Schritte zur Verbesserung der Glaubwürdigkeit des Verbraucherpreisindex
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PREISE Dr. Sabine Bechtold, Dr. Stefan Linz Schritte zur Verbesserung der Glaubwürdigkeit des Verbraucherpreisindex Um die Glaubwürdigkeit der Verbraucherpreisstatistik zu schnellte die gefühlte Inflation nach oben. Ein Jahr lang fördern, hat das Statistische Bundesamt im letzten Jahr ver- blieb die von den Konsumenten empfundene Preissteige- schiedene Instrumente entwickelt, mit denen die Funktions- rung in einem ungewöhnlich großen Abstand oberhalb der weise der Preisstatistik auf allgemein verständliche Weise gemessenen Teuerung, bis sie dann im Lauf des Jahres 2003 erklärt werden soll. Im Folgenden werden einige Aspekte wieder zurückging. Sehr ähnliche Entwicklungen gab es dieser Kommunikationsstrategie dargestellt. Der Aufsatz auch in den anderen Ländern der Eurozone, während in den gibt die Inhalte eines Vortrags auf der Konferenz „Messung EU-Staaten, die das Euro-Bargeld nicht eingeführt haben, der Teuerung“ wieder, die im Juni 2005 in Dresden stattge- kein derartiger Effekt zu beobachten war. funden hat. Obwohl die deutschen Verbraucher die Preissteigerungen mittlerweile nicht mehr so hoch einschätzen wie kurz nach 1 Hintergrund der Euro-Bargeldeinführung und sich die gefühlte Inflation wieder an die in der Preisstatistik gemessenen Teuerungs- Die Europäische Kommission führt in der Europäischen raten angenähert hat, ist die Vermittlung der amtlichen Union monatlich Konsumentenbefragungen durch, bei de- Ergebnisse zur Preisstatistik in den letzten Jahren nicht ein- nen es u. a. auch um die Preise geht. Die Konsumenten facher geworden. Eine hohe Skepsis gegenüber dem Euro ist werden gefragt, wie sich die Verbraucherpreise nach ihrer geblieben. So zeigte eine Umfrage des Instituts für Demos- Ansicht in den letzten zwölf Monaten entwickelt haben. kopie Allensbach im Dezember 2004, dass 59% der Bevöl- Aus diesen Antworten wird ein qualitativer Indikator der kerung lieber wieder in D-Mark bezahlen würden.2) „gefühlten Inflation“ berechnet1), dessen Entwicklung mit der durch die amtliche Statistik ermittelten tatsächlichen Hinzu kommt, dass das allgemeine Preisniveau in Deutsch- Preisentwicklung verglichen werden kann (siehe Schau- land in den letzten Jahren nur noch wenig gestiegen ist bild 1 auf S. 854). und die von der amtlichen Statistik gemessenen Preisstei- gerungsraten immer niedriger ausfallen. Zwar ist im Jahr Man sieht, dass im abgebildeten Zeitraum der Indikator der 2004 das Preisniveau um 1,6% gestiegen, dieser Preisauf- gefühlten Inflation bis Ende des Jahres 2001 in etwa parallel trieb war aber zu einem großen Teil durch staatliche Maß- zur gemessenen Inflation verlief. Anfang 2002, mit der Ein- nahmen verursacht, nämlich durch die Gesundheitsreform führung des Euro-Bargeldes, koppelte sich die gefühlte Infla- und durch Tabaksteuererhöhungen. Rechnet man die Wir- tion aber deutlich von der gemessenen Teuerung ab. Wäh- kungen dieser speziellen Maßnahmen aus der Teuerungs- rend die tatsächlichen Preissteigerungsraten weiter sanken, rate für 2004 heraus, dann verbleibt ein Preisanstieg von 1) Das Berechnungsschema ist im Anhang auf S. 858 dargestellt. 2) Institut für Demoskopie Allensbach: „Drei Jahre nach Einführung des Euro“, Allensbacher Berichte Nr. 1/2005. Statistisches Bundesamt • Wirtschaft und Statistik 8/2005 853
PREISE Schaubild 1 Unterschied zwischen gefühlter und tatsächlicher Inflation in Deutschland Veränderung des Verbraucherpreisindex Gefühlte Inflation laut Umfrage gegenüber dem Vorjahresmonat in % der Europäischen Kommission in Punkten % Punkte 8 80 7 70 Euro-Bargeldeinführung 6 60 5 50 4 40 3 30 2 20 1 10 0 0 -1 -10 J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O J A 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 05 Statistisches Bundesamt 2005 - 01 - 0761 lediglich 0,6%. Diese niedrige Teuerungsrate lässt sich auch Diese Frage lässt sich durchaus beantworten, wenn man die drei Jahre nach Einführung des Euro-Bargeldes kaum mit der „innere Mechanik“ der Preisstatistik etwas näher betrach- Wahrnehmung der Konsumenten beim täglichen Einkauf in tet. Um einen solchen Blick auf die Funktionsweise der Einklang bringen. Preisstatistik zu ermöglichen, sollen möglichst einfache Zusammenhänge vermittelt werden, die ohne statistisches Fachwissen zu verstehen sind. 2 Was sollte kommuniziert werden? Im Wesentlichen geht es darum zu erklären, dass der Ver- braucherpreisindex ein Mittelwert ist, der sich aus einer Viel- 2.1 Inhalt der Kommunikations- zahl von Einzelbeobachtungen zusammensetzt. Er bezieht strategie sich auf unterschiedliche Geschäftstypen, Produkte von ver- schiedenen Herstellern, verschiedene Gemeinden, Güterar- Die Einführung des Euro-Bargeldes spielt zweifellos eine ten und Verbrauchsgewohnheiten. Sehr starke Preissteige- zentrale Rolle für den zeitweise starken Unterschied zwi- rungen zum Beispiel in einem einzelnen Geschäft oder bei schen gefühlter und tatsächlicher Inflationsrate. Trotzdem einem bestimmten Dienstleistungsbetrieb werden durch steht für die amtliche Preisstatistik die Akzeptanz des Euro niedrigere Preisaufschläge oder sinkende Preise in anderen durch die Bevölkerung nicht im Vordergrund ihrer Informa- Verkaufsstellen ausgeglichen. So kommt es, dass heftige tionsbemühungen. Während die Notenbanken für die Ein- Preissteigerungen, welche die Konsumenten an verschiede- führung des Euro und damit auch für die Vermittlung sei- nen Stellen immer wieder erlebt haben, sich im gesamten ner Bedeutung in der Bevölkerung zuständig sind, besteht Verbraucherpreisindex kaum widerspiegeln. die Rolle der amtlichen Preisstatistik darin, die Auswirkun- gen der Euro-Bargeldeinführung auf die Preisentwicklung zu Um diesen Zusammenhang zu vermitteln, sollte im ers- beobachten. Die Statistik nimmt hier den Standpunkt eines ten Schritt die subjektive Wahrnehmung der Konsumenten neutralen und unabhängigen Beobachters ein. bewusst aufgenommen und durch Einzelbeispiele bestä- tigt werden. Dies erschien wichtig, um überhaupt erst ein Dennoch wird durch die weit verbreitete Euro-Skepsis auch gewisses Interesse für die Statistik zu erzeugen. Im zweiten die Glaubwürdigkeit der amtlichen Preisstatistik in Mitlei- Schritt wurde versucht, die Berechnungsmethode der Preis- denschaft gezogen. Einerseits hält ein großer Teil der Bevöl- statistik in Grundzügen zu erklären und so den Widerspruch kerung den Euro für einen „Teuro“, andererseits zeigen die zur individuell wahrgenommenen Preisentwicklung zumin- Ergebnisse der Preisstatistik beim allgemeinen Preisni- dest teilweise aufzuklären. Im Folgenden wird hierzu ein veau keinen Aufwärtstrend nach der Euro-Bargeldeinfüh- Beispiel dargestellt. rung. Es ist daher ein Anliegen der amtlichen Preisstatistik, die Ergebnisse der Preisstatistik besser zu kommunizieren. Dabei steht die folgende Frage im Vordergrund: 2.2 Beispiel Einzelpreisentwicklungen Wie kommt es, dass die Statistik niedrige Inflations- Der statistische Effekt der Mittelwertbildung lässt sich am raten misst, während die Bevölkerung von heftigen Beispiel der Preisentwicklung im Gastgewerbe gut darstel- Preissteigerungen redet? len. Ähnlich wie bei anderen Dienstleistern zeigten sich bei 854 Statistisches Bundesamt • Wirtschaft und Statistik 8/2005
PREISE Schaubild 2 im Zuge der Euro-Bargeldeinführung nach oben verscho- ben hat. Verbraucherpreisindizes für Gaststätten Veränderung gegenüber dem Vormonat in % Nimmt man das halbe Jahr vor und nach der Bargeldumstel- Essen in Gaststätten Getränke in Gaststätten lung, so sind zum Beispiel die Preise für Mineralwasser in % 2,5 % 2,5 Gaststätten um 4,5% gestiegen. 4,5% in den zwölf Monaten um die Euro-Umstellung – das ist aber immer noch deutlich weniger als von vielen Menschen wahrgenommen. Zahlrei- 2,0 2,0 che Konsumenten berichten von weit stärkeren Preiserhö- hungen, die sie in den von ihnen besuchten Restaurants 1,5 1,5 und Gaststätten beobachtet haben. Im nächsten Schritt wurde daher erklärt, wie sich der sta- 1,0 1,0 tistische Mittelwert von 4,5% aus vielen einzelnen Preis- änderungen zusammensetzt. In Schaubild 4 auf S. 856 ist 0,5 0,5 für jeden einzelnen Gastronomiebetrieb der Stichprobe der Verbraucherpreisstatistik angegeben, wie sich der Preis für Mineralwasser in den sechs Monaten vor und nach der Bar- 0 0 geldumstellung geändert hat. Jeder Punkt steht für eine der Euro-Bargeldeinführung insgesamt 761 Gaststätten in der Stichprobe der Verbrau- -0,5 -0,5 cherpreisstatistik. Angegeben ist die Preiserhöhung zwi- J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O 2000 2001 2002 2003 2004 schen Juli 2001 und Juli 2002. Statistisches Bundesamt 2005 - 01 - 0762 In diesem Bild spiegelt sich die große Bandbreite der Preis- änderungen wider. Je breiter die Punktewolke ist, desto den Restaurantpreisen zum Zeitpunkt der Euro-Bargeldein- mehr Fälle gab es in diesen Bereichen der Preiserhöhung. führung deutliche Preiserhöhungen (siehe Schaubild 2). Im Auch Preiserhöhungen von knapp 100% gab es, sie blie- Januar 2002 hat das Essen in Restaurants im Durchschnitt ben aber die seltene Ausnahme. Aufschläge von bis zu 40% 2,3% mehr gekostet als im Dezember 2001. Die Getränke kamen öfter vor und Erhöhungen um die 20% waren in der in Gaststätten hatten sich um 2,0% gegenüber dem Vormo- Gastronomie schon fast „normal“. Auch Preissenkungen nat verteuert. Für einen Monat ist das sehr viel, denn in den hat es in diesem Zeitraum nicht selten gegeben. Die große Jahren zuvor und danach waren die Preisänderungen gegen- Mehrheit der Preisänderungen zeigt sich aber dort, wo die über dem Vormonat etwa zwanzigmal niedriger. In Schau- Punktewolke am breitesten ist, nämlich zwischen 0 und bild 2 sind die Preisänderungen gegenüber dem Vormonat etwa 5%. dargestellt. Hier wird die begrenzte Aussagekraft eines statistischen In Schaubild 3 ist der gleiche Sachverhalt dargestellt, wobei Mittelwertes sehr deutlich. Der Durchschnittswert verrät hier die Indexwerte angegeben sind. Man sieht hier deut- nichts über die einzelnen Preisänderungen, von denen die licher, wie sich das Preisniveau bei den Gaststättenpreisen Menschen betroffen sind. Für den einzelnen Restaurant- besucher ist ein Mittelwert gar nicht relevant. Wenn dessen Schaubild 3 Lieblingsitaliener in München teurer geworden ist, so ist das ärgerlich. Ob dafür in Hamburg ein Fast-Food-Restaurant bil- Verbraucherpreisindizes für Gaststätten liger wird, interessiert dann wenig. Die Wahrnehmung der 2000 = 100 Konsumenten ist individuell, sie lässt sich mit einem einfa- Essen in Gaststätten Getränke in Gaststätten chen statistischen Mittelwert nicht abbilden. Messzahlen Messzahlen 108 108 Daraus folgt als Fazit, dass die „wahrgenommene Teuerung“ für viele Menschen höher liegen dürfte als die von der amt- lichen Statistik berechnete Inflationsrate. Der Hauptgrund 106 106 ist wohl darin zu sehen, dass die amtliche Statistik mit der Berechnung der Inflationsrate ein Konzept verfolgt, das auf 104 104 die Berechnung eines allgemeinen Durchschnittswertes abzielt. Stärkere Preiserhöhungen an einer Stelle werden dabei durch moderate Preisentwicklungen an anderer Stelle 102 102 ausgeglichen. Dieser Durchschnittswert ist eine theoreti- Euro-Bargeldeinführung sche Größe, die nicht dem entsprechen kann, was einzelne Konsumenten subjektiv wahrnehmen. Deren Verbrauchs- 100 100 gewohnheiten entsprechen nicht denen eines statistischen Durchschnittshaushalts, ihre Preisbeobachtungen können 98 98 nicht repräsentativ sein und es ist weder zu erwarten, dass J A J O J A J O J A J O J A J O J A J O Preissteigerungen an einer Stelle mit Preissenkungen an 2000 2001 2002 2003 2004 anderer Stelle verrechnet noch dass die Gewichte einzelner Statistisches Bundesamt 2005 - 01 - 0763 Ausgabepositionen dabei adäquat berücksichtigt werden. Statistisches Bundesamt • Wirtschaft und Statistik 8/2005 855
PREISE Schaubild 4 Einzelpreisänderungen im Jahr um die Euro-Bargeldeinführung für Mineralwasser in Gaststätten Prozentuale Änderung der Einzelpreise für die Position „Verzehr von Mineralwasser” zwischen Juli 2001 und Juli 2002 % % 100 100 90 90 80 80 70 70 60 60 Mittlere Preisänderung in Deutschland: 4,5% 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10 0 0 -10 -10 -20 -20 -30 -30 -40 -40 Statistisches Bundesamt 2005 - 01 - 0764 Da individuelle Beobachtungen kein allgemein gültiges Bild – Informationsbroschüre „Im Blickpunkt – Preise in der Situation einer Gesellschaft geben können, ist es Auf- Deutschland“ gabe der amtlichen Statistik, u. a. die Inflationsrate zu mes- sen. Dieser Indikator bezieht sich eben nicht auf Einzelfälle, – Indexrechner sondern auf einen objektiv ermittelten Durchschnittswert. – Arbeitsblatt für Schülerinnen und Schüler sowie für Bei der Berechnung werden die absatzstärksten Produkt- Studierende varianten, die am häufigsten besuchten Geschäfte, reprä- sentativ ausgewählte Städte und die Verbrauchsausgaben – Themenkästen der Preisstatistik eines Durchschnittshaushalts berücksichtigt. Dieses Kon- zept hat sich für viele Zwecke bewährt. Da es bei der Infla- tionsrate immer um Mittelwerte geht, eignet sie sich zum 3.1 Informationsbroschüre Beispiel als Basis für Lohnverhandlungen oder als Indikator für die Geldwertstabilität, an dem sich die Europäische Zen- Der Blickpunktband „Preise in Deutschland“ ist für ein mög- tralbank orientieren kann. lichst breites Publikum geschrieben. Er vermittelt einen umfassenden Überblick über die Preisentwicklung der letz- ten Jahre in Deutschland und erläutert die Wirkung wichti- 3 Instrumente ger Ereignisse, wie zum Beispiel der Gesundheitsreform, auf den Geldwert. Gleichzeitig vermittelt der Band viele Hin- Die oben angesprochenen Zusammenhänge der Preisstatis- tergründe zum Verstehen und Interpretieren der Daten und tik wurden mit vier unterschiedlichen Instrumenten kommu- geht auf den Widerspruch zwischen gefühlter und tatsäch- niziert, die hier kurz dargestellt sind: licher Teuerung ein. Er enthält folgende Kapitel: 856 Statistisches Bundesamt • Wirtschaft und Statistik 8/2005
PREISE – Entwicklung der Verbraucherpreise in Deutschland, ben – Kraftstoffe gehören aber zum Warenkorb der Preis- statistik. Ebenso sind Tabakwaren immer enthalten, auch – Datenerhebung und Indexberechnung, wenn es viele Nichtraucherhaushalte gibt. Wie stark ein ein- zelner Haushalt von der Inflation betroffen ist, hängt also – Ursachen der Teuerung, sehr davon ab, welche Güter er kauft. – Internationaler Vergleich des Preisniveaus und Um zu veranschaulichen, wie stark eine persönliche Infla- – Zukunftsprojekte der Preisstatistik. tionsrate von den statistischen Durchschnittswerten abwei- chen kann und um den Einfluss der Gewichtung auf ein- fache Weise zu veranschaulichen, wurde der so genannte 3.2 Indexrechner Indexrechner entwickelt und als interaktive Anwendung Die Inflationsrate hängt nicht nur davon ab, wie sich die im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes zur Preise verändern. Entscheidend ist auch, mit welchem Verfügung gestellt. Es handelt sich um einen „experimen- Gewicht die Preisentwicklung der einzelnen Güterarten in tellen Verbraucherpreisindex“, bei dem man beispiel- den Gesamtindex eingeht. Die vom Statistischen Bundes- haft einige Gewichte des Warenkorbes verändern kann. In amt verwendeten Gewichte gelten für den durchschnitt- einer Grafik sieht man dann, wie sich eine Änderung des lichen Konsumenten. Es handelt sich also um Gewichte, Warenkorbgewichtes auf die gemessene Preisentwicklung die repräsentativ für einen durchschnittlichen deutschen auswirkt. Der Indexrechner ist unter der Adresse http:// Haushalt sind. www.destatis.de/indexrechner zu finden. Diesen gibt es allerdings nur in der Theorie. Wer zum Bei- Mit dem Indexrechner wird anhand von Beispielen die spiel kein Auto hat, wird auch kein Geld für Benzin ausge- Funktionsweise der Gewichtung in der Preisstatistik veran- Schaubild 5 Indexrechner Statistisches Bundesamt • Wirtschaft und Statistik 8/2005 857
PREISE schaulicht. Man kann allerdings mit dem Indexrechner nicht „Das Rätsel der gefühlten Inflation“ berechnen, wie hoch eine Teuerungsrate wäre, bei der alle Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 24.02.2005 persönlichen Verbrauchsausgaben eines einzelnen Konsu- menten berücksichtigt sind. Eine solche Berechnung wäre Auch zeigen die Internetzugriffe, dass der Indexrechner und sehr aufwändig und für eine einfache Internetanwendung die Themenkästen der Preisstatistik häufig genutzt wer- viel zu kompliziert. Der Indexrechner dient vielmehr dazu, den. Zahlreiche E-Mails von Nutzern weisen darauf hin, anhand einiger Beispiele das Funktionieren der Preisstatis- dass diese Instrumente positiv aufgenommen werden. Ins- tik besser zu erklären. gesamt kann die Kommunikationsstrategie also als Erfolg verbucht werden. Dennoch dürften diese Aktionen bei wei- tem nicht ausreichen, um in der breiten Öffentlichkeit das 3.3 Arbeitsblatt für Schülerinnen Bild der Preisstatistik nachhaltig zu verändern. Hierfür wäre und Schüler sowie für Studierende es notwendig, noch häufiger und intensiver auf die Men- schen zuzugehen, um die Funktionsweise der Statistik zu Das Arbeitsblatt für Schülerinnen und Schüler sowie für Stu- erklären. dierende wurde in Zusammenarbeit mit dem Metzler-Verlag erstellt. Der Metzler-Verlag gibt vierteljährlich eine Arbeits- blattsammlung zu verschiedenen aktuellen gesellschafts- 5 Anhang: Berechnung der politischen Themen heraus, die Auflage liegt bei etwa 2 000 Exemplaren. Die Arbeitsblätter enthalten auf der Vorderseite „gefühlten Inflation“ Informationen und Fragen zu einem bestimmten Gebiet, die Die Europäische Kommission führt in den 25 Mitgliedstaa- kopiert als Unterrichtsmaterialien verteilt werden können. ten der Europäischen Union monatliche Konsumentenbefra- Auf der Rückseite sind für die Lehrenden Lösungsvorschläge gungen zur wirtschaftlichen Situation durch. Dabei werden und weitere Hintergrundmaterialien dargestellt. Im Arbeits- knapp 33 000 Konsumenten befragt, darunter 20 800 in den blatt zur Preisstatistik werden der Warenkorb des Verbrau- Staaten, die der Eurozone angehören. Die Fragen behan- cherpreisindex und der Einfluss der Gewichtung auf die deln die Einschätzung der persönlichen und allgemeinen Ergebnisse zur Preisentwicklung thematisiert. wirtschaftlichen Lage. Dabei wird mit folgender Frage auch die Entwicklung der Verbraucherpreise thematisiert: 3.4 Themenkästen der Preisstatistik „Wie haben sich die Verbraucherpreise Ihrer Ansicht nach in den letzten zwölf Monaten entwickelt?“ In den Themenkästen der Preisstatistik werden jeden Monat interessante Ergebnisse und Hintergrundinformationen in Folgende Antwortmöglichkeiten stehen den Befragten zur zusammengefasster Form dargestellt. Sie werden in der Auswahl: monatlich erscheinenden Zeitschrift des Statistischen Bun- desamtes „Wirtschaft und Statistik“ sowie parallel dazu im • heftig gestiegen (PP) • ungefähr gleich geblieben (M) Internet unter http://www.destatis.de Æ Preise Æ aktu- • mäßig gestiegen (P) • gefallen (MM) elle Themen veröffentlicht. Die Themenkästen haben häu- • leicht gestiegen (E) • weiß nicht (N) fig einen aktuellen Bezug, zum Beispiel im letzten Jahr zur Gesundheitsreform oder zur Entwicklung der Gaspreise. Das Ziel besteht darin, durch die Einbettung der Ergebnisse der Aus der prozentualen Verteilung der Antworten wird ein Preisstatistik in einen übergeordneten Zusammenhang die Punktestand berechnet, der die gefühlte Inflation darstel- Zahlen interessanter zu machen, dadurch Interesse beim len soll. Einschätzungen gleich gebliebener oder gefallener Leser zu wecken und „nebenbei“ die Funktionsweise der Preise werden dabei von Einschätzungen gestiegener Preise Preisstatistik in einzelnen Bereichen zu erklären. Zusätzlich abgezogen. Der Punktestand wird aus wird die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse unterstützt, wenn deutlich wird, dass sich reale Begebenheiten direkt in den Punktestand = (PP + 0,5 × P) – (0,5 × M + MM) Zahlen der Preisstatistik widerspiegeln. berechnet. Die Verteilung der gewählten Antwortmöglich- keiten wird also als ein zusammengefasster Saldo darge- stellt, der die Differenz zwischen positiven (Preise sind 4 Ergebnisse gestiegen) und negativen (Preise sind gefallen bzw. gleich geblieben) Einschätzungen bezüglich der Preisentwick- Die dargestellten Instrumente wurden am 22. Februar 2005 lung angibt. Je höher der berechnete Punktestand ist, desto in einem Pressegespräch der Öffentlichkeit vorgestellt. Die stärker ist die gefühlte Inflation. Der maximale Saldo von Presse hat dies in zahlreichen Zeitungsartikeln sowie Rund- + 100 wird erreicht, wenn alle Befragten Antwortmöglichkeit funk- und Fernsehbeiträgen sehr positiv aufgenommen – 1 („Verbraucherpreise sind heftig gestiegen“) wählen; ein zum Beispiel unter den Überschriften: Wert von – 100 ergibt sich, wenn alle Befragten Antwort 5 („Verbraucherpreise sind gefallen“) wählen. „Bundesamt schafft mehr Preistransparenz“ Handelsblatt Nr. 038 vom 23.02.2005 Informationen zu den Befragungen finden sich im Internet unter dem Link: „Jetzt gibt es Fakten und nicht nur ein Gefühl“ http://europa.eu.int/comm/economy_finance/ Südwest Presse, 23.02.2005 indicators/businessandconsumersurveys_en.htm. 858 Statistisches Bundesamt • Wirtschaft und Statistik 8/2005
Auszug aus Wirtschaft und Statistik © Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2005 Für nichtgewerbliche Zwecke sind Vervielfältigung und unentgeltliche Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet. Die Verbreitung, auch auszugsweise, über elektronische Systeme/Datenträger bedarf der vorherigen Zustimmung. Alle übrigen Rechte bleiben vorbehalten. Herausgeber: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden Schriftleitung: Johann Hahlen Präsident des Statistischen Bundesamtes Verantwortlich für den Inhalt: Brigitte Reimann, 65180 Wiesbaden • Telefon: +49 (0) 6 11/75 20 86 • E-Mail: wirtschaft-und-statistik@destatis.de Vertriebspartner: SFG Servicecenter Fachverlage Part of the Elsevier Group Postfach 43 43 72774 Reutlingen Telefon: +49 (0) 70 71/93 53 50 Telefax: +49 (0) 70 71/93 53 35 E-Mail: destatis@s-f-g.com Erscheinungsfolge: monatlich i Allgemeine Informationen über das Statistische Bundesamt und sein Datenangebot erhalten Sie: • im Internet: www.destatis.de oder bei unserem Informationsservice 65180 Wiesbaden • Telefon: +49 (0) 6 11/75 24 05 • Telefax: +49 (0) 6 11/75 33 30 • E-Mail: info@destatis.de
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