Herangehensweisen kann ein breites Spektrum an relevanten Daten für das Einzelhan- delskonzept der Gemeinde Ritterhude gewonnen werden. Die tatsächlichen Angebots- und Nachfrageverhältnisse der Einzelhandelsbetriebe sind auf diese Weise umfassend und detailliert abgebildet und ermöglichen eine räumlich genaue, sortimentsspezi- fische Steuerung der zukünftigen Einzelhandelsentwicklung in Ritterhude. Weiterhin wird durch die Erfassung der städtebaulichen Struktur und der Einzelhandelsbetriebe nach städtebaulichen Lagen ein räumlicher Bezug hergestellt, der eine Lenkung der zukünftigen räumlichen Entwicklung von Einzelhandelsstandorten in Ritterhude zulässt. Tabelle 2: Übersicht über die verwendeten empirischen Erhebungsbausteine (Stadt + Handel) Die Struktur des Einzelhandels im Untersuchungsgebiet Unter Berücksichtigung der standortrelevanten Rahmenbedingungen werden im Fol- genden die Ergebnisse der Untersuchung der Einzelhandelsstandorte und die Einzel- handelsstrukturen in Ritterhude unter einzelhandelsrelevanten und städtebaulichen Aspekten erläutert. Hierfür wurde zunächst ein gesamtgemeindlicher Betrachtungs- blickwinkel genutzt, bevor in einem vertiefenden Schritt eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Einzelhandelsstandorte erfolgte. Einzelhandelsstruktur Ritterhude Im Rahmen der Erstellung des kommunalen Einzelhandelskonzepts erfolgte Mitte bis Vollständige Erhebung Ende Januar 2007 eine vollständige Erhebung des Einzelhandelsbestands im Gemein- des Einzelhandelsbe- degebiet, eine repräsentative Befragung von Ritterhuder Haushalten sowie eine Befra- standes, Befragung der Haushalte und Einzel- gung der Ritterhuder Einzelhändler. Bezüglich des Einzelhandelsbestands kommt es in händler Teilbereichen zu Abweichungen im Vergleich zu den vorliegenden Zwischenergebnissen des in Erarbeitung befindlichen regionalen Einzelhandelskonzeptes . Diese Differenzen sind im Wesentlichen bedingt durch die stärkere Detailtiefe der empirischen Untersu- chungsbestandteile des kommunalen Einzelhandelskonzeptes. Im Folgenden werden die für die Standortbewertung wesentlichen Aussagen zusammengefasst. Ritterhude verfügte im Erhebungszeitraum über • 96 Einzelhandelsbetriebe, die mit einer • Gesamtverkaufsfläche von rd. 42.325 m² einen • Gesamtumsatz von rd. 115,3 Mio. € erwirtschaften. Die durchschnittliche Verkaufsfläche pro Einwohner beträgt rd. 2,9 m² und liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von rd. 1,4 m² Verkaufsfläche/Einwohner. Die erhobenen Betriebe wurden jeweils einem der drei in Ritterhude vorkommenden städtebaulichen Lagetypen zugeordnet, die sich wie folgt beschreiben lassen: • Ortszentrum: hoher Besatz an Einzelhandelsbetrieben, hohe Funktionsdichte und -mischung, weitere Zentrenfunktionen und städtebauliche Zentrenmerkmale • sonstige städtebaulich integrierte Lage: unmittelbare und kleinräumig nach- vollziehbare Einbettung des Einzelhandelsbetriebs in Wohnbebauung, geringe- re bauliche Dichte und Dichte der Einzelhandelsnutzungen als im Ortszentrum, häufig als einzelne Betriebe oder Ansammlung weniger Einzelhandelsbetriebe 25
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