Selektion und Kalibrierung von Kapital- und Profitabilitätsindikatoren im Sanierungsplan
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Selektion und Kalibrierung von Kapital- und Profitabilitätsindikatoren im Sanierungsplan Schlagworte: Sanierung, Sanierungsindikatoren, Indikatorensysteme, Frühwarnsysteme, Profitabilitätsindikatoren, Kapitalindikatoren, Kalibrierung, CRD, MaSanV Der Beitrag beschreibt die Auswahl und Kalibrierung von Sanierungsindikatoren. Nach einer kurzen Einführung in die Anforderungen sowie die Struktur von Sanierungsplä- nen stellt der Abschnitt 2 das System der Sanierungsindi- katoren im Plan ausführlich dar. Bei der anschließenden Selektion und Kalibrierung der einzelnen Sanierungsindika- toren fokussiert dieser Beitrag auf ausgewählte Kapital- und Profitabilitätskennzahlen. Die Weiterentwicklung der Sanie- Murat Köster rungspläne stellt für Institute eine sehr wichtige, wenn auch ist im Anschluss an seine Zeit bei einer Geschäfts- herausfordernde Aufgabe dar. Die damit verbundene Vor- bank als bankgeschäftlicher Prüfer bei der Deut- bereitung auf Krisenfälle erhöht das bankweite Bewusst- schen Bundesbank in Frankfurt a.M tätig. Seine sein sowie die Krisenreagibilität. [1] Prüfungsschwerpunkte liegen u. a. im Bereich der Kreditrisiken. 1. Kurzüberblick über die Sanierungsplanung Seit der EU-weiten Umsetzung der Bank Recovery und Re- solution Directive (BRRD) in nationales Recht zum 1. Janu- ar 2015 stehen sowohl die verpflichteten Institute als auch die zuständigen Aufsichtsbehörden in der Verantwortung, sich für eine wesentliche Verschlechterung der Finanzlage des Instituts sowie einer damit einhergehenden mögli- Prof. Dr. Andreas Igl chen Bestandsgefährdung vorzubereiten. Knapp vier Jahre Professor für Bankbetriebslehre und Bankenaufsicht nach der gesetzlichen Einführung des Regelwerks zur Sa- an der Hochschule der Deutschen Bundesbank in Ha- nierungsplanung zeigen Analysen jedoch, dass europaweit chenburg. Über 10 Jahre Erfahrung als Berater für Ban- noch keine zufriedenstellende Vorbereitung der Banken auf ken und Finanzdienstleister. Zentraler Schwerpunkt ihren eigenen Krisenfall gegeben ist [2]. Grundlage dieser seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit sind Fragestel- Erkenntnis sind drei aufeinanderfolgende Zyklen der Ana- lungen rund um die Konzeption und Implementie- lyse und Bewertung von Sanierungsplänen von direkt be- rung von Systemen zur Risikomessung und -steuerung aufsichtigten Instituten durch die zuständige Aufsichtsbe- in Kreditinstituten sowie die Umsetzung von aufsichts- hörde EZB. Darüber hinaus konnten in mehreren Instituten rechtlichen Anforderungen. mit bestandsgefährdenden Krisen (u.a. Banco Popular [3] , Banca Popolare di Vicenza, Veneto Banca, ABLV, …) entspre- chende Erfahrungen zur geringen Eignung der vorbereite-
Seite 27 Die Weiterentwicklung der Sanierungspläne stellt für Institute eine sehr wichtige, wenn auch herausfordernde Aufgabe dar. Die damit verbundene Vorbereitung auf Krisenfälle erhöht das bankweite Bewusstsein sowie die Krisenreagibilität. ten Sanierungspläne gesammelt werden. Zentrale Erkennt- 4. Detaillierte Beschreibung der Indikatoren gemäß Arti- nisse aus den genannten Krisenfällen sind, dass neben kel 5 Nummer 3 Buchstabe b der Delegierten Verord- einer zu späten Identifikation der Krisensituation auch die nung (EU) Nr. 2016/1075. und §§ 7 und 8 MaSanV vorbereiteten Gegenmaßnahmen praktisch nicht oder nur sehr unzureichend umsetzbar sind. 5. Allgemeine Beschreibung von Handlungsoptionen ge- mäß Artikel 9 bis 11 und Artikel 12 Absatz 1 und 2 der Sanierungspläne sind ein nützliches Instrument, das Bank- Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 manager einsetzen können, um Krisenfälle zu überwinden, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass diese ordnungs- 6. Belastungsszenarien gemäß Artikel 12 Absatz 2 Buch- gemäß konzipiert und umgesetzt worden sind. In der Ban- stabe d und Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) kenpraxis hat sich über die letzten Jahre ein weitestgehend Nr. 2016/1075 und § 9 MaSanV einheitlicher Aufbau eines Sanierungsplans etabliert. Die Ausgestaltung der einzelnen Komponenten muss bankspe- 7. Kommunikations- und Informationsplan gemäß Artikel zifisch vor dem Hintergrund der Institutsgröße sowie von 14 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäfts- aktivitäten erfolgen. 8. Vorbereitungsmaßnahmen gemäß Artikel 15 der Dele- gierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 Die BaFin hat die Anforderungen an die einzelnen Elemen- te des Sanierungsplans im Sanierungs- und Abwicklungs- gesetz (SAG) sowie der aktuell konsultierten Rechtsverord- Die Ausgestaltung eines Sanierungsplans stellt hohe An- nung zu den Mindestanforderungen an Sanierungspläne forderungen an das Kreditinstitut. Während Krisenpläne für für Institute und Wertpapierfirmen (MaSanV) [4] samt Merk- die Geschäftsfortführung oder bei Liquiditätsengpässen blatt[3] zusammengefasst. Grundlage hierfür stellt die De- fokussiert einzelne Einheiten betreffen, kann sich eine exis- legierte Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 der Europäischen tenzbedrohende Schieflage für das Geschäftsmodell einer Kommission dar [5]. Die Struktur eines Sanierungsplans Bank aus sehr vielen Dimensionen ergeben. Als klassische umfasst gemäß Merkblatt der BaFin nachfolgende Bestand- Gründe sind hierbei die Überschuldung (zu wenig regu- teile: latorisches oder bilanzielles Eigenkapital) oder die Zah- lungsunfähigkeit zu nennen. Ebenso führt eine fehlende 1. Zusammenfassung der wichtigsten Bestandteile des Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells infolge von einer zu Sanierungsplans gemäß Artikel 4 der Delegierten Ver- geringen Profitabilität oder zu hohen Beständen an notlei- ordnung (EU) Nr. 2016/1075 denden Krediten zu schwerwiegenden Problemen für die Geschäftstätigkeiten. Diese hochgradig verzahnten Dimen- 2. Beschreibung der vom Sanierungsplan erfassten Un- sionen sowie die zahlreichen damit verbundenen Akteure ternehmen gemäß Artikel 7 der Delegierten Verord- stellen auch die intern Verantwortlichen für die Sanierungs- nung (EU) Nr. 2016/1075 und § 5 MaSanV planung mit ihrer für gewöhnlich effizienten Ressourcen- ausstattung vor größere Herausforderungen. 3. Angaben zur Unternehmensführung gemäß Artikel 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1075 und § 6 MaSanV
Praxistipp Ein Sanierungsplan und dessen Indikatorengruppen können jedoch nur funktionieren, wenn die gewählten Indikatoren zum Geschäftsmodell und den Geschäftsaktivitäten des Instituts passen. Außerdem müssen diese die besonderen Risiken der einzelnen Institute abdecken und be- dürfen einer diesbezüglich angepassten Kalibrierung. 2. Indikatorensystem im 1. Kapitalindikatoren Sanierungsplan 2. Liquiditätsindikatoren Neben der Aufbau- und Ablauforganisation für den Krisen- 3. Rentabilitätsindikatoren fall (Governance) und den vorbereiteten Handlungsoptio- nen stellt das Indikatorensystem ein sehr zentrales Element 4. Indikatoren für die Qualität der Vermögenswerte des Sanierungsplans dar. Der weitere Beitrag fokussiert auf die Struktur und die Ausgestaltung dieses Kennzahlensys- 5. Marktbasierte Indikatoren tem. Detaillierte Ausführungen zu den anderen Elementen eines Sanierungsplans finden sich u.a. in Igl (2019). 6. Makroökonomische Indikatoren Gemäß §2 MaSanV ist ein Indikator allgemein als Merkmal definiert, welches die Analyse von Entwicklungen ermög- Ein Institut, welches als global bzw. national systemrelevant licht, die eine (negative) Auswirkung auf die Finanzlage des oder als potentiell systemgefährdend durch die Aufsichts- Kreditinstituts haben können. Für jeden quantitativen Indi- behörden klassifiziert ist, muss grundsätzlich Sanierungs- kator ist ein Schwellen-wert gemäß § 7 Absatz 1 MaSanV indikatoren in allen sechs Kategorien vorhalten. Die Kate- festzulegen. Dieser muss sich eignen, dem Institut einen gorien 5 und 6 können nur dann vernachlässigt werden, Krisenfall im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 SAG aufzuzei- wenn das Kreditinstitut im Sanierungsplan nachvollziehbar gen. Alle als Sanierungsindikatoren klassifizierten Kennzah- begründen kann, dass die entsprechende Kategorie auf- len werden zu einem System zusammenge-führt, welches grund seiner Rechtsform, seines Risikoprofils, seiner Größe auch als Indikatorensystem bezeichnet wird. Um die Funk- oder seiner Komplexität nicht relevant ist [3]. Dem Prinzip tionsfähigkeit des Indikatorensystems zu gewährleisten, ist der Proportionalität folgend variiert auch die Mindestanfor- die Selektion der Indikatoren, die Kalibrierung der zugehö- derung an die Anzahl von Indikatoren in Abhängigkeit von rigen Schwellenwerte sowie die Interaktion zwischen den der aufsichtsrechtlichen Klassifizierung des Instituts. Sanierungsindikatoren untereinander sowie mit anderen Kennzahlen der Kreditinstituts von zentraler Bedeutung. Je Kategorie schlägt die EBA mehrere Indikatoren als ver- pflichtende Kennzahlen sowie weitere Indikatoren als Die Auswahl der Indikatoren muss grundsätzlich eigen- ergänzende Kennzahlen vor. In Anhang II formuliert die ständig durch das jeweilige Kreditinstitut erfolgen. Eine EBA-Leitlinie insgesamt 15 Indikatoren, die für die Institute sehr zentrale Veröffentlichung für die Ausgestaltung des ohne erleichterte Anforderungen eine Mindestliste an Sa- Indikatorensystems stellt die „Leitlinie zur Mindestliste der nierungsindikatoren darstellen. Grundsätzlich kann jeder qualitativen und quantitativen Indikatoren des Sanierungs- dieser Indikatoren von den Instituten begründet „ersetzt“ plans“ der EBA vom 23. Juli 2015 dar [6]. In der Leitlinie der werden. Basierend auf der Begründung über die fehlende EBA werden insgesamt sechs Gruppen definiert, nach de- Relevanz der Kennzahl für das Institut muss dieses gleich- nen Indikatoren eingeteilt werden. Diese umfassen folgen- zeitig aber einen anderen Indikator in das System aufneh- de Kategorien: men, welcher als relevanter erscheint. Hierbei können die Institute auch auf Anhang III der EBA-Leitlinie zurückgreifen. Diese umfasst insgesamt 19 weitere Indikatoren, die eben-
Selektion und Kalibrierung von Kapital- und Profitabilitätsindikatoren im Sanierungsplan Seite 29 Sanierungspläne sind ein nützliches Instrument, das Bankmanager einset- zen können, um Krisenfälle zu überwinden, jedoch nur unter der Vorausset- zung, dass diese ordnungsgemäß konzipiert und umgesetzt worden sind. falls wieder den sechs genannten Kategorien eindeutig zu- geordnet werden. Diese Liste an zusätzlichen Indikatoren ist explizit nicht als abschließend formuliert, sondern soll ausschließlich der Veranschaulichung sowie der Förderung von institutsinternen Diskussionen sowie daraus folgenden • Drei verpflichtende Kapitalindikatoren Ideen für nicht genannte, individuelle Indikatoren dienen. (Common equity tier 1 capital, Total capital ratio, 3. Selektion von Kapital- und Leverage ratio) Profitabilitätsindikatoren • Zwei zusätzliche Kapitalindikatoren (Retained earnings and provisions / Total equity, Im weiteren Verlauf des Beitrags erfolgt eine Fokussierung auf Kapital- und Profitabilitätskennzahlen vor dem Hinter- Adverse information about the financial position grund, dass diese Indikatoren sehr etablierte Größen im Rahmen der Bankplanung sowie der Risikotragfähigkeit of material contracting partners) sind. Zudem bestehen für zahlreiche Kennzahlen aufsichts- rechtliche Mindestanforderungen (insb. in der Dimension Kapital) oder zumindest aufsichtsrechtliche Erwartungshal- Im Gegensatz dazu sollten die Rentabilitätsindikatoren tat- tungen (z.B. mittels Vergleich von Return-on-Equity (RoE) sächliche oder potenzielle Ergebnisveränderungen von si- und Cost-of-Equity (CoE) im Rahmen der Geschäftsmodel- gnifikanter Bedeutung aufzeigen, die zu einer raschen Ver- lanalyse des SREP). schlechterung der Finanzlage des Instituts führen könnten. Die Kategorie der Rentabilitätsindikatoren sollte auch das Kapitalindikatoren sind wahrscheinlich die wichtigsten Ins- Risiko von Betriebsverlusten aufgrund möglicher Auswir- trumente zur Ermittlung eines potenziellen Scheiterns der kungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung (z. B. durch Bank. Folglich kommen diese zum Einsatz, um eine sich menschliches Versagen) umfassen. Darüber hinaus sollten abzeichnende und drohende Verschlechterung des Eigen- Probleme in Bezug auf das Marktvertrauen, die sich auf ei- kapitals der Institution aus quantitativer und qualitativer nen erheblichen Gewinnausfall beziehen, von diesen Indi- Sicht (einschließlich einer Erhöhung der Verschuldung) katoren erfasst werden. An die Auswahl von Profitabilitäts- zu ermitteln. Aufgrund des „stabilen“ Charakters der Kapi- indikatoren bei bedeutenden Instituten werden folgende talindikatoren sollten die Institute berücksichtigen, dass Anforderungen formuliert: Kapitalmaßnahmen grundsätzlich eine längere Zeit zur Vorbereitung und Umsetzung benötigen. Darüber hinaus erfordern diese Maßnahmen aufgrund von Spekulationen und Gerüchten (= Marktsignaleffekt) eine größere Sensitivi- tät bezüglich der Marktreaktion. An die Auswahl von Kapi- talindikatoren bei bedeutenden Instituten werden folgen- de Anforderungen formuliert:
Praxistipp Zur Kalibrierung kann als grobe Orientierung das EBA Dashboard als Benchmark herangezogen werden. Im weiteren Verlauf sollten die Institu- te auf eine Übereinstimmung mit dem internen Risikomanagement, der internen strategischen Geschäftsplanung und der SREP-Geschäftsmodel- lanalyse achten, um eine stringente Risikovorsorge zu betreiben. • Zwei verpflichtende Profitabilitätsindikatoren prägungen der Indikatoren regelmäßig zu überwachen . Die Kontrolle der Indikatoren soll kontinuierlich erfolgen. (Return on Assets or Return on Equity, significant So soll sichergestellt werden, dass das Institut rechtzeitig geeignete Maßnahmen einleiten kann, um seine finanzielle operational losses) Stabilität nach einer erheblichen Verschlechterung seiner Finanzlage wiederherzustellen [8]. • Zwei zusätzliche Profitabilitätsindikatoren Die Schwellenwerte sollten so definiert werden, dass eine (Cost-income ratio, Net interest margin) ausreichende Zeitspanne zur Verfügung steht, damit die je- weils verwendeten Gegenmaßnahmen oder Handlungsop- tionen ihre volle Wirkung entfalten können. Darüber hinaus Bei der Selektion der Kennzahlen pro Kategorie präferie- kann die Definition von Schwellenwerten auch die Definiti- ren Institute insbesondere Indikatoren, die ohnehin ver- on von sogenannten Frühwarnsignalen umfassen, die aktiv pflichtend im Rahmen des aufsichtlichen Meldewesens werden, bevor ein tatsächlicher Sanierungszustand vor- berechnet werden. Neben diesen Synergieeffekten fördert liegt. Dies kann beispielsweise durch ein Farbkodierungs- deren Integration in das Indikatorensystem sicher auch system mit unterschiedlichen Schwellenwer-ten (z. B. grün das Vorliegen einer aufsichtlichen Mindestanforderung, / gelb / rot) implementiert werden. Eine andere Art von die als Orientierung für die Bemessung des notwendigen Frühwarnsignalen können zusätzliche Indikatoren sein, die Schwellenwerts dienen kann. Der Quervergleich stellt die- in § 7 (1) MaSanV nicht erwähnt werden. Die Angemessen- se Fokussierung auf aufsichtliche Kennzahlen eindeutig heit des Indikatorrahmens und der festgelegten Schwellen- dar (Nutzung von unterschiedlichen Kapitalquoten sowie werte muss im Sanierungsplan begründet werden. der Verschuldungsquote von über 90% der betrachteten Instituten). Während gängige Rentabilitätsindikatoren wie Ausgangspunkt für die Kalibrierung der Schwellenwerte die Eigenkapitalrendite und bedeutende operative Verluste stellen zunächst die aufsichtsrechtlichen Mindestanforde- noch von der Hälfte der Institute ausgewählt werden, be- rungen an Kapital- und Profitabilitätsindikatoren dar. Dies sitzen alle anderen Kennzahlen eine eher untergeordnete begründet sich insbesondere dadurch, dass Institute früh- Rolle [7]. zeitig durch Sanierungsindikatoren vor einer möglichen Unterschreitung von diesen „kritischen“ Schwellen gewarnt werden sollen. Bei Kapitalindikatoren umfasst diese zu- 4. Kalibrierung von Kapital- und nächst die Mindestkapitalanforderungen der Säule 1 (auch: Pillar 1). Bezogen auf die risikogewichteten Aktiva der Bank Profitabilitätsindikatoren müssen die Institute gemäß CRR mindestens 4,5 % an (re- gulatorischem) harten Kernkapital (CET1), 1,5 % an zusätzli- chem Kernkapital (AT1) und 2 % an Ergänzungskapital (T2) Nach der Auswahl der Sanierungsindikatoren folgt mit vorhalten. Darüber hinaus wird als Ergebnis des europaweit der Kalibrierung der zugehörigen quantitativen Schwel- harmonisieren Überprüfungs- und Bewertungsprozesses lenwerte die zweite Herausforderung für die Institute. Zur der Aufsicht (SREP) eine institutsspezifische Kapitalanfor- Wahrung der Funktionsfähigkeit des Indikatorensystems derungen für zusätzliche Risiken der Säule 2 sowie Schwä- sind die verpflichteten Institute aufgefordert, die IST-Aus- chen im Geschäftsmodell und im internen Kontrollsystem
Selektion und Kalibrierung von Kapital- und Profitabilitätsindikatoren im Sanierungsplan Seite 31 formuliert. Der „SREP- Kapitalzuschlag“ (auch P2 Require- nete Größenordnung fest. ment, kurz: P2R) muss bei bedeutenden Instituten vollstän- dig durch hartes Kernkapital erfüllt werden, bei weniger Gleichzeitig mit der Umsetzung des Basel-III-Rahmenwerks bedeutenden Instituten kann es durch die Kapitalstruktur wurde eine Verschuldungsquote (auch: Leverage Ratio) erfüllt werden. Zusammen werden die verpflichtenden An- eingeführt. Durch die Verwendung der Leverage Ratio als forderungen aus der Säule 1 und 2 als „Total SREP Capital verpflichtende Kennzahl wird für Institute eine Mindestan- Requirement” (TSCR) bezeichnet und müssen von den be- forderung von mindestens 3% in Bezug auf ein definiertes aufsichtigten Instituten zu jeder Zeit erfüllt werden. Eine Leverage Exposure (vereinfacht: Bilanzaktiva und außer- Verletzung der aufsichtlichen Mindestkapitalanforderun- bilanzielle Größen, korrigiert um Anpassungsfaktoren) gen kann sowohl zu einem Entzug der Zulassungslizenz festgelegt. Je niedriger das Verhältnis, desto höher ist die durch die zuständige Aufsichtsbehörde führen (gemäß Verschuldung im Verhältnis zum Kernkapital des jeweiligen Artikel 18 CRD) als auch zu einem sogenannten Instituts- Instituts. Auf diese Weise soll ein übermäßiger Schuldenauf- zustand „failing or likely to fail” führen. Dieser Zustand ist bau beschränkt werden. gemäß Artikel 32 BRRD eine zentrale Bedingung, dass ein Institut mittels einheitlichen Abwicklungsmechanismus Eine allgemeine Anforderung an die Rentabilitätsindikato- vom Markt ausscheidet. ren besteht darin, die wichtigsten Schwachstellen und die wesentlichen Wettbewerbsstärken (gemäß der laufenden Die Gesamtkapitalanforderung (OCR) der Institute besteht Risikomanagementüberwachung und der SREP-Geschäfts- sowohl aus der TSCR als auch aus den kombinierten Kapi- modellanalyse) des jeweiligen Instituts zu überwachen. Für talpufferanforderungen, welche durch hartes Kernkapital Rentabilitätsindikatoren gelten jedoch keine Mindestan- unterlegt werden müssen. Die kombinierten Pufferanforde- forderungen der Aufsichtsbehörden wie beispielsweise für rungen nach §10 i Abs. 1 KWG setzen sich vereinfacht als Kapitalindikatoren. Anstelle aufsichtsrechtlicher Anforde- Summe aus Kapitalerhaltungspuffer, antizyklischem Puffer rungen können Benchmarks einen ersten Anhaltspunkt für sowie „systemischen“ Kapitalpuffern (G-SII-Puffer, O-SII-Puf- die angemessene Ausstattung der institutsspezifischen In- fer und systemischem Risikopuffer) zusammen. Wenn die dikatoren geben. Basierend auf dem EBA-Risiko-Dashboard kombinierte Pufferanforderung verletzt wird, muss das Ins- können folgende Benchmarks anhand des Ampel-Ansatzes titut innerhalb von 5 Arbeitstagen einen Kapitalerhaltungs- für quantitative Indikatoren wie die Eigenkapitalrendite plan vorlegen. Außerdem würden Ausschüttungsbeschrän- (ROE) oder die Cost-Income-Ratio (CIR) ermittelt werden kungen (z. B. Dividendenausschüttungen und Zahlungen (siehe oben) [9]: von AT1-Instrumenten) automatisch ausgelöst. Mit dem SREP wurde auch eine „weiche“ Säule 2-Anforderung etab- • ROE: > 10% (Grün), 6 – 10% (Gelb), < 6% (Rot) liert, die im Gegensatz zu den bereits aufgeführten Anfor- derungen nur eine kommunizierte Erwartungshaltung der • CIR: < 50% (Grün), 50 – 60% (Gelb), > 60% (Rot) Aufsichtsbehörden darstellt. Die Eigenmittel-Zielkennziffer (auch P2 Guidance, kurz: P2G), die jährlich im Rahmen des Während der grüne Bereich ein Beispiel für sehr profita- SREP festgelegt wird, soll die Auswirkungen von Stresss- ble Institute ist, ist der rote Bereich ein negatives Beispiel zenarien abdecken. Nach einer ausführlichen Analyse der für nicht profitable Institute. Der gelbe Bereich zeigt eine Rahmenbedingungen (institutsspezifisch und makroöko- mittlere Profitabilität an. Eine schlechte Performance im nomisch) legt die zuständige Aufsichtsbehörde eine geeig- Vergleich zur Benchmark kann negative Auswirkungen
auf die Marktvertrauensindikatoren haben. Neben diesen Kapitalanforderungen von P1 und P2R liegen. Die Institu- Benchmarks gibt es einen wechselseitigen Einfluss, z. B. te sollten jedoch berücksichtigen, dass die jeweiligen auf- zwischen Rentabilität und regulatorischem Kapital. Folglich sichtsrechtlichen Konsequenzen unter Umständen negati- wirkt sich eine geeignete Kalibrierung von Rentabilitätsin- ve Marktreaktionen auslösen und dadurch die Umsetzung dikatoren indirekt auf andere Indikatoren und deren auf- von Sanierungsoptionen ggfs. erschwert wird. sichtsrechtliche Anforderungen aus. Im Hinblick auf die mögliche Kalibrierung definiert das Grundsätzlich sollten Schwellenwerte gemäß dem Risiko- EBA-Risiko-Dashboard die folgenden Schwellenwerte für profil des Instituts und der erforderlichen Zeit für die Durch- die CET1-Quote von bedeutenden Instituten im Durch- führung der definierten Erholungsmaßnahmen kalibriert schnitt: werden. Um frühzeitige Interventionsmaßnahmen der Auf- • CET1%: > 14% (Grün), 11 – 14% (Gelb),
Selektion und Kalibrierung von Kapital- und Profitabilitätsindikatoren im Sanierungsplan Seite 33 Die Indikatorkategorien dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern sollten auch hin- sichtlich möglicher nachteiliger Auswirkungen auf andere Indikatoren und deren Kalibrie- rung bewertet werden. In Anbetracht der Rentabilitätsindikatoren sollte das Institut Daher ist es wichtig, für beide Indikatoren einen voneinan- Schwellenwerte einführen, die mit ihren Vorgaben aus der der abhängigen Rahmen für den Schwellenwert festzule- internen (strategischen) Geschäftsplanung und dem Ergeb- gen. Darüber hinaus sollte in diesem Fall eine wesentliche nis der SREP-Geschäftsmodellanalyse in Einklang stehen. Änderung der CET-1-Quote zu einer verstärkten Überwa- Diese Kalibrierungen sind auch für andere Indikatorkate- chung anderer (Kapital-) Indikatoren führen. gorien von besonderer Bedeutung, da ausgeprägte Wech- selwirkungen und Verzahnungen bestehen. In Bezug auf Ein Beispiel für eine kategorieübergreifende Wechselwir- die Rentabilitätskennzahlen stellen sie (die anderen Indika- kung ist der folgende Fall: torkategorien oder die Schwellenwerte) jedoch eine gute Orientierung dar, da für diese Kategorie keine aufsichts- Ein Institut mit geringer Marktkapitalisierung prognosti- rechtlichen Vorgaben bestehen. Jede Institution sollte eine ziert über mehrere Jahre mit niedrigeren Erträgen, was zu Kalibrierung für die Rentabilitätsindikatoren vornehmen, einer geringen Rentabilität führt. Dies wirkt sich wiederum die es der Bank ermöglicht, die aktuellen und zukünftigen negativ auf die Gewinn- und Verlustrechnung aus, die nach Entwicklungen zu verkraften. Eine generelle Empfehlung dem Testat auf die Gewinnrücklage und somit das bilan- für die Kalibrierung kann daher nicht gegeben werden. Nur zielle Eigenkapital überführt wird. Es zeigt sich, dass eine ein Benchmarking mit vergleichbaren Instituten, eine kohä- anhaltend schlechte Rentabilität die Kapitalindikatoren ne- rente schriftliche Begründung für die Auswahl und eine gativ beeinflussen kann. Daher sollte die Kalibrierung der enge Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden ermög- Rentabilitätsindikatoren mit den für die CET1- oder Gesamt- lichen eine gute Kalibrierung der Rentabilitätskennzahlen. kapitalquoten ermittelten Schwellenwerten abgestimmt Letztendlich sollte die Institution an der Ausarbeitung eines werden. Je niedriger die Kapitalisierung eines Instituts ist, funktionsfähigen Plans interessiert sein, da dies die Institu- desto höher sollte die Kalibrierung der Schwellenwerte tion im Krisenfall vor einer Insolvenz oder Abwicklung be- für den Rentabilitätsindikator sein. Umgekehrt sollten die wahren sollte. Schwellenwerte für Kapitalindikatoren mit dem Geschäfts- modell der jeweiligen Bank übereinstimmen. Die Indikatorkategorien dürfen nicht isoliert betrachtet Als zweites Beispiel für eine kategorieübergreifende Aus- werden, sondern sollten auch hinsichtlich möglicher nach- wirkung wird nachfolgender Sachverhalt dargestellt: teiliger Auswirkungen auf andere Indikatoren und deren Kalibrierung bewertet werden. Diese adversen Entwicklun- Der Aktienkurs eines börsengehandelten Instituts fällt auf- gen können in derselben Kategorie oder in anderen Kate- grund von Spekulationen. Dies senkt die CET1-Ratio, was gorien auftreten. Eine nachteilige Wirkung innerhalb der- wiederum die Ursache für die nunmehr teurere Refinanzie- selben Kategorie wäre beispielsweise folgender Fall: rung am Geldmarkt sein kann (aufgrund höherer Spreads). Dies hat negative Auswirkungen auf die Gewinn- und Ver- Ein Rückgang der CET1-Quote wirkt sich auf den Zähler lustrechnung. Neben den negativen Auswirkungen einer der Verschuldungsquote aus, was relativ zu einem höheren Verschlechterung des Indikators können sich zudem die Schuldenstand und somit zu einer geringen Leverage Ratio umgesetzten Handlungsoptionen negativ auf andere Indi- führt (bei einem konstanten Nenner). katoren auswirken. Ein Beispiel wäre eine Verringerung der Verschuldungsquote durch Reduzierung der Risikopositio- nen, die mit Rentabilitätsverlusten einhergehen würde.
Das nachfolgende dritte Beispiel soll das Zusammenwirken von Kennzahlen in einem funktionierenden Indikatorensys- tem veranschaulichen. Angenommen wird ein Institut, das von den Aufsichtsbe- Je Dimension ist ein Indikatorenbereich dargestellt. Inner- hörden mit vereinfachten Anforderungen an die Sanie- halb der Dimension steht eine Werteausprägung näher am rungsplanung ausgestattet worden ist. Diese umfasst u.a. Zentrum für eine positive Realisierung, ein Wert in Richtung auch, dass das Kreditinstitut nur jeweils mindestens einen der Achsenenden für eine negative Situation. Die jeweils Indikator in den vier Bereichen Kapital, Liquidität, Rentabi- gestrichelt dargestellten Linien stellen die spezifisch kali- lität und Qualität der Vermögensgegenstände auswählen brieten Sanierungsschwellenwerte dar. In der Abbildung und mit einer quantitativen Sanierungsschwelle versehen sind ähnlich zu einem „Spinnennetz“ für einen Zeitpunkt muss. Das Institut wählt für den Bereich Kapital die harte die Ergebnisse des Planungsszenarios abgebildet. Die ver- Kernkapitalquote (CET1%), für den Bereich Liquidität die antwortlichen Geschäftsleiter planen in einem Basisszena- Liquidity Coverage Ratio (LCR), für den Bereich Profitabilität rio die zukünftigen Geschäftsaktivitäten natürlich inner- den Return on Equity (RoE) und für den Bereich der Qualität halb der jeweiligen Sanierungsschwellen. der Vermögensgegenstände die Quote des Anteils an not- leidenden Krediten (NPL%) aus. Zur grafischen Veranschauli- Abbildung 1 chung der Abhängigkeiten setzt das Institut die vier Indika- toren gemäß der nachfolgenden Abbildung 1 in Beziehung. Capital (CET1%) Profitability (RoE) ++ Liquidity (LCR) Legend: Recovery threshold Planning scenario Asset Quality (NPL%) Abb. 1: Abhängigkeiten im Indikatorensystem Quelle: Igl (2019) [10]
Selektion und Kalibrierung von Kapital- und Profitabilitätsindikatoren im Sanierungsplan Seite 35 Capital (CET1%) Recovery indicator alert: escalation within the governance framework necessary Profitability (RoE) ++ Liquidity (LCR) Legend: Recovery threshold Planning scenario Recovery scenario Asset Quality (NPL%) Abb. 2: Indikatorausprägungen im Stressszenario Quelle: Igl (2019) [10] Nach einem Zeitintervall realisiert sich für das Institut ein Zudem erfolgt eine intensive Diskussion und Bewertung Stressszenario. Dies führt hypothetisch zu einer negativen über die vorhandenen Handlungsalternativen, die sich Veränderung der Kennzahlen in allen Dimensionen. Wäh- insbesondere auch auf die Umsetzbarkeit der definierten rend in den Bereichen Kapital, Profitabilität und Qualität Handlungsoptionen im Sanierungsplan beziehen wird. Im der Vermögensgegenstände zwar z.T. signifikante Ver- konkreten Beispiel entscheidet sich die Geschäftsleitung schlechterungen im Institut hingenommen werden müs- für die Umsetzung von Handlungsoptionen, wobei ein sen, tritt im Bereich Liquidität eine für die Bank bestands- Automatismus nach Auslösen der Krisengovernance ex- gefährdende Situation ein. Dieses Szenario, welche sich plizit nicht gegeben ist. Eine Verbesserung der Liquiditäts- im Rahmen der Belastungsanalyse auch als „near-to-de- ausstattung ausgedrückt durch die LCR kann durch eine fault“-Szenario qualifiziert, führt zu einer Unterschreitung Erhöhung des HQLA Bestands (Zähler der LCR) oder eine der Sanierungsschwelle der LCR. Die schematische Ent- Reduktion der in den nächsten 30 Tagen anstehenden Aus- wicklung der Indikatorausprägung wird in der obenste- zahlungen (Bestandteil im Nenner der LCR) erfolgen. Der henden Abbildung 2 veranschaulicht. HQLA Bestand kann beispielsweise durch einen Aktivtausch zwischen sehr hochwertigen Staatsanleihen (mit niedriger Die Unterschreitung der Sanierungsschwelle im Bereich Rendite) und mittel- bis hochwertigen Unternehmensanlei- Abbildung 3 Liquidität führt zu einem Auslösen der Krisengovernance hen (mit höherer Rendite) erfolgen. Die geplanten Auszah- sowie des damit verbundenen Eskalations- und Entschei- lungen können durch ein zeitlich befristetes Einstellen des dungsprozesses. Als Folge wird die Geschäftsleitung ge- Neugeschäfts erwirkt werden. Damit geht jedoch einher, meinschaftlich die Situation sowie die aktuellen Entwick- dass auch geplante Zinserträge nicht bzw. erst später erzielt lungen analysieren. werden können. Die konsolidierten Auswirkungen werden in der nachfolgenden Abbildung 3 dargestellt. Capital (CET1%) Abb. 3: Auswirkungen der Krisengovernance im Indikatorsystem Profitability (RoE) ++ Liquidity (LCR) Legend: Recovery threshold Quelle: Igl (2019) Planning scenario [10] Recovery scenario Usage of recovery options Asset Quality (NPL%)
Es zeigt sich zudem, dass oft die Begründung für eine Abweichung von den Mindestindi- katoren fehlt oder die gesamte Dokumentation von Selektion und Kalibrierung der jeweili- gen Institute nicht ausreichend ist. Über die Mindestindikatoren hinaus sollten Indikatoren implementiert werden, die beispielsweise die Verwendung stiller Reserven darstellen. Dies verhindert ein verstecktes Beschneiden anderer Indikatoren und stärkt die Position im Dia- log mit den Aufsichtsbehörden. Es zeigt sich, dass durch die exemplarisch beschriebenen 5. Zusammenfassung und Ausblick Handlungsoptionen die geplanten positiven Auswirkungen auf die LCR als Kennzahl im Bereich Liquidität eingetreten sind. Vereinfacht besitzen die Gegenmaßnahmen keine (bei der Qualität der Vermögenswerte) bzw. höchstens leicht Die Institute hatten zunächst Schwierigkeiten, die Anforde- positive Auswirkungen (bei der Kapitalquote infolge redu- rungen an die Selektion und Kalibrierung von Indikatoren zierter RWA aus Staatsanleihen). Von zentraler Bedeutung in Sanierungsplänen zu erfüllen. Ein häufig auftretendes sind jedoch die negativen Auswirkungen in der Dimensi- Beispiel ist die zu niedrige Kalibrierung der Schwellenwerte onen Profitabilität. Die obige Abbildung veranschaulicht für die harte Kernkapitalquote. Im Bereich der Kapitalindi- nachdrücklich, dass die Entlastung im Bereich Liquidität katoren konnten aber über die Weiterentwicklungen der durch eine schlechtere Situation im Bereich der Profitabili- Sanierungspläne deutliche Verbesserung festgestellt wer- tät erkauft worden ist. den. In Bezug auf die Profitabilitätsindikatoren besteht je- doch weiterhin Potential zur Weiterentwicklung. Die bankpraktische Erfahrung zeigt zudem, dass in nahe- zu allen Dimensionen von Sanierungsindikatoren (Kapital, Es zeigt sich zudem, dass oft die Begründung für eine Ab- Liquidität, Qualität der Vermögenswerte) eine Entlastung weichung von den Mindestindikatoren fehlt oder die ge- durch eine verringerte Profitabilität erzielt werden kann samte Dokumentation von Selektion und Kalibrierung der (z.B. durch eine Kapitalerhöhung, einen Aktivtausch oder jeweiligen Institute nicht ausreichend ist. Über die Min- einen Verkauf der notleidenden Kredite unter Preis). Diese destindikatoren hinaus sollten Indikatoren implementiert Wechselwirkungen zwischen dem Indikatorensystem so- werden, die beispielsweise die Verwendung stiller Reserven wie den Handlungsoptionen ist von zentraler Bedeutung, darstellen. Dies verhindert ein verstecktes Beschneiden an- um die Sanierungskapazität eines Instituts adäquat bewer- derer Indikatoren und stärkt die Position im Dialog mit den ten zu können. Aufsichtsbehörden. Darüber hinaus sollte der Indikatorrahmen mit dem inter- nen Risikomanagement vereinbar sein, um eine wirksame Sanierungsplanung sicherzustellen. Mögliche Beispiele für diese Konsistenz könnten die Planung von Kapital und Li- quidität oder die Kalibrierung des Risikoappetits sein. Der Sanierungsplan kann daher als Erweiterung des bestehen- den Risikomanagements der Institution betrachtet werden.
Selektion und Kalibrierung von Kapital- und Profitabilitätsindikatoren im Sanierungsplan Seite 37 Praxistipps Fragen zur Wiederholung ? und Vertiefung Empfehlungen für Banken: 1. Weshalb müssen Banken ein Indikato- • Implementierung Ampelsystem empfehlenswert. rensystem im Sanierungsplan imple- mentieren? • Maximierung statt Minimierung des Abstands zwi- schen den Schwellwerten; im Ernstfall ist die Vermei- 2. Welche Indikatorkategorien müssen im dung von zeitlichen Engpässen erstrebenswerter, um Sanierungsplan enthalten sein? Unter als oberstes Ziel das Marktvertrauen zu erhalten und die Abwärtsspirale zu vermeiden. welchen Umständen kann von der Vor- gabe abgewichen werden? • Zur Kalibrierung dient das EBA Dashboard als erste Benchmark. Darüber hinaus sind individuelle Beson- 3. Welche Kapital- und Profitabilitäts- derheiten und besondere Risiken des Instituts zu be- indikatoren können Ihrer Meinung rücksichtigen. nach zusätzlich für ein wirkungsvolles • Die Verzahnungen zwischen den Indikatorenkategori- Frühwarnsystem genutzt werden? Wie en sind individuell zu beachten. würden Sie diese kalibrieren? • Übereinstimmung mit internem Risikomanage- 4. Wie kann die Verzahnung zwischen ment, internen strategischen Geschäftsplanung und SREP-Geschäftsmodellanalyse ist sicherzustellen. einzelnen Indikatorkategorien effizient und überschaubar gestaltet werden? Welche zwischengeschalteten oder zu- Empfehlungen für Aufsichtsbehörden: sammengesetzten Indikatoren wären hierbei dienlich? • Prüfen, ob besondere Risiken in Schwellwertsysteme einbezogen wurden. 5. Welche Verbindungen bestehen zu MREL bzw. zu TLAC? Welche Ideen • Plausibilität der Schwellenwerte und Erläuterungen könnten für die Sanierungsplanung prüfen, auch in Hinblick auf Unstimmigkeiten mit in- ternem Risikomanagement, Geschäftsplanung und übernommen werden? SREP-Geschäftsmodellanalyse. • Vollständigkeit sicherstellen. • Zu aggressive (quantitative) Kalibrierung an gesetzli- chen Vorgaben auf Werthaltigkeit prüfen, u.a. mittels Durchführung von Analysen in der Peer Group.
Internetlinks und Quellenverzeichnis @ weiterführende Informationen Der Beitrag gibt die persönlichen Meinungen der [1] Autoren wieder Institution Internetlinks European Central Bank (ECB) (2018): Report on Reco- [2] very Plans, 2018 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Ba- Bundesbank www.bundesbank.de Fin) (2017b): Merkblatt zum Konsultationsentwurf der [3] Rechtsverordnung zu den Mindestanforderungen an Sanierungspläne für Institute und Wertpapierfirmen, BaFin www.bafin.de September 2017. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) (2017): Entwurf einer Rechtsverordnung zu www.bankingsupervision.euro- ECB [4] den Mindestanforderungen an Sanierungspläne für pa.eu Institute und Wertpapierfirmen (MaSanV) inklusive Begründung, September 2017. EBA eba.europa.eu Europäische Union (EU) (2016): Delegierte Verord- nung (EU) 2016/1075 der Kommission zur Ergänzung [5] der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parla- ments und des Rates durch technische Regulierungs- SRB srb.europa.eu standards, März 2016. European Banking Authority (EBA) (2015): Leitlinien [6] zur Mindestliste der qualitativen und quantitativen Indikatoren des Sanierungsplans, 2015. Rechtsquellen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Ba- [7] Fin) (2018): Sanierungsplanung: Quervergleich: Ban- kaufsichtliche Erfahrungen, in: BaFin Journal 03/2018. Bank Recovery and Resolution Direc- European Banking Authority (EBA) (2015): Leitlinien BRRD tive (Europa) [8] zur Mindestliste der qualitativen und quantitativen Indikatoren des Sanierungsplans, 2015. European Banking Authority (EBA) (2018): EBA Risk KWG Kreditwesengesetz (Deutschland) [9] Dashboard 2018 Q2. Igl, Andreas (2019b): Indikatorensystem – Selektion, Entwurf einer Rechtsverordnung Kalibrierung und Interaktion, S.119ff in: Igl, Andreas zu den Mindestanforderungen an (Hrsg.): Sanierungsplanung in Kreditinstituten – Pra- MaSanV Sanierungspläne für Institute und [10] xisorientierter Umgang mit neuen Anforderungen nach SAG und MaSanV, Finanz Colloquium Heidel- Wertpapierfirmen (MaSanV) inklusi- berg, 2019. ve Begründung Sanierungs- und Abwicklungsgesetz SAG (Deutschland)
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