Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick

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Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick
Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch
     Längst besiedelt Rotwild weit mehr als nur die für ihre Patentjagd bekannten Gebirgskantone.                              Für die Schweizer heißt das nicht,
                                                                                                                                                                       Zeitraum des Beginns regelmäßiger Rotwildbejagung in den Schweizer Kantonen
     Auch in Schweizer Revierkantonen taucht nun Rotwild auf. Doch nicht überall ist man mit der                               dass sie blind oder naiv wären, wenn
     Wildart eng vertraut, und auch die jagdlichen Vorgaben können von Kanton zu Kanton ganz                                   es um zukünftige Herausforderungen
                                                                                                                               und Probleme geht. Der gravierende
     unterschiedlich sein. Fest steht nur: Die Wildart ist auf dem Vormarsch!
                                                                                                                               Unterschied liegt im Zugang zum
                                                                                                                               Wildtier und dessen Daseinsrecht;

                                        R   otwild breitet sich derzeit in der
                                            Schweiz aus, doch auch wenn es
                                        Bedenken von forstlicher Seite gibt,
                                                                                  hingewiesen. Soll heißen: Auf Aus-
                                                                                  breitungshindernisse wie überstarke
                                                                                  Bejagung im Raum Genf, auf intensive
                                                                                                                               wobei ein Teil der Erklärung in der
                                                                                                                               Vergangenheit zu finden ist. Die Aus-
                                                                                                                               rottung aller Schalenwildarten – mit
                                        „rotwildfreie Zonen“ sind für die         Kulturlandschaftsnutzung im angren-          Ausnahme des Gamswildes – und der
                                        Eidgenossen kein Thema. Reinhard          zenden Frankreich oder auf unterbro-         darauffolgende Schwenk zu Schutz-
                                        Schnidrig, der Leiter der Sektion Wild-   chene Wanderkorridore.                       und Schongebieten begründen wohl
                                        tier und Artenschutz im Bundesamt         Für einen Österreicher, der mit dem          auch die heutige Haltung. Dieser mar-
                                        für Umwelt bringt es auf einen kurzen     Thema vertraut ist, scheint es kaum          kante Wendepunkt im Umgang mit
                                        Nenner: „Wo Lebensraum, da Lebens-        vorstellbar, dass jemand vom Umwelt-         dem Wildtier sitzt tief im Gedächtnis
                                        recht.“ Die Hirsche kommen, es gibt da    ministerium in Wien kommt und fest-          der Eidgenossen. Er bestimmt noch
                                                                                                                                                                                                                                                   vor 1951
                                        und dort Handlungsbedarf, aber das        stellt, dass erst etwa 50 % des natür-       heute den Umgang mit dem Wildtier.                                                                                  zwischen 1951 und 1970
                                        heißt nicht, dass von vornherein Aus-     lichen Verbreitungsgebietes durch            Dennoch, die Schweizer sind prag-                                                                                   zwischen 1971 und 1990
                                                                                                                                                                                                                                                   nach 1990
                                        schlusszonen für diese Wildart beste-     den Rothirsch im Land besiedelt sind         matisch und suchen nach Wegen
         ROTWILD IN DER                 hen. Im Gegenteil, bei einer Rotwild-     und dass die kontinuierliche weitere         für einen möglichst konfliktfreien
                                                                                                                                                                       Im 19. Jahrhundert wurde der Rothirsch in der Schweiz ausgerottet. Im 20. Jahrhundert breitete
       KULTURLANDSCHAFT                 tagung im letzten August hat der Ver-     Ausbreitung nicht verhindert werden          Umgang im Rahmen der kantona-
                                                                                                                                                                       sich die Wildart kontinuierlich nach Süden und Westen aus, wobei zunächst der Alpenraum
              Von Hubert Zeiler         treter des Bundes sogar auf aktuelle      soll, sondern im Gegenteil: Es gilt,         len Vorgaben. Das gilt für den Hirsch
                                                                                                                                                                       eingenommen wurde.
                                        Probleme für die weitere Ausbreitung      Ausbreitungshindernisse abzubauen.           genauso wie für den Wolf.         >>>

                                                                                                                                                                                                                                  FOTOS: M. STAEHLI, H. ZEILER, GRAFIK: WALD UND HOLZ 7/10, ODERMATT & RÜEGG

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Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick
IM REVIER • ROTWILD IN DER KULTURLANDSCHAFT                                                                                                                                                                                          ROTWILD IN DER KULTURLANDSCHAFT • IM REVIER

                                                                                                                          Pflanzenfressern der wichtigste Ein-
                                                                                                                          flussfaktor auf die Bestandesdynamik!
                                                                                                                          Jäger, Wölfe, Verkehr, Krankheiten oder
                                                                                                                          Konkurrenz modifizieren die Entwick-
                                                                                                                          lung; das heißt, diese Einflussfaktoren
                                                                                                                          gestalten die Bestandesstruktur, sie
                                                                                                                          regulieren auch mehr oder weniger –
                                                                                                                          der eigentliche „Motor“ ist aber das
                                                                                                                          Nahrungsangebot.
                                                                                                                          Dort, wo die Lebensräume weniger
                                                                                                                          produktiv und die Winter streng sind,
                                                                                                                          ist der Einfluss von Jäger und Wolf
                                                                                                                          stärker. Das war bisher in den Gebirgs-
                                                                                                                          kantonen der Fall. Heute kommt die
                                                                                                                          Wildart jedoch ins Schweizer Mittel-
                                                                                                                          land, in typische Rehreviere mit milden
                                                                                                                          Wintern, hohen Stickstoffeinträgen aus
                                                                                                                          der Landwirtschaft und viel Grünland,
                                                                                                                          welches das ganze Jahr Äsung bietet.
                                                                                                                          Damit gewinnt der wichtigste Einfluss-
                                                                                                                          faktor – das Nahrungsangebot – an
                                                                                                                          Einfluss und Bedeutung, während die

                                                                                                        FOTO: H. ZEILER
                                                                                                                          Wirkung des Faktors Jagd abnimmt.

                                                                                                                          Jagdlicher Fleckerlteppich
         Die Gebirgsregionen stellen ideale Sommerlebensräume für das Rotwild dar. Diese können                           In der Schweiz liegt die Jagdhoheit bei       Das Rheintal zwischen Grabs und Vaduz ist dicht besiedelt, dennoch überwintern hier –
         von ihm auch uneingeschränkt genutzt werden, da die Jagdzeit erst im Herbst beginnt.                             den Kantonen, daher hat jeder Kanton          je nach Witterung – oft einige Hundert Stück Rotwild ohne Fütterung.
                                                                                                                          seinen Zugang zu Jagd und Wildtier –
                                                                                                                          und der kann sehr unterschiedlich sein.
         Vergangenheit und Gegenwart                     und Westen aus, wobei zunächst der                               Vorauszuschicken ist hier auch, dass es       den, davon 41 % Hirsche, 39 % Tiere           ist jedes Stück in frischem Zustand der
         Im 19. Jahrhundert wurde der Rot-               Alpenraum eingenommen wurde. Zu                                  für den Rothirsch in der Schweiz zwei         und 20 % Kälber. Zum Vergleich: Allein        Wildhut vorzuweisen.
         hirsch in der Schweiz ausgerottet. 1875         Beginn des 21. Jahrhunderts begann                               Schonzeitenregelungen gibt. Auf Bun-          in der Steiermark wurden 2019/20 laut         Die Einteilung nach Altersklassen bei

                                                                                                                                                                                                                                                                   FOTOS: H. ZEILER, P. EGGENBERGER
         gab es erste griffige Schutzbestimmun-          die Besiedlung der Voralpen, des Jura                            desebene ist die Wildart im gesamten          Meldung 12.359 Stück Rotwild erlegt,          den Hirschen gibt es zwar nach der
         gen. Die Wiederbesiedlung erfolgte              sowie des Schweizer Mittellandes.                                Land von Anfang Februar bis Ende Juli         davon 28 % Hirsche, 40 % Tiere und            Jagd am Papier, generell erfolgt die
         dann gegen Ende des 19. Jahrhun-                Gleichzeitig stiegen die Bestände.                               geschont. Beinahe in allen Kantonen ist       der Rest Kälber. Graubünden führt die         Freigabe jedoch nach Geweihmerkma-
         derts aus Vorarlberg nach Graubün-              Dabei ist einzuwerfen: In der Schweiz                            sie zudem im Jänner geschont. Auch im         jährliche Streckenstatistik mit rund          len – wobei einmal der Kronenhirsch
         den. Im 20. Jahrhundert breitete sich           wird Rotwild nicht gefüttert. Dennoch                            August jagt der weitaus überwiegende          5.500 Stück an, danach folgen bereits         als Maßstab dienen kann, ein andermal
         die Wildart kontinuierlich nach Süden           ist das Äsungsangebot bei großen                                 Teil noch nicht auf den Rothirsch, und        weit dahinter das Wallis mit etwa             der Sechser. Egal, welche Merkmale zur
                                                                                                                          im Dezember gibt es von den 26 Kan-           2.000 und das Tessin mit 1.900 Stück.         Anwendung kommen, die Streckensta-
                                                                                                                          tonen nur in sieben eine Schusszeit –         Jagdliche Regelungen in Kurzform hier         tistiken zeigen, dass der Anteil an rei-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Forschung als
                                Aus der Geschichte heraus verstehen                                                       im Rest der Schweiz beginnt bereits           wiederzugeben ist eigentlich ein Ding         fen, alten Hirschen sehr gering ist. Viele                                      Entscheidungsgrundlage
          Ob Wallis, Graubünden oder Tessin: Geht        Hoheit beim Kanton – er teilt die Reviere                        Anfang Dezember die Schonzeit.                der Unmöglichkeit. Stellvertretend für        Hirsche werden in der Mittelklasse                                              Die völlig andere geschichtliche Ent-
          es um jagdliche Traditionen, dann können       ein und vergibt diese auch. Die Ausrottung                       Wobei hier auch noch anzumerken ist,          die Patentkantone sei hier vereinfacht        erlegt. Ob dieses Konzept in Zukunft bei                                        wicklung der Schweizer Jagd erklärt
          diese kaum verstanden werden, wenn             fast aller Schalenwildarten war eine Folge
                                                                                                                          dass die Wildart in jenen Kantonen,           die Regelung für die Hochjagd in Grau-        zunehmenden Rotwildbeständen auf-                                               heute auch die verschiedenen Wege
          nicht auch der kulturelle Hintergrund mit-     von fehlendem Jagd- und Wildschutz. Das
                                                                                                                          wo sie noch nicht wirklich Fuß gefasst        bünden angeführt: Die Bündner Jäger           geht, wird sich weisen. Begründet wird                                          im Umgang mit unserer größten hei-
          einbezogen wird. Der Zugang zur Jagd ist       Jagdregal stand ehemals im deutschspra-
                                                                                                                          hat, ganzjährig geschont ist. Das gilt        dürfen während der Hochjagd im Sep-           es mit einfachen Ansprechmerkmalen.                                             mischen Schalenwildart. Nachdem
          in der gesamten Schweiz geprägt vom            chigen Raum dem Adel zu, der auch streng
          Befreiungsdrang der Eidgenossen, die sich      darüber wachte. Diese Kontrolle fehlte im                        vor allem für das Mittelland und Teile        tember nur Hirsche und nicht führende         Vielleicht wird aber irgendwann auch                                            das Jagdrecht in der gesamten Schweiz
          keinen Obrigkeiten unterwerfen wollen.         Bund zunächst. Es mag eine Ironie der                            des Jura. Also, allein die Schuss- und        Tiere erlegen. Das heißt, Kälber, füh-        dem Schweizer Jäger zugetraut, dass er                                          vom Kanton ausgeht, ist es wesentlich
          Das mussten schon die Habsburger einse-        Geschichte sein, dass in etwa zu jener Zeit,                     Schonzeitenregelungen ergeben                 rende Tiere, aber auch beidseitige Kro-       den Hirsch einer Altersklasse zuordnen                                          leichter, Schutz- und Schongebiete ein-
          hen – sie konnten ihre Hausmachtansprü-        wo der Adel in Mitteleuropa sein Vorrecht                        bereits ein abwechslungsreiches Bild,         nenhirsche mit mehr als 60 cm Stan-           kann. Während der Patentjagd ist der                                            zurichten, aber auch wildbiologische
          che letztendlich nicht gegen den eidgenös-     auf das Jagdregal verlor – womit auch der                        wobei generell die langen Schonzeiten         genlänge sowie Spießer, deren Stangen         Jagddruck hoch. Im Wallis soll außer-                                           Grundlagenforschung kann viel einfa-
          sischen Bund durchsetzen. In den Gebie-        Wildschutz in vielen Regionen dahin war –,                       und eher kurze Schusszeiten dominie-          länger als die Lauscher sind, sind nicht      halb der Jagdschongebiete nach zwei                                             cher durchgeführt werden. In der Regel
          ten mit romanischen Wurzeln ist die Jagd       die Schweizer ihren Wildschutz etablier-                         ren.                                          frei. Ohne zusätzliche Jagd im Novem-         Wochen Jagd kaum ein Stück Rotwild                                              werden die Kosten auch von Kanton
          nicht an den Besitz von Grund und Boden        ten. Nachdem es dann eigentlich zu spät                          Auch die Strecken unterscheiden sich          ber und Dezember wäre die Regulation          überleben. Bei den Abschüssen gibt es                                           und Bund getragen. Angewandte Wild-
          gebunden – das heißt, dem Jäger steht es       war, führten sie Schutzgebiete und Wild-
                                                                                                                          im Kantonsvergleich derzeit noch mar-         der Rotwildbestände in Graubünden             hier allerdings sehr wenig Einschrän-                                           tierforschung als Grundlage für Ent-
          frei zu jagen, wo er will. In jenen Teilen     hut ein, sodass der Wildhüter, den es im
                                                                                                                          kant. 2017 wurde die bisher höchste           jedoch nicht möglich. Das heißt, auf          kungen. Die Schongebiete werden im                                              scheidungen im Wildtiermanagement
          der Schweiz, die stärker auf germanische       feudalen System hierzulande ja auch gab,
                                                                                                                          Strecke beim Rotwild erzielt. In der          Kalb und Tier sowie jenen Teil, der nicht     Wallis alle fünf Jahre erneuert – das                                           gehört zu den Merkmalen, welche den
          Abstammung zurückschauen, ist auch das         letztendlich in der Schweiz bis heute sei-
          Reviersystem zu finden. Allerdings liegt die   nen Dienst tut.                                                  gesamten Schweiz sind in diesem Jahr          erfüllt wurde, wird dann nochmals im          heißt, oft wird einfach nur die Talseite                                        Schweizer Ansatz kennzeichnen. Dabei
                                                                                                                          rund 14.500 Stück Rotwild erlegt wor-         Zuge der „Sonderjagd“ gejagt. Generell        gewechselt.                                                                     zählen private Firmen und Büros zu

30                                                                                                                                                DER ANBLICK 10/2020                                                                                                                                                                           31
Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick
IM REVIER • ROTWILD IN DER KULTURLANDSCHAFT                                                                                                                                                                                                                                  ROTWILD IN DER KULTURLANDSCHAFT • IM REVIER

                                                                                                                                               wintern hier – je nach Witterung – oft              sprich Endenzahl. Die Alterspyramide bei
                    Aktuelle Verbreitung des Rothirsches in der Schweiz                                                                        einige Hundert Stück Rotwild ohne Fütte-            den Hirschen sowie der starke Kahlwild-                            Die Schweizer diskutieren gerade
                                                                                                                                               rung. Allein, es muss nicht immer Teleme-           überhang im zentralen Hegegebiet zählen                            auf Bundesebene, ob es nicht
                                                                                                                                               trie sein, auch mit Ohrmarken markierte             zu den Herausforderungen für die St. Gal-                          sinnvoll wäre, Ausbreitungshin-
                                                                                                                                               Stücke geben Einblick. Vor allem junge              lener Jäger. Daneben steht aber auch die                           dernisse abzubauen. In weiterer
                                                                                                                                               Hirsche wandern weit, Strecken bis 26 km            Wanderbewegung der Wildart in einem                                Folge könnte Rotwild selbst alle
                                                                                                                                               Luftlinie vom Markierungsort gehören                Reviersystem sehr stark im Fokus, weil                             potenziellen Lebensräume wieder-
                                                                                                                                               zwar zu den Spitzenwerten, sie zeigen               Rotwild nicht nur über Reviergrenzen,                              besiedeln.
                                                                                                                                               aber eindrucksvoll, welche Räume Rotwild            sondern auch über Kantonsgrenzen wech-
                                                                                                                                               auch in einer dicht besiedelten Kultur-             selt. Das heißt: Reviergrenzen, kurze Jagd-
                                                                                                                                               landschaft nutzt. Fest steht: Ohne Winter-          zeiten und wanderndes Rotwild ergeben
                                                                                                                                               fütterung muss Rotwild wandern dürfen!              eine Kombination, welche die Revierjä-
                                                                                                                                               Das tun die Hirsche in der Schweiz, und             ger vor eine echte Herausforderung stel-

                                                                                                         GRAFIK: INFOFAUNE, SWISSTOPO (2019)
                                                                                                                                               das wird ihnen auch zugestanden. Sig-               len. Die Schonzeit ab Anfang Dezember
                                                                                                                                               ner betont, dass über die Forschung nicht           erschwert die Jagd, weil das Wild je nach
                                                                                                                                               nur handfeste Fakten erhoben werden,                Witterung und Schneelage in die Vorla-
                                                                                                                                               Rotwildprojekte zeigen in der Regel ein-            gen zieht oder in den Hochlagen bleibt.
                                                                                                                                               drucksvoll, dass über Kantons- und Lan-             Je nachdem tut sich ein Teil der Reviere
                                                                                                                                               desgrenzen hinaus zusammengearbei-                  mit der Abschusserfüllung schwer. Fakt
                                                                                                                                               tet werden muss. Gemeinsame Projekte                ist: Während der letzten fünf Jahre hat der
      In der Schweiz gibt es keine Freizonen für Rotwild, dennoch ist nicht das ganze Bundesgebiet

                                                                                                                                                                                                                                                 FOTO: M. SCHÜTTE
                                                                                                                                               haben dazu auch immer einen kommuni-                Rotwildbestand trotz Abschusserhöhung
      besiedelt. Ursache hierfür sind Ausbreitungshindernisse wie überstarke Bejagung oder die
                                                                                                                                               kativen Mehrwert.                                   und verstärkter Erlegung von weiblichem
      intensive Nutzung der Kulturlandschaft.
                                                                                                                                                                                                   Wild zugenommen. Der Bestand konnte
                                                                                                                                               Modell Sankt Gallen                                 nicht stabilisiert werden, wohl auch weil
     den wichtigen Partnern. Sie stellen heute          Diese saisonalen Wanderungen – oft                                                     Im Kanton Sankt Gallen leitet Dominik               die Lebensraumkapazität noch nicht voll                          in der Schweiz führt dazu, dass laufend     Jagd. Was sie jedoch könnten, das wäre
     ein Bindeglied zwischen Forschung, Ana-            über weite Strecken – sind generell ein                                                Thiel das Amt für Natur, Jagd und Fische-           ausgeschöpft ist.                                                neue Lebensräume von der Wildart besie-     der Aufbau einer günstigen Bestandes-
     lyse und praktischer Umsetzung dar. Auch           Charakteristikum für die Raumnutzung                                                   rei. Sie lesen richtig: Naturschutz, Jagd           Das war auch eine der zentralen Aussagen                         delt werden. Das ist auch gewollt. Wenn     struktur. Dazu müsste man den Rothirsch
     die Wildhut ist nicht mehr wegzudenken,            durch Rotwild in der Schweiz. Das kann                                                 und Fischerei stehen unter einer Leitung!           bei der Schweizer Rotwildtagung. Die der-                        Jäger diese Entwicklung nicht aufhalten     aber nicht nur nach der Endenzahl anspre-
     wenn es um Datenerhebung oder tatkräf-             sein, wenn in Graubünden die Hirsche im                                                Dr. Thiel ist Zoologe, Jäger und Wildbio-           zeitige Bestandesdynamik beim Rotwild                            können, dann ist das kein Versagen der      chen ...
     tige Mithilfe bei Projekten geht. Claudio          Herbst aus dem Nationalpark ziehen, das                                                loge; er schafft es, zwei Landnutzungsfor-
     Signer von der Forschungsgruppe Wild-              kann aber auch in Sankt Gallen sein, wenn                                              men gemeinsam mit dem Naturschutz so
     tiermanagement „WILMA“ berichtete im               das Rotwild vom Grabser Berg ins Rhein-                                                zu koordinieren, dass keine Seite benach-
     Zuge der Schweizer Rotwildtagung über              tal zieht. Das Rheintal zwischen Grabs und                                             teiligt wird. Das hat enorme Vorteile, weil
     laufende und abgeschlossene Projekte in            Vaduz ist dicht besiedelt, dennoch über-                                               damit Interessenkollisionen zwischen
     der Schweiz. Die ersten Markierungen gab                                                                                                  Behörden vermieden werden. Verein-
     es bereits Ende der 1950er-Jahre in Grau-                                                                                                 facht heißt das: Man spart sich unnöti-
     bünden. In den 1970er-Jahren haben die                                                                                                    gen „Reibungsverlust“, gerade wenn es
     Bündner fast 500 Stück Rotwild markiert,
     um die Wanderrouten vom Schweizer                   Für                                                                                   um Arten wie Wolf oder Hirsch geht. Soll
                                                                                                                                               heißen, ein und derselbe Amtsleiter ist für
     Nationalpark in die umliegenden Gebiete
     besser zu verstehen. Seitdem gibt es im
                                                         Ratefüchse                                                                            das Wolfskonzept des Kantons genauso
                                                                                                                                               zuständig wie für das Rotwildkonzept. Er
     Nationalpark sowie in ganz Graubünden               Was „schlüpft“ aus diesem Hexenei?                                                    leitet Naturschutzprojekte ebenso wie die
     laufend Besenderungen und Markierun-                Lösung Seite 80                                                                       Pachtvergabe der Reviere.

                                                                                                                                                                                                 G E T R E A DY F O R AC T I O N
     gen von Rotwild – seit 1985 wurden hier                                               FOTO: M. GARBER                                     Dabei gibt es kein Revier, das nur von
     über 1.000 Stück markiert. Im Wesent-                                                                                                     einem einzelnen Jäger gepachtet wird.
     lichen waren dabei Wildhüter und Park-                                                                                                    In der Regel tun sich immer mehrere
     Ranger beteiligt. Mittlerweile wurden 17                                                                                                  Jäger oder Jagdgesellschaften als Pächter
     Rotwildforschungsprojekte in der Schweiz                                                                                                  zusammen. Der Kanton ist in drei große
     durchgeführt, wobei aktuell verstärkt in
     den Voralpen und im Mittelland gearbei-
                                                                                                                                               Rotwildhegegebiete eingeteilt. Die Leiter
                                                                                                                                               dieser Hegegebiete sind Jäger, die gewählt
                                                                                                                                                                                                 M O N O B L O C D R Ü C K J AG D E D I T I O N
     tet wird. Telemetrieprojekte zeigen, dass                                                                                                 werden. Sie vertreten die Interessen der
     Rothirsche im stark besiedelten Schweizer                                                                                                 Jäger gegenüber dem Kanton und sind               Ledereinlagen in Signalorange
     Mittelland sehr unterschiedliche Raum-                                                                                                    auch Ansprechpartner für den Amtsleiter,             verleihen der dynamischen
     nutzungsmuster aufweisen. Das heißt,                                                                                                      wenn es zum Beispiel um die Abschuss-             Schaftform das gewisse Etwas
     einzelne Tiere nutzen oft nur kleine Räume,                                                                                               planung geht. Im Vorjahr wurden im Kan-
     sie bleiben ganzjährig im Siedlungsgebiet;                                                                                                ton Sankt Gallen rund 800 Stück Rotwild
     andere Tiere wandern zwischen ruhigen                                                                                                     erlegt. Bei den Hirschen gibt es keine Ein-
     Sommergebieten in höheren Lagen und                                                                                                       teilung nach Altersklassen, die Bejagung
     Wintereinständen im Tal.                                                                                                                  erfolgt aufgrund von Geweihmerkmalen,
                                                                                                                                                                                                                                                                                  Kammergriffkugel
                                                                                                                                                                                                                                                                                  Silikonball für schnelles und sicheres
                                                                                                                                                                                                                                                                                  Repetieren bei Riegeljagden
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Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick Rothirsch schweizweit auf dem Vormarsch - Der Anblick
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