Rhetorik Sprache und Körpersprache - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer Betriebswirtschaftliches Institut

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Rhetorik

Sprache und Körpersprache

     Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer

    Betriebswirtschaftliches Institut
              Abteilung III
  Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
          und Finanzwirtschaft
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer   2

Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeines

2. Aufbau

3. Persönliche Einstellung

4. Lampenfieber

5. Fragen

6. Dialektik

7. Körpersprache

8. Übungen
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Allgemeines
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   Was werde ich
     beibehalten                                       ändern

Die wichtigsten Gedanken für mich
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      Beurteilungsbogen einer Rede

                                    schlecht                                gut

                                               1   2   3   4   5    6   7

1. Anfang und Schluß
2. Stimme
3. Modulation
4. Dehnlaute
5. Tempo
6. Pausen
7. Beispiele
8. per. Ansprache
9. Blickkontakt
10. Mimik
11. Gestik
12. Haltung
13. Gliederung
14. Inhalt
15. Hilfsmittel
16. Medieneinsatz
17. Timing
18. inneres Engagement
19.
20.
21.
22.
23.

Andere Beobachtungen
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Literaturliste Rhetorik
1. R. Lay:              Manipulation durch die Sprache,
                        Hamburg 1980

2. N. Rogers:           Frei reden - ohne Angst und Lampenfieber,
                        München 1995

3. A. Mohler:           Die 100 Gesetze überzeugender Rhetorik,
                        München 1979

4. P. Ebeling:          Rede ohne Lampenfieber,
                        Landsberg 1975

5. P. Ebeling:          Das große Buch der Rhetorik,
                        Wiesbaden 1987

6. W. Fricke:           Frei reden,
                        Köln 1985

7. H. Lemmermann:       Lehrbuch der Rhetorik,
                        München 1979

8. K. Haberkorn:        88 Tips für erfolgreiche Redner,
                        Sindelfingen 1987.
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Aufbau
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Standpunkt Rede
1.   Standpunkt

     "Mein Standpunkt zu diesem Thema ist ..."

2.   Begründung

     " Ich bin dieser Meinung, weil ..."

3.   Beispiel

     "Als Beispiel führe ich an ..."

4.   Wiederholen und Steigern

     "Um es nachdrücklich zu wiederholen ..."

5.   Appell, Aufruf

     "Und darum bitte ich Sie, ..."
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                              Aufbau einer Kurz-Rede

3. Planungsschritt:               Ich sage meinen Zuhörern,
   situationsbezogener Î was mein Thema mit ihnen Î                   Warum rede ich?
   Einstieg                       persönlich zu tun hat.

----------------------------⏐---------------------------
                               Ich beschreibe, wie die
                               Situation im Augenblick
2. Planungsschritt:       Î aussieht - vielleicht auch, wie       Î Wie ist die Situation?
   die Begründung              es dazu gekommen ist, und
                               wen ich dafür verantwortlich
                               mache.

                               Ich beschreibe, was ich
                               erreicht sehen will; wie eine      Î    Was soll erreicht
                               veränderte Situation aussehen           werden?
                               soll.

                               Ich sage, mit welchen
                               Maßnahmen meiner Meinung           Î    Wie kann das
                               nach das Ziel erreicht werden           erreicht werden?
                               kann.
---------------------------                     ---------------------------

                                  Ich sage meinen Zuhörern,
1. Planungsschritt:               was sie persönlich tun         Î    Das will ich von euch!
   der Zwecksatz                  können, damit das
                                  angestrebte Ziel erreicht
                                  wird!

Da der Aufbau einer Kurz-Rede aus zusammen fünf einzelnen Punkten besteht,
nennen wir ihn in Zukunft: den Fünf-Schritt-Aufbau!

Fricke: Frei reden Köln 1985, S. 33
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Persönliche

Einstellung
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Persönliche Einstellung zur Rede

1.   Geistiger Standpunkt
     "Ich bin o.k. - ihr seid o.k."
     Hier steht vor allem die persönliche Einstellung zu sich selbst, zum Thema und
     zum Publikum im Vordergrund.
     "Ich bin o.k." heißt, ich bin gut vorbereitet, ich stehe zu meinem Thema und zum
     Inhalt, ich fühle mich wohl (bis auf einen kleinen Rest Lampenfieber).
     "Ihr seid o.k." heißt, daß ich mich freue, heute vor meinem Publikum zu
     sprechen.

2.   Keine Publikumsbeschimpfung

     Seien Sie freundlich.
     Strahlen Sie Herzlichkeit und Menschlichkeit aus.
     Seien Sie höflich.
     Seien Sie begeistert. Wenn Sie es sind, wird sich Ihre Begeisterung auch auf
     Ihr Publikum übertragen.

3.   Keinen Hammer loslassen, denn jeder Hammer kommt zurück
     Sprechen Sie über unkritische Themen.
     Stellen Sie Vorteile und Stärken Ihres Redeinhaltes bzw. des Themas dar.
     Vermeiden Sie Kritik an Mitbewerbern oder Konkurrenten.
     Wirken Sie integrierend auf die Teilnehmer.
     Arbeiten Sie mit Ihren Teilnehmern und nicht gegen sie.

     Alle negativen Dinge kommen, wenn Sie sie während einer Rede tun, wie ein
     Bumerang oder ein Hammer zurück. Das Ergebnis ist ein schlechter Vortrag
     und für Sie persönlich zusätzlich ein großer Kompetenz- und Prestigeverlust.
     Lassen Sie Ihren Hammer in der Werkzeugkiste.
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4.   Nutzen Sie Ihre persönlichen Stärken

     Spielen Sie in Ihrer Rede Ihre persönlichen Stärken aus.

     Stellen Sie Ihre weniger starken Seiten in den Hintergrund. Wenn Sie z.B. eher
     ein sachlicher und nüchterner Mensch sind, dann verhalten Sie sich auch so.
     Sie wirken auf Ihre Teilnehmer echt, natürlich und damit überzeugend.
     Schauspielern Sie also nicht.
     Versuchen Sie aber in Ihren Reden wenigstens eine Schwäche abzubauen.
     Wenn Sie z.B. festgestellt haben, daß Sie in der Rede wie angewachsen an
     einer Stelle stehen, dann nehmen Sie sich beim nächstenmal vor, mindestens 3
     mal den Standort zu wechseln.

     So schaffen Sie es, von Rede zu Rede selbstsicherer in Ihrem Auftreten und
     Verhalten zu werden.

5.   Störungen haben Vorrang
     Störungen während einer Rede lassen sich nie ganz vermeiden.

     Planen Sie mögliche Störungen und Ihre Behebung mit in die Rede ein.

     Störungen haben Vorrang. Wenn eine Störung eintritt, dann ist die Aufmerk-
     samkeit des Publikums eher auf die Störung als auf Ihre Rede gerichtet.
     Warten Sie mit der Fortsetzung der Rede, bis die Störung vorbei ist. Unter
     Umständen müssen Sie etwas tun, um die Störung möglichst schnell zu
     beenden; tun Sie es selber, oder beauftragen Sie jemanden damit.
     Ist die Störung vorüber, wiederholen Sie ruhig kurz den Sachverhalt, den sie vor
     der Störung vorgetragen haben, und fahren Sie dann fort.

     Diesen technischen Störungen stehen zwischenmenschliche Störungen
     gegenüber. Gemeint sind hiermit Störungen, die im Bereich der Kommunikation
     liegen, also Störungen, die sowohl von Ihnen als auch von den Teilnehmern
     ausgehen können. Kommunikationsstörungen können Sie vermeiden, in dem
     Sie laut und deutlich, kurz und klar sprechen (vor allem zu den Teilnehmern und
     nicht zu den Wänden). Unter Umständen fragen Sie bitte die Teilnehmer, ob sie
     alles verstanden haben, oder ob Sie noch etwas erklären müssen.

     Kommunikationsstörungen haben fatale Folgen für die Verständlichkeit Ihrer
     Rede. Denn schließlich soll Ihre Botschaft bei den Teilnehmern so ankommen,
     wie Sie es gemeint haben.
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Sprache
1.   Angemessene Lautstärke

     Sprechen Sie laut und deutlich, nicht zu schnell und nicht zu langsam.
     Wenn sie Probleme mit Ihrer Sprechlautstärke haben, benutzen sie folgenden
     Trick:
     Sprechen Sie zur letzten Reihe, sprechen Sie so, daß die von Ihnen am
     weitesten entfernte Person Sie verstehen kann (sofern Sie nicht mit einem
     Mikrofon arbeiten). Wenn Sie die letzte Reihe ansprechen, werden alle anderen
     Teilnehmer Sie auch verstehen.
     Nichts ist schlimmer, als wenn Sie ständig durch Ausrufe "Bitte etwas lauter"
     gestört werden.
     Wenn Sie zu leise sprechen sollten, kann dies auch als Unsicherheit vom
     Publikum ausgelegt werden.
     Im Gegensatz dazu führen Sie aber bitte Ihre Rede nicht wie ein Marktschreier
     durch.

2.   Mit der Sprache auf die Teilnehmer einstellen
     Achten Sie in Ihrer Vorbereitung, aber auch während der Rede darauf, daß Sie
     adressatengerechte Formulierungen, Abkürzungen und Fachbegriffe benutzen.
     Wenn Sie sich nicht ganz sicher über die Wissensebenen Ihrer Zuhörer sind,
     z.B. Abkürzungen, dann nennen Sie die Abkürzung und die Langform. So
     gewöhnen Sie Ihr Publikum an das Fachvokabular.
     Denken Sie in Ihrer Vorbereitung daran, sich selbst alle Abkürzungen und
     Fachbegriffe nochmals schriftlich zu erklären. Es ist für Sie und Ihre Rede
     tödlich, wenn Sie während der Veranstaltung nicht in der Lage sind,
     Fachbegriffe zu erklären.
     Stellen Sie ruhig das Selbstverständliche in Frage.
     Spielen Sie mit der Sprache. Sie haben hier ein hervorragendes Instrument zur
     dramaturgischen Gestaltung.
     Sprechen Sie lebhaft. Lassen Sie Ihre Teilnehmer Ihre Begeisterung für das
     Thema und die Rede spüren.
     Spielen Sie mit der Lautstärke Ihrer Stimme, spielen Sie mit der Modulation
     (hohe oder tiefe Stimme) und der Artikulation (Deutlichkeit der Aussprache).
     Hören Sie sich im Radio Hörspiele an, oder legen Sie Märchenplatten auf. Sie
     hören dann, was gemeint ist.

     Eine monoton oder ohne Begeisterung durchgeführte Rede hat noch keinen
     Teilnehmer vom Stuhl gerissen.
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Tips
1.   Den Blick auf das Medium immer freihalten

     Vergewissern Sie sich während der Rede, daß alle Zuhörer einen freien Blick
     auf Ihre Medien haben.
     Wenn Sie Blickkontakt mit Ihrem Publikum haben, können Sie das kontrollieren.
     Notfalls fragen Sie kurz nach, ob jeder das sehen kann, was Sie am Medium
     präsentieren.

2.   Standort wechseln

     Wechseln Sie ruhig während der Rede Ihren Standort.
     Rennen Sie nicht wie wild durch die Gegend. Sie bekommen kein
     Kilometergeld. Außerdem wirkt dies nur beunruhigend auf die Zuhörer.
     Standortwechsel geben Ihnen die Möglichkeit, Ihre Gedanken zu sammeln und
     zu formulieren; deshalb reden Sie am besten nicht, wenn Sie Ihren Standort
     wechseln.
     Als dramaturgisches Element eingesetzt, können Sie mit Standortwechseln
     Themenabschnitte beenden oder neu beginnen.

3.   Blickkontakt

     Halten Sie Blickkontakt zur Ihrem Publikum. Es fühlt sich dadurch auch
     persönlich angesprochen.
     Suchen Sie Ihre Formulierungen nicht auf dem Boden oder an der Decke. Es
     wirkt sonst unterwürfig oder überheblich.
     Fixieren Sie nicht einzelne Personen, sondern schauen Sie in die gesamte
     Runde, von rechts nach links außen (oder umgekehrt).
     Schauen Sie dabei nicht über die Köpfe hinweg, sondern kurz in die Augen der
     Teilnehmer.
     Wenn Sie Blickkontakt mit dem Publikum haben und halten, können Sie sofort
     Reaktionen des Publikums erkennen und darauf eingehen (fragende Blicke,
     Zustimmung durch Kopfnicken).

4.   Nicht auf einzelne Teilnehmer fixieren

     Es gibt in der Rhetorik die Weisheit: "Du hast immer einen Freund in der
     Gruppe". Wer Ihr Freund während der Rede ist, finden Sie schnell heraus. Es
     ist jemand, der Ihnen freundlich zunickt, zulächelt, zustimmt in Dingen, die Sie
     präsentieren. Behalten Sie Ihren Freund im Auge, aber fixieren Sie ihn nicht
     ständig an.
     Fixieren Sie auch keine anderen Personen, z.B. Vorgesetzte oder andere
     wichtige Persönlichkeiten. Schließlich reden Sie für alle Anwesenden und nicht
     für bestimmte Personen.
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Lampenfieber
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                     16

Lampenfieber
Lampenfieber ist ein fester Bestandteil einer jeden Rede.

Lampenfieber hat sehr viel mit Angst zu tun. Mit der Angst, daß Ihre Inhalte nicht
richtig präsentiert werden, daß Sie vorher krank werden, daß Sie Ihr Manuskript
verlieren, daß Ihr Publikum uninteressiert ist und vieles andere mehr.

Lampenfieber tritt meistens in zwei Phasen auf - mit der Kenntnis, daß Sie eine Rede
durchzuführen haben und unmittelbar vor der Rede.

Die erste Phase beginnt mit dem Zeitpunkt, wo Ihnen mitgeteilt wird, daß Sie eine
Rede durchzuführen haben.

Meistens ist der Zeitraum für die Vorbereitung sehr knapp. Die Tagesarbeit muß
verschoben, Prioritäten neu gesetzt werden.

Allerdings ist es während der Vorbereitung der Rede dann schwer, die Gedanken an
das Tagesgeschäft auf die Seite zu schieben. Hinzu kommt meistens, daß Sie sehr
viel Zeit verlieren, weil der Auftrag für die Rede nicht genau abgegrenzt ist, und Sie
häufig nachfragen müssen.

Die zweite Phase des Lampenfiebers beginnt kurz vor der Rede (entweder am
Vorabend oder am Morgen des Tages).

Zweifel an der Richtigkeit des Vorgehens, der getroffenen Themenwahl und der
Reihenfolge erfüllen Sie mit Angst und manchmal mit Panik.
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Was können sie gegen das Lampenfieber tun?

Hier ein paar nützliche Tips.

1. Richtige Vorbereitung

    Mit dem Wissen, daß Sie sich fachlich, technisch und persönlich optimal
    vorbereitet haben, gehen Sie gegen das Lampenfieber an.

2. Wissensreserven

    Beschränken Sie Ihre inhaltliche Vorbereitung nicht nur auf den aktuellen
    eigentlichen Inhalt, sondern versuchen Sie, Ihr Wissen zu vertiefen, alle Aspekte
    des Themas vorzubereiten.
    Die Wissensreserve schafft Selbstsicherheit und Ruhe.

3. Adressatenanalyse

    Die sorgfältige Adressatenanalyse verschafft Ihnen genügend Kenntnisse über
    Ihren Zuhörerkreis und dessen Erwartungen, Probleme oder Interessen.

4. Fragen und Einwände

    In der Vorbereitung der Rede haben Sie alle zu erwartenden Fragen und
    Einwände aufgelistet und sich alle Ihre Antworten und Entgegnungen notiert.

5. Rede- oder Vortragsprobe

    In einer (oder mehreren) Redeproben haben Sie sich über alle Phasen Ihrer
    Rede ein Bild machen können.

Ein großer Teil des Lampenfiebers läßt sich also durch eine gründliche und gute
Vorbereitung auf die Rede ausschalten.
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Tips
Wie bekämpfen Sie nun das Lampenfieber unmittelbar vor der Rede?

1. Fertigen Sie eine Checkliste an, welche Dinge Sie vor der Rede noch erledigen
   wollen.
   Planen Sie genügend Zeit für die Erledigung dieser Dinge ein.

2. Machen Sie sich mit den Räumlichkeiten vertraut.
   Sollte es notwendig sein, dann reisen Sie zur Rede am Vortag an.
   So sind Sie auch genügend für Ihre Rede ausgeruht.

3. Werfen Sie Ihr Redekonzept nicht um. Sowas geht nie gut.

4. Trinken Sie vorher keinesfalls Alkohol.

5. Gehen Sie vorher auf die Toilette.

6. Ordnen Sie alle für die Rede wichtigen Dinge, und legen Sie sie bereit.

7. Lernen Sie die ersten drei Sätze Ihrer Rede auswendig, oder üben Sie die ersten
   2 Minuten Ihrer Rede, bis Sie sie voll im Griff haben und im Schlaf beherrschen.

8. Machen Sie vor Beginn eine kurze Entspannungsübung.
   Ziehen Sie sich zurück. Setzen Sie sich irgendwo bequem hin und schließen Sie
   die Augen.
   Denken Sie an nichts, auch nicht an die bevorstehende Rede.
   Machen Sie 10 tiefe Atemzüge.
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Wenn diese Entspannungsübung nicht so ganz funktioniert, dann machen Sie
folgende Übung:

Ziehen Sie sich zurück, am besten so, daß Sie niemand beobachten kann.
Stellen Sie sich mit leicht gespreizten Beinen hin.

Atmen Sie mit geschlossenen Augen tief ein und ziehen dabei Ihre Schultern hoch.
Wenn Sie ausatmen, lassen Sie die Schultern fallen.

Wiederholen Sie diese Übung 3 bis 5 mal.

Am Ende der Übung öffnen Sie die Augen, springen kurz in die Luft und klatschen
laut in die Hände. Denken Sie daran, daß Sie sich nach der Rede etwas Gutes
gönnen.

Führen Sie dann Ihre Präsentation durch.

Alle angesprochenen Punkte haben sich in der Praxis bewährt.

Es gibt Redner, die sich zur Bekämpfung des Lampenfiebers ein richtiges Ritual
zurecht gelegt und damit Erfolg haben.

Wenn Sie dies auch machen wollen, dann tun Sie es.

Die Erfahrungen haben gezeigt, daß sich das Lampenfieber im Laufe der Zeit mit der
steigenden Zahl von Reden auf ein Minimum reduziert.
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     Fragen
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer           21

Fragen
Fragen in einer Rede sind immer ein gutes Zeichen.
Sie signalisieren, daß die Zuhörer sich mit den Inhalten der Rede
auseinandergesetzt haben.
Fragen schaffen einen direkten Kontakt zwischen Ihnen und Ihrem
Publikum.

Für Fragen in einer Rede gibt es ein paar wichtige Regeln:

1. Klären Sie in Ihrer Einleitung ab, daß Fragen gestellt werden können;
   entweder während der Rede ("Bitte stellen Sie Ihre Fragen während
   der Rede") oder nach der Rede ("Fragen beantworte ich Ihnen gerne
   am Ende meiner Rede. Ich bitte Sie, sich Ihre Fragen zu notieren.")

2. Geben Sie den Zuhörern eine Chance, Fragen zu stellen.
   Motivieren Sie Ihre Zuhörer zu Fragen.
   ("Gibt es von Ihnen noch Anregungen, Anmerkungen oder Fragen
   zum Inhalt?).

3. Gehen Sie mit den Fragen des Publikums sorgsam um.
   Jeder, der eine Frage stellt, möchte auch eine ausreichende Antwort.
   Denken Sie daran, es gibt keine dummen Fragen, sondern nur
   dumme Antworten.
   Beantworten Sie die Fragen offen und ehrlich.
   Wenn Sie keine Antwort auf die Frage haben, dann geben Sie es
   ruhig zu. Sie können ja nicht alles wissen.

4. Danken Sie dem Fragesteller.
   Viele Zuhörer haben Angst, vor großen Gruppen zu reden oder auch
   nur Fragen zu stellen.
   Durch das Loben des Fragestellers werden andere Zuhörer zum
   Fragen animiert.

5. Wenn nötig, wiederholen Sie die Frage laut und deutlich. Damit
   können alle Zuhörer die Frage aufnehmen. Wenn Sie die Frage
   wiederholen, dann richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das gesamte
   Publikum und nicht auf den Fragenden.
   Durch die Wiederholung der Fragen können Sie aggressive Töne
   entschärfen.
   Entstellen Sie aber nicht den Sinn der Frage.
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 6. Lassen Sie unverständliche oder aggressive Fragen vom Fragenden
    wiederholen. Meistens werden sie verständlicher und auch weniger
    aggressiv.

 7. Bleiben Sie bei allen, auch bei aggressiven Fragen ruhig.

 8. Hören Sie aktiv zu.
    Hören Sie sich die Frage richtig an und konzentrieren Sie sich auf
    den Inhalt der Frage.

 9. Beantworten Sie die Fragen kurz und bündig, aber vollständig.
    Weitschweifende Erklärungen führen zu nichts.

10. Versuchen Sie zu erkennen, ob der Fragende ein echtes Interesse
    an einer Antwort hat, oder ob er sich nur aufspielen will.

11. Lassen Sie sich mit der Beantwortung der Frage etwas, aber nicht
    zuviel Zeit.
    Nutzen Sie diese Pause, um Ihre Gedanken zu sammeln und Ihre
    Antwort zu suchen.
    Oft ist es schon passiert, daß in dieser Zeit der Fragende selbst oder
    ein Zuhörer aus dem Publikum die Antwort gibt.

12. Wenn Sie während der Rede Fragen zurückgestellt haben, dann
    rufen Sie die entsprechende Person auf und bitten sie, die Frage
    nochmals zu stellen.

13. Streiten Sie sich nie mit dem Fragesteller. Meistens schlägt sich das
    Publikum auf die Seite des Fragenden.
    Damit ist Ihre Rede unter Umständen ein Mißerfolg.

14. Geben Sie am Ende der Befragung den Hinweis, daß Sie noch für
    weitere Informationen ansprechbar sind.
    Es gibt viele Zuhörer, die noch Fragen haben, die nur teilweise mit
    der Rede zu tun haben.
    Geben Sie diesen Personen eine Chance, ihre Fragen loszuwerden.
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Fragearten
Offene Fragen
-   beginnen mit einem Fragewort
    was? wer? wo? wann? warum?

-   sind aufschließende Fragen

-   ermöglichen schnelle Informationen

-   sind günstig zu Beginn eines Gesprächs

-   sind dialogfördernd

-   geben dem Partner die Chance, sich umfassend zu äußern

Geschlossene Fragen
-   lassen nur die Antwort "ja" oder "nein" zu

-   Partner legt sich fest

-   Bestätigung von Zusammenfassungen
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Dialektik
Die 3 Regeln des Platon

1 . R e g e l : Sei "alterozentriert!

"Alterozentriert" meint eine psychische Grundeinstellung, die es dem Menschen
erlaubt, von sich selbst und seinen Interessen (Bedürfnissen und Erwartungen)
abzusehen und sich dabei auf das Ziel, das er verfolgt und auf die Menschen, die
dabei eine Rolle spielen, möglichst umfassend einzustellen, um sein Ziel
(Problemlösung oder Überzeugungstransfer) zu erreichen.

2 . R e g e l : Sprich die Emotionalität an

Um von etwas überzeugen zu können, muß ich selbst davon überzeugt sein.
Um zu überzeugen, muß ich die emotionalen Schichten des oder der anderen
Personen erreichen, und zwar so, daß ich dessen oder deren rationale Kontrolle
funktionsfähig halte.

3 . R e g e l : Beachte die Kommunikative Intention der Partner

Die Regel unterscheidet zwischen 2 kommunikativen Intentionen:

a) der informatorischen Intention

b) der kontaktiven Intention

Besteht auf der kontaktiven Intention Unsicherheit (sind sich also die Partner nicht
über ihre wechselseitigen Beziehungen angstfrei im klaren), werden auch
Informationen nicht zutreffend gegeben, abgenommen und verarbeitet.

Aus: R. Lay, Dialektik für Manager, 1988 S. 19ff
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Dialektik
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Verständlichmacher

Eine Wirksame und erfolgreiche Rede ist dadurch gekennzeichnet, daß die Inhalte
für alle Teilnehmer verständlich dargestellt werden.

                           Einfachheit

                      Kürze/Prägnanz

                           Gliederung

                          zusätzliche
                         Stimulierung
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Einfachheit
Benutzen Sie kurze Sätze.
Reden Sie nicht in Schachtelsätzen, die nur dazu verführen, wenn genügend Zeit
vorhanden ist, mit entsprechend hohem Abstraktionsniveau der Teilnehmer, "viel zu
viel Informationen zu streuen, ohne daß den Teilnehmern Zeit gelassen wird, alle
präsentierten Informationen zu verarbeiten. Sie sehen, diese Sätze sind schon beim
Lesen schwer zu verstehen.
Sprechen Sie etwas langsamer als gewöhnlich.
Die richtige Sprechgeschwindigkeit bei Präsentationen liegt bei 80 - 100 Worten pro
Minute.
Sprechen Sie natürlich. Sprechen Sie lebendig.
Erklären Sie die Fachbegriffe.
"Die voluminöse Expansion subterrarer Agrarprodukte verhält sich reziprok zum
Intellekt des Agrarökonoms".
Klingt sehr wissenschaftlich, intelligent und intellektuell, nur kaum einer versteht es.
Besser ist: "Der dümmste Bauer bekommt die dicksten Kartoffeln."
Erklären Sie Abkürzungen. Verwenden Sie n.d.T.b.A.u.S. (nur den Teilnehmern
bekannte Abkürzungen und Symbole).

Gliederung
Achten Sie darauf, daß Ihre Aussagen und die Inhalte logisch aufgebaut sind und
eine innere Folgerichtigkeit haben.
Springen sie nicht wie ein Gummiball zwischen den einzelnen Themen hin und her,
sondern handeln Sie Ihre Themen folgerichtig und aufeinander aufbauend ab.
Unterstreichen Sie den Wechsel von Überschriften auch sprachlich, indem Sie z.B.
kurze Pausen einlegen oder in einen Vortrag oder einer Präsentation einen
Standortwechsel durchführen.

Kürze und Prägnanz
Eine Rede lebt davon, daß das Thema kurz, prägnant und greifbar vorgestellt wird.
Bringen Sie viele Informationen mit wenig Worten. Lassen Sie den Teilnehmern aber
Zeit, Ihre Informationen zu verarbeiten und zu verdauen. Zuviele Informationen
stehen dem Verständnis des Themas im Wege. Wägen Sie sorgfältig ab, wie groß
Ihre Informationsdichte in der Rede ist. Beschränken Sie sich auf wesentliche
Kernaussagen.
Lassen Sie zuviel schmückendes Beiwerk weg. Wenige, aber wichtige Informationen
sind immer besser als viele unwichtige.

Zusätzliche Stimulierung
Eine Rede lebt von der zusätzlichen Stimulierung. Treffende Beispiele aus dem
Alltag der Teilnehmer haben eine ebenso große Wirkung wie passender Humor.
Aber Achtung: Nichts ist schlimmer, als wenn Sie einen Witz erzählen, und Sie der
einzige sind, der lacht.
Verstärkt wird die Rede durch "Salz-in-der-Suppe"-Informationen, also z.B.
Insidertips, absolut neue Nachrichten, Ankündigungen, d.h. durch alles, was eine
Präsentation für die Teilnehmer interessant macht.
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer               28

  Verständlichmacher

Einfachheit                               Gliederung

• kurze Sätze                             • innere Folgerichtigkeit

• bekannte Wörter                         • "Überschriften" oder
                                             Themenwechsel mittels
• Fachbegriffe und Abkürzungen               sprachlicher Formulierungen
                                             oder Sprechpausen setzen

Kürze                                     zusätzliche
Prägnanz                                  Stimulierung

• Viel Informationen mit                  • treffende Beispiele
wenig Worten
                                          • passender Humor
• Beschränkung auf das
Wesentliche                               • "Salz-in-der-Suppe"-
                                            Informationen
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Körpersprache
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                     30

Körpersprache (Kinesik)

Die Körpersprache übermittelt unentwegt Botschaften.
Jede Körperhaltung, jede Geste, ist eine Ich-Aussage über uns selbst, aber auch
eine Aussage über die Beziehung zu unserem Gesprächspartner.
Insgesamt gibt es in der Kinesik 4 Bewegungsrichtungen
1. Oben - Unten
2. Rechts- Links
3. Vorne-Hinten
4. Innen - Außen

Das Stehen

Beobachten Sie die Bodenhaftung, die Sie beim Stehen haben:

• wenig Bodenhaftung / sprunghaft, wenig in sich gefestigt
• gute Bodenhaftung / leben aus der inneren Mitte heraus
• zu feste Bodenhaftung / unbeweglich, auf seinen Standpunkt fixiert.

Beobachten Sie, ob Sie frei im Raum stehen können. Wenn Sie ständig das
Bedürfnis haben, sich irgendwo festzuhalten, so läßt das darauf schließen, daß Sie
wenig Halt in sich selbst und im Leben ein starkes Anlehnungsbedürfnis haben.
Je gerader ein Mensch steht, desto aufrechter ist seine innere Haltung. Er zeigt sich
offen gegenüber der Außenwelt, wach und aufnahmebereit.
Beugt er sich nach vorn mit der Tendenz nach unten, so ist das ein Zeichen von
Ängstlichkeit, Unsicherheit, Fluchtverhalten, Introvertiertheit. Der Blick ist dabei
häufig von unten nach oben oder auch mehr nach innen gerichtet.
Steht ein Mensch dagegen so gerade, daß er sich schon ein wenig nach hinten lehnt,
so signalisiert er Sicherheit: "Mir gehört die Welt!" Sogar Arroganz, wenn gleichzeitig
der Blick von oben nach unten gerichtet ist.
Grundsätzlich gilt:
Ein Körpersignal allein hat keine Aussagekraft. Ein Signal ist nur ein Hinweis, der
überprüft werden muß. Wir müssen immer mehrere Signale beobachten.
Wenn alle auf dasselbe hinweisen, können wir davon überzeugt sein, daß unsere
Beobachtung richtig ist.
Auf folgende Kriterien sollten wir unser Augenmerk richten:
1. Körperhaltung
2. Mimik
3. Gestik
4. Abstand (Distanz zum Mitmenschen)
5. Tonfall
Gestik             Richtung Oben-Unten
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                  31

In der Körpersprache gilt eine ganz einfache Regel:
Alle Bewegungen mit der Tendenz nach oben wirken heiter und positiv, so wie sich ja
auch beim Lächeln unsere Mundwinkel nach oben verziehen. Rufen wir "Hurra" oder
"Tor", werfen wir die Arme automatisch in die Höhe.
Alle freudigen und einladenden Bewegungen haben die Tendenz nach oben.
Bewegungen, mit der Tendenz nach unten wirken ernst und oft negativ, z.B.
wegwerfende Bewegungen, abwertende Bewegungen, müde Bewegungen,
pessimistische Bewegungen.

Gestik               Richtung Innen-Außen

Wir unterscheiden die Gesten, die mehr nach innen gerichtet sind, also dem Körper
zugewandt, und die Gesten, die in die Außenwelt weisen.

Ein introvertierter Mensch wird sich hauptsächlich mit folgenden Gesten ausdrücken:

•   kleine Gesten
•   unscheinbare Gesten
•   runde Gesten
•   nach innen gerichtete Gesten
•   sich abschirmende Gesten
•   Sprechen mit schützender Hand vor dem Mund
•   aufgestützter Arm
•   sämtliche Schutzgesten
•   geschlossene Hände
•   Blick nach innen gerichtet, leise Sprechweise
•   eher langsame Gesten

Der extrovertierte Mensch dagegen wird vorwiegend folgende Gesten benutzen:

•   große Gesten
•   impulsive Gesten
•   offene Haltung
•   offene Handstellung
•   nach außen gerichtete Gesten
•   schnelle Gesten
•   einladende Gesten
•   Blick sehr wach in die Außenwelt gerichtet
•   laute Sprechweise
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                 32

Die 7 Bewegungsgruppen der Kinesik

1. Die Gestik der Sympathie

   offene, weiche Bewegungen, Tendenz nach oben gerichtete Bewegungen,
   einladende Bewegungen, fließende Bewegungen, verbindende Bewegungen.

2. Die Gestik der Antipathie

   sich abschließende, sich nicht verbindende, harte Bewegungen, sich abwenden,
   Verweigern des Blickkontakt, sich seitlich wegdrehen, wegwerfende
   Bewegungen, negative Bewegungen, abstoßende Bewegungen

3. Die Gestik der Ratlosigkeit und Unsicherheit

   formlos, vage, ziellos, Achselzucken, flatternde Bewegungen, Rudern mit den
   Händen in der Luft, zitternde Bewegungen

4. Die Gestik des Deutenden, Belehrenden

   Zielstrebige Bewegungen, sehr bestimmte Bewegungen, klare, eindeutige
   Bewegungen, mit dem Zeigefinger deuten, befehlende Bewegungen, stark nach
   außen gerichtete Bewegungen

5. Die Gestik der Nachdenklichkeit und Bedächtigkeit

   in sich gekehrte Bewegungen, langsame Bewegungen, in sich ruhende
   Bewegungen, sich mit der Hand abschirmen vor der Außenwelt, oft Augen zu,
   kleine Bewegungen, Zeigefinger seitlich an die Nase gelegt, Kinn reiben, Kopf
   kratzen, Fingerspitzen an die Stirn gelegt, mit der Hand durch die Haare fahren

6. Die Gestik der Entrüstung und des Zorns

   kraftvolle Bewegungen, Fäuste ballen, Faust auf den Tisch schlagen, Hände in
   die Hüfte gestemmt, mahnende Bewegungen, mit Finger oder Hand drohen,
   Hände eindringlich schütteln.

7. Die Gestik der räumlichen Bewegungen

   dazu gehört alles, was mit den Händen als groß, klein, zierlich, dick, klobig
   angedeutet werden kann.
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Übungen
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                34

Der Rede-Beginn

Entspannte                 •    Leicht gegrätschte Beine (Füße ca. 20 - 30 cm
Standposition                   auseinander, Fußspitzen nach außen).
(Sollte einige Male
geübt werden!):            •    Locker in den Knien.

                           •    Schultern leicht fallenlassen.

                           •    Bauch- und Gesäßmuskeln entspannen.

                           •    Arme leicht angewinkelt, Hände schweben in
                                Bauchnabelhöhe vor dem Körper.

Auftritt und Rede:         •    Entspannte Standposition einnehmen
                                (vom Rednerpult einen halben Schritt zurück).

                           •    Blickkontakt aufnehmen.

                           •    Dann Blick auf's Konzept, Lesen des ersten
                                Stichwortes.

                           •    Hochschauen und mit der Rede beginnen.

                           •    Ständig Blickkontakt suchen.

                           •    Immer wieder kurz auf das Stichwortkonzept
                                schauen, Stichwort aufnehmen, hochsehen und frei
                                weiterreden; Kontakt zum Stichwortkonzept nicht
                                abreißen lassen.

                           •    Pausen nicht vergessen.

                           •    Hände weg vom Rednerpult = Gestik.

Fricke: Frei reden, Köln 1985, S. 89
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                     35

Ratschläge für einen schlechten Redner.

Fang nie mit dem Anfang an, sondern immer drei Meilen vor dem Anfang!

Etwa so:
"Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Thema des heutigen Abends komme,
lassen Sie mich Ihnen kurz..." Hier hast Du schon so ziemlich alles, was einen
schönen Anfang ausmacht:

eine steife Anrede; den Anfang vor dem Anfang; die Ankündigung, daß und was Du
zu sprechen beabsichtigst, und das Wörtchen kurz. So gewinnst Du im Nu die
Herzen und die Ohren der Zuhörer.

Denn das hat der Zuhörer gern: daß er Deine Rede wie ein schweres Schulpensum
aufbekommt; daß Du mit dem drohst, was Du sagen wirst, sagst und schon gesagt
hast. Immer schön unverständlich.

Sprich nicht frei - das macht einen so unruhigen Eindruck. Am besten ist es, Du liest
Deine Rede ab. Das ist sicher, zuverlässig, auch freut sich jedermann, wenn der
lesende Redner nach jedem Viertelsatz mißtrauisch hochblickt, ob auch noch alle da
sind.

Wenn Du gar nicht hören kannst, was man Dir so freundlich rät, und Du willst
durchaus und durchum frei sprechen ... Du Laie! Du lächerlicher Cicero! Nimm Dir
doch     ein    Beispiel an    unseren    professionellen       Rednern,    an   den
Reichstagsabgeordneten - hast Du die schon mal frei sprechen hören? Die schreiben
sich sicherlich zu Hause auf, wenn sie "Hört! Hört!" rufen..., ja also, wenn Du denn
frei sprechen mußt:

Sprich wie Du schreibst. Und ich weiß, wie Du schreibst. Sprich mit langen, langen
Sätzen - solchen, bei denen Du, der Du Dich zu Hause, wo Du ja die Ruhe, deren Du
so sehr bereitet, genau weißt, wie das Ende ist, die Nebensätze schön
ineinandergeschachtelt, so daß der Hörer ungeduldig auf seinem Sitz hin und her
träumend, sich in einem Kolleg wähnend, in dem er früher so gern geschlummert hat,
auf das Ende solcher Periode wartet... nun, ich habe Dir eben ein Beispiel gegeben.
So mußt Du sprechen.

Fang immer bei den alten Römern an, und gib stets, wovon Du auch sprichst, die
geschichtlichen Hintergründe der Sache. Das ist nicht nur deutsch - das tun alle
Brillenmenschen. Ich habe einmal an der Sorbonne einen chinesischen Studenten
sprechen hören, der sprach glatt und gut französisch, aber er begann zu allgemeiner
Freude so:
"Lassen Sie mich Ihnen in aller Kürze die Entwicklungsgeschichte meiner
chinesischen Heimat seit dem Jahre 2000 vor Christi Geburt..."

Er blickte ganz erstaunt auf, weil die Leute lachten. So mußt Du das auch machen.
Du hast ganz recht, man versteht es ja sonst nicht, wer kann denn das alles
verstehen, ohne die geschichtlichen Hintergründe... sehr richtig"! Die sind doch nicht
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                 36

in Deinen Vortrag gekommen, um lebendiges Leben zu hören, sondern das, was sie
auch in den Büchern nachschlagen können ... sehr richtig! Immer gib ihm Historie,
immer gib ihm.

Kümmere Dich nicht darum, ob die Wellen, die von Dir ins Publikum laufen, auch
zurückkommen - das sind Kinkerlitzchen. Sprich unbekümmert um die Wirkung, um
die Leute, um die Luft im Saale, immer sprich, mein Guter. Gott wird es Dir lohnen.

Du mußt alles in die Nebensätze legen. Sag nie. "Die Steuern sind zu hoch." Das ist
zu einfach: Sag: "Ich möchte zu dem, was ich soeben gesagt habe, noch kurz
bemerken, daß mir die Steuern bei weitem...", so heißt das.

Trink den Leuten ab zu ein Glas Wasser vor - man sieht das so gern.

Wenn Du einen Witz machst, lach vorher, damit man weiß, wo die Pointe ist.

Eine Rede ist, wie könnte es anders sein, ein Monolog. Weil doch nur einer spricht.
Du brauchst auch nach vierzehn Jahren öffentlicher Rednerei noch nicht zu wissen,
daß eine Rede nicht nur ein Dialog, sondern ein Orchesterstück ist: eine stumme
Masse spricht nämlich ununterbrochen mit. Und das mußt Du hören. Nein, das
brauchst du nicht zu hören. Sprich nur, lies nur, donnere nur, geschichtele nur.

Zu dem was ich soeben über die Technik der Rede gesagt habe, möchte ich noch
kurz bemerken, daß viel Statistik eine Rede immer sehr hebt. Das beruhigt
ungemein, und da jeder imstande ist, zehn verschiedene Zahlen mühelos zu
behalten, so macht das viel Spaß.

Kündige den Schluß Deiner Rede lang vorher an, damit die Hörer vor Freude nicht
einen Schlaganfall bekommen (Paul Lindau hat einmal einen dieser gefürchteten
Hochzeitstoaste so angefangen: " Ich komme zum Schluß"). Kündige den Schluß an,
und dann beginne Deine Rede von vorn und rede noch eine halbe Stunde. Die kann
man mehrere Male wiederholen.

Du mußt Dir nicht nur eine Disposition machen, Du mußt sie den Leuten auch
vortragen - das würzt die Rede.

Sprich nie unter anderthalb Stunden, sonst lohnt es sich gar nicht, erst anzufangen.
Wenn einer spricht,
müssen die anderen zuhören, das ist Deine Gelegenheit! Mißbrauche sie!

(Kurt Tucholsky)

Quelle: P. Ebeling; Das große Buch der Rhetorik
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Gesammelte Schnellsprechsätze
Auf dem Türmchen steht ein Würmchen mit dem Schirmchen unterm Ärmchen.
Kommt ein Stürmchen, bläst das Würmchen mit dem Schirmchen unterm Ärmchen
von dem Türmchen.

Bald blüht breitblättriger Wegerich, breitblättriger Wegerich blüht bald.

Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid.

Brauchbare Bierbrauersburschen brauen brausendes Braubier.

Die Cottbusser Postkutscher putzen den Cottbusser Postkutschkasten.

Der fließende Fluß voller Floße und flößenden Schiffern.

Der Leutnant von Leuthen befahl seinen Leuten, nicht eher zu läuten, bis der
Leutnant von Leuthen seinen Leuten das Läuten befahl.

Der Zweck hat den Zweck, den Zweck zu bezwecken, wenn der Zweck seinen Zweck
nicht bezweckt, hat der Zweck keinen Zweck.

Die Katze frißt den Spatz.

Die Katze tritt die Treppe krumm, die Treppe tritt die Katze krumm.

Ein krummer Krebs kroch über eine krumme Schraube.

Ein krummköpfiger, kürbisgroßer, grasgrüner grauer Karnickelkopf.

Ein stolzer Student stieß an einen spitzen Stein und stolperte.

Ein Krähe kratzt den Backtrog aus.

Es gibt nicht so viel Tag' im Jahr, als wie der Fuchs am Schwanz hat Haar.

Es kann vorkommen, daß die Nachkommen mit dem Einkommen nicht auskommen
und daran umkommen.

Es saßen zwei zischende Schlagen zwischen zwei spitzen Steinen und zischten sich
zuweilen an.

Es wollte ein Kätzchen Knoten kau'n, es kaut ein Kätzchen Knoten.

Es klapperten die Klapperschlagen, bis ihre Klappern schlapper klangen.

Zinnoberrotes Flanell-Läppchen.

Zwischen zwei Zwetschgensteinen zwitschern zwei Schwalben.
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer             38

Milch macht müde Männer munter.

Öffne mir, schleichender Schließer, das schlotternde Schloß.

König Kuno klaut Kaisers Kleider.

Esel essen Nesseln gern, Nesseln essen Esel gern.

Fetter Speck schmeckt der Schnecke schlecht, schlecht schmeckt der Schnecke
fetter Speck.

Fischers Fritze fischt frische Fische.

Fritz-Franz Fräderich fragt nach Fritz-Frank Flederwisch.

Große Krebse krabbeln in dem Kober.

Helene hält helle Halbe in den Händen.

Hinkende Helden hauen helle Hellebarden mit Handschuhen.

Hinter Hansens Hühnerhaus hüpfen hundert Hasen raus.

In Baden-Baden baden Baden-Badener gern.

In Ulm, um Ulm und um Ulm herum.

Kaiser Karl kann keine Kartoffelklöße kochen.

Keine kleinen Kinder können Kirschkerne knacken, keine Kirschkerne können kleine
Kinder knacken.

Kleiner Zwerg schießt schwarzes Schwein, schwarzes Schwein schießt kleiner
Zwerg.

Koalition und Kanalisation.

Meister Müller, mahl mir eine Metze-Mehl; meine Mutter muß mir morgen Milchmus
machen.

Meßwechsel, Wachsmaske - Wachsmaske, Meßwechsel.

Nachbars Hund heißt Kunterbunt, Kunterbunt heißt Nachbars Hund.

Nichts ist fertig! Erst dann, wenn ich sag' fertig, dann ist fertig fertig.

Schneiders Schere schneidet schnell.

Sechsundzwanzig Stück sächsische Schuhzwecken.
Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer                   39

Staunend stand ich am Gestande, stieß den Stock an einen Stein.

Thomas trank tausend Tassen Tee, tausend Tassen Tee trank Thomas.

Vor dem Scheibenschießschützenhaus schätzen Schützen Schießdistanzen.

Wegen der Wecken weckt der Wecker den Bäcker, er muß sich strecken, regen und
recken wegen der Wecken. Rege, strecke, recke dich! Backe, Bäcker, Wecken für
mich.

Wenn vor Fliegen Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach.

Wer nichts weiß und weiß, daß er nichts weiß, weiß viel mehr als der, der nichts weiß
und nicht weiß, das er nichts weiß.

Wie oft ess' ich Essig, ess' ich Essig im Salat.

Wir Wiener Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüßten, wo
warmes Wasser wäre.
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