Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union

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Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Mitteilungsblatt der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen
                                                               94. Jahrgang | Mai 2021

Schlüssel zur Medizin

                                                                  Künftig
                                                           unverzichtbar
                                                      – der elektronische
                                                       Heilberufsausweis

COVID-19                    Klinik und Praxis             Arzneimittel & Verordnung
Fortbildungen               Mehr neue                     Impfturbo
zu Long-COVID,              Technik im Einsatz            – auf die Praxen
Impfungen                   bei Patienten                 kommt es an
und Therapien               mit Diabetes
Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Zielgruppengenau und treffsicher.

Der Anzeigenmarkt
im niedersächsischen ärzteblatt

      Hannoversche Ärzte-Verlags-Union GmbH, Karl-Wiechert-Allee 18-22, 30625 Hannover
                                   Telefon 05 11 / 3 80 - 22 82, Telefax 05 11 / 3 80 - 22 81
         Online-Anzeigenaufgabe: info@haeverlag.de oder unter www.haeverlag.de/service
Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Editorial

                         Ohne eHBA geht’s bald nicht
                         mehr
                                                              Liebe Kolleginnen und Kollegen,
                                                              sehr geehrte Damen und Herren,

                                                              allmählich sollten wir uns beeilen. Die digitale Vernetzung
                                                              unseres Gesundheitswesens verdichtet sich. Ohne den elek-
                                                              tronischen Heilberufsausweis (eHBA) geht in Kliniken und
                                                              Praxen bald nicht mehr viel. Auf dem Pfad zur Digitalisierung
Fotos: C. Wyrwa, H. Preller

                                                              des deutschen Gesundheitswesens hat es viele Umwege ge-
                                                              geben, den Königsweg gibt es vielleicht gar nicht, und Bau-
                                                              stellen bleiben. Aber mit dem neuen Heilberufsausweis

                                                                                                                                                                   Fotos: KVN
                                                              erreicht die Entwicklung ein wichtiges Etappenziel. Alle im
                                                              Gesundheitswesen Tätigen müssen jetzt aufpassen, nicht auf
                                                              der Strecke zu bleiben.

                                                              Ob wir es begrüßen oder nicht – die Telematik-Infrastruktur
                                                              im Gesundheitswesen führt zu einem Paradigmenwechsel.
                                                              Erste Signale dafür waren die elektronische Versichertenkarte
                                                              und der elektronische Medikationsplan. Jetzt geht es weiter:
                                                              Gesetzlich Versicherte haben seit Jahresbeginn einen Anspruch
                                                              auf die elektronische Patientenakte. Demnächst kommt das
                                                              eRezept. Ab 1. Oktober – so jedenfalls die derzeitige Planung
                                                              – wird die elektronische Übermittlung der Arbeitsunfähig-
                                                              keitsbescheinigung an die Krankenkassen Pflicht. Das ist
                                                              kein Testlauf mehr. Ein Kernbereich der Alltagsversorgung
                                                              kommt auf die Datenautobahn.

                              Der Schlüssel dazu ist der elektronische Heilberufsausweis. Er ist in Zukunft unerlässlich für die Nutzung der vorgeschriebenen
                              Anwendungen. Auch wenn es gute Gründe gab, die Digitalisierung des Gesundheitssystems erst einmal abzuwarten – jetzt
                              sollten Sie auf den fahrenden Zug aufspringen. Bestellen Sie Ihren eHBA möglichst umgehend – im Mitgliederservice auf der
                              Webseite der Ärztekammer Niedersachsen. Denn für die Prüfung und Freigabe der Anträge sowie die Produktion des
                              Ausweises wird Vorlauf benötigt. Und ob der Gesetzgeber die Fristen noch einmal verlängert, ist nicht ausgemacht.

                              Gesetzlich vorgeschrieben ist der neue Ausweis ohnehin. Aber wir sollten ihn nicht einfach als Gängelung durch die
                              Legislative abtun. Er steht auch für den Einstieg in eine neue Epoche. Die Digitalisierung wird der Medizin ganz neue
                              Handlungsfelder erschließen. Nicht zuletzt die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie komfortabel und sicher die
                              kontaktfreie Übermittlung von Daten sein kann: Es ist gewiss im Sinne der meisten Patientinnen und Patienten, wenn ihre
                              Krankengeschichte, ihre Notfalldaten und ihr Medikationsplan in ihrer elektronischen Akte hinterlegt werden können. Der
                              schnelle Zugriff darauf kann bei einer Einweisung ins Krankenhaus lebensrettend sein. Auch dafür wird der eHBA benötigt.
                              Nicht nur in den Praxen – auch in Krankenhäusern und Kliniken ist er künftig unabdingbar.

                              Mit kollegialen Grüßen

                              Dr. med. Martina Wenker                               Mark Barjenbruch
                              Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen             Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen

                              Dr. med. Marion Charlotte Renneberg                   Dr. med. Jörg Berling
                              Vizepräsidentin der Ärztekammer Niedersachsen         Stellv. Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen

                              5 | 2021                                                                                                                        3
Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
8
Für das Vortragsprogramm des Weser-Ems-
                                                                               14
                                              Über seine Ideen für den MHH-Neubau, für
                                                                                                                           18
                                                                                            Die Versorgung von Kindern und Erwachsenen
Forums war Professor Dr. med. Claus-Henning   Maßnahmen gegen den Ärztemangel und wei-      mit Diabetes profitiert auch qualitativ von
Köhne als Vorsitzender des Oldenburger        tere Themen spricht MHH-Vizepräsident Pro-    dem vermehrten Einsatz von Hybrid-Closed-
Fortbildungsausschusses mitverantwortlich.    fessor Dr. med. Frank Lammert im Interview.   Loop-Systemen.

ÄKN
COVID-19
8 Viele Argumente fürs Impfen Weser-Ems-Forum der Be-
   zirksstellen Aurich, Oldenburg und Wilhelmshaven mit
                                                                     26 CheckPoint Sexuelle Gesundheit Die Hannöversche
                                                                        Aidshilfe bietet Tests für sexuell übertragbare Infektionen
                                                                        (STI) für sexuell aktive Menschen an.
   Vorträgen zu COVID-19 und einer Podiumsdiskussion                 27 Neues Angebot für palliative Versorgung in Barsinghausen
   mit Sozialministerin Daniela Behrens: Die Aufzeichnung               von dem neuen Verein Palliativnetz Deister-Vorland e.V.
   steht auf dem ÄKN-YouTube-Kanal zur Ansicht bereit.               27 5.200 Frauen mit Genitalverstümmelung in Niedersach-
13 Adrenalin als Mittel der Wahl Online-Fortbildung der                 sen: Der „Runde Tisch FGM“ engagiert sich für die
   Ärztekammer zum Thema „SARS-CoV-2-Impfung und                        Überwindung dieser Praxis.
   Anaphylaxie“ mit Informationen aus der Praxis von                 28 Austausch zwischen den Generationen Die Regional-
   MHH-Professorin Dr. med. Bettina Wedi und dem nie-                   gruppe Hannover des Deutschen Ärztinnenbunds (DÄB)
   dergelassenen Allgemeinmediziner Ruben Bernau.                       organisiert einen interdisziplinären Qualitätszirkel mit
                                                                        regelmäßigen Vorträgen.
Hochschulen
14 Wie sieht eine optimale Uniklinik aus? Interview mit              Qualitätsmanagement
   Professor Dr. med. Frank Lammert, dem neuen Vizeprä-              29 (an-)hören – überprüfen – bewerten Das Zentrum für
   sidenten der Medizinischen Hochschule Hannover, über                 Qualität und Management im Gesundheitswesen bietet
   den Neubau, den Ärztemangel und den Entwurf der                      Auditorentrainings für Absolventinnen und Absolventen
   neuen Approbationsordnung                                            des Kurses „Ärztliches Qualitätsmanagement“ oder In-
                                                                        teressierte aus dem Gesundheitssystem an.
Klinik und Praxis
18 Immer mehr Hybrid-Closed-Loop-Systeme im Einsatz                  eHBA
                                                                                                                                         Fotos: B. Hake, Karin Kaiser / MHH, click_and_photo / stock.adobe.com

   bei Kindern und Erwachsenen mit Diabetes: Die tech-               34 Digitaler Zwischenspurt Bald geht nichts mehr ohne
   nischen Entwicklungen verbessern die Versorgung.                     den Elektronischen Heilberufsausweis. Für viele An-
                                                                        wendungen wird er bereits im Laufe dieses Jahres
Bezirksstelle Hannover                                                  benötigt.
23 „COVID-19 wird uns noch jahrelang begleiten“ Grußwort
   von Dr. med. Thomas Buck, Vorsitzender der Bezirksstelle          Nach Redaktionsschluss
   Hannover                                                          79 MHH behandelt Sinusvenenthrombose Ein Team der
24 20 Jahre Medizinische Versorgung für Wohnungs- und                   Medizinischen Hochschule Hannover hat Erkenntnisse
   Mittellose: Rund 45.000 Fälle wurden an den Behand-                  aus Diagnostik und Therapie in der Fachzeitschrift
   lungsstandorten versorgt.                                            „Blood“ publiziert.
25 Online-Fortbildung zu „Rationierung im Gesundheits-
   wesen“ und Ethikberatung am 23. Juni

4                                                                                                       niedersächsisches ärzteblatt
Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
48
Bis Mitte August könnte die ganze Bevölke-
                                                                             52
                                               Auch dieses Jahr wieder: Der Niedersächsi-
                                                                                                                            62
                                                                                            Die Corona-Impfungen haben die Praxen mit
rung durchgeimpft sein – so eine Modellrech-   sche Gesundheitspreis wird ausgeschrieben.   einer Flut telefonischer Anfragen über-
nung des ZI. Doch ohne die Praxen geht es      Wie immer geht es um Projekte, die unser     schwemmt. Ein digitaler Sprachassistent kann
nicht. Und auf die kommt eine Menge zu.        Gesundheitswesen unmittelbar voranbringen.   helfen – und sogar selbst Termine vergeben.

KVN
Honorar & Verträge
37 Viel Arbeit für die niedersächsische Ärzteschaft im Co-
   ronajahr 2020 Ergebnisse der Honorarabrechnung
                                                                      Praxis & Versorgung
                                                                      54 Bleiben Sie im Rahmen des Üblichen Steuertipp: Achten
                                                                         Sie auf die Angemessenheit Ihrer Schenkungen – sonst
   4/2020: Große Unterschiede im Auslastungsgrad der                     kassiert der Fiskus mit
   Praxen                                                             55 MRSA im ambulanten Sektor Infostrecke Hygiene und
                                                                         Medizinprodukte: Die Ausbreitung von methicillinre-
Arzneimittel & Verordnung                                                sistenten Staphylokokken stellt den Gesundheitssektor
46 Vorsicht auch bei geringem Risiko ATIS informiert: Arz-               vor ernste Probleme
   neitherapie der Depression bei älteren Menschen mit                57 Seminarangebot der KVN
   Multi-Morbidität und Polymedikation                                58 Neuerscheinungen
48 Weshalb es auf die Praxen ankommt Hochrechnungen                   60 Meilensteine aus über 70 Jahren empirischer Finanz-
   zeigen: Bis August könnte die ganze Bevölkerung geimpft               marktforschung Bahnbrechende ökonomische Forschungs-
   sein. Aber den Praxen verlangt das eine Menge ab                      ergebnisse sorgen heute für solide Kapitalanlagen
49 Adrenalin statt Kortison? Welche Mittel bei allergischen
   Impfreaktionen?                                                    Telemedizin & Digitales
50 Impfen – Niedersachsens Vertragsärzte knacken Rekord-              62 „Die Funktionsfähigkeit der Praxis aufrecht erhalten“
   marken                                                                Der digitale Praxisassistent „Aaron“ kann helfen, die
                                                                         Flut telefonischer Impfanfragen zu bewältigen
Selbstverwaltung
51 Wir lieben Selbstverwaltung – Der Hauptausschuss Der               Politik & Verbände
   Hauptausschuss der KVN unterstützt die VV bei der                  64 Aus anderen KVen
   Kontrolle des Vorstands, berät ihn aber auch
52 11. Niedersächsischer Gesundheitspreis 2021Die neue
   Bewerbungsphase des Niedersächsischen Gesundheits-
   preises startet

                                                                                              Standards
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                                                                                              6    Aktuell
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5 | 2021                                                                                                                              5
Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Aktuell

Neuer Masterstudiengang „Versorgungsforschung“
startet zum Wintersemester in Oldenburg
Zentrale Fragen der gesundheitlichen Versorgung stehen im
Mittelpunkt des neuen Masterstudiengangs „Versorgungs-
forschung“, den die Fakultät VI Medizin und Gesundheits-
wissenschaften der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
ab dem Wintersemester 2021/22 anbietet. Die noch junge
Wissenschaftsdisziplin ist ein interdisziplinäres Forschungs-
gebiet innerhalb der Gesundheitsforschung. Sie nimmt den
Alltag gesundheitlicher Versorgung, die Bedarfe von Patien-
tinnen und Patienten und die Rahmenbedingungen für gute
Versorgung in den Blick. Dabei befasst sie sich mit allen
Bereichen der gesundheitlichen Versorgung, angefangen bei
der Prävention bis hin zur Palliativversorgung.

                                                                   Campus Haarentor der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Das interdisziplinäre und forschungsorientierte Masterstudium
dauert vier Semester und richtet sich vor allem an Interessierte
mit einem Bachelorabschluss etwa im Bereich der Gesund-            wie Technik und Digitalisierung der Versorgung, Ethik, Ge-
heits- oder Sozialwissenschaften. Der Studiengang vermittelt       sundheitsökonomie, Qualitätsmanagement und Patientensi-
ein breites Wissen über das Gesundheitssystem und dessen           cherheit. Die Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs
Organisation und soll Absolventinnen und Absolventen be-           können sowohl in der Wissenschaft als auch in Institutionen
fähigen, die Versorgung von Patientinnen und Patienten wei-        des Gesundheitswesens tätig werden. Bewerbungen sind bis
terzuentwickeln. Im Mittelpunkt des Studiums stehen Themen         zum 15. Juli 2021 möglich.                             r wbg
Digitaler Lehrärztetag für neue Teilnehmer                         DGUV-Projekt „Frühmeldeverfahren
im Praxen-Netzwerk der Oldenburger Uni                             Atemwege“ für Südniedersachsen

Das Studium an der European Medical School Oldenburg –             Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat
Groningen (EMS) setzt von Anfang an auf eine intensive prak-       ein „Frühmeldeverfahren Atemwege“ zur Betreuung von
tische Ausbildung. Das gilt sowohl für den klinischen als auch     Versicherten mit Atemwegserkrankungen entwickelt, dessen
für den ambulanten Bereich. In den ersten beiden Studienjahren     30-monatige Pilotphase im Juni 2021 startet. Arbeitsbedingte
liegt der Schwerpunkt auf Hospitationen in allgemeinmedizi-        Atemwegserkrankungen wie das Berufsasthma treten in
nischen Praxen, im dritten Jahr kommen gebietsärztliche            vielen Branchen auf. Dabei erfolgen die erste ärztliche Di-
Praxen als Ausbildungsorte hinzu. Um diese Ausbildung              agnose und Behandlung meist in der hausärztlichen Praxis,
anbieten zu können, greift die Universität Oldenburg auf ein       fachärztlich behandelt wird häufig erst in einem fort-
Netzwerk von Praxen in ganz Nordwest-Deutschland zurück.           geschrittenen Stadium.

Für die kooperierenden Praxen bieten Professor Dr. med. Mi-        Den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung werden
chael Freitag und das Team der Abteilung Allgemeinmedizin          die Erkrankungen bei begründetem Verdacht auf berufliche
der EMS am 5. Juni 2021 in der Zeit von 9.30 bis 13 Uhr den        Verursachung meist durch die ärztliche Anzeige einer Be-
zweiten digitalen Oldenburger Lehrärztetag an. Auf dem             rufskrankheit nach § 202 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB
Programm steht neben der Grundschulung der neuen Lehr-             VII) bekannt gegeben. Doch bis dahin haben viele Betroffene
ärztinnen und Lehrärzte ein Austausch für bereits teilnehmende     oft einen langen Weg hinter sich. Dabei eröffnet gerade
                                                                                                                                      Foto: M. Remmers / Universität Oldenburg

Ärztinnen und Ärzte: Neue Lehrärztinnen und -ärzte lernen          die frühzeitige Diagnose Möglichkeiten, durch geeignete
am Lehrärztetag die Besonderheiten des Curriculums der             Präventionsstrategien die Folgen einer Berufskrankheit
Uni Oldenburg kennen und werden über die strukturellen             gering zu halten beziehungsweise deren drohende Mani-
und organisatorischen Bedingungen sowie die Inhalte der            festation sogar zu vermeiden und dadurch einen Verbleib
vier jeweils einwöchigen Hospitationen informiert. r wbg           im Arbeitsleben zu ermöglichen. Das jetzt zu erprobende
                                                                   Konzept des Frühmeldeverfahrens wird auch in Südnie-
a   Anmeldungen für den Lehrärztetag bis zum 31. Mai               dersachsen angeboten.                               r wbg
    unter dem Link www.haeverlag.de/n/092

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Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Aktuell

Erfolgreicher Start der Corona-                                 Gesundheitsregionen weiter auf
Schutzimpfungen in Arztpraxen                                   Erfolgskurs – Neue Förderperiode 2021

Seit dem 7. April 2021 beteiligen sich die niedergelassenen     Die Niedersächsische Sozial- und Gesundheitsministerin Da-
Ärztinnen und Ärzte an den Corona-Schutzimpfungen – zu-         niela Behrens hat auf die neue Förderperiode 2021 für die
nächst entsprechend der geltenden Priorisierung und im          Gesundheitsregionen Niedersachsen hingewiesen. Sie sind
Rahmen limitierter Impfstoffmengen. Niedersachsens Ge-          regionale Modelle, bei denen Akteure im Gesundheitswe
sundheitsministerin Daniela Behrens und der Vorstandsvor-       sen sektorenübergreifend zusammenarbeiten. Sie vernetzen
sitzende der KVN, Mark Barjenbruch, machten sich am 23.         ambulante, stationäre und pflegerische Angebote. Aktuell
April in der Praxis von Dr. Eckart Lummert, Uetze, ein Bild     beteiligen sich 37 Landkreise und kreisfreie Städte. Das Nie-
von den Impfungen. „Die KVN befürwortet alles, was dazu         dersächsische Sozialministerium fördert zusammen mit einer
führt, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in Nie-      Reihe von Kooperationsorganisationen die Gesundheitsregio-
dersachsen möglichst früh geimpft werden – insofern ist der     nen. Daneben gibt es jährlich auch Fördermittel für besondere
Impfstart in den Praxen der Ärztinnen und Ärzte ein wichtiger   regionale Projekte, für die sich die teilnehmenden Regionen
Schritt in die richtige Richtung“, so Barjenbruch. Die Minis-   bewerben können. Die für 2021 ausgewählten Projekte sind:
terin: „Impfen gehört zum Alltagsgeschäft in den Praxen         - „Ausbildung von Mental Health Scouts an Schulen“
und die Durchimpfung der breiten Bevölkerung ist von                (Gesundheitsregion Celle)
großer Bedeutung. Es wird damit genau an der richtigen          - „Humor in der Pflege als Baustein zur Gesundheitsför-
Stelle angesetzt.“ Für eine wirklich nachhaltige Stärkung           derung“ (Gesundheitsregion Delmenhorst)
müsse allerdings noch mehr passieren, forderte der Hausarzt     - „Gemeinsam lernen und studieren in Einrichtungen der
Dr. Lummert: „Zum einen brauche es mehr Impfstoff für die           öffentlichen      Gesundheit“         (Gesundheitsregion
Praxen, zum anderen müssten möglichst schnell weitere               Göttingen/Südniedersachsen)
Ärztinnen und Ärzte in die Immunisierungen eingebunden          - „LuckyMotion - Förderschulen in Bewegung“ (Gesund-
werden.“                                               r dh         heitsregion Göttingen/Südniedersachsen)
                                                                - „Gesünder und gelassen älter werden“ (Gesundheitsregion
                                                                    Peine).
                                                                Zu den Förderorganisationen gehört auch die Kassenärztliche
                                                                Vereinigung Niedersachsen. „In einem Flächenland wie
                                                                Niedersachsen ist die Versorgungslage in den Regionen und
                                                                Kommunen die entscheidende Bezugsgröße. Nur im Zu-
                                                                sammenspiel lokal vernetzter Gesundheitseinrichtungen mit
                                                                den kommunalen Verwaltungen wird es gelingen, bedarfs-
                                                                gerechte Versorgungsangebote für unterschiedliche Ziel-
                                                                gruppen zu entwickeln und unser Gesundheitswesen zu-
                                                                kunftsfest zu machen“, kommentierte KVN-Chef Mark Bar-
                                                                jenbruch die Förderung der Gesundheitsregionen.
                                                                                                                         r ös

Erinnerung: plexus-Webinar zum Thema„Motivational Interviewing“

Solange die Pandemie das soziale Leben bestimmt, bleiben        (v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel) und seit 1999
auch die Möglichkeiten beruflicher Weiterbildung beschränkt.     Mitglied des Motivational Interviewing Network of Trainers
Eine Alternative zu Präsenzveranstaltungen ist die digitale     (MINT). In seinem Webinar wird es vor allem um praktische
Plattform plexus, die jetzt auch Webinare zum Zuschalten        Hilfestellungen und Tipps gehen, wie man in der kurzen Zeit
und live dabei sein anbietet.                                   des Praxisbesuches die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann,
                                                                dass Patienten Lebensstiländerungen umsetzen.
Die nächste Veranstaltung findet statt am Mittwoch, 26. Mai
2021, 15-16 Uhr. Ralf Demmel führt durch das Thema Moti-        Teilnahmeberechtigt an den Webinaren sind ausschließlich
vational Interviewing - Motivation zu Lebensstiländerungen      niedergelassene Ärzte und MFA aus Niedersachsen. Die
bei chronischen Erkrankungen. PD Dr. rer. nat. Ralf Demmel      Teilnahme ist kostenlos. Die Registrierung erfolgt unter
ist Psychologischer Psychotherapeut (VT), Leitender Therapeut   https://plexus-kvn.de/.                  r plexus/ KVN

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Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Beim Livetalk diskutierten auf Einladung des Oldenburger ÄKN-Bezirksstellenvorsitzenden Professor Dr. med. habil. Djordje Lazovic (Mitte):
ÄKN-Kommunikationschef Thomas Spieker (v.l.n.r.), Sozialministerin Daniela Behrens, Dr. med. Jörg Weißmann, Ärztekammerpräsidentin
Dr. med. Martina Wenker, Dr. med. Karin Bremer und Professor Dr. med. Axel Hamprecht.

Viele Argumente fürs Impfen
Weser-Ems-Forum der Bezirksstellen Aurich, Oldenburg und Wilhelmshaven mit kurzen
Vorträgen zu COVID-19 und einer Podiumsdiskussion mit Sozialministerin Daniela
Behrens: Die Aufzeichnung steht auf dem ÄKN-YouTube-Kanal zur Ansicht bereit

„Was hat die Erkrankung COVID-19 für Auswirkungen auf                    stehe vielmehr aus virusähnlichen Partikeln (virus like par-
unsere Patientinnen und Patienten und was können wir sie                 ticles), die das Spike-Protein von SARS-CoV-2 enthielten.
für sie tun?“ Mit diesen Worten eröffnete Professor Dr. med.
habil. Djordje Lazovic, Vorsitzender der Ärztekammer-Be-                 Den Schutz durch die bisher bereits eingesetzten Vakzine
zirksstelle Oldenburg, das diesjährige Weser-Ems-Forum.                  dokumentierte Hamprecht anhand von Studien und For-
Die ÄKN-Fortbildungsveranstaltung, die regelmäßig von den                schungsergebnissen und berichtete im Falle der südafrika-
Bezirksstellen Aurich, Oldenburg und Wilhelmshaven ge-                   nischen Variante B.1.351, dass hier eine reduzierte Schutz-
meinsam ausgerichtet wird, wurde in diesem Jahr am 26. April             wirkung der bisherigen Datenlage zufolge am deutlichsten
live aus den Räumen der Bezirksstelle Oldenburg übertragen;              sei. Die britische Variante B.1.1.7 sei hingegen offensichtlich
ein Mitschnitt kann weiterhin auf dem YouTube-Kanal der                  weniger problematisch in puncto Impfschutz, sagte Hamp-
Ärztekammer unter dem Link www.haeverlag.de/n/1x ange-                   recht und fasste die Erkenntnisse in der positiven Nachricht
sehen werden. „Wir haben in der Zeit seit dem Oldenburger                zusammen: „Bei allen Impfstoffen ist der Schutz vor einer
Ärztetag im November gesehen, dass auch immer mehr Pa-                   schweren Erkrankung deutlich.“ Entsprechend forderte er
tienten mit Langzeitfolgen zu kämpfen haben“, führte Pro-                am Ende seines Vortrags, bei den Impfungen an Geschwin-
fessor Dr. med. Claus-Henning Köhne, Vorsitzender des                    digkeit zuzulegen, aber auch die Fallzahlen zu senken, um
Fortbildungsausschusses der Bezirksstelle Oldenburg, in                  die Entstehung neuer Varianten unter starkem Selektions-
den Vortragsteil des Weser-Ems-Forums ein.                               druck zu verhindern. Zusätzlich werden die Impfstoffe an-
                                                                         gepasst werden müssen.
Weitere Vakzine vor der Zulassung
                                                                         Risiken für Tumorpatienten
Mit aktuellen Informationen rund um Impfstoffe und Imp-
fungen von Professor Dr. med. Axel Hamprecht, Facharzt                   Über Risiken für Tumorpatientinnen und -patienten im Zu-
für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie                 sammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung referierte Dr.
und Direktor des Universitätsinstituts für Medizinische Mi-              med. Nicola Giesen, Oberärztin der Abteilung für Hämato-
krobiologie und Virologie am Klinikum Oldenburg, startete                logie, Onkologie und Rheumatologie, Medizinische Klinik
das Programm. In einem kurzen Überblick über die vor der                 V am Universitätsklinikum Heidelberg, die dem Weser-Ems-
Zulassung stehenden Impfstoffe kündigte Hamprecht unter                  Forum digital zugeschaltet war: „Das Risiko für einen schwe-
anderem das in Tübingen entwickelte RNA-Vakzin „Cure-                    ren Verlauf ist ganz klar erhöht“, leitete Giesen ihren Vortrag
Vac“ an, dessen Phase III-Studie weit fortgeschritten sei, so-           ein und bescheinigte in einem Vergleich der verschiedenen
dass die Zulassung bis Ende des zweiten Quartals erwartet                Tumorerkrankungen den hämatologischen Erkrankungen
                                                                                                                                             Fotos: B. Hake

werde. Interessant sei ebenso der in den USA entwickelte                 das größte Risiko. An zweiter Stelle kamen die Lungen- und
Impfstoff „Novavax“, bei dem es sich im Gegensatz zu den                 Bronchialkarzinome. Dabei sei es für Tumorpatientinnen
bisher hierzulande zugelassenen Vakzinen weder um einen                  und -patienten von Vorteil, wenn ihr Krebs auf die Therapie
mRNA- noch einen Vektorimpfstoff handle. „Novovax“ be-                   anspreche, referierte Giesen aktuelle Studien-Ergebnisse.

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Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
COVID-19

Professor Dr. med. Axel        Dr. med. Nicola Giesen vom        Professor Dr. med. Jochen Casper vom   Professor Dr. med. Kasten Witt
Hamprecht, Oldenburg           Universitätsklinikum Heidelberg   Klinikum Oldenburg                     aus Oldenburg

Therapiemanagement im Falle                                      Rekonvaleszenten-Plasma bei älteren Patientinnen und Pa-
einer COVID-19-Erkrankung                                        tienten innerhalb von 72 Stunden nach dem Beginn von
                                                                 milden Symptomen zu einem leichteren Verlauf führe.
Hinsichtlich des Therapiemanagements erläuterte die Fach-        Sinnvoll sei es ferner, berichtete Giesen abschließend, ge-
ärztin für Innere Medizin, dass eine Antitumor-Therapie mit      rade bei Krebspatientinnen und -patienten, die per se ein
dem Ziel der bestmöglichen Remission auch während der            größeres Risiko für thromboembolische Ereignisse trügen,
COVID-19-Pandemie wichtig sei, um das Risiko eines               bei stationärer Behandlung für COVID-19 prophylaktisch
schweren Verlaufs zu reduzieren. Dieses Vorgehen emp-            niedermolekulares Heparin beziehungsweise bei schwere-
fehle ebenfalls die Arbeitsgemeinschaft „Infektionen in der      ren COVID-19-Verläufen auch höhere Dosen einzusetzen.
Hämatologie und Onkologie“ (AGIHO) der Deutschen Ge-
sellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie            Impfungen bei immunsupprimierten
e.V., deren Beirat Giesen angehört. Anders sei die Strategie     Patientinnen und Patienten
bei einer vorliegenden SARS-CoV-2-Infektion oder auch
bei einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung: „Hier             Über Impfungen für die heterogene Gruppe der immunsup-
ist es in den meisten Fällen sinnvoll, die Therapie wenn         primierten Patientinnen und Patienten, die zum Beispiel
möglich zu pausieren oder nicht einzuleiten, sofern es sich      eine Chemotherapie erhalten, an Autoimmunerkrankungen
nicht um Tumorerkrankungen wie etwa die akute Leukämie           leiden oder auch eine Organtransplantation hatten, sprach
handelt, wo es keine Option ist, die Behandlung zu ver-          Professor Dr. med. Jochen Casper, Facharzt für Innere Me-
schieben.“                                                       dizin, Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onko-
                                                                 logie, Palliativmedizin und Leitender Arzt für allogene
Es gebe darüber hinaus Therapieformen, von denen inzwi-          Stammzelltransplantation am Klinikum Oldenburg.
schen bekannt sei, dass sie auch bei einer SARS-CoV-2-In-
fektion sicher durchgeführt werden könnten, berichtete           „Diese Patienten haben eine hohe Mortalität mit bis zu
Giesen. Dazu gehörten zum Beispiel endokrine Therapien           40 Prozent im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion“, berichtete
bei Brustkrebs oder der Einsatz des Tyrosinkinase-Inhibitors     Casper. Deshalb habe die Gruppe eine hohe Impf-Priorität
Ibrutinib.                                                       erhalten. Doch die Frage, mit welchem Impfstoff am besten
                                                                 geimpft werden solle, lasse sich zum aktuellen Zeitpunkt
                                                                                                                                  Fotos: B. Hake, Universitätsklinikum Heidelberg, Uni Oldenburg

Als besondere Herausforderung bei immunsupprimierten             aufgrund der mangelnden Datenlage kaum beantworten.
und an COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten            Unterschiede gibt es dagegen bei den Zeitpunkten, an
berichtete Giesen von dem zum Teil mehrere Wochen an-            denen Casper eine Impfung empfahl: Im Falle von Check-
haltenden Ausscheiden von infektiösen Viren: „Dies ist ein       point- und Chemotherapien riet er zu drei Wochen Abstand
Punkt, den man beachten muss.“ Hinsichtlich der Therapie         bis zur Therapie oder der nächsten Maßnahme und nach
von COVID-19 empfehle die im April aktualisierte AGIHO-          Zelltherapien wie der CAR-T-Zellbehandlung sollte drei
Leitlinie, zu deren Verfassern Giesen gehört, für hospitali-     Monate bis zur Impfung gewartet werden. Sehr detailliert
sierte Krebspatientinnen und -patienten mit COVID-19 und         waren seine Ausführungen für Autoimmunerkrankte, wobei
Sauerstoffbedarf (Stadium WHO 4-5) sowohl Dexamethason           er darauf verwies, dass nicht alle Geimpften eine nachweis-
als auch Remdesivir oder aber unter mechanischer Beat-           bare Antikörper-Produktion gegen das Spike-Protein zeigten.
mung (Stadium WHO 6-7) dann nur Dexamethason. Au-                Deshalb stelle sich die Frage, ob diese Patientinnen und Pa-
ßerdem habe sich gezeigt, dass ein frühzeitiger Einsatz von      tienten eventuell langfristig eine dritte Impfung benötigten.

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Schlüssel zur Medizin - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
COVID-19

Neurologische Notfallversorgung

Schwere neurologische Komplikationen seien im Zusam-
menhang mit der COVID-19-Erkrankung selten, berichtete
Professor Dr. med. Karsten Witt. Im Vordergrund stünde da-
bei – auch zahlenmäßig – der Schlaganfall, sagte der Direktor
der Universitätsklinik für Neurologie am Evangelischen Kran-
kenhaus in Oldenburg: „Seit Längerem ist bekannt, dass im
Rahmen einer COVID-19-Infektion ein höheres Schlagan-
fallrisiko besteht und vor allem jüngere Menschen betroffen      Professor Dr. Dr. med. René     Professor Dr. med. Albrecht
                                                                 Hurlemann aus Bad Zwischenahn   Elsässer vom Klinikum Oldenburg
sind.“ Inzwischen sei man aber auch mit dem Post-COVID-
Syndrom konfrontiert, das in einigen Studien bis zu 70 Pro-
zent der Patientinnen und Patienten entwickelten und das
eine große Spanne an Symptomen entfalte.                         wie das Gesundheitsfachpersonal oder psychisch Erkrankte
                                                                 durch die sozialen Restriktionen, Quarantänemaßnahmen,
Auswirkungen auf die Schlaganfalldiagnostik                      Ängste und existentielle Sorgen stark belastet seien. Dabei
                                                                 stützen diese Untersuchungen laut Hurlemann die Hypo-
Der Blick auf die Versorgungsstrukturen zeige zum Beispiel       these, dass sich viele Menschen im Verlauf der Pandemie
für die USA, dass die Schlaganfalldiagnostik im Frühjahr 2020    an die veränderten Lebensumstände adaptieren konnten.
unter der ersten COVID-19-Welle um rund 40 Prozent einge-
brochen sei. Auch in Deutschland habe es in rund 1.400 ana-      Schutzfaktoren vor psychischen Belastungen
lysierten Krankenhäusern bei transitorisch ischämischen Atta-
cken einen Rückgang von 23 Prozent der Fälle gegeben.            Als Risikofaktoren für psychische Vulnerabilität habe eine
„Viele Patienten hatten Bedenken, im Krankenhaus zu liegen,      internationale Meta-Analyse dagegen unter anderem das
nachdem die Zahl der COVID-Fälle zugenommen hatte“,              weibliche Geschlecht, ein Alter von unter 40 Jahren, Er-
sagte Witt. Das sei bedauerlich, denn mit solchen Befunden       werbslosigkeit, Armut oder einen belastenden Medienkon-
sei das Risiko für einen manifesten Schlaganfall groß. Für Ol-   sum rund um das Thema COVID-19 identifiziert, sagte der
denburg seien die Zahlen jedoch trotzdem konstant geblieben,     Referent, der per Video zugeschaltet war. Zugleich hätten
es habe während des ersten Lockdowns höchstens ein marginal      sich aber auch Schutzfaktoren herauskristallisiert wie die
geringeres Aufkommen an Schlaganfallpatienten gegeben.           Vermittlung von Experten-Wissen zu COVID-19, vertrau-
                                                                 ensvolle therapeutische Arzt-Patient-Allianzen oder auf der
Einen deutlichen Rückgang in der Zeit des Lockdowns im           persönlichen Ebene auch optimistische Bewältigungsstrate-
Frühjahr 2020 hat es allerdings laut Witt bei Patientinnen       gien. Zu den besonders belasteten Gruppen zählte Hurle-
und Patienten mit einer schweren Morbus-Parkinson-Er-            mann schwangere Frauen, häufiger von häuslicher Gewalt
krankung gegeben, die in der Regel zu elektiven Terminen         im Lockdown bedrohte Frauen und Kinder sowie unter
in die Klinik kämen: Während der ersten Welle seien die          einer verminderten Lebensqualität leidende Kinder und Ju-
Behandlungen fast zum Erliegen gekommen, sagte der Neu-          gendliche. Stark litten unter den Umständen der Pandemie
rologe und kündigte an: „Wir haben mit einer weiteren Öff-       dem Referenten zufolge außerdem psychisch Vorerkrankte,
nung der Hochschulambulanz für Patienten mit einer Par-          etwa Menschen mit Angststörungen: „Hier zeigen Studien,
kinson-Erkrankung reagiert, da wir auch wissenschaftlich         dass psychisch Erkrankte bei erneuten seuchengesetzlichen
dieses Themenfeld untersuchen.“                                  Kontaktbeschränkungen vor sozialer Isolation und Thera-
                                                                 piemangel zu schützen sind.“ Er selbst – das habe der Aus-
Risikofaktoren für psychische Morbidität                         tausch mit anderen Kliniken untermauert – plädiere zudem
                                                                 für eine personelle Verstärkung ambulanter psychiatrischer
Den psychischen Folgen des Ausbruchsgeschehens und der           Einrichtungen im Falle globaler Bedrohungen.
Maßnahmen des Gesundheitsschutzes widmete sich Pro-
fessor Dr. Dr. med. René Hurlemann, Direktor der Univer-         Längerfristige Auswirkungen der Pandemie auf die Suizid-
                                                                                                                                   Fotos: Uni Oldenburg, M. Piepho

sitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Karl-     raten seien noch nicht abzusehen, berichtete Hurlemann
Jaspers-Klinik Bad Zwischenahn. „Einsamkeit ist ein wich-        schließlich. Während die Fälle zunächst in vielen Ländern
tiger Risikofaktor für physische und psychische Morbidität       zurückgegangen seien, zeigten neuere Analysen wieder
und Mortalität“, konstatierte der Facharzt für Psychiatrie       steigende Zahlen: „Beobachtet wird auch die Zunahme von
und Psychotherapie. Aktuelle Studien belegten, dass sowohl       Suizidversuchen in Alten- und Pflegeheimen“, sagte der
die Allgemeinbevölkerung als auch besondere Gruppen              Arzt. Ein erhöhtes Risiko für die psychische Morbidität

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COVID-19

bringe zudem das Long-COVID-Syndrom mit sich: „Wir se-         das sonst dafür sorge, dass der Patient die benötigte perku-
hen therapieresistente psychotische Verläufe, schwere De-      tane Koronarintervention (PCI) frühzeitig erhalte, bedauerte
pressionen, Erschöpfungssyndrome und Angststörungen –          Elsässer. So sei es vielfach zu Verzögerungen bei der Ret-
insbesondere nach maschineller Beatmung“, informierte          tungs-Triage gekommen: „Das ist für die Patienten ein Rie-
Hurlemann.                                                     sennachteil. Denn in der Kardiologie gilt: ,time is muscle‘.
                                                               Das heißt, je länger wir warten, um die adäquate Prozedur
Auf die Innovationen in der Versorgung, die COVID-19 vo-       durchzuführen, desto mehr Herzmuskel stirbt ab und wir
rangetrieben habe, ging Hurlemann am Ende seines Vortrags      haben eine irreversible Schädigung.“ Der Kardiologe for-
ein und nannte E-Mental-Health sowie Tele-Medizin. Auf         derte deshalb, die Menschen dafür zu sensibilisieren, recht-
dem Gebiet der therapeutischen Strategien habe sich über-      zeitig zu handeln. Während der Pandemie habe sich die
dies das Instrument des „peer supports“ bewährt: zum einen     durchschnittliche Zeitspanne, in der sich ein Patient melde,
bei chronisch Erkrankten durch einen Partner, aber auch        von 80 auf 320 Minuten verlängert: „Dadurch funktioniert
zur gegenseitigen Unterstützung beispielsweise auf Inten-      unsere komplette Netzwerkstruktur nicht mehr und der Pa-
sivstationen. Die Ludwig-Maximilians-Universität München       tient kann nicht mehr die optimale Versorgung erhalten“, so
habe zudem ihre Tablet- und smartphonebasierte Krisen-         Elsässer.
hotline ebenfalls für belastete Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter geöffnet.                                               Die Zahlen aus dem Frühjahr 2020 zeigten auch für Olden-
                                                               burg einen deutlichen Rückgang bei den Aufnahmen von
COVID-19 und kardiale Erkrankungen                             Fällen mit einem akuten Koronarsyndrom. „Hier werden
                                                               wir unserem formalen Versorgungsauftrag nicht mehr ge-
„Im Gegensatz zu unseren Erwartungen als Kardiologen ist       recht“, bedauerte der Arzt. Diese Situation reduziere sowohl
das Herz überdurchschnittlich stark betroffen durch die        die Behandlungsqualität als auch die Überlebensrate. Bun-
COVID-19-Erkrankung“, leitete Professor Dr. med. Albrecht      desweit sei es zu einem Anstieg der kardialen Sterblichkeit
Elsässer, Direktor der Universitätsklinik für Innere Medi-     von 7 bis 12 Prozent gekommen.
zin – Kardiologie am Klinikum Oldenburg den letzten Bei-
trag des Vortragsteils ein. Da das SARS-CoV-2 –Virus vor al-   Versorgungsstrukturen in Pandemiezeiten
lem Zellen befalle, die auf ihrer Oberfläche sogenannte
ACE2-Rezeptoren aufwiesen, sei neben der Lunge auch das        An den Vortragsteil des diesjährigen Weser-Ems-Forums
Herz betroffen. Dabei gebe es jedoch keinen obligatorischen    schloss sich eine Podiumsdiskussion über die „Versorgungs-
zeitlichen Ablauf, wonach sich kardiale Auswirkungen erst      strukturen in Pandemiezeiten“ an. Die neue Niedersächsi-
nach einer pulmonalen Phase zeigten. „Wir hatten Patienten,    sche Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
die sich zunächst dargestellt haben als akutes Koronarsyn-     Daniela Behrens, Ärztekammerpräsidentin Dr. med. Martina
drom und in deren weiterer Diagnostik eine SARS-CoV-2-         Wenker, die Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. med.
Infektion detektiert werden konnte.“                           Karin Bremer und Dr. med. Jörg Weißmann sowie der Vi-
                                                               rologe und Epidemiologe Professor. Dr. med. Axel Hamp-
Gleichzeitig habe die COVID-19-Pandemie das ideal funk-        recht sprachen über die aktuelle Lage in den Impfzentren,
tionierende kardiologische Netzwerk stark beeinträchtigt,      Kliniken und Arztpraxen. Sozialministerin Behrens lobte im

                                                                                                                    Anzeige

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COVID-19

Ministerin Daniela Behrens      Dr. med. Martina Wenker            Dr. med. Karin Bremer           Dr. med. Jörg Weißmann

Gespräch mit ÄKN-Kommunikationschef und Moderator               vom Klinikum Oldenburg: „Ob man ins Labor geht, wo un-
Thomas Spieker das Einbinden der ambulanten Praxen in           sere Mitarbeiter jetzt seit über einem Jahr mit Volldampf ar-
das Impfgeschehen: „Das ist mehr als überfällig gewesen.“       beiten oder auf die Intensivstationen oder in die Notaufnah-
In den kommenden Wochen kämen außerdem mehr als                 men. Man merkt, dass die Leute am Ende ihrer Kräfte sind“,
sieben Millionen Impfdosen nach Niedersachsen, kündigte         sagte der Virologe und Epidemiologe und bestätigte die
Behrens an und davon gehe der meiste Impfstoff in das Arzt-     Auslastung der Intensivstationen: „In Niedersachsen sind
system: „Ich glaube, dass wir in den nächsten sechs bis sie-    aktuell mehr Patienten auf den Intensivstationen als während
ben Wochen viele, die gerne geimpft werden wollen, auch         des Peaks der zweiten Welle um den Jahreswechsel herum.
impfen können.“ Für den Sommer schlug Behrens eine ge-          Das ist ein Fakt, dass Rettungswagen längere Wege fahren
meinsame Impfkampagne mit der Ärztekammer Nieder-               müssen, weil es kein Intensivbett mehr gibt.“
sachsen vor: „Das wird perspektivisch unsere nächste Auf-
gabe sein: die Leute, die sich nicht impfen lassen möchten,     Das „Long-COVID-Syndrom“
für eine Impfung zu motivieren.“
                                                                Neben den akuten Herausforderungen der Pandemie be-
Erste Erfolge der Impfungen spürbar                             schäftigten die Diskutanten vor allem die Langzeitfolgen.
                                                                Besonders sorgte sich etwa der Emder Hausarzt Weißmann
Auf den Erfolg der bereits erfolgten Impfungen machte in        wegen des „Long-COVID-Syndroms“, das er als rätselhaft
der Talkrunde Ärztekammerpräsidentin Wenker aufmerk-            empfinde: „Wir haben das schon mehrmals gesehen, dass
sam: „Wir sehen den positiven Effekt, dass wir die maximal      zuvor völlig gesunde, relativ junge Menschen nach einer
vulnerablen Bevölkerungsgruppen wie die Bewohner von            Corona-Erkrankung lang anhaltende Leistungsschwächen
Pflegeheimen, die Schwerkranken, die Menschen mit einem         zeigten, die sich mit unseren Bordmitteln nicht objektivieren
Risiko für einen ganz schweren Krankheitsverlauf immuni-        ließen.“ Ähnliche Erfahrungen beschrieb Bremer: In ihrer
siert haben. Wir sehen jetzt noch lokale Ausbrüche in Al-       Praxis habe sie ebenfalls solche Patientinnen und Patienten,
tenheimen, aber die Menschen werden nicht mehr so               die über anhaltende Müdigkeit klagten und nicht voll ar-
schwer krank und müssen nicht mehr ins Krankenhaus.“            beitsfähig seien: „Das Frustrierende ist, dass man ihnen ne-
                                                                ben der ärztlichen Begleitung so wenig anbieten kann.“
Für weniger Bürokratie gerade im niedergelassenen Bereich
machte sich Dr. med. Karin Bremer, Fachärztin für Innere Me-    Menschen, die eine COVID-Erkrankung überstanden hätten,
dizin aus Dissen und Stellvertretende Vorsitzende der Ärzte-    aber mitnichten gesund seien, kennt Ärztekammerpräsi-
kammer-Bezirksstelle Osnabrück, stark: „Was mich am meis-       dentin Wenker ihrerseits aus der Lungenklinik: „Ein Leit-
ten umtreibt, ist die Sorge, dass unsere MFA-Teams irgendwann   symptom ist tatsächlich monatelange Erschöpfung und vor
nicht mehr können.“ Dr. med. Jörg Weißmann, ebenfalls nie-      allen Dingen auch Luftnot. Dabei sehen wir zum Teil
dergelassener Allgemeinmediziner in Emden und Vorsitzender      schwere Lungenschäden auch bei vermeintlich leichteren
der ÄKN-Bezirksstelle Aurich, stimmte zu: „Die Problematik      COVID-Verläufen“, so die Lungenfachärztin: „Für die Zu-
ist in der Tat – neben der Erkrankung selbst natürlich –, das   kunft erwarte ich eine große Zahl an Patientinnen und Pa-
                                                                                                                                Fotos: B. Hake

Team weiterhin leistungsfähig und fit zu halten.“               tienten, die wegen Long-COVID behandelt werden müssen.“

Die Erschöpfung des Personals sei in allen Bereichen greif-     Die Aufzeichnung des Weser-Ems-Forums kann jederzeit
bar, berichtete ebenso Professor Dr. med. Axel Hamprecht        über den ÄKN-YouTube-Kanal angesehen werden.      r
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COVID-19

Adrenalin als Mittel der Wahl
Online-Fortbildung der Ärztekammer Niedersachsen zum Thema „SARS-CoV-2-Impfung
und Anaphylaxie“: Tipps und Informationen aus der Praxis von MHH-Professorin Dr. med.
Bettina Wedi und dem niedergelassenen Allgemeinmediziner Ruben Bernau

Seit dem Impfstart zum Jah-                                         Vorgeschichte mit einem SARS-CoV-2-Impfstoff geimpft wer-
reswechsel beteiligen sich                                          den könne, empfahl Wedi ein Flussdiagramm des Paul-Ehr-
immer mehr Ärztinnen und                                            lich-Instituts, das unter dem Shortlink www.haeverlag.de/n/093
Ärzte an den Impfungen ge-                                          heruntergeladen werden kann.
gen SARS-CoV-2 – zunächst
in den Impfzentren und mitt-                                        Adrenalin ist der Goldstandard
lerweile auch in den Praxen.
Vor der Feststellung der Impf-                                      Wenn es aber trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer ve-
tauglichkeit sind aber im ärzt-                                     hementen anaphylaktischen Reaktion kommt, ist Wedi zu-
lichen Impfgespräch eventu-                                         folge Adrenalin das Mittel der Wahl: „Die intramuskuläre
elle Kontraindikationen zu                                          Verabreichung von Adrenalin – vorzugsweise mittels Auto-
prüfen. Sollte es zu einer                                          injektor – ist unter ambulanten Bedingungen Goldstandard
schwerwiegenden Impfkom- Professorin Dr. med. Bettina               bei der Behandlung der Anaphylaxie ab Grad II.“ Ärztinnen
plikation wie einer allergi- Wedi, Medizinische Hochschule          und Ärzte sollten sich für ein Modell entscheiden und das
                                Hannover
schen Reaktion kommen,                                              Präparat kennen, empfahl Wedi. Für die intravenöse Inter-
müssen unter Umständen                                              vention gebe es ebenfalls fertig aufgezogene Adrenalin-In-
Notfallmaßnahmen eingeleitet werden. Auf Fragestellungen            jektionen. Dabei sei nicht nur wichtig, die Medikamente
rund um das Thema „SARS-CoV-2-Impfung und Anaphylaxie“              vorzuhalten, sondern das Team müsse sich mit der Hand-
ging Professorin Dr. med. Bettina Wedi von der Klinik für           habe auskennen. Das gelte ebenso für die frühzeitigen
Dermatologie, Allergologie und Venerologie der Medizini-            Warnzeichen einer Anaphylaxie wie etwa Sehstörungen,
schen Hochschule Hannover in einer Online-Fortbildung               palmoplantarer oder genitoanaler Juckreiz und Hautrötun-
der Ärztekammer Niedersachsen am 13. April ein.                     gen. Ärztinnen und Ärzte sollten sich zusätzlich mit den
                                                                    Differenzialdiagnosen der Anaphylaxie auskennen.
Zwar sei noch nicht geklärt, wie die anaphylaktische Reak-
tion auf die SARS-CoV-2-Impfstoffe genau einzuschätzen              Seine Erfahrungen aus der Praxis ergänzte, in der Online-
sei, räumte Wedi zu Beginn ihres Vortrags ein. Wichtig sei          Fortbildung per Video zugeschaltet, Ruben Bernau, nieder-
aber, die anaphylaktischen Reaktionen gemäß der in der              gelassener Facharzt für Allgemeinmedizin in Hambergen. Er
S2-Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphy-             riet zu regelmäßigen Schulungen mit einem Indoor-Trainer,
laxie publizierten Schweregradskala zu klassifizieren, die          um dem Team in verschiedenen Szenarien Sicherheit zu ge-
auf der Webseite www.dgaki.de heruntergeladen werden                ben: „Alle müssen die eigenen Aufgaben und die Abläufe
kann. Dabei müsse die allergische Reaktion allerdings von           kennen.“ Er wisse inzwischen schon, wenn er das Zimmer be-
einer Impfreaktion abgegrenzt werden.                               trete, ob es sich um einen anaphylaktischen Fall handle und
                                                                    könne gleich reagieren: „Für solche Notfallsituationen haben
„Anaphylaxien sind sehr selten“, beruhigte Wedi die Teilneh-        wir alles, was wir an Kanülen, Hilfsmitteln und Medikamenten
merinnen und Teilnehmer der Fortbildung und meist träten sie        brauchen, in einem Set zusammengepackt“, berichtete Bernau:
in den ersten 15 bis 30 Minuten auf. Potentiell allergierelevante   „Man kann nicht erst alles Notwendige zusammensuchen,
Inhaltsstoffe in den Vakzinen von BioNTech, Moderna und             wenn der Notfall da ist“, warnte der Arzt. „Dafür haben Sie
AstraZeneca seien etwa das sogenannte PEG 2000 oder auch            keine Zeit.“ Anschließend zeigte Bernau, was sich in seinen
das Polysorbat 80. Diese Stoffe dienen dazu, das Ausscheiden        Notfall-Sets alles befindet. „Aber Adrenalin ist das Wichtigste“,
des Vakzins aus dem Köper zu verlangsamen. Obwohl sowohl            pflichtete Bernau seiner Vorrednerin Wedi bei.
das Polysorbat als auch das PEG in unterschiedlichen Mole-
kulargewichten häufig eingesetzt werde, sei die Verwendung          Die Fortbildung „SARS-CoV-2-Impfung und Anaphylaxie“
                                                                                                                                        Foto: B. Oral

des PEG 2000 neu. Habe der Impfkandidat bisher Impfungen            (2 Fortbildungspunkte) kann noch bis Ende Juni 2021 auf
oder andere Injektionen mit Polysorbat-80-haltigen Präparaten       dem E-Learning-Portal der Ärztekammer Niedersachsen
vertragen, könne er nun durchaus mit AstraZeneca geimpft            unter www.aekn-elearning.de absolviert werden.
werden: Für weitere Informationen, wer trotz medizinischer                                              r Inge Wünnenberg
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Hochschulen

Wie sieht eine optimale Uniklinik aus?
Interview mit Professor Dr. med. Frank Lammert: Der neue Vizepräsident der
Medizinischen Hochschule Hannover plädiert dafür, im Gesundheitswesen Patientinnen und
Patienten sowie deren Erkrankungen in den Mittelpunkt zu stellen

Über den Neubau des Gesundheitscampus an der Medi-
zinischen Hochschule Hannover (MHH), den herrschen-
den Ärztemangel, den Entwurf für die neue Approbati-
onsordnung und weitere Themen sprach das niedersäch-
sische ärzteblatt mit dem neuen Vizepräsidenten der MHH,
Professor Dr. med. Dipl.-Volksw. Frank Lammert. Lam-
mert trat das Amt zum 1. Februar 2021 an und ist für das
Ressort Krankenversorgung zuständig.

Herr Professor Lammert, Sie starten zu einem Zeitpunkt in
Ihr Amt, da das Universitätsklinikum neu gebaut wird. Was
sind Ihre Anforderungen an das Projekt?

Professor Dr. Frank Lammert: Der Neubau des Universitäts-
klinikums fasziniert mich und ist natürlich ein besonderer
Anspruch. Ich war jetzt mehr als 30 Jahre als Arzt und Chef-
arzt an Unikliniken in Aachen, Bonn, Boston sowie im Saar-
land und kirchlichen Krankenhäusern tätig. Zu Beginn habe
ich in Aachen studiert und anschließend die ersten 15 Jahre     Professor Dr. med. Frank Lammert, der neue Vizepräsident der MHH
dort im neuen „Großklinikum“ gearbeitet. Seitdem hat mich
die Frage beschäftigt: Wie muss die Architektur für ein Uni-
versitätsklinikum aussehen? In Aachen wirkte der Bau au-        hilfe. Diese räumliche Nähe entscheidet mit darüber, ob
ßerhalb der Stadt zwar zunächst bedrohlich, aber dort           optimale Arbeitsbedingungen herrschen.
konnten Krankenversorgung, Forschung und Lehre gut inte-
griert werden. Die Herausforderung für ein Universitätskli-     Eine Forderung der Enquetekommission „Sicherstellung der
nikum ist, dass es sowohl für Patientinnen und Patienten als    ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in
auch für die Mitarbeitenden, die dort den größten Teil ihrer    Niedersachsen – für eine qualitativ hochwertige und wohn-
Lebenszeit verbringen, optimal gestaltet sein muss. Die         ortnahe medizinische Versorgung“ des niedersächsischen
zweite Herausforderung ist, dass es zugleich auf Kranken-       Landtags ist, den Gesundheitssektor mehr aus der Perspek-
versorgung, Wissenschaft, Studium und schulische Ausbil-        tive der Patientinnen und Patienten wahrzunehmen. Wie
dung ausgerichtet sein muss. Hier an der MHH haben wir          setzen Sie das um?
die Vision, dass wir einen solchen integrierten Gesund-
heitscampus bauen mit dem Uniklinikum als Kern.                 Das ist eine zentrale Frage. Traditionell trennen wir ambu-
                                                                lante und stationäre Versorgung, aber neu ist der Begriff der
Haben Sie schon konkrete Ideen?                                 sektorübergreifenden Versorgung. Denn Kranke wissen ja
                                                                zu Beginn nicht, ob sie ambulant, stationär oder in einer Ta-
Wenn man an vielen Standorten gearbeitet hat, möchte            gesklinik am besten versorgt werden. Es ist wichtig, die oft
man das Beste aus diesen verschiedenen Klinika zusam-           ökonomisch und formal abrechnungstechnisch getriebene
menführen. Zum Beispiel kann man die Patientenversorgung        Sicht aufzulösen und die Erkrankungen und damit die Pa-
und die Lehre am Krankenbett nicht trennen, da ist die          tienten, in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn die Patientin
räumliche Nähe sehr entscheidend. Gleichzeitig wird Fle-        oder der Patient pflegebedürftig sind und viele Begleiter-
xibilität benötigt, weil man nicht alle künftigen Entwicklun-   krankungen vorliegen, wird eine andere medizinische Ver-
                                                                                                                                   Foto: K. Kaiser / MHH

gen heute schon abbilden kann. Außerdem gibt es viele Be-       sorgung benötigt als für jemanden, der bisher gesund war
reiche, von denen wir heute wissen, dass sie als Organ- und     und plötzlich akut erkrankt. Die Lebensbedingungen und
Behandlungseinheiten zusammenliegen müssen wie Herz-            die Begleiterkrankungen entscheiden darüber, ob sie am-
chirurgie und Kardiologie oder Kinderklinik und Geburts-        bulant, stationär oder eben integriert versorgt werden sollten.

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Diesen Fokus müssen wir aufnehmen. Das gilt auch für die                                                    griert wird. Durch die Neukonzeption der Gesundheits-
ärztliche und die pflegerische Versorgung, die auch künst-                                                  fachberufe und der Approbationsordnungen werden jetzt
lich getrennt werden. Für mich ist diese optimale Bereitstel-                                               Möglichkeiten eröffnet, dass Studierende der Gesundheits-
lung der medizinischen Versorgung ein Teil der Daseins-                                                     fachberufe und Medizinstudierende zusammen lernen und
vorsorge.                                                                                                   von Anfang an auch gemeinsam arbeiten.

Dem steht auch der in Niedersachsen herrschende Ärzte-                                                      Wie kann die MHH darüber hinaus dem Ärztemangel ent-
mangel entgegen: Was kann und soll die MHH aus Ihrer                                                        gegenwirken?
Sicht dagegen tun?
                                                                                                            Wichtig ist es, gut weiterzubilden, ausreichend Personal zu
Ich bin überzeugt, dass wir in Niedersachsen insbesondere                                                   gewinnen und die Arbeitsbedingungen an der MHH mit
ausreichend Hausärztinnen und Hausärzte in der Fläche                                                       den Mitarbeitenden optimal zu gestalten. Das Besondere an
und leistungsfähige Krankenhäuser benötigen. Diese beiden                                                   einer Hochschule ist, dass wir dies mit forschender Tätigkeit
bilden die Pfeiler der medizinischen Versorgung. Das zeigt                                                  und Lehre kombinieren können. Schon in der Weiterbil-
zum Beispiel das Gesundheitswesen der Niederlande mit                                                       dungszeit lernen die Ärztinnen und Ärzte, Wissen zu ver-
der Kombination aus hausärztlicher Versorgung und Fach-                                                     mitteln. An der MHH kann man außerdem den Bogen span-
kliniken. Was kann man als Medizinische Hochschule tun?                                                     nen von der individualisierten molekularen Medizin über
Zuerst natürlich, möglichst viele Medizinstudierende in                                                     die Allgemeinmedizin bis hin zur Versorgungsforschung.
Hannover optimal ausbilden. Ein wichtiger Punkt ist darüber                                                 Wir können alles erforschen: Was sind optimale Bedingun-
hinaus die interprofessionelle Ausbildung, bei der das Kon-                                                 gen für die Krankenversorgung in Klinik und Praxis?
zept der patientenorientierten Versorgung frühzeitig inte-

                                                                                                                                                                  Anzeige

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                                       S t a de Hamb ur g
           A ur ic h W il hel m s h aven
                                                                                                                    Ihre Kontakttaufnahme!
                                              L üneb
                                                   bur g

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                       Unse Sie:
                                 r
                         ce f ü
                  Ser vi
                            s t e n l o ser
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Hochschulen

Was ist konkret mit Studienplätzen? Planen Sie neue Studi-
enplätze an der MHH?

Wir würden sehr gerne die Zahl der Studienplätze weiter er-
höhen, und zwar nicht nur im Medizinstudium – da ist ja
die Zahl an der MHH kürzlich um 50 auf 320 Studierende
pro Jahr erweitert worden –, sondern insbesondere auch in
anderen Studiengängen wie Zahnmedizin, Data Science,
Pflegewissenschaften und Critical Care. Der weitere Ausbau
der Studienplätze wurde im Masterplan 2025 der MHH
festgelegt. Das ist uns wichtig, dafür benötigen wir Mittel
des Landes Niedersachsen und das betrachten wir als eine
zentrale Aufgabe für die nächsten Jahre.

Aktuell wird die Approbationsordnung überarbeitet. Was
sollte Ihrer Meinung nach darin im Hinblick auf die Ausbil-
dung der Ärzte geändert und ergänzt werden?

Der Entwurf für die Approbationsordnung wird derzeit kon-
trovers diskutiert. Ich war in die Vorbereitungen über die
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin und die Erstellung
des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalogs Me-
dizin (NKLM) intensiv eingebunden. Nach meiner Über-            Kosten zu senken. Wir haben zum Beispiel mit Virtual Rea-
zeugung ist das Ziel dieser neuen Approbationsordnung           lity in der Endoskopie und im OP gearbeitet. Diese Auf-
richtig und wichtig, nämlich den Patientenbezug der Medi-       zeichnungen sind mehrfach in den Praktika einzusetzen.
zin als Handlungswissenschaft zu stärken. Deshalb werden        Meiner Meinung nach hängt die Qualität des Medizinstudi-
in die Approbationsordnung neue Aspekte integriert. Ärz-        ums nicht vorrangig davon ab, wieviel Euro am Ende ein-
tinnen und Ärzte müssen lernen, die wissenschaftlichen Er-      gesetzt werden, sondern von der Qualifikation der Mentoren
kenntnisse auf die konkrete Situation anzuwenden und zu         und dem gemeinsamen Einsatz von Studierenden und Leh-
handeln. Manchmal ist nur wenig Zeit, und es gilt, das          renden.
Richtige im richtigen Moment zu tun. Das muss aus meiner
Sicht während des Studiums stärker berücksichtigt werden.       Ein wichtiges Thema ist auch die Weiterbildung: Wo sehen
Dazu gehört auch, das richtige Maß zu finden und sich im        Sie die Herausforderungen für die Weiterbildung an der
Gespräch mit den Kranken oder bei einem Eingriff die            MHH?
nötige Zeit zu nehmen. Manchmal muss das mehr sein, als
es das Vergütungssystem zulässt. Das ist die Kunst und          Es wurde wirklich versucht, eine neue, bessere Weiterbil-
gleichzeitig der Konflikt, der sich auch in der Approbations-   dungsordnung zu schaffen, in der realistische Inhalte und
ordnung und der Diskussion darüber abbildet. Für mich ist       Zahlen hinterlegt sind. Aber wie bei der Approbationsord-
die Kritik an dem Entwurf zur Approbationsordnung über-         nung stellt die Verordnung allein nur die Basis dar, und
zogen. Man fürchtet die Überregulierung der Prüfungen           über die Qualität der Weiterbildung entscheidet die prakti-
und des Studiums. Aber am Schluss werden wir das in den         sche Umsetzung. So hat die MHH schon 2014 unter meinem
Fakultäten vernünftig umsetzen.                                 Vorgänger Andreas Tecklenburg ein Weißbuch der Weiter-
                                                                bildung erarbeitet und erste Fundamente gelegt. Für mich
Befürchtet wird wohl eine Kostenexplosion für die Medizin-      selbst war es immer wichtig, die Weiterbildung zu leben
studienplätze und dass es am Ende nicht mehr, sondern we-       und Freiräume zu eröffnen, nicht nur Inhalte, sondern auch
niger Studierende der Humanmedizin gibt ...                     Kompetenzen zu vermitteln. An der Hochschule haben wir
                                                                den Vorteil, dass wir die Assistenzärztinnen und -ärzte von
Die Kalkulationen gehen von Mehrkosten aus. Auf der an-         Ausbildungsstufe zu Ausbildungsstufe über die Tätigkeit als
deren Seite haben wir jetzt im Rahmen der COVID19-Pan-          Fach- oder Oberärztinnen und Oberärzte hin zu Führungs-
                                                                                                                               Foto: K.Kaiser / MHH

demie eine Digitalisierung der Lehre erlebt. Das hat zwar       kräften entwickeln können. Zusätzlich gibt es die Clinician
neue technische Voraussetzungen erfordert, weil die Lern-       Scientist-Programme, die letztlich der für die Hochschulen
inhalte teilweise aufgezeichnet oder live gesendet wurden.      einmaligen Verbindung zwischen Klinik und Forschung
Dadurch besteht aber auch die Möglichkeit, mittelfristig        Rechnung tragen.

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