Quo vadis, Sebastian Kurz? - PI-News

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HAT   SICH     DER    ÖSTERREICHISCHE        BUNDESKANZLER

VERGALLOPIERT?

Quo vadis, Sebastian Kurz?
Von EUGEN PRINZ | Es könnte der Tag kommen, an dem sich der
österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz wünscht, er hätte
die Koalition mit Norbert Hofer als Nachfolger von HC Strache
fortgeführt. Strache ist nicht die FPÖ, deshalb kann diese
Partei auch nicht für die Verfehlung eines –      wenn auch
bedeutenden – Mitglieds verantwortlich gemacht werden. Kurz
hätte die Möglichkeit gehabt, die Affäre mit dieser Begründung
auszusitzen und darauf zu verweisen, dass bezüglich Strache
die notwendigen Konsequenzen gezogen worden seien.

Der österreichische Bundeskanzler hat sich jedoch für einen
anderen Weg entschieden. In seinem Statement begründet er
ausführlich seine Entscheidung und verweist auf „immer
wiederkehrende Einzelfälle“ während der bisherigen
Regierungszeit, vom „Rattengedicht“ angefangen bis zur Nähe zu
einigen „rechtsradikalen Gruppierungen“. Es sei ihm „sehr
schwer gefallen, das alles runterzuschlucken“. Aus der Rede
geht hervor, dass sich Kurz nach Neuwahlen eine absolute
Mehrheit seiner ÖVP erhofft.

Die Koalition in Österreich: Ein Stachel im Fleisch des
politischen Establishments
Insbesondere für die deutsche Bundesregierung war die
erfolgreiche Arbeit der ÖVP/FPÖ Koalition in Österreich ein
Stachel im Fleisch. Der deutsche Bürger blickte neidvoll zu
den Nachbarn, angesichts der Entschlossenheit, mit dem dort
von der Regierung gegen den Asylmissbrauch und die negativen
Begleiterscheinungen des Islams vorgegangen wurde. In
Österreich getroffene Maßnahmen diktierten zunehmend auch die
politische Diskussion in Deutschland – siehe Kopftuchverbot.

Dazu kam noch der internationale Druck auf Kurz, die Koalition
mit der FPÖ zu beenden. Man kann sich die „guten Ratschläge“
hochrangiger    EU-Politiker     und   Regierungsmitglieder
europäischer Staaten bei Treffen mit dem österreichischen
Bundeskanzler gut vorstellen. Und wie weit der deutsche Arm
reicht, zeigt die Meldung des ORF, dass Kurz seinen
Innenminister Herbert Kickl von der FPÖ nicht zuletzt auf
Wunsch deutscher Politiker entlassen hat. Das muss man sich
auf der Zunge zergehen lassen. Haben wir etwa den erneuten
Anschluß Österreichs ans Deutsche Reich nicht mitbekommen?

Zudem hat Deutschland der „Ostmark“ (muss man fast so sagen)
vor längerer Zeit gedroht, sie von Geheimdienstinformationen
„aus    Sicherheitsgründen“       auszuschließen.      Eine
nachrichtendienstliche Katastrophe für so ein kleines Land,
dass nicht über die eigentlich in diesem Bereich
erforderlichen Ressourcen verfügt.

Die österreichische Verfassung

Auch die österreichische Verfassung muss man ins Kalkül
ziehen. In Österreich wird der Bundeskanzler vom
Bundespräsidenten ernannt. Er ist also ein Kanzler des
Bundespräsidenten und nicht wie in Deutschland ein Kanzler des
Parlaments. Und wer ist in Österreich Bundespräsident?
Alexander Van der Bellen, Mitglied der österreichischen
Grünen. Es ist nicht weit hergeholt zu vermuten, dass Kurz vom
Bundespräsidenten ebenfalls nahegelegt wurde, die Koalition zu
aufzukündigen, weil er ihn sonst entlassen würde.
Der österreichische Nationalrat hat laut Verfassung nicht die
Möglichkeit, an einem Bundeskanzler festzuhalten, wenn der
Bundespräsident diesen nicht akzeptiert. Egal wie groß die
Akzeptanz für diesen Kandidaten im Parlament auch ist. Da in
Österreich der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt wird,
hat er eine deutlich stärkere politische Stellung als sein
deutsches Äquivalent. Dumm nur, wenn es ein Grüner ist. Wäre
Hofer damals Bundespräsident geworden (viel hat nicht gefehlt)
sähe alles anders aus.

Wie häufig in seinem bisherigen politischen Leben ist Kurz bei
der Aufkündigung der Koalition taktisch klug vorgegangen. Er
hat von der FPÖ gefordert, den Posten des Innenministers
abzugeben, mit der Begründung, dass etwaige Untersuchungen in
der Ibiza-Affäre unter dessen Zuständigkeit fallen würden und
dies zu einem Interessenkonflikt führen könne. Der
Amtsinhaber, Herbert Kickl, der auf diesem Posten bisher
hervorragende Arbeit geleistet hat, verwies zurecht darauf,
dass eine solche Konstellation in der Vergangenheit keine
Rolle gespielt habe, als es andere Parteien betraf.

Kurz hat mit Sicherheit gewusst, dass die FPÖ auf seine
Forderung nicht eingehen und ihre Minister aus der Koalition
abziehen würde. Andernfalls hätte sie ein äußerst wichtiges
Schlüsselresort verloren. Kurz stand intern ohnehin in der
Kritik, weil er der FPÖ bei den Ministerposten zu sehr
entgegengekommen war, wie einige meinten. Den Freiheitlichen
das Innenresort wegzunehmen hätte die Kritiker der ungeliebten
Koalition in den Reihen der ÖVP und vielleicht auch den
Bundespräsidenten besänftigt. Somit konnte Kurz nur gewinnen,
egal wie sich die FPÖ entschieden hätte.

Parteien stellen ihre Interessen vor das Wohl Österreichs

Nun haben allerdings auch die anderen Parteien Blut gerochen
und eine günstige Gelegenheit gewittert, zusammen mit der FPÖ
auch gleich die ÖVP samt Bundeskanzler Kurz zu entsorgen.
Dessen Pläne, die ausgeschiedenen FPÖ-Minister durch
Spitzenbeamte aus den verschiedenen Resorts zu ersetzen und
bis zu den geplanten Neuwahlen im September in Ruhe weiter zu
regieren, könnten an dem Misstrauensantrag scheitern, den die
kleine Oppositionspartei Liste „Jetzt“ für den Montag nach der
Europawahl angekündigt hat. Verfehlt der Bundeskanzler die
einfache Mehrheit im Parlament, müsste er umgehend
zurücktreten. Im Nationalrat hat die ÖVP 61 Stimmen, die SPÖ
52, die FPÖ 51, die Neos zehn, die Liste „Jetzt“ sieben
Abgeordnete. Dazu kommen noch zwei fraktionslose
Parlamentarier. Es kann also vom Abstimmungsverhalten der FPÖ
abhängen, ob Kurz bis zu den Neuwahlen Bundeskanzler bleibt.
Verständlicherweise sind die Rachegelüste der Freiheitlichen
groß, dennoch sollten sie für Kurz stimmen, um bei einem
entsprechenden Wahlergebnis im September die Voraussetzungen
für eine erneute Türkis-blaue Koalition zu verbessern. Denn
was will Kurz machen, wenn er die absolute Mehrheit nicht
erreicht, oder eine Mehrheit, in der eine der beiden kleinen
Oppositionsparteien für eine Regierungsbildung reicht? Dann
hat er wiederum nur die Wahl zwischen der SPÖ und der FPÖ als
Koalitionspartner. Und eine ÖVP/SPÖ Koalition steht für lange
Jahre der Misswirtschaft und des Filzes und hat für die Wähler
immer noch den Geruch eines verrotteten Fisches. Nach
Neuwahlen könnte Kurz erneut mit der FPÖ koalieren und dies
mit dem Wählerwillen begründen. Denn eines darf man nicht
vergessen: Bis zu dem Skandal war diese Koalition erfolgreich
und beim überwiegenden Teil des Wahlvolkes sehr beliebt.

Falls sich die Urheberschaft des Videos in den Dunstkreis der
SPÖ zurückverfolgen lässt, wird eine Neuauflage der Türkis-
blauen Koalition sogar sehr wahrscheinlich. Merke: Der Verrat
ist beliebt, aber nicht der Verräter. Die Fertigung dieses
Videos ist sowohl eine Straftat, als auch moralisch zutiefst
verwerflich. Das würden die Wähler nicht honorieren.

Fehlverhalten einzelner, nicht der Partei

Es hängt nun alles davon ab, inwieweit es die FPÖ schafft, den
Wählern klar zu machen, dass das Fehlverhalten von zwei
namhaften Parteimitgliedern nicht der FPÖ als Ganzes
angelastet werden kann. Glaubt man den Aussagen der
Mainstream-Presse und den etablierten Politikern, sind jetzt
sämtliche dem rechten Spektrum zugeordneten Parteien aller EU-
Mitgliedsstaaten bei diesem Skandal schuldig wie die Hölle.
Nein, nicht nur die FPÖ, sondern auch die AfD, Forza Italia,
Rassemblement National, Fidesz und so weiter und so fort: Alle
schuldig, böse und bis ins Mark verderbt.

Soweit die Legende, die der linksgrüne Mainstream gerade
bildet. In der Praxis wird die Ibiza-Affäre sicherlich bei der
Europawahl negative Auswirkungen auf das Wahlergebnis der FPÖ
haben. Und es ist zu befürchten, dass auch die AfD darunter
leiden wird, dumm wie die deutschen Wähler nun mal sind.

Die Europawahl ist jedoch kein Gradmesser für die weitere
Entwicklung. Sie steht noch zu sehr unter dem Eindruck des
Skandals. Doch bis zu den vorgezogenen Neuwahlen in Österreich
im September hat sich der Pulverdampf verzogen. Dann sehen wir
weiter.

Eugen Prinz
im Mai 2019
auf        dem
Kongress der
Neuen Medien
in Berlin.

Eugen Prinz kommt aus Bayern und schreibt seit Herbst 2017
unter diesem Pseudonym für PI-NEWS. Der Fachbuchautor und
Journalist ist dem traditionellen bürgerlichen Konservatismus
zuzurechnen. Dem politischen Journalismus widmet er sich,
entsetzt über die chaotische Massenzuwanderung, seit 2015.
Erreichbar ist Eugen Prinz über seine Facebook-Seite oder
Twitter.
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