SIW 44/2018: Tesla und die Anti-Tesla - Smart Investor

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SIW 44/2018: Tesla und die Anti-Tesla - Smart Investor
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Author : Christoph Karl

Ereignisreiche Monate

Nicht wenige Leser haben uns gefragt, warum wir uns denn so intensiv mit Tesla (IK) abgeben. Immerhin haben
wir dem Elektroauto-Bauer letztes Jahr eine Titelgeschichte gewidmet und auch dieses Jahr die Achterbahnfahrt
des Unternehmens intensiv begleitet. Klar, verglichen mit vielen andren Technologieunternehmen haben wir Elon
Musk damit überproportional viel Raum gegeben. Tesla ist aber nicht nur Tesla, sondern quasi ein Sittengemälde
der aktuellen Zustände an der Börse und im Silicon Valley. Ein visionärer Unternehmer, der regelmäßig mit den
herrschenden Konventionen bricht und einen Harakiri-Kurs fährt, der selbst Außenstehenden regelmäßig den Atem
nimmt. Gefühlt passiert bei Tesla in einem Monat so viel wie bei anderen Unternehmen in einem ganzen
Jahrzehnt. Produktionsprobleme, Fertigungslinien in einem Zelt, Twitter-Eskapaden des Chefs bis hin zu einem
wirren und durch Lügenmärchen gestützten Versuch das Unternehmen von der Börse zu nehmen – dies waren nur
einige der Themen, die Tesla-Aktionäre dieses Jahr beschäftigten. Sah es von außen betrachtet regelmäßig
danach aus, als ob der unmittelbare Kollaps kurz bevorstand, zog Musk regelmäßig einen neuen Joker aus dem
Ärmel. Weder eine Anklage und ein anschließender Vergleich mit der Börsenaufsicht SEC wegen des
„Privatisierungstweets“, noch diverse private Klagen deswegen oder die mutmaßlichen Ermittlungen des FBI
wegen falscher Angaben zu den Produktionszahlen des Model 3 konnten die Aktie zu Fall bringen. Über Monate
waren sich die Shortseller in der Aktie jedoch in einem sicher: Musk hätte sich mit seinem entscheidenden
Versprechen verpokert, nämlich der Ankündigung, dass Tesla im dritten und vierten Quartal des Jahres profitabel
arbeiten werde und einen positiven Cashflow erwirtschaften wird.

Grautöne

Doch Musk wäre nicht Musk, hätte er seine Kritiker nicht einmal mehr überrascht. Tatsächlich erzielte Tesla im Q3
einen Gewinn von 312 Mio. USD und einen freien Cashflow von 830 Mio. USD. Für Fans ist dies nun der
endgültige Beleg, dass Teslas Geschäftsmodell erfolgreich ist. Kritiker dagegen wittern (legale) oder gar illegale
Bilanzmanipulation und sehen alles genau so schwarz wie zuvor. Genau diese beiden Interpretationen zeigen
jedoch das Dilemma von Tesla auf: Es handelt sich hier eindeutig nicht um eine Firma wie jede andere. Tesla ist
quasi eine Ersatzreligion, die Welt teilt sich in „Gläubige“ und „Ungläubige“ auf. Wie bei jeder Religion kann man
den Gläubigen mit logischen Argumenten schwerlich beikommen. Ob und wie weit die Zahlen nun geschönt waren,
lässt sich schwer beurteilen. Diverse Fakten deuten jedoch darauf hin, dass Tesla wirklich alles unternommen hat,
um sein Versprechen wahr zu machen. Wichtige Investitionen wurden dagegen bis an die Schmerzgrenze
reduziert. Ob die Nachfrage nach dem Model 3 erschöpft ist, bleibt nach wie vor eine offene Frage. Wichtig ist
jedoch, dass es auch bei Tesla nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern möglicherweise auch ein paar Grautöne.
Die latente Insolvenzgefahr scheint nun zunächst einmal vom Tisch zu sein. Sollte Tesla jedoch auch in den
kommenden Monaten das versprochene 35.000 USD Model 3 nicht bauen können dürfte die Nachfrage schnell
erschöpft sein. Ein plötzlicher deutlicher Einbruch nach unten ist in der Aktie daher noch immer im Bereich des
Möglichen.

Ein Gegenbeispiel

Zu Elon Musk und seinem Geschäftsmodell befragt antwortete Charlie Munger vor einigen Monaten, dass er keine
Ahnung habe ob dies gut gehen werde oder nicht. Musk könne grandios scheitern oder am Ende der Gewinner
sein – und es genauso zu wollen. Die Antithese zum erratischen Musk und seinem Hopp- oder Top-
Geschäftsmodell ist dagegen Berkshire Hathaway (IK). Die Holding von Warren Buffett und Charlie Munger
besticht vor allem durch eines: Konstanz. Die beiden Value- Legenden haben Berkshire so aufgestellt, dass die
Holding jedem Sturm an den Börsen widerstehen kann. Was nicht bedeutet, dass die Aktie niemals fallen wird.
Laut Buffett habe es in der Vergangenheit bereits zweimal einen 50%-Rückgang gegeben, auch in der Zukunft
dürfte es einen solchen wieder geben. Rein fundamental betrachtet sieht die Bewertung der Aktie im historischen
Vergleich jedoch derzeit alles andere als überstrapaziert aus. Anders als bei Musk werden hier jedoch keine
Luftschlösser bewertet. Vielmehr zeigen die offiziellen Zahlen nicht einmal das ganze Bild. Benutzt man den von
Buffett angewendeten Ansatz der „Look-Through-Earnings“, nimmt also anteilig die Ergebnisse der Unternehmen

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aus dem Aktienportfolio, notiert die Aktie bei lediglich 13,4x dem 2019er Ergebnis. Diese Methode funktioniert so:
Berkshire besitzt 5,2% an Apple. Der iPhone-Produzent wird 2019 vermutlich rund 63 Mrd. USD verdienen. Obwohl
davon nur ein Teil als Dividende fließen wird, hat Berkshire einen Anteil von 3,3 Mrd. USD an Apples Ergebnis.
Wendet man diese Methode analog auf alle Beteiligungen an, dürfte Buffett im nächsten Jahr je B-Aktie ein
Ergebnis von 15,44 USD statt lediglich 10,25 USD erzielen. Doch damit ist es noch nicht getan: Da Berkshire auch
noch 111 Mrd. USD auf der hohen Kante hat, ergibt sich bereinigt darum ein KGV von 10,5. Nun kann man
einwenden, dass die Ergebnisse des Portfolios natürlich volatil und für 2019 alles andere als sicher sind. Von einer
Überbewertung lässt sich jedoch kaum sprechen. Kein Wunder, dass das „Orakel von Omaha“ noch im Sommer
seine eigene Aktie zurückgekauft hat. Wer Buffett kennt, weiß, dass er dies mit Sicherheit nicht tun würde, wenn er
keinen ausreichenden Abstand zu deren inneren Wert sehen würde.

Kapitalschutz und mehr

Zum vergangenen Wochenende ist der brandneue Smart Investor 11/2018 erschienen. Wie es schon gute
Tradition ist, beschäftigen wir uns im großen Kapitalschutzreport auch dieses Jahr ausführlich mit Themen, die
außerhalb der klassischen Aktien-oder-Renten-Denke liegen, welche im gegenwärtigen Umfeld und auf den
inzwischen erreichten Bewertungsniveaus ohnehin eher zu einem Aktien-oder-Renten-Dilemma geworden ist.
Andererseits lassen sich selbst an den Aktienmärkten noch immer Nischen finden, in denen auch schwere
Börsenstürme einigermaßen gut zu überstehen sein sollten: Ausgewählte Hochdividenden- und Abfindungswerte
gehören dazu. Und obwohl wir uns mit einigen sehr unangenehmen Seiten des Kapitalschutzes wie staatlichen
Zwangsmaßnahmen bis hin zu Enteignungen beschäftigen müssen, kommen auch die schönsten Seiten der
Kapitalanlage nicht zu kurz, die sogenannten „Sweetheart Investments“, beispielsweise in Whisky, Wein oder
Violinen. Und natürlich befassen wir uns nach einer rund siebenjähriger Baisse wieder intensiver mit dem Thema
Gold – neben den ganz praktischen Seiten zu Kauf und Lagerung haben wir mit Martin Siegel einen der
bekanntesten Edelmetallexperten des deutschsprachigen Raumes zum Grundsätzlichen und zu den weiteren
Marktaussichten befragt. Und wir machen große Politik. Im Vorfeld der Midterms versuchen wir eine Halbzeitbilanz
zur Amtszeit von US-Präsident Donald Trump – ausdrücklich ohne Scheuklappen, und das hat im deutschen
Blätterwald schon echten Seltenheitswert. Lassen Sie sich überraschen.

Zu den Märkten

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„You ain’t seen nothing yet“, so lautete ein Song der Band Bachmann-Turner Overdrive (BTO) aus den 1970ern.
Die älteren werden sich erinnern. Und die Jüngeren werden vielleicht wieder lernen, was das genau bedeutet. Frei
übersetzt: „Das war noch gar nichts.“ Und es scheint erstaunlich gut zu den jüngsten Turbulenzen an den
Weltmärkten zu passen. Denn was in den Tagescharts bereits nach dramatischen Abwärtsbewegungen aussah,
das ist in der Langfristbetrachtung nicht mehr als ein kleiner Zacken. Insbesondere an der NASDAQ kann dieser
Eindruck entstehen, gehört sie doch zu der kleiner werdenden Gruppe an Märkten, an denen sogar der 2009er
Aufwärtstrend noch intakt ist. Sollte dieser brechen, dann war alles, was wir bisher an Korrektur gesehen haben,
nur Vorgeplänkel. Wie in der letzten Ausgabe berichtet, waren es wohl die insgesamt positiver als erwarteten US-
Quartalszahlen, die dazu beigetragen hatten, diesen Markt – was das große Bild betrifft – weiter in seinem Trend
zu halten. Für den Rest der Ertragssaison hängt der NASDAQ 100 damit am sprichwörtlichen „Seidenen Faden“.
Das gilt insbesondere für das Schwergewicht Apple, das diesen Donnerstag berichtet. Drücken wir die Daumen,
dass die Nacht nach Halloween nicht zu einer weiteren Nacht des Grauens wird. Sollte es bei Apple rund laufen,
die Erwartungen also nicht enttäuscht werden, dann kann die gerade eingeläutete Erholungsbewegung an den
Weltbörsen noch ein bisschen tragen. Vom Grundsatz her sind solche Short-Covering-Rallys allerdings meist nur
von kurzer Dauer. Den Umstand, dass sich der NASDAQ 100 nicht in einem Kanal mit parallelen Begrenzungen,
sondern lediglich in einem Keil nach oben bewegt (vgl. Abb., blaue Linien) würden wir übrigens nicht überbewerten.
Obwohl aufwärts gerichtete Keile aufgrund der fehlenden Aufwärtsdynamik grundsätzlich negativ zu interpretieren
sind, liegt hier aufgrund der zeitlichen Ausdehnung von inzwischen mehr als neun Jahren, keine klassische
Keilformation im Sinne der Chartanalyse vor. Den Ausbruch nach unten halten wir perspektivisch dennoch für
hochwahrscheinlich.

Einkommen ohne Bedingungen

An dieser Stelle dürfen wir unseren Lesern noch einmal für die zahlreichen und interessanten Rückmeldungen zum
Thema Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) danken. Wer uns seine Meinung dazu noch mitteilen will, kann
dies auch in den nächsten Wochen noch tun. Die Umfrage bleibt offen. Schicken Sie eine Mail mit dem Stichwort
„BGE“ an flierl@smartinvestor.de und diskutieren Sie mit. Wir werden die Beiträge sichten und in einer der
nächsten Smart-Investor-Ausgaben darüber berichten. Wer damit einverstanden ist, gegebenenfalls namentlich
zitiert zu werden, möge das gerne gleich bei seiner Antwort vermerken.

Musterdepot Aktien & Fonds

Im Bereich „Highlights/Musterdepot“ auf unserer Homepage geht es heute um unsere Verkäufe der Vorwoche und
zwei neue Käufe. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die letzten
Wochentransaktionen verschaffen.

World of Trading

Die World of Trading (WoT) hat sich als die Messe für aktive Anleger in Deutschland etabliert. Am 23. November
öffnet die WoT im Forum der Messe Frankfurt/Main wieder ihre Pforten und wir können Ihnen ein ganz besonderes
Angebot machen: Im Rahmen unserer Medienpartnerschaft zur WoT 2018 erhalten Sie freien Eintritt an beiden
Messetagen (Wert: 40 EUR) und können sich zusätzlich noch einen Gutschein für Seminare im Rahmen der
Messe sichern – Wert: 15 EUR. Falls Sie sich dieses attraktive Paket nicht entgehen lassen wollen, folgen Sie
einfach diesem Link.

Internationale Edelmetall- und Rohstoffmesse

Eine weitere Messe wirft ihre Schatten voraus. Bereits am 9. und 10. November findet die Internationale
Edelmetall- & Rohstoffmesse im Münchner MVG Museum (Ständlerstraße 20 in 81549 München) statt. Die Messe,
die in diesem Jahr zum 14. Mal stattfindet, hat sich als der Anlaufpunkt für Edelmetallanleger im deutschsprachigen
Raum etabliert. Neben zahlreichen Ausstellern aus den Bereichen Minen, Handel und Dienstleistung werden die
Vorträge wieder besondere Highlights sein. Mit dabei sind bekannte Namen wie Folker Hellmeyer, Markus Koch,
Martin Siegel oder Philipp Vorndran, um nur einige zu nennen. Das vollständige Programm finden Sie auf der
Messe-Website. Natürlich wird auch Smart Investor wieder mit einem eigenen Stand vor Ort vertreten sein. Das
Team unter der Leitung von Chefredakteur Ralf Flierl freut sich darauf, Sie dort zu treffen und mit Ihnen über
Märkte, Wirtschaft und Politik zu diskutieren.

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Titelstory: Kapitalschutzreport 2018

Hochdividendenwerte: Sechs weitestgehend unbekannte Aktien

Donald Trump: Halbzeitbilanz ohne Scheuklappen

Anleihenersatz: Abfindungswerte vor Renaissance?

Fazit

Aktuell sehen wir an den Märkten wohl nicht mehr als eine Zwischenerholung auf dem weiteren Weg nach unten.
Der Bereinigungsprozess ist noch immer im Gange und drückt unverdientermaßen auch auf Top-Titel wie
Berkshire Hathaway.

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                                   Christoph Karl, Ralph Malisch

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