PRESS REVIEW Friday, May 28, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

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PRESS REVIEW Friday, May 28, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

           Friday, May 28, 2021
PRESS REVIEW Friday, May 28, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW                                                               Friday, May 28, 2021

Kronen Zeitung, DB, DIVAN
Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler im Gespräch mit Star-Dirigent Daniel Barenboim über ein
schweres Jahr - und die große Kraft der Kunst

Crescendo, PBS
Kulturveranstaltungen mit Corona-Tests akzeptiert

Music Heute, PBS
Kulturveranstaltungen mit Corona-Tests akzeptiert

Tip Berlin, PBS
Pilotprojekt geht weiter: „Perspektive Kultur“ mit Theater und Konzerten

Süddeutsche Zeitung
Der Bund unterstützt die Veranstaltungsbranche mit 2,5 Milliarden Euro. Wie wird das Geld verteilt?

Süddeutsche Zeitung
René Polleschs neues Stück „Goodyear“ am Deutschen Theater Berlin

Berliner Morgenpost
Friedrich-Luft-Preis für Gob Squad

Süddeutsche Zeitung
Im Internet verliert Kultur ihre Aura. Das hat auch Folgen für das Urheberrecht

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Sachsens Musikkultur im Niedergang

Berliner Morgenpost
Bund fördert Sicherheit von Museen

Süddeutsche Zeitung
Neues Munch-Museum öffnet im Oktober
PRESS REVIEW Friday, May 28, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
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Quelle:        Kronen Zeitung, Wien vom 28.05.2021, S.S92-S95 (Tageszeitung, Wien)

                                              Reichweite:    171.056
Auflage:       79.561                         Ressort:       Krjverlag                 Quellrubrik:   krjverlag

           Die Musik als Ausdruck der Menschlichkeit hat gelitten
           Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler im Gespräch mit Star-Dirigent Daniel Barenboim über ein
           schweres Jahr - und die große Kraft der Kunst.

           H boim,
             elga Rabl-Stadler: Daniel Baren-
                   welchen Rückblick geben
                                                              ist das Publikum: ein Großteil des
                                                              Publikums hat weniger musikalische
                                                                                                             live auf der Bühne mit Publikum. So
                                                                                                             haben wir die Musik genossen, viel
           Sie uns von Ihrer Seite auf das Jahr               Bildung als früher. Arthur Rubinstein          gelernt von ihr. Es gibt keinen Ersatz
           2020?                                              hat mir in den 1970er-Jahren gesagt,           für dieses Gemeinschaftserlebnis.
              Daniel Barenboim: Ich glaube, es                dass sein Publikum Anfang des 20.              Streaming ist gut, ist wichtig, aber es
           war ein besonders schweres Jahr. Es                Jahrhunderts am Wochenende selber              ist kein Ersatz für Livekonzerte und
           gab noch nie ein weltweites Problem                zu Hause am Klavier Chopin gespielt            Live-Opernaufführungen.
           dieser Dimension. Selbst im 2. Welt-               hat. Heute hätten sie bestenfalls Cho-            Rabl-Stadler: Wie können wir die
           krieg gab es Orte, zu denen man flie-              pin-Walzer auf Platte. Das ist seither         Politik davon überzeugen, dass Musik,
           hen konnte. Heute sind wir alle Skla-              noch dramatischer geworden.                    dass Kunst und Kultur eine besondere
           ven dieser Pandemie. Man muss hier                     Rabl-Stadler: Welche Rolle kann            Kraft für die Gesellschaft entwickeln?
           sehr verschiedene Probleme beden-                  die Musik spielen, welche spielt sie              Barenboim: Ein Großteil der Poli-
           ken: Selbstverständlich muss der erste             heute noch?                                    tik ist nicht interessiert an Musik, das
           Gedanke der Gesundheit in der gan-                     Barenboim: Musik als Ausdruck              akzeptiere ich auch. Aber ein Politi-
           zen Welt und für alle Menschen gel-                der Menschlichkeit hat gelitten, und           ker, der eine Rolle in der Gesellschaft
           ten. Der zweite Gedanke muss den                   dagegen müssen wir kämpfen. Der                spielt, muss die Musik, die Kunst, be-
           riesigen wirtschaftlichen Problemen                Mensch hat die Möglichkeit, das Beste          handeln wie einen Schatz. Ob sie ihn
           gelten. Es gibt schrecklicherweise so              aus einer Situation wie zum Beispiel           persönlich interessiert, ist zweitran-
           viele Menschen, die die Pandemie                   der Pandemie herauszuholen, aber               gig, aber die Musik ist wichtig für die
           wirtschaftlich in die Armut getrieben              auch das Schlechteste.                         Gesellschaft.
           hat. Und drittens darf man nicht ver-                  Rabl-Stadler: Das heißt, dass die             Rabl-Stadler: Sie haben eine sehr
           gessen, dass uns alle diese Pandemie               Menschen für sich und für andere               politische Tat gesetzt, als sie 1999 das
           attackiert hat. Wir können nicht ent-              Verantwortung übernehmen muss-                 WEDO, das West-Eastern Divan Or-
           spannt denken. Es hat eine große Ner-              ten?                                           chestra gegründet haben.
           vosität alle unsere menschlichen und                   Barenboim: Ja, es geht um die                 Barenboim: Die Gründung des
           beruflichen Beziehungen weltweit er-               Menschenrechte, aber es geht auch              WEDO war kein politischer, sondern
           griffen. Es gibt Menschen, die ängstli-            um die Menschenverantwortung, aber             ein humanistischer Akt. Ich wollte zei-
           cher sind, andere weniger. Aber wir                darüber spricht niemand. Die positive          gen, dass junge Menschen aus unter-
           stehen alle unter Druck.                           Haltung wäre: Ja, Corona attackiert            schiedlichen politischen Welten Kon-
              Helga Rabl-Stadler: Was ist die                 uns alle, alle gleich, Frauen wie Män-         takt haben und gemeinsam musizie-
           Rolle der Kultur in unserer Welt heu-              ner, ältere wie junge Menschen, unab-          ren können. Ich bin von ganzem Her-
           te? Wie konnten Kunst und Kultur                   hängig von jedem Status. Die Folge             zen dankbar, wie sich das Orchester
           Kraft in dieser so kraftraubenden Zeit             daraus wäre: Wir müssen gemeinsam              über 20 Jahre musikalisch entwickelt
           geben?                                             denken und agieren. Aber das ist sehr          hat. Aber ich hatte ehrlich gesagt er-
              Daniel Barenboim: Wir müssen                    schwierig, weil das Gefühl für die Ver-        wartet, dass es in der Region ein grö-
           einbekennen, dass wir in den letzten               antwortung füreinander verloren                ßeres Echo finden würde. Das ist lei-
           Jahren nicht vorwärts denkend mit                  ging. Vielleicht haben wir die Politiker       der nicht der Fall. Andernteils: Wir
           Kunst und Kultur umgegangen sind.                  auch gezwungen, einen harten Kurs              haben ungefähr gleich viele Men-
           Die Bildung sowohl der jungen Musi-                zu gehen, weil die Menschen von An-            schen, die uns bewundern, in Palästi-
           ker als auch des Publikums hat nach-               fang an nicht genug Verantwortungs-            na, Israel und in arabischen Ländern
           gelassen. Das muss man in aller Ehr-               bewusstsein gezeigt haben, wie man             wie Menschen, die uns nicht akzeptie-
           lichkeit sagen. Die musikalische Aus-              miteinander umgehen soll. Der                  ren. Das heißt, es muss etwas richtig
           bildung der jungen Musiker ist da. Sie             Mensch ist generell ein Genie im Er-           sein an dem, was wir tun. Es ist nicht
           werden Spezialisten, zum Beispiel                  finden, aber dann weiß er nicht, was           einseitig, es ist ein Projekt, das zeigt,
           wunderbare Geiger oder Oboisten, auf               seine ethische Verantwortung dafür             dass Menschen, wenn sie es nur wol-
           einem Instrument, aber die Ausbil-                 bedeutet; für das, was er entdeckt hat.        len, eine gemeinsame Sprache finden
           dung ihres Wissens, ihre Gesamtkul-                    Rabl-Stadler: Sind Sie optimis-            können.
           tur wurde oft vernachlässigt.                      tisch, dass die Menschen auch nach                Rabl-Stadler: Das West-Eastern
              Wenn man aber Beethoven spielt,                 dem Lockdown Sehnsucht nach Live-              Divan Orchestra ist jedes Jahr bei den
           der besonders 2020 viel gespielt wur-              Erlebnissen haben? Wie kommt die               Salzburger Festspielen zu Gast. Dieses
           de, dann muss man wissen, wer Goe-                 Kunst wieder auf die Bühne?                    Jahr wieder mit 2 Konzerten.
           the war, wer Schiller war, und deren                   Barenboim: Ich teile Ihre Sorge.              Barenboim: Es ist für mich persön-
           Ideen kennen, denn diese sind auch                 Man darf aber nicht vergessen, dass            lich eine besondere Freude und Ehre,
           Inhalt seiner Musik. Die andere Seite              Musik im Raum entsteht, das heißt              dass die Salzburger Festspiele uns so

                                                                                                                                                         3
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unterstützen und dass wir jährlich in      braucht. Man muss in und mit der         dirigiert Lahav Shani zwei Stücke des
Salzburg spielen können. Das ist mir       Musik denken, es reicht nicht, Hunde-    20. Jahrhunderts, Bartóks "Diverti-
sehr wichtig.                              rte von Konzerten zu spielen. Man        mento" und Prokofjews erste Sym-
   Rabl-Stadler: Was schätzen Sie an       muss im Kopf behalten, was in der        phonie. Und ich werde das Klavier-
Lahav Shani als jungem Dirigenten          Vergangenheit war, gleichzeitig in der   konzert Nr. 2 von Brahms spielen.
besonders, der in diesem Sommer mit        Gegenwart bleiben, weil es das ist,         Rabl-Stadler: Sie spielen gerne mit
dem WEDO sein Debüt in Salzburg            was erklingt, und an die Zukunft den-    Familie und Freunden. Im Sommer
geben wird?                                ken; was passiert dynamisch, harmo-      wird Ihre musikalische Freundin Mar-
   Barenboim: Er ist außergewöhn-          nisch, melodisch in den nächsten Tak-    tha Argerich mit Renaud Capuçon in
lich begabt und bereits Chef von zwei      ten?                                     Salzburg auftreten, die im Juni ihren
Orchestern, er macht seinen Weg, hat          Rabl-Stadler: Wie entstanden die      80. Geburtstag feiern wird. Woher
auch bereits bei der Mozartwoche di-       Programme der beiden Konzerte, die       kennen sie einander eigentlich?
rigiert.                                   am 11. und 12. August in Salzburg zu        Barenboim: Ich habe Martha 1949
   Rabl-Stadler: Was geben Sie einem       hören sein werden?                       im Haus des Herrn Rosenthal, eines
jungen Dirigenten in dieser turbulen-         Barenboim: Michael Barenboim          österreichischstämmigen Juden, in
ten Zeit mit?                              und Kian Soltani spielen am ersten       Buenos Aires kennengelernt, der je-
   Barenboim: Begabung allein ge-          Konzertabend das Doppelkonzert von       den Freitag zur Hausmusik geladen
nügt nicht: Partitur lesen ist schwieri-   Brahms. Sie treten solistisch wie auch   hat, und da habe ich mich musikalisch
ger als ein Buch lesen. Wenn man ei-       als Musiker des WEDO auf. Die Sym-       in sie verliebt. Sie repräsentiert nur
nen Satz nicht versteht, kann man ihn      phonie von César Franck liebe ich,       das Beste von allem, was man sich
in einem Buch nochmals lesen. Der          aber man hört sie selten, beginnen       vorstellen kann.
Dirigent muss verstehen, dass Bega-        werden wir mit Beethovens "Prome-
bung wie ein Garten ist, der Wasser        theus-Ouvertüre". Am zweiten Abend

                                                                                                                             4
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28.5.2021                                                  Kulturveranstaltungen mit Corona-Tests akzeptiert
    By MUSIK HEUTE - 26. Mai 2021

    Die Rahmenbedingungen für Pilotvorstellungen, mit denen der Berliner Senat im März
    Öffnungsperspektiven für den Kulturbetrieb testete, haben bei den Besuchern breite Zustimmung
    gefunden. 98,5 Prozent der Zuschauer würden unter den gleichen Voraussetzungen weitere
    Veranstaltungen besuchen. Das ergab eine repräsentative Besucherbefragung durch das Berliner
    Ensemble, das Konzerthaus Berlin, die Berliner Philharmoniker und die Touristen-Information visitBerlin,
    wie die Senatskulturverwaltung am Mittwoch mitteilte.

    Berliner Philharmonie

    97 Prozent der insgesamt 775 Befragten bewerteten die Umsetzung der Schutzmaßnahmen positiv.
    Bedingungen für den Einlass waren ein negatives Corona-Testergebnis aus einem der am Projekt
    beteiligten Testzentren sowie die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln wie das Tragen von
    Masken.

    Die drei Kulturinstitutionen und visitBerlin führten in der ersten Phase des Pilotprojekts Testing
    „Perspektive Kultur“ vom 19. bis 27. März sechs Veranstaltungen mit etwa 2.000 Besuchern durch.
    Andere geplante Kulturanlässe mussten wegen der Verschärfung des Lockdowns zu Ostern abgesagt
    werden. Das zwischenzeitlich ausgesetzte Projekt wird ab dem 26. Mai fortgesetzt. Dann beteiligen sich
    unter anderem der Pierre-Boulez-Saal, das Deutsche Theater Berlin, das Berliner Ensemble und die
    Schaubühne.

    © MH – Alle Rechte vorbehalten.

https://crescendo.de/kulturveranstaltungen-mit-corona-tests-akzeptiert-1000092466/                             1/2
28.5.2021                                                Kulturveranstaltungen mit Corona-Tests akzeptiert | MUSIK HEUTE

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    Kulturveranstaltungen mit Corona-Tests akzeptiert
    26. Mai 2021 - 18:10 Uhr

    Berlin (MH) – Die Rahmenbedingungen für Pilotvorstellungen, mit denen der Berliner Senat im März Öffnungsperspektiven für den Kulturbetrieb testete, haben bei
    den Besuchern breite Zustimmung gefunden. 98,5 Prozent der Zuschauer würden unter den gleichen Voraussetzungen weitere Veranstaltungen besuchen. Das
    ergab eine repräsentative Besucherbefragung durch das Berliner Ensemble, das Konzerthaus Berlin, die Berliner Philharmoniker und die Touristen-Information
    visitBerlin, wie die Senatskulturverwaltung am Mittwoch mitteilte.

   Berliner Philharmonie

   97 Prozent der insgesamt 775 Befragten bewerteten die Umsetzung der Schutzmaßnahmen positiv. Bedingungen für den Einlass waren ein negatives Corona-
   Testergebnis aus einem der am Projekt beteiligten Testzentren sowie die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln wie das Tragen von Masken.

   Die drei Kulturinstitutionen und visitBerlin führten in der ersten Phase des Pilotprojekts Testing "Perspektive Kultur" vom 19. bis 27. März sechs Veranstaltungen mit
   etwa 2.000 Besuchern durch. Andere geplante Kulturanlässe mussten wegen der Verschärfung des Lockdowns zu Ostern abgesagt werden. Das zwischenzeitlich
   ausgesetzte Projekt wird ab dem 26. Mai fortgesetzt. Dann beteiligen sich unter anderem der Pierre-Boulez-Saal, das Deutsche Theater Berlin, das Berliner
   Ensemble und die Schaubühne.

   © MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten – Informationen zum Copyright

www.musik-heute.de/22422/kulturveranstaltungen-mit-corona-tests-akzeptiert/
28.5.2021                                          Pilotprojekt geht weiter: "Perspektive Kultur" mit Theater und Konzerten

                       KULTUR                                                                                                                
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             Kultur » Pilotprojekt geht weiter: „Perspektive Kultur“ mit Theater und Konzerten

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             Live-Kultur

             Pilotprojekt geht weiter: „Perspektive Kultur“ mit
             Theater und Konzerten
             Wie geht es weiter mit Berlins Kultur? Die Stadt läuft sich mit der Fortsetzung ihres
             Pilotprojekts „Perspektive Kultur“ jedenfalls warm für einen geregelten Kulturbetrieb unter
             Hygienebedingungen. An den ersten Veranstaltungen im März nahmen etwa 2000 Gäste teil,
             die Resonanz war hervorragend. Vom 26. Mai bis 4. Juni geht das Pilotprojekt weiter: mit
             Theaterstücken, Lesungen und Konzerten in Innenräumen, vor getestetem Publikum.

             V.l.: Jeremy Mockridge, Astrid Meyerfeldt, Katrin Wichmann und Sophie Rois in „Goodyear“. Die Kostüme passen: Mit der
             Uraufführung des neuen Stücks von René Pollesch am DT geht das Pilotprojekt weiter. Foto: Arno Declair

             „Beim Schlussapplaus muss ich kurz weinen, circa drei Sekunden lang. Okay, vielleicht waren
             es auch fünf“, gesteht tipBerlin-Redakteur Stefan Hochgesand. Er war dabei, als die Berliner
             Philharmoniker im März ihr erstes Konzert seit einer gefühlten Ewigkeit gegeben haben.
             Ähnlich überwältigt dürften sich viele Menschen in Berlin gefühlt haben, als sie am
             Pfingstwochenende zum ersten Mal im Jahr wieder an Restaurranttischen und in Biergärten
             Platz genommen haben. Die Stadt öffnet wieder, allerdings vor allem die Außenbereiche.
             Auch Theateraufführungen finden unter freiem Himmel statt.

https://www.tip-berlin.de/kultur/pilotprojekt-perspektive-kultur-mai-juni-programm/
28.5.2021                                          Pilotprojekt geht weiter: "Perspektive Kultur" mit Theater und Konzerten

                       KULTUR

             Pilotprojekt testet, wie Kultur sicher gehen kann

             Bis Kulturveranstaltungen unter Hygienebedingungen regulär wieder in Innenräumen
             stattfinden dürfen, könnte noch eine Weile vergehen. Berlin lässt allerdings schon jetzt den
             zweiten Testballon steigen: Das Pilotprojekt „Perspektive Kultur“ geht in die zweite Runde.
             Am 19. März startete das Pilotprojekt mit ersten testweisen Öffnungen, geplant waren
             Veranstaltungen bis 4. April, das Projekt lief jedoch aufgrund des Infektionsgeschehens und
             des Hin und Her um die sogenannte Osterruhe nur bis zum 27. März.

             Die Besucher:innen nahmen den Ablauf und die Sicherheitskonzepte fast durchweg positiv
             auf. Am 26. Mai geht es weiter mit Veranstaltungen bis zum 4. Juni – neben
             Theateraufführungen auch Kabarettabende, Konzerte und Lesungen. Zum Hygienekonzept
             gehört erneut das systematische Testen von Publikum und Kulturschaffenden, daneben
             Abstände, reduzierte Kapazitäten sowie Maskenpflicht. Die Tickets werden personalisiert
             vergeben, um die Kontaktnachverfolgung gewährleisten zu können. Einlass erhält man mit
             einem aktuellen negativen Schnelltest, der Bescheinigung über eine Genesung (PCR-Test vor
             mindestens 28 Tagen, maximal sechs Monaten) oder dem Nachweis, dass die letzte
             erforderliche Impfdosis vor mindestens 14 Tagen verabreicht worden ist.

             Perspektive Kultur: Das Programm des Pilotprojekts
                 Deutsches Theater Berlin 26./27./30.Mai: Uraufführung „Goodyear“ von René Pollesch
                 Literaturforum im Brecht-Haus 26. Mai: Lesung, Gespräch: Raphaela Edelbauer „DAVE“;
                 1. Juni: Vortrag Dietmar Dath „Ästhetische Arbeit bei Georg Lukács“, 3. Juni:
                 Podiumsgespräch: Georg Lukács heute
                 cie. toula limnaios 27.+28. Mai: Premiere „clair obscur“
                 Pierre Boulez Saal 27. Mai: Danish String Quartet, 29. Mai. Quatuor Diotima
                 TD Berlin 27., 28., 29., 30. Mai: „Care Affair“, von Frauen und Fiktion
                 Die Stachelschweine 28. Mai: Frank Lüdecke: Das Falsche muss nicht immer richtig sein!,
                 29. Mai + 4. Juni: Ensemble: Drei Lügen zu viel! (Vorpremiere)
                 Komödie am Kurfürstendamm 1., 2., 3. + 4.6.: Familie Flöz – Teatro Delusio
                 Grips Theater 3.+4. Juni: Theatervorstellung für Menschen ab drei Jahren: „Vier bei dir“
                 (Uraufführung)
                 Berliner Ensemble 3.+4. Juni: Uraufführung: „w̶̶a̶g̶n̶e̶r̶ ̶-̶ ̶d̶e̶r̶ ̶r̶i̶n̶g̶ ̶d̶e̶s̶ ̶n̶i̶b̶e̶l̶u̶n̶g̶e̶n̶ (a piece like
                 fresh chopped eschenwood)“
                 Schlosspark Theater 4. Juni: Winterrose
                 Schaubühne 4. Juni: „Das Leben des Vernon Subutex 1“
                 Quatsch Comedy Club 4. Juni: „Die Live Show“

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28.5.2021                                          Pilotprojekt geht weiter: "Perspektive Kultur" mit Theater und Konzerten

            Mehr KULTUR
                  Kultur in Berlin

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             Juni: Die Gruppenausstellung „Diversity United“ im Flughafen Tempelhof. Lieber einen Film
             sehen? Das aktuelle Programm der Freiluftkinos haben wir hier für euch.

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28.5.2021                                       https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/807993/11

       Plan für das Ende der Einsamkeit

       Der Bund un ter stützt die Ver an stal tungs bran che mit 2,5 Mil li ar den Eu ro. Wie wird das
       Geld ver teilt?

       Nach ei ner lan gen Rei se er in nern wir uns be son ders gut an die letz ten Ta ge, die letz ten Näch te. Von
       man chen Woh nun gen bleibt der Tag des Aus zugs im Ge dächt nis, und in der ro man ti schen Li te ra tur
       gibt es ei nen Kult um den Ab schied. Aber wie ge lingt der Ab schied von ei ner Pan de mie? Wie kommt
       man in das Le ben da nach, oh ne die Schre cken und die Leh ren davor zu ver ges sen? Oh ne zu ver harm -
       lo sen und zu verdrän gen, was das Le ben von so vie len so lan ge ge prägt hat, aber auch oh ne in Angst
       und Nie der ge schla gen heit zu ver har ren? Wie fin det man den noch ei nen Aus gang ins Of fe ne, wo man
       an de rerseits um die Un be re chen bar keit die ses Vi rus weiß?

       Es ist aus ge rech net die Bun des re gie rung, die oft ge schol te ne gro ße Ko ali tion, die so et was nun ver-
       sucht. Mit Aus nah me der Luft fahrt ist kei ne Bran che derart hef tig von den Pan de mie be kämp fungs -
       maß nah men ge trof fen worden wie die per for ma tive Kunst- und Kul tur bran che. Nichts ging mehr,
       und es geht ja im mer noch fast nichts.

       Es gab pa the ti sche Kla gen über den Un ter gang „der Kul tur“. Aber die ist kein Schiff und kei ne Ein -
       heit, man muss schon ge nau hin se hen. Vie le Mit ar bei ter und Mit ar bei te rin nen der öf fent lich fi nan -
       zier ten Thea ter und Kon zert häu ser, aber auch die Mit wir ken den an Film- und Fern seh pro duk tio nen
       – auch man che, die sich an der selt sa men „Al les dicht ma chen“-Sa ti re be tei lig ten – wa ren ma te riell
       bes ser ab ge sichert als frei schaf fen de Künst ler, die ihr Geld mehr oder min der di rekt aus der Abend-
       kas se verdie nen. Lee re Häu ser, Sä le, Mes sen und Fes tivals wa ren an de rerseits ein Vor teil für di gi tal
       ver mit tel te Kul tur, es wurde ge streamt und ge bin ged, bis Net flix leer ge schaut war. In teres san ter-
       wei se – die Pan de mie ist auch ein Lehr meis ter in Fra gen der Kul tur – möch te kaum je mand die sen
       Zu stand fort schrei ben, viel mehr wird sein En de mit vor weg ge nom me ner Erleich te rung ersehnt. Auch
       von Men schen, die we der Thea ter noch Kon zer te be suchen – der Ge dan ke, dass man es könn te oder
       ein mal tun wird, hat an sich schon et was Er fri schen des. Aber wie tritt man nun den Rück weg an? Pri-
       va te En er gien und Mit tel sind erschöpft, die Bun des re gie rung veran stal tet kei ne Fes tivals, die Kanz-
       le rin gibt in ih rem Amt kei ne Kon zer te.

       Schon seit ei ni gen Mo na ten war für solch ei ne Si tua tion, in der die Pan de mie zu rück weicht, die Leu te
       lang sam hin aus kön nen, ein für die Veran stal tungs kul tur ge dach ter Son der fonds in Vor be rei tung.
       Ein Pro blem war da bei die sym bo li sche Di men sion des Plans: Wenn der Fi nanz mi nis ter und die Kul-
       turstaats mi nis te rin zu früh davon re den, ent fal tet die Hil fe für die Kon zert-, Büh nen- und Veran stal-
       tungs bran che ei ne Si gnalwir kung, die wei ter ver wirrt: Eben noch woll te der Bund die Lo ckerun gen
       der Län der per Bun des not brem se re gu lie ren, nun aber mischt er sich fröh lich in die fö de ra le Zu stän -
       dig keit Kul tur, winkt mit Geld bün deln und lädt im gro ßen Stil zu Pre mie ren und Re tro spek tiven.

       War al so am Mitt woch schon der op ti ma le Au gen blick, die Hoff nung zu be schrei ben und so zu be -
       schwö ren?

       In ei ner of fen bar im provi sier ten Pres se kon fe renz hat te Olaf Scholz zu nächst Mü he, die Di men sion
       der Hil fen in Wor ten aus zu drücken, die dem Au gen blick an ge mes sen wa ren. Er kam erst auf die Kin -
       der im Ho me schoo ling zu spre chen, dann auf die Stu die ren den, die ih re Se mes ter vor dem Bild schirm
       ver brin gen, und drit tens erst zum The ma, der Kul tur. Zweiein halb Mil li arden Eu ro werden be reit ge -
       stellt. Mit den bis her schon zu ge sag ten Hil fen des Pro gramms Neu start Kul tur er gibt sich ei ne Kul-
       tur hilfs sum me, die welt weit ein ma lig sein dürf te.

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       Be son ders ist auch der Werde gang die ses Pro jekts: Län der ver tre ter, Bran chenver tre ter und die Res -
       sorts der Bun des re gie rung ha ben es zu sam men kon zi piert. Aus Ham burg, wo sich Kul turse na tor
       Bros da von An fang an in ten siv um die dor ti ge Bran che und Sze ne ge küm mert hat, kommt die IT-Lö -
       sung, die Web site, mit der die An trä ge ge stellt werden kön nen. Nord rhein-West fa len wird für das Be -
       schwerde ma nage ment zu stän dig sein.

       Die Hil fe nimmt zwei Pro blem be reiche in den Fo kus: Ein mal die ge rin ge Ren ta bi li tät, die sich er gibt,
       wenn man teu re Auf füh run gen, Kon zer te, Pro gram me auf stellt, aber nur we ni ge Plät ze be set zen darf.
       Hier kann, wenn die Veran stal tung zuvor re gis triert wurde, aus Mit teln des neuen Son der fonds ei ne
       Aus gleich zah lung flie ßen. Ih re Hö he rich tet sich nach Preis und Zahl der ver kauf ten Ein tritts kar ten
       und nach der Aus las tung des Saa les. Es geht um ei ne kol lek tive Ri si komi ni mie rung für Kul tur pro du-
       zen ten, seien sie kom mer ziell, eh ren amt lich oder auch staat lich: Auch die Bay reu ther Fest spie le, prä -
       zi sier te Kul turstaats mi nis te rin Mo ni ka Grüt ters, kön nen Hil fe be zie hen, wenn sie auf grund der Dis -
       tan zie rungs be stim mun gen im Pu bli kum we ni ger Kar ten ver kau fen. Vom 1. Ju li an kön nen An ge bo te
       bis zu 500 Perso nen an ge mel det werden, ei nen Mo nat spä ter für 2000 Perso nen. Im Herbst kommt
       dann ein zwei ter As pekt des Son der fonds zum Tra gen, sei ne Versiche rungs wir kung: Bei ei ner grö ße -
       ren Pro duk tion, et wa ei nem Fes tival oder Me ga kon zert, agiert der Son der fonds als Aus fallversiche -
       rung, falls un er war tet ei ne neue Wel le, Mu tan te oder Ähn liches die Sa che stoppt.

       Trotz der gewal ti gen Sum me han delt es sich nicht um ei ne Bewäs se rung der dür ren Veran stal tungs -
       sze ne wie aus dem Lösch flug zeug, viel mehr werden dort küh le Was ser fla schen ge reicht, wo man chen
       Un ter neh mern oh ne Hil fe der Mut versagt. Kein priva ter Spen der könn te dies so ziel ge rich tet leis ten
       und auch kei ner der üb lichen staat lichen Ak teu re al lein: Län der und Kom mu nen wä ren mit Pla nung,
       Durch füh rung und be nö tig ten Sum men über fordert – sind aber wie der nö tig, um prag ma tisch die
       Veran stal ter vor Ort zu iden ti fi zie ren und zu be glei ten. Denn es soll ja auch kon trol liert werden, ob
       die Hil fen gut und rich tig an ka men.

       Der Witz des Son der fonds liegt in der lan gen, stil len Vor be rei tung und in der gu ten Zu sam men ar beit
       der verschie de nen po li ti schen, kul tu rel len und ad mi nis tra tiven Ak teu rin nen und Ak teu re. In der
       Pres se kon fe renz konn ten sich Scholz und Grüt ters gar nicht ge nug ge gen sei tig lo ben und die Häu ser,
       Bran chen und al le an de ren gleich mit. Schwang ein schlech tes Gewis sen mit, weil die ers ten Hilfs ver-
       suche so viel er bit ter te Kri tik aus ge löst ha ben? Deutsch land war ei ne Kul tur na tion, lan ge bevor es
       zum Na tio nal staat wurde. Und der Um stand, Waren und Pro duk te aus ei nem kul tivier ten Land zu
       kau fen, trägt in den Au gen reicher glo ba li sier ter Kun den noch ein mal zum be son de ren Charme der
       Din ge ma de in Ger ma ny bei.

       In so fern wird es für die Bun des re pu blik we sent lich sein, aus der Pan de mie zu kom men, oh ne sich
       den Vor wurf ge fal len las sen zu müs sen, ge ra de die Kul tur schnell und ge räusch los ge op fert zu ha ben.
       Nun, wo der Aus gang hof fent lich in Sicht ist, über rascht uns die oft ge schmäh te, arg ge schrumpf te
       gro ße Ko ali tion mit die sem kul tur po li ti schen Meis terstück. Na türlich steht der Pra xis test noch aus,
       aber die An sa ge klingt gut. Ei ne be son de re Ele ganz liegt in der Tat sa che, dass der tie fe re, der pa the ti-
       sche Sinn des po li ti schen Plans nicht ex pli zit be nannt wird: Es ist ein Son der fonds ge gen das der
       Pan de mie fol gen de, so zia le Elend: die Ein sam keit.
       Nils Mink marSei te 4

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       Boxenstopp mit Stöckelschuh

       René Pol leschs neu es Stück „Goo dye ar“ am Deut schen Thea ter Ber lin

       Die Fra ge, wie man nach den end lo sen Lockdown-Mo na ten zum ers ten Mal seit lan ger Zeit wie der ei-
       ne rich ti ge Thea ter büh ne be tritt, oh ne dass es pein lich be deu tungs schwer wird, aber auch oh ne so zu
       tun, als sei das kei ne gro ße Sa che, be ant wor tet René Pol lesch am Deut schen Thea ter Berlin gewohnt
       läs sig und min des tens dop pel bö dig. Sei ne Urauf füh rung „Goo dye ar“ be ginnt mit ei ner Be erdi gungs -
       pro zes sion, al lerdings ei ner auf fäl lig gut ge laun ten Pro zes sion mit schep pern der Brass-Band aus
       dem Off. Ein ge mal ter Abend him mel leuch tet auf dem schwe re Fal ten wer fen den Vor hang des Rund-
       ho ri zonts, die Scheinwer fer bat te rie hängt gut sicht bar ins Büh nen bild (Bar ba ra Stei ner). Kla re Sa che:
       Wir sind hier im Thea ter – mit Schnell test und FF P2-Mas ke auch wirk lich wie der im In ne ren –, da
       sind auch Trauer zü ge kein Grund zur Trau rig keit, son dern vor al lem thea tra lisch er gie big.

       Als So phie Rois in ei ner Art Geis ter be schwö rung ei nen gewis sen Hen ry her bei fan ta siert („Hen ry, bist
       du da?“) und von des sen Schau spiel küns ten schwärmt („fürs In halt liche hat er sich eh nie in teres -
       siert“), ist das na türlich ein klei ner In si derscherz für Vereh rer Hen ry Hüb chens, des Pol lesch- und
       Rois-Kol le gen aus al ten Volks büh nen-Zei ten. Aber vor al lem ahnt man, was da eben zu Gra be ge tra -
       gen wurde, um in den fol gen den 75 Mi nu ten ei ne hoch tou rige Auferste hung zu feiern: das Thea ter
       selbst, al so Pol leschs Lieb lings the ma, an des sen Frag würdig kei ten, Re prä sen ta tions fal len und Jahr-
       markt squa li tä ten er sich im mer wie der mit Ver gnü gen ab ar bei tet, egal was sei ne Stücke jeweils sonst
       noch so ver han deln.

       Dies mal geht es un ter an de rem um ei ne quee re Hom mage an die Tes to ste ron spie le des Au to mo bil-
       renn sports und die Renn pi lo ten-Gat tin nen, die im mer ein Wit wen kos tüm im Rei se ge päck da bei ha -
       ben, weil: Falls es ir gendwann mal kracht auf der Fomel-1-Stre cke, will man ja we nigs tens gut aus se -
       hen vor den Ka me ras. Die quee re Ant wort auf das Ma cker-Ve hi kel ei nes Rennwa gens, als mo to ri sier-
       te Pe nis-Verlän ge rung so zu sa gen die He te ro nor ma tivi tät auf Rä dern, glänzt an die sem Abend mit
       ma xi ma lem Glam fak tor: ein fahr ba rer, rie si ger, wei ßer, glit zer be setz ter Stö ckel schuh, an geb lich
       „mit 1498 Ku bik zen ti me ter-Hub raum“. Kein Wun der, dass As trid Meyer feldt als Renn pi lo tin am
       Steuer die ses Un ge heuers klagt, dass die „luft ge kühl te 4-Zylin der-Boxer-Renn ma schi ne“ wie ein
       High heel aus sieht: „Die se Ho mo sexuel len ma chen mich fer tig.“ Lo gisch, was sol len sie auch sonst
       ma chen mit den Über res ten der archai schen Welt har ter Män ner. Wo bei Pol lesch nichts ge gen das
       Spek ta kel des Renn sports als sol ches hat, es hat für ihn nur et was an de re Rei ze: Das Dröh nen der Mo -
       to ren feiert die In sze nie rung als mi nu ten lan ge, präch tig lau te Mu si que con crète, die zuverläs sig al le
       Schau spie lersät ze über tönt: Wrr rummms!

       Dass man den Ti tel des Abends, „Goo dye ar“, auch als sar kas ti sche An spie lung auf das über haupt
       nicht gu te Co ro na-Jahr verste hen kann, bleibt dan kens wer ter wei se die ein zi ge Pan de mie-An spie -
       lung. An sons ten geht es um die Fort set zung von Pol leschs As so zia tions ket ten zu den Freu den der
       Pop kul tur, dies mal am Bei spiel ei nes Kin derstars in Cine città, sowie um die Merk würdig kei ten des
       Sexuel len. Et wa mit der Fra ge, ob ein Sexu a lakt oh ne Zu schauer mög lich ist, oder ob man sich da bei
       im mer selbst be ob ach tet, wie das klei ne Kind, das den ei ge nen El tern ver blüfft und fas zi niert bei die -
       sem selt sa men Trei ben zu sieht.

       Wo mit man na türlich wie der bei der Thea ter theo rie wä re und der Ver mu tung, dass spä tes tens im ei-
       ge nen Kopf so ziem lich al les zu Thea ter werden kann. Gro ße Fra gen! Pol leschs Ant wort auf das XXL-
       For mat sei ner The men be steht schon im mer, aber an die sem Abend be son ders auf fäl lig, in ei nem An -
       ti-The sen-Sprech thea ter, das lie ber mit den Sät zen und Ge dan ken jon gliert, als ir gendwie recht ha -

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       ben zu wol len oder die Zu schauer mit An sprüchen auf Deu tungs ho heit oder Über wäl ti gungs ef fek ten
       zu be läs ti gen.

       Chris ti ne Groß, As trid Meyer feldt, Je re my Mock ridge, So phie Rois und die umwer fen de Kat rin Wich -
       mann sind of fen kun dig oh ne grö ße re Bles su ren der thea terlo sen Lockdown-Lan gewei le ent kom men,
       aber Ant wor ten auf all die eher an ge spiel ten als sau ber durch de kli nier ten Fra ge stel lun gen soll te man
       von ih nen bes ser nicht er war ten. Es reicht doch, sich mit den an de ren durch die ses La by rinth der
       Fra gen zu ka ta pul tie ren.Pe ter Lau den bach

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            KULTUR                                                                                   SEITE 9 | FREITAG 28. MAI 2021

            Ein umwerfender Theater-Marathon
            Performance in der Pandemie: Der Friedrich-Luft-Preis für die beste Inszenierung im Corona-Jahr
            2020 geht an das zwölfstündige Live-Experiment „Show Me A Good Time“ des deutsch-britischen
            Theaterkollektivs Gob Squad

            Das Leben im Konferenzmodus: Berit Stumpf in „Show Me A Good Time“ auf der Bühne des HAU Hebbel am Ufer. Do-
            rothea Tuch

            Von Katrin Pauly

            Berlin Alexanderplatz, mitten in der Nacht: Der Performer Bastian Trost steht
            alleine an der Weltzeituhr und wartet. Via Livestream hatte er aufgerufen, ir-
            gendjemand möge ihn hier besuchen. Um 1.41 Uhr sind Linda, Miriam und Jo-
            sef da. Sean Patten sitzt derweil sehr alleine im komplett leeren Hebbel-Theater
            (HAU1) und ist ein bisschen neidisch auf Bastian und seine neuen Freunde. Es
            sind noch andere unterwegs, die Sean ein wenig von dem Leben da draußen ins
            leere Theater schicken. Die meisten sind in Berlin, andere weit weg. Sarah
            Thom ist gerade aus Sheffield zugeschaltet. Sharon Smith hat ein Brot gebacken
            und sendet aus Devon in Südengland. Simon Will passiert Gesundbrunnen auf
            dem Weg zu einem Flughafen, der nicht mehr gebraucht wird. Sean Patten sam-
            melt im leeren Theatersaal die Geschichten seiner Mitperformer ein, die sie ihm
            live und digital zuschicken, voller Sehnsucht nach Verbindung ist er, nach Nähe
            zur Welt und zu seinem abwesenden Publikum: „I am nothing more than a
            clown, desperate for attention, desperate to make people laugh.“

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/939/articles/1359628/9/2                                    1/4
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            Als das Performance-Kollektiv Gob Squad seinen zwölfstündigen Livestream-
            Marathon „Show Me A Good Time“, im Auftrag des HAU Hebbel am Ufer und
            des koproduzierenden La Jolla Playhouse in San Diego, im Juni 2020 erstmals
            von Kreuzberg aus in die Welt sendete, da hatten die Theater gerade die halbe
            Spielzeit im Lockdown verbracht, manche streamten Aufzeichnungen von histo-
            rischen Inszenierungen, alle hofften auf eine bessere nächste Saison.
            Die Schönheiten im alltäglichen Ausnahmezustand
            Und dann erscheinen die acht Performerinnen und Performer von Gob Squad
            auf unseren Monitoren und zeigen uns von sechs Uhr abends bis sechs Uhr mor-
            gens, wozu Theater fähig ist. Trotz allem. Oder wegen allem. „Show Me A
            Good Time“ ist ein Stück über Zeit, über Transformation, über die Schönheit des
            Alltäglichen, selbst wenn es sich gerade im Ausnahmezustand befindet. Es ist
            auch ein Stück über die Relevanz des Theaters und eine Selbstvergewisserung
            derer, die dieses Theater bislang gemacht haben.
            Dafür erhält Gob Squads Performance „Show Me A Good Time“ den Friedrich-
            Luft-Preis als „beste Berliner und Potsdamer Aufführung des Jahres 2020“. Seit
            1992 verleiht die Berliner Morgenpost den mit 7500 Euro dotierten Preis im An-
            denken an den 1990 verstorbenen Berliner Theaterkritiker und Feuilletonisten
            Friedrich Luft. Ab diesem Jahr wird er gemeinsam von der Berliner Morgenpost
            und Deutschlandfunk Kultur gestiftet.
            „Die Performerinnen und Performer von Gob Squad finden für ihre hybride
            Kontaktaufnahme bereits sehr früh in diesem besonderen Jahr ein Format, das
            die Leerstellen, die das pandemiebedingt abwesende Theater hinterlässt, ein-
            drucksvoll offenlegt und bespielt“, heißt es in der Jurybegründung. „Sie zele-
            brieren jeden Moment als etwas einzigartig Kostbares, ganz gleich ob er banal,
            ernst oder pathetisch ist, und entwickeln daraus eine kluge Poesie des Alltags in
            nicht-alltäglichen Zeiten.“
            Dafür gehen sie mit großer Lust das Risiko des Zufalls ein. Sie haben ihm für
            diese Nacht ein Gefäß gebaut, eine Hülle aus wiederkehrenden, choreografierten
            Ritualen, eine zyklische Struktur. Jeweils zur Hälfte einer vollen Stunde wird -
            gemeinschaftlich gelacht. Manchmal lesen alle oder putzen irgendwas. Hauptsa-
            che gemeinsam. Zwischen den Ritualen: improvisierte Ortserkundungen, Zeit
            für Unvorhersehbares. Und immer kurz vor der vollen Stunde suchen sie auf der
            Straße spontan einzelne Zuschauer für die im leeren Theater Zurückgelassenen
            (die Schichten wechseln im Laufe der Nacht). Ein rührender Akt der Solidarität.

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28.5.2021                                                                Berliner Morgenpost

            Dann folgen zu einem vorab festgelegten Motto jeweils zwei improvisierte Per-
            formance-Minuten aus dem Theater – und danach die bange Frage nach draußen
            auf die Straße: „Hat es dich erreicht?“ Das ist diese von allen so schwer ver-
            misste Resonanz, das schwingende System zwischen Künstlern und Publikum
            und Menschen überhaupt, dem man nicht nachjagen, sondern das man nur fin-
            den kann. In diesem Fall sogar via Screen. Auch die Jury des Friedrich-Luft-
            Preises hat im letzten Jahr sehr viel Theater auf dem Bildschirm gesehen. Man-
            ches Stück schaffte gerade mal die analoge Premiere, bevor die Theater (wieder)
            dichtmachen mussten, andere wurden kurzfristig digital angepasst. Insgesamt
            standen neben dem Gewinnerstück noch sechs weitere Arbeiten auf der
            Nominierungsliste.
            Bildmächtige Ideen im neuen Streaming-Format
            Großer Mitfavorit war bis zum Schluss das Stück „Tornado“, das Tobias Rausch
            im September am Theaterdiscounter inszenierte. Er montierte verdichtete Inter-
            views zu einem Parcours durch drei Räume und fand im Klimawandel ergiebi-
            gen Bühnenstoff. Ebenfalls auf den vorderen Plätzen hielt sich Ulrich Rasches
            auf vier Laufbändern chorisch rhythmisierte Version von Sarah Kanes „4.48
            Psychose“ am Deutschen Theater.
            Ganz ohne Worte kommt Rieke Süßkows am Neuen Haus des Berliner Ensem-
            bles realisierte „Elektra“-Inszenierung aus. Dafür wartet das tragische Familien-
            album der Atriden mit einem wunderschönen Pop-up-Bühnenbild auf. Außer-
            dem nominiert waren noch Sebastian Hartmanns live gestreamte, bildmächtige
            „Zauberberg“-Version aus dem Deutschen Theater, die an den dortigen Kam-
            merspielen von Regisseur Amir Reza Koohestani realisierte Arbeit „Woyzeck
            Interrupted“ in der Digital-Version und Sebastian Nüblings Sibylle-Berg-Abend
            „Und sicher ist mit mir die Welt verschwunden“ am Gorki.
            Lauter spannende, sehenswerte Abende. Gob Squads „Show Me A Good Time“
            allerdings, so der Tenor der Jury-Schlussdiskussion, offenbart noch eine zusätz-
            liche Dimension: Sowohl in der Form als auch im Inhalt scheint diese durchper-
            formte Nacht wie eine Überschrift zu sein für dieses ganze aufreibende Corona-
            Theater-Jahr. Weil das Kollektiv benennt, was gefehlt hat, und weil ihr Aufbe-
            gehren gegen den Stillstand so gut tut. Weil auch die Verzweiflung Raum be-
            kommt und weil ihr Widerstand hartnäckig ist und kreativ.

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28.5.2021                                                                       Berliner Morgenpost

            Zwischen dem Abseitigen und dem Banalen, dem Quatsch und dem Tiefgründi-
            gen offenbaren sich bei ihnen verlässlich intime und poetische Momente. Die
            großen Fragen der Zeit finden sie an jeder Straßenecke. Und ein Publikum dafür
            auch. Sogar mitten in der Nacht. Das macht Hoffnung für ein wie auch immer
            geartetes Theater nach der Pandemie.

            Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten.

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28.5.2021                                       https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/807993/11

       Fühlt den Vibe

       Im In ter net ver liert Kul tur ih re Au ra. Das hat auch Fol gen für das Ur he ber recht

       VON A N DR I A N K R E Y E

       Es fällt nicht leicht, sich von Kul tur be grif fen zu tren nen, nur weil der Lauf der Zeit in ei ne an de re
       Rich tung drängt. Ein Großteil des Abend lan des klam mert sich et wa noch an Wal ter Ben ja mins Ide al
       von der Au ra ei nes Kunst werks, die mit der tech ni schen Re pro du zier bar keit ver küm mert. Nimmt
       man noch Mar tin Hei deg gers Stim mung da zu, ist man schon mit ten im 20. Jahr hun dert, als Kul tur
       zur Ka tharsis der welt lichen Mas sen wurde. Wie schnö de erscheint ei nem da die Netz welt der Schlüs -
       sel rei ze, in der Kul tur als di gi ta ler Klon zum Si gnal im ky ber ne ti schen Raum verödet.

       Die ser Theo rie bal last wurde bei der Überar bei tung des Ur he ber rechts für das Zeit al ter der end gül tig
       gren zen lo sen Re pro du zier bar keit nicht dis ku tiert. Aber er stand im Raum. Wenn der Bun des rat al so
       an die sem Frei tag die ers te grund le gen de Re form des Ur he ber rechts seit zwan zig Jah ren ab seg net
       (über ra schen de Plot-Twists er war tet nie mand), hat der de mo kra ti sche Pro zess ei nen Kom pro miss
       ge schaf fen, der nicht nur In teres sen aus gleicht, son dern ei nen Kul tur wan del ze men tiert. Kul tur ge -
       schicht lich mag das sei ne Rich tig keit ha ben. Aber ist das die Auf ga be des Staa tes in ei nem Land, das
       sich als Kul tur na tion be greift?

       Wo bei der Wan del nur schwer greif bar ist. Er hat da mit zu tun, dass sich Kul tur tech nisch nicht nur
       von der Au ra, son dern auch von der Ge gen ständ lich keit ent fernt hat. Dem Ma the ma ti ker Nor bert
       Wie ner, der mit der Ky ber ne tik so et was wie die Blau pau se der di gi ta len Kul tur ent wickel te, war das
       früh klar: „In for ma tion ist In for ma tion, we der Ma te rie noch En er gie. Kein Ma te ria lis mus, der dies
       nicht be rück sich tigt, kann heu te überle ben.“ Kul tur im Netz be steht aus Da ten, die end los in Si gna le
       um gewan delt werden kön nen. In sei nem Grund la genwerk „Mensch und Men sch ma schi ne“ wid me te
       sich Wie ner 1950 der Zu kunft des Ur he ber rechts, auch wenn es noch kei ne Gifs und MP3s gab. „Die
       Vorstel lung, dass In for ma tio nen in ei ner sich verän dern den Welt oh ne ei nen über wäl ti gen den Wert -
       verlust ge speichert werden kön nen, ist falsch“, schrieb er. „Das war’s dann mit dem blo ßen physi-
       schen Be sitz ei nes Kunst wer kes.“

       Im sel ben Ka pi tel for mu lier te er aber auch schon ei nen Ab ge sang auf Wal ter Ben ja min: „Es ist zwei-
       fel los wahr, dass die feins te Blü te der künst le ri schen Wert schät zung nur mit Ori gi na len mög lich ist,
       aber es ist eben so wahr, dass ein brei ter und kul tivier ter Ge schmack von ei nem Men schen ent wickelt
       werden kann, der nie ein Ori gi nal ei nes gro ßen Wer kes ge se hen hat, und dass der weit aus grö ße re
       Teil des äs the ti schen Rei zes ei ner künst le ri schen Schöp fung in kom pe ten ten Re pro duk tio nen über-
       tra gen wird.“

       Wenn es aber kei ne Au ra mehr gibt, was dann? Es ist ja nicht so, dass ei nen Kul tur kalt las sen würde,
       nur weil sie im Netz statt fin det. In den USA be schäf tigt sich die Kul tur kri tik schon da mit. Der Kunst -
       kri ti ker Kyle Chayka veröf fent lich te En de April im New Yor ker ei ne de tail lier te Ana lyse des Be griffs
       „Vi be“. Die Überset zungs-KI lie fert ei nem da zu das deut sche Wort „Stim mung“, al lerdings hat das
       nur we nig mit Hei deg ger und viel mit Pop kul tur zu tun. Chayka spannt den Bo gen vom Pop der Beach-
       Boys -Ära über das „Vi be“-Verständ nis des Hip-Hop und Ger not Böh mes phi lo so phi sche Ab hand lung
       „At mo sphä re“ bis zur po li ti schen Öko lo gie der Din ge in Ja ne Ben netts „Vi brant Mat ter“.

       Schluss punkt der kul tur his to ri schen Be ob ach tung ist die Vi deo-App Tik tok. Auf der fin det er die Mi-
       ni fil me, in de nen ein kur zes Sperr feuer kul tu rel ler Re fe ren zen ei nen stim mi gen „Vi be“ er zeu gen.
       Chayka be schreibt das so: „Was ein Hai ku für die Spra che ist, ist ein Vi be für die Sin nes wahr neh -

https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/807993/11                                                          1/2
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       mung: ei ne prä gnan te As sem bla ge aus Bild, Ton und Bewe gung.“ Exem pla ri sches Bei spiel ist für ihn
       das Tik tok-Vi deo von Na than Apo da ca, ei nem La gerar bei ter aus Ida ho Falls. Dem blieb an ei nem
       Mor gen auf dem Weg zur Ar beit das Au to ste hen. Und so fuhr er im ro si gen Mor gen licht mit dem
       Skate board den Highway ent lang, nahm ei nen Schluck aus ei nem Ka nis ter Him beer-Cran ber ry-Saft
       und sang ein paar Tak te „Dreams“ von Fleet wood Mac , das im Hin ter grund des Vi de os läuft. 27 Mil lio -
       nen Men schen sa hen sich das in der ers ten Wo che an, der mehr als 40 Jah re al te Song schaff te es zu-
       rück in die Charts.

       Apo da cas 18 Se kun den füh ren vor, aus was sich ein Vi be zu sam men setzt, der Mil lio nen an spre chen
       kann. Der Bewe gungs fluss, die gu te Lau ne und das Mor gen licht sind nur die ei ne Hälf te der In sze nie -
       rung, die mit der Ver träum t heit des Songs, der im kol lek tiven Bewusst sein tief in der ka li for ni schen
       Un be küm mert heit der Sieb zi ger jah re ver wur zelt ist, erst den ei gent lichen Kon text be kommt.

       Da aber verläuft die ro te Li nie zwi schen dem Wert der Au ra und der Frei heit der Vi bes. Mit der kul tu-
       rel len All zweck waf fe des Smart pho nes kann so ziem lich je der ei nen Vi be pro du zie ren, der dann als
       Me me das Po ten zi al hat, zu ei nem Netz hit zu werden. Na than Apo da ca konn te es sich mit sei nen Tik-
       tok-Um sät zen bald leis ten, aus sei nem Wohnwa gen in ein ei ge nes Haus zu zie hen. Kein Rech te inha -
       ber wird ei nem Nut zer so ei nen Er folg miss gön nen. Die ei gent lichen Pro fi teu re ei nes sol chen Hits
       sind aber we der die Nut zer noch (wenn sie das Glück ha ben, wie der in die Charts zu kom men) die
       Rech te inha ber, son dern die Platt for men. Die ma chen mit sol chen Vi ral hits Um satz. Und das macht
       den Kom pro miss des neuen Ur he ber rechts so faul.

       Es gibt vie le In teres sen, die das Ge set zes pa ket be rück sich ti gen muss. Die Selbst ver wirk lichung von
       In ter net nut zern, für die Me mes und Vi bes zur All tags kom mu ni ka tion ge hö ren. Die Leis tungs schutz-
       rech te von Fern seh sen dern, ganz egal ob sie ei nen Bil dungs auf trag ha ben, Sport wett kämp fe zei gen
       oder Er nied ri gungs ri tua le in sze nie ren. Die Frei heit der Wis sen schaf ten, die aus Welt wis sen Impf-
       stof fe, er neuer ba re En er gien oder di gi ta le Au to ma ti sie rungs pro zes se ent wickeln. Ja und eben den
       An spruch von Leu ten, die Mu sik, Kunst, Fil me oder Bücher ma chen und ger ne Geld für ih re Ar beit
       be kä men.

       Das Ge set zes pa ket ist durch. Jetzt be ginnt die Zeit der Um set zung. Man muss nicht mal den Dün kel
       der Kul tur kri tik be mü hen, um ro te Li nien zu de fi nie ren. Man kann auch ein fach die Kern kom pe tenz
       des So zi al staa tes ein fordern, die Schwächs ten zu schüt zen.

       Und weil Kul tur eben auch ein Wirt schafts feld ist, darf man die mit meist we nig Geld ver gü te te Mü he,
       die es kos tet, künst le ri sche Au ra zu er zeu gen, durch aus für schüt zens wert er klä ren. Erst recht in ei-
       nem Land, das sei ne Opern häu ser, Stadt thea ter, staat lichen Mu se en und Sym pho nie orches ter wirk-
       lich gut be han delt. Wo steht, dass Kul tur förde rung nur im Zie gel stein-und-Mör tel-Kon text pas sie ren
       soll? Nicht erst, seit die Pan de mie gro ße Tei le der Kul tur ins Netz ge zwun gen hat, ist sie auch dort
       Teil des Ge meinwohls. Das wiegt schwe rer als Wirt schafts in teres sen.

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        F.A.Z. - Feuilleton                                                                                        Freitag, 28.05.2021

                                 Sachsens Musikkultur im Niedergang
         Nicht nur Christian Thielemann in Dresden fehlt die Gunst des Freistaats, auch die Lausitz kämpft um
                          die Zukunft ihrer Bühnen und Orchester. In Not geraten die Sorben

        Manchmal können alte Statistiken regelrecht nostalgisch machen. Wem etwa während der achtziger
        Jahre im ostsächsischen Bautzen nach Theater war, der fand dort ein zweisprachig – Deutsch und
        Sorbisch – bespieltes Vierspartenhaus samt Opernensemble und Ballett vor. Ein paar hundert Meter
        weiter befand sich der Sitz des „Staatlichen Ensembles für sorbische Volkskultur“, ein zentraler Ort für
        die Traditions- und Identitätspflege der kleinen nationalen Minderheit: nochmals Orchester, Chor und
        Tanzcompagnie, hier eher folkloristisch orientiert und mit ihren Tourneeprogrammen seit der Grün-
        dung 1952 nicht nur im Siedlungsgebiet der Ober- und Niederlausitzer Sorben, sondern in über vierzig
        Ländern bis hin nach Zentralasien unterwegs.

        Beide Einrichtungen gibt es noch, und das „Sorbische National-Ensemble“ (SNE) – so nennt es sich seit
        1990 – wird, wenn die aktuellen Restriktionen irgendwann gelockert werden sollten, auch wieder auf
        Tournee gehen. Nur die Größenordnungen haben sich seither geändert – schrittweise, aber niemals
        zum Besseren. Der Chor, damals über dreißig Vokalisten stark, hat aktuell noch sechzehn Sängerinnen
        und Sänger, und im Orchester gibt es kein Fagott mehr, was im folkloristisch orientierten Repertoire
        mindestens so misslich ist wie im klassisch-konzertanten. Es war ein schleichender Abbau parallel zur
        Deindustrialisierung der Oberlausitz, die einerseits an den nahe gelegenen Braunkohle-Fördergebieten
        hing, aber in Görlitz, Niesky und Bautzen beispielsweise auch Zentren der DDR-Schienenfahrzeugin-
        dustrie hatte.

        Viel ist davon nicht geblieben, und im Gefolge der wirtschaftlichen Schrumpfungsprozesse erodierte
        auch die Kulturlandschaft. Nicht alles konnte mit Initiative und Ideen – an beiden hat es den Akteuren
        vor Ort nie gefehlt – kompensiert werden. Das Bautzner Theater „sparte sich“ 1992 sein Opern- und
        Ballettensemble. Bis zur Jahrtausendwende behalf man sich noch mit eingekauften Stagione-Serien,
        dann war auch das vorbei. Seitdem ist, wer in der Mittelstadt am Oberlauf der Spree Musiktheater
        hören will, auf gelegentliche Gastspiele der in Radebeul ansässigen Sächsischen Landesbühnen oder des
        Gerhart-Hauptmann-Theaters in Görlitz angewiesen.

        Weggespartes kommt nicht wieder

        Doch aus das könnte bald vorbei sein, in Fortschreibung der oben angedeuteten langjährigen Prozesse
        und gleichzeitig als Vorschein dessen, was der Dirigent Titus Engel in der F.A.Z. am 15. März prognosti-
        zierte: dass die Kultur beim Stopfen der coronabedingten Haushaltslöcher wohl wieder zum ersten
        Sparkandidaten würde. In der Tat: Ein über dreihundertseitiges Gutachten der Münchner Kultur-
        Unternehmensberatung „actori“ entwickelt neben Fusionierungs-Szenarien für die Schauspielsparten in
        Bautzen und Zittau (dort sitzt die Sprechbühnen-Sektion des Gerhart-Hauptmann-Theaters) und des
        SNE-Restorchesters mit der in Görlitz ansässigen „Neuen Lausitzer Philharmonie“ auch das einer
        Abwicklung des Musiktheaters an der Neiße. Und weil einmal Weggespartes erfahrungsgemäß nicht
        mehr wiederkommt, hieße das: Aus zwei mach null – innerhalb von reichlich zwanzig Jahren.

        Nun stand ein „actori“-Gutachten beispielsweise auch schon hinter den bizarren Vorgängen um die
        mehrfache Entlassung und Wiedereinstellung Sewan Latchinians als Intendant des Rostocker Volks-
        theaters vor reichlich fünf Jahren. Man muss das vielleicht nicht unbedingt als ideale Referenz für die
        Firma sehen, wenn es um Transformationsprozesse im ostdeutschen Kulturraum geht. Indessen bestä-
        tigen alle Befragten, dass die Münchner Emissäre in der Oberlausitz und Niederschlesien gründlich
        recherchiert, sich nicht nur auf zugeliefertes Material verlassen und vor Ort viele direkte Gespräche
        gesucht haben. Das Ergebnis dieser (natürlich nicht kostenlosen) Bemühungen war dann freilich kein

https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467027/12                                                                               1/3
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        grundsätzlich anderes als bereits das eines internen Konzepts der Görlitzer Theater-Geschäftsführung
        von 2019: Es gibt für die Darstellende Kunst im Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien allenfalls noch
        minimale interne Rationalisierungsreserven. Oder wie es Jan Budar, Direktor der Stiftung für das
        Sorbische Volk, die der Träger des Sorbischen National-Ensembles ist, mit Blick auf die gesamte
        ostsächsische Bühnen- und Orchesterlandschaft etwas drastischer ausdrückt: „Die Zitrone ist ausge-
        quetscht.“

        Bleiben also, weil „allein durch Kooperationsmaßnahmen der erwartete Effekt nicht eintritt“, doch nur
        „weitere Stellhebel, die auch strukturelle Folgen haben würden“ – so die vorsichtige Umschreibung
        durch den Görlitzer Landrat Bernd Lange, dessen Landkreis der größte Gesellschafter des Görlitz-
        Zittauer Theaterverbandes ist? Und die, wie dessen designierter Intendant Daniel Morgenroth (er soll
        sein Amt im August antreten) sagt, auch Folgen über die engere Bühnenszene hinaus hätte: „Wir haben
        ja nicht nur unser künstlerisches Personal, sondern auch Techniker oder die Kostüm- und Maskenbild-
        nerei und sind in vielen dieser Zweige auch Ausbildungsbetrieb. Außerdem: Wie soll eine wirtschaftli-
        che und soziologische Transformation der Region gelingen – man spricht über die Ansiedelung von
        Medizintechnik, Mikroelektronik oder Wasserstofftechnologie –, wenn interessierte Fachkräfte oder
        Touristen, deren Zahlen ebenfalls weiterwachsen sollen, nur noch ein ausgezehrtes und minimalisiertes
        Kulturangebot vorfinden?“

        Dass Morgenroth in dem Gutachten zudem einige handwerkliche Unschärfen findet – so sind die obli-
        gatorisch erwartbaren Tarifsteigerungen künftiger Jahre nicht eingepreist –, macht die Sache nicht
        besser, sondern die Aussichten eher noch düsterer. Auch Budar in Bautzen ist bei vielen Details skep-
        tisch, zum Beispiel hinsichtlich des potentiell fusionierten Klangkörpers: „Wir hätten dann zwar ein
        größeres Orchester, mit dem auch neue Literatur erschlossen werden könnte; freilich um den Preis
        einer Höherstufung zum B-Orchester, was allein schon wieder Mehrausgaben brächte. Außerdem hat
        die Neue Lausitzer Philharmonie aktuell sieben ständige Spielorte, unser Bautzner Ensemble seinen
        eigenen Tournee- und Abstecherbetrieb und dazu sein spezielles Repertoire – wie soll das logistisch
        zusammengehen? Es liefe am Ende wohl doch wieder nur auf zwei Orchester in einem heraus – und das
        kann ja kaum der Sinn der Sache sein.“

        Womit aber wird die Notwendigkeit des aufwendigen Münchner Papiers überhaupt begründet, da die
        eingelaufenen Strukturen ja bisher, wenn auch unter ständiger Ausdünnung und mit knirschender
        Knappheit, immer noch notdürftig gehalten haben? Eigentlich hat der Freistaat Sachsen mit seinem –
        deutschlandweit einmaligen – Kulturraum-Gesetz, das bereits 1994 verabschiedet und seitdem mehr-
        fach verlängert und modifiziert wurde, ein brauchbares Instrument geschaffen, um mögliche kulturelle
        Verwerfungen, wie sie im Gefolge der sozialen und demographischen nach dem wirtschaftlichen Abriss
        seit 1990 erwartbar waren, zumindest einzudämmen. Das Hauptinstrument dafür sind feste jährliche
        Zuweisungen des Landes an die Kulturräume (fünf ländliche und drei urbane), die im Falle der hier in
        Rede stehenden ostsächsischen Region aktuell knapp zwei Drittel des Budgets sichern. Die Restsumme
        müssen die Landkreise und Kommunen tragen.

        Keiner träumt vom Schlaraffenland

        Deren Kämmerer sahen allerdings auch schon vor den aktuellen Corona-Kalamitäten fast flächende-
        ckend regelmäßig Rot, so dass sich nun erwartungsvolle Blicke nach Dresden richten. Von dort gibt es
        zwar keine Signale, dass das bewährte Gesetz gleich heute oder morgen in seiner Substanz ausgehebelt
        werden könnte. Doch ein im Sommer 2018 zusätzlich abgeschlossener Kulturpakt, der seinerzeit durch
        die Bereitstellung weiterer Mittel die Rückkehr der Ensembles in den Flächentarif ermöglichte, wurde
        zunächst auf vier Jahre befristet, die sich nun ihrem Ende nähern. Und selbst seine einfache Verlänge-
        rung würde kaum genügen, weil die aktuellen Zuweisungen weder absehbare Tarif- noch Sachkosten-
        steigerungen antizipieren und eigentlich, um ihre Funktion weiter erfüllen zu können, dynamisiert
        werden müssten. Ob solche Hoffnungen bei der sächsischen Kulturministerin Barbara Klepsch, die
        gerade durch den angekündigten De-facto-Rausschmiss Christian Thielemanns bei der Dresdner
        Staatskapelle (F.A.Z. vom 12.Mai) von sich reden macht, an die richtige Adresse kommen, steht freilich
        dahin.

https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467027/12                                                         2/3
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