Projektbericht Modellierung von epidemiologischen und gesundheitsökonomischen Effekten von Impfungen zur Prävention von Herpes zoster - RKI
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Projektbericht Modellierung von epidemiologischen und gesundheitsökonomischen Effekten von Impfungen zur Prävention von Herpes zoster
Autoren: B. Ultsch, F. Weidemann*, J. Koch, A. Siedler (alle Fachgebiet Impfprävention) * bis Oktober 2016 | Titelbild © Fotolia 2017 Teil der Adobe Familie
Inhaltsverzeichnis | Seite - 3 - Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS -3- TABELLENVERZEICHNIS -4- ABBILDUNGSVERZEICHNIS -5- ABKÜRZUNGEN -6- ZUSAMMENFASSUNG -7- 1 HINTERGRUND -8- 1.1 EINFÜHRUNG -8- 1.2 FORSCHUNGSFRAGE -9- 2 METHODEN -9- 2.1 MODELL -9- 2.2 INPUTDATEN - 10 - 2.2.1 Epidemiologie - 10 - 2.2.2 Impfstoffe - 12 - 2.2.3 Kostendaten - 17 - 2.2.4 Daten zur Lebensqualität - 19 - 2.3 VALIDIERUNG - 19 - 2.3.1 Intern - 19 - 2.3.2 Extern - 19 - 2.4 BASISFALLANALYSE - 20 - 2.5 SENSITIVITÄTSANALYSEN - 21 - 2.5.1 Univariate deterministische Sensitivitätsanalysen - 21 - 2.5.2 Multivariate probabilistische Sensitivitätsanalyse - 22 - 3 ERGEBNISSE - 25 - 3.1 BASISFALLANALYSE - 25 - 3.2 SENSITIVITÄTSANALYSEN - 26 - 3.2.1 Univariate deterministische Sensitivitätsanalysen - 26 - 3.2.2 Multivariate probabilistische Sensitivitätsanalyse - 32 - 3.3 VALIDIERUNG - 33 - 3.3.1 Intern - 33 - 3.3.2 Extern - 33 - 4 DISKUSSION - 34 - 4.1 FAZIT - 34 - 4.2 LIMITATIONEN - 34 - REFERENZEN - 36 - ANHANG - 41 - ANHANG 1 INPUTDATENTABELLE - 41 - ANHANG 2 (MODELLCODE IN R) - 43 - Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Tabellenverzeichnis | Seite - 4 - Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Inputdaten zur Epidemiologie von HZ und PHN [15] - 11 - Tabelle 2: Vakzineeffektivität (VE) und Schutzdauer von Zostavax® - 13 - Tabelle 3: Vakzineeffektivität (VE) und Schutzdauer von Shingrix® - 14 - Tabelle 4: Betrachtete Perspektiven und Kostensektoren - 18 - Tabelle 5: Inputdaten zu Kosten von HZ und PHN aus beiden Perspektiven [15] - 18 - Tabelle 6: Lebensqualitätsdaten auf Basis von EQ-5D utilities [26] - 19 - Tabelle 7: Basisfallergebnisse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impfling 182€ , Impfquote von 35,3%, gesellschaftliche Perspektive (undiskontiert) - 25 - Tabelle 8: Basisfallergebnisse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impfling 182€ , gesellschaftliche Perspektive (diskontiert) - 26 - Tabelle 9: Sensitivitätsanalyse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impfling 182€ , Impfquote von 35,3%, GKV-Perspektive (undiskontiert) - 28 - Tabelle 10: Sensitivitätsanalyse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impfling 182€ , GKV-Perspektive (diskontiert) - 29 - Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Abbildungsverzeichnis | Seite - 5 - Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Varizellen und Herpes zoster -8- Abbildung 2: Schema Markov-Modell - 10 - Abbildung 3: Epidemiologie von HZ und PHN in Deutschland, * = noch nicht publiziert - 12 - Abbildung 4: Angenommene Schutzdauer von Zostavax® und Shingrix® zur Verhinderung von HZ in Jahren nach Impfung [36, 45, 46], (vgl. Tabelle 2 und Tabelle 3) - 16 - Abbildung 5: Angenommener altersabhängiger Impfschutz im Modell, Impfalter 60 Jahre - 16 - Abbildung 6: Behandlungskosten von HZ und PHN in Deutschland (gesellschaftliche Perspektive) - 19 - Abbildung 7: Beispiel für Variation der HZ Kosten in der probabilistischen Sensitivitäts analyse (Gesellschaftliche Perspektive) - 23 - Abbildung 8: Beispiel für Variation der HZ Utilities in der probabilistischen Sensitivitäts analyse - 24 - Abbildung 9: Sensitivitätsanalyse: Vermiedene HZ Fälle nach Impfquote, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren (undiskontiert), blau umrandet = Basisfallergebnis - 26 - Abbildung 10: Sensitivitätsanalyse: Vermiedene HZ Fälle und NNV-HZ nach Impfalter, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfquote von 35,3% (undiskontiert), blau umrandet = Basisfallergebnis - 27 - Abbildung 11: Sensitivitätsanalyse: ICER (€ /QALY) nach Impfalter, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige (diskontiert), blau umrandet = Basisfallergebnis - 28 - Abbildung 12: Deterministische Sensitivitätsanalyse: ICER (€ /QALY) Zostavax®, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren (diskontiert) - 30 - Abbildung 13: Deterministische Sensitivitätsanalyse: ICER (€ /QALY) Shingrix®, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren (diskontiert) - 31 - Abbildung 14: Anstieg der ICERs bei steigenden Impfkosten - 31 - Abbildung 15: Probabilistische Sensitivitätsanalyse: ICER (€ /QALY), Kohorte von 1 Mio. 50- Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren (diskontiert). Variation von: QALYs, Behandlungskosten, Epidemiologie, Effektivität - 32 - Abbildung 16: Kosteneffektivitätsakzeptanzkurve, probabilistische Sensitivitätsanalyse, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren (diskontiert) Variation von: QALYs, Behandlungskosten, Epidemiologie, Effektivität - 33 - Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Abkürzungen | Seite - 6 - Abkürzungen A IDS Acquired Immune Deficiency Syndrome AOK Allgemeine Ortskrankenkasse BCR Benefit-cost-ratio Bspw . Beispielsweise DR G Diagnosis related Groups EMA European Medicines Agency Epi Epidemiologie EQ -5 D EuroQol five dimensions G-BA Gemeinsamer Bundesausschuss GK V Gesetzliche Krankenversicherung GS K GlaxoSmithKline HIV Humane Immundefizienz-Virus HZ Herpes zoster ICER Incremental cost-effectiveness ratio KI Konfidenzintervall KV Kassenärztliche Vereinigung LTPS Long-term prevention study Ma x . Maximal Mi o. Million MS D Merck Sharp & Dohme NNV Number-needed-to-vaccinate p.a . Per annum PBE Plaque bildende Einheiten Persp. Perspektive PHN Postherpetische Neuralgie PJ Personenjahr Q A LY Quality adjusted life-year RKI Robert Koch-Institut SA Sensitivitätsanalyse S PS Shingles prevention study S TIK O Ständige Impfkommission S TPS Short-term prevention study TENS Transkutanen Elektrischen Nervenstimulation UA W Unerwünschten Arzneimittelwirkungen VE Vakzine Effektivität V gl. Vergleiche VZV Varizella-Zoster-Virus Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Zusammenfassung | Seite - 7 - Zusammenfassung Hintergrund: Nach einer Infektion mit Varizella-Zoster verbleibt das Virus lebenslang im Körper. Im späteren Lebensverlauf kann es als Herpes Zoster (HZ), ein schmerzhafter Hautausschlag, reaktivieren. In naher Zukunft werden zwei Impfstoffe gegen HZ (Zostavax®, Shingrix®) verfügbar sein. Ziel dieses Forschungsprojektes war es die möglichen epidemiologischen und gesundheitsökonomischen Effekte der HZ-Impfung für Deutschland zu ermitteln und zu bewerten. Methoden: Ein statisches Markov-Modell mit fünf Zuständen (Gesund, Tod, HZ, PHN und Gesund nach Erkrankung) und einer Zykluslänge von drei Monaten wurde hierfür weiterentwickelt. Das Modell verfolgt eine simulierte Kohorte von 1 Mio. 50-Jährigen bis zu deren Lebensende. Das Impfalter wurde zwischen 50 und 80 Jahren variiert. Beide Impfstoffe wurden jeweils mit dem Status quo (“Keine Impfung”) verglichen. Inzidenz- und Kostendaten stammen aus Deutschland; Daten zu Impfstoffeffektivität und qualitätskorrigierten Lebensjahren (QALYs) hingegen aus internationalen Studien. Neben den „number needed to vaccinate“ um einen HZ Fall zu verhindern (NNV-HZ) und der Anzahl der HZ-Fälle, die durch die Impfung insgesamt verhindert werden können, wurden in- krementelle Kosteneffektivitäts-Relationen (engl.: ICER): € /vermiedenem HZ Fall (€ /HZ) und € /gewonnenem QALY (€ /QALY) berechnet. Sämtliche Analysen wurden aus gesellschaftlicher Per- spektive inklusive indirekter Kosten berechnet. Neben einer Basisfallanalyse (Impfen im Alter von 60 Jahren, Immunisierungskosten von 182€ pro Impfling, 35,3% Impfquote und Diskontierung von Kosten und Nutzen mit jährlich 3%) wurden deskriptiv-univariate sowie probabilistische Sensitivi- tätsanalysen (SAs) durchgeführt, um den Einfluss unsicherer Inputfaktoren zu identifizieren. Das Modell wurde in R implementiert. Ergebnisse: Ohne HZ-Impfung erkranken in der Modellkohorte von 1 Mio. 50-Jähriger im Verlauf des weite- ren Lebens ca. 260.000 Personen an HZ. Im Basisfall müssten 55 (15) Personen mit Zostavax® (Shingrix®) geimpft werden um einen HZ-Fall zu verhindern. Insgesamt könnten nach Impfung mit Zostavax® (Shingrix®) 6.000 (22.000) HZ-Fälle und 1% (9%) der ohne Impfung auftretenden PHN-Fälle verhindert werden. Das Modell errechnete im Basisfall einen ICER für Zostavax® von 88.357€ /QALY und für Shingrix® von 23.934€ /QALY. Die Kosten pro vermiedenem HZ Fall belaufen sich bei Zostavax® (Shingrix®) auf 7.006€ (1.774€ ). Die SAs zeigten, dass abgesehen von einer höheren Impfquote, die zu mehr absolut verhinderten HZ Fällen führen würde, das Impfalter von 60 Jahren das kosteneffektivste Alter ist. Ein früheres aber auch späteres Impfen würde zu höheren NNV HZ und ICERs als im Basisfall führen. Weitere SAs zeigten, dass Änderungen bei der impfin- duzierten Schutzdauer und beim Impfstoffpreis den größten Einfluss auf die Ergebnisse haben. Bei einem Impfstoffpreis/Dosis von Zostavax® (Shingrix®) von
Hintergrund | Seite - 8 - 1 Hintergrund 1.1 Einführung Vor der Einführung der Routineimpfung gegen Varizellen bei Kindern im Jahr 2004, lag das Le- benszeitrisiko an Varizellen zu erkranken bei nahezu 100% [1-3]. Nach durchgemachter Varizellen- Erkrankung persistiert das Varizella Zoster Virus (VZV) ein Leben lang in den dorsalen Wurzelgang- lien des menschlichen Körpers [4] (Abbildung 1). Im weiteren Verlauf des Lebens, zumeist ab der 5. Lebensdekade, kann sich das Virus aufgrund sinkender VZV-spezifischer Immunabwehr wieder reaktivieren und in Form des Herpes zoster (HZ) manifestieren [5-7]. Abbildung 1: Varizellen und Herpes zoster1 HZ ist ein lokal begrenzter schmerzhafter Hautausschlag im Bereich der Hautdermatome der betroffenen Nerven und dauert durchschnittlich vier Wochen an [8-10]. Das Lebenszeitrisiko an HZ zu erkranken liegt zwischen 20 und 30% [11], wobei das Risiko an HZ zu erkranken und die Krank- heitsschwere mit dem Alter ansteigen [5, 12-14]. In Deutschland liegt die HZ Inzidenz bei ≥ 50- Jährigen bei etwa 9 HZ Fällen pro 1.000 Personenjahre (PJ) was vergleichbar mit der HZ Inzidenz anderer Industrieländer ist [15-19]. Die häufigste Komplikation des HZ ist die postherpetische Neu- ralgie (PHN) ein oftmals mehrere Monate andauernder neuralgischer Schmerz im Bereich, der zuvor vom Hautausschlag betroffen war [6, 20-23]. Zwischen 6 und 20% der HZ Fälle im Alter über 50 Jahren entwickelt eine PHN in Deutschland [15, 16, 24]. Sowohl HZ als auch PHN verursachen beim betroffenen Patienten eine Einschränkung der Lebensqualität [25-28]. Die Therapieoptionen, um HZ und PHN zu heilen bzw. zu verhindern, sind sehr limitiert [29-32]. Insbesondere scheint eine systemische antivirale Therapie den Schmerz kaum zu lindern und das Risiko einer PHN nicht zu senken [33]. Im Jahr 2006 wurde ein attenuierter HZ Lebendimpfstoff, Zostavax®, von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zugelassen [34]. Die Zulassung beruht auf einer doppel-verblindeten randomisierten Placebo kontrollierten klinischen Studie bei ≥50-Jährigen [23]. In den meisten euro- päischen Ländern war dieser Impfstoff etwa ab dem Jahr 2013 verfügbar. Ein weiterer Impfstoffkan- didat, Shingrix®, der noch keine Zulassung hat (Stand August 2017), wurde bereits ebenfalls im Rahmen von klinischen Phase III Studien auf seine Effektivität hin getestet [35, 36]. Die entspre- chenden Daten zur Effektivität beider Impfstoffe werden im Methodenteil (Abschnitt 2.2.2) dieses Berichtes näher beschrieben. 1 Eigene Darstellung, Quelle: © Fotolia 2017 Teil der Adobe Familie Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 9 - 1.2 Forschungsfrage Ziel dieses Forschungsprojektes war es mittels einer gesundheitsökonomischen Evaluation zu analysieren, welchen Einfluss eine Impfung gegen HZ und PHN auf Fallzahlen, Lebensqualität und Kosten hat und was die effizienteste Impfstrategie ist. Hierzu wurde ein bereits bestehendes Mo- dell [37], das ausschließlich Zostavax® analysierte, weiterentwickelt, um einerseits die aktuellsten Kenntnisstand und andererseits den noch nicht zugelassenen Impfstoffkandidaten Shingrix® zu berücksichtigen. 2 Methoden 2.1 Modell Entsprechend europäischer Experten und im Einklang mit den Methodenvorgaben der Ständi- gen Impfkommission wurde ein statisches Kohorten-Markov-Modell verwendet, bzw. ein bestehen- des weiterentwickelt. Da bei der HZ Impfung weder positive noch negative indirekte Effekte zu er- warten sind, wurde kein dynamisches Populationsmodell verwendet [38-40]. Auf Basis von Daten zur Lebenserwartung in Deutschland wurde im Modell eine fiktive Kohorte von 1 Million 50- Jährigen über deren gesamte Lebenszeit bis hin zu deren Tod simuliert [37]. Das Modell vergleicht Ergebnisse einer Strategie, in der die Kohorte nicht geimpft wird, mir Ergebnissen aus Strategien in denen bei einer angenommenen Impfquote von 35,3% (Basisfallannahme) ein Teil der Kohorte mit Zostavax® bzw. mit Shingrix® geimpft wird (Abbildung 2). Innerhalb jeder Strategie verfügt das Modell über fünf Zustände: „Gesund“, „Tod“, „HZ“, „PHN“ und „Gesund nach Erkrankung“. Nach einer Zykluslänge von drei Monaten können Teile der Kohorte abhängig von Übergangswahrschein- lichkeiten in andere Zustände übergehen, bspw. von HZ zu „Gesund nach Erkrankung“. Die Imp- fung findet im Zustand „Gesund“ statt. Der Zustand „Tod“ ist ein absorbierender Zustand. Der Zustand „PHN“, der theoretisch drei Monate (eine Zykluslänge) nach HZ Beginn erreicht werden kann, stellt einen „Tunnel“- Zustand dar. In diesem muss eine festgelegte Zeit (die durchschnittli- che Dauer von PHN wurde mit 9 Monaten angesetzt [22, 25], also drei Zykluslängen) verweilt wer- den, bevor dieser Zustand verlassen wird. In den entsprechenden Zuständen wurden (Behand- lungs-) Kosten, Anzahl der Fälle (HZ oder PHN), sowie Lebensqualität über die gesamte Model- laufzeit aufsummiert. Das Modell berücksichtigt weder ein Versterben aufgrund HZ, noch eine HZ- Widererkranken, noch potentielle unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) durch Impfung. Das Modell wurde in der Programmiersprache „R“ implementiert. Beide Impfstrategien wurden im Modell jeweils mit der Strategie „keine Impfung“ verglichen. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 10 - Abbildung 2: Schema Markov-Modell 2.2 Inputdaten 2.2.1 Epidemiologie Abrechnungsdaten der AOK Hessen und Daten der KV-Impfsurveillance wurden für die Inzidenz von HZ und den Anteil der PHN herangezogen. Die Analyse orientierte sich an der Richtlinie „Gute Praxis Sekundärdatenanalyse“ [15, 16, 38-40]. Ambulant behandelte HZ Fälle wurden mittels ICD-10 Code „B02.*“ und „G53.0“ identifiziert, sofern die Diagnose in den Daten als „Verdacht“ oder „Ge- sichert“ eingestuft worden war. Hospitalisierte Fälle wurden auf Basis der entsprechenden DRGs (B73Z, B81B, C60Z, T63B, T63C, J64B) eingeschlossen. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 11 - Tabelle 1: Inputdaten zur Epidemiologie von HZ und PHN [15] Alter HZ Inzidenz HZ Inzidenz PHN PHN (Jahre) (Männer) (Frauen) (Zeitl. (Diagnose Definition) Definition)2 Fälle pro 1.000 Personenjahre Anteil an HZ Fällen in % 0-14 2,43 3 0 3,64 15-19 2,97 3,67 0 3,64 20-24 3,04 3,79 0 10,16 25-29 3,13 3,9 0 10,16 30-34 3,23 3,98 1,18 12,49 35-39 3,33 4,15 1,18 12,49 40-44 3,38 4,41 3,43 13,79 45-49 3,67 5,43 3,43 13,79 50-54 4,64 7,8 3,38 17,27 55-59 5,84 9,31 3,38 17,27 60-64 7,22 10,59 4,92 20,51 65-69 8,95 12,30 4,92 20,51 70-74 9,87 12,58 7,85 24,05 75-79 10,96 13,02 7,85 24,05 80-84 11,35 13,14 7,8 26,03 85-89 11,65 12,91 7,8 26,03 90+ 11,98 13,57 7,8 26,03 Bei der Identifikation von HZ Fällen mit PHN, wurden verschiedene Verfahren herangezogen. Einerseits wurden PHN Fälle mit dem Ansatz „Zeitliche Definition“ identifiziert [15]. Dazu wurden HZ Fälle nur als PHN Fälle eingestuft, sofern eine entsprechende PHN Diagnose oder PHN Medi- kation mindestens drei Monate nach HZ Diagnose vorlag [15]. Ein weniger konservativer Ansatz zur Identifikation von PHN Fällen war die sogenannte „Diagnose Definition“. Hier wurden alle HZ Fälle mit einer PHN Diagnosecodierung, unabhängig davon, in welchem zeitlichem Abstand diese zur initialen HZ Diagnosestellung war, als PHN Fall eingestuft2. 2 Daten werden zur Publikation vorbereitet Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 12 - 15 HZ-Inzidenz (Männer) HZ-Inzidenz (Frauen) 30 PHN (Zeitl. Definition) PHN (Diagnose Definition)* HZ Inzidenz (Fälle / 1.000 PJ) 12.5 25 PHN Anteil an HZ Fällen (%) 10 20 7.5 15 5 10 2.5 5 0 0 Alter (Jahre) Abbildung 3: Epidemiologie von HZ und PHN in Deutschland, * = noch nicht publiziert 2.2.2 Impfstoffe a. Zostavax® Zostavax® (Merck Sharp & Dohme (MSD)) wurde am 19. Mai 2006 von der Europäischen Arz- neimittelagentur (EMA) für Europa zugelassen [41]. Der Impfstoff ist seit September 2013 in Deutschland verfügbar. Eine Dosis (0,65 ml) des rekonstituierten HZ Lebendimpfstoffs (Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionssuspension) enthält mindestens 19.400 PBE (Plaque bildende Einheiten) des attenuierten Varizella-Zoster-Virus, Stamm Oka/Merck. Zostavax® ist zur Prävention von HZ und die durch HZ verursachte PHN ab dem Alter von 50 Jahren mit einer 1- maligen Impfung zugelassen. Die Notwendigkeit und der Zeitraum einer Wiederimpfung mit Zostavax® sind noch nicht bestimmt. Die Impfung ist kontraindiziert bei angeborener oder erwor- bener Immundefizienz (z.B. als Folge einer akuten oder chronischen Leukämie, eines Lymphoms, anderer Erkrankungen des Knochenmarks oder des lymphatischen Systems oder als Folge von HIV/AIDS), bei immunsuppressiver Therapie (einschließlich hoher Dosen von Kortikosteroiden), bei aktiver unbehandelter Tuberkulose, in der Schwangerschaft sowie bei bekannter Überempfind- lichkeit gegen Bestandteile des Impfstoffs. Der Impfstoff kann zeitgleich mit einem inaktivierten Influenza-Impfstoff an verschiedenen Körperstellen verabreicht werden. Zostavax® und der 23- valente Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff Pneumovax® dürfen nicht zeitgleich verabreicht werden, da die Immunogenität des HZ Lebendimpfstoffs negativ beeinflusst wird. Bezüglich der zeitgleichen Anwendung mit anderen Impfstoffen liegen keine Daten vor. Zostavax® kann bei Personen im Alter ≥50 Jahren HZ verhindern [23, 42]. Die VE ist stark alters- abhängig und nimmt mit steigendem Alter ab. Die VE zum Schutz vor HZ reduziert sich von 70% bei den 50-59-Jährigen auf 41% bei den 70-79-Jährigen. Bei den ≥80-Jährigen ist die VE noch niedri- ger und beträgt weniger als 20%. Auch das Auftreten von PHN nach einer HZ Erkrankung kann durch Zostavax® verhindert wer- den. Die Wirksamkeit ist ebenfalls altersabhängig. Bei den 60-69-Jährigen beträgt die Vakzine- Effektivität (VE) 65% und bei den 70-79-Jährigen 74%. Bei den ≥80-Jährigen ist die Impfstoffwirk- Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 13 - samkeit zum Schutz vor PHN deutlich geringer; eine eindeutige Aussage ist aufgrund der geringen Teilnehmerzahl in dieser Gruppe nicht möglich. Das Konfidenzintervall (KI) um den Punktschätzer ist weit und schließt die „kein-Effekt-Linie“ mit ein. Daten, die die Wirksamkeit zum Schutz vor PHN bei den 50-59-jährigen untersuchen, existieren nicht. Daten zur Dauer des Impfschutzes lieferten die Shingles Prevention Study (SPS) und ihre Follow-up-Studien (Short Term Prevention Study, STPS und Long Term Prevention Study, LTPS) [23, 43, 44]. Zusätzlich wurden Ergebnisse einer Post-Marketing-Studie bei Versicherten der Kayser Permanente berücksichtigt [45, 46]. Wie die Ergebnisse aus den Langzeitbeobachtungen zeigen, vermittelt Zostavax® nur einen temporären Schutz vor HZ. Diese Studien liefern Daten über einen Zeitraum von 8 bis 11 Jahren nach Impfung. In den Studien zeigt sich bereits im 2. Jahr nach Imp- fung ein deutlicher Abfall der VE zum Schutz vor HZ von >60% auf
Methoden | Seite - 14 - PHN mehr auftreten. Lässt der Impfschutz gegen den Zoster über die Zeit nach ist auch die Ver- hinderung der PHN unsicher. Der HZ Lebendimpfstoff vermittelt demnach einen Schutz vor HZ und PHN, jedoch sind der Impfschutz in höheren Altersgruppen und die Dauer des vermittelten Impfschutzes limitiert. Basierend auf den Ergebnissen der klinischen Studien ist die Anwendung des HZ Lebendimpf- stoffes bei >50-Jährigen sicher und wird im Allgemeinen gut vertragen [23, 42, 47-50]. Lokale Reak- tionen an der Einstichstelle (Schwellung, Schmerzen und Rötung) traten zwar häufiger bei Geimpf- ten auf, aber sie waren meist von milder Intensität und kurzer Dauer (
Methoden | Seite - 15 - Das Auftreten von PHN nach einer HZ-Erkrankung kann ebenfalls verhindert werden [36]. Die Wirksamkeit gegenüber PHN ist genauso altersabhängig, nimmt mit höherem Alter ab (95% bei den 50-59-Jährigen bzw. 87% bei den 70-79-Jährigen) und beträgt über alle Altersgruppen 82% (Tabelle 3). Bei ≥80-Jährigen ist die Wirksamkeit zum Schutz vor PHN deutlich geringer (44%), eine eindeutige Aussage ist aufgrund der geringen Anzahl der Ereignisse und der geringen Teil- nehmerzahl in dieser Gruppe jedoch nicht möglich. Das KI um den Punktschätzer ist weit und schließt die „kein-Effekt-Linie“ mit ein. Hinsichtlich der VE von Shingrix® zur Verhinderung der PHN kann man festhalten, dass der Impfstoff HZ so wirksam verhindert, dass das Auftreten der PHN primär über die Verhinderung der HZ-Erkrankung erfolgt. Daten zur derzeit bekannten Dauer des Impfschutzes liefert die gepoolte Analyse der ZOE 50 (ZOster Efficacy in adults aged 50 years and over) und ZOE 70 Studien für einen Zeitraum von 4 Jahren nach Impfung. Die VE zum Schutz vor HZ nimmt von 97% auf 85% ab und die Effektivität zur Verhinderung von PHN von 98% auf 88%. Generell kann festgehalten werden, dass der Impf- schutz den Shingrix® vermittelt ebenfalls alters- und zeitabhängig ist, dass der Schutz aber mit dem Alter und über die Zeit viel weniger stark abfällt als der durch Zostavax® vermittelte Schutz. Die starke Immunogenität von Shingrix® geht mit einen relativ hohen Anteil an Lokalreaktionen einher. Lokalreaktionen treten bei 81% der mit Shingrix® Geimpften auf im Vergleich zu 12% der Personen aus der Plazebo-Gruppe. Systemische Reaktionen wie z.B. Fieber trat bei 20% der Pro- banden aus der Verum-Gruppe und bei 3% der Plazebo-Empfänger auf. Es handelt sich dabei um eine vorübergehende, wenige Tage andauernde Symptomatik. c. Nachlassen des impfinduzierten Schutzes Der Impfschutz (VE) gegen HZ wird abhängig vom Alter, vom Impfalter und vom Impfstoff mo- delliert. VE nimmt dabei mit zunehmendem Alter linear ab: Dabei stehen für das Impfalter und für das aktuelle Alter des Impflings. Die anfängliche ist ebenso abhängig vom Impfalter. Der Abfall des Impfschutzes über die Zeit (vgl. Waning) wird über den Parameter gesteuert. Sowohl als auch werden auf Basis von Daten zur Impfwirksamkeit im Verlauf geschätzt (siehe Tabelle 2 und Tabelle 3). Die Schätzung basiert auf der Methode der kleinsten Quadrate. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 16 - 100 VE-HZ Shingrix® 90 VE-HZ Zostavax® 80 70 VE gegen HZ (%) 60 50 40 30 20 10 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Jahr nach Impfung Abbildung 4: Angenommene Schutzdauer von Zostavax® und Shingrix® zur Verhinderung von HZ in Jahren nach Impfung [36, 45, 46], (vgl. Tabelle 2 und Tabelle 3) Abbildung 4 zeigt, wie das Waning der VE beider Impfstoffe im Modell angenommen wurde. Es wurde basierend auf den Datenpunkten „VE Jahre nach Impfung“ beider Impfstoffe (vgl. Tabelle 2 und Tabelle 3) jeweils lineare Trendanalysen durchgeführt und als Waning der VE bezeichnet (sie- he gestrichelte Linien in Abbildung 4). Diese Informationen wurden verwendet, um das Waning nach Impfalter im Modell zu implementieren. Für Sensitivitätsanalysen (SAs) wurden auch lineare Trendanalysen der unteren und oberen Grenzen der KIs der VE beider Impfstoffe durchge- führt (siehe gepunktete Linien in Abbildung 4). Die Flächen jeweils zwischen den türkisen und orangen Punktelinien spiegeln somit den ganzen Bereich einer möglichen Schutzdauer beider Impfstoffe wider. Aufgrund der geringeren Datenlage bei Shingrix® ist hier die Fläche und damit die Unsicherheit größer (siehe gepunktete Linien in Abbildung 4). 100 Shingrix® 90 Zostavax® 80 70 VE gegen HZ (%) 60 50 40 30 20 10 0 50 60 70 80 90 100 Impfalter (Jahre) Abbildung 5: Angenommener altersabhängiger Impfschutz im Modell, Impfalter 60 Jahre Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 17 - In Abbildung 5 sind jeweils die Punktschätzer (vgl. Tabelle 2 und Tabelle 3) der VEs beim Impfal- ter 60 Jahre und Impfstoff abgebildet. Davon ausgehend wurden von den Punktschätzern und Kon- fidenzintervallen das jeweilige Waning auf Basis von Abbildung 4 angenommen. Das Waning-Modell für den Schutz gegen PHN wird auf die gleiche Weise formuliert und Para- meter werden auf die gleiche Weise geschätzt. Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass im Modell die zusätzliche VE gegen PHN berechnet wird. Das heißt der PHN VE drückt den Schutz (vgl. 1 minus relatives Risiko) gegen die Entwicklung einer PHN aus, unter der Voraussetzung man ist bereits an HZ erkrankt. VE wird hier also nicht-sequentiell angenommen, d.h. das Modell be- rücksichtigt VE gegen HZ und zusätzlich VE gegen PHN [51]. 2.2.3 Kostendaten Auf der Basis von Abrechnungsdaten der AOK Hessen wurden die Kosten zur Behandlung von HZ und PHN ausgewertet. Sämtliche Sektoren des Gesundheitssystems wurden hierbei betrach- tet [15]: • Krankengeld (Transferleistung), • HZ/PHN relevante Medikationskosten • Heilmittel (vgl. „Transkutanen Elektrischen Nervenstimulation“, TENS) • Stationäre Behandlung • Arbeitsunfähigkeit bei berufstätigen und arbeitssuchenden Patienten (Hierbei wurden Voll- und Teilzeitarbeitsverhältnisse berücksichtigt) • Patientenseitige Zuzahlungen für Personen ab 18 Jahren zu Medikamenten und Heilmit- teln (10% des (Festbetrags-)Preises, mindestens 5 und maximal 10 Euro, aber niemals mehr als der Preis selbst), • 10 Euro quartalsbezogene Praxisgebühr (bis Ende 2012) • 10 Euro pro Krankenhaustag (maximal 28 Tage) Kosten wie Krankengeld, Arbeitsunfähigkeit, stationäre Behandlung und diverse Zuzahlungen können im deutschen GKV Abrechnungssystem direkt einer (HZ oder PHN) Diagnose zugeordnet werden. Alle Diagnose-unspezifischen Kosten, wie Praxisgebühr, (Schmerz-) Medikation, Heilmittel und einzelne ambulante Leistungen wurden über einen Kontrollgruppenansatz berechnet. Kontrol- len (ohne HZ/PHN Diagnose) wurden über Alter, Geschlecht, Behandlungskosten 12 Monate vor der HZ Diagnose und Arbeitsausfallanspruch (Status Berufstätigkeit oder Arbeitssuchend) den Fällen zugeordnet. Die Differenz in den Behandlungskosten im Jahr nach der HZ/PHN Diagnose wurde dem HZ bzw. der PHN zugeordnet [15]. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 18 - Tabelle 4: Betrachtete Perspektiven und Kostensektoren Perspektive Kostensektor Diagnosespezifische Kostenberechnung Krankengeld (Transferleistung) Ja GKV-Perspektive Ambulante Behandlung Nein Arzneimittelkosten bei ambulanter Behandlung Nein Gesellschaftliche Heilmittel Nein Stationäre Behandlung Ja Perspektive Arbeitsausfall Ja Patienten-Zuzahlung Nein/Ja Die durchschnittlichen Fallkosten von HZ und PHN wurden getrennt nach Alter und • GKV-Perspektive (umfasst: Krankengeld (Transferleistung) und direkte Kosten (ambu- lante und stationäre Behandlung, Arzneimittelkosten und Heilmittel)) und • Gesellschaftlicher Perspektive (GKV-Perspektive minus Transferleistung plus indirekte Kosten (Arbeitsausfall und Patienten-Zuzahlung)) in Euro zum Jahr 2010 dargestellt (siehe Tabelle 2, Tabelle 3 und Abbildung 5). Tabelle 5: Inputdaten zu Kosten von HZ und PHN aus beiden Perspektiven [15] Alters- HZ HZ PHN PHN gruppe (GKV-Persp.) (Gesells. Persp) (GKV-Persp.) (Gesells. Persp) 50-59 193€ 570€ 872€ 1.339€ 60-69 226€ 338€ 1.349€ 2.137€ 70-79 203€ 214€ 1.172€ 1.218€ 80+ 320€ 331€ 642€ 676€ Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 19 - 2,500 PHN (Ges. Persp) HZ (Ges. Persp) 2,000 Kosten / Fall (€) 1,500 2,137 1,339 1,000 1,218 676 500 570 338 214 331 0 50-59 60-69 70-79 80+ Alter (Jahre) Abbildung 6: Behandlungskosten von HZ und PHN in Deutschland (gesellschaftliche Perspektive) 2.2.4 Daten zur Lebensqualität Daten zur Lebensqualität bei HZ und PHN Patienten lagen für Deutschland nicht vor. Darum wurden Daten aus Kanada, die am ehesten zum deutschen Setting passen, herangezogen [26]. Für Gesunde wurde unabhängig vom Alter eine Lebensqualität von 1 (völlig gesund) angenommen. Diese Annahme wurde in deterministischen Sensitivitätsanalysen variiert. Tabelle 6: Lebensqualitätsdaten auf Basis von EQ-5D utilities [26] Altersgruppe (Jahre) HZ PHN 95% KI 95% KI 50-60 0,68 0,61 - 0,745 0,725 0,63 - 0,815 61-70 0,6 0,525 - 0,67 0,68 0,605 - 0,76 71+ 0,62 0,55 - 0,69 0,64 0,57 - 0,705 2.3 Validierung 2.3.1 Intern Das Modell wurde einer internen Validierung unterzogen. Zum einen wurde getestet, ob Verän- derung von Inputdaten zu erwarteten Änderungen in den Ergebnissen führte. In einem separaten Schritt wurden mit diesem Modell Inputdaten, Struktur und Annahmen aus einer früheren Modellversion, die in der Software „TreeAge“ programmiert wurde, durchgerechnet. Die generierten Ergebnisse beider Modelle wurden dann miteinander verglichen. 2.3.2 Extern Die Modellergebnisse wurden zumindest in Bezug auf die Ergebnisse zu Zostavax® mit Ergeb- nissen aus anderen (internationalen) Studien verglichen. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 20 - 2.4 Basisfallanalyse Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden verschiedene Endpunkte mit Hilfe dieses Mo- dells analysiert. Es wurde die Gesamtzahl der HZ Fälle für die jeweiligen Szenarien ermittelt. Dar- aus resultierte die Zahl der HZ Fälle, die durch die Impfungen verhindert werden können. Darüber hinaus wurde für jeden Impfstoff separat berechnet, wie viele Personen geimpft werden müssen, um einen HZ oder PHN Fall zu verhindern bzw. um ein qualitätskorrigiertes Lebensjahr (QALY) zu generieren (vgl. Number needed to vaccinate, NNV). Die Gesamtkosten und Effekte wurden so- wohl im Status-quo wie auch in den Impfszenarien errechnet. Davon gesondert wurden die gesam- ten Kosten für die Impfung der Kohorte kalkuliert. Weiter wurde analysiert, wie sich die Differenz aus gesamten Behandlungskosten im Status quo und in den Impf-Szenarien im Verhältnis zu den gesamten Impfkosten darstellt (vgl. benefit-cost-ratio, BCR = Vermiedene Behandlungskosten / Impfkosten). Die inkrementellen Kosten-Effektivitäts-Relationen (englisch ICER) aus der gesellschaftlichen Perspektive waren ebenfalls relevante Endpunkte. Mittels dieser ICER wurden je nach Impfszenario die Kosten berechnet, um einen HZ oder PHN Fall durch die Impfung zu verhindern (inkrementelle Kosten-Effektivitäts-Analysen) bzw. ein QALY durch die Impfung zu generieren (inkrementelle Kos- ten-Nutzwert-Analyse). In der Basisfallanalyse wurden Daten zur HZ Epidemiologie und zur PHN Epidemiologie (An- satz „Zeitliche Definition“, siehe Abschnitt 2.2.1), sowie die Hintergrundmortalität herangezogen [52]. Die Effektivität und Schutzdauer beider Impfstoffe wurden gemäß den Darstellungen in Ab- schnitt 2.2.2 im Basisfall verwendet. Als Behandlungskosten wurden die Punktschätzer aus Abrechnungsdaten (siehe Abschnitt 2.2.3) verwendet. Die Kosten für Zostavax® wurden mit 175€ 3 pro Dosis angesetzt. Das Impfhonorar wurde mit 7€ pro Impfung beziffert [37]. Daraus folgen Impfstoffkosten für eine Dosis Zostavax® von 182€ im Basisfall. Für den anderen Impfstoff, Shingrix®, lagen aufgrund der noch fehlenden Zulassung keine Informationen zum Impfstoffpreis vor. In der Basisfallanalyse wurden darum die gleichen Impfkosten wie für Zostavax® angesetzt. Dies bedeutet, dass der theoretische Preis von Shingrix pro Dosis 84€ 4 betrug. Die in Abschnitt 2.2.4 beschriebenen Inputdaten zur Lebensquali- tätsdaten von an HZ und oder PHN Erkrankten und die Daten zu Gesunden wurden entsprechen- den im Modell implementiert. Gemäß dem Methodenpapier der STIKO wurden Kosten und Effekte, sofern sie in der Basisfallanalyse als ICER dargestellt werden, mit jeweils 3% p.a. diskontiert und aus gesellschaftlicher Perspektive dargestellt [51, 53]. Neben den oben genannten Inputdaten wurden für die Basisfallanalyse auch verschiedene An- nahmen getroffen: Es wurde angenommen, dass die gesamte Kohorte von 1 Mio. 50-Jähriger VZV positiv ist. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass man in der Basisfallanalyse nur einmal an HZ erkranken kann und davon nicht verstirbt. Geimpft wurde im Alter von 60 Jahren mit einer Impf- quote von 35,3% entsprechend der Impfquote bei der saisonalen Influenzaimpfung bei über 60- Jährigen in Deutschland [54]. 3 Apothekenverkaufspreis, Rote-Liste, Stand Dezember 2016 4 Preis pro Dosis Shingrix® = Impfkosten mit Zostavax® minus 2 mal Impfhonorar geteilt durch 2 Dosen = (182€ - 2 x 7€ ) / 2 = 84€ Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 21 - 2.5 Sensitivitätsanalysen Grundlage einer jeden Sensitivitätsanalyse (SA) war immer die Kohorte von 1 Mio. VZV-positive 50-Jährige, die über deren gesamte Lebenszeit hinweg beobachtet wurde. 2.5.1 Univariate deterministische Sensitivitätsanalysen Ziel von univariaten deterministischen SAs ist es die Unsicherheit, die sich aus i. Inputdaten, ii. methodisch-normativen Festlegungen oder iii. der Modellstruktur ergeben können zu analysieren und deren Einfluss auf die Modellergebnisse darzustellen, um die Robustheit des Modells abzubilden [51]. a. Verhinderte HZ Fälle nach Impfquote Das Modell wurde mehrmals nacheinander durchgerechnet, wobei jeweils eine andere Impfquo- te bei einem Impfalter von 60 Jahren angenommen wurde. Angenommene Impfquoten waren: 20%, 35,3% (Basisfall), 40%, 60% und 80%. Ziel war es für jede angenommene Impfquote die Anzahl der je Impfstoff verhinderten HZ Fällen im Vergleich zu “Keine Impfung” zu erhalten. b. Verhinderte HZ Fälle und NNV-HZ nach Impfalter Das Modell wurde mehrmals nacheinander durchgerechnet, wobei jeweils ein anderes Impfalter (50, 60, 70 oder 80 Jahre) angenommen wurde. Die Impfquote blieb bei 35,3%. Ziel war es für jedes Impfalter die Anzahl der je Impfstoff verhinderten HZ Fälle und die NNV in Bezug auf HZ (NNV- HZ) im Vergleich zu “Keine Impfung” zu erhalten. c. Effizientestes Impfalter Das Modell wurde mehrmals durchgerechnet, wobei jeweils ein anderes Impfalter (50, 60, 70 oder 80 Jahre) angenommen wurde. Die Impfquote blieb bei 35,3%. Ziel war es für jedes Impfalter die ICERs je Impfstoff zu i. Kosten pro vermiedenen HZ Fall ii. Kosten pro gewonnenem QALY im Vergleich zu “Keine Impfung“ zu erhalten. d. GKV-Perspektive Entsprechend der Analysen im Basisfall wurden hier sämtliche Analysen aus der GKV- Perspektive berechnet: Ergebnisse zu Behandlungskosten, vermiedene Behandlungskosten, Impf- kosten, Gesamtkosten und BCR. Des Weiteren wurden ICERs zu Kosten pro vermiedenen HZ Fall, Kosten pro vermiedenen PHN Fall und Kosten pro gewonnenem QALY berechnet. e. Tornado-Diagramm Ausgehend vom Basisfall wurden nacheinander folgende Aspekte variiert und die daraus fol- genden Ergebnisse in einem Tornado-Diagramm dargestellt: Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 22 - I m p f i n d u z i e r t e S c h u t z d a u e r : Im Basisfall orientiert sich die Schutzdauer beider Impfstoffe an den Inputdaten und am Waning-Ansatz (vgl. Abschnitt 2.2.2). Im Rahmen dieser SA wird einmal eine Schutzdauer beider Impfstoffe von lediglich 5 Jahren angenommen. Andererseits wird für beide Impfstoffe ein Lebenslanger Schutz, also ohne Waning angesetzt. I m p f k o s t e n : I m Basisfall werden für beide Impfstoffe Impfkosten (Impfstoff und Impfho- norar) von 182€ angesetzt. In dieser Analyse wurden einmal Impfkosten von 82€ und von 282€ jeweils für beide Impfstoffe angenommen. P H N D i a g n o s e A n s a t z : Während in der Basisfallanalyse die PHN Daten basierend auf dem „Zeitlichen“ Ansatz verwendet wurden, wurden in dieser Analyse Werte basierend auf dem „Diagnose“ Ansatz (vgl. Abschnitt 2.2.1) herangezogen. D i s k o n t i e r u n g : Abweichend vom Basisfall (3% Kosten und 3% Effekte p.a.) wurden in dieser Analyse einmal 3% Kosten und 1% Effekte p.a. sowie 5% Kosten und 5% Effekte verwen- det (siehe STIKO Methoden [53]). H Z m i t W i e d e r e r k r a n k u n g : Anstatt wie im Basisfall des Modells nur eine einmalige Erkrankung an HZ anzunehmen, wird im Rahmen dieser Analyse angenommen, dass eine Wieder- erkrankung an HZ frühestens theoretisch drei Monate nach Beginn der vorherigen HZ Episode möglich ist. G e r i n g e r e L e b e n s q u a l i t ä t b e i G e s u n d e n : Für Gesunde im Modell wird aus Gründen der Vereinfachung eine Lebensqualität (vgl. Utility-Wert) von 1, völlig gesund, angenom- men. Dies kann bei einer Bevölkerung über 50 Jahre eine gewisse Überschätzung darstellen, wenn man eine höhere Wahrscheinlichkeit von (Multi-)Morbidität annimmt. Darum wird im Rahmen dieser SA für Gesunde nicht der Wert 1 sondern 0,975 [55] angesetzt, um den Einfluss dieser poten- tiellen Überschätzung auf die Ergebnisse abzubilden. f. Kosteneinsparende Impfkosten Im Rahmen dieser Analyse wurden die Impfkosten (Impfhonorar blieb fix bei 7€ ) variiert, bis für beide Impfstoffe Ergebnisse errechnet wurden, die aus gesellschaftlicher Perspektive gemessen in ICERs (Kosten pro gewonnenem QALY) zu Kosteneinsparungen führen würden. g. Impfstoffpreise, die zu gleichen ICERs führen. Hier wurden die Impfkosten (Impfhonorar blieb fix bei 7€ ) variiert, bis für beide Impfstoffe glei- che ICERs (Kosten pro gewonnenem QALY) aus gesellschaftlicher Perspektive resultierten. 2.5.2 Multivariate probabilistische Sensitivitätsanalyse Im Gegensatz zur univariaten deterministischen SA zielt die multivariate probabilistische SA le- diglich auf die Analyse der Parameterunsicherheit ab [51]. Bei dieser SA wird weder die Struktur des Modells verändert noch normativ festgelegte Werte wie bspw. Impfstoffpreis oder Diskontierungs- rate variiert. Vielmehr werden relevante Inputparameter im Rahmen ihrer Wahrscheinlichkeitsver- teilung zeitgleich variiert. Das Modell wird im Gegensatz zur deterministischen SA nicht nur einmal durchgerechnet, sondern (hier) 10.000 Mal (vgl. Monte Carlo Simulationen [56]). Die Behandlungskosten von HZ und PHN wurden im Rahmen der KI [15] und auf Basis einer Gamma-Wahrscheinlichkeitsverteilung variiert. Abbildung 7 zeigt exemplarisch für die Behand- Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 23 - lungskosten (aus gesellschaftlicher Perspektive) von HZ welche unterschiedlichen Kosten wie häu- fig im Rahmen der 10.000 Modelldurchläufe angesetzt wurden. Häufigkeit Behandlungskosten aus gesellschaftlicher Perspektive (€ ) Abbildung 7: Beispiel für Variation der HZ Kosten in der probabilistischen Sensitivitätsanalyse (Gesellschaftliche Perspektive) Die Lebensqualität bei HZ und PHN Erkrankten wurden im Rahmen der KI [26] und auf Basis einer Beta-Wahrscheinlichkeitsverteilung variiert. Entsprechend der vorherigen Abbildung zeigt Abbildung 8 exemplarisch für die Lebensqualitätsdaten zu HZ welche unterschiedlichen Werte wie häufig im Rahmen der 10.000 Modelldurchläufe angesetzt wurden. Die Epidemiologie von HZ und PHN wurden im Rahmen der KI [15] und auf Basis einer Gamma-Wahrscheinlichkeitsverteilung variiert. Die Impfstoffeffektivitäten hingegen wurden im Rahmen der ermittelten Streuung in den Zulassungsstudien (KI [23, 35, 36, 42-46]) und auf Basis einer Standardnormal- Wahrscheinlichkeitsverteilung variiert. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Methoden | Seite - 24 - Häufigkeit Lebensqualitätsdaten bei HZ (Utilities) Abbildung 8: Beispiel für Variation der HZ Utilities in der probabilistischen Sensitivitätsanalyse a. Punktediagramm Das Ergebnis einer probabilistischen SA wird mittels eines Punktediagramms (vgl. Scatterplot) dargestellt, wobei auf der X-Achse die inkrementellen Effekte (inkrementelle QALYs) und auf der y- Achse die inkrementellen Kosten (Euro) angegeben sind. Dies soll die Streuung der Modellergeb- nisse, basierend auf der zugrundeliegenden Parameterunsicherheit, abbilden. b. Kosten-Effektivitäts-Akzeptanzkurve In Deutschland kommen, wie in den meisten anderen Ländern weltweit, keine offiziellen Schwel- lenwerte zur Anwendung, um zu entscheiden bis zu welchem Wert (gemessen in ICERs (Kosten pro gewonnenem QALY)) eine Maßnahme im Gesundheitswesen als kosteneffektiv eingestuft wer- den kann [57-65]. Mittels der Kosten-Effektivitäts-Akzeptanzkurven besteht aber die Möglichkeit für verschieden hohe Schwellenwerte den Anteil der aus einer Monte Carlo Simulation generierten Modellergebnisse anzugeben, der unter dem jeweiligen Schwellenwert liegt. Hierbei werden auf der x-Achse in aufsteigender Weise Schwellenwerte (Kosten pro gewonnenem QALY) angegeben. Die y- Achse bildet den Anteil (%) der Ergebnisse ab, der unterhalb des jeweiligen Schwellenwertes liegt. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Ergebnisse | Seite - 25 - 3 Ergebnisse 3.1 Basisfallanalyse Das Modell beginnt mit einer Mio. 50-Jähriger, die über deren gesamte Lebenszeit hinweg beo- bachtet werden. Einmal läuft das Modell ohne Impfung durch, einmal mit der Annahme, dass 35,3% der Kohorte mit Zostavax® und ein weiteres Mal mit der Annahme, dass 35,3% der Kohorte mit Shingrix® geimpft werden. Tabelle 7 zeigt im Folgenden die undiskontierten Ergebnisse der drei Szenarien. Ohne HZ-Impfung erkranken in der Modellkohorte von 1 Mio. 50-Jähriger im Verlauf des weite- ren Lebens über 260.000 Personen an HZ (vgl. 263.228/1.000.000=26,3%). Dies korrespondiert mit den Analysen von Edmunds et al., die von einem Lebenszeitrisiko an HZ zu erkranken von 20- 30% berichten [11]. Würde dieselbe Kohorte mit Zostavax® entsprechend der angenommenen Impfquote geimpft werden, könnten 6.000 (2,3%) HZ Fälle verhindert werden. Im Vergleich hierzu könnten mit Shingrix knapp 22.000 (8,3%) HZ Fälle vermieden werden. Von den 15.000 PHN Fäl- len, die ohne Impfen auftreten würden, könnten mit Zostavax® (Shingrix®) 1% (9%) vermieden werden (Tabelle 7). Tabelle 7: Basisfallergebnisse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impf- ling 182€ , Impfquote von 35,3%, gesellschaftliche Perspektive (undiskontiert) Keine Impfung Impfen mit Zostavax ® Impfen mit Shingrix ® Anzahl HZ Fälle 263.228 257.068 241.305 Verhinderte HZ Fälle 6.161 (2,34%) 21.924 (8,33%) (relative Reduktion) Anzahl PHN Fälle 15.325 15.174 13.949 Verhinderte PHN Fälle 152 (0,99%) 1.377 (8,99%) (relative Reduktion) Anzahl QALYs 31.916.746 31.917.402 31.919.271 Gewonnene QALYs 656 2.524 Number-Needed-to- 55 15 Vaccinate (HZ) Number-Needed-to- 2.216 244 Vaccinate (PHN) Number-Needed-to- 512 133 Vaccinate (QALY) Behandlungskosten 115.464.971 112.870.047 105.913.363 Vermiedene Behand- 2.594.925 9.551.609 lungskosten Impfkosten 0 61.117.195 61.117.195 Gesamtkosten 115.464.971 173.987.242 167.030.558 Benefit-Cost-Ratio 0,04 0,16 Mit Zostavax® lassen sich im Vergleich zu “Keine Impfung” 656 QALYs generieren, mit Shingrix® über 2.500. Es müssten 55 Personen mit Zostavax® geimpft werden, um einen HZ Fall zu verhindern – mit Shingrix® wären es 15 Personen. Von den über 115 Mio. € Behandlungskosten, die Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Ergebnisse | Seite - 26 - ohne Impfung entstehen würden könnten mit Zostavax® (Shingrix®) 2% (8%) vermieden werden. Setzt man die eingesparten Behandlungskosten mit den aufzuwendenden Impfkosten ins Verhält- nis resultiert ein BCR5 bei Zostavax® von 0,04 und bei Shingrix® von 0,16 (Tabelle 7). In Bezug auf ICER errechnet das Modell hinsichtlich der Kosten pro vermiedenen HZ Fall für Zostavax® (Shingrix®) einen Wert von 7.000€ (1.700€ ). Bei den Kosten pro gewonnenem QALY resultiert für Zostavax® der Wert 88.000€ , für Shingrix® 24.000€ (Tabelle 8). Tabelle 8: Basisfallergebnisse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impfling 182€ , gesellschaftliche Perspektive (diskontiert) Ergebnisgröße Impfen mit Zostavax ® Impfen mit Shingrix ® ICER (€ /vermiedenem HZ Fall) 7.006 1.774 ICER (€ /vermiedenem PHN Fall) 284.807 28.245 ICER (€ /gewonnenem QALY) 88.357 23.934 3.2 Sensitivitätsanalysen 3.2.1 Univariate deterministische Sensitivitätsanalysen a. Verhinderte HZ Fälle nach Impfquote In einem statischen Modell wie dem vorliegenden werden indirekte Effekte durch die Impfung wie bspw. Herdenschutz nicht berücksichtigt. Solche Effekte sind durch die HZ-Impfung auch nicht zu erwarten. Im Modell verhält sich daher die Anzahl verhinderter HZ Fälle linear zu der Höhe der Impfquote. Demzufolge verdreifacht (vervierfacht) sich die Anzahl der verhinderten HZ Fälle, wenn die Impfquote von 20% auf 60% (80%) steigt (Abbildung 9). Dies gilt hier für beide Impfstoffe. 50,000 49,685 Zostavax Shingrix 45,000 40,000 37,264 35,000 Verhinderte HZ Fälle 30,000 24,843 25,000 21,924 20,000 13,962 15,000 12,421 10,471 10,000 6,161 6,981 5,000 3,490 0 20% 35.30% 40% 60% 80% Impfquote Abbildung 9: Sensitivitätsanalyse: Vermiedene HZ Fälle nach Impfquote, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren (undiskontiert), blau umrandet = Basisfallergebnis 5 BCR = Vermiedene Behandlungskosten / Impfkosten (BCR >1 bedeutet Kosteneinsparung) Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Ergebnisse | Seite - 27 - b. Verhinderte HZ Fälle und NNV-HZ nach Impfalter Der Einfluss des Impfalters auf die Ergebnisse unterscheidet sich je nach betrachtetem Impf- stoff. Bei Zostavax® werden mehr Fälle verhindert je früher geimpft wird, wohl aufgrund des gerin- geren Impfschutzes bei höherem Impfalter (Abbildung 10). Bei einem Impfalter von 50 Jahren wer- den mit Zostavax® knapp 7.000 HZ Fälle vermieden (NNV = 51), wird hingegen erst im Alter von 80 Jahren geimpft, können 1.600 HZ Fälle (NNV = 142) verhindert werden. 25,000 160 Verhinderte HZ-Fälle (Zostavax) Verhinderte HZ-Fälle (Shingrix) 21,924 142 NNV-HZ (Zostavax) NNV-HZ (Shingrix) 140 20,000 18,728 19,255 120 Verhinderte HZ Fälle 15,000 100 NNV-HZ 74 80 10,382 10,000 55 60 6,953 51 6,161 4,030 40 5,000 22 19 15 20 16 1,592 0 0 50 60 70 80 Impfalter (Jahre) Abbildung 10: Sensitivitätsanalyse: Vermiedene HZ Fälle und NNV-HZ nach Impfalter, Kohorte von 1 Mio. 50- Jährige, Impfquote von 35,3% (undiskontiert), blau umrandet = Basisfallergebnis Das effektivste Impfalter unter Shingrix® ist 60 Jahre. Hier werden am meisten HZ Fälle vermie- den, demzufolge ist das NNV mit 15 am geringsten. Sowohl ein früheres als auch ein späteres Imp- fen vermeidet ceteris paribus weniger Fälle bei höheren NNVs (Abbildung 10). c. Effizientestes Impfalter Geht man von der Effektivität über zu Effizienz, in dem man auch die Kostenkomponente in die Analysen miteinbezieht, so zeigt sich, dass bei beiden Impfstoffen das Impfen im Alter von 60 Jah- ren am effizientesten ist (Abbildung 11). Dieser U-Förmige Verlauf der ICER-Säulen mit dem Mini- mum im Impfalter von 60 Jahren beruht auf der Kombination verschiedener Aspekte. Einerseits ist in diesem Alter die HZ Inzidenz bereits deutlich höher als bei 50-Jährigen, des Weiteren ist die Imp- feffektivität bei beiden Impfstoffen hier (noch) hoch und andererseits sind die vermeidbaren Be- handlungskosten (aus gesellschaftlicher Perspektive) bei 60 Jährigen am höchsten. Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Ergebnisse | Seite - 28 - 200,000 195,977 Zostavax Shingirx 180,000 160,000 140,000 114,858 ICER (€/QALY) 120,000 104,845 100,000 88,357 80,000 60,000 34,348 35,744 40,000 25,309 23,934 20,000 0 50 60 70 80 Impfalter (Jahre) Abbildung 11: Sensitivitätsanalyse: ICER (€ /QALY) nach Impfalter, Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige (diskontiert), blau umrandet = Basisfallergebnis d. GKV-Perspektive (ICER) Während die epidemiologischen Ergebnisse logischerweise unabhängig von der eingenomme- nen Perspektive sind, unterscheiden sich die Kosten zwischen GKV- und gesellschaftlicher Perspek- tive. Aufgrund der vernachlässigten Kosten von Arbeitsausfall sind aus GKV-Perspektive die Be- handlungskosten (115 Mio. € vs. 76 Mio. € ) aber auch die vermiedenen Behandlungskosten gerin- ger. Dagegen sind im Modell die Impfkosten in beiden Perspektiven gleich hoch. Demzufolge ver- ringern sich die BCR für Zostavax® (0,026) und Shingrix® (0,107) (Tabelle 9). Tabelle 9: Sensitivitätsanalyse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impfling 182€ , Impfquote von 35,3%, GKV-Perspektive (undiskontiert) Keine Impfung Impfen mit Zostavax ® Impfen mit Shingrix ® Behandlungskosten 76.211.911 74.608.093 69.667.866 Vermiedene Behand- 1.603.818 6.544.045 lungskosten Impfkosten 61.117.195 61.117.195 Gesamtkosten 76.211.911 135.725.288 130.785.061 Benefit-Cost-Ratio 0,026 0,107 Üblicherweise verschlechtern sich (steigen) die ICERs, wenn man anstatt der gesellschaftlichen die GKV Perspektive einnimmt, da weniger Kosten berücksichtigt werden. Im Vorliegenden Fall ist der Unterschied aber eher gering, da die betrachtete Kohorte ab dem 65. Lebensjahr aufgrund der geringeren Erwerbstätigenquote kaum noch HZ bedingte Kosten für Arbeitsausfall verursacht. Der ICER pro gewonnenem QALY steigt bei Zostavax® (Shingrix®) von über 88.ooo€ auf über 89.000€ (von 24.000€ auf 25.000€ ) pro QALY (Tabelle 10). Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
Ergebnisse | Seite - 29 - Tabelle 10: Sensitivitätsanalyse: Kohorte von 1 Mio. 50-Jährige, Impfen im Alter von 60 Jahren, Impfkosten pro Impfling 182€ , GKV-Perspektive (diskontiert) Ergebnisgröße Impfen mit Zostavax ® Impfen mit Shingrix ® ICER (€ /vermiedenem HZ Fall) 7.118 1.863 ICER (€ /vermiedenem PHN Fall) 289.369 29.659 ICER (€ /gewonnenem QALY) 89.773 25.131 e. Tornadodiagramm Lebenslanger Schutz vs. Schutzwirkung max. 5 Jahre Das Modell reagiert bei beiden Impfstoffen am sensitivsten, wenn die impfinduzierte Schutz- dauer verändert wird. Bei der Annahme eines lebenslangen Impfschutzes sinkt der ICER im Ver- gleich zum Basisfall von Zostavax® (Shingrix®) auf 9.000€ (8.500€ ) pro QALY. Im Gegenzug steigt der ICER von Zostavax® (Shingrix®) auf 152.000€ (87.000€ ) pro QALY, wenn der Impfschutz fünf Jahre nach Impfung völlig weg ist (Abbildung 12 und Abbildung 13). Impfkosten ± 100€ Klassischerweise haben Änderungen bei Impfstoffpreisen ebenfalls eine enorme Auswirkung auf die Modellergebnisse. Die ICERs von Zostavax® und Shingrix® sinken auf 38.000€ und 9.000€ pro QALY, wenn der jeweilige Preis um 100€ gesenkt wird. Bei einer Erhöhung der Preise um 100€ stei- gen die ICERs von Zostavax® und Shingrix® bis auf 139.000 e und 39.000€ pro QALY an (Abbildung 12 und Abbildung 13). PHN Diagnose Ansatz Wird der PHN Diagnose Ansatz als Input für den PHN Anteil an den HZ Fällen herangezogen, sinken die ICERs von Zostavax® und Shingrix® auf 67.000€ bzw. 14.000€ pro QALY. Der höhere Anteil von PHN führt zu einem höheren theoretischen Effekt der Impfung, demzufolge zu geringe- ren ICERs (Abbildung 12 und Abbildung 13). Diskontierung Die Art und Höhe der Diskontierung haben bei gesundheitsökonomischen Evaluationen von Impfungen grundsätzlich einen hohen Einfluss, da Kosten und Effekte oftmals zeitlich auseinander liegen [66-68]. Wird die jährliche Diskontierungsrate für Effekte von 3% auf 1% gesenkt, sinken die ICERs von Zostavax® und Shingrix® auf 72.000€ bzw. 18.000€ pro QALY. Hingegen verschlechtern sich die ICERs von Zostavax® und Shingrix®, wenn sowohl Kosten als auch Effekte mit 5% p.a. dis- kontiert werden auf 90.000€ und 27.000€ QALY (Abbildung 12 und Abbildung 13). Gesundheitsökonomische Evaluation der Impfung zur Prävention von Herpes zoster (Modellbericht – August 2017)
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