Romantische Liebe gesund?", 3. Grazer Psychiatrisch-Psychosomatische Tagung, 18 - 20.01.2007 in Graz
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Romantische Liebe Vortrag auf der Tagung “Macht Liebe gesund?”, 3. Grazer Psychiatrisch- Psychosomatische Tagung, 18. – 20.01.2007 in Graz Christoph Klotter HS Fulda
Romantische Liebe 1. Eine große Liebe Ludwig Tieck (1773 – 1853) Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773 – 1798)
Romantische Liebe Wackenroder: „Aber ich schwör´ es Dir bei den Seligkeiten, die ich je in den erhabensten Stunden von Deinen Lippen geküsst und aus Deinen Augen getrunken habe ...”
Romantische Liebe Schmitt: „Die Einheit des leeren blauen Himmels ist die Einheit des weiblichen Bewusstseins, die Einheit des Obelisken ist die Einheit des männlichen Bewusstseins. (Schon daraus ergibt sich, dass Freud ein Schwein ist.)”
Romantische Liebe Wackenroder: „Um Himmels Willen, wie ist das möglich ... Das ist ja ganz schrecklich ... Das ist mir das schauerlichste, ich kann es gar nicht vergessen.”
Romantische Liebe 2. Das Programm der romantischen Liebe
Romantische Liebe Romantik Wegbereiterin der und Gegenbewegung zur Moderne Individualisierung Zwänge des Zivilisationsprozesses lockern
Romantische Liebe Romantische Liebe = Gegengift zur Liebe als Lüge, Täuschung und Manipulation
Romantische Liebe Julius in „Lucinde“: „Ja! Ich würde es für ein Märchen gehalten haben, dass es solche Freude gebe und solche Liebe, wie ich nun fühle, und eine solche Frau, die mir zugleich die zärtlichste Geliebte und die beste Gesellschaft wäre und auch eine vollkommene Freundin. >>
Romantische Liebe >> Denn in der Freundschaft besonders suche ich alles, was ich entbehrte und was ich in keinem weiblichen Wesen zu finden hoffte. In dir habe ich es alles gefunden und mehr als ich zu wünschen vermochte: aber du bist auch nicht wie die anderen.“
Romantische Liebe Julius: „Du fühlst alles ganz und unendlich, du weißt von keinen Absonderungen, dein Wesen ist Eins und unteilbar. Darum bist du so ernst und so freudig: darum nimmst du alles so groß und so nachlässig, und darum liebst du mich auch ganz und überlässt keinen Teil von mir etwa dem Staate, der Nachwelt oder den männlichen Freunden. Es gehört dir alles und wir sind uns überall die nächsten und verstehen uns am besten.”
Romantische Liebe 3. Romantik versus Lebenskunst
Romantische Liebe Madame de Merteuil: „Was haben Sie denn eigentlich getan, was ich nicht tausendfach übertroffen hätte? Sie haben viele Frauen verführt, sogar zugrunde gerichtet: aber welche Schwierigkeiten haben Sie zu brechen gehabt? Welche Hindernisse zu überwinden? Wo ist darin das Verdienst, das wirklich Ihnen gehört? Ein schönes Gesicht, reiner Zufall; gute
Romantische Liebe >> Manieren, die Übung fast immer verleiht; Geist allerdings, den zur Not aber Geschwätz ersetzen würde; eine Unverschämtheit, die ziemlich lobenswert ist, die Sie vielleicht aber einzig und allein der Mühelosigkeit Ihrer ersten Erfolge verdanken – das sind, irre ich nicht, alle Ihre Hilfsmittel.”
Romantische Liebe Madame: „Diese Art von Studium fing mir bald zu gefallen an; doch meinen Grundsätzen treu und in dem vielleicht instinktiven Gefühl, dass niemand meinem Vertrauen ferner stehen müsse als mein Gatte, beschloss ich, gerade deswegen, weil ich viel empfand, mich vor seinen Augen unempfindlich zu zeigen. Diese anscheinende Kälte war in der Folge die unerschütterliche Grundlage seines blinden Vertrauens.”
Romantische Liebe Grazián: „Über sein Vorhaben in Ungewissheit lassen. Mit offenen Karten spielen ist weder nützlich noch angenehm. Indem man seine Absicht nicht gleich kundgibt, erregt man die Erwartung, zumal wenn man durch die Höhe seines Amts Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit ist. Bei allem lasse man etwas Geheimnisvolles durchblicken und errege, durch seine Verschlossenheit selbst, Ehrfurcht.”
Romantische Liebe Grazián: „Abhängigkeit begründen. Wer klug ist, sieht lieber die Leute seiner bedürftig als ihm dankbar verbunden; sie am Seil der Hoffnung zu führen, ist Hofmannsart, sich auf ihre Dankbarkeit verlassen Bauernart, denn letztere ist so vergesslich als erstere von gutem Gedächtnis.”
Romantische Liebe 4. Radikalisierung des Lebens durch romantische Liebe Der Kult der Aufrichtigkeit Die unglückliche Liebe Die Verfolgung des anderen
Romantische Liebe Lespinasse: “Mir will es scheinen, als spräche ich nur noch mit Ihrem Schatten. Alles, was mir an Ihnen vertraut war, ist verschwunden. Kaum noch werden Sie in Ihrer Erinnerung die Spuren jener Zuneigung finden, die Sie während der letzten Tage, die Sie in Paris weilten, beseelten und erregten, und das ist auch besser so. Sie wissen nur zu gut, dass wir uns darin einig >>
Romantische Liebe >> waren, Weichherzigkeit sei ein Merkmal der Mittelmäßigkeit, während Ihr Charakter Sie zur Größe bestimmt, Ihre Talente Sie zum Ruhm verurteilen. Überantworten Sie sich also Ihrem Schicksal, und gestehen Sie es sich ein, dass Sie nicht für dieses süße und nach innen gerichtete Leben geschaffen sind, das der Zärtlichkeit und des Gefühls bedarf.”
Romantische Liebe 5. Die Funktion der Romantik Der Bürger: öffentliche Rolle, privates Glück Der Bürger: rationale Planung der Welt und Liebesehe Der Schutz durch Romantik
Romantische Liebe Gezähmte Romantik Sicherheit versus Romantik Aufklärung und radikale Romantik
Romantische Liebe 6. Was übrig bleibt I
Romantische Liebe Bruyn: „Tiecks Krise in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts war auch eine der gesamten Frühromantik. Das >Athenaeum < war eingegangen, Wackenroder war 1798, Novalis 1801 gestorben, Friedrich Schlegel hatte Berlin verlassen, sein Freund Schleiermacher hatte 1802 eine Predigerstelle im hinterpommerschen Stolp angenommen und auch Tieck hatte Berlin den Rücken gekehrt.”
Romantische Liebe Verdrängung der radikalen Romantik Überwintern in der Lebensreformbewegung im 19. Jhd. Einfließen in links- und rechtsradikale Bewegungen im 20. Jhd.
Romantische Liebe Schmitt: “Den deutschen Romantikern ist eine originelle Vorstellung eigentümlich: das ewige Gespräch; Novalis und Adam Müller bewegen sich darin als der eigentlichen Realisierung ihres Geistes. Die katholischen Staatsphilosophen, die man in Deutschland Romantiker nennt, weil sie konservativ und reaktionär waren und mittelalterliche Zustände idealisierten, de Maistre, Bonald und Donoso Cortes hätten ein ewiges Gespräch wohl eher für ein >>
Romantische Liebe >> Phantasieprodukt von grausiger Komik gehalten. Denn was ihre gegenrevolutionäre Staatsphilosophie auszeichnet, ist das Bewusstsein, dass die Zeit eine Entscheidung verlangt ... Alle formulieren ein großes Entweder- Oder, dessen Rigorosität eher nach Diktatur klingt als nach einem ewigen Gespräch.”
Romantische Liebe Jünger: „Dem Schritt vom romantischen Protest zur Aktion, deren Kennzeichen nun nicht mehr die Flucht, sondern der Angriff ist, entspricht die Verwandlung des romantischen in den elementaren Raum. Dieser Vorgang vollzieht sich, indem das Gefährliche, das an die äußersten Grenzen verbannt war, mit großer Geschwindigkeit in die Zentren zurückzuströmen scheint... >>
Romantische Liebe >> Nunmehr aber flammen die gesicherten Bezirke der Ordnung selbst wie Schießpulver auf, das lange trocken gelegen hat, und das Unbekannte, das Außergewöhnliche, das Gefährliche wird nicht nur das Gewöhnliche – es wird auch das Bleibende.”
Romantische Liebe 7. Was übrig bleibt II Roland Barthes: „Fragmente einer Sprache der Liebe“
Romantische Liebe Barthes: „Die Mechanik der Lehnspflicht des Liebenden setzt eine bodenlose Belanglosigkeit voraus. Denn damit die Abhängigkeit ganz rein in Erscheinung treten kann, muss sie sich unter den lächerlichsten Begleitumständen äußern und aufgrund allzu großen Kleinmuts uneingestehbar werden: >>
Romantische Liebe >> einen Telefonanruf erwarten ist eine gewissermaßen zu grobe Abhängigkeit; ich muss sie über alle Grenzen hinaus verfeinern: also werde ich mich über das Geschwätz der Klatschbasen aufregen, das mich in der Apotheke aufhält und meine Rückkehr an den Apparat verzögert.”
Romantische Liebe Barthes: „Hier beginnt ein ewiger Hunger, der niemals gesättigt wird: Er besteht in einem innerlichen Gieren und Trachten der liebenden Kraft und des irdischen Geistes nach einem überirdischen Gute. Und diese Begierde des Geistes nach einem Genuss, zu dem der Geist von Gott eingeladen und angeeifert wird, die will sich mit aller Macht erfüllen.”
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