Schutz der Familie vor Tabakrauch - Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle - Band 14 Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg - German ...

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Schutz der Familie vor Tabakrauch - Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle - Band 14 Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg - German ...
Rote Reihe
Tabakprävention und Tabakkontrolle

Schutz der Familie vor Tabakrauch

Band 14
Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
Schutz der Familie vor Tabakrauch - Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle - Band 14 Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg - German ...
Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle Band 14:
Schutz der Familie vor Tabakrauch

© 2010, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

1. Auflage: 2000

Zitierweise:
Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.):
Schutz der Familie vor Tabakrauch. Heidelberg, 2010

Titelfoto:
Martin Neudörfer, fresh-foto.de

Gestaltung, Layout und Satz:
komplus GmbH, Heidelberg

Verantwortlich für den Inhalt:
Deutsches Krebsforschungszentrum
Stabsstelle Krebsprävention und
WHO Kollaborationszentrum
für Tabakkontrolle

Leiterin:
Dr. med. Martina Pötschke-Langer
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg

Telefon: 06221 42 30 07
Telefax: 06221 42 30 20
E-mail: who-cc@dkfz.de
Internet: http://www.tabakkontrolle.de
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Rote Reihe
Tabakprävention und Tabakkontrolle
Band 14

Schutz der Familie vor Tabakrauch

Autorinnen und Autoren        In Zusammenarbeit mit

Dipl. Biol. Sarah Kahnert     Uwe Kamp,
                              Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Dr. Katrin Schaller
                              Prof. Dr. Berthold Koletzko,
Ute Mons, M. A.               Stiftung Kindergesundheit

Dipl. Vw. Florian Gleich      Prof. Dr. Dr. Heinz Walter Thielmann,
                              Mitglied der Senatskommission der
Nick K. Schneider             Deutschen Forschungsgemeinschaft
                              zur Prüfung gesundheitsschädlicher
Dr. Martina Pötschke-Langer   Arbeitsstoffe

Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
Inhalt

             Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

             1     Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko
                   für die Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
                   1.1    Zusammensetzung von Tabakrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
                   1.2 Hauptstromrauch und Nebenstromrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
                   1.3 Veränderungen des Tabakrauchs mit der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

             2     Tabakrauchbelastung von Familien in Deutschland  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
                   2.1 Tabakrauchbelastung von Erwachsenen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
                   2.2 Tabakrauchbelastung von Kindern zu Hause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
                   2.3 Schutz vor Tabakrauch im privaten Raum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
                   2.4 Tabakrauchbelastung in Fahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

             3     Durch Passivrauchen verursachte Beschwerden und Erkrankungen . . . . . . . . 29
                   3.1 Atemwegserkrankungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
                   3.2 Herz- und Gefäßerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
                   3.3 Krebserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

             4     Rauchen und Passivrauchen während und nach der Schwangerschaft –
                   Gefahr für Mutter und Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
                   4.1 Auswirkungen des Rauchens auf die Plazenta und dadurch
             		           verursachte Schwangerschaftskomplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
                   4.2 Auswirkungen des mütterlichen Rauchens
             		           auf die fetale Entwicklung und das Neugeborene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
                   4.3 Auswirkungen der pränatalen Tabakrauchbelastung
             		           auf die Entwicklung des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
                   4.4 Belastung des Neugeborenen mit Schadstoffen
             		           aus dem Tabakrauch während der Stillzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
                   4.5 Vorteile eines Rauchstopps vor oder während
             		           der Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

2 | Inhalt
4.6 Gesundheitsschäden durch Passivrauchen der Mutter
		         während der Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
    4.7 Gesundheitliche Auswirkungen durch Passivrauchen bei Kindern . . . . . 52

5   Ethische Überlegungen und rechtliche Bestimmungen
    zum Nichtraucherschutz im Kindes- und Jugendalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

6   Kinder- und Jugendschutz in den gesetzlichen Bestimmungen der
    Bundesländer aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V., Berlin . . . . . . 61

7   Handlungsempfehlungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

    Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

    Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

                                                                                                                             Inhalt | 3
Vorwort

                                          „Aller Aufwand für Kinder ist nicht nur eine Investition
                              in die Zukunft unserer Gesellschaft, sondern auch und vor allem in
                                Glück und Lebenssinn und in eine gute Zukunft unseres Landes.“
                                                            Bundespräsident Horst Köhler, 2006

              Kinder – insbesondere Kleinkinder – sind auf den Schutz durch Erwachsene ange-
              wiesen. Deutschland als Vertragspartei der UN-Kinderrechtskonvention vom
              20.11.1998 versichert Kindern das Recht auf das höchste erreichbare Maß an Ge-
              sundheit und hat sich dazu verpflichtet, Kinder vor jeder Form der Schadenszufü-
              gung zu schützen. Dazu gehört auch das gesundheitsschädliche Passivrauchen.
              Aber immer noch müssen in Deutschland rund 20 Prozent der Kleinkinder zu Hause
              Tabakrauch einatmen.

              Kinder werden zum Teil sogar schon vor ihrer Geburt nachhaltig geschädigt, wenn
              die Mutter während der Schwangerschaft raucht: Raucherinnen erleiden häufiger
              als Nichtraucherinnen Früh- und Totgeburten und ihre Säuglinge sind bei der Ge-
              burt kleiner, haben einen kleineren Kopfumfang und ein erhöhtes Risiko, am plötz-
              lichen Kindstod zu sterben. Passivrauchende Kinder sind, da der Tabakrauch die
              Entwicklung ihrer Lunge beeinträchtigt, anfälliger gegenüber Atemwegsbeschwer-
              den, Atemwegsinfektionen und Asthma und möglicherweise haben sie sogar ein
              erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken.

              Der vorliegende Report gibt einen umfassenden Überblick über das Ausmaß der
              passiven Tabakrauchbelastung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen so-
              wie über die Gesundheitsgefahren des Passivrauchens. Er zeigt auf, wo in Deutsch-
              land noch Handlungsbedarf besteht und welche wirksamen Maßnahmen Verbesse-
              rungen bringen könnten. Dazu gehört in erster Linie die Förderung des Nichtrauchens,
              denn Kinder sind in nichtrauchenden Familien am besten vor Tabakrauch geschützt.
              Als weitere Maßnahmen wäre es wichtig, Räume, die von Kindern genutzt werden,
              konsequent rauchfrei zu machen. Dies betrifft vor allem alle öffentlichen, von Kin-
              dern genutzten Bereiche einschließlich der Kindertagespflege und Freizeiteinrich-
              tungen wie Spielplätze sowie die Gastronomie, in der noch viele Ausnahmerege-
              lungen vom Nichtraucherschutz gelten. Ein Handlungsbedarf besteht aber auch für
              Maßnahmen im privaten Raum, also in Wohnungen und im Privat-PKW.

              Am wirksamsten wäre es, für den öffentlichen Raum eine bundeseinheitliche Rege-
              lung anzustreben. Zumindest aber müssten die bestehenden Landesnichtraucher-
              schutzgesetze dahingehend nachgebessert werden, dass die von Kindern genutz-
              ten Räume und Bereiche ausnahmslos rauchfrei werden.

              Prof. Dr. Otmar D. Wiestler
              Wissenschaftlicher Stiftungsvorstand und Vorstandsvorsitzender
              des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg, im Mai 2010

4 | Vorwort
1       Tabakrauch in Innenräumen –
        ein vermeidbares Gesundheits-
        risiko für die Familie

 Kernaussagen

    Tabakrauch enthält mehr als 4 800 verschiedene Substanzen, von denen
    mindestens 250 toxisch sind und deswegen eine gesundheitsschädliche
    Wirkung besitzen.
    90 Inhaltsstoffe des Tabakrauchs wurden bisher als krebserzeugend oder
    möglicherweise krebserzeugend eingestuft.
    Tabakrauch ist ein sehr komplexes und dynamisches Gemisch aus Partikeln
    und Gasen, das seine Eigenschaften und seine Konzentration in Abhängig­
    keit von den Umgebungsbedingungen und von der Zeit ändert.
    Der Tabakrauch in der Raumluft besteht zu 85 Prozent aus Nebenstrom­
    rauch, der hauptsächlich zwischen den Zugphasen der Zigarette entweicht,
    und zu 15 Prozent aus Hauptstromrauch, der vom Raucher nach dem Ziehen
    an der Zigarette ausgeatmet wird.
    Weil Nebenstromrauch bei niedrigeren Temperaturen durch zum Teil unvoll­
    ständige Verbrennungsprozesse entsteht, enthält er unverdünnt einige der
    gesundheitsschädlichen Substanzen in höherer Konzentration, so dass er
    giftiger als der Hauptstromrauch ist.
    Die Toxizität des Tabakrauchs nimmt mit der Zeit zu, da sich die Konzentra­
    tion mancher der Kanzerogene und Gifte im Laufe der Zeit durch weitere
    chemische Reaktionen erhöht und andere zusätzlich entstehen.

Tabakrauch (Second Hand Smoke) ist           In diesem Bericht wird dargelegt, dass
mit Abstand der gefährlichste, leicht ver-   Passivrauchen frühzeitige Sterblichkeit
meidbare Innenraumschadstoff. Er ist         verursacht. Es erhöht das Lungenkrebs-
ein komplexes Gemisch aus zahlreichen        risiko um 20 bis 30 Prozent und das Risi-
Substanzen, die beim Verbrennen des          ko für Herz-Kreislauferkrankungen um
Tabaks entstehen. Das Einatmen von           25 bis 30 Prozent (siehe Kap. 3, Seite
­Tabakrauch aus der umgebenden Luft          29  f f). Der Report stellt außerdem her-
 wird als Passivrauchen bezeichnet           aus, dass Kinder, die Tabakrauch ausge-
 (Abb. 1).                                   setzt sind, ein erhöhtes Risiko für den
 Eine derzeit aktuelle und umfassende        plötzlichen Kindstod (sudden infant
 Zusammenfassung über die schädlichen        death syndrome, SIDS), akute Atem-
 Wirkungen des Passivrauchens stellt der     wegsinfektionen, Mittelohrentzündun-
 Report des Surgeon General dar, des         gen und schweres Asthma besitzen318 .
 Leiters des United States Public Health     Außerdem wird in dem Bericht darge-
 Service, aus dem Jahr 2006 mit dem          legt, dass für die ­Tabakrauchbelastung
 ­Titel The Health Consequences of Invo­     kein Grenzwert angegeben werden kann,
  luntary Exposure to Tobacco Smoke  318 .   unterhalb dessen kein gesundheits-

                              Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie | 5
Nikotin                                Kanzerogene               Kohlenmonoxid
                                                                        (u.a. PAK, N-Nitrosamine,
                                                                           Aromatische Amine)
                                          Lungengängige                                                   Andere Gifte
                                             Partikel
                                                                             Tabakrauch
                                            (durch Raucher ausgeatmeter Hauptstromrauch sowie Nebenstromrauch)

                                                                        Gasphase & Partikelphase

                                        Aufnahme aus                                                      Ablagerung
                                       der umgebenden                                                    auf Oberflächen
                                       Luft beim Atmen                                                (Raum, Kleidung, Haut)
                                        (Passivrauchen)
                                                                                                     Chemische Reaktionen der
                                                                                                      Tabakrauchkomponenten
                                                                                                    mit Stoffen in der Umgebung

                                                                                                            Abgabe an
                                                                                                          die Umgebung
Abbildung 1:
Gesundheitsgefährdung                                 Gesundheits-
durch Tabakrauch.                                      gefährdung
Darstellung: Deutsches
Krebsforschungszentrum,                                                                                  Aufnahme über
                                                                                                         Lunge und Haut
Stabsstelle Krebspräven­
                             PAK = Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
tion, 2010.

                           schädliches Risiko besteht 318 . Ebenfalls                    ist, im ­Gegensatz zu den Kanzerogenen
                           im Jahr 2006 wurde Tabakrauch in der                          (krebs­erzeugende Substanzen), für die
                           Raumluft vom kalifornischen Ausschuss                         keine unschädliche Menge angegeben
                           für Luftqualität (California Air Resources                    werden kann, abhängig von der Konzen-
                           Board, CARB) aufgrund der wissen-                             tration. Von einem eigentlichen Gift
                           schaftlichen Belege für die Gesundheits-                      spricht man nur, wenn Substanzen auch
                           gefährdung durch Passivrauchen als to-                        in sehr geringen Mengen giftig sind, also
                           xischer Luftschadstoff eingestuft 40.                         im ­Bereich von Milligramm-Mengen. Die
                                                                                         Giftwirkung tritt üblicherweise nach Ver­
                           1.1 Zusammensetzung von                                       schlucken, Einatmen oder nach Aufnah-
                           Tabakrauch                                                    me über die Haut ein.
                                                                                         Tabakrauch enthält neben dem abhängig
                           In frischem Tabakrauch wurden bisher                          machenden Nikotin auch Kohlendioxid,
                           über 4  8 00 verschiedene Substanzen                          Kohlenmonoxid und eine Vielzahl von
                           identifiziert13,116, von denen mindestens                     Kanzerogenen, wie Benzol, 1,3-Butadien,
                           250 toxisch beziehungsweise giftig                            Benzo[a]pyren und 4-(Methylnitrosami­
                           sind82. Als giftig werden Substanzen be-                      no)-1-(3-pyridyl)-1-butanon (NNK), so-
                           zeichnet, die eine schädliche Wirkung                         wie viele andere Gifte, die beim Ein­
                           auf Lebewesen besitzen. Die Giftigkeit                        atmen aufgenommen werden (Abb. 2).

6 | Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie
F+                                             Xn
                Acetaldehyd                                                           T           Acrylnitril                                F
                                                                                                                                                                   T                                         N

                                                                                                                                                                            Ammoniak
         Zwischenprodukt                                                            Produktion von
    bei organischen Synthesen                                                         Acrylfasern                                                                   C
                                                                                                                                                                                In                           Xi
                                                                                      K                      N

Krebserzeugend; reizt Augen & Atemtrakt;                                                & Plastik                                                                           Putzmitteln
     K   stört die Selbstreinigung der                                               Krebserzeugend;
                                                                                                                                                          Reizt schon in geringer Konzentration
         Lunge durch Lähmung der                                         reizt Schleimhäute & Augen; verursacht
                                                                                                                                                           die Augen & Atemwege; erhöht das
         Flimmerhärchen                                                   Kopfschmerzen, Schwindel & Übelkeit
                                                                                                                                                              Suchtpotential von Zigaretten

              Aromatische                                                T                 Arsen                           N
                                                                                                                                                                            Benzol
              Amine z.B. Anilin                                                                                                                          K                                           T

         T
                                                                                 In Rattengift                                                             Antiklopfmittel
              Ausgangsprodukte
                                                                               Krebserzeugend; Inhalation                                                        in Benzin
              bei Herstellung von                                        K
                                                                                                                                                                                                     F

         K    Kunst- & Farbstoffen                                             der Dämpfe verursacht                                             Krebserzeugend (Leukämie);
                                                                               Schleimhautreizung; giftig                                                  erbgutschädigend
              Giftig; Krebserzeugend
         N
              (in Harnblase, Milz und
                                                                                                                                                                        1,3-Butadien
                                                                                                                                                                                                              F+
              Bauchhöhle); erbgut-                                                    N
                                                                                                            Blei
              schädigend                                                                                 In Batterien                                  Grundstoff für Autoreifen;
                                                                                                                                                                                                                  T
                                                                                      T       Krebserzeugend; erbgut-                                           in Autoabgasen
     F+           Blausäure                              T+
                                                                                              schädigend; bei langfristiger                                          Krebserzeugend;
             Schädlingsbe-
                                                                                              Belastung Schäden an Gehirn,                                          erbgutschädigend;
                                                                                                                                                                                                                  K
               kämpfung                                                               K
                                                                                              Nieren, Nervensystem & an                                       reizt Augen & Atemwege
    Giftig beim Einatmen; verursacht
                                                                                              den roten Blutkörperchen
 Kopfschmerzen, Schwindel & Erbrechen
                                                                                                                                                                   N

    T+        Cadmium                      K
                                                                   Formaldehyd                                                      Hydrazin
                                                                                                                                                                                    Xn           K                N

              In Batterien
                                                                   T
                                                                         Konservierungs- &                                             Raketen-                    T
                                                                         Desinfektionsmittel                                           treibstoff                              Hydrochinon
              Krebserzeugend; erbgut-
     N
                                                                         Krebserzeugend; giftig;                                                                              Entwickler in der
              schädigend; giftig;                                  K

                                                                         erbgutschädigend;                                 Krebserzeugend;                         K
                                                                                                                                                                                 Fotografie
              Schädigung der Nieren
                                                                         reizt Augen & Atemwege                                       giftig
                                                                                                                                                                               Krebserzeugend;
                                                                                                                                                                               erbgutschädigend
     F+           T
                        Kohlenmonoxid                                                     Xn
                                                                                               Nickel & Nickelverbindungen                                                   schädigt Bindehaut &
                        In Autoabgasen                                                                                                                                        Hornhaut des Auges
                                                                                                 In Batterien & Metall-Legierungen
                                                                                          K
Blockiert den Sauerstofftransport im Blut;                                                       Krebserzeugend; reizt Atemwege;
       kann Blutgefäße schädigen                                                                 verursacht Lungenentzündung; giftig
                                                                                                                                                                               Nitromethan
                                                         T                                                                                                                      Treibstoff für
                                                                  Phenol                                                   Polonium-210                                         Rennmotoren
    K
             N-Nitrosamine
                                                                  Unkraut-                                                                                                      Krebserzeugend
             in gebrauchten                              K
                                                                                                                                     Alpha-Strahler
                                                                  vernichtungsmittel
             Motorenölen,                                                                                                                                                                   Xn       K
    Xn
             in Gummi                                             Krebserzeugend; giftig;                                                                                                                             Abbildung 2:
                                                                                                                            K
                                                                                                                                      Stark radiotoxisch;
                                                         C
                                                                  reizt Haut, Augen                                                                                                                                   Ausgewählte gesundheits-
             Krebserzeugend                                                                                                           krebserzeugend
                                                                  & Schleimhäute
                                                                                                                                                                                                                      gefährdende Substanzen
                                                                                                                                                                                                         F
                                                                                                                                                                                                                      im Tabakrauch, ihre
Polyzyklische aromatische                                                                                    K                 Xn
                                                                                                                                                                        Toluol
                                                                               Styrol                                                                                                                                 gewöhnliche Verwendung
Kohlenwasserstoffe (PAK)
    Xn                   z.B. Naphthalin                                                                                                                      Zusatz in Benzin,                      Xn               und Auswirkungen auf
                                                                             In der Herstellung von                                                              Lösungsmittel                                        die Gesundheit. Quelle:
             In Verbrennungsabgasen,
                                                                            Kunststoffen & -harzen
             Erdöl & Bitumen                                                                                                                               Reizt obere Atemwege & Augen;                              Deutsches Krebsfor-
    K                                                                     Krebserzeugend; Störungen des
      krebserzeugend;
         Krebserzeugend;                                               Zentralnervensystems, Kopfschmerzen,                                             führt zu Heiserkeit, Übelkeit, Schwindel                      schungszentrum 2009 66.
 Dämpfeerbgutschädigend
         reizen Augen & Atemwege                                       Erschöpfungszustände & Depressionen                                                Kopfschmerzen & Schlafstörungen
                                                                                                                                                                                                                      Überarbeitung: Deutsches
                               C             F               F+                 Xn                   Xi                T                T+                K             N
                                                                                                                                                                                                                      Krebsforschungszentrum,
                                                                                                                                                                                                                      Stabsstelle Krebspräven­
                                     Leicht-        Hoch-              Gesundheits-                                                                 Krebs-      Umwelt-      Radioaktives
                      Ätzend                                                                   Reizend        Giftig           Sehr giftig
                                   entzündlich   entzündlich            schädlich                                                                 erzeugend    gefährlich      Element
                                                                                                                                                                                                                      tion, 2010.

                                                                  Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie | 7
Chemische Verbindungen, die stark                  (IARC) beziehungsweise der Deutschen
                           krebserzeugend sind, wie die polyzykli-         ­ orschungsgemeinschaft
                                                                           F                              (DFG)    als
                           schen aromatischen Kohlenwasserstof-            krebserzeugend oder möglicherweise
                           fe (PAK), Nitrosamine und aromatischen          ­krebserzeugend eingestuft (Abb. 3).
                           Amine, sind in Mengen von 1 bis 200              ­Unverbrannter Tabak enthält wesentlich
                           ­Nanogramm pro Zigarette enthalten.               weniger Kanzerogene als Tabakrauch,
                            Verbindungen mit schwächerer kan­ze­ro­          weil die meisten dieser Verbindungen
                           gener Wirkung machen meist einen we-              erst während des Verbrennungsprozes-
                           sentlich größeren Anteil aus, so dass die         ses entstehen. Die tabakspezifischen
                           Gesamtmenge der Kanzerogene im Ta-                ­Nitrosamine 4-(Methylnitrosamino)-1-
                           bakrauch einer Zigarette zusammenge-               (3-pyridyl)-1-butanon    (NNK)      und
                           rechnet ein bis drei Milligramm be-                N-Nitro­­sonornicotin (NNN), die zu den
                           trägt109. Bisher wurden 90 Inhalts­s toffe         stärksten Kanzerogenen gehören, sind
                           des Tabakrauchs von der International              jedoch auch in unverbranntem Tabak
                           Agency for Research on Cancer                      enthalten109.

                           Abbildung 3 (Seite gegenüber):
                           Liste der 90 im Tabakrauch enthaltenen Kanzerogene, die bisher von der International
                           Agency for Research on Cancer (IARC) oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
                           als krebserzeugend oder möglicherweise krebserzeugend klassifiziert wurden. Einstufung
                           der Stoffe als krebserzeugend durch die IARC entsprechend der jeweiligen Datenlage:
                           Gruppe 1: krebserzeugend für den Menschen; Gruppe 2A: wahrscheinlich krebserzeugend
                           für den Menschen; Gruppe 2B: möglicherweise krebserzeugend für den Menschen. Stoffe,
                           die von der MAK-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft als krebserzeugend
                           eingestuft wurden, tragen deren Einstufungskennzeichnung: Kategorie 1: „Stoffe, die beim
                           Menschen Krebs erzeugen und bei denen davon auszugehen ist, dass sie einen nennenswer-
                           ten Beitrag zum Krebsrisiko leisten.“; Kategorie 2: „Stoffe, die als krebserzeugend für den
                           Menschen anzusehen sind [...].“; Kategorie 3: „Stoffe, die wegen erwiesener oder möglicher
                           krebserzeugender Wirkung Anlass zur Besorgnis geben, aber aufgrund unzureichender
                           Informationen nicht endgültig beurteilt werden können. Die Einstufung ist vorläufig.“;
                           Kategorie 3A: „Stoffe, bei denen die Voraussetzungen erfüllt wären, sie der Kategorie 4 oder
                           5 zuzuordnen. Für die Stoffe liegen jedoch keine hinreichenden Informationen vor, um einen
                           MAK- oder BAT-Wert abzuleiten.“ Kategorie 3B: „Aus In-vitro- oder aus Tierversuchen liegen
                           Anhaltspunkte für eine krebserzeugende Wirkung vor […].“ Quelle: Deutsches Krebsfor-
                           schungszentrum 2009 64. Überarbeitung: Deutsches Krebsforschungszentrum, Stabsstelle
                           Krebspräven­tion, 2010.

8 | Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie
Nr.                          Substanz                  Einstufung durch Nr.                          Substanz                  Einstufung durch
			                                                       IARC/DFG     			                                                        IARC/DFG

		    Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe                     		    N -Heterozyklische Amine
  1   Benz[a]anthracen                                         2B       46   2-Amino-9H-pyrido[2,3-b]indol                               2B
  2   Benzo[b]fluoranthen                                      2B       47   2-Amino-3-methyl-3H-imidazo-[4,5-f]chinolin (IQ)            2A
  3   Benzo[j]fluoranthen                                      2B       48   2-Amino-3,4-dimethyl-3H-imidazo-[4,5-f]quinolin (MeIQ)      2B
  4   Benzo[k]fluoranthen                                      2B       49   3-Amino-1,4-dimethyl-5H-pyrido-[4,3-b]indol (Trp-1)         2B
  5   Benzo[a]pyren                                             1       50   3-Amino-1-methyl-5H-pyrido-[4,3-b]indol (Trp-2)             2B
  6   Dibenz[a,h]anthracen                                     2A       51   2-Amino-6-methyl-[1,2-a : 3‘,2‘‘-d]imidazol (Glu-P-1)       2B
  7   Dibenzo[a,i]pyren                                        2B       52   2-Aminodipyridol-[1,2-a : 3‘,2‘‘-d]imidazol (Glu-P-2)       2B
  8   Dibenzo[a,e]pyren                                     2 (DFG)     53   2-Amino-1-methyl-6-phenylimidazo-[4,5-b]pyridine (PhIP)     2B
  9   Indeno[1,2,3-cd]pyren                                    2B       54   2-Amino-3-methyl-9H-pyrido-[2,3-b]indol                     2B
 10   5-Methylchrysen                                          2B      		    Aldehyde
 11   Chrysen                                                  2B       55   Formaldehyd                                                   1
 12   Cyclopenta[cd]pyren                                      2A       56   Acetaldehyd                                                  2B
 13   Dibenzo[a,h]pyren                                        2B       57   Glyoxal                                                   3B (DFG)
 14   Dibenzo[a,l]pyren                                        2A       58   Acrolein (2-Propenal)                                     3B (DFG)
 15   Naphthalin                                               2B       59   Crotonaldehyd (trans-2-Butenal)                           3B (DFG)
 16   Anthanthren                                           2 (DFG)     60   Furfural (2-Furylmethanal)                                3B (DFG)
 17   1-Methylpyren                                         2 (DFG)    		    Phenole
 18   Benzo[b]naphtho[2,1-d]thiophen                        2 (DFG)     61   Phenol                                                    3B (DFG)
		    Heterozyklische Kohlenwasserstoffe                                62   Brenzcatechin                                                 2B
 19   Furan                                                   2B        63   Hydrochinon                                                2 (DFG)
 20   Dibenz[a,h]acridin                                      2B        64   o-, m-, p-Kresol                                          3A (DFG)
 21   Dibenz[a,j]acridin                                      2B        65   Kaffeesäure                                                   2B
 22   Dibenzo[c,g]carbazol                                    2B       		    Verschiedene organische Verbindungen
 23   Benzo[b]furan                                           2B        66   Acetamid                                                    2B
		    Flüchtige Kohlenwasserstoffe                                      67   Acrylamid                                                   2A
 24   1,3-Butadien                                             1        68   Acrylnitril                                                 2B
 25   Isopren                                                 2B        69   Vinylacetat                                                 2B
 26   Benzol                                                   1        70   Vinylchlorid                                                 1
 27   Nitromethan                                             2B        71   Hydrazin                                                    2B
 28   2-Nitropropan                                           2B        72   1,1-Dimethylhydrazin                                        2B
 29   Nitrobenzol                                             2B        73   Ethylenoxid                                                  1
		    N- Nitrosamine                                                    74   Propylenoxid                                                2B
 30   N-Nitrosodimethylamin                                   2A        75   Styrol                                                      2B
 31   N-Nitrosomethylethylamin                                2B        76   Safrol                                                      2B
 32   N-Nitrosodiethylamin                                    2A        77   Glycidol                                                    2A
 33   N-Nitrosodi-n-propylamin                                2B        78   Urethan                                                     2B
 34   N-Nitrosodi-n-butylamin                                 2B        79   1,1,1-Trichlor-2,2-bis(4-chlorphenyl)-ethan                 2B
 35   N-Nitrosopyrrolidin                                     2B        80   Heptachlor                                                  2B
 36   N-Nitrosopiperidin                                      2B       		    Gase
 37   N-Nitrosodiethanolamin                                  2B        81   Stickstoffdioxid                                          3B (DFG)
 38   4-(Methylnitrosamino)-1-(3-pyridyl)-1-butanon (NNK)              		    Metalle
		    und                                                      1        82   Arsen                                                         1
 39   N-Nitrosonornicotin (NNN) zusammen                                83   Beryllium                                                     1
		    Aromatische Amine, flüchtige Amine                                84   Nickel                                                        1
 40   2-Toluidin                                                1       85   Chrom (Oxidationsstufe VI)                                    1
 41   4-Toluidin                                            3B (DFG)    86   Cadmium                                                       1
 42   2,6-Dimethylanilin                                       2B       87   Cobalt                                                       2B
 43   o-Anisidin                                               2B       88   Selen                                                     3B (DFG)
 44   2-Naphthylamin                                            1       89   Blei (anorganisch)                                           2A
 45   4-Aminobiphenyl                                           1      		    Radioaktive Stoffe
                                                                        90   Polonium-210                                                 1

                                      Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie | 9
Darüber hinaus sind auch viele Stoffe,                                  als Aromastoffe enthalten sein. Andere
                               die den Tabakprodukten beim Herstel-                                    Zusatzstoffe dienen dazu, die Brennei-
                               lungsprozess zugesetzt werden, gesund-                                  genschaften der Zigarette zu optimieren
                               heitsgefährdend. Diese Zusatzstoffe die-                                oder den Tabak länger feucht zu halten.
                               nen hauptsächlich dazu, den Geruch und                                  Die meisten der zugelassenen Zusatz-
                               den Geschmack sowie die Inhalation für                                  stoffe von Tabakprodukten sind zwar
                               den Raucher so angenehm wie möglich                                     auch in Lebensmitteln erlaubt, aus ihnen
                               zu gestalten (Abb. 4). So wird beispiels-                               werden jedoch beim Verbrennungspro-
                               weise nicht nur Mentholzigaretten son-                                  zess neue Stoffe gebildet, die hochgiftig
                               dern in geringer Menge auch dem Tabak                                   sein können. Aus Menthol können bei-
                               fast aller Zigarettensorten Menthol zu-                                 spielsweise die krebserzeugenden Sub-
                               gesetzt, da es eine generelle kühlende                                  stanzen Benzol, Phenol und Benzo[a]py-
                               sowie leicht betäubende Wirkung be-                                     ren enstehen259. Die Verwendung von
                               sitzt 3,56. Auch können in Tabakprodukten                               Zusatzstoffen macht ein ohnehin schon
                               Zucker sowie Lakritze, Honig oder Kakao                                 gefährliches Produkt noch gefährlicher.

                                               Zum Kleben von Mundstücken                                                      Für Tabak

                                 Stoffe für Heißschmelzstoffe: Paraffine, hydriertes Polycyclo-                   Chemisch undefinierte Gemische:
                                  pentadienharz, Styrol-Misch- & Pfropfpolymerisate, mikrokristalline          frische & getrocknete Früchte, Fruchtsaft/-sirup,
                                           Wachse 2,6-Di-tert-butyl-4-methylphenol u.a.m.                     Süßholz, Lakritze, Ahornsirup, Melasse, Gewürze,
                                                                                                               Honig, Wein, Likörwein, Spirituosen, Kaffee, Tee,
                                                                                                                  Kakao, Dextrine, Zuckerarten, Stärke u.a.m.

                                                     Für Zigarettenfilter                                                   Feuchthaltemittel:
                                    Glycerinacetat, Polyvinylacetat, Triethylenglykoldiacetat u.a.m.       Glycerin, hydrierter Glucosesirup, hydrierte Saccharide,
                                                                                                           1,2-Propylenglykol, 1,3-Butylenglykol, Triethylenglykol,
                                                                                                            Orthophosphorsäure, Glycerin-Phosphorsäure sowie
                                                                                                             deren Natrium-, Kalium- & Magnesiumsalze u.a.m.
                                     Filter-
                                     belag         Filter                Zigarettenpapie
                                                                                        r
                                                                                                                                   Tabak

Abbildung 4:
                                         Für Mundstücke & Zigarettenpapier
Zusatzstoffe in Tabakpro-                                                                                       Klebe-, Haft- & Verdickungsmittel:
                                    Farbstoffe: Brilliantschwarz, Cochenillerot, Echtrot, Indigotin           Gelatine, Schellack, Collodium, Celluloseacetat,
dukten. Quelle: Bundesmi-              sowie Chromkomplexe zweier Azo-Verbindungen u.a.m.                    Ethyl- & Methylcellulose, Carboxymethylcellulose,
nisterium für Jugend,                                                                                       Carboxymethylstärke, Gummi arabicum, Agar-Agar,
                                     Weichmacher für Farben & Lacke: Glycerinacetate
Familie und Gesundheit                                                                                     Alginsäure & Alginate, Tragant, Johannisbrotkernmehl,
                                    Stoffe für Aufdrucke: Anthrachinonblau, Schwarz 7984,                  Guarkernmehl, Polyvinylacetat, Polyvinylalkohol u.a.m.
1977328. Darstellung:             dünn- & dickflüssiges Paraffin, Lein- & Heizöl, Phenol-Formaldehyd-
Deutsches Krebsfor-              modifiziertes Kolophonium, mit Acrylsäure modifiziertes Kolophonium,             Weißbrand- & Flottbrandmittel:
                                   Kondensationsprodukte von Phenolen mit Formaldehyd, Salze &               Aluminiumhydroxid, -sulfat & -oxid, Magnesiumoxid,
schungszentrum, Stabsstel-                                                                                  Talkum, Titanoxid, Alkalisalze der Salpetersäure u.a.m.
                                        Oxide des Cobalts, Salze der 2-Ethylhexansäure u.a.m.
le Krebsprävention, 2009 66.

                               Tabakrauch ist ein komplexes Gemisch                                    ein sehr dynamisches Gemisch, das
                               von Partikeln und Gasen, die durch die                                  ­seine Eigenschaften und seine Konzen­
                               Verbrennung des Tabaks und bei Ziga-                                     tration mit der Zeit verändert. Die Rauch-
                               retten auch des Papiers sowie der Zu-                                    partikel ändern ihre Größe und Zusam-
                               satzstoffe bei hohen Temperaturen                                        mensetzung, gasförmige Komponenten
                               ­entstehen318 . Neben Verbrennungspro-                                   verflüchtigen sich und der Feuchtigkeits-
                               zessen finden sich überlagernde Pyro­                                    gehalt ändert sich. Die gasförmigen Ele-
                               lyse-, ­P yrosynthese-, Destillations-, Sub­                             mente adsorbieren an Materialien, und
                               limations- und Kondensationsprozesse                                     der Partikelgehalt nimmt nicht nur durch
                               statt 29. Seine komplexe Zusammenset-                                    die Verdünnung mit der umgebenden
                                zung verändert sich während seiner Ver-                                 Luft ab, sondern auch durch die Anhef-
                                dünnung und seiner Verteilung in der                                    tung an Oberflächen in Räumen sowie
                                Luft in Abhängigkeit von den Bedingun-                                  dadurch, dass die Partikel von anwesen-
                                gen sowie mit der Zeit. So ist Tabakrauch                               den Menschen eingeatmet oder ver-

10 | Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie
schluckt werden. Aufgrund dieser dyna-    durch die glimmende Zigarette oder ein
mischen Natur des Tabakrauchs ist eine    anderes Tabakprodukt freigesetzt wird.
exakte quantitative Definition seiner     Während der Hauptstromrauch etwa 15
­Zusammensetzung nicht möglich318 . Die   Prozent des Tabakrauchs ausmacht 82
 Konzentrationen von Partikeln, die mit   und am Mundende der Zigarette wäh-
 der Atemluft aufgenommen werden,         rend des Ziehens sowie beim Ausstoßen
 können in geschlossenen Räumen ex­       der Luft durch den Raucher entsteht, ist
 trem hoch sein. Die Zusammensetzung      der Nebenstromrauch mit einem Anteil
 des Tabakrauchs, der beim aktiven und    von 85 Prozent 82 der gesamte, durch eine
 passiven Rauchen eingeatmet wird, ist    Zigarette erzeugte Rauch. Den Hauptan-
 unterschiedlich und von den Rauchge-     teil am Nebenstromrauch, etwa 95 Pro-
 wohnheiten der Raucher sowie von den     zent, macht der Rauch aus, der in den
 Inhaltsstoffen der Zigaretten bezie-     Phasen entsteht, während derer nicht an
 hungsweise anderer Tabakprodukte ab-     der Zigarette gezogen wird und in denen
 hängig. Tabakrauch, der durch das Rau-   die Zigarette lediglich glimmt, und der
 chen von Zigaretten entsteht, wurde      aufgrund der Auftriebskraft nach oben
 bisher am besten untersucht126.          steigt. Ein geringer Anteil entweicht
                                          auch beim Glimmen am Mundende der
1.2 Hauptstromrauch und                   Zigarette und ein weiterer kleiner Anteil
Nebenstromrauch                           der Gase diffundiert während beider
                                          Phasen aus dem Tabakstrang heraus14
Tabakrauch besteht aus einem durch die    (Abb. 5).
umgebende Luft verdünnten Gemisch         Hauptstromrauch enthält etwa 1∙1010
von Hauptstromrauch, den der Raucher      ­kugelförmige Partikel pro Kubikzentime-
ausatmet, und Nebenstromrauch, der         ter, die einen mittleren Durchmesser von

                            Hauptstromrauch

                                                                                      Abbildung 5:
                                                                                      Hauptstromrauch und
                                                                                      Nebenstromrauch. Der
                                                                                      Hauptstromrauch entsteht
           Zugphase                               ~ 920°C                             beim Ziehen an der Zigaret-
                                                                                      te (Zugphase) und dem
                                                                                      Ausstoßen der Luft durch
                                                                                      den Raucher. Nebenstrom-
                                                                                      rauch entsteht hauptsäch-
                              Nebenstromrauch                                         lich in der Glimmphase,
                                                                                      während der nicht an der
                                                                                      Zigarette gezogen wird. Im
                                                                                      Zentrum der Glühzone
                                                                                      herrschen während der
                                                                                      beiden Phasen unterschied-
                                                                                      liche Temperaturen.
                                                                                      Darstellung: Deutsches
           Glimmphase
                                                ~ 600°C      ~ 800°C                  Krebsforschungszentrum,
                                                                                      Stabsstelle Krebs­-
                                                                                      ­präven­tion, 2010.

                           Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie | 11
0,2 Mikrometern besitzen. Durch die            sowie flüchtige Schwefelverbindungen
                             schnelle Zusammenlagerung der Parti-           (
Komponenten          unterscheiden    sich29     gen weitere 15 bis 35 Prozent der Men-
 (Abb. 7). Bisher wurden in seiner Parti-        ge, die mit dem Hauptstromrauch einge-
 kelphase 21 und in der Gasphase 19 Ver-         atmet wurde, in seinen Körper 225.
 bindungen mit krebserzeugenden oder             Benzo[a]pyren ist der am meisten unter-
 anderen gesundheitsschädlichen Wir-             suchte Vertreter der polyzyklischen aro-
 kungen, wie Leber- und Nervenschädi-            matischen Kohlenwasserstoffe (PAK),
 gungen, Beeinträchtigungen des Im-              von denen die meisten krebserzeugend
 munsystems, Herzrhythmusstörungen               sind224 . Es war außerdem die erste krebs-
 sowie Lungenödeme, eindeutig identifi-          erzeugende Substanz, die im Tabakrauch
 ziert 82.                                       entdeckt wurde109. Mit einem Siedepunkt
Nebenstromrauch entsteht bei niedrige-           von etwa 310  °C wird es durch unvoll-
ren Temperaturen und anderen Verbren-            ständige Verbrennungsprozesse organi-
nungsbedingungen als der Hauptstrom-             scher Verbindungen gebildet. Dass
rauch. Zwischen den Zügen an der                 Benzo[a]pyren Tumore in der Lunge ver-
Zigarette herrscht in der Peripherie der         ursachen kann, ist schon seit vielen Jah-
Brennzone eine Temperatur von 600  °C14          ren bekannt 223.
und in ihrem Zentrum eine Temperatur             Die rasche Verdünnung des Neben-
von fast 800  °C. In der Peripherie der          stromrauchs bedeutet jedoch nicht, dass
Brennzone, etwa 0,2 bis 1 Millimeter von         dadurch auch die Toxizität abnimmt,
der Verbrennungszone des Papiers ent-            denn aus Tabakindustriedokumenten
fernt, steigt die Temperatur während             über die Forschung von Philip Morris am
­eines Zuges auf 910 bis 920  °C an29            firmeneigenen Institut für Biologische
 (Abb. 5, Seite 11).                             Forschung (INBIFO) geht hervor, dass
 Weil Nebenstromrauch bei einer niedri-          Nebenstromrauch unmittelbar nach sei-
 geren Temperatur entsteht als Haupt-            ner Bildung etwa viermal toxischer pro
 stromrauch, sind viele der toxischen            Gramm der gesamten Menge an Rauch-
 Substanzen in ihm zunächst höher kon-           partikeln ist als Hauptstromrauch256.
 zentriert 318 . Der Nebenstromrauch ver-        Dies zeigten Versuche mit Ratten, die
 mischt sich relativ schnell mit der umge-       drei Wochen lang täglich sieben Stun-
 benden Luft, so dass die Konzentration          den Haupt- beziehungsweise Neben-
 der Inhaltsstoffe mit der Zeit sinkt. Ein       stromrauch einatmeten. Anschließend          Abbildung 7:
 Raucher nimmt beispielsweise bei ei-            wurde das respiratorische Epithel der        Konzentration der wichtigs-
 nem Konsum von 14 normalen Zigaret-             Ratten, die Zellschicht, die den größten     ten Schadstoffe im Haupt-
 ten täglich mit dem Hauptstromrauch             Teil der Atemwege auskleidet, unter-         stromrauch und deren
 rund 140 Nanogramm Benzo[a]pyren zu             sucht. Bei den Ratten, die Nebenstrom-       Mengenverhältnisse im
 sich. Über den Nebenstromrauch gelan-           rauch einatmeten, reichte schon etwa         Nebenstrom- und Haupt-
                                                                                              stromrauch. Die Zahlen
                                                                                              geben an, um welchen
                                                                                              Faktor die Konzen­trationen
 Verbindung               Hauptstromrauch [µg/Zigarette]          Mengenverhältnis der
                                                                                              der Stoffe im Nebenstrom-
                                                               ­Substanzen im NSR und HSR
                                                                                              rauch (NSR) die im Haupt-
 4-Aminobiphenyl                    0,003–0,005                            31                 stromrauch (HSR) überstei-
 Acrolein                             60–100                              8–15                gen. Sie zeigen, dass die
 Anilin                                 0,36                               29,7               meisten der schädlichen
 Benzol                                12–48                              5–10                Inhalts­s toffe des Tabak-
                                                                                              rauchs im Nebenstrom-
 1,3-Butadien                           69                                 3–6
                                                                                              rauch zunächst wesentlich
 Dimethylnitrosamin                  0,01–0,04                           20–100               höher kon­zentriert sind als
 Ethylmethylnitrosamin              0,001–0,002                           10–20               im Hauptstromrauch.
 2-Naphthylamin                     0,001–0,022                            30                 Quelle: DFG 199959.
 Nickel                              0,02–0,08                            12–31               Darstellung: Deutsches
                                                                                              Krebsforschungszentrum,
 Nitrosopyrrolidin                  0,006–0,03                            6–30
                                                                                              Stabs­s telle Krebspräven­
 2-Toluidin                           0,03–0,2                             19                 tion, 2010.

                              Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie | 13
ein Viertel der Menge des Hauptstrom-         1.3 Veränderungen des
                           rauches aus, um pathologische Verän-          Tabakrauchs mit der Zeit
                           derungen der Zellen in der Nasenhöhle
                           festzustellen. Eine weitere Analyse der       Sobald eine Zigarette in einem Raum ge-
                           Tabakindustriedokumente ergab, dass           raucht wird, steigen die Konzentrationen
                           die Toxizität des Nebenstromrauches           der Tabakrauchkomponenten in der Luft
                           nach mindestens 30-minütiger Vermi-           an und sinken dann exponentiell in Ab-
                           schung mit der umgebenden Luft sogar          hängigkeit von der Belüftung, der Tem-
                           noch zunimmt, so dass „gealterter“ Ne-        peratur, der relativen Luftfeuchtigkeit
                           benstromrauch etwa zwölfmal giftiger          und der -zirkulation14 . So kann die schäd-
                           ist als Hauptstromrauch257.                   liche Wirkung von Tabakrauch in klimati-
                           Vermutlich kann sich die toxische Wir-        sierten Räumen aufgrund einer geringe-
                           kung des Tabakrauchs von Mensch zu            ren Ventilationsrate doppelt so hoch sein
                           Mensch auch geringfügig unterschei-           wie in nicht klimatisierten Räumen161.
                           den. Versuche mit Rauchern haben ge-          Außerdem lagern sich die Tabakrauch­
                           zeigt, dass die Menge der eingeatmeten        partikel auf Oberflächen in der Umge-
                           Substanzen von bestimmten Parame-             bung ab14 .
                           tern, zum Beispiel wie häufig und wie         Eine herkömmliche Zigarette gibt etwa
                           stark an der Zigarette gezogen wird, ab-      600 Milligramm Kohlendioxid (CO2 ),
                           hängig ist. Untersuchungen zum Tabak-         4,5 Milligramm Kohlenmonoxid (CO),
                           rauch werden auch mit Rauchmaschinen          5 Milligramm Nikotin sowie 25 Milli-
                           durchgeführt. Je nach Dauer, Frequenz         gramm Rauchpartikel an die Umgebung
                           und Volumen der Züge an der Zigarette         ab14 . Neben diesen am meisten unter-
                           unterscheidet sich die Konzentration der      suchten Inhaltsstoffen sind im Tabak-
                           Verbindungen und damit das Maß an             rauch alle Klassen organischer Verbin-
                           ­Toxizität und das erbgutverändernde          dungen sowie Spuren von Metallen
                            ­Potenzial115,237,242. Genauso wie Raucher   enthalten29 (Abb. 8). Es finden sowohl
                             den Tabakrauch unterschiedlich aufneh-      physikalische Prozesse statt, indem die
                             men, trifft dies möglicherweise auch auf    enthaltenen Partikel beispielsweise ste-
                             Passivraucher zu. Da die Menge der auf-     tig ihre Größe ändern, als auch zahl­
                             genommenen Giftstoffe von der Atem-         reiche damit verbundene chemische
                             frequenz abhängt, sind insbesondere         Veränderungen, da die einzelnen Be-
                             Kinder von den Gesundheitsgefahren          standteile in unzählige Wechselwirkun-
                             betroffen, da sie im Vergleich zu Erwach-   gen miteinander treten, wodurch neue,
                             senen viel häufiger atmen. Da sie auch      teils toxischere Verbindungen entste-
                             ein geringeres Körpergewicht besitzen,      hen. Einige der giftigen Substanzen so-
                             kann die gleiche Menge einer giftigen       wie ihre Wirkungen sind in Abbildung 9
                             Verbindung bei Kindern eine viel schäd-     gelistet.
                             lichere Wirkung entfalten. Beispielswei-    Nach dem anfänglichen Masseverlust
                             se kann bei Kindern die in einer einzigen   der Rauchpartikel durch die Verdamp-
                             Zigarette enthaltene Nikotinmenge be-       fung beträgt der mittlere Durchmesser
                             reits tödlich sein, während bei Erwach-     der Partikel des Tabakrauchs innerhalb
                             senen erst eine Menge von etwa 50 Mil-      der ersten Stunde nach seiner Entste-
                             ligramm Nikotin beim Verschlucken zum       hung 0,185 Mikrometer14 . Diese Partikel
                             Tod führen kann175.                         können mit der Atmung aufgenommen
                                                                         werden und sind klein genug, selbst die
                                                                         Lungenalveolen zu erreichen (lungen-
                                                                         gängige Partikel). Nach zwölf Stunden
                                                                         sind die Partikel infolge von Zusammen-

14 | Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie
Klasse                               Anzahl       Klasse                                    Anzahl
Neutrale Gase                           >5        Flüchtige N-Nitrosamine                       4
Kohlenoxide                              2        Tabakspezifische Nitrosamine                  4
Stickstoffoxide                        1 (2)      N-Heterozyklen                              ~920
Amide, Imide, Lactame                  ~240       Aliphatische, azyklische und                ~760
Carbonsäuren                           ~230       ­aromatische Kohlenwasserstoffe
Lactone                                ~150       Nitrile                                     ~100
Ester                                  ~470       Anhydride                                    ~10       Abbildung 8:
Aldehyde                               ~110       Kohlenwasserstoffe                           ~40       In frischem Tabakrauch
Ketone                                 ~520       Ether                                       ~310       enthaltene Klassen chemi-
                                                                                                         scher Verbindungen sowie
Alkohole                               ~380       Nitro-Verbindungen                           >10
                                                                                                         Anzahl der Einzelsubstan-
Phenole                                ~280       Metalle                                      ~30
                                                                                                         zen. Quelle: Borgerding
Amine                                  ~200       Zahlreiche kurz- und langlebige                        200529.
                                                  Radikale

Substanz                    Menge im Tabak-       Toxizität
(Summenformel)              rauch einer filter-
                            losen Zigarette
Kohlenmonoxid (CO)              14 – 23 mg        Bindet an Hämoglobin im Blut und hemmt so den
                                                  Sauerstoffaustausch
Ammoniak (NH3 )                 10 – 130 µg       Reizung und Schädigung des Atemwegsystems;
                                                  neurotoxisch
Stickstoffoxid (NOx)           100 – 600 µg       Reizung und Schädigung des Atemwegsystems;
                                                  Entzündungen in der Lunge
Cyanwasserstoff (HCN;          400 – 500 µg       Schädigung der Flimmerhärchen in der Lunge &
Blausäure)                                        Verhinderung der Selbstreinigung der Bronchien
Schwefelwasserstoff (H2S)       10 – 90 µg        Reizung des Atemwegsystems
Acrolein (C 3H4 O)              60 – 140 µg       Krebserzeugend, Atemgift; Schädigung der Flimmer-
                                                  härchen in der Lunge & Verhinderung der Selbstreini-
                                                  gung der Bronchien
Methanol (CH4 O)               100 – 250 µg       Giftig beim Einatmen und bei der Aufnahme
Pyridin (C5H5N)                 16 – 40 µg        Krebserzeugend, Reizung des Atemwegsystems;
                                                  neurotoxisch
Nikotin (C10H14N2)               1 – 3 mg         Verursacht Abhängigkeit; Nervengift; Beeinträchti-
                                                  gung des Herz-Kreislauf- und des Hormonsystems
Phenol (C 6H6O)                 80 – 160 µg       Krebserzeugend, Verstärkung des Tumorwachstums
                                                  bei Tierversuchen                                      Abbildung 9:
                                                                                                         Beispiele für im Tabakrauch
Catechol (C 6H6O2)             200 – 400 µg       Krebserzeugend, reizt Augen, Haut & Atemwege;
                                                                                                         enthaltene Substanzen mit
                                                  Ko-Kanzerogen bei Tierversuchen
                                                                                                         toxischer, speziell auch
Anilin (C 6H7N)                360 – 655 µg       Krebserzeugend, bildet Methämoglobin, was die
                                                                                                         krebserzeugender Wirkung.
                                                  Atmung beeinträchtigt
                                                                                                         Quelle: Hoffmann 2001115.

                                Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie | 15
lagerungen durchschnittlich um 20 Pro-       gebildet werden können271 (Abb. 10).
                           zent größer14 .                              Produkte dieser Nitrosierung sind
                           Ein wichtiger Prozess, der bei der Alte-     1 - ( N - m e t h y l - N - n i t r o ­s a m i n ) -1 - ( 3 -
                           rung des Tabakrauchs stattfindet, ist die    pyridyl)-4-butanol (NNA), 4  ( Methyl­
                           Oxidation von Stickstoffmonoxid (NO)         nitrosamino) -1- (3-pyridyl) -1-butano-
                           über Minuten und Stunden zu Stickstoff-      non (NNK) sowie N-nitrosonornicotin
                           dioxid (NO2 )14 . Tabakrauch, der das        (NNN). Während die Konzentration von
                           Mundstück einer Zigarette verlässt, ent-     NNN sehr gering ist, lässt sich NNA in
                           hält zunächst ein Gemisch aus Stick-         siebenfach höherer Konzentration als
                           stoffmonoxid       und   Stickstoffdioxid.   NNK nachweisen271.
                           Durch Oxidationsreaktionen nimmt der         Schon in den 1980er Jahren stellte Philip
                           Anteil des ersteren jedoch rasch ab, wo-     Morris bei seinen Untersuchungen am
                           durch die Stickstoffdioxidkonzentration      Institut für Biologische Forschung fest,
                           zunimmt. Diese Reaktionen sind auch          dass NNK Konzentrationen im Neben-
                           mit dem Verschwinden und der Bildung         stromrauch nach anfänglichen 24 Milli-
                           von kurzlebigen freien Radikalen ver-        gramm pro Kubikmeter um 50 bis
                           bunden. In der Gasphase des Rauches          200 Pro­zent pro Stunde ansteigen kön-
                           einer Zigarette befinden sich etwa 1∙1016    nen. Dieses Ergebnis offenbarte eine
                           Alkyl- und Alkoxy-Radikale. Diese haben      Analyse von Tabakindustriedokumenten
                           normalerweise eine Lebenszeit von Se-        im Jahr 2007, bei der bereits die Vermu-
                           kundenbruchteilen. Es wurde jedoch           tung nahe gelegt wurde, dass die Nitro-
                           auch beobachtet, dass Radikale im Ziga-      sierung von Nikotin und/oder ein Abbau-
                           rettenrauch bis zu fünf Minuten beste-       produkt im alternden Rauch für die
                           hen können29. Die NO2-Konzentrationen        Erhöhung der Nitrosaminbelastungen
                           korrelieren außerdem negativ mit der         verantwortlich sind258 (Abb. 10).
                           Konzentration an Ozon (O3 ), die in der      Die Bildung von tabakspezifischen Nitro-
                           Außenluft für gewöhnlich wesentlich          saminen aus der Reaktion von Nikotin
                           größer ist als in Innenräumen161.            des Tabakrauchs, die an Oberflächen in
                           Stickstoffverbindungen können mögli-         Innenräumen, wie Wänden, Möbeln,
                           cherweise auch dabei eine Rolle spie-        Teppichen, Kleidung und auch an der
                           len, dass Tabakrauch mit seiner Alte-        Haut, gebunden ist, mit salpetriger Säu-
                           rung ­toxischer wird, indem sie zur          re bietet eine Erklärung für ein zusätzli-
                           Bildung krebserzeugender tabakspezifi-       ches Gesundheitsrisiko durch „Dritt-
                           scher Nitrosamine beitragen: Außer           handrauch“ (Thirdhand Smoke). Dieser
                           durch Verbrennungsreaktionen kann            Begriff bezeichnet die Kontamination
                           durch heterogene Reaktionen aus NO2          durch Tabakrauch, die zurückbleibt,
                           und dem Wasser von feuchten Oberfä-          nach­dem die Zigarette ausgelöscht wur-
                           chen salpetrige Säure (HONO) entste-         de344 . Durch den Kontakt mit Oberflä-
                           hen, die in die Gasphase übergeht. Ihre      chen, die mit den Gasen und Partikeln
                           Konzentration ist in Innenräumen mit         aus dem Tabakrauch kontaminiert sind,
                           4,6 ppb (parts per billion) wesentlich       werden diese Substanzen und die Reak-
                           höher als in der ­Außenluft, wo sie ledig-   tionsprodukte, die anfänglich noch nicht
                           lich zu 0,9 ppb anzutreffen ist161. Schon    oder nur in geringer Menge im Tabak-
                           im Jahr 2002 wurde aufgrund der Säu-         rauch enthalten waren, in den Körper
                           reeigenschaften, chemischen Reaktivi-        aufgenommen. Besonders Kinder sind
                           tät und Wasserlöslichkeit der tabakspe-      durch Thirdhand Smoke gefährdet, da
                           zifischen Nitrosamine eine mögliche          sie oft mit Oberflächen, zum Beispiel
                           Toxizität für die Atemwege vermutet161.      von Polstern und Teppichen, in Kontakt
                           Neueste Untersuchungen zeigen, dass          kommen. Hinzu kommt die Adsorption
                           durch die Nitrosierung von Nikotin über      an ihre eigene Haut, die Umwandlung zu
                           die Reaktion mit salpetriger Säure die       kanzerogenen und erbgutverändernden
                           tabakspezifischen Nitrosamine (TSNA)         Metaboliten sowie deren transdermale

16 | Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie
Stickstoff-
                                  oxide
                                                                                      O
                                                                 H
                                   NO                                         C
                                                                       N              H       NNA
                                   NO2
                                                                     CH3      N           O
                                                             N

                            Salpetrige Säure                                          H
                                (HONO)                                O                       NNK
                                   N        H                                 N           O
                    N          O        O
                                                                      CH3         N
                                                             N                                         Abbildung 10:
                    CH3
      N
                             Nitrosierung                                                              Entstehung krebserzeugen-
          Nikotin                                                H                H                    der tabakspezifischer
                                                                                  H
                                                                       N                      NNN      Nitrosamine durch die
                                                                          N       O           + CH2O   Reaktion von Nikotin mit
                                                             N
                                                                                                       salpetriger Säure. Quelle:
                                                                                                       Sleiman 2010271. Darstel-
                                                                Krebserzeugende
                                                          tabakspezifische Nitrosamine                 lung: Deutsches Krebsfor-
                                                                     (TSNA)                            schungszentrum, Stabsstel-
                                                                                                       le Krebsprävention, 2010.

Aufnahme. So ist erwiesen, dass Kinder          Bislang gibt es jedoch nur wenige ­Studien
mehr als doppelt so viel Staub – und da-        zum Phänomen des Thirdhand Smoke, so
mit auch Tabakkanzerogene – aufneh-             dass das gesundheitsgefährdende Poten-
men als Erwachsene271.                          zial noch schwer zu beurteilen ist.

                           Tabakrauch in Innenräumen – ein vermeidbares Gesundheitsrisiko für die Familie | 17
2       Tabakrauchbelastung von
                                  Familien in Deutschland

                            Kernaussagen

                              Ein erheblicher Anteil der Erwachsenen und der Kinder ist regelmäßig
                              Tabakrauch ausgesetzt. Bei Erwachsenen findet am Arbeitsplatz und in
                              der Freizeit die häufigste Exposition statt, für Kinder ist das Zuhause die
                              Hauptexpositionsquelle.
                              Kinder sind am besten in Nichtraucherfamilien vor Passivrauchen geschützt.
                              In Raucherfamilien können vollständige Rauchverbote zu Hause die Kinder
                              vor Tabakrauchbelastung schützen. Darüber hinaus werden Kinder und
                              Jugendliche, die in rauchfreien Haushalten aufwachsen, später seltener
                              selbst zu Rauchern.
                              Bei der Mehrheit der Raucher mit Kindern ist zu Hause das Rauchen
                              ­vollständig verboten, nur wenige Raucher mit minderjährigen Kindern
                               schränken das Rauchen zu Hause überhaupt nicht ein.
                               Je älter die Kinder sind, desto häufiger werden sie zu Hause mit Tabakrauch
                               belastet. Wenn kleine Kinder jedoch zu Hause Tabakrauch ausgesetzt sind,
                               dann ist die Belastung für sie höher als bei schulpflichtigen Kindern.
                               Insgesamt müssen in Deutschland täglich mehr als 1,7 Millionen Kinder und
                               Jugendliche passivrauchen.
                               Angesichts sinkender Raucheranteile bei den Altersgruppen junger Erwach­
                               sener, in denen die meisten Familiengründungen und -erweiterungen
                               erfolgen, ist davon auszugehen, dass die Tabakrauchbelastung von Kindern
                               in den letzten zwei Jahrzehnten gesunken ist.
                               Die Exposition gegenüber Tabakrauch in Fahrzeugen stellt für Kinder und
                               Jugendliche eine besondere Gesundheitsbelastung dar. Die Tabakrauch­
                               belastung in geschlossenen Fahrgasträumen erreicht bereits beim Rauchen
                               einer einzigen Zigarette innerhalb weniger Minuten ein Vielfaches einer
                               stark verrauchten Kneipe.
                               Übliche Belüftungsmaßnahmen, wie das Öffnen einzelner Fenster von
                               Fahrzeugen, bieten keinen Schutz. Die Belastung ist weiterhin vergleichbar
                               mit der Belastung in der nicht rauchfreien Gastronomie.
                               Gesetzliche Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor
                               Tabakrauch in privaten Fahrzeugen existieren bereits in anderen Ländern.
                               Eine derartige Regelung ist auch für Deutschland empfehlenswert; über
                               90 Prozent der deutschen Bevölkerung sprechen sich dafür aus.

18 | Tabakrauchbelastung von Familien in Deutschland
2.1 Tabakrauchbelastung von                                              Freizeit (Abb. 11), aber auch zu Hause
Erwachsenen                                                              muss ein bedeutender Anteil insbeson-
                                                                         dere der weiblichen Bevölkerung passiv-
Im Jahr 2009 waren 13,3 Prozent der                                      rauchen. Verantwortlich für die Tabak-
männlichen und 8,7 Prozent der weibli-                                   rauchexposition zu Hause ist in der Regel
chen nichtrauchenden Erwachsenenbe-                                      ein rauchender Partner. Da mehr Männer
völkerung täglich durch Tabakrauch be-                                   als Frauen rauchen, sind im häuslichen
lastet. Weitere 28,2 Prozent der Männer                                  Umfeld mit 30,5 Prozent die Frauen fast
und 16,6 Prozent der Frauen waren min-                                   doppelt so häufig Tabakrauch ausgesetzt
destens einmal wöchentlich Tabakrauch                                    wie Männer (17,8 Prozent). Zudem ga-
ausgesetzt. Am stärksten betroffen ist                                   rantieren die deutschen Nichtraucher-
die Altersgruppe der 18- bis 19-Jährigen:                                schutzgesetze noch immer keinen voll-
bei den Männern waren 72 Prozent und                                     ständigen Schutz vor Passivrauchen in
bei den Frauen 61,5 Prozent in dieser Al-                                gastronomischen Einrichtungen: Etwa
tersgruppe mindestens einmal wöchent-                                    ein Drittel der Nichtraucher sind weiter-
lich bis hin zu täglich Tabakrauch ausge-                                hin in Kneipen und Cafés Tabakrauch
setzt154 .                                                               ausgesetzt und etwa ein Zehntel in Res-
Am höchsten ist die passive Tabakrauch-                                  taurants.
belastung am Arbeitsplatz und in der

                     50
                            45,2                                                                       Männer
                                                                                                       Frauen
                     40                                                                        39,2
                                                           37,6
     Anteil (in %)

                                                                                        31,9
                                   30,0           30,5            30,0
                     30

                                                                                                                       Abbildung 11:
                     20                    17,8                                                                        Passive Tabakrauchbelas-
                                                                                                      13,9
                                                                                                             12,5      tung von Nichtrauchern
                                                                            11,0 10,5
                     10                                                                                                nach Orten in Deutschland
                                                                                                                       2009. Quelle: Lampert
                                                                                                                       2009154. Darstellung:
                     0
                                                                                                                       Deutsches Krebsfor-
                          Arbeitsplatz    zu Hause       Kneipen/Cafés Restaurants Bei Freunden/ Sonstige Orte
                                                                                    Bekannten                          schungszentrum, Stabsstel-
                                                                                                                       le Krebsprävention, 2010.

2.2   Tabakrauchbelastung                                                tung von Kindern ganz wesentlich durch
von Kindern zu Hause                                                     das Rauchverhalten der Eltern beein-
                                                                         flusst: Der Anteil der Jugendlichen, der
Bei 11- bis 17-jährigen Jugendlichen sind                                mehrmals in der Woche oder täglich
24 Prozent der nichtrauchenden Jungen                                    ­Tabakrauch ausgesetzt ist, ist bei 14- bis
und 27 Prozent der nichtrauchenden                                        17-jährigen Jugendlichen mit mindes-
Mädchen täglich einer Belastung durch                                     tens einem rauchenden Elternteil mehr
Tabakrauch ausgesetzt153. Die Haupt-                                      als viermal so hoch wie bei Jugendli-
quelle für die Tabakrauchbelastung von                                    chen    mit   nichtrauchenden       Eltern
Kindern ist das häusliche Umfeld. So                                      (Abb. 12).
wird das Ausmaß der Tabakrauchbelas-

                                                                                        Tabakrauchbelastung von Familien in Deutschland | 19
50
                                                                                                                             45,3
                                                                           41,6
                                                    40

                                    Anteil (in %)
Abbildung 12:                                       30
Anteil der 14- bis 17-jähri-
gen Jugendlichen, die
                                                    20
mehrmals in der Woche
oder täglich passivrauchen,
                                                                                                    10,0
in Deutschland im Zeitraum                          10                                                                                              8,6

2003–2006. Quelle:
Lampert 2008153. Darstel-                                 0
                                                                  mindestens ein              Eltern rauchen          mindestens ein          Eltern rauchen
lung: Deutsches Krebsfor-
                                                                  Elternteil raucht                nicht              Elternteil raucht            nicht
schungszentrum, Stabs­
stelle Krebsprävention,                                                              Jungen                                           Mädchen
2010.

                               Je nach Alter der Kinder ist in 70 bis fast                                       nem Kind unter sechs Jahren und 52 Pro-
                               90 Prozent der Haushalte von Nichtrau-                                            zent der Raucher mit einem Kind zwi-
                               chern das Rauchen vollständig verboten.                                           schen sechs und zwölf Jahren. Viele
                               Erfreulicherweise verbieten aber auch                                             Raucher mit Kindern, die das Rauchen
                               viele Raucher das Rauchen vollständig                                             nicht vollständig verbieten, schränken
                               in der Wohnung, vor allem wenn kleine                                             das Rauchen zu Hause zumindest ein
                               Kinder dort leben (Abb. 13). Während                                              und rauchen nur in bestimmten Räumen
                               nur etwa ein Drittel der Raucher ohne                                             oder nur zu bestimmten Zeiten. Nur we-
                               minderjährige Kinder im Haushalt das                                              nige Raucher mit minderjährigen Kin-
                               Rauchen zu Hause vollständig verbietet,                                           dern schränken das Rauchen zu Hause
                               tun dies 69 Prozent der Raucher mit ei-                                           überhaupt nicht ein.

                                                      100

                                                                    32,3
                                                          80                                        42,7
                                                                                         51,9
Abbildung 13:                                                                     68,7                         69,0
                                          Anteil (in %)

                                                                                                                                    77,8    73,5
                                                          60                                                                                         Vollständiges
Rauchregeln im eigenen                                                                                                   87,6                        Rauchverbot
Haushalt von Rauchern und                                                                                                                            Partielles
                                                                                                                                                     Rauchverbot
                                                                    51,9
Nichtrauchern in Abhängig-                                40                                                                                         Keine
                                                                                                                                                     Einschränkung
                                                                                                    48,9
keit vom Alter des jüngsten
                                                                                         46,5
Kindes, in Deutschland                                    20
                                                                                  31,3                         27,0
2009. Quelle: Eigene                                                                                                                21,8    26,5
                                                                    15,8                                                 12,4
Berechnungen mit Daten                                                                    1,6
                                                                                                     8,5       4,0
                                                              0
des ITC-Projekts Deutsch-                                         kein Kind   unter 6     6-12      13-17   kein Kind   unter 6      6-12   13-17
                                                                  unter 18    Jahren     Jahre      Jahre   unter 18    Jahren      Jahre   Jahre
land. Darstellung: Deut-                                           Jahren                                    Jahren
                                                                                    Raucher                                Nichtraucher
sches Krebsforschungszent-
rum, Stabsstelle                                                      Rauchstatus und Alter des jüngsten Kindes im Haushalt
Krebsprävention, 2009.

20 | Tabakrauchbelastung von Familien in Deutschland
Dementsprechend sind je nach Alter                                 setzt. So sind Kinder im Alter von elf bis
etwa zwei Drittel bis drei Viertel der Kin-                        vierzehn Jahren doppelt so häufig Ta-
der zu Hause nie dem Zigarettenrauch                               bakrauch ausgesetzt wie Kinder im Alter
von anderen ausgesetzt (Abb. 14). Doch                             von sechs bis zehn Jahren und dreimal
je älter die Kinder sind, desto häufiger                           so häufig wie Kinder im Alter von drei
sind sie zu Hause Tabakrauch ausge-                                bis fünf Jahren.

                      100
                                     6,4                     9,2
                                     4,4                                              19,3
                                                             3,4
                                    10,2                                                            täglich
                      80                                    13,3
                                                                                      4,3
                                                                                                    einmal oder
                                                                                      13,3
                                                                                                    mehrmals          Abbildung 14:
                                                                                                    pro Woche
      Anteil (in %)

                                                                                                                      Häufigkeit der Tabakrauch-
                      60                                                                            seltener als
                                                                                                    einmal            belastung von Kindern nach
                                                                                                    wöchentlich
                                                                                                    nie
                                                                                                                      Angaben der Eltern in
                      40            79,0
                                                            74,2
                                                                                                                      Abhängigkeit vom Alter des
                                                                                      63,1                            Kindes, in Deutschland im
                                                                                                                      Zeitraum 2003-2006. Quelle:
                      20
                                                                                                                      Eigene Berechnungen mit
                                                                                                                      Daten des KiGGS
                       0                                                                                              2003/2006. Darstellung:
                               3 bis 5 Jahre          6 bis 10 Jahre          11 bis 14 Jahre                         Deutsches Krebsfor-
                                                    Alter des Kindes                                                  schungszentrum, Stabsstel-
                                                                                                                      le Krebsprävention, 2010.

Rechnet man die Anteile der täglich pas-                           gibt sich, dass mehr als 1,7 Millionen
sivrauchenden Kinder wie im Kasten be-                             minderjährige Kinder täglich zu Hause
schrieben für Deutschland hoch, so er-                             Tabakrauch ausgesetzt sind:

                            Anzahl der täglich zu Hause mit Tabakrauch belasteten Kinder
                                                   in Deutschland*
                                                     Kinder im Alter von…
bis zu 2 Jahren**                3 bis 5 Jahren       6 bis 10 Jahren       11 bis 14 Jahren     15 bis 17
                                                                                                 Jahren***
131.000                          135.000              349.300               615.000              491.000
                                                    Insgesamt: 1.721.300
*                                Berechnet entsprechend den Anteilen der täglich zu Hause mit Tabakrauch belaste-
                                 ten Kinder gemäß Abbildung 14.
**                               Bei den Kindern bis zu 2 Jahren wurde angenommen, dass der Anteil der täglich zu
                                 Hause mit Tabakrauch belasteten Kinder dem Anteil bei 3- bis 5-Jährigen ent-
                                 spricht.
***                              Bei den Kindern im Alter 15 bis 17 Jahren wurde angenommen, dass der Anteil der
                                 täglich zu Hause mit Tabakrauch belasteten Kinder dem Anteil bei 11- bis 14-Jähri-
                                 gen entspricht.
Quelle: Eigene Berechnungen mit Daten des KiGGS 2003/2006 und des Statistischen Bundesamts 2010 285

                                                                                      Tabakrauchbelastung von Familien in Deutschland | 21
Prozentual gesehen sind jüngere Kinder                                        der. So beträgt die durchschnittliche
                             seltener Tabakrauch ausgesetzt als älte-                                      Menge an Cotinin im Urin bei 3- bis
                             re Kinder. Da sich aber jüngere Kinder                                        5-jährigen Kindern mit täglicher Tabak-
                             häufiger zu Hause aufhalten und mehr                                          rauchbelastung 15,1 Mikrogramm pro
                             Zeit mit ihren Eltern verbringen als Kin-                                     Liter (µg/l), verglichen mit 12,9 µg/l bei
                             der im schulfähigen Alter, ist das Aus-                                       6- bis 10-Jährigen und 12,5 µg/l bei 11-
                             maß der Belastung von jüngeren Kin-                                           bis 14-Jährigen mit täglicher Tabak-
                             dern durch Passivrauchen jedoch höher,                                        rauchbelastung. Deutlicher sind die Un-
                             wie Messungen des Nikotinabbaupro-                                            terschiede bei Kindern, die einmal oder
                             dukts Cotinin im Urin von Kindern bele-                                       mehrmals wöchentlich zu Hause Passiv-
                             gen (Abbildung 15). Das bedeutet, dass                                        rauchen ausgesetzt sind. Bei diesen Kin-
                             Kinder unter sechs Jahren zu Hause zwar                                       dern beträgt die Cotininbelastung im
                             seltener passivrauchen müssen als älte-                                       Schnitt 12,3 µg/l bei 3- bis 5-Jährigen
                             re Kinder. Doch diejenigen jüngeren Kin-                                      und ist damit mehr als doppelt so hoch
                             der, die zu Hause passivrauchen, sind                                         wie bei 6- bis 10-Jährigen (5,6 µg/l) und
                             deutlich stärker belastet als ältere Kin-                                     bei 11- bis 14-Jährigen (4,9 µg/l).

Abbildung 15:
Ausmaß der Belastung von                                             16

nichtrauchenden Kindern                                              14
                                   Cotinin im Morgenurin (in µg/l)

durch Passivrauchen
                                                                     12                                                         zu Hause täglich
gemessen anhand des
                                                                                                                                tabakrauchbelastet
Biomarkers Cotinin, in                                               10                                                         zu Hause mindestens
Abhängigkeit von der                                                                                                            einmal wöchentlich
                                                                     8                                                          tabakrauchbelastet
Häufigkeit der Tabakrauch-
                                                                                                                                seltener als einmal
belastung zu Hause und                                               6                                                          wöchentlich zu Hause
                                                                                                                                tabakrauchbelastet
dem Alter des Kindes, in
                                                                     4                                                          nie zu Hause
Deutschland 2003-2006.                                                                                                          tabakrauchbelastet

Quelle: Eigene Berechnun-                                            2

gen mit Daten des KUS
                                                                     0
2003/2006. Darstellung:
                                                                          3 bis 5 Jahre   6 bis 10 Jahre      11 bis 14 Jahre
Deutsches Krebsfor-
schungszentrum, Stabsstel-                                                                Alter des Kindes
le Krebsprävention, 2010.

                             Aufgrund der zunehmenden Zahl der                                             auch bei Frauen in der Altersgruppe der
                             Rauchverbote an öffentlichen Orten, die                                       20- bis 25-Jährigen lange Zeit angestie-
                             in den letzten Jahren umgesetzt wurden,                                       gen und erst zuletzt leicht rückläufig
                             und angesichts der langfristigen Trends                                       sind, ist in der Altersgruppe von 25 bis
                             in der Entwicklung der Raucheranteile                                         39 Jahren – in der die meisten Kinder ge-
                             bei Männern in den letzten 20 Jahren                                          boren werden – die Raucheranteile rück-
                             und der relativ stabilen Raucherquoten                                        läufig. Während beispielsweise 1989
                             bei Frauen ist zu vermuten, dass auch                                         noch 31 Prozent der 30- bis 34-jährigen
                             die Tabakrauchbelastung von Kindern in                                        Frauen rauchten, waren es im Jahr 2005
                             den letzten zwei Jahrzehnten abgenom-                                         nur noch 24 Prozent. Bei den 30- bis
                             men hat. Abbildung 16 zeigt die Entwick-                                      34-jährigen Männern ist der Raucheran-
                             lung der Raucheranteile von 1989 bis                                          teil im gleichen Zeitraum von rund
                             2005 bei jungen Erwachsenen und in der                                        44 Prozent auf 36 Prozent gesunken. Die-
                             Gesamtbevölkerung. Während die Rau-                                           se Entwicklung spricht für einen Rück-
                             cherquoten sowohl bei Männern als                                             gang der Tabakrauchbelastung von Kin-

22 | Tabakrauchbelastung von Familien in Deutschland
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