Renaturierung der Mattig-Mündungsstrecke in Braunau
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Renaturierung der Mattig-Mündungsstrecke Die menschliche Natur gleicht einem Impressum in Braunau Medieninhaber: Land Oberösterreich Wasserstrudel. Herausgeber: Amt der Oö. Landesregierung Öffnet man ihm Wasserwirtschaft, Gewässerbezirk Braunau Projektleiter Dipl.-Ing. Reinhard Schaufler einen Ausweg nach Hammersteinplatz 9, 5280 Braunau am Inn E-Mail: gwb-br.post@ooe.gv.at Osten, so fließt das Redaktion: Dr. Maria Hofbauer Wasser ostwärts; Wasserwirtschaft – Öffentlichkeitsarbeit Grafik, Layout: Wasserwirtschaft öffnet man ihm text.bild.media GmbH (716001), Linz einen Weg nach Mag. art. Cornelia Wengler Fotos/Grafiken: Westen, so fließt dienesch I laner I prax - Ziviltechniker GesmbH, Salzburg es westwärts. Gewässerbezirk Braunau Katharina Haider, Dr. Maria Hofbauer Druck: OHA-Druck, Traun Mengzi Download: www.land-oberoesterreich.gv.at chinesischer Philosoph Themen>Umwelt>Wasser>Mattig-Mündungsstrecke Erscheinungsdatum: Mai 2007 Copyright: Stadtgemeinde wasserverband lebensministerium.at Braunau am Inn
VORWORT Im zeitlichen Wandel steht der Gesell- wasser Maximen des Handelns. Ziele, Ein guter ökologischer Zustand von um. Durch die Wasserrechtsnovelle schaft immer mehr Wissen zur Verfü- wie die Eigenversorgung der Bevöl- Fließgewässern nahm erst durch die wurden die Vorgaben der europä- gung, soziale Strukturen ändern sich kerung mit Nahrungsmitteln, ließen Entwicklung der letzten Jahre in der ischen Wasserrahmenrichtlinie umge- und technische Entwicklungen brin- andere Kriterien, wie ökologische Gesellschaft einen höheren Stellen- setzt und die Erreichung eines guten gen Neuerungen im Alltag. Die Ver- Gesichtspunkte, in den Hintergrund wert ein. ökologischen Zustandes bzw. eines antwortungsträger haben den Wandel treten. guten ökologischen Potenzials wurden zu erkennen, darauf zu reagieren und Grundlagen dafür wurden in Form von zu Handlungsgrundlagen. zum Nutzen der Gesellschaft die bes- Wichtiger waren Energie aus Wasser- Richtlinien des Bundes bereits Ende ten Rahmenbedingungen zu schaffen. kraft zu erzeugen, hochwassersichere der 70er Jahre erlassen und wissen- Die Renaturierung des Mattig- Flächen für die Besiedelung, die In- schaftliche Grundlagen in den späten Mündungsbereiches ist einer der ersten In früheren Zeiten waren vor allem dustrie und das Gewerbe bereitzustel- 80er Jahren zur Verfügung gestellt. Schritte an größeren Fließgewässern in die Gewinnung von Nutzflächen und len und den Transportweg Wasser zu Die ökologische Funktionsfähigkeit Oberösterreich, die angestrebten Ziele Bauland sowie der Schutz vor Hoch- nutzen. wurde zu einem Beurteilungskriteri- zu erreichen. Dr. Josef Pühringer Franz Hiesl Dipl.-Ing. Erich Haider Rudi Anschober Landeshauptmann-Stv. Landeshauptmann-Stv. Landesrat für Umwelt, Energie, Wasser 2 Landeshauptmann und KonsumentInnenschutz
VORWORT Bereits im vorigen Jahrhundert wurde Gebietskörperschaften im Bemühen, dieser Bachabschnitt verlegt und be- zukunftsorientiert und zum Wohle gradigt. Fließgewässer wurden räum- der Gesellschaft zu handeln. lich eingeengt, um nutzbares Land zu Neben der Verbesserung des ökolo- gewinnen. Ufer wurden stabilisiert gischen Zustandes der Mattig werden und erhöht, um eine rasche Abfuhr auch ein verbesserter Hochwasser- des Hochwassers zu gewährleisten. schutz und eine Steigerung des Erho- lungswertes erreicht. Der gesamtheit- Das Projekt zur Renaturierung ist ein liche Ansatz dieses Projektes zeigt Vorzeigebeispiel für die Zusammenar- uns den Weg vor, der in Zukunft zu beit von Wasserbau, Naturschutz und beschreiten ist. wasserverband Gerhard Skiba Franz Priewasser Bürgermeister Bürgermeister von Helpfau-Uttendorf 4 der Stadt Braunau am Inn Obmann des Wasserverbandes Mattig
DIE MATTIG Gemeinsam mit der Enknach entwäs- im Jahresverlauf teilweise auffallend zu einem besonderen Besiedlungs- sert die Mattig das westliche Innviertel konstant (Monatsmittel zwischen verlauf. Im Regelfall bewohnen strö- und einen Teil des Salzburger Seen- 4 bis 6 m ³/s). Auch eine starke Ver mungsliebende Arten die Oberläufe systems. Sie entspringt als Ausfluss sickerung in das Grundwasser ist für der Fliessgewässer, flussabwärts neh- des Grabensees und nimmt flussab- sie charakteristisch. Vielleicht ist die- men Arten der Tieflandgewässer zu. wärts als wichtigsten Zubringer den ser „gemäßigte“ Abfluss auch für die In der Mattig jedoch gewinnen im Schwemmbach auf, der im nördlichen Namensgebung verantwortlich. Der Unterlauf strömungsliebende Arten Kobernaußerwald entspringt. Name „Mattig“ stammt aus dem Kel- zunehmend an Bedeutung („Rhithrali- tischen und bedeutet soviel wie die sierung“ des Unterlaufes). Im Längsverlauf legt die Mattig auf ei- „Sanfte“. ner Länge von 38 km ca. 170 Höhen- Erwähnenswerte Tierarten der Mat- meter zurück und zeigt insofern einen In den letzten Jahren führten verschie- tig sind seltene Eintagsfliegenlarven ungewöhnlichen Gefällelängsschnitt, dene Maßnahmen zu einer Verstär- (Potamanthus luteus), Restvorkom- als das größte Gefälle mit 7,9 ‰ auf kung des oberflächlichen Abflusses. men des Edelkrebses und im Unterlauf die letzten 5 km entfällt. Beeinflusst In Bezug auf die Flussbettstruktur zeigt zum Laichen aufsteigende Huchen aus wird die Mattig unter anderem durch die Mattig im Mittel- und Unterlauf dem Inn. Hinsichtlich der Fischfauna mehrere Wehranlagen und eine Reihe einen stark begradigten Verlauf und ist ist die Mattig im Unterlauf der Barben von Sohlabstürzen und Sohlrampen. über weite Bereiche monoton trapez- region, flussaufwärts von Mattighofen förmig reguliert. Die Regulierungen im der Äschenregion und weiter flussauf- Ihr Abflussregime ist infolge der Unterlauf und der Gefällelängsschnitt wärts in den Schwemmbach auch der Pufferwirkung der vorgelagerten Seen führten bei den Gewässerorganismen Forellenregion zuzuordnen. 6
Braunau Einzugsgebiet der Mattig Inn am Inn 446 km2 Ma ttig Mauerkirchen Helpfau-Uttendorf Mattighofen Weissenbach ach mb Müh wem lber Sch gerb ach see Berndorferbach Schneegattern Im see Strasswalchen en ab Gr Ha inb ee ach tts e umerse Ma Obertr Mattigbach 8
Nach der Errichtung des Innkraftwerkes mehr ausbilden. Kiesbänke entwickel- Ering-Frauenstein wurden entlang des ten sich nur noch unmittelbar vor der Unterlaufes Hochwasserschutzdäm- Einmündung in den Inn, der durch das me gebaut. Damit lag die Mattig ein- Kraftwerk Ering-Frauenstein in die Mat- geengt in einer Niederwasserrinne, tig rückgestaut wurde. Allerdings muss- die Ufer waren durch Wasserbaustei- ten diese Kiesdepositionen regelmäßig ne stabilisiert. Etwas zurückversetzt entfernt werden, da eine bestimmte Die Mündungsstrecke Im 19. Jahrhundert mündete die folgten die Hochwasserschutzdämme Sohltiefe einzuhalten war. Mattig bei Schloss Hagenau in den in den Inn Inn. Sie verlief in östliche Richtung mit Betondichtungen. Die gewässer ökologisch wichtigen Geschiebeum- Aus dem Inn aufsteigende Fische konn- parallel zum heutigen Hochwasser- lagerungen (Ufererosionen, Entstehen ten wegen zahlreicher Rampen und schutzdamm Reikersdorf. Reste des von Schotterbänken) waren extrem Wehre die Mattig flussaufwärts nicht ursprünglichen Flussbettes sind noch zu erkennen. Hochwasserereignisse verringert und typische Uferhabitate durchwandern, wobei das Höfterwehr in den Jahren 1897 und 1899 mit der Fließgewässer konnten sich nicht das erste Migrationshindernis war. verheerenden Schäden veranlassten die Verantwortlichen den Mündungs bereich zu regulieren. Abflüsse von mehr als 100 m³/s wurden bei den Hochwässern gemessen (MQ 4,9 m³/s, HQ1 15 m³/s, EZ 446 km²). Die Mattig wurde in ein neues Fluss- bett verlegt, das nun geradlinig nach Norden verlaufend in den Inn mündet. Gewässerökologische Belange hatten in der damaligen Zeit noch nicht den Stellenwert wie heute. 10
Geschichtlicher Überblick 1897 größtes Hochwasser 1898 bisher extremstes Hochwasser 1900/1902 Begradigung und Regulierung der Mündungsstrecke Feb. 1937 Mattighochwasser trägt die Mündungsstufe in den Inn ab 1942/43 Einstau durch die Inn-Staustufe Ering-Frauenstein 1946-53 Errichtung des Reikersdorfer Dammes 1950 Wiederinstandsetzung des Höfterwehres Juli 1954 Hochwasser beschädigt das Höfterwehr 1954/1955 Errichtung der Schunkebrücke 1956 Wasserrechtliche Bewilligung zum Aufsetzen einer Stauklappe 1959 Neubau der Sohlrampe unter dem Höfterwehr 12
Lageplan Rampen Renaturierung der Bereits 1995 entstand der Wunsch, die Mattig-Mündungsstrecke ökolo- Mattig-Mündungs- gisch zu verbessern und die Regulie- strecke rung zu renaturieren. Es dauerte bis zum Jahr 2005 bis die Planungen ab- geschlossen und die Finanzierung ge- sichert waren. Bauherr Wasserverband Mattig Baukosten 1.810.000 EURO Finanzierung Stadtgemeinde Braunau Land Oberösterreich (Schutzwasserwirtschaft, Naturschutz, Oö. Radwanderwegekonzept) Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Bauzeit April 2005 – 2007 Bauleitung Gewässerbezirk Braunau Projektziele • Verbesserung des ökologischen Zustandes der Mattig • Umbau des Höfterwehres • Hochwasserschutz für die Küchersiedlung • Aufwertung des Naherholungsgebietes 14
Verbesserung Beseitigung der Uferbefestigungen Sämtliche links- und rechtsufrigen des ökologischen Böschungssicherungen aus Wasser- Zustandes der Mattig bausteinen wurden entfernt. Die ge- staltende Kraft der Mattig kann sich wieder frei entfalten. Aufweitung des Bachbettes Das auf einheitliche Geländehöhe auf- geschüttete Vorland der Mattig wurde großteils wieder abgetragen und eine naturnahe Geländeform modelliert. In Aufweitungsstrecken wird die Mattig entsprechend dem Furkations- typ geteilt und umfließt eine Schotter insel. 18
Verbesserung Strukturierung der Böschung Böschungsabschnitte, die beizubehal- des ökologischen ten waren, wurden unter Verwendung Zustandes der Mattig von Konglomeratsteinen und Baum- strünken in naturnaher Linienführung stabilisiert. Kurzbuhnen aus Weiden- flechtwerk wurden zur Ablenkung der Strömung in einzelnen Böschungsab- schnitten eingebaut. Initialbepflanzung Für die Entwicklung des Uferbegleit- gehölzes wurden als Initialisierung standortgerechte Gehölze gepflanzt. 20
Verbesserung Beseitigung der Migrationshindernisse Das Höfterwehr wurde in zwei flache des ökologischen Doppelrampen (= Modulrampen) Zustandes der Mattig umgebaut, um die Längswanderung für die Fisch- und Benthosfauna zu ermöglichen. Neben der Funktion als Migrationsstrecke und Lebens- raum erfüllt die Doppelrampe auch die Funktion der Sohlstützung und der Energieumwandlung des ab- strömenden Wassers. Der Höhen unterschied zwischen den einzelnen Becken beträgt 10 bis 20 cm. Bei Mittel- wasser wird die Fließgeschwindigkeit von 1 m/s in den Becken nicht über- schritten. 22
Die hydromorphologische Situation diese Möglichkeit nur für wenige. des Mattig-Mündungsbereiches wird Auch die quantitativ bedeutenderen durch diese Maßnahmen signifikant Barben und Nasen finden nun als verbessert. Die Mattig kann sich zwi- Kieslaicher verbesserte Möglichkeiten Der Huchen, ehemaliger Leitfisch des Inns, wird mehr als 1 m lang und ernährt sich von Fischen. schen den Hochwasserschutzdämmen zum Ablaichen. Für Bachforelle und frei verlagern (ca. 4-fache Breitenaus- Äsche als Kiesgrubenlaicher sind un- dehnung als vorher). Die dadurch er- konsolidierte Kiesflächen essentiell. möglichte Entwicklung von Gleit- und Durch die Beseitigung des Wander- Prallufern lässt Uferhabitate entstehen, hindernisses Höfterwehr erschließt auf die die Gewässerfauna angewie- sich für die aus dem Inn aufsteigende sen ist. Flach überströmte Bänke aus Fischfauna eine weitere Fließstrecke Schotter bilden wichtige Laichhabitate der Mattig als Laichhabitat. für die Fischfauna. Möglicherweise Eine höhere Strömungsvielfalt, eine kann sogar der Huchen als ehemalige heterogene Sohlenstruktur, die er- Leitart des Inns davon profitieren. In höhte Bildung von Holz- und Laub- früheren Jahren wurden einzelne Hu- depositionen verbessert aber auch die chen beim Laichen im Mündungsbe- Lebensraumqualität für die Bodenfau- reich beobachtet. Auf Grund des Man- na des Gewässers (z. B. Steinfliegen, Die Nase, ein ehemaliger Massenfisch, ist im Rückgang begriffen, erreicht eine Länge bis zu 50 cm und ernährt sich hauptsächlich von gels an geeigneten Flächen bestand Eintagsfliegen, Köcherfliegen). pflanzlichem Aufwuchs und Bodentieren der Gewässersohle. 24
ochwasserschutz H Durch die Absenkung des Vorlandes sowie die Errichtung einer Hoch- für die Küchersiedlung wasserschutzmauer vergrößerte sich und Sanierung der das Abflussprofil. Dadurch wurde die Transportkapazität der Mattig Regulierungsstrecke zwischen den Hochwasserschutz- dämmen erhöht und ein 100-jähr- licher Hochwasserschutz erreicht. Der Böschungsfuß der Dämme wurde in verdeckter Bauweise verstärkt. Durch den Umbau der Regulierungs- strecke in einen naturnahen Abschnitt wurde die Regulierung auf Jahre hinaus saniert und der Aufwand für den künftigen Unterhalt vermutlich verringert. 26
Aufwertung des Die Mattigmündung am Unteren Inn ist für die Bevölkerung in und um Naherholungsgebietes Braunau aber auch für Gäste aus dem benachbarten Bayern ein beliebtes Naherholungsgebiet. Von Braunau nach Osten wird das Gebiet durch zwei Brücken, die im Laufe des Pro- jektes erneuert wurden, erschlossen. Die Höfterbrücke wurde bereits neu errichtet, die Schunkebrücke wurde durch einen 100 m langen Holzsteg im Verlauf des überregionalen Rad- wanderweges „R 3 - Innweg“ ersetzt. Die bestehenden Dammüberfahrten bleiben erhalten, ebenso die im Um- feld gegebenen Fahrzeugabstellmög- lichkeiten. Zusätzlich wurden ein Geh- und Radweg sowie ein kleines Nebengewässer am linken Ufer an gelegt. Die Vielfalt der Nutzungsmöglich- keiten an der Mattig machen den Unterlauf des Flusses am Stadtrand von Braunau zu einem viel und gerne besuchten Naherholungsgebiet. 28
Mündungsstrecke der Mattig Renaturierung der Mündungsstrecke im Jahr 2000 im Jahr 2006 30
IMPRESSIONEN VON DER MATTIG-MÜNDUNGSSTRECKE 32
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