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Firmware-Update von CPAP-Heimbeatmungsgeräten zur Beatmung von
COVID19-Patienten während des weltweiten Mangels an klinischen
Beatmungsgeräten
Mein fachlicher Hintergrund
Ich bin Professor im Studiengang Medizintechnik an der Fakultät Elektro-, Informations- und
Feinwerktechnik an der Technischen Hochschule Nürnberg. Mein Schwerpunkt ist u.A. Beatmung und
Anästhesie. Früher war ich Mitarbeiter der Dräger, dem größten deutschen Beatmungsgeräte-
hersteller. Von der Ausbildung her bin ich Elektrotechnik-Ingenieur, d.h. kein Mediziner. Daher
müssen alle medizinischen Aspekte dieses Dokuments abschließend von Ärzten beurteilt und im Falle
der Behandlung von Patienten auch von ihnen entschieden werden.

Einführung
Zehn- bis hunderttausende Menschen leiden in Deutschland an obstruktiver Schlafapnoe (OSA) –
weltweit sind es Millionen [1]. Hierbei rutscht im Schlaf die Zunge nach hinten in den Rachenbereich
und verschließt die Luftröhre, was fast immer mit starkem Schnarchen verbunden ist. Es kommt zu
einem Abfall der Sauerstoffsättigung, Stresshormonausschüttung und Fast-Aufweckreaktion des
Körpers, was die Apnoe beendet. Dieser Vorgang wiederholt sich zyklisch, was bei den Betroffenen
schwere gesundheitliche Folgen auslösen kann [2].
Die Behandlung erfolgt meist mit der sog. CPAP-Therapie (Constant Positive Airway Pressure), bei
der dem Patienten über eine Maske ein konstanter Überdruck appliziert wird. Dadurch wird die
Zunge nach vorne gedrückt und die Atemwegsblockade vermieden. Man nennt dies pneumatisches
Schienen.
Durchgeführt wird die Therapie mit kleinen Bedside-CPAP-Heimbeatmungsgeräten, wie dem
AirSense10 der Firma ResMed oder der DreamStation von Philips Respironics.

                                                       Abbildung 2: Philips Respironics DreamStation [3]

 Abbildung 1: ResMed AirSense10 [16]

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Eine CPAP-Therapie, die es im klinischen Bereich auch für andere Erkrankungen gibt, wäre bei der
COVID19-induzierten Lungenentzündung zwar hilfreich zur Verhinderung von Atelektasenbildung
(verklebte Lungenbezirke), jedoch nur begrenzt lebenserhaltend wirksam.
Eine weitere, nichtinvasive Beatmungsform (NIV) hingegen, das sog. BIPAP- (Biphase Positive Airway
Pressure) sowie ähnliche Beatmungsmodi, könnten Corona-Patienten maßgeblich bei der
Atemarbeit unterstützen und so einer Erschöpfung der Atemmuskulatur, dem Acute Respiratory
Distress Syndrome [4], [5] entgegenwirken. Bei BIPAP wird der positive Atemwegsdruck auf
alternierenden Niveaus variiert und dadurch die natürliche Atmung unterstützt.
Es gibt Heimbeatmungsgeräte basierend auf der gleichen Hardware-Plattform der CPAP-Geräte, die
BIPAP- und andere NIV-Beatmungsformen beherrschen. Hier z.B. die Geräte AirCurve und Lumis der
Firma ResMed:

                                                          Abbildung 4 ResMed Lumis 150 [7]
Abbildung 3 ResMed AirCurve 10 [6]

Die drei hier gezeigten Geräte (AirSense 10, AirCurve 10 und Lumis 150) unterscheiden sich zwar im
Namen, der Gehäusefarbe sowie im Preis, sind jedoch m.E. mit identischem oder nahezu identischem
Hardware-Innenleben ausgestattet. Ihr Gewicht ist laut Spezifikation aufs Gramm genau gleich und
die im Internet verfügbaren Geräteinnenansichten aus FCC-Zulassungsanträgen [8] und Reparatur-
videos stützen meine These. Folglich liegt der Unterschied der Geräte bezüglich ihrer Fähigkeiten in
der eingebetteten Software (Firmware).
Von anderen Herstellern, wie z.B. Philips Respironics gibt es ebenfalls gemeinsame Hardware-
plattformen für CPAP- und BIPAP-Geräte.

Abbildung 5 Philips Respironics DreamStation (CPAP) [3]   Abbildung 6 Philips Respironics DreamStation BiPAP
                                                          S/T30 AAM [9]

BIPAP/BiLevel-Geräte sind allerdings sehr viel weniger verbreitet als CPAP-Geräte, da die
Erkrankungen, für deren Behandlung sie benötigt werden, eine verglichen mit obstruktiver Schlaf-
apnoe deutlich geringere Prävalenz aufweisen.

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Ansatz zur Behandlung von COVID19-Patienten und kurzfristige Besserung des
weltweiten Beatmungsgeräte-Notstands [10] [11]
Da die CPAP-Geräte, auf deren Hardware-Plattform die BIPAP-Beatmungsgeräte basieren, weltweit
auch schon vor der COVID19-Pandemie in sehr großen Stückzahlen hergestellt wurden, kann deren
Produktion deutlich einfacher auf große Stückzahlen ausgebaut werden, um COVID-19-Patienten
nichtinvasiv zu beatmen.
Sollten diese Steigerungsmöglichkeit jedoch nicht ausreichen, ist naheliegend, bereits im Markt
befindlichen CPAP-Geräten per Firmware-Update die Fähigkeit zu BIPAP/BILEVEL- oder anderen
unterstützenden Beatmungsformen zu verleihen. Diese könnten dann zur Beatmung von Corona-
Patienten, für die keine klinischen Beatmungsgeräte zur Verfügung stehen, eingesetzt werden.
Dadurch, dass es sich um ein reines Software-Update handelt und keinerlei Geräte-Hardware
entwickelt oder verändert werden muss, könnte die Lösung in kürzester Zeit zur Verfügung stehen.
Hierbei sind die landesspezifischen Medizingerätezulassungsvorschriften zu beachten. Eine Erleich-
terung bzw. Verkürzung dieser Zulassungsprozesse ist jedoch insbesondere für Beatmungsgeräte
wegen der COVID19-Pandemie in manchen Ländern, wie z.B. den USA [12], schon verfügt worden
und in anderen auf dem Weg.
Da die Behandlung von Schlaf-Apnoe zwar langfristig wichtig, m.E. aber in der Regel notfalls unter-
brechbar ist, könnten bei Patienten vorhandene CPAP-Geräte in großer Zahl ausgeliehen werden und
zu hunderttausenden oder weltweit sogar millionenfach zur Behandlung von COVID19-Patienten zum
Einsatz kommen.
Der Patientennutzen einer nichtinvasiven Beatmungstherapie zur Prävention der Haupttodesursache
von COVID19, dem Versagen der Atempumpe durch Erschöpfung und der in Folge auftretenden
Hypoxie (Sauerstoffmangel), kann durch zusätzliche Einleitung von Sauerstoff in den Beatmungs-
schlauch der CPAP-/BIPAP-Geräte noch deutlich gesteigert werden.
Seit kurzem ist bekannt [13], dass die mit Corona-Patienten überfüllten Intensivstationen in Italien
und Spanien evtl. ein wesentlicher Faktor für die COVID19- Ausbreitung und Ansteckung sein
könnten.
„Wir lernen zum Beispiel, dass Krankenhäuser die Hauptüberträger von Covid-19 sein könnten, weil
viele infektiöse Patienten dort auflaufen, was die Übertragung auf gesunde Patienten erleichtere. …
dass es mobile Kliniken und häusliche Versorgungsmöglichkeiten geben müsste, die unnötige
Bewegungen vermeiden und Druck von den Krankenhäusern nehmen könnten.“ [14]
Der hier beschriebene Ansatz könnte eine Behandlung von COVID19-Patienten auf peripheren
Krankenhausstationen ermöglichen. In manchen Fällen käme sogar eine pflegerisch geführte bzw.
angeleitete Heimbehandlung in Betracht, womit das Ansteckungsproblem entschärft würde. Hier ist
allerdings zu beachten, dass bei der nichtinvasiven Beatmung nicht zuletzt durch falsche
Maskenanpassung oder Non-Compliance der Patienten eine hohe Fehleranfälligkeit besteht.
Selbstverständlich müssten auch weiterhin die am schwersten erkrankten Patienten auf Intensiv-
stationen mit invasiver Beatmung (Intubation, Kanülierung) versorgt werden.

Virenbelastung des Arbeitsumfeldes durch Expirationsluft
Verschlechtert sich der Zustand eines COVID19-Patienten, so dass die Atmung schwieriger wird und
die Blutsauerstoffsättigung (SPO2) sinkt, wird zunächst Sauerstoff über eine Nasenkanüle appliziert.
Ist diese Maßnahme nicht ausreichend, kann zur nasalen High-Flow-Sauerstofftherapie über-
gegangen werden, wobei der Sauerstofffluss auf 30-50 L/min erhöht wird. Dies führt jedoch zu einer
starken Aerosolisierung von virusbelastetem Nasensekret und Kontaminierung der Raumluft, was die

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Ansteckungsgefahr für das Krankenhauspersonal erhöht. Daher wird diese Therapie bei der COVID19-
Behandlung momentan kontrovers diskutiert [4].
Klinische Beatmungsgeräte besitzen getrennte Schläuche für die Inspirations- und die Expirationsluft,
welche im Y-Stück beim Patienten zusammengeführt werden. Hierdurch kann die ausgeatmete Luft
aufgefangen und über ein HME-Filter in den Raum abgegeben werden. Geräte zur nichtinvasiven
Beatmung (NIV) besitzen i.d.R. nur einen Beatmungsschlauch. Die Ausatemluft wird über ein Ventil,
welches wie ein gewünschtes Leck wirkt, ohne Filterung an die Raumluft abgegeben. Daher können
NIV-Geräte verglichen mit klinischen Beatmungsgeräten ebenfalls eine höhere Viruslast in der
Raumluft hervorrufen. Das Handling der Expirationsluft ist ein Thema, das dringend weiter bearbeitet
werden muss. Hier kann Out-of-the-Box-Thinking, wie in der Arbeitsgruppe Easy- Covid19 [15] um
das italienische Startup ISINNOVA, äußerst beeindruckend zielführend sein.
                                          In dem Projekt wurde mittels eines einfachen 3D-
                                          gedruckten Bauteils eine Standard-Schnorchelmaske zu
                                          einer Beatmungsmaske umfunktioniert, die ganz nebenbei
                                          durch ein aufsteckbares Filter das o.g. Ausatemluft-
                                          problem löst.
                                         Fragestellungen, wie z.B. „Können vorhandene NIV-
                                         Masken auf einfache und leicht verfügbare Weise durch
                                         einen Ausatemluftfilter erweitert werden?“, „Ist es
                                         möglich, die Expirationsluft abzusaugen und über ein
                                         HME-Filter gereinigt an die Umgebung abzugeben?“ oder
                                         „Kann das Absaugluftfilter in Anbetracht der momentanen
Abbildung 7 ISINNOVA: zur Beatmungsmaske Verknappung HME-Filtern durch eine Sterilisierung der
umgebaute Schnorchelmaske [15]           Abluft mittels Hitze ersetzt werden.“ sollten dringend
                                         bearbeitet werden. Man darf hier durchaus Out-of-the-
Box zur eigenen Inspiration an „umgedrehte“ Heißluftgebläse oder Haarföhne denken.

Zusammenfassung
Möglicherweise kann der hier beschriebene Ansatz eines Upgrades von millionenfach vorhandenen
CPAP-Heimtherapiegeräten mit BIPAP/Biphase-Beatmungsfunktionalität zusammen mit sog. Non-
Vented-Masken oder Easy-Covid19-ähnlichen Produkten dazu beitragen, der momentan drohenden
weltweiten Beatmungsgeräteknappheit entgegenzuwirken und zu verhindern, dass vielleicht bald
tausende COVID19-Patienten nicht die erforderliche, teils lebensrettende Atemunterstützung
erhalten können. Diese Lösung könnte in kürzester Zeit zur Verfügung gestellt werden, da sie rein
softwarebasiert ist.

Literaturverzeichnis

[1] N. Punjabi, „The epidemiology of adult obstructive sleep apnea.,“ Proc Am Thorac Soc 2008; 5:
    136–43 CrossRef MEDLINE PubMed Central, p. 136–43, 5 2008.

[2] R. Schulz, H. J. Eisele, N. Weissmann und W. Seeger, „Obstruktive Schlafapnoe – ein wichtiger
    kardiovaskulärer Risikofaktor / Obstructive sleep apnea – an important cardiovascular risk
    factor,“ Dtsch Arztebl, p. 103(12), 2006.

[3] Philips, „DreamStation Schlaftherapie-Plattform,“ [Online]. Available:
    www.philips.de/healthcare/product/HCNOCTN447/. [Zugriff am 29 03 2020].

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[4] D. Thomas-Rüddel, J. Winning, P. Dickmann, A. Kortgen, U. Janssens und M. Bauer,
    „„Coronavirus disease 2019“ (COVID-19): update für Anästhesisten und Intensivmediziner März
    2020,“ Der Anaesthesist, 18 03 2020.

[5] Word Health Organization, „Clinical management of severe acute respiratory infection (SARI)
    when COVID-19 disease is suspected.,“ 13 03 2020. [Online]. Available:
    www.who.int/publications-detail/clinical-management-of-severe-acute-respiratory-infection-
    when-novel-coronavirus-(ncov)-infection-is-suspected. [Zugriff am 30 03 2020].

[6] Nord Service Projects GmbH, „GÖNNEN SIE SICH WIEDER ERHOLSAMEN TIEFSCHLAF,“ [Online].
    Available: www.nordservice-projects.de/produkte/geraete/spezialgeraet/index.html.

[7] CPAPGeräte, [Online]. Available: www.cpapgerate.com/vpap-gerate/lumis-150-vpap-st. [Zugriff
    am 19 03 2020].

[8] ResMed Ltd, Dr. Elizabeth Macarthur, „ResMed Ltd FCC Wireless Applications, Grantee Code:
    2ACHL,“ 27 5 2014. [Online]. Available: https://fccid.io/2ACHL. [Zugriff am 29 03 2020].

[9] Philips, „DreamStation BiPAP S/T30 AAM,“ [Online]. Available:
    /www.philips.de/healthcare/product/HCINX1130T19/dreamstation-bipap-st30-aam-nicht-
    invasives-beatmungsgert/technische-daten. [Zugriff am 19 03 2020].

[10] S. Schultz, „Luft zum Überleben,“ Spiegel, 28 03 2020.

[11] L. Eberle und M. U. Müller, „Drägerwerk-Chef über Beatmungsgeräte: "Es wird gehamstert wie
     beim Klopapier",“ Spiegel, 27 03 2020.

[12] FDA - U.S. Food and Drug Administration, „Enforcement Policy for Ventilators and Accessories
     and Other Respiratory Devices During the Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Public Health
     Emergency,“ 03 2020. [Online]. Available: www.fda.gov/regulatory-information/search-fda-
     guidance-documents/enforcement-policy-ventilators-and-accessories-and-other-respiratory-
     devices-during-coronavirus. [Zugriff am 31 03 2020].

[13] M. Nacoti et. al., „At the Epicenter of the Covid-19 Pandemic and Humanitarian Crises in Italy:
     Changing Perspectives on Preparation and Mitigation,“ NEJM Catalyst - Innovations in Care
     Delivery, 21 03 2020.

[14] L. Kleine, „Mediziner aus Italiens Epizentrum warnen die Welt: Wir müssen das ganze System
     ändern!,“ Focus, 23 03 2020.

[15] ISINNOVA, „Easy-Covid19 Emergency mask for hospital ventilators,“ ISINNOVA, 2020. [Online].
     Available: www.isinnova.it/easy-covid19-eng. [Zugriff am 30 03 2020].

[16] SleepApneaCPAPSupplies, 29 03 2020. [Online]. Available:
     sleepapneacpapsupplies.com/product/airsense-10-auto-with-heated-humidifier-resmed/.

30.03.2020, V2.8 - Preprint                                                                            5
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