Protonenpumpen inhibitoren - VERORDNUNGSFORUM 54 AUGUST 2020 - kvbw-admin.de

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Protonenpumpen inhibitoren - VERORDNUNGSFORUM 54 AUGUST 2020 - kvbw-admin.de
Protonenpumpen­
inhibitoren
VERORDNUNGSFORUM 54
AUGUST 2020
Protonenpumpen inhibitoren - VERORDNUNGSFORUM 54 AUGUST 2020 - kvbw-admin.de
Inhalt

    3    Vorwort

    4    Pharmakologie und Verordnung

    11   Indikationsgerechter Einsatz

    16   Sondengängigkeit und Suspendierbarkeit

    21   Klinische Äquivalenz

22       Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

25       Interaktionen

    29   Glossar

           Unser Titelbild zeigt die rasterelektronen­
           mikroskopische Aufnahme einer Blockierung
           der H+/K+-ATPase („Protonenpumpe“) durch
           einen Protonenpumpeninhibitor (roter Punkt).

         Hinweis:
         Die Medizin und das Gesundheitswesen unterliegen einem fort­
         währenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben immer nur
         dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung entsprechen
         können. Die angegebenen Informationen und Empfehlungen
         wurden von den Autoren und der Redaktion mit größtmöglicher
         Sorgfalt erarbeitet und geprüft.
         Der Leser ist aufgefordert, sich über den aktuellen Stand
         der Wissenschaft in Bezug auf die Thematik zu informieren,
         Fachinformationen zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall
         einen Spezialisten zu konsultieren.
         Über die Anwendung auf den Einzelfall entscheidet der behan­
         delnde Arzt eigenverantwortlich.

2
Vorwort

     In den letzten Jahren konnten wir für ganz Deutschland
beobachten, dass die Verordnungszahlen von Protonen­
pumpeninhibitoren (PPI) von Jahr zu Jahr linear angestiegen
sind. In Baden-Württemberg bedeutete dies fast eine Ver­
doppelung der Zahlen von 2009 bis 2016; im Jahr 2016 waren
es knapp 440 Millionen Tagesdosen für circa 8,9 Millionen
GKV-Versicherte. Seitdem sind die Zahlen zwar geringfügig
rückläufig. Dennoch sind es aktuell noch immer knapp
800.000 gesetzlich krankenversicherte Patienten je Quartal
in Baden-Württemberg, die eine PPI-Verordnung erhalten.
Von ihnen erhalten rund zwei Drittel einen PPI als Dauer­
medikation.

     Da eine vorübergehende Behandlung mit PPI in der
Mehrheit der Anwendungsgebiete ausreichend ist, sollte
ein indikationsgerechter Einsatz und eine optimale Therapi­
edauer im Fokus stehen. Das Zulassungsspektrum hat sich
in den letzten Jahren nicht verändert. Und selbst wenn man
von zunehmenden Inzidenzen ausgeht, müssen wir die aktu­
elle Verschreibungshäufigkeit kritisch hinterfragen.

     Angesichts der oben genannten Zahlen haben wir uns
entschlossen, ein ganzes Verordnungsforum ausschließlich
den PPI zu widmen. Wir fassen Ihnen die wichtigen Aspekte
überblicksartig zusammen: Pharmakologie und Indikationen,
Präparateauswahl und Verordnung, Nebenwirkungen und
Interaktionen. Wir möchten Ihnen damit ein Kompendium
an die Hand geben, das Sie in Ihrem Praxisalltag unterstützt.
Es soll Ihnen eine Alltagshilfe bei der evidenzbasierten
Verordnung von PPI sein.

Herzlichst Ihr

Dr. Norbert Metke
Vorsitzender des Vorstands

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020   3
Pharmakologie und Verordnung

Wie und wo wirken Protonenpumpenhemmer (PPI)? Wann              Verordnungszahlen für Baden-Württemberg
sind sie indiziert? Wem werden sie verordnet? Das folgende
Kapitel gibt einen einführenden Überblick über die Wirkstoff-         Die absolute Menge der in Baden-Württemberg verord­
klasse der PPI.                                                 neten PPI (gemessen anhand der DDD) hat sich von 2009 bis
                                                                2016 fast verdoppelt und ist seit 2016 leicht rückläufig. Aktu­
      Die zurzeit verfügbaren verschreibungspflichtigen PPI –   ell nimmt jeder der circa 8,9 Millionen GKV-Versicherten in
Pantoprazol, Omeprazol, Esomeprazol, Lansoprazol, Dex­          Baden-Württemberg im Durchschnitt jährlich 47 Tagesdosen
lansoprazol und Rabeprazol – können bei den Indikationen        (DDD) eines PPI zu sich (frei verkäufliche PPI sind nicht ent­
Ulcus ventriculi, Ulcus duodeni, Refluxkrankheit/Refluxöso­     halten).
phagitis, Zollinger-Ellison-Syndrom und Helicobacter-pylori-
Eradikation angewendet werden. Darüber hinaus eignen sie             Trotz steigender DDD-Zahlen sind die Bruttokosten
sich zur Ulkus-Rezidivprophylaxe und können aufgrund ihres      leicht gesunken. Dies hängt mit der Einführung von Generika
guten Verträglichkeitsprofils auch für eine Langzeittherapie    und Festbeträgen zusammen (Abbildung 1).
in Frage kommen. Verschreibungsfreie PPI können darüber
hinaus bei Sodbrennen und saurem Aufstoßen im Bedarfs­
fall vom Patienten eingenommen werden. Nähere Details zu        Abbildung 1: Zeitlicher Verlauf der verordneten PPI-Wirkstoff-
den zugelassenen Indikationen je Wirkstoff und Dosisstärke      menge insgesamt [DDD] und der dadurch entstandenen
finden Sie in Tabelle 1 auf Seite 6.                            Bruttokosten [€] (ohne frei verkäufliche Präparate) von 2009
                                                                bis 2019 (Verordnungsdaten gesetzlich Versicherter in Baden-
                                                                Württemberg)
Wie gelangen PPI an ihren Wirkort und wie
wirken sie?
                                                                500.000.000

      Die verfügbaren PPI sind pharmakologisch nicht-wirk­      450.000.000

same Vorläufersubstanzen, sogenannte Prodrugs. Wegen            400.000.000
ihrer Instabilität im sauren Milieu müssen sie als magensaft­   350.000.000
resistente Arzneiformulierungen verabreicht werden (siehe
                                                                300.000.000
auch Kapitel zur Sondengängigkeit ab Seite 16). Nach der
                                                                250.000.000
Magenpassage werden sie im Dünndarm resorbiert und
gelangen über den Blutweg zu den Belegzellen (= Parietalzel­    200.000.000

len) des Magens, die für die Bildung der Magensäure zustän­     150.000.000
dig sind. Im sauren Milieu kommt es zur Umwandlung in den       100.000.000
jeweils wirksamen Metaboliten (Sulfenamid), der die H+/K+-       50.000.000
ATPase („Protonenpumpe“) irreversibel blockiert. Bei einer
                                                                         0
Einmalgabe hält die daraus folgende pH-Anhebung ca. 1–3                              9       0       1       2       3       4         5       6        7       8       9
                                                                              20 0       20 1    20 1    20 1    20 1    20 1      20 1    20 1     20 1    20 1    20 1
Tage an, so lange bis die Enzyme nachgebildet worden sind.
Die relativ kurze Plasma-Halbwertszeit der PPI (zwischen                                                         DDD             Bruttokosten [€]

0,6 und 1,9 Stunden) ist damit für die Wirkdauer von nach­
rangiger Bedeutung.

     Durch die anhaltende Anhebung des Magen-pH-Werts
wird die Abheilung von gastrointestinalen Läsionen sowie die
Eradikation von Helicobacter pylori gefördert [1].

4
Wie in Abbildung 1 zu sehen, nimmt die PPI-Gesamt­
  Definierte Tagesdosis (DDD)
                                                                                                           verordnungsmenge seit 2016 ab. Dies liegt daran, dass ten­
  Die definierte Tagesdosis (defined daily dose, DDD)                                                      denziell weniger Patienten eine Verordnung erhalten (Abbil­
  wird als Maß für die verordnete Arzneimittelmenge                                                        dung 3), wohingegen die verordnete Wirkstoffmenge pro
  verwendet. Bei der Festlegung einer DDD-Angabe je                                                        Patient auf etwa konstantem Niveau verblieben ist. Die
  Wirkstoff wird in der Regel die Standardtagesdosis in                                                    Ärzteschaft scheint daher seit 2016 gezielter bei der Indika­
  der Hauptindikation des Wirkstoffs (bei Erwachsenen)                                                     tionsstellung zu agieren.
  zugrunde gelegt. Bei statistischen Auswertungen des
  Arzneimittelverbrauchs ist es vorteilhaft, dass die
  DDD unabhängig ist von der Menge der abgegebenen                                                         Abbildung 3: Anzahl von Patienten, die einen PPI verordnet
  Packungen, von der Packungsgröße und vom erzielten                                                       bekommen haben, im zeitlichen Verlauf der Quartale 1/2016
  Umsatz.                                                                                                  bis 4/2019 (Verordnungsdaten gesetzlich Versicherter in
                                                                                                           Baden-Württemberg)

                                                                                                             Anzahl
     Klarer Favorit der verwendeten Wirkstoffe ist Panto­                                                  Patienten
prazol. Sinkende Preise sowie potenziell geringere Interakti­
                                                                                                           1.000.000
onsrisiken haben dazu beigetragen, dass 75 % der verordne­
ten DDD im Jahr 2019 auf Pantoprazol fielen (Abbildung 2).
                                                                                                            800.000

                                                                                                            600.000
Abbildung 2: Zeitlicher Verlauf der verordneten Wirkstoffmengen
[DDD] je PPI (ohne frei verkäufliche Präparate) von 2009
                                                                                                            400.000
bis 2019 (Verordnungsdaten gesetzlich Versicherter in Baden-
Württemberg)
                                                                                                            200.000

350.000.000                                                                                                       0
                                                                                                                       20161

                                                                                                                               20162

                                                                                                                                       20163

                                                                                                                                               20164

                                                                                                                                                       20171

                                                                                                                                                               20172

                                                                                                                                                                       20173

                                                                                                                                                                               20174

                                                                                                                                                                                       20181

                                                                                                                                                                                               20182

                                                                                                                                                                                                       20183

                                                                                                                                                                                                               20184

                                                                                                                                                                                                                       20191

                                                                                                                                                                                                                               20192

                                                                                                                                                                                                                                       20193

                                                                                                                                                                                                                                               20194

300.000.000

250.000.000                                                                                                                                                                                                                        Quartal

200.000.000

150.000.000

100.000.000

 50.000.000

         0
                     9       0       1       2         3       4       5       6       7       8       9
              20 0       20 1    20 1    20 1      20 1    20 1    20 1    20 1    20 1    20 1    20 1

                     Pantoprazol                 Esomeprazol
                     Omeprazol                   Sonstige (Dexlansoprazol, Lansoprazol, Rabeprazol)

KVBW     Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54                                   August 2020                                                                                                                                            5
Tabelle 1: Protonenpumpeninhibitoren (PPI) und zugelassene Indikationen (bei Erwachsenen) [2],
DDD: defined daily dose (definierte Tagesdosis, siehe Infobox auf Seite 5)

                  Sodbrennen und gastroöso-           Refluxösophagitis   Prävention        Ulcus ventriculi,   pathologische     Helico-bacter-
                  saures Aufstoßen phageale Reflux-   (Langzeit-          NSAR-induzier-    Ulcus duodeni       Hypersekretion pylori-Eradikation
                                   krankheit          behandlung und      ter gastro-duo-                       von Magensäure
                                                      Rezidivprophy-      denaler Ulzera                        (z. B. Zollinger-
                                                      laxe)               bei Risiko­                           Ellison-Syndrom)
                                                                          patienten1

    Oral

    Pantoprazol (DDD: 20 mg)

    20 mg (OTC)         X2

    20 mg (Rp)                             X                 X                   X

    40 mg (Rp)                                               X                                      X                  X                X3

    Omeprazol (DDD: 20 mg)

    20 mg (OTC)         X2

    10 mg (Rp)                             X                 X                   X4                 X                  X                X
                                                                                  4
    20 mg (Rp)                             X                 X                   X                  X                  X                X
                                                                                  4
    40 mg (Rp)                             X                 X                   X                  X                  X                X

    Esomeprazol (DDD: 20 mg)

    20 mg (OTC)         X2

    20 mg (Rp)                             X                 X                   X                 X5                  X                X6

    40 mg (Rp)                             X                 X                   X                 X5                  X                X6

    Lansoprazol (DDD: 15 mg)

    15 mg (Rp)                             X                 X                   X                  X                  X                X

    30 mg (Rp)                             X                 X                   X                  X                  X                X

    Dexlansoprazol (DDD: 30 mg)

    30 mg (Rp)                             X                 X

    60 mg (Rp)                             X                 X

    Rabeprazol (DDD: 10 mg)

    10 mg (Rp)                             X                 X                                      X                  X                X7

    20 mg (Rp)                             X                 X                                      X                  X                X7

    Parenteral

    Pantoprazol

    40 mg i.v.                                               X                                      X                  X

    Esomeprazol

    40 mg i.v.                             X                 X                   X                 X8

6
1
  	vergleiche Seite 8
2
  	Anwendung nur bis zu vier Wochen
3
  	gilt nicht für Pantoprazol Fair-Med® und Pantoprazol
    TAD®
4
  	einschließlich Rezidivprophylaxe von Ulcera ventriculi
    und Ulcera duodeni, unabhängig von einer NSAR-Ein­
    nahme (gilt nicht für Omeprazol Dexcel® 10, 20 und
    40 mg und für OME-nerton® 20 mg)
5
  	Laut Fachinformation besteht die Zulassung zur Thera­
    pie NSAR-induzierter Ulcera ventriculi und zur Lang­
    zeitbehandlung nach intravenös induzierter Prophylaxe
    von erneuten Blutungen von Ulcera ventriculi
6
  	einschließlich Rezidivprophylaxe des peptischen Ulkus
    bei Patienten mit Helicobacter-pylori-assoziierten Ulzera
7
  	gilt nicht für Rabeprazol-ratiopharm®
8
  	Laut Fachinformation besteht die Zulassung zur The­
    rapie NSAR-induzierter Ulcera ventriculi und zur Pro­
    phylaxe von erneuten Blutungen im Anschluss an eine
    therapeutische Endoskopie aufgrund akuter Blutungen
    von Ulcera ventriculi oder duodeni

OTC („over the counter“): apothekenpflichtig,
nicht verschreibungspflichtig
Rp: verschreibungspflichtig

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020   7
PPI bei Einnahme von NSAR                                       Tabelle 1: Komedikation mit PPI bei Einnahme von NSAR und
                                                                gerinnungsaktiven Substanzen [6]
     PPI sollten zur Prävention von NSAR-assoziierten
gastro­duodenalen Ulzera bei Risikopatienten eingesetzt
werden. Zu den Risikofaktoren [3, 4] zählen:                      Medikation
                                                                                                                          PPI-Ko­
                                                                                         Klinische Konstellation
                                                                                                                         medikation

„„Höheres Lebensalter (65 Jahre und älter)
                                                                  tNSAR              Beginn einer Dauertherapie;          Sollte
„„Ulkusanamnese                                                                      ≥ 1 Risikofaktor
„„Infektion mit Helicobacter pylori
                                                                  tNSAR              Plus ASS oder Thrombozytenag­        Soll
„„Schwerer Verlauf einer Allgemeinerkrankung
                                                                                     gregationshemmer oder DOAK
„„Komedikation mit                                                                   oder VKA

   - gerinnungsaktiven Medikamenten                               ASS/DOAK/          Monotherapie plus                    Kann
                                                                  VKA                ≥ 1 Risikofaktor
   - SSRI
   - Glukokortikoiden*                                            Kombinationen      … von 2 gerinnungsaktiven            Soll
                                                                  …                  Substanzen

     * entgegen früheren Auffassungen sind Glukokortikoide        Selektiver Sero­   Plus tNSAR                           Kann
                                                                  toninwiederauf­
nicht primär ulzerogen, sondern behindern die Abheilung           nahmehemmer
bestehender Ulzera und erhöhen das Risiko für eine Ulkus­         ASS Acetylsalicyläure; DOAK direkte orale Antikoagulanzien;
blutung in Kombination mit ulzerogenen Medikamenten [3, 5]        PPI Protonenpumpeninhibitoren; tNSAR traditionelle nichtsteroidale
                                                                  Antirheumatika; VKA Vitamin-K-Antagonisten

      Ergänzend zu den Risikofaktoren für gastrointestinale
Ulkusblutung bei Einnahme von NSAR listet Tabelle 1 prak­
tische Tipps zum leitliniengerechten Einsatz von PPI auf. Sie
stammen von einem der Leitlinienautoren, der hier die Leit­     Weitere Arzneimittel zur Säurehemmung
linienterminologie verwendet. Er unterscheidet starke „Soll-
Empfehlungen“ mit eindeutiger wissenschaftlicher Evidenz,             Eine Alternative zu PPI sind die H2-Antagonisten Cime­
„Sollte-Empfehlungen“ mit guter und „Kann-Empfehlungen“         tidin und Famotidin. Für Ranitidin werden auf Empfehlung
mit vergleichsweise geringer Evidenz [6].                       der EMA die Zulassungen in der EU vorsichtshalber zeitwei­
                                                                lig aufgehoben, weil kürzlich Verunreinigungen durch N-Ni­
                                                                trosodimethylamin (NDMA) entdeckt worden sind [7, 8].

                                                                     H2-Antagonisten blockieren kompetitiv die H2-Hista­
                                                                minrezeptoren an den Belegzellen der Magenschleimhaut
                                                                und hemmen dadurch die basale und die Histamin-stimu­
                                                                lierte Säuresekretion. Die Plasma-Halbwertszeiten liegen
                                                                zwischen 1,5 und 4 Stunden, wobei die Unterschiede bei
                                                                der einmal täglichen Gabe nicht relevant sind. Die klinische
                                                                Wirksamkeit ist bei allen Substanzen gleich. Bezüglich der
                                                                Heilungsraten peptischer Ulzera (Therapie und Rezidivpro­
                                                                phylaxe) sind sie den PPI unterlegen, weil ihre Wirkdauer
                                                                kürzer ist. Sie sind deshalb im ambulanten Bereich nur noch
                                                                Mittel der zweiten Wahl.

8
Hingegen werden die H2-Antagonisten in der Intensiv­
                                                                        Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV
medizin oft den PPI vorgezogen, da sie zu keiner komplet­
ten Säureblockade führen und damit die Säurebarriere im                 „„   Die verschreibungspflichtigen Arzneimittel (PPI,
Magen zum Schutz vor einer bakteriellen Besiedlung intakt                    H2-Antagonisten, Sucralfat) können in den zugelasse­
bleibt [1].                                                                  nen Indikationen bei medizinischer Notwendigkeit
                                                                             (vergleiche Tabelle 1 auf Seite 5) und unter Beach­
     Darüber hinaus existieren (verschreibungsfreie) Ant­                    tung der Wirtschaftlichkeit auf Kassenrezept verord­
azida wie Magaldrat (= Aluminium-Magnesiumhydroxid-sul­                      net werden. Zum Thema „Off-Label-Use“ beachten
fathydrat), Hydrotalcit (= Aluminium-Magnesiumhydroxid-                      Sie bitte die Ausführungen im nachfolgenden Kapitel.
carbonathydrat) und (Hydrogen-)Carbonat-haltige Salze,                  „„   Die verschreibungsfreien Arzneimittel (Pantoprazol,
die die Magensäure auf physikalischem Wege binden. Hin­                      Omeprazol, Esomeprazol, Antazida), die es für die
sichtlich der Abheilung von peptischen Gewebeschädigun­                      Behandlung Reflux-assoziierter Symptome im
gen sind sie den PPI und H2-Antagonisten unterlegen. Daher                   Bedarfsfall (z. B. Sodbrennen) gibt, können ausschließ­
werden sie bei diesen Erkrankungen nur noch zur akuten                       lich vom Patienten auf eigene Kosten erworben wer­
Schmerzlinderung eingesetzt [1].                                             den. Es existieren keine Ausnahmeindikationen gemäß
                                                                             OTC-Liste (Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie).
     Eine Sonderstellung nimmt das verschreibungspflichtige
Sucralfat (= basisches Aluminium-Saccharose-Sulfat) ein, das
aus Saccharose und dem säurebindenden Antazidum Alu­
miniumhydroxid besteht. Nach der Einnahme kommt es zu                   PPI und Arzneimittel-Richtwert­
einer Komplexbildung mit Gewebsproteinen (im Bereich                    systematik
von Ulzera bzw. Läsionen) und mit dem Magenschleim.
                                                                        Die Verordnungen verschreibungspflichtiger PPI
Dadurch entsteht eine Schutzschicht, die eine weitere
                                                                        werden bei Internisten mit Schwerpunkt Gastro­
Schädigung der Magenschleimhaut durch Säuren (Salzsäure,
                                                                        enterologie oder Nephrologie dem Arzneimittel-
Gallensäuren) und Pepsine verhindern soll. Sucralfat-haltige
                                                                        Therapiebereich (AT) 45 „Mittel bei säurebedingten
Arzneimittel sind zur Therapie des Ulcus ventriculi bzw.
                                                                        Erkrankungen“ zugeordnet. Bei allen anderen Richt­
duodeni zugelassen. Die klinische Wirksamkeit entspricht in
                                                                        wertgruppen gehen die Verordnungen in den AT
etwa den H2-Antagonisten [1, 9]. Wie bei allen Aluminium-
                                                                        „Rest“ ein.
haltigen Präparaten ist die mögliche Aluminiumtoxizität zu
beachten.                                                               è „Richtwertsystematik Arzneimittel“ auf
                                                                        www.kvbawue.de » Praxis » Verordnungen
                                                                        » Arzneimittel » Richtwerte

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020                                                                  9
Literatur
[1]	Geisslinger G, Menzel S, Gudermann T, Hinz B, Ruth P: Mutschler
     Arzneimittelwirkungen – Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, To­
     xikologie. 11. Auflage. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft;
     2020
[2]	www.fachinfo.de
[3]	Fischbach W, Malfertheiner P, Lynen Jansen P et al.: S2k-Leitlinie Heli­
     cobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Z Gastroenterol
     2016; 54(4): 327–63
[4]	Rosien U: Deprescribing PPI: Weniger Protonenpumpeninhibitoren-
     Verordnung ist möglich! Arzneiverordnung in der Praxis 2019; 46(3-4):
     114–8
[5]	Piper JM, Ray WA, Daugherty JR et al.: Corticosteroid use and peptic
     ulcer disease: role of nonsteroidal anti-inflammatory drugs. Ann Intern
     Med 1991; 114(9): 735–40
[6]	Fischbach W: Medikamenteninduzierte gastrointestinale Blutung. Colo­
     proctology 2020; 42: 217–26
[7]	Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Ranitidin: EMA
     überprüft ranitidinhaltige Arzneimittel aufgrund des Nachweises von
     NDMA (05.05.2020). https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinfor­
     mationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/m-r/ranitidin.html;jsessionid=A
     46B035E3C1FBBA6180555F0EFA3863D.1_cid506
[8]	Vom Niedergang der H2-Antagonisten. e a-t 5/2020b
[9]	Behandlungsstrategien für das peptische Ulkus. arznei-telegramm 1992;
     5: 42–5

10
Indikationsgerechter Einsatz

Für das Verordnungsjahr 2020 wurden Verordnungsempfeh-                  „„Die übrigen Patienten (ca. 14 %) bekommen eine
lungen zu PPI in die Arzneimittelvereinbarung aufgenommen,                PPI-Verordnung, die einen Zeitraum von mehr als vier
um den rationalen Einsatz dieser Wirkstoffgruppe erneut in                Wochen abdeckt, bekommen aber im Anschluss keine
den Fokus zu rücken. Damit eine wirtschaftliche und qualitativ            weitere Verordnung aus dieser Wirkstoffklasse.
hochwertige Versorgung mit PPI gelingt, soll im folgenden Arti-
kel die korrekte Indikationsstellung, die Therapiedauer sowie                Zur Vermeidung von Läsionen werden vermutlich für
die Absetzproblematik der PPI näher beleuchtet werden.                  einige Patienten COX-2-Hemmer verordnet. Ob bei COX-
                                                                        2-Hemmern tendenziell auf PPI verzichtet wird, wurde mit­
                                                                        tels Verordnungsdaten für GKV-Patienten in Baden-Würt­
Breiter Einsatz von PPI                                                 temberg analysiert. Hier zeigt sich, dass der Anteil der
                                                                        Patienten, die zusätzlich einen PPI zu einem NSAR oder zu
      PPI sind heute fester Bestandteil der Arzneimittel­               einem COX-2-Hemmer verordnet bekamen, ähnlich hoch
therapie und finden sich in zahlreichen Medikationsplänen               ist (22 % vs. 20,1 %).
als Begleitmedikation wieder. Innerhalb der letzten zehn
Jahre stiegen die Verordnungszahlen von PPI bei gesetz­
lich versicherten Patienten in Baden-Württemberg von ca.                Die klassischen Indikationen für
260 auf 410 Millionen DDD (defined daily doses). Zwar sind              verschreibungspflichtige PPI
die Zahlen seit 2016 leicht rückläufig, aber immer noch auf
einem hohen Niveau. Die häufige Verordnung ist grundsätz­                    Typische Indikationen für PPI sind Ulzera verschiedener
lich zu hinterfragen.                                                   Genese, die Eradikation von Helicobacter pylori (Hp) in Kom­
                                                                        bination mit geeigneten Antibiotika sowie die Behandlung der
     Der breite Einsatz der PPI liegt sicherlich in der guten           gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD). Die Therapie
Wirksamkeit bei gleichzeitig guter Verträglichkeit begründet            und Prophylaxe gastroduodenaler Läsionen durch NSAR sind
(Unterschiede zwischen den einzelnen PPI sind klinisch nicht            weitere Indikationen [1]. Darüber hinaus werden PPI zur Pri­
relevant; ausgenommen die Unterschiede bei den Interak­                 märprophylaxe von NSAR-assoziierten gastroduodenalen
tionen). Nicht selten wird daher aus einer Krankenhausme­               Ulzera bei Risikopatienten eingesetzt (siehe Seite 8). Außer­
dikation eine Dauertherapie mit PPI. Folglich ist die richtige          dem gibt es OTC-Präparate, die für die Behandlung von Sod­
und präzise Indikationsstellung auch in Bezug auf die Thera­            brennen zugelassen sind.
piedauer ein zentraler Aspekt bei der Verordnung der PPI.

      Eine aktuelle Analyse der Verordnungsdaten für GKV-               Off-Label-Use
Patienten in Baden-Württemberg, die einen PPI erhalten,
lieferte folgende Ergebnisse:                                                In Anbetracht der in den letzten Jahren gestiegenen Ver­
                                                                        ordnungshäufigkeit liegt eine Verwendung der PPI auch außer­
„„Ungefähr 66 % der Patienten mit einer PPI-Verordnung                  halb ihrer Zulassung nahe. Die Primärprophylaxe von NSAR-
  erhalten eine Dauermedikation, wobei PPI entweder                     assoziierten gastroduodenalen Ulzera ohne Risikofaktoren
  kontinuierlich oder on demand eingenommen werden.                     (vergleiche Seite 8), die funktionelle Dyspepsie (FD) und
„„Etwa 20 % der Patienten erhalten eine PPI-Verordnung                  die Begleittherapie bei Multimedikation dürften hierbei die
  im Jahr. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der                Haupteinsatzbereiche sein.
  Mehrzahl dieser Fälle um eine Kurzzeittherapie handelt.
  In seltenen Fällen könnte damit auch eine On-Demand-
  Therapie mit durchschnittlich etwa drei Behandlungsta­
  gen pro Monat erfolgen.

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020                                                             11
Bei der funktionellen Dyspepsie (FD) kommen PPI häu­
 Off-Label-Use im Allgemeinen                                 fig zum Einsatz, obwohl keine Zulassung für diese Indikation
 Unter Off-Label-Use wird der zulassungsüberschrei­           besteht. Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass PPI die
 tende Einsatz eines Arzneimittels verstanden. Dieser         Symptome einer FD wirksam lindern können [2, 3]. Da die
 Einsatz erfolgt also außerhalb der Anwendungsgebiete,        Ursachen der FD aber heterogen und multifaktoriell sind,
 die von den Zulassungsbehörden genehmigt wurden,             stellen PPI keine kausale Therapie dar, es sei denn, die dys­
 zum Beispiel in Bezug auf Indikationen und Patienten­        peptischen Beschwerden lassen sich auf eine Hp-Infektion
 gruppen.                                                     zurückführen. Hier kann eine Eradikation durchgeführt wer­
 Unter folgenden Voraussetzungen kann ein Off-Label-          den [4]. Soll ein Therapieversuch mit PPI bei einer FD ohne
 Use zulasten der GKV erfolgen:                               Assoziation mit Hp durchgeführt werden, ist die Therapie
                                                              auf einen Zeitraum von zwei bis acht Wochen zu beschrän­
 „„   Es liegt eine schwerwiegende, d. h. lebensbedrohliche   ken [2, 5]. Da die Behandlung der FD mit PPI einem Off-
      oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beein­     Label-Use entspricht und daher die Verordnung zulasten
      trächtigende Erkrankung vor.                            der GKV nicht möglich ist, können besonders Patienten mit
 „„   Für diese Erkrankung ist keine andere Therapie          epigastrischem Schmerz oder Refluxbeschwerden auf OTC-
      verfügbar.                                              Präparate (Zulassung bei Sodbrennen) hingewiesen werden.
 „„   Aufgrund der Datenlage besteht eine begründete
      Aussicht auf einen kurativen oder palliativen Behand­         Die Codierung der Diagnose Gastritis im Zusammen­
      lungserfolg (mindestens Ergebnisse einer Phase-III-     hang mit einer Verordnung von PPI ist ebenfalls häufig. Hier­
      Studie oder vergleichbar).                              bei muss jedoch die Frage gestellt werden, ob aufgrund der
 Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann eine             Befunde tatsächlich eine Gastritis oder doch eine FD vorliegt
 Antragstellung bei der Krankenkasse zur Kostenüber­          [2]. Eine Therapie mit PPI wäre im Falle einer FD nicht von
 nahme erfolgreich sein. In diesem Falle ist die Prüfung      der Zulassung abgedeckt. Ist die Diagnosestellung der Gas­
 von Behandlungsalternativen, eine Nutzen-Risiko-             tritis allerdings korrekt, so muss vor Therapiebeginn geklärt
 Abwägung sowie die gründliche Aufklärung des Patien­         werden, ob es sich um eine Hp-induzierte Gastritis handelt,
 ten hinsichtlich des Off-Label-Use mit anschließender        sodass eine Eradikation (in-label) indiziert wäre. Nach erfolg­
 Behandlungsdokumentation durch den Arzt zwingend             reicher Eradikation findet die Behandlung mit PPI allerdings
 geboten. Auch der Hinweis, dass eine bestehende              auch hier außerhalb der Zulassung statt.
 Gefährdungshaftung und damit die Entschädigung eines
 Patienten durch den pharmazeutischen Unternehmer                   Ebenfalls nicht zulassungskonform ist die Begleitmedika­
 bei Off-Label-Use entfällt, ist sinnvoll. Weitere Details    tion mit einem PPI nach Entlassung aus dem Krankenhaus,
 zum Off-Label-Use finden Sie im Verordnungsforum 24.         die sich oft als fortgeführte Dauertherapie an eine Stressul­
 Ein Antragsformular zur Klärung der Kostenübernahme          kusprophylaxe anschließt. Mit der Entlassung des Patienten
 durch die GKV ist auf der Homepage unter                     sollte die aktuelle Medikation, das Vorliegen von Risikofakto­
 www.kvbawue.de » Praxis » Verordnungen » Arznei­             ren für gastrointestinale Blutungen und damit die Notwen­
 mittel hinterlegt.                                           digkeit der Therapie mit einem PPI neu geprüft werden [6].

                                                                   Ebenso nicht evidenzbasiert und außerhalb der Zulas­
                                                              sung ist die PPI-Begleitmedikation, die im niedergelassenen
                                                              Sektor oft aus Furcht vor gastroduodenalen Nebenwirkun­
                                                              gen bei Multimedikation verordnet wird. Von Multimedi­
                                                              kation sind oft ältere Patienten und vor allem Pflegeheim­
                                                              bewohner betroffen, sodass eine Begleittherapie mit PPI

12
hier besonders häufig ist. Bei der Hälfte der Pflegeheimbe­             ob erneut Symptome aufgetreten sind, andernfalls kann ein
wohner sind die Dosen zu hoch gewählt oder es wird ohne                 Absetzversuch gestartet werden.
bestehende Indikation therapiert [5, 6, 7].
                                                                             Eine Dauertherapie mit PPI ist lediglich für Patienten
                                                                        nach Ulkusblutung, zur Prävention von NSAR-assozi­
Therapiedauer von Anfang an ein Thema: Re­                              ierten gastroduodenalen Ulzera und Ulkusblutungen
bound und Deprescribing                                                 bei Patienten unter Risiko sowie bei Vorliegen anderer Risiko­
                                                                        konstellationen für eine Ulkusblutung geeignet [4, 6, 9, 10].
     Generell sollte die Therapiedauer beim Einsatz des PPI
für alle Indikationen schon zu Beginn der Behandlung im                     Wegen des zugrunde liegenden Pathomechanismus ist
Auge behalten werden. Ein prophylaktischer Einsatz eines                beim Zollinger-Ellison-Syndrom ebenfalls eine lebenslange
PPI über mehrere Wochen birgt immer die Gefahr eines                    Therapie mit PPI indiziert.
Rebounds beim Absetzen: Vermehrte Säuresekretion und
gastrointestinale Beschwerden können die Folge eines abrup­
ten Therapieendes sein [8]. Eine zu einem festgelegten Zeit­              Was versteht man unter Deprescribing?
punkt geplante Dosisreduktion kann hier Abhilfe schaffen
und den Patienten bereits zu Therapiebeginn auf ein Abset­                Deprescribing wird als systematischer Prozess der
zen des PPI vorbereiten.                                                  Identifikation und des Absetzens von Arzneimitteln
                                                                          definiert, bei denen die Risiken den Nutzen potenziell
     Ein Artikel der AkdÄ aus dem September 2019 zeigt für                übersteigen. In die Überlegungen sind die patienten­
das Absetzen mögliche Wege auf (vgl. Abbildung auf Seite                  individuellen Behandlungsziele, der Gesundheits­
14): Nach erfolgter Hp-Eradikation, die laut Leitlinie sieben             zustand, die Lebenserwartung, der individuelle Nutzen
bis 14 Tage dauert, ist es nicht generell notwendig, mit PPI              und die Vorlieben des Patienten einzubeziehen [11].
weiter zu therapieren. Ein Absetzen nach einem so kurzen                  Deprescribing ist ein sehr patientenorientierter Vorgang,
Behandlungszeitraum wird als unkritisch gesehen. Ebenso                   da es eine gemeinsame Entscheidungsfindung, das Ein­
verhält es sich, wenn ein Patient nach kurzer Zeit von der                verständnis des Patienten und die engmaschige Über­
Intensivstation verlegt oder entlassen wird. Nach erfolgrei­              wachung der potenziellen Auswirkungen erfordert.
cher Behandlung einer gastroösophagealen Refluxkrankheit                  Gerade bei den häufig eingesetzten PPI kann ein
über wenige Wochen kann ebenfalls das Beenden der PPI-                    Deprescribing sinnvoll sein, zumal von der Bezeichnung
Therapie angestrebt werden. Hierfür werden eine Reduktion                 „Magenschutz“ eine verharmlosende Wirkung im
der Dosis oder eine Therapie mit PPI on demand vorgeschla­                Sinne eines unkritisch einzunehmenden Arzneimittels
gen, mit Überprüfung des Krankheitsgeschehens nach acht                   ausgehen kann. Konkret kann Deprescribing als zeitlich
Wochen. Bei Symptomfreiheit erfolgt ein Auslassversuch.                   begrenzte Anwendung, als Dosisreduktion oder als
                                                                          Einnahme nur bei Bedarf erfolgen.
      Auch bei der Diagnose einer schweren Refluxösopha­
gitis kann nach erfolgreicher Akuttherapie eine Dosisreduk­
tion der PPI erfolgen und nach langfristig stabiler Remission
sogar ein Auslassversuch analog der gastroösophagealen
Refluxkrankheit unternommen werden. Erfolgt die PPI-
Anwendung außerhalb einer zugelassenen Indikation, wie
beispielsweise bei FD oder als „Magenschutz“ bei Multime­
dikation, so soll zunächst schrittweise eine Dosisreduktion
vorgenommen werden. Nach acht Wochen wird überprüft,

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020                                                                 13
Abbildung 1: Algorithmus zum Deprescribing von PPI (nach [6])

                          Indikationsprüfung durch Anamnese, Arztbriefe, Endoskopiebefunde

 PPI-Prophylaxe         Z.n. erfolgreicher     keine Indikation     Refluxkrankheit ±        Z.n. Ulkusblutung
 auf Intensiv­          Helicobacter-          oder funktionelle    Ösophagitis;             und Risikomedi-
 station                pylori-Eradikation     Dyspepsie            symptomfrei              kation1 oder
                                                                                             Risiko­
                                                                                             konstellation für
                                                                                             Ulkusblutung2

                                                 Dosisreduktion     Dosisreduktion
                                                                    oder on demand,
                                                                    bei Grad C/D
                                                                    in Absprache
                                                                    mit Gastro­
                                                                    enterologen

                                                     Überprüfung nach 8 Wochen

 nach Verlegung
 bzw. bei
 Entlassung                                           Keine erneuten Symptome

                           PPI absetzen                             PPI absetzen,               PPI-Dauer­
                                                                    bei Grad C/D                medikation
                                                                    Absprache mit
                                                                    Gastro­
                                                                    enterologen

                                               Bei Symptomrezidiv PPI-Medikation in
                                               niedrigster wirksamer Dosis starten,
                                               aber auch (nichtmedikamentöse) Alter-
                                               nativen prüfen.

14
Fazit
                                                                          „„   Der Einsatz von PPI sollte auf klinisch gesicherte Indika­
1
  	Patienten nach gastroduodenaler Ulkusblutung unter                         tionen beschränkt werden.
    einer Dauerbehandlung mit ASS, die Hp-positiv                         „„   Bei Akutbehandlung ist die geringstmögliche Dosierung
    sind, bedürfen einer Eradikationsbehandlung ohne                           und die kürzestmögliche Zeitspanne zu wählen.
    an­schließende Dauertherapie mit PPI. Patienten mit                   „„   Zu Beginn der Therapie sollte bereits die Therapie­
    gastroduodenaler Ulkusblutung ohne Hp-Infektion                            dauer und das Vorgehen für das Absetzen der Thera­
    bedürfen einer PPI-Dauermedikation zur Reduktion                           pie festgelegt werden.
    des Blutungsrisikos. Dies gilt auch nach Ulkusblutungen
                                                                          „„   Eine Dosisreduktion oder ein Absetzen von PPI ist bei
    unter sonstigen Thombozytenaggregationshemmern,
                                                                               vielen Anwendungsgebieten ohne Schaden des Patien­
    DOAK oder Vitamin-K-Antagonisten.
2                                                                              ten möglich, auch bei bereits bestehenden Langzeit­
  	Risikokonstellationen einer Ulkusblutung können eine
                                                                               therapien.
    prophylaktische Dauertherapie mit PPI rechtfertigen.
    Eine besondere Rolle kommt hier Medikamenten zu,
    die selbst ulzerogen sind, wie z. B. nichtsteroidale
    Antirheumatika, oder die das Gerinnungssystem
    beeinflussen.                                                       Literatur
                                                                        [1]	Kochen M, Niebling W: Protonenpumpenhemmer - Information zur ra­
                                                                             tionalen Arzneitherapie in der hausärztlichen Praxis. arznei-telegramm
                                                                             2006; 37: 103–4
                                                                        [2]	Madisch A, Andresen V, Enck P et al.: The diagnosis and treatment of
                                                                             functional dyspepsia. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 222–32
                                                                        [3]	Pinto-Sanchez MI, Yuan Y, Hassan A et al.: Proton pump inhibitors
                                                                             for functional dyspepsia. Cochrane Database Syst Rev 2017; 11(11):
                                                                             CD011194
                                                                        [4]	Fischbach W, Malfertheiner P, Lynen Jansen P et al.: S2k-Leitlinie Heli­
                                                                             cobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Z Gastroenterol
                                                                             2016; 54(4): 327–63
                                                                        [5]	Mössner J: The indications, applications, and risks of proton pump inhi­
                                                                             bitors – a review after 25 years. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 477–83
                                                                        [6]	Rosien U: Deprescribing PPI: Weniger Protonenpumpeninhibitoren-
                                                                             Verordnung ist möglich! Arzneiverordnung in der Praxis 2019; 46(3-4):
                                                                             114–8
                                                                        [7]	Wegener M, Berg A, Meyer G: Verordnungen von Protonenpumpen­
                                                                             inhibitoren in Pflegeheimen: Ergebnisse einer Sekundärdatenanalyse.
                                                                             Arzneiverordnung in der Praxis 2018; 45(4): 76
                                                                        [8]	Reimer C, Søndergaard B, Hilsted L et al.: Proton-pump inhibitor
                                                                             therapy induces acid-related symptoms in healthy volunteers after
                                                                             withdrawal of therapy. Gastroenterology 2009; 137(1): 80–7
                                                                        [9]	Koop H, Fuchs KH, Labenz J et al.: S2k-Leitlinie: Gastroösophageale
                                                                             Refluxkrankkheit. Z Gastroenterol 2014; 52(11): 1299–346
                                                                        [10]	Protonenpumpenhemmer zur Prävention gastrointestinaler Blutungen
                                                                              unter oralen Antikoagulanzien? Arzneimittelbrief 2019; 53: 22
                                                                        [11]	Scott IA, Hilmer SN, Reeve E et al.: Reducing inappropriate polyphar­
                                                                              macy: the process of deprescribing. JAMA Intern Med 2015; 175(5):
                                                                              827–34

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020                                                                              15
Sondengängigkeit und Suspendierbarkeit

Für Patienten mit einer Indikation für PPI, die Schluckstörungen        Bei den meisten Präparaten sind die magensaftresisten­
haben und/oder über eine Sonde ernährt werden, muss die Prä-       ten Pellets in Hartkapseln gefüllt, daneben werden sowohl
parateauswahl hinsichtlich ihrer Suspendierbarkeit Sondengän-      von Originalanbietern als auch von Generika-Herstellern
gigkeit erfolgen. Welche Kriterien dabei berücksichtigt werden     Matrixtabletten angeboten, die überzogene Pellets oder
müssen, erklärt das folgende Kapitel.                              Granulatkörner (multiple units) enthalten. Hier ist jedoch
                                                                   bei einer Sondenapplikation sowohl die Größe der Pellets
     Zunächst ist zu prüfen, ob der Patient noch in der Lage       als auch der Sondendurchmesser ausschlaggebend [2].
ist, weiche oder flüssige Nahrung zu schlucken. In diesem
Fall ist die Arzneimittelgabe durch Suspendieren des Tab­               Insgesamt ist die Zahl der auf dem Markt verfügbaren
letten- oder Kapselinhalts in entsprechender Nahrung zu            Arzneimittel mit PPI sehr groß. Es existieren nach aktueller
bevorzugen.                                                        Auswertung Präparate von 82 Herstellern mit unterschied­
                                                                   lichen Wirkstärken, Darreichungs- und Applikationsformen.
      Ist die Gabe über eine Sonde aber unumgänglich, wird         Allerdings gibt es nur wenige Hersteller, die auf die Mög­
das Sondensystem nach der voraussichtlichen Dauer der              lichkeit einer Sondengabe ihrer Präparate in der Fachin­
enteralen Ernährung ausgewählt. Eine transnasale Sonde             formation hinweisen; nur bei diesen ist die entsprechende
ist indiziert, wenn die Dauer noch nicht absehbar ist oder         Verabreichung zulassungskonform möglich. Sind keine Hin­
nur zwei bis drei Wochen beträgt. Diese wird entweder              weise zur Sondengängigkeit in der Fachinformation gege­
durch die Nase in den Magen (nasogastral) oder bis in den          ben, übernehmen die Hersteller keine Haftung für diesen
Dünndarm (nasointestinal) gelegt. Ist dagegen absehbar,            Applikationsweg.
dass ein Patient über mehrere Wochen nicht mehr ausrei­
chend Nahrung zu sich nehmen kann, ist die Anlage einer                 Um einen Überblick über die Sondengängigkeit der
perkutanen Sonde direkt in den Magen als perkutane endo­           verschiedenen Präparate auf dem deutschen Markt zu
skopische Gastrostomie (PEG) oder in den Dünndarm als              erlangen, haben wir die Hinweise der Fachinformationen
perkutane endoskopische Jejunostomie (PEJ) indiziert. Eine         der angegebenen Hersteller zusammengestellt (Tabelle 1).
perkutane Sonde hat gegenüber der transnasalen Variante
den Vorteil, dass der Patient keine mechanischen Reizungen               Für Omeprazol sind zahlreiche Präparate verfügbar,
im Nasen-Rachen-Raum erleidet und somit ein Schlucktrai­           die direkt (Tabletten) oder nach Öffnen der Kapseln (Pel­
ning besser absolvieren kann [1].                                  lets) in Flüssigkeit suspendiert und dann geschluckt werden
                                                                   können. Eine Verabreichung über Magensonde ist jedoch
     Bei einer Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren              nur für Omep® MUT® in der Fachinformation beschrieben.
sind grundsätzlich folgende Maßgaben zu beachten. PPI sind
Prodrugs, die nach Resorption im Dünndarm über den Blut­                Präparate mit Esomeprazol können für Patienten mit
kreislauf zu den Belegzellen des Magens gelangen, wo sie           Schluckbeschwerden nach Suspendierung in kohlesäure­
von der Magensäure in ihre aktive Form umgewandelt wer­            freiem Wasser verabreicht werden, daneben sind einige
den, die die Protonenpumpe hemmt. Werden die PPI im                zusätzlich in kohlesäurefreiem Wasser über eine Magen­
sauren Milieu des Magens vorzeitig aktiviert, gelangen sie         sonde applizierbar.
nicht in ausreichender Menge an die Belegzellen. Daher sind
Arzneiformen der PPI zur oralen Gabe immer magensaftre­                 Lansoprazol-haltige Arzneimittel können in den meis­
sistent. Bei oraler Gabe oder per Magensonde dürfen diese          ten Fällen in Apfelsaft suspendiert getrunken oder über eine
weder zerkaut noch zermörsert werden. Die Hersteller               nasogastrale Sonde verabreicht werden. Nur ein Hersteller
verwenden als Arzneiform in der Regel dazu magensaftre­            gibt keinen Hinweis auf Patienten mit Schluckstörung, so
sistente Pellets.                                                  dass die Kapsel hier nicht geöffnet werden darf.

16
Die Kapseln des Arzneimittels Dexilant ® mit dem
                                                                        Anwendung
Wirkstoff Dexlansoprazol können bei Schluckbeschwer­
den auch geöffnet und suspendiert werden. Ein Hinweis auf               Folgende Hinweise zur Anwendung über die Magen­
eine Sondengängigkeit wird nicht gegeben.                               sonde sind bei allen Präparaten laut Fachinformationen
                                                                        zu beachten:
     Für Pantoprazol und Rabeprazol wurden keine Präpa­                 1. Tablette oder Kapselinhalt in eine geeignete Spritze
rate gefunden, deren Fachinformationen bei Schluckstörun­                  geben und Spritze mit etwa 25 ml Wasser sowie
gen eine Öffnung der Kapseln und Suspendierung in Flüssig­                 etwa 5 ml Luft füllen. Bei einigen Sonden ist eine
keit oder Verabreichung über Sonden zulassen.                              Suspension in 50 ml Wasser erforderlich, um eine
                                                                           Verstopfung der Sonde durch die Pellets zu verhin­
     Insgesamt geben alle Hersteller, deren Kapseln geöff­                 dern.
net werden dürfen, an, dass Patienten den Kapselinhalt                  2. Direkt anschließend die Spritze etwa 2 Minuten lang
nach dem Vermischen mit einer leicht sauren Flüssigkeit wie                schütteln, um die Tablette oder den Kapselinhalt (Pel­
beispielsweise kohlensäurefreiem Wasser oder Fruchtsaft                    lets) zu suspendieren.
schlucken können. Alle Hersteller raten, dass das Trinken
                                                                        3. Spritze mit der Spitze nach oben halten und Durch­
unmittelbar oder innerhalb von 30 Minuten nach Suspen­
                                                                           gängigkeit der Spitze prüfen.
sion erfolgen soll. Alternativ können bei einigen Präpara­
ten die Kapseln gelutscht und die Pellets der aufgelösten               4. Die weiterhin mit der Spitze nach oben zeigende
Kapsel mit Wasser getrunken werden, wobei die magen­                       Spritze mit der Sonde verbinden.
saftresistenten Pellets bei allen Herstellern nicht zerkaut             5. Spritze schütteln und auf den Kopf drehen (mit der
werden dürfen. Einige Hersteller weisen darauf hin, dass für               Spitze nach unten). Sofort 5–10 ml in die Sonde inji­
Patienten mit Schluckstörung der Kapselinhalt zur Vereinfa­                zieren. Spritze nach der Injektion wieder umdrehen
chung der Einnahme auch auf eine geringe Menge weicher                     und schütteln, dabei mit der Spitze nach oben halten,
Nahrung wie Joghurt oder Apfelmus aufgestreut werden                       um ein Verstopfen zu vermeiden.
kann, wobei der Inhalt jedoch nicht zerkaut, zerdrückt oder             6. Spritze wieder auf den Kopf drehen und sofort wei­
gemörsert werden darf.                                                     tere 5–10 ml in die Sonde injizieren. Prozedur wie­
                                                                           derholen, bis die Spritze leer ist.
                                                                        7. Falls erforderlich, Spritze mit 25 ml Wasser und 5 ml
                                                                           Luft füllen und Schritt 5 wiederholen, um in der
                                                                           Spritze verbliebene Ablagerungen auszuspülen. Bei
                                                                           manchen Sonden werden 50 ml Wasser benötigt.

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020                                                               17
Tabelle 1: Suspendierbarkeit und Verabreichung von PPI über Gastral- bzw. Duodenalsonde gemäß
Fachinformation/Herstellerangaben

  Wirkstoff / Präparat(e)                           Darreichungsform                Suspendierbarkeit        Gastralsonde   Duodenalsonde

  Omeprazol

  Antra® mups                                       Tablette mit                             X                    X1              -
                                                    Multiple-Unit-Pellet-System

  Omep® MUT®                                        Tablette mit                             X                    X              X2
                                                    Multiple-Unit-Pellet-System
                                                                                                                                  -
  1 A Pharma, Aristo, Stada                         Kapsel                                   X                     -
                                                                                                                                  -
  AbZ, AL, Basics, Biomo, Bluefish, ct, Dexcel,     Kapsel                                   X                     -
  Henning, Heumann, Mylan, ratiopharm NT,                                           zusätzlich können
  Zentiva, Ome-Q ®                                                                Kapseln gelutscht, nicht
                                                                                    zerbissen werden
                                                                                                                                  -
  beta                                              Kapsel                                   -                     -

  Esomeprazol

  Nexium® mups                                      Tablette mit                             X                    X              X
                                                    Multiple-Unit-Pellet-System

  Esomep®                                           Tablette mit                             X                    X              X3
                                                    Multiple-Unit-Pellet-System

  Aristo, TAD                                       Kapsel                                   X                     -              -

  AbZ, Basics, ct, Ethypharm, Heumann, ratiopharm   Kapsel                                   X                    X               -

  Lansoprazol

  Agopton®                                          Kapsel                                   X                    X               -
                                                                                                              nasogastral

  AbZ, ratiopharm, Lanso TAD                        Kapsel                                   X                    X               -
                                                                                                              nasogastral

  Hexal                                             Kapsel                                   X                    X              X4
                                                                                                              nasogastral

  1 A Pharma, AL, Apomed, Stada                     Kapsel                                   X                     -              -

  Aurobindo                                         Kapsel                                   -                     -              -

  Dexlansoprazol

  Dexilant ®                                        Kapsel                                   x                     -              -

  Pantoprazol

  Pantozol ®, Rifun®, PantoBEM,                     Kapsel                                   -                     -              -
  PantoFlux, Pantopra-Q

  AAA, Abz, acis, AL, Aristo, Atid, Aurobindo,      Kapsel                                   -                     -              -
  axcount, Basics, beta, biomo, Denk, dura, Hen­
  ning, Heumann, Micro Labs, NYC, Puren, ratio­
  pharm, Stada, TAD, Winthrop

  1 A Pharma, Hexal                                 Kapsel                                   -                     -             X5

18
Wirkstoff / Präparat(e)                           Darreichungsform               Suspendierbarkeit     Gastralsonde       Duodenalsonde

    Rabeprazol

    Pariet ®                                           magensaftresistente                   -                  -                   -
                                                       Tablette

    Puren, ratiopharm, TAD                             magensaftresistente                   -                  -                   -
                                                       Tablette

1
  	Laut Herstellerangabe ist die Applikation über eine
    Magensonde möglich, wobei die Austrittsöffnung der                         Fazit
    Sonde mindestens einen Durchmesser von 8 Charri­                           „„   Ist der Patient in der Lage zu schlucken, sollte bevor­
    ère oder 1,6 mm haben sollte, da die in der Tablette                            zugt ein PPI nach Auflösen der Tablette oder Suspen­
    enthaltenen magensaftresistenten Mikropellets einen                             dierung des Kapselinhalts oral verabreicht werden.
    Durchmesser von etwa 0,5 mm haben.                                              Die Tablette oder Kapsel darf auf keinen Fall zerkaut
2
  	Laut Herstellerangabe ist eine Applikation auch über                            oder zermörsert werden.
    eine Duodenalsonde möglich, wobei die Mindestdurch­
                                                                               „„   Ist eine Sondenapplikation unumgänglich, dürfen die
    messer bei Magensonden von 12 Charrière bei Appli­
                                                                                    Tabletten oder Pellets zur Gabe über eine Magensonde
    kation mit Apfelsaft bzw. 10 Charrière bei Applikation
                                                                                    nicht zermörsert werden, da sonst der magensaftresis­
    mit Wasser sowie bei Dünndarmgabe nach Mörsern
                                                                                    tente Schutz des Wirkstoffes zerstört würde.
    von 6 Charrière berücksichtigt werden müssen [3].
3
  	Laut Herstellerangabe sollen die Pellets bei Gabe über                     „„   Das Suspendieren der Tabletten oder Pellets sollte in
    eine Magensonde nach Suspension in Apfelsaft über                               kohlesäurefreiem Wasser oder in leicht sauren Flüssig­
    eine Sonde mit mindestens 14 Charrière (nasogastral                             keiten wie Apfelsaft erfolgen.
    oder PEG), bei Suspension in Wasser mit mindestens                         „„   Gemäß Fachinformationen stehen folgende Präparate,
    16 Charrière verabreicht werden sowie bei Dünn­                                 bei denen die Sondenapplikation zulassungskonform ist,
    darmgabe nach Mörsern der Pellets über eine Sonde                               zur Verfügung:
    mit mindestens 6 Charrière [4].                                                 - für Omeprazol ist nur Omep® MUT® über eine
4
  	Laut Herstellerangabe ist eine Applikation sowohl                                 Magensonde applizierbar,
    über eine Magen- als auch eine Duodenalsonde mög­                               - für Esomeprazol Nexium® mups, Esomep®, Esome­
    lich, wobei die Mindestdurchmesser von 12 Charri­                                 prazol AbZ, Aristo, Basics, ct, Ethypharm, Heumann,
    ère bei Applikation mit Apfelsaft über die nasogast­                              ratiopharm und TAD,
    rale Sonde, 14 Charrière bei Applikation mit Apfelsaft
                                                                                    - für Lansoprazol Agopton®, Lansoprazol AbZ, Hexal,
    über die PEG-Sonde sowie 5 Charrière nach Mörsern
                                                                                      ratiopharm und Lanso TAD.
    bei Applikation mit Wasser über die Duodenalsonde
    berücksichtigt werden müssen [5].                                          „„   Für Pantoprazol und Rabeprazol wurden keine Präpa­
5
  	Laut Herstellerangabe ist eine Gabe über eine Dünn­                             rate gefunden, deren Fachinformationen bei Schluck­
    darmsonde möglich, wobei die Tabletten gemörsert                                störungen eine Suspension des Kapselinhaltes in Flüssig­
    werden müssen, da ein Zerfall der Tabletten in Was­                             keit oder Verabreichung über Sonde zulassen.
    ser sehr lange dauert und nicht zu empfehlen ist. Die
    Gabe über Magensonde ist allerdings nicht möglich,
    da die Tabletten einen magensaftresistenten Überzug
    besitzen, der bei Zerkleinerung verloren ginge [6, 7].

KVBW           Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020                                                                  19
Literatur                                                                   Fachinformation Omeprazol biomo 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Oktober 2019
                                                                            Fachinformation Omeprazol Bluefish 20 mg, 40 mg, Stand März 2017
[1]	Voigt V, Reinbold T: Was bei Sonden zu beachten ist. Pharmazeutische   Fachinformation Omeprazol ct 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2019
     Zeitung 11/2009                                                        Fachinformation Omeprazol Dexcel 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Dezember 2019
[2]	KV Bayerns: Protonenpumpeninhibitoren auf dem Vormarsch. Arz­          Fachinformation Omeprazol Henning 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Januar 2017
     neimittel im Blickpunkt Nr. 18/2009, Stand: 25.08.2010. https://www.
     kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Verordnung/Blickpunkt/KVB-       Fachinformation Omeprazol Heumann 10 mg, 40 mg, Stand Januar 2019
     090119-AiB-18-WIS-Protonenpumpeninhibitoren-auf-dem-Vormarsch.         Fachinformation Omeprazol Heumann 20 mg, Stand Mai 2019
     pdf                                                                    Fachinformation Omeprazol Mylan 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand August 2017
[3]	Arzneimittelgabe über Ernährungssonde – Informationen der Hexal        Fachinformation Omeprazol ratiopharm NT 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand
     AG - OMEP ® MUT® 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Januar 2011                Februar 2019
[4]	Arzneimittelgabe über Ernährungssonde – Information der Hexal AG,      Fachinformation Omeprazol Stada 10 mg, 20 mg, 40 mg Hartkapseln, Stand
     Esomep® 20 mg, 40 mg, Stand November 2010                              Juni 2018
[5]	Arzneimittelgabe über Ernährungssonde – Information der Hexal AG,      Fachinformation Omeprazol Zentiva 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand November 2013
     Lansoprazol Hexal® 15 mg, 30 mg, Stand Juni 2013
                                                                            Fachinformation Ome-Q ® 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2017
[6]	Arzneimittelgabe über Ernährungssonde – Pantoprazol Hexal® 20 mg,
                                                                            Fachinformation Pantozol® 20 mg, 40 mg, Stand September 2019
     40 mg, Information der Hexal AG, Stand Mai 2009
                                                                            Fachinformation PantoBEM 20 mg, 40 mg, Stand September 2019
[7]	Sondenapplikation von Pantoprazol - 1 A Pharma® 20 mg, 40 mg,
     Stand September 2010                                                   Fachinformation PantoFlux 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2017
                       ®
Fachinformation Dexilant 30 mg, 60 mg, Stand Oktober 2019                   Fachinformation Pantopra-Q 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2017
Fachinformation Nexium® mups 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2020               Fachinformation Pantoprazol - 1 A Pharma 20 mg, 40 mg, Stand November 2019
                       ®
Fachinformation Esomep 20 mg, 40 mg, Stand März 2016                        Fachinformation Pantoprazol AAA 20 mg, 40 mg, Stand Dezember 2018
Fachinformation Esomeprazol AbZ 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2017            Fachinformation Pantoprazol AbZ 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2019
Fachinformation Esomeprazol Aristo 20 mg, 40 mg, Stand Juni 2019            Fachinformation Pantoprazol acis 20 mg, 40 mg, Stand November 2018
Fachinformation Esomeprazol Basics 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2019            Fachinformation Pantoprazol AL 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2019
Fachinformation Esomeprazol ct 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2017             Fachinformation Pantoprazol Aristo 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2019
Fachinformation Esomeprazol Ethypharm 20 mg, 40 mg, Stand Juni 2019         Fachinformation Pantoprazol Atid 20 mg, 40 mg, Stand Juni 2019
Fachinformation Esomeprazol Heumann 20 mg, 40 mg, Stand Januar2017          Fachinformation Pantoprazol Aurobindo 20 mg, 40 mg, Stand August 2018
Fachinformation Esomeprazol ratiopharm Hartkapseln 20 mg, 40 mg, Stand      Fachinformation Pantoprazol axcount 20 mg, 40 mg, Stand März 2017
Februar 2017                                                                Fachinformation Pantoprazol Basics 20 mg, 40 mg, Stand Dezember 2017
Fachinformation Esomeprazol TAD 20 mg, 40 mg, Stand März 2017               Fachinformation Pantoprazol beta 20 mg, 40 mg, Stand September 2019
Fachinformation Agopton® 15 mg, 30 mg, Stand Dezember 2018                  Fachinformation Pantoprazol biomo 20 mg, 40 mg, Stand August 2019
Fachinformation Lansoprazol - 1 A Pharma 15 mg, 30 mg, Stand Juli 2019      Fachinformation Pantoprazol ct 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2019
Fachinformation Lansoprazol AbZ 15 mg, 30 mg, Stand Mai 2019                Fachinformation Pantoprazol Denk 20 mg, 40 mg, Stand September 2019
Fachinformation Lansoprazol AL 15 mg, 30 mg, Stand Dezember 2017            Fachinformation Pantoprazol dura 20 mg, 40 mg, Stand September 2018
Fachinformation Lansoprazol Apomed 15 mg, 30 mg, Stand September 2018       Fachinformation Pantoprazol Henning 20 mg, 40 mg, Stand Oktober 2017
Fachinformation Lansoprazol Aurobindo 15 mg, 30 mg, Stand Dezember 2017     Fachinformation Pantoprazol Heumann 20 mg, 40 mg, Stand Dezember 2019
Fachinformation Lansoprazol Hexal 15 mg, 30 mg, Stand Dezember 2017         Fachinformation Pantoprazol Hexal 20 mg, 40 mg, Stand November 2019
Fachinformation Lansoprazol ratiopharm 15 mg, 30 mg, Stand Mai 2019         Fachinformation Pantoprazol Micro Labs 20 mg, 40 mg, Stand September 2018
Fachinformation Lansoprazol Stada 15 mg, 30 mg, Stand Dezember 2017         Fachinformation Pantoprazol NYC 20 mg, 40 mg, Stand Januar 2019
Fachinformation Lanso TAD 15 mg, 30 mg, Stand Oktober 2019                  Fachinformation Pantoprazol Puren 20 mg, 40 mg, Stand November 2019
Fachinformation Antra mups® 10 mg, 20 mg, Stand Oktober 2018                Fachinformation Pantoprazol ratiopharm 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2019
Fachinformation Omebeta® 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Januar 2017             Fachinformation Pantoprazol Stada 20 mg, 40 mg, Stand Juli 2019
Fachinformation Omep® 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand März 2017                  Fachinformation Pantoprazol TAD 20 mg, 40 mg, Stand September 2019
Fachinformation Omep® MUT® 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand September 2017        Fachinformation Pantoprazol Winthrop 20 mg, 40 mg, Stand September 2019
Fachinformation Omeprazol - 1 A Pharma 10 mg, 20 mg, 40 mg,                 Fachinformation Rifun® 20 mg, 40 mg, Stand Januar 2019
Stand März 2017                                                             Fachinformation Pariet ® 10 mg, 20 mg, Stand Oktober 2017
Fachinformation Omeprazol AbZ 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2019       Fachinformation Rabeprazol Puren 10 mg, 20 mg, Stand September 2017
Fachinformation Omeprazol AL 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Februar 2017        Fachinformation Rabeprazol ratiopharm 20 mg, 20 mg, Stand Januar 2017
Fachinformation Omeprazol Aristo 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Januar 2017     Fachinformation Rabeprazol TAD 10 mg, 20 mg, Stand Oktober 2017
Fachinformation Omeprazol Basics 10 mg, 20 mg, 40 mg, Stand Dezember 2017

20
Klinische Äquivalenz

Im praktischen Alltag stellt sich oft die Frage nach der Ver-           bedingte Metabolisierung begründet sein. Da der genetische
gleichbarkeit verschiedener PPI, sowohl in Bezug auf äquiva-            Status von CYP2C19 (siehe Infobox) nicht regelhaft vor der
lente Dosierungen als auch im Hinblick auf einen Austausch              Aufnahme der Therapie untersucht wird oder untersucht
untereinander. Die Evidenzlage hierfür ist jedoch unzureichend,         werden kann und damit bekannt ist, muss gegebenenfalls
wie nachfolgend zu lesen ist.                                           durch Dosisvariation die Wirkung unter klinischer Beurtei­
                                                                        lung verbessert werden.

Äquivalenzdosen
                                                                          Protonenpumpeninhibitoren und
     Die in den Fachinformationen aufgeführten Dosierun­                  CYP2C19-Genotyp
gen (und Angaben zur Therapiedauer) sind aus den kli­
nischen Prüfungen abgeleitet, die der Zulassung für die                   PPI (mit Ausnahme von Rabeprazol) werden zu einem
jeweilige Indikation zugrunde lagen. Das Deutsche Institut                Großteil über das hepatische Cytochrom-P450-Isoen­
für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)                    zym 2C19 (CYP2C19) metabolisiert. In der kaukasi­
hat die Standardtagesdosen (DDD, vergleiche Seite 5) für                  schen Bevölkerung kommen langsame Metabolisierer
Deutschland festgelegt und publiziert.                                    (als homozygote Träger defizienter Allele wie *2
                                                                          und *3) zu etwa 3 % vor. Diese sind aufgrund des ver­
      Diese Dosierungen müssen für die jeweilige Indikation               zögerten Abbaus stärker gegenüber den Wirkstoffen
betrachtet werden, sofern ein sachgerechter Wirkungsver­                  exponiert, was aber aufgrund der großen therapeuti­
gleich von Interesse ist. Direkte klinische Vergleiche aus                schen Breite von PPI unproblematisch ist. Auf der
klinischen Prüfungen existieren nicht. Alle Daten stammen                 anderen Seite gibt es homozygote Träger des
ausschließlich aus systematischen Reviews oder Metaanaly­                 *17-Allels (ca. 5 %), sogenannte ultraschnelle Metaboli­
sen unter Verwendung eines Surrogatmarkers. Als Surro­                    sierer. Bei diesen sind zum Erreichen der gewünschten
gatmarker wird meist die Zeitdauer verwendet, über die                    therapeutischen Wirkungen höhere PPI-Dosierungen
innerhalb von 24 Stunden der pH-Wert oberhalb von 4 lag.                  erforderlich (siehe auch Kapitel „Interaktionen“, ab
Alle derartigen bisherigen Vergleiche führen nicht zu zufrie­             Seite 25) [1].
denstellenden und in der Alltagspraxis tauglichen Äquiva­
lenzdosen.

    Es empfiehlt sich deshalb, indikationsbezogen die                   Literatur
jeweils in der Fachinformation angegebene Dosierung als
                                                                        [1]	El Rouby N, Lima JJ, Johnson JA: Proton pump inhibitors: from
Ausgangsbasis für die Therapie mit dem gewählten PPI                         CYP2C19 pharmacogenetics to precision medicine. Expert Opin Drug
heranzuziehen.                                                               Metab Toxicol 2018; 14: 447–60

Therapeutische Evidenz für den Wechsel von
Wirkstoffen (innerhalb PPI-Gruppe) bei fragli­
cher Wirksamkeit

     Eine auf Daten basierende Evidenz für den Wech­
sel eines PPI innerhalb der Wirkstoffklasse bei vermute­
ter Unwirksamkeit existiert nicht. In solchen Fällen ist die
Diagnose und Anwendung zu prüfen und zu korrigieren.
Eine vermeintliche Unwirksamkeit kann durch die genetisch

KVBW    Protonenpumpeninhibitoren / Verordnungsforum 54   August 2020                                                                      21
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