Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen - Familienportal am KIT

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Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen - Familienportal am KIT
Qualitätsstandards
für Männer*schutzeinrichtungen
Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen - Familienportal am KIT
Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz

Erna-Berger-Str. 17                         E-Mail:
01097 Dresden                               info@maennergewaltschutz.de

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Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen
Nummer 1 der Publikationsreihe Männer*gewaltschutz

Erarbeitet von:
Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz
Jana Peters, Dr. Anne-Marie Gallrein, Enrico Damme, Frank Scheinert,
Jörg Gakenholz, Torsten Siegemund

Erstellung:
Februar 2021

* Wir berücksichtigen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt.
Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen - Familienportal am KIT
Inhalt
Vorwort                                                                     2
1. Definition Häusliche Gewalt                                              3
2. Ausgangslage und aktuelles Hilfesystem bei Gewalt gegen Männer*          5
   2.1 Datenlage                                                            5
   2.2 Bestandsbeschreibung                                                 6
3. Grundsätze für die Arbeit in Männer*schutzeinrichtungen                  6
4. Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen                        9
   4.1 Strukturqualität                                                    11
   4.2 Prozessqualität                                                     14
       4.2.1 Kernprozess                                                   14
       4.2.2 Steuerungsprozesse                                            16
       4.2.3 Unterstützungsprozess                                         17
   4.3 Ergebnisqualität                                                    19
Schlusswort                                                                21
Abkürzungsverzeichnis                                                      22
Quellenverzeichnis                                                         23

                           Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen        1
Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen - Familienportal am KIT
Vorwort
                     Auch wenn es bisher in der Gesellschaft    Männer*schutzeinrichtungen. Die Stan-
                     weniger wahrgenommen wird, so ist den-     dards wurden mit den Schutzprojekten
                     noch festzuhalten: Männern* kann im        des Männernetzwerk Dresden e. V. sowie
                     häuslichen Umfeld bzw. innerhalb enger     des LEMANN e. V. reflektiert und dienten
                     sozialer Beziehungen Gewalt widerfah-      als Diskussionsgrundlage. Die BFKM ent-
                     ren. Männer*schutzeinrichtungen bieten     wickelte diese Standards in Zusammen-
                     in derartigen Krisensituationen betrof-    arbeit mit den Schutzeinrichtungen der
                     fenen Männern* vorübergehend Wohn-         Träger LEMANN e. V., Männernetzwerk
                     raum und Schutz. Zudem ermöglichen         Dresden e. V., MännerWohnHilfe e. V. (Ol-
                     sie es ihnen die Probleme anzugehen        denburg), Sozialberatung Stuttgart e. V.
                     oder die gewaltbelastete Beziehung zu      und Weissenberg e. V. (Plauen) weiter.
                     verlassen. Lange Zeit war der im Jahr
                     2000 gegründete und ehrenamtlich be-       Die nachfolgend ausgearbeiteten Quali-
                     triebene „Männerwohnraum für Krisen-       tätsstandards für Männer*schutzeinrich-
                     situationen“ in Oldenburg bundesweit die   tungen haben zum Ziel, Grundlagen für
                     einzige Männer*schutzeinrichtung. Dann     eine bedarfsgerechte Unterstützung von
                     gelang es ab 2016 in Sachsen, ein von      gewaltbetroffenen Männern* und derer
                     der Landesregierung gefördertes Pilot-     Kinder (z. B. Schutz vor weiterer Gewalt,
                     projekt für drei Männer*schutzwohnun-      leichter Zugang zum Hilfesystem, Mög-
                     gen zu starten. Das Bundesministerium      lichkeiten der Aufarbeitung) zu definie-
                     für Familie, Senioren, Frauen und Jugend   ren. Sie sollen interessierten Trägern
                     (BMFSFJ) unterstützt nun seit Oktober      als Arbeitsgrundlage dienen, wenn neue
                     2019 die bundesweite Errichtung wei-       Männer*schutzeinrichtungen aufgebaut
                     terer Männer*schutzeinrichtungen und       werden. Auch bestehende Einrichtun-
                     fördert dazu die Bundesfach- und Ko-       gen können die Qualitätsstandards he-
                     ordinierungsstelle Männergewaltschutz      ranziehen, um eigene Arbeitsprozesse
                     (BFKM). Ein bundesweites Netzwerk von      bzw. Qualitätsentwicklungen zu reflek-
                     Männer*schutzeinrichtungen        ermög-   tieren. Zeitgleich sind es Empfehlungen
                     licht zukünftig, dass betroffene Männer*   an Politik und Verwaltung zur Förderung
                     deutschlandweit immer besser Unter-        adäquater Unterstützungseinrichtungen.
                     stützung erfahren.                         Sie sind teilweise angelehnt an die Qua-
                                                                litätsempfehlungen für Frauen*häuser
                     Die in Sachsen 2017 zuständige Lan-        und Fachberatungsstellen für gewaltbe-
1
 Frauenhauskoordi-   desfachstelle Männerarbeit Sachsen er-     troffene Frauen*. 1
nierung e. V. 2014   arbeitete seinerzeit erste Standards für

2                    Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen - Familienportal am KIT
1. Definition Häusliche Gewalt

Abbildung 1: „Rad der Gewalt“, entwickelt vom Domestic Abuse Intervention Project6 – eigene Darstellung

Gewalt ist „der absichtliche Gebrauch von                  weise Partnern vorkommen, unabhängig
angedrohtem oder tatsächlichem körper-                     davon, ob der Täter beziehungsweise die
lichen Zwang oder physischer Macht ge-                     Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer
gen die eigene oder eine andere Person,                    hat oder hatte.“3 Täter*innen können auch      2
                                                                                                           Weltgesundheits-
gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft,                       dem sozialen Nahraum entstammen;               organisation 2003,
                                                                                                          S. 6
die entweder konkret oder mit hoher                        Spezialfälle sind u. a. Zwangsheiraten.
Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod,                   Weitere Beziehungskonstellationen wie          3
                                                                                                           vCouncil of Europe
psychischen Schäden, Fehlentwicklun-                       Gewalt zwischen Geschwistern, Gewalt           2011, S. 5
gen oder Deprivation führt.“2 Häusliche                    von Eltern gegen ihre Kinder oder umge-        4
                                                                                                           Vgl. Eidgenössi-
Gewalt bezeichnet „alle Handlungen kör-                    kehrt werden ebenso zu häuslicher Ge-          sches Büro für die
perlicher, sexueller, psychischer, (sozia-                 walt gezählt.4 Betroffene wie Ausführen-       Gleichstellung von
ler) oder wirtschaftlicher Gewalt, die in-                 de von häuslicher Gewalt stammen aus           Mann und Frau
                                                                                                          2014, S. 3
nerhalb der Familie oder des Haushalts                     allen Schichten, Altersgruppen, sexuellen
oder zwischen früheren oder derzeitigen                    Orientierungen, sie gehören unterschied-       6
                                                                                                           Paymar; Pence
Eheleuten oder Partnerinnen beziehungs-                    lichsten Konfessionen und Ethnien an.          1993

                                          Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                                        3
Hauptmerkmale häuslicher Gewalt sind         „Opfer häuslicher Gewalt empfinden ihre
                                                                   Situation oftmals als ausweglos:
                          die emotionale Bindung zwischen
                          Betroffenen und Täter*in,                    Wo sie Geborgenheit erwarten, er-
                          die oftmals gemeinsame Wohnung,              leben sie Gewalt, denn der Täter ist
                          in der die Gewalt passiert,                  oder war ein geliebter Mensch.
                          die Verletzung der körperlichen und/         Bedrohung, Isolation und Kontrol-
                          oder psychischen Integrität durch            le durch den gewalttätigen Partner
                          angedrohte oder ausgeübte Gewalt,            verunsichern und erschüttern das
                          zumeist der längere Zeitraum, in dem         Selbstwertgefühl.
                          die Gewalt stattfindet, wobei sich oft       Häufig sind Kinder betroffen; deshalb
                          die Intensität steigert, und                 geht mit allen Folgeentscheidungen
                          das vorhandene Machtgefälle zwi-             häufig die Sorge einher, den Kindern
5
    Vgl. ebd., S. 2       schen Betroffenen und Täter*in, wel-         „einen Elternteil wegzunehmen“, falls
                          ches in gewaltvollen Beziehungen zu          man sich zur Trennung entschließt.
7
  Weißer Ring e. V.
2010
                          Dominanz, Kontrollverhalten und da-          Oftmals bestehen finanzielle Ab-
                          durch zu Gewalt führt. 5                     hängigkeiten zwischen Opfer und
                                                                       Täter (…).“7

                      Folgen häuslicher Gewalt
8
 Gloor; Meier 2010,   Häusliche      Gewalt     ist   strafbar     Ausbildung oder sexuellen Problemen8.
S. 31 f.              (§ 1 GewSchG, §§ 174 bis 241 StGB). Sie      Dabei gilt „je stärker das Ausmaß an
9
    Ebd., S. 32
                      stellt eine schwerwiegende Menschen-         erlittener Gewalt, desto größer die Be-
                      und Grundrechtsverletzung mit gravie-        schwerden“9. Soziale und finanzielle
10
  Vgl. Eidgenös-      renden Folgen für die physische und          Folgen sind ebenfalls nicht auszuschlie-
sisches Büro für
                      psychische Unversehrtheit der Betroffe-      ßen, z. B. Stigmatisierung durch das so-
die Gleichstellung
von Mann und Frau     nen dar. Gesundheitliche Schäden wie         ziale Umfeld, sozialer Rückzug bis hin
2014, S. 6            blaue Flecken, (Gesichts-) Verletzungen      zu Isolation, finanzielle Schwierigkeiten
                      und Prellungen, Übelkeit, Erbrechen, Un-     durch eine Trennung, ggf. Wohnungs-
11
   Sauermost 2010,
                      terleibschmerzen und Genitalverletzun-       losigkeit. Außerdem können aus einer
S. 87
                      gen, Verstauchungen und Brüche oder          Scheidung aufenthaltsrechtliche Fol-
                      bei schwangeren Personen Schwanger-          gen für Menschen mit Migrationshinter-
                      schaftsbeschwerden und Fehlgeburten,         grund resultieren.10
                      können durch körperliche Gewalt auftre-
                      ten. Es besteht die Gefahr dauerhafter       Kinder sind in Gewaltbeziehungen in
                      körperlicher Schäden und chronischer         der Regel mitbetroffen. Auch in Fällen,
                      Schmerzen. Mögliche seelische und            in denen Kinder nicht selbst Geschä-
                      psychosomatische Folgen sind Ängs-           digte sind, sondern „nur“ Zeug*innen
                      te bis hin zu Panikattacken, geringeres      von häuslicher Gewalt werden, stellt
                      Selbstwertgefühl, Scham- und Schuld-         das Miterleben von Gewalthandlun-
                      gefühle, Niedergeschlagenheit bis zu         gen eine existentielle, emotionale und
                      Depressionen und Suizidalität, Schlaf-       psychische     Überforderungssituation
                      störungen, Albträumen, Suchtmittel-          mit weitreichenden Folgen dar. „Viele
                      missbrauch, Essstörungen, Gedächt-           haben Angst, sind entsetzt und fühlen
                      nis- und Konzentrationsschwierigkeiten       sich schuldig“11. Einige versuchen, den
                      sowie Problemen bei der Arbeit bzw.          betroffenen Elternteil zu schützen oder

4                     Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
zu trösten. Sie benachrichtigen die Poli-   und einem aggressiven Verhaltens-
zei oder Nachbarn und bringen jüngere       stil“13 sein. Erwachsene, die von häus-
Geschwister in Sicherheit. Sie werden       licher Gewalt betroffen sind oder Ge-        12
                                                                                              Ebd., S. 89
aktiv.                                      walt ausüben, haben oftmals bereits im       13
                                                                                              Ebd., S. 89
                                            Kindesalter Gewalterfahrungen machen
Andere häufige Folgen von miterlebter       müssen.14 Diese Liste der aufgeführten       14
                                                                                            Vgl. Eidgenös-
Gewalt bei Kindern richten sich eher        Folgen ist unvollständig und ließe sich      sisches Büro für
                                                                                         die Gleichstellung
nach Innen. Dazu zählen Angst, Erstar-      noch erheblich verlängern.
                                                                                         von Mann und Frau
ren bis Verstummen und Hilflosigkeit,                                                    2020, S. 6
Sorge um den betroffenen Elternteil         Häusliche Gewalt ist in der Regel kein
und Anhänglichkeit an diesen, ständi-       einmaliges Ereignis, sondern wieder-
ge Alarmbereitschaft in (auch geringe-      holt sich. Zumeist ist professionelle Hil-
ren) Bedrohungssituationen, Ein- und        fe unerlässlich, wenn Betroffene dieser
Durchschlafschwierigkeiten, Albträume,      Gewaltspirale entkommen wollen. Um
Einnässen oder Einkoten, Gefühlskälte       ein bestmöglichstes Unterstützungsan-
oder anderweitige heftige, ungewohnte       gebot gewährleisten zu können, müs-
Emotionsausdrücke12. Der Kontakt mit        sen gewisse Rahmenbedingungen und
anderen Kindern kann sich schwieriger       Standards geschaffen und eingehalten
gestalten und kann „geprägt (...) von       werden.
stereotypen Geschlechtsrollenbildern

2. Ausgangslage und aktuelles Hil-
fesystem bei Gewalt gegen Männer*
2.1 Datenlage
2019 richteten sich bundesweit 19,0 %       amt veröffentlichte Lagebild „Häusliche
der Partnerschaftsgewalt gegen Män-         Gewalt“ beinhaltet auch den sozialen
ner*. Das sind 26.889 Männer*, die von      Nahraum. 2019 betrug demnach der
häuslicher Gewalt durch die (Ex-)Part-      Männer*anteil unter den Betroffenen ab
ner*in betroffen waren und dies zur poli-   18 Jahren in Sachsen 29,5 %.16 Die Zahl       Vgl. Bundeskrimi-
                                                                                         15

zeilichen Anzeige brachten. Mit 81 %        enthält auch häusliche Gewalt ausge-         nalamt 2020, S. 6

richtet sich der wesentliche Großteil der   hend von Männern* gegen Männer*.              Landeskriminal-
                                                                                         16

Gewalt gegen Frauen* 15, dennoch kann                                                    amt Sachsen 2020
der Anteil von häuslicher Gewalt be-        Die Zahlen bilden nur das Hellfeld ab,
troffener Männer* nicht vernachlässigt      das heißt, es werden nur Gewaltbetrof-
werden.                                     fene zahlenmäßig ausgewiesen, die
                                            vorwiegend wegen (schwerer) Körper-
Partnerschaftsgewalt ist nur ein Teil       verletzung sowie Bedrohung, Stalking
von häuslicher Gewalt. Das jährlich         und Nötigung die Polizei hinzugezogen
durch das sächsische Landeskriminal-        haben.

                               Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                                5
2.2 Bestandsbeschreibung
                      Im Oktober 2020 gab es in Deutschland        (Oktober 2020) in keinem Bundesland
                      neun Männer*schutzeinrichtungen. Die-        eine Regelförderung vorgesehen. In
                      se Gewaltschutzprojekte befinden sich        Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sach-
                      in Oldenburg, Leipzig, Dresden, Stutt-       sen werden die Projekte als Pilot- bzw.
                      gart, Plauen, Nürnberg, Augsburg, Düs-       Modellprojekte gefördert. In der Erpro-
                      seldorf und Köln, mit deutschlandweit        bungsphase werden Sie evaluiert, um
                      insgesamt 27 Plätzen für gewaltbetrof-       im Anschluss über eine Regelförderung
17
   Vgl. Bundesfach-   fene Männer* und ihre Kinder.17              zu entscheiden. In Oldenburg und Stutt-
und Koordinierungs-                                                gart werden die Männer*schutzeinrich-
stelle Männerge-
waltschutz 2020
                      Die Rahmenbedingungen zur Förderung          tungen über die jeweiligen Städte und
                      von Männer*schutzeinrichtungen sind in       Landkreise gefördert. In den meisten
                      den einzelnen Bundesländern und regio-       Bundesländern ist perspektivisch eine
                      nal sehr unterschiedlich. In den jeweils     Mischfinanzierung von Landes- und
                      geltenden Richtlinien zur Förderung          kommunaler Förderung geplant.
                      von Gleichstellungsprojekten ist aktuell

                      3. Grundsätze für die Arbeit in
                      Männer*schutzeinrichtungen
                      Die Arbeit in Schutzeinrichtungen ver-       Hilfen bei den notwendigen Aktivitäten
                      pflichtet sich dem Recht auf Leben und       zur sozialen, wirtschaftlichen und recht-
                      körperliche Unversehrtheit: Jede*r hat       lichen Absicherung. Weiterhin werden
                      ein Recht auf ein gewaltfreies Leben. Die-   betroffene Männer* bei Bedarf zu Äm-
                      se Verpflichtung erfordert die Beachtung     tern, Behörden und Gerichten begleitet.
                      folgender Grundsätze, welche die Arbeit      Ein Grundsatz für die Unterstützungsan-
                      in Männer*schutzeinrichtungen prägen:        gebote ist, dass die Männer* selbstbe-
                                                                   stimmt entscheiden, statt Abhängigkei-
                                                                   ten zu schaffen.
                      Bedarfsgerechte Angebote

                      Um individuelle und situationsgemä-          Niedrigschwelligkeit
                      ße Hilfen anbieten zu können, ist ein
                      vielfältiges, professionelles Unterstüt-     Da häusliche Gewalt für die Betroffenen
                      zungsnetzwerk mit Beratungs-, Beglei-        meist schambesetzt ist und die „Opferrol-
                      tungs- und Unterbringungsmöglich-            le“ für Männer* gesellschaftlich tabuisiert
                      keiten, medizinischer Versorgung und         wird, ist es umso wichtiger, Hilfeangebote
                      rechtlichem Beistand unerlässlich.           niedrigschwellig zu gestalten.

                      Ziel ist es, dass Männer* sich in ihrer      Hierzu zählt die gesellschaftliche Aufklä-
                      Situation verstanden und angenommen          rung über die Thematik sowie deren Ent-
                      fühlen. Dazu zählen die Kriseninter-         tabuisierung. Niedrigschwellig heißt auch,
                      vention sowie die Informationen und          verschiedene Hilfeangebote zur Hand zu

6                     Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
Übersicht der Träger18

     Träger/Kontakt     Ort             Eröffnung    Kapazität         Finanzierung

     MännerWohnHilfe    Oldenburg        Mrz. 2000   2 Plätze + ggf.   Spenden; Bezuschussung durch
     e. V.                                           Kinder            kommunale Förderung seit 2020

     LEMANN e.V.        Leipzig          Feb. 2017   3 Plätze + ggf.   als Pilotprojekt vom Freistaat
                                                     Kinder            Sachsen gefördert

     Männernetzwerk     Dresden          Feb. 2017   3 Plätze + ggf.   als Pilotprojekt vom Freistaat
     Dresden e.V.                                    Kinder            Sachsen gefördert

     Sozialberatung     Stuttgart        Okt. 2017   2 Plätze + ggf.   kommunale Regelförderung
     Stuttgart e.V.                                  1 Kind

     Weissenberg e.V.   Plauen/          Jan. 2019   3 Plätze + ggf.   als Pilotprojekt vom Freistaat
                        Vogtland                     Kinder            Sachsen gefördert

     Riposo - Caritas   Nürnberg         Dez. 2019   4 Plätze + ggf.   gefördert vom Freistaat Bayern
     Nürnberg e.V.                                   Kinder

     Adami - SKM e.V.   Augsburg         Jan. 2020   2 Plätze + ggf.   gefördert vom Freistaat Bayern
     Augsburg                                        Kinder

     Freiraum - SKM     Düsseldorf       Jun. 2020   4 Plätze + ggf.   gefördert vom Land Nordrhein-
     gGmbH Düsseldorf                                Kinder            Westfalen

     Freiraum – SKM     Köln             Jul. 2020   4 Plätze + ggf.   gefördert vom Land Nordrhein-
     Köln e.V.                                       Kinder            Westfalen

18
     Ebd.                                                                          Stand: Februar 2021

                                    Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                        7
haben, die schnell und unbürokratisch ak-    arbeitenden der Schutzeinrichtung dazu,
                    quiriert werden können, gendersensibel       auch ohne oder gegen den Willen des be-
                    und unabhängig von Einkommen, Her-           troffenen Mannes* Informationen an Drit-
                    kunft, Religion und sexueller Orientierung   te weiterzuleiten. Dies ist nur erlaubt, wenn
                    sind. Weiterhin muss die Kontaktaufnah-      es Hinweise dafür gibt, dass der Betroffe-
                    me zur Einrichtung durch verschiedene        ne bereits eine Straftat begangen hat oder
                    Zugangsmöglichkeiten wie eine einrich-       äußert, dass es dies plant. Dann dient „die
                    tungsübergreifende Hilfshotline, die Er-     Datenweitergabe dazu (…), eine konkrete
                    reichbarkeit der Einrichtung per Telefon,    und erhebliche Gefahr für die körperliche
                    Mail oder persönlich durch eine gute Ver-    Unversehrtheit von (Ex-)Partner*in bzw.
                    kehrsanbindung möglich sein.                 Kindern abzuwenden. In jedem Einzelfall
                                                                 ist eine Rechtsgüterabwägung vorzuneh-
19
   BAG TäHG e. V.                                                men.“19 Das bedeutet, das Risiko der Da-
2018, S. 17         Schutz und Anonymität                        tenweitergabe mit dem Risiko für Leib und
                                                                 Leben anderer abzuwägen.
                    Der Schutz der Männer* vor Gewalt ist
                    zu gewährleisten. Darüber hinaus ist die
                    Sicherheit der Männer* und deren Kinder      Autonomie und
                    zu verbessern. Dabei ist maßgebend,          Selbstbestimmungsrecht
                    dass der Standort der Männer*schutz-
                    einrichtungen anonym bleibt. Besuche         Die Männer* sind frei in ihrer Entschei-
                    in der Wohnung sind grundsätzlich            dung bezüglich der Art der Hilfen. Gleich-
                    nicht gestattet. Ausnahmen können im         sam können die Männer* über den Ort frei
                    Einzelfall vereinbart werden. Es gibt Ab-    wählen – vorausgesetzt eine Hilfeleis-
                    sprachen mit Behörden, vor allem dem         tung ist ansässig und aktuell verfügbar.
                    Sozialamt, Jobcenter, Krankenkassen          Sie werden über mögliche Hilfeangebote
                    und der Polizei zur Wahrung der Anony-       informiert und gemeinsam mit Mitarbei-
                    mität. Um die Sicherheit innerhalb der       tenden wird der Hilfeprozess geplant. Es
                    Wohnung zu gewährleisten, werden alle        gilt das Wunsch- und Wahlrecht.
                    Bewohnenden vor Einzug über geltende
                    Sicherheitsvorkehrungen informiert und       Die Eigenverantwortung der Männer* soll
                    zur Einhaltung verpflichtet.                 und darf nicht eingeschränkt werden. Da-
                                                                 her ist es die Aufgabe der Mitarbeitenden,
                                                                 den Bewohnenden so viel Hilfe wie nötig,
                    Verschwiegenheit und                         aber auch so wenig wie möglich anzu-
                    Offenbarungsbefugnis                         bieten. Verpflichtende Maßnahmen (z. B.
                                                                 Ordnung innerhalb der Wohnung oder
                    Die Mitarbeitenden der Schutzeinrichtung     regelmäßige Gesprächstermine) sind in
                    unterliegen grundsätzlich der gesetzli-      einer Nutzungsvereinbarung geregelt.
                    chen Schweigepflicht nach § 203 StGB.
                    Zur Weitergabe von Daten bedarf es einer
                    schriftlichen Einwilligung der Betroffenen   Zeitlich befristete Unterstützung
                    (Schweigepflichtentbindung). Diese re-
                    gelt, welche Informationen an wen über-      Während der Unterbringung werden die
                    mittelt werden dürfen. Außerdem enthält      gewaltbetroffenen Männer* durch Fach-
                    sie eine Belehrung zum persönlichen Wi-      personal unterstützt und begleitet. Zeit-
                    derrufsrecht.                                lich befristete Unterstützung heißt, dass
                                                                 Männer* – und bei Bedarf deren Kinder –
                    Aus § 34 StGB ergibt sich eine Offenba-      für bis zu drei Monate die Männer*schutz-
                    rungsbefugnis. Diese berechtigt die Mit-     einrichtung nutzen können. In Einzelfällen

8                   Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
kann dieser Zeitraum entsprechend ver-
längert werden. Ein früherer Auszug ist         Grundhaltung der
jederzeit möglich.                              Mitarbeitenden

                                                In den Einrichtungen für Männer*schutz
Solidarität                                     arbeiten sozialpädagogisch qualifizierte
                                                Mitarbeitende. Grundlagen für die Arbeit
Die Männer*schutzeinrichtung positio-           sind eine respektvolle und empathische
niert sich nach innen und nach außen            Begegnungsqualität, ein professionelles
gegen jede Form von Gewalt und Diskri-          Nähe-Distanz-Verhältnis wie auch selbst-
minierung von Männern*, Frauen* und             reflexives Handeln.
Kindern. Sie unterstützt die betroffenen
Männer* und ihre Kinder bei der Bewäl-          Interdisziplinärer Arbeitsansatz
tigung der Situation durch Schutz, Un-
terbringung, Beratung und Begleitung.           Um adäquat auf die Situation der Män-
Die Mitarbeitenden der Gewaltschutz-            ner* reagieren und vielfältige Unterstüt-
einrichtung haben eine kritisch-solida-         zung bieten zu können, sind Koopera-
rische Einstellung zu den betroffenen           tionen mit themennahen Einrichtungen
Männern*.                                       notwendig, vor allem mit regionalen
                                                Leistungsanbietern und interdisziplinä-
                                                ren Männer*beratungsnetzwerken.
Ressourcenorientierung
                                                Um einrichtungsübergreifend arbeiten zu
Die gewaltbetroffenen Männer* werden            können, beteiligen sich die Akteur*innen
ganzheitlich mit all ihren Stärken, Fähig-      des Männergewaltschutzes an Arbeits-
keiten und Fertigkeiten wie auch Entwi-         kreisen und Netzwerken gegen Häusliche
cklungsbedarfen und Ambivalenzen ge-            Gewalt. Interdisziplinäre Fallkonferenzen
sehen. Die Hilfen der Schutzeinrichtung         werden bei Bedarf, z. B. bei hohem Ge-
richten sich nach den persönlichen Hand-        fährdungsrisiko für den Betroffenen oder
lungs- und Entscheidungsspielräumen             die Mitarbeitenden durch den/die Tä-
des Betroffenen.                                ter*in, und mit Einwilligung des Betroffe-
                                                nen durchgeführt.

4. Qualitätsstandards für
Männer*schutzeinrichtungen
Männer*, die häusliche Gewalt erfahren          aufgeführt, welche die Unterstützungsleis-
haben, sowie ihre Kinder haben sehr unter-      tung optimieren. Sie sollten bei besserer Fi-
schiedliche Unterstützungsbedarfe. Die          nanzierungssituation bereitgestellt werden.
folgenden Minimalstandards stellen An-
forderungen an die Bereitstellung von Res-      Die formulierten Anforderungen werden
sourcen für Männer*schutzeinrichtungen          den drei in Fachdiskussionen gängigen
dar, die eine professionelle und individuelle   Qualitätsdimensionen Struktur-, Prozess-        20
                                                                                                   Vomberg 2010;
Arbeit dieser ermöglichen soll. Zudem wer-      und Ergebnisqualität zugeordnet (siehe          Frauenhauskoordi-
                                                                                                nierung e. V. 2014
den an einigen Stellen ergänzende Faktoren      Abbildung 2).20

                                  Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                                  9
Abbildung 2: Grundsätze und Qualitätsstandards für Männer*schutzeinrichtungen – eigene Darstellung

                            Strukturqualität definiert sich we-                        Güte der erbrachten Dienst- bzw.
                            sentlich über die materiellen (z. B.                       Hilfeleistung, d. h. die Wirkungen
                            räumliche und technische Ausstat-                          und Veränderungen, die durch
                            tung) und personellen Ressourcen                           Männer*schutzeinrichtungen er-
                            (z. B. Anzahl und Ausbildung der Mit-                      zielt werden. Indikatoren dafür
                            arbeiter*innen) der Männer*schutz-                         sind die Zufriedenheit der und der
                            einrichtungen. Sie umfasst darüber                         Nutzen für die betreuten Männer*,
                            hinaus die Zugangsbedingungen                              sowie entstehende Mehrwerte für
                            zur Einrichtung.                                           Kooperationspartner*innen      und
                            Prozessqualität beschreibt die Art                         die Gesellschaft.
                            und Weise, wie Arbeitsprozesse
                            (z. B. beratende und verwaltende                    Die drei Qualitätsdimensionen bedingen
                            Tätigkeiten) in den Männer*schutz-                  sich gegenseitig; so bilden z. B. hohe
                            einrichtungen ablaufen.                             Struktur- und Prozessqualität eine Basis
                            Ergebnisqualität beschreibt die                     für gute Ergebnisse.

10                    Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
4.1 Strukturqualität

Zielgruppe                                     Speicherung von personenbezogenen
                                               Daten sowie Inhalten der Beratungen
Die Hilfen der Männer*schutzeinrichtung        bedarf einer schriftlichen Einwilligung.
können volljährige Männer* erhalten, die       Eine Weitergabe dieser sensiblen Daten
von physischer, psychischer, sexueller, öko-   an Dritte erfolgt ausschließlich zweck-
nomischer und/oder sozialer häuslicher         gebunden für den Betroffenen und mit
Gewalt betroffen oder akut bedroht sind.       seiner ausdrücklichen Einwilligung.

Mit einem präventiveren Ansatz arbeitende      Handakten befinden sich in einem ab-
Schutzeinrichtungen nehmen auch Män-           schließbaren Schrank. Der digitale Spei-
ner* aus hochstrittigen, aber noch nicht       cherort der Daten ist durch ein sicheres
zwangsläufig gewalttätigen Beziehungs-         Passwort verschlüsselt. Die Speicherung
konstellationen auf, um Deeskalation und       der personenbezogenen Daten erfolgt
konstruktive Lösungen vorsorglich zu er-       pseudonymisiert. Die entschlüsselnde
möglichen, wie beispielsweise der Män-         Liste der Abkürzungen ist separat und
nerWohnHilfe e. V. in Oldenburg.               durch ein Passwort geschützt abgelegt.

                                               Nach Ende der Hilfemaßnahme werden
Ausschlusskriterien:21                         personenentschlüsselnde Daten wie Na-         21
                                                                                                  Peters 2019, S. 92
                                               men und zuordenbare Abkürzungslisten
     Minderjährigkeit                          gelöscht (Art. 17 Abs. 1a DSGVO). Für
     unselbstständige Männer* (Versor-         statistische Erhebungen werden anony-
     gung, Haushalt)                           misierte Daten zu Alter, Herkunft, Anzahl
     uneinsichtig gewalttätige Männer*         der Kinder, Aufenthaltsdauer, Gewalt-
     Männer*, bei denen eine Hilfe durch       form u. ä. weiterhin gespeichert.
     die Schutzeinrichtung unmöglich
     ist, z. B.:                               Auch innerhalb der Einrichtung sind So-
      • mit ausgeprägter Suchtproble-          zialdaten Unbefugten strikt vorzuent-
           matik,                              halten. Mitarbeitende sind bezüglich der
      • mit psychischen und anderen            Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
           seelischen Erkrankungen,            nach § 67 SGB X zur Verschwiegenheit
      • mit einer mittleren bis schweren       verpflichtet. Diese stehen nach § 35 Abs.
           geistigen Behinderung               4 SGB I den Sozialdaten gleich. Die Pflicht
     Männer*, die von langfristiger Ob-        zur Verschwiegenheit gilt auch nach Been-
     dachlosigkeit betroffen oder bedroht      digung des Arbeitsverhältnisses.
     sind
     Männer*, die in ein Zeugenschutz-
     programm aufgenommen werden               Zeitliche Ausstattung/
     sollen                                    Erreichbarkeit

                                               Die BFKM geht von einem minimalen
Datenschutz                                    Personalschlüssel von 0,75 VzÄ pro drei
                                               Plätzen aus, wie zum Zeitpunkt der Be-
Die Männer*schutzeinrichtungen unter-          fragung (2020) in den deutschen Män-
liegen grundsätzlich den aktuellen Richt-      ner*schutzeinrichtungen im Durchschnitt
linien des Datenschutzes (DSGVO). Die          gegeben. Die Arbeit umfasst Beratung

                                  Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                                 11
und Begleitung, Verwaltung und teilweise     Soziale Arbeit oder Diplomsozialpä-
     geschäftsführende Aufgaben.                  dagogik), ggf. Erfahrungen in (Män-
                                                  ner*-)Beratung und/oder Spezifi-
     Optimal ist der Zugang zu den Män-           zierung auf die Thematik häusliche
     ner*schutzeinrichtungen an sieben Ta-        Gewalt. Besonders zu berücksichti-
     gen in der Woche rund um die Uhr ge-         gen sind zurückliegende eigene Be-
     währleistet. Mit minimal gegebenen           troffenheit von häuslicher Gewalt
     personellen Ressourcen bedeutet Hilfe,       und ein reflektierter Umgang damit.
     dass die Männer* schnellstmöglich nach       Geschäftsführende        Aufgaben:
     Anrufeingang (werktags in der Arbeitszeit    berufsspezifisches (Fach-)Hoch-
     innerhalb von einer Stunde, außerhalb        schulstudium mit Kompetenzen im

     Abbildung 3: Männer*beratungsraum

     dieser Zeiten spätestens bis zehn Uhr am     Bereich Sozialmanagement.
     nächsten Arbeitstag) von den zuständi-       Verwaltungsaufgaben: Kompeten-
     gen Mitarbeitenden kontaktiert werden.       zen im Bereich Finanz- und Projekt-
     Innerhalb von maximal drei Tagen findet      management
     dann ein Beratungsgespräch statt.            Mitarbeitende der Männer*schutz-
                                                  einrichtung werden tarifgebunden
                                                  gemäß Einstufung nach Qualifikation
     Personelle Ausstattung                       und Erfahrung entlohnt.
                                                  Durch unbefristete Arbeitsverträge
     In der Arbeit mit krisenbelasteten Men-      (wünschenswert) werden Mitarbei-
     schen ist qualifiziertes Personal, welches   tende langfristig gebunden und
     unterschiedliche und interdisziplinäre       finanziell abgesichert.
     Leistungen anbieten kann, unerlässlich.      Optional gelten vier Stunden telefo-
     Diese Angebotsvielfalt kann unter einem      nische Bereitschaft außerhalb der
     Dach ansässig sein oder aber durch Ko-       werktägigen Arbeitszeiten als eine
     operationen mit anderen Fachdiensten         geleistete Arbeitsstunde.
     abgedeckt werden.                            Das Fachpersonal kann von eh-
                                                  renamtlich Mitarbeitenden, stu-
          Beratung/Intervention: sozialpäda-      dentischen Hilfskräften und Prak-
          gogisch qualifiziertes Fachperso-       tikant*innen unterstützt werden,
          nal mit berufsspezifischem (Fach-)      sofern diese vom Fachpersonal
          Hochschulstudium (B.A. bzw. M.A.        angeleitet werden. Bei fachlicher

12   Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
Eignung ist eine vergleichbare Ent-           Ein eingebauter Querriegel und/oder
    scheidungs- und Handlungskom-                 ein digitaler Spion vor der Tür.
    petenz möglich. Dabei müssen                  Die Polizei führt vor Eröffnung der
    Begleitung und Betreuung stets                Einrichtung eine Sicherheitsinspek-
    sichergestellt sein.                          tion durch.
    Eine professionelle Beratung bedarf           Kindern steht dem Alter entspre-
    ausreichend Zeit sowie Qualität in            chend ein eigenes Kinderzimmer zur
    Ausbildung und Methodenvielfalt.              Verfügung.
    Trägerinterne Evaluation und Quali-           In jedem Bundesland ist mindestens
    tätsmanagement gehören dazu.                  eine Schutzeinrichtung barrierefrei
                                                  zugänglich für Männer* oder deren
Weiterhin sollten zusätzliche Stellenka-          Kinder mit Behinderung.
pazitäten für Netzwerk-, Präventions- und         Die technischen Geräte innerhalb der
Sensibilisierungsarbeit eingeräumt wer-           Wohnung sind in einem gut funktio-
den. Überregional werden die Reichweite           nierenden, zeitgemäßen Zustand.
und Wirksamkeit durch die Mitarbeit in
bundesweiten Netzwerken erhöht.
                                             Räumliche und sachliche Aus-
                                             stattung der Beratungsräume
Räumliche und sachliche Aus-
stattung der Schutzeinrichtung               Büro und Beratungsräume des Projektes
                                             sind räumlich von der Männer*schutzein-
Als Minimum gilt: Die Männer*schutz-         richtung getrennt; in einem anderen Haus
wohnungen sind voll eingerichtet –           ansässig, so dass die Adresse der Unter-
wohnlich, zweckmäßig und für die             kunft anonym bleibt. Die Beratungsräume
Selbstversorgung ausgelegt. Neben Kü-        sind gut erreichbar und freundlich gestal-
che, Bad und Gemeinschaftsraum steht         tet. Sie dienen für Beratungen vor, während
jedem Mann* ein eigener Rückzugsraum         oder nach dem Aufenthalt in der Män-
zu. Die Kinder wohnen in der Regel im        ner*schutzeinrichtung.
Raum des Vaters*. Im Gemeinschaftsbe-
reich gibt es eine Ecke mit Spielzeug für    Die Arbeitsplätze im Büro sind komplett
Kinder. Außerdem sind ein Computer, ein      ausgestattete, die technischen Voraus-
Drucker und ein Fernseher sowie Internet     setzungen (Telefon, Drucker, PC, usw.)
und ein Festnetztelefon zur gemeinsa-        sind vorhanden. Für telefonische Bereit-
men Nutzung vor Ort zugänglich.              schaftszeiten steht ein Diensthandy zur
                                             Verfügung. Es gibt einen Raum für Mitar-
In der Wohnung sind Haus- und Brand-         beiter*innengespräche.
schutzordnung sichtbar angebracht. Die
Wohnung ist nach dem Sicherheitskon-
zept mit einem Sicherheitsschloss ge-        Fortbildung der Mitarbeitenden
sichert. Die Zimmer der Bewohner* sind
abschließbar. Außerdem befindet sich         Die Mitarbeitenden der Männer*schutzein-
jeweils ein Safe für Wertsachen in je-       richtung erhalten zeitlich und finanziell die
dem Schlafzimmer. Die Männer*schutz-         Möglichkeit, sich kontinuierlich in einschlä-
einrichtung ist mit den öffentlichen Ver-    gigen Bereichen fortzubilden, um stets
kehrsmitteln gut erreichbar.                 über Wissen zu aktuellen Entwicklungen
                                             und wissenschaftlichen Forschungsergeb-
Als optimal gilt zusätzlich folgender Aus-   nissen zu verfügen. Themen können u. a.
stattungsstandard für Schutzeinrichtun-      Beratung, Traumata, psychische Krankhei-
gen:                                         ten oder Hochrisikomanagement sein.

                                Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                13
4.2 Prozessqualität

     Die folgenden Standards beschreiben           Beratung und Betreuung überhaupt erst
     Anforderungen an die eigentlichen             ermöglichen (Steuerungs- und Unter-
     Beratungs- und Betreuungsprozesse             stützungsprozesse, z. B. geschäftsfüh-
     (Kernaufgaben), und an Prozesse, die          rende und verwaltende Aktivitäten).

     4.2.1 Kernprozesse

     Grundlage der Arbeit ist die Unterstüt-       der Situation des Mannes* einschätzen
     zung gewaltbetroffener Männer* und            zu können, ist das Gespräch mit zwei
     deren Kinder durch die Aufnahme in die        Mitarbeitenden zu führen.
     Männer*schutzeinrichtung sowie die Be-
     ratung und Begleitung durch professio-        Ergebnis dieses Gesprächs kann sein,
     nell Handelnde. Folgende Schritte des         dass der Betroffene
     Fallmanagements sind getrennt von-
     einander beschrieben, mit dem Wissen,             die Aufnahme in die Männer*schutz-
     dass diese sich in der Praxis überlappen          einrichtung wünscht,
     oder zeitlich versetzt stattfinden können.        eine ambulante Männer*beratung be-
                                                       vorzugt, die von der Unterbringung in
                                                       der Schutzeinrichtung losgelöst ist,
     Kontaktaufnahme                                   weitervermittelte Hilfen (z. B. Täter-
                                                       oder Opferhilfe) in Anspruch neh-
     Die Kontaktaufnahme kann telefonisch,             men möchte oder
     per Mail oder persönlich im Büro der Män-         keine Hilfen durch die Män-
     ner*schutzeinrichtung stattfinden. Hier           ner*schutzeinrichtung        wünscht
     wird der Fall von einem Mitarbeitenden            oder erhält (Ausschlusskriterien).
     fachlich eingeschätzt und ggf. ein zeit-
     naher Termin für ein persönliches Treffen
     (max. drei Tage nach Erstkontakt) verein-     Aufnahme
     bart. Dabei ist die Erreichbarkeit der Ein-
     richtung (siehe 4.1) zu beachten.             Wenn sich der betroffene Mann* für die
                                                   Aufnahme in die Männer*schutzeinrich-
                                                   tung entscheidet, von Seiten der Einrich-
     Vorgespräch                                   tung die Aufnahmekriterien erfüllt sind
                                                   und keine Ausschlusskriterien entge-
     Das Vorgespräch findet in einem unge-         genstehen, wird er nach einem standar-
     störten Raum statt. Es beinhaltet die         disierten Vorgehen (Aufnahmebogen)
     Aufnahme der Kontaktdaten des Man-            aufgenommen. Dieses beinhaltet
     nes* sowie eine erste Situationsanalyse.
     Hier werden Möglichkeiten und Grenzen             die Einschätzung der Gefährdung,
     der Hilfen innerhalb der Männer*schutz-           der der Mann* ausgesetzt ist und/
     einrichtung sowie alternative Angebote            oder die von ihm ausgeht,
     besprochen und ggf. an solche Einrich-            die Klärung des Bedarfs an Exis-
     tungen vermittelt. Um die Authentizität           tenzsicherung,

14   Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
den Umfang der benötigten Unter-      arbeiten gemeinsam mit den Betroffe-
    stützung und                          nen Ziele mit entsprechenden Hand-
    ggf. den Umfang der medizinischen     lungsschritten heraus und reflektieren
    Versorgung.                           bisherige Resultate. Wichtige Themen
                                          sind auch Wohnsituation, Finanzierung
Außerdem wird der Aufenthalt vertrag-     und Auszug. Methodisch arbeitet das
lich durch einen Nutzungsvertrag ge-      Fachpersonal gendersensibel in Form
regelt. Optional bezahlt der Betroffene   von Einzelberatung, Gruppensitzungen
eine Kaution, um unregelmäßigen Miet-     und Fallmanagement.
zahlungen vorzubeugen oder durch den
Mann* verursachte Sachschäden im          Begleitung und Unterstützung: Die Mit-
Nachgang zu begleichen.                   arbeitenden begleiten die Betroffenen
                                          bei Bedarf zu Behörden, Ämtern oder
Die Aufnahme wird in geeigneter Form      medizinischen/psychologischen Hilfe-
dokumentiert. Kinder werden alters-       einrichtungen. Wenn erforderlich, unter-
entsprechend über alle notwendigen        stützen sie auch bei der Vorbereitung
Schritte und Regelungen informiert        von Ämtergängen (z. B. durch gemein-
sowie auch zu ihren Bedürfnissen und      sames Ausfüllen von Anträgen). Bei
ihrem Hilfebedarf befragt. Der Allge-     spezifischem Beratungs- oder Unter-
meine Soziale Dienst des zuständigen      stützungsbedarf leiten die Mitarbei-
Jugendamtes wird grundsätzlich hinzu-     tenden den Mann* an entsprechende
gezogen, um eine Begleitung des Pro-      Kooperationspartner*innen und Fach-
zesses zu gewährleisten.                  stellen (z. B. Psycholog*innen, Rechts-
                                          anwält*innen, etc.) weiter.

Aufenthalt                                Alle relevanten Beratungs- und Unter-
                                          stützungsinhalte werden in geeigneter
Schutz und Unterkunft: Die Wohnung        Form dokumentiert. Eine anonymisierte
bietet den Männern* anonymen und          einrichtungsübergreifende Falldokumen-
durch die im Sicherheitskonzept getrof-   tation, die vierteljährlich an die BFKM
fenen Maßnahmen einen geschützten         übermittelt wird, ermöglicht eine bundes-
Rückzugsraum. Durch grundlegende          weit einheitliche, aktuelle Statistik.
Ordnungs- und Verhaltensrichtlinien ist
gewährleistet, dass sich jede*r in der    Bei spezifischem Beratungs- oder Unter-
Wohnung wohlfühlen kann. Die Rah-         stützungsbedarf der Kinder betroffener
menbedingungen sind so strukturiert,      Männer* vermitteln die Mitarbeitenden
dass sich die Männer* selbst versorgen    diese mit Einverständnis des Vaters*
und ihre Alltagsgestaltung selbststän-    an entsprechende Kooperationspart-
dig organisieren können. Bei Wunsch       ner*innen und Fachstellen (z. B. Psy-
oder Notwendigkeit finden (regelmä-       cholog*innen, Jugendamt, Kinder- und
ßige) Gruppengespräche statt, welche      Jugendberatung). Hierbei steht immer
das Zusammenleben in der Schutzein-       das Kindeswohl im Vordergrund. Außer-
richtung thematisieren und erleichtern    dem bieten sie dem Vater* an, über die
sollen.                                   Gewaltbetroffenheit des Kindes, das
                                          Kindeswohl und individuelle Unterstüt-
Beratung: Es werden wöchentliche Ge-      zungsmöglichkeiten zu sprechen.
sprächstermine durch das Fachpersonal
angeboten. Diese Gespräche orientieren
sich an den Bedürfnissen und Erwartun-
gen der Männer*. Die Mitarbeitenden

                              Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen           15
Abschließend findet ein standardisiertes
                      Auszug                                       Gespräch statt, mit dem eine Evaluation
                                                                   und die Schlüsselübergabe sicherge-
                      Der Auszug aus der Männer*schutzein-         stellt wird.
                      richtung wird gemeinsam vorbereitet.
                      Dies beinhaltet beispielsweise die Unter-
                      stützung bei der Wohnungssuche, beim         Nachbetreuung
                      Umzug oder bei der Existenzsicherung.
                      Außerdem können auf Wunsch weiter-           Den ehemaligen Bewohnenden der Män-
                      führende Hilfen wie Beratungsstellen,        ner*schutzeinrichtung wird das Angebot
                      Familienhilfe oder Männer*gruppen ver-       unterbreitet, sich auch nach dem Auf-
                      mittelt werden.                              enthalt jederzeit melden zu können. Zu-
                                                                   dem wird angeboten, dass sich die Mit-
                      Die vorzeitige Beendigung der Maßnah-        arbeitenden der Schutzeinrichtung nach
                      me durch den Träger ist ggf. nicht aus-      einem einzeln abgesprochenen Zeitraum
                      geschlossen. Ein Verstoß gegen die ver-      bei den Männern* melden, um zu klären,
                      traglich geregelte Nutzungsvereinbarung      ob noch Unterstützungsbedarf im Sinne
                      kann zur Abmahnung, zwei Abmahnun-           einer Nachbetreuung besteht.
                      gen zur fristlosen Kündigung der Verein-
                      barung führen.

                      4.2.2 Steuerungsprozesse

                      „Steuerungsprozesse sind Prozesse, die           Sie stimmt die Arbeitsabläufe mit
                      darauf abzielen, betriebliche Prozesse           den Zielen der Männer*schutzein-
                      in eine bestimmte Richtung zu lenken             richtung ab, formuliert die Leistungs-
                      um Soll-Ist-Abweichungen zu vermei-              beschreibung der Einrichtung und
22
   Vgl. Preis 2010,   den oder zu korrigieren.“22 Hierzu zählen        fördert die interne Zusammenarbeit.
S. 21                 geschäftsführende, verwaltende und               Sie stellt sicher, dass genügend qua-
                      qualitätsentwickelnde Aufgaben.                  lifiziertes Personal für die Erfüllung
                                                                       aller Aufgaben vorhanden ist. Das
                                                                       beinhaltet die Personalgewinnung
                      Geschäftsführung                                 und -entwicklung (Stellenausschrei-
                                                                       bung, jährliche Personalgespräche,
                      Die geschäftsführende Leitung ob-                die Anleitung von Praktikant*innen,
                      liegt der Trägerschaft. Sie beinhaltet           Dienst- und Fortbildungspläne der
                      fachliche, organisatorische, personel-           Mitarbeitenden).
                      le und verwaltende Führung der Män-              Sie koordiniert die Einarbeitung neu-
                      ner*schutzeinrichtung.                           er Mitarbeitender. Das bestehende
                                                                       Fachpersonal des Schutzprojekts
                          Sie stellt fachlich zum einen sicher,        unterweist neue Mitarbeitende ins
                          dass die Kernprozesse gemäß der              Tagesgeschäft. Neben den Abläu-
                          Konzeption der Männer*schutzein-             fen innerhalb der Männer*schutz-
                          richtung strukturiert und durchgeführt       einrichtung, beinhaltet die Einar-
                          werden; zum anderen sichert sie die          beitung auch die Verwaltung und
                          Weiterentwicklung der Konzeption             Organisationsstruktur des Trägers,
                          der Männer*schutzeinrichtung.                die Qualität und Evaluation sowie

16                    Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
die Kontaktaufnahme zu Koopera-
    tionspartner*innen.                      Qualitätsentwicklung
    Sie trägt die Verantwortung für die
    Finanzierung der Männer*schutz-          Die Ziele der Einrichtung werden regel-
    einrichtung.                             mäßig durch die Geschäftsführung und
                                             in Zusammenarbeit mit den Mitarbeiten-
                                             den überprüft und konzeptionell weiter-
Verwaltungsaufgaben                          entwickelt.

Die Verwaltung obliegt ebenfalls dem         Optional kann ein Qualitätszirkel initiiert
Träger. Zur Verwaltung der Finanz- und       werden. Dieser trifft sich kontinuierlich
Sachmittel gehören Personalwesen,            und arbeitet zu Themen der internen
Buchführung, Vertragswesen, Anträge          Qualitätsentwicklung. Außerdem können
für Zuwendungen, deren Controlling           Fragebögen an die ehemaligen Bewoh-
und Nachweisführung sowie die Ver-           ner* gesandt werden, um die Wirkung der
waltung zusätzlicher Finanzmittel (z. B.     Hilfemaßnahme zu evaluieren. Daraus
Spenden) und die Bürokommunikation.          gewonnene Erkenntnisse zu Änderungen
Außerdem beinhaltet die Verwaltung die       werden in der Männer*schutz-Arbeit um-
Pflege und Wartung von Räumen, Tech-         gesetzt.
nik und Ausstattung.

4.2.3 Unterstützungsprozesse

Unter Unterstützungsprozessen ver-               Familie und Beruf sind vereinbar.
steht man Aktivitäten, die „aus Kunden-
sicht zwar nicht wertschöpfend, aber
notwendig“23 zur Erfüllung des Kernpro-      Supervision und kollegiale                    23
                                                                                                Vgl. ebd., S. 20
zesses sind.                                 Fallberatung

                                             Zur Gewährleistung qualitativen Arbei-
Zufriedenheit der Mitarbeitenden             tens bekommen die Mitarbeitenden
                                             durch regelmäßige kollegiale Fallbe-
Mitarbeitende, die zufrieden sind, sind      ratungen und Teamgespräche sowie
motiviert und leistungsfähig. Daher ist      durch Supervisionen Unterstützung.
die Zufriedenheit der Mitarbeitenden ein     Der Fachaustausch mit anderen Män-
wichtiges Grundkapital der Einrichtung.      ner*schutzeinrichtungen und -bera-
                                             tungsangeboten fördert die fachspezi-
    Die Mitarbeitenden sind für ihre         fische Vernetzung der Akteur*innen.
    Verantwortlichkeiten qualifiziert.
    Sie sind tariflich eingestuft und ent-
    sprechend entlohnt.                      Kooperationen, fachpolitische
    Kommunikationsstrukturen          und    und Vernetzungsarbeit gegen
    Verantwortlichkeiten für Aufgaben        Gewalt
    sind klar geregelt und transparent.
    Es herrscht ein wertschätzendes,         Der fachliche Austausch aller Akteur*in-
    unterstützendes und anerkennen-          nen der Männer*schutzeinrichtungen ist
    des Arbeitsklima.                        sehr wichtig. Daher finden in regelmäßigen

                                Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                                      17
Abständen regionale, landes- oder bun-              (gerichts-)medizinische Einrichtun-
     desweite (Vernetzungs-)Treffen statt,               gen
     die persönlich wie auch als Video-Chat              Allgemeine Soziale Dienste, (reli-
     umgesetzt werden. Ein vierteljährlicher             giöse) Beratungsstellen, therapeu-
     Turnus landes- oder bundesweit wird an-             tische Einrichtungen
     gestrebt.                                           Täter*innenberatungen,       Antiag-
                                                         gressionstraining-Anbieter*innen
     Zudem muss eine regelmäßige Vernet-                 Dolmetscher*innen
     zung auch mit anderen Einrichtungen,                Jugendamt, Sozialamt, Meldebe-
     Behörden usw. erfolgen.                             hörde, Ausländerbehörde
                                                         Jobcenter
     Dazu gehören:                                       Familiengerichte, Rechtsanwälte
                                                         Wohnungsgenossenschaften und
           die fallbezogene Zusammenarbeit               andere Vermieter*innen von Wohn-
           mit anderen Einrichtungen und                 räumen
           Diensten,                                     Verband binationaler Partnerschaften
           die fallübergreifende Zusammen-               LGBTI*/Queere Vereine
           arbeit in Interventions-/Koopera-
           tionsprojekten,
           Informations- und Öffentlichkeits-        Presse- und
           arbeit sowie                              Öffentlichkeitsarbeit
           Aufklärung und Prävention
                                                     Durch      kontinuierliche   Kooperation
     Mögliche          Kooperationspartner*innen     mit Medien werden Betroffene und
     sind:                                           ihr Umfeld für das Angebot der Män-
                                                     ner*schutzeinrichtung       sensibilisiert.
           Netzwerke/Arbeitskreise häusliche         Dies können beispielsweise Zeitungs-
           Gewalt                                    artikel, etwa in lokalen Presse- und On-
           Netzwerke/Arbeitskreise Männer*be-        linemedien, in Amts- und Ärzteblättern,
           ratung                                    regelmäßige Newsletter, Blog-Einträge
           Interventions- und Koordinierungs-        oder social media Präsenzen sein. Da-
           stellen häusliche Gewalt                  rüber hinaus werden Flyer mit Informa-
           Frauen*schutzeinrichtungen                tionen zur Aufnahme und zur Wohnung
           Polizeidienststellen, insbesondere        sowie Kontaktmöglichkeiten bei Koope-
           die Opferschutzbeauftragten               rationspartner*innen ausgelegt.

     Abbildung 4: Beispiel einer Konfliktsituation

18   Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
Kindergarten-, Schul- und Universitäts-
Präventionsarbeit und Arbeit                projekte, Fachtagungen, Schulungen
mit Multiplikator*innen                     und Weiterbildung für Multiplikator*in-
                                            nen sein. Aktuell wird diese Arbeit vor-
Die Mitarbeitenden arbeiten auch prä-       wiegend ehrenamtlich geleistet.
ventiv. Entsprechende Angebote kön-
nen beispielsweise Ausstellungen,

4.3 Ergebnisqualität

Mehrwert für die Männer* und                Mehrwert für die
ihre Kinder                                 Kooperationspartner*innen

Die Zufriedenheit der Männer* und ihrer         Die      Kooperationspartner*innen
Kinder ist entscheidend für die Ergeb-          kennen die Handlungsgrundlagen
nisqualität der Arbeit.                         und Dienstleistungen der Män-
                                                ner*schutzeinrichtung. Sie nutzen
Kriterien hierfür sind:                         diese und verweisen ggf. ihre Klien-
                                                ten* dort hin.
     Die Betroffenen sind vor häuslicher        Die Mitarbeitenden sind über die
     Gewalt geschützt. Ihre persönliche         Dienstleistungen und Angebote
     Sicherheit ist gewährleistet oder          anderer Fachstellen informiert und
     zumindest verbessert.                      können darauf zurückgreifen.
     Die Männer* fühlen sich in ihrer Si-       Die Kooperationsbeziehungen sind
     tuation verstanden, angenommen             informell geregelt und werden regel-
     und unterstützt.                           mäßig gepflegt. Sie sind für beide
     Sie haben Wissen über rechtliche           Seiten transparent.
     Möglichkeiten und verschiedene
     praktische Handlungsstrategien er-
     halten und setzen diese um.            Mehrwert für die Gesellschaft
     Die Männer* sind zur Ruhe gekom-
     men und gehen gestärkt und stabil      Durch die öffentliche Bekanntheit der
     aus der Situation wieder hervor.       Arbeit der Männer*schutzeinrichtungen
     Die Betroffenen* haben Klarheit        verliert häusliche Gewalt gegen Män-
     über ihre Situation erlangt. Sie       ner* ihre gesellschaftliche Tabuisierung.
     entwickelten neue, gewaltfreie Le-
     bensperspektiven für sich und set-     Kriterien dafür sind:
     zen diese um.
     Väter* fühlen sich in ihrer Erzie-         Die Männer*schutzeinrichtungen
     hungs- und Versorgungsrolle ge-            leisten aktiven Opferschutz. Es ist
     stärkt und agieren entsprechend.           ein Beitrag zur Minderung der Fol-
     Die Kinder sind sicher vor häusli-         gekosten von Gewalt.24                  24
                                                                                           Vgl. Sacco 2017,
     cher Gewalt. Sie sind entlastet und        Über die Präsenz und Öffentlich-        S. 79

     werden bei der Verarbeitung der            keitsarbeit der Männer*schutzein-
     Gewalterfahrung unterstützt. Ihre          richtung wird die Gesellschaft hin-
     Entwicklungsmöglichkeiten      wur-        sichtlich häuslicher Gewalt gegen
     den verbessert.                            Männer*, ihrer Auswirkungen und

                               Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen                             19
Möglichkeiten der Bekämpfung                         einem Sachbericht dargelegt. Sie
           sensibilisiert.                                      sind Teil der Verwendungsnachwei-
           Altersgemäße Präventions- und                        se gegenüber Zuwendungsgeben-
           Sensibilisierungsarbeit in Schulen                   den. Außerdem können erfasste
           und Kindertagesstätten vermittelt                    statistische Zahlen zu Zwecken der
           Wissen zum Erkennen häuslicher                       Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit
           Gewalt, zu Folgen und Handlungs-                     genutzt werden.
           möglichkeiten.                                       Einrichtungsübergreifende Statis-
           Die Mitarbeit in Gremien und Netz-                   tiken ermöglichen repräsentative
           werken unterstützt aktuelle Diskur-                  Aussagen, die ein quantitatives
           se und entwickelt diese weiter.                      Bild des Bedarfs an Schutzeinrich-
           Die im Kernprozess dokumentier-                      tungen der betroffenen Männer*
           ten Hilfeinhalte und Ergebnisse                      vermitteln.
           werden jährlich ausgewertet und in

     Abbildung 5: Beispiel Werbegrafik Männer*sensiblisierung

20   Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
Schlusswort
Seit Bestehen der BFKM sind vier neue        ten Statistik Grundlagen für weitere Be-
Männer*schutzeinrichtungen hinzuge-          darfsermittlungen und den Ausbau der
kommen, so dass es – Stand Januar            bestehenden Hilfsangebote.
2021 – nun in fünf Bundesländern Zu-
fluchtsorte für männliche Opfer häus-        Es ist wünschenswert, dass die Quali-
licher Gewalt gibt. Diese Entwicklung        tätsstandards für Männer*schutzein-
ist erfreulich, jedoch nimmt der Män-        richtungen in ganz Deutschland An-
ner*gewaltschutz in Deutschland gera-        wendung finden. Daraus resultiert eine
de erst Fahrt auf.                           bundesweit einheitliche, qualitätsgesi-
                                             cherte Begleitung der von häuslicher Ge-
Die BFKM wird die bundesweite Vernet-        walt betroffenen Männer*. Um die Qua-
zung zwischen Männer*schutzeinrich-          litätsstandards umsetzen zu können,
tungen weiter vorantreiben. Das bundes-      bedarf es entsprechender personeller,
weite Netzwerk Männer*gewaltschutz           sachlicher und räumlicher Ressourcen,
schafft die Basis für ein gerichtetes, ge-   die Träger*innen der Männer*schutz-
meinschaftliches und einheitliches Vor-      einrichtungen müssen strukturell unter-
gehen in den einzelnen Bundesländern.        stützt und finanziert werden.
Es bietet die Möglichkeit zum gezielten
fachlichen und kollegialen Austausch.        Bisher gestalten sich die Rahmenbe-
Neu entstehende Schutzprojekte kön-          dingungen zur Förderung von Män-
nen aus den Erfahrungen bestehender          ner*schutzeinrichtungen noch als he-
Männer*schutzeinrichtungen         lernen    rausfordernd. In keinem Bundesland
und von deren Expertise profitieren.         ist eine Regelförderung etabliert. Hier
Gut funktionierende Konzepte und Pra-        besteht politischer Handlungsbedarf
xiserfahrungen werden in Form von            auf der Ebene der Bundesländer, damit
Handreichungen allen interessierten          Männer*schutzeinrichtungen finanziell
Akteur*innen zugänglich gemacht. Die         auf stabile Beine gestellt und in einen
vorliegenden Standards sind bereits ein      Regelbetrieb überführt werden. Nur so
wertvolles Ergebnis der bestehenden          kann die notwendige dauerhafte Unter-
bundesweiten Kooperation. Zusätzlich         stützung betroffener Männer* gewähr-
bietet die Erstellung einer bundeswei-       leistet werden.

                                Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen           21
Abkürzungsverzeichnis
     Abs.     - Absatz
     Art.     - Artikel
     B.A.     - Bachelor of Arts
     BFKM     - Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz
     bzw.     - beziehungsweise
     ebd.     - ebenda
     e. V.    - eingetragener Verein
     f.       - folgende
     ggf.     - gegebenenfalls
     Hrsg.    - Herausgeber*in
     LGBTI*   - Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersexual
     M.A.     - Master of Arts
     max.     - maximal
     S.       - Seite
     u. a.    - unter anderem
     usw.     - und so weiter
     vgl.     - vergleiche
     VzÄ      - Vollzeitäquivalente
     z. B.    - zum Beispiel

22   Qualitätsstandards Männer*schutzeinrichtungen
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