Schlüssiges Konzept zur Ermittlung der ange-messenen Werte der Kosten für Unterkunft und Heizung nach den SGB II und XII für die Landeshauptstadt ...

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Schlüssiges Konzept zur Ermittlung der ange-messenen Werte der Kosten für Unterkunft und Heizung nach den SGB II und XII für die Landeshauptstadt ...
Schlüssiges Konzept zur Ermittlung der ange-
messenen Werte der Kosten für Unterkunft
und Heizung nach den SGB II und XII für die
Landeshauptstadt Erfurt 2021
Amt für Soziales
Inhaltsverzeichnis                                                            Seite

 1       Einleitung                                                           3

 2       Datenschutz                                                          4

 3       Grundlagen                                                           5

 4       Konzept                                                              10

 4.1     Ermittlung des Nachfragevolumens im preiswerten Marktsegment         10

 4.2     Abgrenzung des angemessenen Marktsegmentes auf Basis von Bestands-   13
         und Neuvertragsmieten

 4.2.1   Grundlegende Informationen                                           13

 4.2.2   Bestandsmieten                                                       15

 4.2.3   Neuvertragsmieten                                                    17

 5       Betriebskosten                                                       19

 6       Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete                          20

 7       Richtwert für angemessene Heizkosten                                 21

 8       Fortschreibung                                                       22

 9       Fachbegriffe                                                         23

 10      Abkürzungsverzeichnis                                                24

 11      Literaturverzeichnis                                                 25

 12      Anlagen                                                              27
Schlüssiges Konzept 2021                                                                   3

1 Einleitung
Die Notwendigkeit, ein Schlüssiges Konzept
zur Ermittlung der angemessenen Kosten für       Die Landeshauptstadt Erfurt ist als Kommu-
Unterkunft für den örtlichen Zuständig-          ne verpflichtet, Kosten für Unterkunft und
keitsbereich des Trägers dieser Leistungen       Heizung nach den SGB II und XII im Rahmen
zu entwickeln, beschreibt Klaus Lauterbach       der Angemessenheit zu übernehmen.
(Vorsitzender Richter am Landessozialge-
richt Sachsen–Anhalt a. D.) wie folgt:           Dabei stellt die Unterkunft einen existenz-
"Nach mittlerweile ständiger und gefestig-       notwendigen Bedarf im Einzelfall dar, der
ter Rechtsprechung des BSG ist die Refe-         durch existenzsichernde Leistungen gedeckt
renzmiete für den relevanten Vergleichs-         werden muss.
raum planmäßig vorgehend auf der Grund-
lage eines schlüssigen Konzeptes zu ermit-       Die Bedarfsdeckung ist transparent, sach-
teln. Ziel ist es, dass die Begrenzung der Un-   und realitätsgerecht zu ermitteln.
terkunftskosten auf ein angemessenes Maß
überprüfbar und hinreichend nachvollzieh-        Mit diesem Konzept entspricht die Stadt-
bar ist. Es soll sichergestellt werden, dass     verwaltung Erfurt sowohl den verfassungs-
die Unterkunftskosten realitätsgerecht be-       gerichtlichen Vorgaben als auch der höchst-
rechnet werden"                                  richterlichen Sozialrechtsprechung.

Die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt         Im Folgenden werden die rechtlichen Grund-
füllt mit diesem Schlüssigen Konzept den         lagen des Schlüssigen Konzeptes, die statis-
unbestimmten Rechtsbegriff der Angemes-          tische Herleitung und Begründung der an-
senheit aus und beachtet zudem neueste           gemessenen Werte der Kosten für Unter-
Entwicklungen in der Landeshauptstadt Er-        kunft und Heizung nach den SGB II und XII,
furt.                                            die sich hieraus ergebenden Schlussfolge-
                                                 rungen sowie deren Fortschreibung be-
Die zwischenzeitlich ergangene Rechtspre-        schrieben.
chung der Sozialgerichtsbarkeit zum Thema
wurde berücksichtigt.
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2 Datenschutz
Empfänger und auswertende Stelle der Da-          schutzgesetze des Bundes und des Freistaa-
tenlieferungen der Mitwirkenden (vgl. Pkt.        tes Thüringen soll eine eindeutige und für
4.2.1) ist die Statistikstelle der Stadtverwal-   jedermann nachvollziehbare Trennung die-
tung Erfurt.                                      ser Stelle von der übrigen Verwaltung si-
                                                  chergestellt werden.
Die Landeshauptstadt Erfurt hat die Mög-
lichkeit genutzt und per Satzung (Satzung         Abschottung bedeutet hier organisatorische,
über die Kommunalstatistik der Stadt Erfurt       personelle und räumliche Trennung der Sta-
vom 20.08.1996) eine abgeschottete Statis-        tistikstelle von anderen Verwaltungsstellen.
tikstelle nach § 22 Thüringer Statistikgesetz
(ThürStatG) zur Übermittlung von Einzelda-        Die Geheimhaltung der statistischen Einzel-
ten eingerichtet.                                 angaben (§ 16 BStatG; § 17 ThürStatG) als
                                                  spezielle Form des Datenschutzes wird
Durch die Abschottung der kommunalen              dadurch gewährleistet.
Statistikstelle entsprechend der Daten-
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3 Grundlagen
Bedarfe der Kosten für Unterkunft und Hei-        bung nur bestimmte Wohnungen zu Grunde
zung (vgl. § 22 SGB II; § 35 SGB XII) werden in   (etwa ausschließlich solche des sogenann-
Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, so-          ten einfachen Standards), muss er aber
weit diese angemessen sind, übernommen.           nachvollziehbar offenlegen, nach welchen
Die Ausgestaltung des unbestimmten                Gesichtspunkten er die Entscheidung getrof-
Rechtsbegriffes der Angemessenheit, der           fen hat.
sich also nur auf die Kosten für und nicht auf
die Unterkunft selbst bezieht, obliegt den        Auf Grundlage der für dieses Konzept gelie-
Kommunen.                                         ferten Daten (vgl. Pkt. 4.2.1) hat sich die
                                                  Landeshauptstadt Erfurt für die Ermittlun-
Die Bewertung der Angemessenheit in der           gen auf den Gesamtwohnungsbestand ge-
Landeshauptstadt Erfurt erfolgt getrennt für      stützt.
die Kosten der Unterkunft und für die Hei-
zung zur Gewährleistung einer einheitlichen       Die Daten müssen, wie oben ausgeführt,
Verwaltungspraxis.                                vergleichbar sein, damit statistisch nach-
                                                  vollziehbare Schlüsse gezogen werden kön-
Das BSG führt in seiner Entscheidung vom          nen.
16.05.2012 (B 4 AS 109/11 R) aus, dass zur
Festlegung der abstrakt angemessenen Leis-        Im Rahmen der Feststellung der Angemes-
tungen für die Unterkunft zunächst die an-        senheit von Aufwendungen der Unterkunft
gemessene Wohnungsgröße und der maß-              ist grundsätzlich sämtlicher den Leistungs-
gebliche örtliche Vergleichsraum zu ermit-        berechtigten zugänglicher Wohnraum zu
teln sind. Angemessen ist eine Wohnung            berücksichtigen, so etwa auch Wohnraum,
weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung,       bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im
Lage und Bausubstanz einfachen und grund-         Zusammenhang mit einer Förderzusage
legenden Bedürfnissen entspricht und kei-         festgelegt worden ist.
nen gehobenen Wohnstandard aufweist,
wobei es genügt, dass das Produkt aus             Zur Festlegung der angemessenen Wohnflä-
Wohnfläche und Standard, das sich in der          chen ist auf die Wohnungsgrößen für Wohn-
Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen           berechtigte im sozialen Mietwohnungsbau
ist.                                              abzustellen. Die Angemessenheit richtet
                                                  sich grundsätzlich nach den Werten, die die
Für die Landeshauptstadt Erfurt existiert ein     Länder aufgrund § 10 Wohnraumförderge-
einfacher Mietspiegel.                            setz vom 13.09.2001 festgelegt haben.

In zwei zentralen Entscheidungen hat das          Für die Landeshauptstadt Erfurt sind mithin
BSG (B 14 AS 65/08 R, 20.08.2009 sowie            die Werte, die der Freistaat Thüringen auf
B 4 AS 18/09, 22.09.2009) für Träger ohne         der Grundlage der Thüringer Verwaltungs-
qualifizierten Mietspiegel Vorgaben zur Er-       vorschrift zu § 10 WoFG (Thüringer Verwal-
mittlung des abstrakt angemessenen Quad-          tungsvorschrift zum Vollzug der Bindungen
ratmeterpreises gemacht.                          geförderter Wohnungen vom 19.04.2013,
                                                  ThürStAnz. 26/2013, 985 ff i.d.F.v. 24.09.13,
Die Landeshauptstadt als Trägerin kann auf-       ThürStAnz. 43/2013, S. 1667) erlassen hat,
grund ihrer Kenntnisse der örtlichen Gege-        einschlägig.
benheiten am ehesten einschätzen, welche
Vorgehensweise sich für eine Erhebung der
grundsicherungsrechtlich erheblichen Daten
am besten eignet. Solche Ermittlungen kön-
nen sowohl auf Wohnungen aus dem Ge-
samtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer,
gehobener Standard) als auch auf Wohnun-
gen nur einfachen Standards abstellen, ge-
gebenenfalls bei "marktprägender" Stellung
auch auf Daten ausschließlich der örtlichen
Wohnungsbaugenossenschaften. Legt der
Grundsicherungsträger seiner Datenerhe-
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                        6

Dabei ist von folgenden maximalen Wohn-                          haushalte und der Anzahl sowie des Zu-
flächen auszugehen:                                              schnittes (industrielle Bauweise) betreffen-
                                                                 der Wohnungen auf dem Erfurter Woh-
         - 1 Person bis zu 45 m²,                                nungsmarkt für
         - 2 Personen bis zu 60 m²,
         - 3 Personen bis zu 75 m²,                              1 Person bis zu 48 m²
         - jede weitere Person bis zu 15 m².
                                                                 als Wohnflächenobergrenze festgelegt.
Abweichend hiervon werden für die Landes-
hauptstadt Erfurt aufgrund des überdurch-
schnittlich hohen Bedarfs für Einpersonen-

Tabelle 1:     Anzahl der vermieteten und leeren Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Abhängigkeit von
               der Wohnfläche und der Zahl der Wohnräume

             Wohnfläche          1 Raum           2 Räume          3 Räume        4 Räume        5 u. m. Räume

        bis unter 25 m²                     273             56               0              0               0

    25 bis unter 45 m²                 1.995          9.136             7.526                .               .

    45 bis unter 48 m²                      80          773             3.158                .               .

    48 bis unter 60 m²                      106       2.722            10.418            8.333            147

    60 bis unter 62 m²                      12          400             1.201            5.381             80

    62 bis unter 75 m²                      28          955             4.319            9.823          2.126

    75 bis unter 90 m²                      19          173             1.805            4.734          3.108

   90 bis unter 105 m²                        .              .            409            1.366          1.906

             über 105 m²                      .              .            145             609           2.056
Quelle: Endgültige Ergebnisse Zensus 2011

Die Tabelle 1 zeigt den Zusammenhang zwi-                        Der räumliche Bezirk als Vergleichsmaßstab
schen Wohnungsfläche und Zahl der Wohn-                          - der Vergleichsraum - (BSG, B 4 AS 30/08 R,
räume für vermietete und leerstehende                            vom 19.02.2009, "München I") zur Ermitt-
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern aus                             lung des Basiswertes Nettokaltmiete pro
den endgültigen Ergebnissen der Gebäude-                         Quadratmeter ist das kommunalverfas-
und Wohnungszählung 2011. Demnach gibt                           sungsrechtliche Gebiet des Wohnorts des
es in der Landeshauptstadt Erfurt mehr als                       Hilfebedürftigen, also das Stadtgebiet der
4.000 Wohnungen mit 45 bis 48 Quadratme-                         Landeshauptstadt Erfurt. Er ist Grundlage
tern Wohnfläche. Da der Bedarf an Wohnun-                        und Grenze für die Datenerhebung zur Er-
gen für 1-Personenhaushalte besonders hoch                       mittlung der angemessenen Miete (ThürLSG,
ist, wurde die Wohnflächenobergrenze für                         08.07.2015, L 4 AS 718/14).
diese Haushalte auf 48 Quadratmeter fest-
gelegt.                                                          Mit dem Stadtgebiet der Landeshauptstadt
                                                                 Erfurt wurde entsprechend den Anforderun-
Wohnraumförderrechtliche Sonderregelun-                          gen des Bundessozialgerichtes (BSG,
gen, die auf persönliche Lebensverhältnisse                      B 14 AS 2/10 R, 19.10.2010) ein ausreichend
des Hilfebedürftigen Bezug nehmen, sind                          großer Raum der Wohnbebauung festgelegt,
bei der Bestimmung der Wohnflächen als                           der auf Grund seiner räumlichen Nähe, sei-
Teil der Ermittlung einer abstrakt angemes-                      ner Infrastruktur und insbesondere seiner
senen Referenzmiete im Vergleichsraum                            verkehrstechnischen Verbundenheit einen
nicht      zu      berücksichtigen     (BSG,                     insgesamt betrachtet homogenen Lebens-
B 14 AS 13/12 R, vom 22.08.2012).                                und Wohnbereich bildet.
Schlüssiges Konzept 2021                                                                            7

Im Urteil vom 19.02.2009 (B 4 AS 30/08 R)                 Daher führen Umzüge innerhalb des Stadt-
führt das BSG aus, dass das Aufrechterhalten              gebietes im Sinne der höchstrichterlichen
des sozialen Umfeldes nicht bedeutet, dass                Rechtsprechung nicht zum Verlust des sozia-
keinerlei Veränderungen der Wohnraumsi-                   len Umfeldes.
tuation stattfinden dürfen. Vielmehr sind
vom Hilfeempfänger auch Anfahrtswege mit                  Die Landeshauptstadt Erfurt umfasst mo-
öffentlichen Verkehrswegen hinzunehmen,                   mentan eine Gesamtfläche von 26.988 ha;
wie sie etwa erwerbstätigen Pendlern als                  davon sind 1.360 ha Wohnbaufläche. Mit
selbstverständlich zugemutet werden.                      Stand 31.12.2020 hatte Erfurt 214.174 Ein-
                                                          wohner.
Der Personennahverkehr ermöglicht ver-
kehrstechnische Verbindungen im gesamten                  Zum 31.12.2019 gab es in Erfurt laut Thürin-
Stadtgebiet, die Ortsteile sind miteinander               ger Landesamt für Statistik insgesamt
vernetzt und stetig erreichbar.                           28.714 Wohngebäude (einschließlich Ein-
                                                          und Zweifamilienhäuser) mit 113.703 Woh-
Nach dem Urteil des BSG vom 13.04.2011                    nungen (ohne Heime und Anstalten; Fort-
(B 14 AS 85/09 R) bildet die Bundeshaupt-                 schreibung auf Basis der endgültigen Ergeb-
stadt Berlin einen einzigen Vergleichsraum.               nisse der Gebäude- und Wohnungszählung
Für die Landeshauptstadt Erfurt bedeutet                  2011).
das im Vergleich zu Berlin einen relativ klei-
nen, homogenen Vergleichsraum.

Tabelle 2:     Bestand an Mehrfamilienhäuser (mit drei und mehr Wohnungen; keine Wohnheime)
                                                                                            Anstieg
                                            31.12.2011   31.12.2016      31.12.2019
                                                                                         2011 --2019

Zahl der Mehrfamilienhäuser                      9.635        9.707           9.765            1,3 %

          Zahl der Wohnungen                   88.892       89.781           90.586            1,9 %

          Wohnfläche (100 m²)                  55.736       56.591           57.368            2,9 %
Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik

Aus den Veröffentlichungen des Thüringer
Landesamtes für Statistik zum Bestand an                  In der nachfolgenden Grafik wurde die Ver-
Wohngebäuden auf Basis der endgültigen                    teilung der vorhandenen Wohnungen
Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszäh-                  (selbstgenutzt, vermietet und leerstehend)
lung 2011 (Tabelle 2) wird deutlich, dass es              in Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern und
im Bereich der Mehrfamilienhäuser nur ei-                 der vermieteten und leeren Wohnungen in
nen marginalen Zuwachs von 1,9 Prozent bei                Mehrfamilienhäusern nach Siedlungsstruk-
den Wohnungen und 2,9 Prozent bei den                     turtyp gegenübergestellt. Unabhängig vom
Wohnungsflächen gegeben hat.                              Standard und von der Ausstattung sind
                                                          Mietwohnungen vorrangig im städtischen
Der Rückgriff auf die Daten des Zensus 2011               Siedlungsstrukturtyp und in den Gebieten
zur Ermittlung des Wohnungsgesamtbe-                      des industriellen Wohnungsbaues anzutref-
standes erscheint demnach sachgerecht. Der                fen. Demgegenüber dominieren in den dörf-
Zensus 2011 hatte das Ziel, eine möglichst                lichen Gebieten Ein- und Zweifamilienhäu-
genaue Momentaufnahme von Basisdaten                      ser, die hauptsächlich vom Eigentümer bzw.
der Bevölkerung, zur Erwerbstätigkeit und                 engen Familienangehörigen bewohnt wer-
zur    Wohnsituation        zum     Stichtag              den.
09. Mai 2011     zu     liefern   (Thür LSG,
08.07.2015, L 4 AS 718/14).
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                8

Grafik 1:     Verteilung der Wohnungen nach Siedlungsstrukturtyp

                           Verteilung der Wohnungen nach Siedlungsstrukturtyp
                                                           vermietete und leere Wohnungen in Mehrfami-
                   alle Wohnungen
                                                                            lienhäusern

                                                                                   5%
                                   17%

                                                                                         37%
                   54%
                                                                          58%
                                         29%

                                                          58%        37%
                                                                      5%
                                            dörflich   Plattenbau    städtisch
Quelle: Endgültige Ergebnisse Zensus 2011

Mit der Anzahl der Datenlieferanten sowie                     allen Stadtbereichen vorhanden sein sollten,
der Anzahl der durch sie vermieteten Woh-                     hat das BSG gerade nicht formuliert (SG Alt-
nungen und deren räumlicher Verteilung                        enburg, 05.12.2016, S 36 AS 193/15).
über das Stadtgebiet der Landeshauptstadt
Erfurt ist eine sogenannte "Ghettoisierung"                   Diese Ansicht bekräftigt das BSG nochmals
ausgeschlossen. Das BSG führt in seinem                       in seiner Entscheidung vom 17.09.2020 (B 4
Urteil vom 22.09.2009 (B 4 AS 18/09) aus,                     AS 22/20 R) in der es ausführt, dass es erst
dass es nach der Lage der Dinge ausreichend                   recht für die Schlüssigkeit eines Konzeptes
sein kann, die erforderlichen Daten bei den                   unerheblich ist, ob im Ergebnis Wohnungs-
örtlichen Wohnungsgenossenschaften zu                         angebote aus allen Stadtteilen in die Be-
erheben, wenn die für die Hilfeempfänger in                   rechnung des Konzeptes eingeflossen sind.
Betracht kommenden Wohnungen zum                              Der etwaige Umstand, dass nicht in allen
größten Teil im Eigentum dieser Genossen-                     Stadtteilen Wohnungen des einfachen
schaften stehen. Weiter stellt das Gericht im                 Standards vorhanden sind bzw. zum Zeit-
Urteil vom 19.02.2009 (B 4 AS 30/08 ) fest,                   punkt der Erhebung angeboten werden,
dass einer Ghettobildung dadurch begegnet                     stellt die Schlüssigkeit des ermittelten An-
wird, dass hinsichtlich der Referenzmieten                    gemessenheitswertes nicht in Frage.
zwar auf Mieten für "Wohnungen mit be-
scheidenem Zuschnitt" abgestellt wird, in-                    Eine stärkere Verteilung der angemessenen
soweit aber nicht einzelne, besonders her-                    Wohnungen über das Stadtgebiet wäre mit
untergekommene und daher "billige" Stadt-                     einer Überschreitung des einfachen Stan-
teile herausgegriffen werden dürfen, son-                     dards verbunden. Eine (deutliche) Über-
dern auf die Durchschnittswerte des unteren                   schreitung des vom BSG propagierten einfa-
Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet                      chen Standards würde sich indes zu Lasten
bzw. räumlichen Vergleichsraum abzustel-                      von nicht im Leistungsbezug stehenden
len ist. In diesem Schlüssigen Konzept wur-                   Mitbewerbern um Wohnungen einfachen
de entsprechend der Rechtsprechung der                        Standards auswirken, und kommt daher be-
"Ghettoisierung" entgegengewirkt, indem                       reits vor diesem Hintergrund nicht in Be-
die Datenerhebung gerade keinen gezielten                     tracht. Vielmehr sind im Rahmen der Prü-
Einfluss auf die Betrachtungsweise genom-                     fung der Schlüssigkeit des Konzeptes die
men hat und von vornherein Wohnungen in                       unterschiedlichen regionalen Verhältnisse
definierten Stadtteilen betrachtet, d.h. an-                  zu berücksichtigen, wie sie sich in Mittel-
dere Stadtgebiete ausgeschlossen hat. Die                     deutschland insbesondere aus einem großen
Forderung, dass zu der schließlich als ange-                  Anteil an Wohnungen in sogenannter Plat-
messen ermittelten Miete Wohnungen in                         tenbauweise ergeben können. Die Schlüs-
Schlüssiges Konzept 2021                                                                  9

sigkeit eines Konzeptes setzt nicht voraus,     Das BSG (B 4 AS 9/14 R, 18.11.2014) erklärt,
dass für jeden kostenunangemessen woh-          dass im Hinblick auf die Berücksichtigung
nenden Leistungsempfänger in jedem Stadt-       regionaler Umstände keine Einwände gegen
/Ortsteil zu jedem Zeitpunkt eine kostenan-     die Einbeziehung bestimmter Wohnungsty-
gemessene Wohnung vorhanden sein muss.          pen bestehen, die schon durch ihre Häufig-
Erforderlich - aber auch ausreichend - ist      keit als prägend für einfache, bescheidene,
vielmehr, dass unter Berücksichtigung der       aber gleichwohl zumutbare Wohnbedürfnis-
Unterschiedlichkeit der jeweiligen regiona-     se im Vergleichsraum angesehen werden
len Verhältnisse kontinuierlich ein ausrei-     können. Das Sächsische Landessozialgericht
chendes Wohnungsangebot vorhanden ist           konkretisiert, dass es sich bei in Platten-
(Sächsisches        LSG, L 7 AS 1001/16 B ER,   bauweise errichteten Wohnungen um Woh-
19.12.2016).                                    nungstypen handelt, die im gesamten Frei-
                                                staat Sachsen weit verbreitet sind und die
Eine gewisse Unter- und Überrepräsentation      angesichts des standardisierten günstigen
von Wohnraum im Rahmen der Mietober-            Zuschnittes dieser Wohnungen auch von
grenze in einzelnen Bereichen des Ver-          Nichtleistungsempfängern bewohnt werden
gleichsraums (z. B. in einzelnen Stadtvier-     und die einfachen und grundlegenden
teln), die sich im Großen und Ganzen die        Wohnbedürfnissen genügen (Sächsisches
Waage hält, ist nach der Rechtsprechung         LSG, L 7 AS 637/12, 19.12.2013). Diese Kon-
noch hinnehmbar und Ausdruck einer nor-         kretisierung lässt sich auf die Landeshaupt-
malen      städtischen    Siedlungsstruktur     stadt Erfurt übertragen.
(LSG Bayern, L 16 AS 127/10, 11.07.2012).
Schlüssiges Konzept 2021                                                                 10

4 Konzept
Mit dem Urteil B 4 AS 18/09 R vom              gleichbarkeit>, Differenzierung nach Woh-
22.09.2009 hat das BSG die Anforderungen       nungsgröße. Außerdem sind Angaben über
an ein schlüssiges Konzept vorgegeben. Au-     den Beobachtungszeitraum, Festlegung der
ßerdem wurde der Begriff „Konzept“ defi-       Art und Weise der Datenerhebung (Erkennt-
niert und dann ergänzend festgelegt, was in    nisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativi-
diesem Sinne „schlüssig“ bedeutet. In der      tät des Umfangs der einbezogenen Daten,
Urteilsbegründung heißt es wie folgt:          Validität der Datenerhebung, Einhaltung
                                               anerkannter       mathematisch-statistischer
„Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen      Grundsätze der Datenauswertung und An-
des Grundsicherungsträgers im Sinne der        gaben über die gezogenen Schlüsse (z.B.
systematischen Ermittlung und Bewertung        Spannenoberwert oder Kappungsgrenze)
genereller, wenngleich orts- und zeitbeding-   notwendig."
ter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfäl-
le im maßgeblichen Vergleichsraum und          Das hier verfolgte Konzept orientiert sich an
nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall    den von Analyse & Konzepte (a & k, Bera-
zu Fall.                                       tungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien
                                               und Tourismus mbH, 22761 Hamburg) sowie
Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindes-     vom Institut Wohnen und Umwelt (IWU;
tens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:    Rheinstr. 65, 64295 Darmstadt) entwickel-
                                               ten Methoden und gliedert sich in 3 Teile:
Die Datenerhebung darf ausschließlich in
dem genau eingegrenzten und muss über          1)   Ermittlung des Nachfragevolumens im
den gesamten Vergleichsraum erfolgen (kei-          preiswerten Marktsegment
ne Ghettobildung). Es bedarf einer nachvoll-   2)   Abgrenzung des angemessenen Markt-
ziehbaren Definition des Gegenstandes der           segmentes auf Basis von Bestands- und
Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnun-           Neuvertragsmieten
gen (Differenzierung nach dem Standard der     3)   Ermittlung Betriebs- und Heizkosten
Wohnungen), Brutto- und Nettomiete
Schlüssiges Konzept 2021                                                                     11

Transferleistungs- und Wohngeldempfänger
in Abzug gebracht werden, die ermittelte            Die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt
Differenz mit einem Prozentsatz Nied-               Erfurt berechnet nunmehr die Nachfrager-
rigeinkommensbezieher multipliziert wird,           gruppe unter Zuhilfenahme des Anteils der
auf das so ermittelte Produkt die Transfer-         sozialversicherungspflichtig      Vollzeitbe-
leistungs- und Wohngeldempfänger addiert            schäftigten der Kerngruppe am Wohnort im
werden und hernach der prozentuale Anteil           Alter von 15 bis unter 65 Jahren im unteren
an der Zahl der Gesamthaushalte der Ge-             Entgeltbereich. Dieser Anteil beträgt zum
bietskörperschaft ermittelt wird.                   Stichtag 31.12.2020 für Erfurt bezogen auf
                                                    die gesamte Bundesrepublik Deutschland
Die Landeshauptstadt Erfurt hat sich dafür          30,5 Prozent. Grundlage für diese Aussage
entschieden, der Empfehlung des vormali-            ist eine Sonderauswertung der Bundesagen-
gen Bundesministeriums für Verkehr, Bau             tur für Arbeit mit Stand Dezember 2020.
und Stadtentwicklung in Heft 142 "Kosten
der Unterkunft und Wohnungsmärkte" (Ber-            Die BBSR-Online-Publikation Nr. 08/2015
lin, 2009) zu folgen, die entsprechende For-        "Wohnsituation und Wohnkosten von Haus-
mel aber unter Berücksichtigung und Aus-            halten     im   Niedrigeinkommensbereich"
wertung neuer Literatur und damit verbun-           (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raum-
den neuer Erkenntnisse umzusetzen.                  forschung im Bundesamt für Bauwesen und
                                                    Raumordnung, Bonn, 2015) geht davon aus,
In der Empfehlung wird dargestellt, dass            dass 50 % der Haushalte im Niedrigein-
bundesweit rund 9 % aller Haushalte zur             kommensbereich Transferleistungen bezie-
Gruppe der Niedriglohnbezieher ohne Trans-          hen. In der Publikation wird zugleich festge-
ferleistungsbezug einschließlich Wohngeld-          stellt, dass der Transferleistungsbereich
empfängern zählen (a. a. O. S. 87) und diese        nicht größer als der Niedrigeinkommensbe-
Zahl als Ausgangsbasis der Nachfragerhaus-          reich sei.
halte zur weiteren Berechnung genutzt wer-
den könne.                                          Da es sich bei dieser Zahl trotzdem nur um
                                                    eine Näherung handelt, wird der Anteil der
Eine Verwendung der genannten Prozent-              Nachfragerhaushalte (inklusive Transferleis-
sätze erscheint aufgrund des Zeitpunktes            tungs- und Wohngeldempfänger) mit einem
der Ermittlungen der angegebenen Werte              Sicherheitsaufschlag von 10 % versehen. Die
sowie örtlicher Gegebenheiten nicht ange-           Berechnungsformel ist in Grafik 2 darge-
zeigt.                                              stellt.

Grafik 2:     Formel zur Berechnung der Nachfragerhaushalte

Aus Daten des Amtes für Soziales wurden             tag 31.12.2020 nach Haushaltsgrößen er-
die Empfänger von Sozialleistungen zum              mittelt.
Stich-
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                                  12

Tabelle 3:    Zahl der Empfänger von Sozialleistungen zum 31.12.2020 in der Landeshauptstadt Erfurt
                                                                                              4 und mehr
                                              1-Personen-     2-Personen- 3-Personen-                             alle
                                                                                               Personen-
                                               haushalt        haushalt    haushalt                             Haushalte
                                                                                               haushalt

       Bedarfsgemeinschaften (SGB II)               4.981           1.640            1.038           1.267           8.926
                   Wohngeldempfänger
                                                    1.383             392              206             456           2.437
                  (ohne Heimbewohner)
  Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII)                 445               80                8               3             536

              Grundsicherung (SGB XII)              1.872             228                 4               5          2.109

                                   Summe            8.681           2.340            1.256           1.731          14.008
Quelle: Amt für Soziales, Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Referat 26 Wohnungsbau, Wohnungsbauförde-
rung
Stand: 31.12.2020

                                                                    wurde anhand des Modells der Haushalte-
Diese Empfänger von Sozialleistungen wie-                           generierung auf Basis der im Melderegister
derum wurden ins Verhältnis gesetzt zur                             gemeldeten Bürger zum 31.12.2020 ermit-
Zahl der Haushalte in den einzelnen Grö-                            telt.
ßengruppenklassen. Die Zahl der Haushalte

Tabelle 4:    Berechnung des Anteils der Nachfrager nach preiswertem Wohnraum zum 31.12.2020 in der
              Landeshauptstadt Erfurt
                                                                                              4 und mehr
                                              1-Personen-     2-Personen- 3-Personen-                             alle
                                                                                               Personen-
                                               haushalt        haushalt    haushalt                             Haushalte
                                                                                               haushalt

                Haushalte nach HHGen*             56.229           34.968          12.761          10.320         114.278

          30,5 % untere Entgeltgruppe             17.150           10.665            3.892           3.148          34.855
                     darunter 50% ohne
                                                    8.575           5.333            1.946           1.574          17.428
                     Transferleistungen
      Empfänger von Sozialleistungen                8.681           2.340            1.256           1.731          14.008

                  Nachfrager insgesamt            17.256            7.673            3.202           3.305          31.436

                   Anteil der Nachfrager             30,7             21,9            25,1             32,0            27,5

   mit Sicherheitsaufschlag von 10 %                 33,8             24,1            27,6             35,2            30,3
*Hauptwohnsitzer, ohne Heime und Anstalten
Quelle: Melderegister, Haushaltegenerierung
Stand: 31.12.2020
Schlüssiges Konzept 2021                                                                13

4.2    Abgrenzung des angemessenen Marktsegmentes auf Basis von Be-
       stands- und Neuvertragsmieten

4.2.1 Grundlegende Informationen

Für die Datenerhebung kommen nicht nur          -   Leerstand bzw. Ende des letzten Miet-
die Daten von tatsächlich am Markt angebo-          verhältnisses seit (nur Einzelwohnun-
tenen Wohnungen in Betracht, sondern auch           gen, kein struktureller Leerstand wegen
von bereits vermieteten Wohnungen (BSG-             Vorbereitung des Abrisses o.ä.)
Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R).         -   Sanierungsstand entsprechend Miet-
                                                    spiegel.
Deshalb wurde unter Zugrundelegung einer
durch die Stadtverwaltung Erfurt entwickel-     Allgemein erfolgte eine Mitteilung, ob nach
ten Matrix eine Datenerhebung zu vermiete-      erfolgter Umlageabrechnung eine generelle
ten Wohnungen durchgeführt.                     Anpassung der jeweiligen Vorauszahlungen
                                                in Abhängigkeit von welchen Faktoren
Beteiligt an der Datenlieferung waren die im    (Nachzahlungshöhe, bekannte Preissteige-
Verband der Thüringer Wohnungs- und Im-         rungen, usw.) erfolgt.
mobilienwirtschaft e. V. (vtw) organsierten
Erfurter Wohnungsunternehmen                    Insgesamt wurden von den Unternehmen
KoWo mbH,                                       Daten zu 33.656 Wohnungen geliefert. Nicht
Wohnungsbaugenossenschaft "Einheit",            zu berücksichtigen ist nach der Rechtspre-
Wohnungsbaugenossenschaft "Erfurt",             chung des BSG (22.09.2009, B 4 AS 18/09 R)
Gemeinnützige Wohnungsbaugenossen-              Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässi-
schaft Erfurter Spar- und Bauverein eG          gen Aufschluss über die örtlichen Gegeben-
sowie                                           heiten bringen kann. 292 Wohnungen mit
Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft            einem öffentlich-rechtlichen Mietverhältnis
Erfurt-Süd eG                                   wurden nicht einbezogen. Außerdem 201
Erfurter       Wohnungsbaugenossenschaft        Datensätze, bei denen keine Grundmiete
'Reichsbahn' e.G.                               angegeben war. Für die weiteren Berech-
Mitglieder des Vermieterbundes Erfurt der       nungen standen damit 33.343 Datensätze
Haus- und Grundstückseigentümer e. V. und       zur Verfügung. 23 Datensätze wurden wegen
weitere private Vermieter,                      fehlender Flächen- bzw. Mietangaben sofort
darunter die                                    ausgeschlossen.
TAG AG.
3x1 Immobilien                                  Es wurden 67 Datensätze für Wohnungen
immokontur GmbH & Co. KG                        mit einer Wohnfläche unter 25 m² vernach-
                                                lässigt (BSG vom 18.11.2014; B 4 AS 9/14 R).
Weiterhin wurde auf Daten des Amtes für         Zwar ist nicht auszuschließen, dass auf-
Soziales sowie des Jobcenters g. E. zurückge-   grund der Wohnkosten-Progression kleinere
griffen.                                        Wohnungen höhere Quadratmeterpreise
                                                aufweisen als größere Wohnungen. Es ist
Die Matrix beinhaltete folgende Einzelfak-      jedoch davon auszugehen, dass es durch die
toren:                                          Festlegung der Mindestgröße nicht zu einer
-   Adresse                                     Verfälschung der Datengrundlage und damit
-   Gebäudetyp                                  des Ergebnisses der Erhebung kommt. Viel-
-   Wohnfläche der einzelnen Wohnungen          mehr würde andernfalls die Gefahr beste-
    (WE)                                        hen, dass die Ergebnisse nach der Produkt-
-   Raumzahl (nur Wohnräume)                    theorie nach oben verzerrt werden, wenn die
-   Grundmiete (EURO/Monat)                     hohen Quadratmeterpreise für sehr kleine
-   Betriebskosten kalt absolut/Monat inkl.     Wohnungen mit der maximalen Wohnfläche
    Kaltwasser (Vorauszahlungshöhe zum          multipliziert würden (ThürLSG, 08.07.2015,
    01.01.2021)                                 L 4 AS 718/14, analog Landessozialgericht
-   Heizkosten inkl. Warmwasser abso-           Rheinland-Pfalz, L 3 AS 137/14, 29.11.2016).
    lut/Monat (Vorauszahlungshöhe zum
    01.01.2021)                                 Damit ist die Datenerhebung valide. Konkret
-   Vertragsbeginn/letzte Mietänderung          bedeutet dies im Rahmen der Prüfung der
                                                Schlüssigkeit der Ermittlung der angemes-
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                14

senen Kosten für Unterkunft, dass ein brei-                  gibt, …, unberücksichtigt bleiben muss (Pie-
tes Spektrum der Mietwohnungen in die                        penstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II,
Datenerhebung Eingang gefunden haben                         4. Aufl. 2015, § 22 Rn. 99)  vgl.    ThürLSG,
muss, wobei Wohnraum, der keinen Auf-                        08.07.2015, L 4 AS 718/14.
schluss über die örtlichen Gegebenheiten

Tabelle 5:    Vertragsbeginn der von den Vermietern übermittelten Mietverträge
                                                 ab 01.01.2017 ab 01.07.2020                  Leerstand/
    Vertragsabschluss           bis 31.12.2016                                 ab 02.01.2021
                                                 bis 30.06.2020 bis 01.01.2021               ohne Angaben

  Anzahl der Datensätze              14.160         15.274         3.321           16            505
Quelle: von den Vermietern übermittelte Daten

Die Vertragslaufzeiten der nicht ausge-                      Zur Berechnung der Neuvertragsabschlüsse
schlossenen Wohnungsmietverträge sind                        wurden ausschließlich die 3.321 Datensätze
der Tabelle 5 zu entnehmen. Mietverträge                     berücksichtigt, deren Mietverträge zwischen
mit einer Gültigkeit nach dem 01.01.2021                     dem 01.07.2020 und dem 01.01.2021 abge-
wurden nicht berücksichtigt (16 Datensät-                    schlossen wurden.
ze). Bei 505 Datensätzen war kein Vertrags-
beginn angegeben bzw. diese Wohnungen                        Für die nachfolgenden Betrachtungen wur-
waren zum 01.01.2021 nicht vermietet. Die-                   den demnach Datensätze mit folgenden Be-
se Datensätze wurden ebenfalls nicht in die                  dingungen berücksichtigt:
Berechnung integriert.
                                                             -   Wohnfläche 25 m² und größer
Damit standen insgesamt 32.755 auswert-                      -   Vertragsabschluss bis einschließlich
bare Datensätze zur Verfügung.                                   01.01.2021

Das sind einerseits 18.595 Datensätze von                    Die nachfolgende Grafik zeigt im Vergleich
zwischen 01.01.2016 und 01.01.2021 ge-                       die Zahl der Erfurter Wohnungen in Mehr-
schlossenen Mietverträgen, d.h. die in dem                   familienhäusern (vermietete oder leere
für den Mietspiegel relevanten Zeitraum von                  Wohnungen mit einer Wohnfläche 25 m²
vier Jahren abgeschlossen wurden, und an-                    und größer) laut Zensus 2011 zu den 32.755
dererseits 14.160 vorher abgeschlossene                      in die Berechnung einbezogenen Datensätze
Verträge. Um die Fallzahl zu erhöhen, wur-                   der Wohnungsunternehmen. Auch hier muss
den auch diese älteren Verträge in die Be-                   noch einmal darauf hingewiesen werden,
rechnung einbezogen.                                         dass keine aktuelleren den endgültigen Er-
                                                             gebnissen des Zensus 2011 vergleichbaren
Zur Berechnung der Bestandsmieten wurden                     Daten zur Verfügung stehen. In den letzten
29.434 Datensätze (14.160 plus 15.274 Da-                    Jahren gab es aber in Erfurt auch keinen
tensätze) herangezogen, deren Vertragsbe-                    wirklich relevanten Mietwohnungsbau.
ginn vor dem 01.07.2020 lag.
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                                    15

Grafik 3:     Vergleich der Zahl der Wohnungen laut Zensus mit den in die Berechnung einbezogenen Woh-
              nungen der Wohnungsunternehmen

                       Vergleich der Anzahl der laut Zensus vorhandenen in die Berechnung
                                      des SchlüKo einbezogenen Wohnungen
  Zahl der Wohnungen
     25.000

     20.000

     15.000

     10.000

      5.000

         0
                     bis 48             über 48 bis 60           über 60 bis 75           über 75 bis 90        über 90
                                                                                                               Wohnfläche in m²
                   laut Zensus vorhandene Wohnungen                     ausgewertete Wohnungen 2021

Quelle: Endgültige Ergebnisse des Zensus 2011
        von den Vermietern übermittelte Daten für SchlüKo 2021

4.2.2 Bestandsmieten

Tabelle 6:     Anzahl der insgesamt in die Berechnungen einbezogenen Wohnungen nach Wohnungsgröße
                                                         über 48 bis         über 60 bis
                Wohnfläche         bis 48 m²                                                      über 75 m²     insgesamt
                                                           60 m²               75 m²

Anzahl Bestandsverträge              8.910                 7.568                  .9608               3.348        29.434
Quelle: von den Vermietern übermittelte Daten

Die Heranziehung von Bestandsmieten                                    (siehe Punkt 4.2.2) stehen 29.434 Datensät-
dient vor dem Hintergrund deren tendenzi-                              ze von Bestandsmieten zur Verfügung. Bei
ell niedrigeren Höhe nicht zuletzt der Ver-                            einem Wohnungsbestand von 85.448 leeren
meidung von Mietpreis erhöhenden Wir-                                  und vermieteten Wohnungen in Mehrfami-
kungen und bildet den (aktuellen) örtlichen                            lienhäusern in der Landeshauptstadt Erfurt
Wohnungsmarkt realitätsgerecht ab, in dem                              (Endgültiges Ergebnis Zensus 2011) sind die
das Mietpreisniveau des maßgeblichen                                   Vorgaben des BSG, 10 % des regional in Be-
Teilwohnungsmarktes nicht allein durch                                 tracht zu ziehenden Wohnungsbestandes
Neuvertragsmieten bestimmt wird. Es han-                               auszuwerten (B 14/7b AS 44/06, 18.06.2008),
delt sich insoweit nicht um Daten geringerer                           mit 34,4 Prozent deutlich erfüllt.
Qualität, um auf die Verhältnisse des aktuel-
len Wohnungsmarkts zu schließen, sondern                               Das Verhältnis zwischen der Gesamtzahl der
um aktuell im Erhebungszeitraum fällige                                Nachfragenden nach preiswertem Wohn-
Mieten (BSG, B 14 AS 34/19 R vom                                       raum und der Anzahl der für diese zur Verfü-
03.09.2020).                                                           gung stehenden Wohnungen bildet die Ab-
                                                                       grenzung des angemessenen Marktsegmen-
Mit der nach den oben genannten Kriterien                              tes. Für jede Wohnungsgrößenklasse wurde
bereinigten Datenlieferung sowie unter Ab-                             eine Extremwertkappung vorgenommen. Bei
zug der Wohnungen mit Neuvertragsmieten                                Extremwerten handelt es sich um Mietwer-
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                               16

te, die sich signifikant von anderen Werten                          Wohnungen werden innerhalb ihrer Gruppe
des Tabellenfeldes unterscheiden und des-                            aufsteigend nach der Grundmiete (€ je m²)
halb nicht in die Auswertung einbezogen                              sortiert und der Anzahl der Nachfragerhaus-
werden sollen (Ausreißer). Als Grenzwert für                         halte bis zum hinreichenden Deckungsgrad
diese Ausreißer wurde das 2,5- bzw. 97,5 -%-                         des Bedarfs (z. B. bei Wohnungen bis 48 m²
Perzentil festgelegt, d.h. jeweils 2,5 Prozent                       sind es 33,8 % von 8.910 Datensätzen) ge-
der untersten und obersten Mietwerte der                             genübergestellt. An dieser Stelle wird der
entsprechenden        Wohnungsgrößenklasse                           angemessene Mietwert festgestellt (für das
wurden nicht in die Berechnungen einbezo-                            Beispiel 25 bis 48 m² beträgt der angemes-
gen. Mit den übrigen Werten erfolgt die Er-                          sene Wert 5,30 €). Damit ist eine genügende
mittlung des Grenzwertes für die Angemes-                            Versorgung gesichert. Der Anteil der Nach-
senheit.                                                             fragehaushalte ergibt sich aus den Berech-
                                                                     nungen im Punkt 4.1 (siehe Tabelle 4).
Die nach den festgelegten Wohnflächen-
obergrenzen (siehe Punkt 3) klassifizierten

Tabelle 7:         Statistische Angaben zu den in die Berechnungen einbezogenen Wohnungen und Grenzwert
                   der vorläufig angemessenen Grundmiete nach Wohnungsgröße
                                            Zahl der      Minimaler       Maximaler        Anteil Nach- Grenzwert der
          Wohnfläche        Anzahl1)
                                           Ausreißer2)     Wert3)          Wert3)            frager4)  Angemessenheit

          25 bis 48 m²             8.910        223              4,49 €        7,34 €         33,8 %              5,30 €

   über 48 bis 60 m²               7.568        189              4,36 €        6,96 €         24,1 %              5,00 €

   über 60 bis 75 m²               9.608        240              4,20 €        6,65 €         27,6 %              4,90 €

            über 75 m²             3.348          84             4,00 €        7,32 €         35,2 %              4,85 €
    1)    vor dem 01.07.2020 abgeschlossene Mietverträge
    2)    Anzahl der Datensätze, die jeweils als untere und obere Extremwerte abgeschnitten wurden
    3)    minimale bzw. maximale Werte der Grundmiete je Quadratmeter innerhalb des 95-%-Bereiches
    4)    Anteil der Nachfrager (incl. Aufschlag von 10 Prozent)

Grafik 4:         Statistische Werte der Bestandsmieten für unterschiedliche Wohnflächen

                                                         Bestandsmietverträge
                                            (Perzentile der Grundmiete/m² ohne Ausreißer)
Grundmiete
     8,00 €

         7,00 €

         6,00 €

         5,00 €

         4,00 €
                          bis 48                über 48 bis 60            über 60 bis 75              über 75
                                                                                                     Wohnungfläche in m²
Quelle: von den Vermietern übermittelte Daten

In der Grafik 4 sind die ermittelten Werte                           Der senkrechte Strich stellt die Spannbreite
zusammengefasst dargestellt.                                         der in die Auswertung einbezogenen Mieten
                                                                     dar (z. B. für Wohnungen bis 48 m²
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                          17

von 4,49 bis 7,34 €/m²). Der Kasten mit der                       stellt den Median der Mieten dar, d.h. genau
dünnen Umrandung dokumentiert die Miet-                           der Mietwert, der der Hälfte der in die Be-
spanne für die Hälfte aller ausgewerteten                         rechnung aufgenommenen Mieten ent-
Wohnungen, z. B. Wohnungen bis 48 m² von                          spricht. Für Wohnungen bis 48 m² liegt er
5,23 bis 5,99 €/m². Die dicke rote Linie oben                     bei 5,51 €/m².

4.2.3 Neuvertragsmieten

Mit der Auswertung der Neuvertragsmieten                          nungsmarkt verfügbaren Wohnraum auch
im Zeitraum vom 01.07.2020 bis einschließ-                        tatsächlich anmieten zu können.
lich 01.01.2021 soll überprüft werden, ob                         Dazu wurden die gelieferten Datensätze der
die aus den Bestandsmieten ermittelten                            unter Punkt 4.2.1 benannten Wohnungsun-
angemessenen Werte der Nettokaltmieten                            ternehmen ausgewertet. Unter den genann-
ausreichend sind, um auf dem Erfurter Woh-                        ten Bedingungen (Punkt 4.2.1) verbleiben
                                                                  3.321 Datensätze für die Auswertung.

Tabelle 8:       Zahl der in sechs Monaten abgeschlossenen Neuverträge
                                                    über 48 bis      über 60 bis
                Wohnfläche         bis 48 m²                                            über 75 m²     insgesamt
                                                      60 m²            75 m²

      Anzahl Neuverträge             1.213              890             942                276            3.321
Quelle: von den Vermietern übermittelte Daten

Grafik 5:       Statistische Werte der Neuvertragsmieten für unterschiedliche Wohnflächen

                                                    Neuvermietungsverträge
                                           (Perzentile der Grundmiete/m² ohne Ausreißer)
Grundmiete
     10,00 €

       9,00 €

       8,00 €

       7,00 €

       6,00 €

       5,00 €

       4,00 €
                          bis 48                über 48 bis 60         über 60 bis 75             über 75
                                                                                                 Wohnungfläche in m²
Quelle: von den Vermietern übermittelte Daten

Die Grafik 5 kann entsprechend der Grafik 4                       Auskunft über das aktuelle Mietniveau am
interpretiert werden. Der Rückgriff auf Neu-                      Wohnungsmarkt." (Deutscher Verein für öf-
vertragsmieten erlaubt sich, da diese im                          fentliche und private Fürsorge e. V. (DV)
Gegensatz zu Angebotsmieten die reale                             "Empfehlungen des Deutschen Vereines zur
Wohnungsmarktsituation abbilden.                                  Herleitung existenzsichernder Leistungen
                                                                  zur Deckung der Unterkunftsbedarfe im SGB
"Neuvertragsmieten werden zeitpunktbezo-                          II und XII" (Berlin, September 2017)).
gen erhoben. Es handelt sich hierbei um Be-                       Die Neuvertragsmieten stellen eine Teil-
standsmieten, jedoch nur solche, die inner-                       menge aller Bestandsmieten dar und weisen
halb eines bestimmten Zeitraumes vor dem                          im Segment der einfachen Wohnungen nur
Erhebungsstichtag abgeschlossen wurden.                           einen geringen Unterscheid zu den Ange-
(…) Neuvertragsmieten bilden die tatsäch-                         botsmieten auf (LSG NS-B, Urteil vom
lich gezahlte Miete ab und geben damit                            16.12.2015, L 15 AS 159/14).
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                      18

Auch das ThürLSG hat in seinem Urteil vom                        stellt, dass preisgünstige Wohnungen von
08.07.2015 (L 4 AS 718/14) nicht bean-                           kommunalen und genossenschaftlichen
standet, dass zur Ermittlung der angemes-                        Wohnungsunternehmen in eher hochpreisi-
senen Bruttokaltmiete auf den Datenbe-                           gen Regionen teilweise kaum offiziell inse-
stand der Bestandsmieten zurückgegriffen                         riert werden müssen.
und die Angebotsmieten bei der Bestim-
mung dieser Werte außen vor gelassen wer-                        Für Satzungen sieht der Gesetzgeber nach
den können.                                                      § 22 c Abs. 1 S.3 SGB II ebenfalls vor, dass
                                                                 Neuvertrags- neben Bestandsmieten in die
Das entsprechende höchstrichterliche Urteil                      Auswertung einfließen müssen.
(BSG, B 14 AS 65/09, 19.10.2010), auf das
sich das ThürLSG bezieht, führt aus, dass die                    Erst wenn keine ausreichende Datengrund-
hinter einem Mietspiegel liegenden Daten                         lage vorhanden wäre, wird durch den Deut-
grundsätzlich geeignet sind, auch grundsi-                       schen Verein für öffentliche und private Für-
cherungsrechtliche Angemessenheitsgren-                          sorge e. V. (DV) empfohlen, die Angebots-
zen zu bestimmen. Damit ist die Konse-                           mieten als Näherung für Neuvertragsmieten
quenz verknüpft, dass dann keine Ange-                           einzubeziehen.
botsmieten in die Datenerhebung einfließen
müssen.                                                          Legt man die in § 558 Abs. 2 BGB vorge-
                                                                 schriebene Frist zu Grunde, werden abge-
Auch geht das BSG (B 14 AS 33/08 R,                              schlossene Neuvertragsmieten der letzten
02.07.2009) davon aus, dass Angebote (An-                        vier Jahre vor dem Stichtag zur Mietspie-
zeigen aus Internetportalen, Anzeigenblät-                       gelerstellung ausgewertet.
ter, Angebote örtlicher Wohnungsunter-
nehmen), die keine Angaben zu Wohnwert-                          Die Stadtverwaltung Erfurt hat sich zu Guns-
merkmalen beinhalten, unbrauchbar sind                           ten der Leistungsempfänger gegen den oben
(Hohm, GK zu § 22 SGB II, Rz. 124).                              erwähnten Zeitraum entschieden, da auf-
                                                                 grund der Aktualität der betrachteten Neu-
Der "Wohnungsmarktbericht Thüringen"                             vertragsmieten die dämpfende Wirkung der
(ehem. Thüringer Ministerium für Bau, Lan-                       Vier-Jahres-Frist auf die angemessene Miet-
desentwicklung und Verkehr, Erfurt, 2012)                        preisgrenze ausgeschlossen wird.
stellt fest, dass viele Wohnungen von größe-
ren Wohnungsunternehmen nicht öffentlich                         Nach Auswertung der Daten ergibt sich fol-
inseriert werden.                                                gendes Bild:
Dieser Auffassung folgt der 2. Thüringer
Wohnungsmarktbericht (2019), der fest-

Tabelle 9:      Berechnung der Angemessenheitsgrenze für Neuvertragsmieten
                                         Zahl der      Minimaler        Maximaler      Anteil Nach- Grenzwert der
         Wohnfläche        Anzahl1)
                                        Ausreißer2)     Wert3)           Wert3)          frager4)  Angemessenheit

         25 bis 48 m²         1.213             30          5,07 €           7,48 €         33,8 %        5,63 €

  über 48 bis 60 m²             890             22          4,88 €           7,32 €         24,1 %        5,34 €

  über 60 bis 75 m²             942             24          4,89 €           7,13 €         27,6 %        5,34 €

          über 75 m²            276               7         4,60 €           9,50 €         35,2 %        5,30 €
    1)   zwischen 01.07.2020 und 01.01.2021 abgeschlossene Mietverträge
    2)   Anzahl der Datensätze, die jeweils als untere und obere Extremwerte abgeschnitten wurden
    3)   minimale bzw. maximale Werte der Grundmiete je Quadratmeter innerhalb des 95-%-Bereiches
    4)   Anteil der Nachfrager (incl. Aufschlag von 10 Prozent)

Die Grenzwerte der Angemessenheit über-                          Das hat zur Folge, dass die weitere Ermitt-
schreiten in allen Wohnungsgrößenklassen                         lung der Angemessenheit mit den ermittel-
die unter Punkt 4.2.2 ermittelten Angemes-                       ten Werten der angemessenen Neuver-
senheitsgrenzen der Bestandsmieten.                              tragsmieten vorgenommen wird.
Schlüssiges Konzept 2021                                                                      19

Tabelle 10:       Endgültige Angemessenheit
                                                   Angemessenheit Netto-   Maximal angemessene
                                 Wohnungsgröße
                                                       kaltmieten/m²         Nettokaltmiete

              1                  25 bis 48 m²            5,63 €/m²               270,24 €

              2                über 48 bis 60 m²         5,34 €/m²               320,40 €

              3                über 60 bis 75 m²         5,34 €/m²               400,50 €

              4                über 75 bis 90 m²         5,30 €/m²               477,00 €

5 Betriebskosten
Entsprechend des Urteils des BSG vom                 aber in die festgelegten Vorauszahlungen
19.10.2010 (B 14 AS 50/10 R) "…erscheint es          vorab einberechnet.
zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf
bereits vorliegende Daten aus Betriebskos-           Für die Ermittlung der angemessenen Be-
tenübersichten zurückzugreifen, im Aus-              triebskosten wurden wiederum die von den
gangspunkt allerdings auf örtliche Übersich-         Wohnungsunternehmen gelieferten Daten
ten und insoweit auf die sich daraus erge-           herangezogen. Bei der nachfolgenden Be-
benden Durchschnittswerte. …. Eine weiter-           rechnung wurden die Betriebskosten aller
gehende Gewichtung scheint dagegen nicht             bis einschließlich 01.01.2021 abgeschlosse-
notwendig, da nicht erkennbar ist, welche            nen Mietverträge ausgewertet. Allerdings
zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen              konnten 357 Datensätze wegen nicht oder
sich hieraus ableiten lassen sollten."               fehlerhaft angegebener Betriebskosten bei
                                                     der Berechnung nicht berücksichtigt werden.
Das BSG führt in seiner Entscheidung vom             Damit standen insgesamt 32.398 Datensät-
17.09.2020 (B 4 AS 22/20 R) aus, dass zur            ze zur Verfügung. Wie bei den Betrachtun-
Vermeidung von Zirkelschlüssen die Zu-               gen zur Nettokaltmiete sollen auch hier die
grundelegung von Durchschnittswerten oder            Extremwerte nicht berücksichtigt werden.
des Medians eine Datenerhebung auf dem               Deshalb wurden jeweils nur die Werte in-
gesamten Wohnungsmarkt voraussetzt. Die-             nerhalb der 2,5- und 97,5-%-Perzentile in die
se Voraussetzung ist hier erfüllt.                   Auswertung einbezogen. Die Zahl der Aus-
                                                     reißer in Tabelle 11 gibt an, wie viele Da-
Die Ermittlung der angemessenen Betriebs-            tensätze jeweils im unteren und oberen Be-
kosten erfolgt über die aktuellen Betriebs-          reich als Extremwerte gestrichen wurden.
kostenvorauszahlungen, da diese gegenüber            Von den verbleibenden Werten wurde dann
den tatsächlichen Betriebskostenabrech-              der arithmetische Mittelwert errechnet.
nungen den Vorteil der Aktualität besitzen.
Betriebskostenabrechnungen beziehen sich             Damit ergeben sich nachfolgende angemes-
stets auf einen abgelaufenen Zeitraum. Zwi-          sene Werte für kalte Betriebskosten entspre-
schenzeitliche Preissteigerungen bzw. Ge-            chend der Betriebskostenverordnung (Be-
bührenerhöhungen werden nicht berück-                trKV vom 25.11.2003, BGBl I 2346):
sichtigt; durch den Vermieter bei Kenntnis
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                                20

Tabelle 11:    Statistische Angaben zu kalten Betriebskosten je Quadratmeter
                                                   Zahl der          Minimaler           Maximaler
          Wohnfläche           Anzahl1)                                                                      Mittelwert4)
                                                  Ausreißer2)         Wert3)              Wert3)

          25 bis 48 m²             10.017                 250              0,96 €              2,43 €              1,54 €

    über 48 bis 60 m²               8.387                 210              0,90 €              2,03 €              1,43 €

    über 60 bis 75 m²              10.465                 262              0,92 €              2,16 €              1,40 €

           über 75 m²               3.529                   88             0,85 €              2,09 €              1,39 €

        Gesamtwerte5)              32.398                 810              0,91 €              2,23 €              1,45 €
   1)   bis einschließlich 01.01.2021 abgeschlossene Mietverträge, die in die Berechnung einbezogen wurden
   2)   Anzahl der Datensätze, die jeweils als untere und obere Extremwerte abgeschnitten wurden
   3)   minimale bzw. maximale Werte der Betriebskosten je Quadratmeter innerhalb des 95-%-Bereiches
   4)   Mittelwert der Betriebskosten je Quadratmeter innerhalb des 95-%-Bereiches
   5)   Berechnung über alle berücksichtigten kalten Betriebskosten

6 Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete
Die angemessenen Aufwendungen der Kos-                             nungsstandards eine kleinere Wohnfläche in
ten für die Unterkunft sind nach der Pro-                          Kauf nehmen, soweit das Produkt (Gesamt-
dukttheorie festzulegen. Leistungsberech-                          miete) angemessen ist
tigte können nach der Produkttheorie wäh-                          (BSG; B 7 b AS 10/06 R vom 07.11.2006).
len, ob sie zugunsten eines höheren Woh-

Produkt = angemessene Wohnfläche *(Nettokaltmiete/m² + kalte Betriebskosten/m²)

Zur Berechnung der maximal je Bedarfsge-                           ßend das Produkt mit der Wohnfläche gebil-
meinschaft zulässigen Bruttokaltmiete wur-                         det. Entsprechend der ermittelten Werte
de zunächst für jede Haushaltsgröße bzw.                           (Pkt. 4.2.3 und 5) ergeben sich für die Lan-
jeden zugehörigen Wohnflächenbereich zur                           deshauptstadt Erfurt folgende Richtwerte
endgültigen angemessenen Nettokaltmiete                            der angemessen Bruttokaltmiete entspre-
der Mittelwert der angemessenen kalten                             chend der Größen der Bedarfsgemeinschaf-
Betriebskosten addiert und daraus anschlie-                        ten:

Tabelle 12:    Angemessene Bruttokaltmiete/Monat
                                          Angemessene                    Angemessene                          Maximale
                                           Grundmiete                   Betriebskosten                  Bruttokaltmiete

                         1                5,63 €/m²                       1,54 €/m²                          344,16 €

                         2                5,34 €/m²                       1,43 €/m²                          406,20 €

                         3                5,34 €/m²                       1,40 €/m²                          505,50 €

                         4                5,30 €/m²                       1,39 €/m²                          602,10 €
Schlüssiges Konzept 2021                                                                                        21

7 Richtwert für angemessene Heizkosten
Der Grenzwert der angemessenen Heizkos-                                 gieträger und die jeweilige Wohnfläche ab-
ten ist nach dem BSG für den Regelfall einer                            gelesen. Der sich ergebende Wert ist auf den
mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten                                 Monat umzurechnen und mit der angemes-
Wohnung über einen Kommunalen Heiz-                                     senen Wohnfläche zu multiplizieren"
spiegel herzuleiten. Soweit dieser für das                              (Rz 158 ff zu § 22 in Hohm – Gemeinschafts-
Gebiet des jeweiligen Trägers fehlt, ist der                            kommentar zum Zweiten Buch Sozialge-
"Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen                                 setzbuch). Entsprechend der Urteile des BSG
(BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08                              (B 14 AS 60/12 R vom 12.06.2013 sowie B 14
R).                                                                     AS 36/08 R vom 02.07.2009) indizieren die
                                                                        Werte des bundesweiten oder kommunalen
Die Landeshauptstadt Erfurt leitet den                                  Heizspiegels die Unangemessenheit der
Richtwert für angemessene Heizkosten über                               Heizkosten im konkreten Fall, wenn das
einen Kommunalen Heizspiegel her.                                       markierte Quantil (90 %) überschritten wird.

Die Werte des lokalen Erfurter Heizspiegels                             Die Auswertung erfolgte über 10.295 tat-
wurden über den Energieträger, die Wohn-                                sächliche Heizkostenabrechnungen (Ener-
fläche des Gebäudes sowie die Art der                                   gieträger: Fernwärme, Gas) des Jahres 2019.
Warmwasseraufbereitung ermittelt. "So-
dann wird aus der Tabelle für die Heizkosten                            Entsprechend der Gebäudegrößen ergeben
der Wert für zu hohe Heizkosten pro Quad-                               sich folgende Richtwerte der Angemessen-
ratmeter und Jahr für den jeweiligen Ener-                              heit:

Tabelle 13: Darstellung der angemessenen Heizkosten

          Gebäude: Plattenbau, Fernwärme, Warmwasserbereitstellung inklusiv
Wohnfläche im Ge-                      Verbrauch in kWh je m² und Jahr
      bäude                                        erhöht
Schlüssiges Konzept 2021                       22

8 Fortschreibung
Aufgrund der Dynamik der Wohnungsmärk-
te, der sich ändernden Zahl und Struktur der
Bedarfsgemeinschaften und der mit ihnen
konkurrierenden Nachfragerhaushalte müs-
sen die Angemessenheitsgrenzen einer
ständigen Kontrolle unterzogen werden.

Entsprechend den Hinweisen des vormali-
gen Bundesministeriums für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung zur "Bestimmung der
angemessenen Aufwendungen der Unter-
kunft im Rahmen kommunaler Satzungen"
(Berlin, Januar 2013) wird die Landeshaupt-
stadt Erfurt die Angemessenheitsgrenzen
der Kosten für Unterkunft alle zwei Jahre
über eine Indexanpassung und alle vier Jahre
über eine Neuerhebung aktualisieren.

Die Kosten für Heizung werden aufgrund der
erhöhten Dynamik des Marktes jedes Jahr
überprüft und bei Bedarf über eine Index-
fortschreibung und im vierten Jahr ebenfalls
über eine Neuerhebung der Werte ange-
passt.

Sollten sich zwischenzeitlich die Zahl
und/oder Struktur der Bedarfsgemeinschaf-
ten und der weiteren Nachfragerhaushalte
spürbar verändern, ist das angemessene
Marktsegment neu zu bestimmen.
Schlüssiges Konzept 2021                                                                        23

9 Fachbegriffe
Der arithmetische Mittelwert ist der Wert, der sich aus der Summe aller Werte dividiert durch
die Anzahl der Werte ergibt.

Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigen-
tum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Ge-
bäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. (§ 1
Abs. 1 Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebskostenverordnung - BetrKV)

Die Bruttokaltmiete definiert die Miete einschließlich sämtlicher Betriebskosten. Ausgenommen
davon sind nur die Heiz- und Warmwasserkosten.

Bruttowarmmiete ergibt sich aus Bruttokaltmiete plus Heizkosten.

Heizkosten sind die Kosten
- des Betriebs zentraler Heizungsanlagen und zentraler Warmwasserversorgungsanlagen,
- der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme und Warmwasser, auch aus Anlagen nach
Nummer 1, (Wärmelieferung, Warmwasserlieferung) (§ 1 Abs. 1 Verordnung über die verbrauchs-
abhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten, Verordnung über Heizkostenabrech-
nung - HeizkostenV)

Der Median oder Zentralwert ist ein Mittelwert für Verteilungen in der Statistik. Er teilt die Fälle
in der Hälfte, wenn sie der Größe nach sortiert sind.

Nettokaltmiete im Mietrecht ist eine vertragliche Vereinbarung, wonach das eigentliche Entgelt
für die Gebrauchsüberlassung gesondert ausgewiesen und von den Betriebskosten, die als Pau-
schale oder Vorauszahlung erhoben werden, getrennt wird.

Das Perzentil P (1 ≤ P ≤ 99) einer Verteilungsfunktion ist der Wert, für den P% aller anderen Wer-
te gleich sind oder darunter fallen und (100-P)% aller Werte gleich sind oder darüber fallen.

Die Validität gibt die Eignung eines Messverfahrens oder einer Frage bezüglich ihrer Zielsetzung
an. Eine Messung ist valide, wenn die erhobenen Werte geeignete Kennzahlen für die zu unter-
suchende Fragestellung liefern.
Schlüssiges Konzept 2021                                                     24

10     Abkürzungsverzeichnis
a. D.: außer Dienst

BA: Bundesagentur für Arbeit

BetrKV: Betriebskostenverordnung

BG: Bedarfsgemeinschaft

BSG: Bundessozialgericht

BStatG: Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz)

g.E.: gemeinsame Einrichtung

ha: Hektar

HG: Haushaltsgemeinschaft

HHGen: Haushaltsgenerieruung

inkl.: inklusive

i. S. d.: im Sinne des

MFH: Mehrfamilienhaus

o. a.: oben angeführt

o. ä.: oder ähnlich

Pkt: Punkt

m²: Quadratmeter

RA: Rechtsanwalt

SG: Sozialgericht

SGB: Sozialgesetzbuch

Thür LSG: Thüringer Landessozialgericht

ThürStatG: Thüringer Statistikgesetz

ThürStAnz: Thüringer Staatsanzeiger

u. m.: und mehr

vgl.: vergleiche

WE: Wohneinheit(en)

WHE: Wohnungs- und Haushaltserhebung der Stadtverwaltung Erfurt

WoFG: Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz)

WoGG: Wohngeldgesetz
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