Solares kühlen TECHNOLOGIEN PLANUNG BETRIEB - Universität Innsbruck
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00.1 IMPressuM EIGENTÜMER, HERAUSGEBER: EDITOR: AUTOREN: LAYOUT: Diese Broschüre wird aus Mitteln der Anita Preisler Anita Preisler, Tim Selke Georg Flor Illustration+Design Klima- und Energiefonds gefördert und im AIT Austrian Institute of Technology AIT Austrian Institute of Technology, Wien www.georgflor.at Rahmen des Programms „Neue Energien Giefinggasse 2 E: office@georgflor.at 2020“ als Teil des Forschungsprojektes 1210 Wien Daniel Neyer, Jacqueline Neyer, Alexander Thür „SolarCoolingOpt – Primärenergetische T: +43 (0) 50 550-6634 Universität Innsbruck, Energieeffizientes Bauen, UIBK EEB DRUCK: Optimierung von Anlagen zur solaren E: anita.preisler@ait.ac.at Facultas Kühlung mit effizienter Anlagentechnik Bettina Nocke, Martin Vukits und innovativen Regelstrategien“, Leitung AEE INTEC, Gleisdorf AEE INTEC Gleisdorf, (FFG-Nr.: 825544) durchgeführt. Moritz Schubert SOLID, Graz Hilbert Focke ASiC, Wels 2
Inhalt 00.2 1. Motivation 05 Technische Vorteile 06 Ökologische Vorteile 07 2. technologieN 09 Anwendungsgebiete solarer Kühlverfahren 10 Absorptionskälteanlage 11 Adsorptionskälteanlage 12 Sorptionsgestützte Klimatisierung 13 Solarthermische Kollektoren 14 Kollektortypen 15 Speicher 17 Rückkühlung 18 Bewertung von Anlagen 19 Kosten 23 3. Planung und Betrieb 25 Einflussgrößen auf Kühllast und Kühlenergie 26 Kälteverteilung und Abgabe 29 Auswahl Kühltechnologie, inkl. Thermischer Antrieb und Rückkühlung 31 Planungshinweise 33 Wassergeführte Systeme 36 Luftgeführte Systeme 40 Ausgewählte Hinweise für Installation und Betrieb 42 Vergleich von Regelstrategien auf Basis von Simulation 45 4. Beispiele 49 5. Referenzen 58 6. Weiterführende Literatur 59 3
Motivation 01 Die Raumkühlung und Klimatisierung nimmt in der Energieversorgung von Gebäuden weltweit eine immer größere Bedeutung ein. Auch für Österreich wird ein dramatischer Anstieg des Energiebedarfs zur Gebäudekühlung prognostiziert. Weiters verursacht dieser erhöhte Strombedarf zur Gebäudekühlung Sommerspitzen, die zu hohen Strompreisen und zu netzbedingten Problemen bis hin zu so genannten Black-Outs führen können. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, gilt es nun, einerseits den Kühlbedarf für Gebäude so niedrig wie möglich zu halten und andererseits einen möglichst hohen Anteil des verbleibenden Kühlbedarfs durch alternative, umweltfreundliche Kühltechnologien abzudecken. Solarthermische Kühlung ist eine Möglichkeit, um den Energiebedarf zur Gebäudekühlung abzudecken, wobei vor allem die saisonale Gleichzeitigkeit von solarer Einstrahlung und anfallender Kühllast den Einsatz dieser Technologie nahe legt. Weiters können solarthermische Anlagen in unserem Klima nicht nur zur Kühlung, sondern auch zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung ganzjährig genutzt werden. 01. Motivation 5
01.1 Technische Vorteile Saisonale Gleichzeitigkeit von Kühllast und solarer wachsenden Klimatisierungs- und Kühlbedarf durch Ausbau von investi- Einstrahlung tionsintensiven Spitzenlast-Kraftwerken reagieren. Eine Entlastungsstra- tegie der Stromnetze wird in der Substitution der konventionellen elek- Die weitgehende Zeitgleichheit (saisonal und über den Tag) zwischen trisch angetriebenen Kompressionskälteanlage durch thermisch ange- solarem Angebot und daraus resultierender notwendiger Kühlleistung in triebene Verfahren gesehen. Im Speziellen ist die solare Antriebswärme Gebäuden legt den Einsatz von Solarenergie zur Bereitstellung der erfor- aufgrund der Koinzidenz zwischen Kühlbedarf und solarem Strahlungs- derlichen Antriebswärme für die solarthermische Kältebereitstellung angebot eine attraktive Technologielösung. nahe. Komponenten sind am Markt verfügbar Entweder treten bedingt durch innere (Personen, Beleuchtung, etc.) oder äußere (Einstrahlung, Außentemperatur) Wärmequellen die höchsten Alle Anlagen-Komponenten der »solarthermischen Kühlung« (thermi- Kühllasten an jenen Stunden auf, an denen eine hohe Einstrahlleistung sche Kältemaschine, Solarkollektoren, Kühlturm, etc.) sind am Markt ver- verfügbar ist. Unter Mitteleuropäischen Klimabedingungen kann ein fügbar, jedoch besteht nach wie vor in allen Bereichen Verbesserungs- vollsolarer Kühlbetrieb typischerweise in der Zeit von etwa 10 Uhr vormit- und Weiterentwicklungspotenzial. Der Sonnenkollektor generiert ganz- tags bis 17 Uhr nachmittags aufrecht erhalten werden. Eine 100-prozen- jährig Wärme zur Warmwasserbereitstellung, zur Heizungsunterstützung tige Deckung der Gebäudekühllast wird über systemtechnische Adaptie- im Winter und zum thermischen Antrieb der Kühlanlage im Sommer. rungen erreicht. Hier werden Wärme- oder Kältespeicher sowie thermi- Durch diese mehrfache Nutzung lässt sich die Investition wirtschaftlich sche oder elektrische Backup-Lösungen in das solarthermische Kühlsy- darstellen. Thermische Kältemaschinen äquivalenter Kälteleistung sind stem integriert. derzeit in der Anschaffung um ein Mehrfaches teurer als die konventio- nelle Kältetechnik. Beitrag zur Verringerung des Sommer-Peaks In den vergangenen Jahren wurden insbesondere thermische Kältema- In Ländern mit generell hohem Klimatisierungsbedarf treten insbesonde- schinen im kleinen Leistungsbereich – unter 20 kW Kälte – auf den Markt re an heißen Sommertagen erhebliche Lastspitzen (Sommer-Peak) im gebracht. Im Bereich der Sonnenkollektoren wurden neue Produkte im öffentlichen Stromnetz auf. Komplette Blackouts der Netzversorgung Mitteltemperaturbereich 120 bis 180° C entwickelt. Diese werden in ein- haben sich in den vergangenen Jahren bereits in einigen Industrielän- zelnen Projekten zum Antrieb von Kältemaschinen im Leistungsbereich dern ereignet. Die Energieversorgungsunternehmen müssen auf den bis etwa 1 MW Kälte (und vereinzelt bereits darüber) eingesetzt. 6 01. Motivation
Ökologische Vorteile 01.2 Kältemitteleinsatz latoren des solarthermischen Kühlsystems konsumiert. Bei guten Systemen können >50% Primärenergie eingespart werden. Die thermischen Kälte- bzw. Klimatisierungsverfahren verzichten auf umweltbelastende Kältemittel. In traditionellen Kälte- bzw. Klimatisie- rungsanlagen werden überwiegend Kältemittel eingesetzt, die ein hohes Potenzial zur globalen Erwärmung aufweisen. Die entsprechende F-Gase Verordnung, mit einem Verbot aller HFKWs ab 2020, wird der- zeit überarbeitet. Entwicklungen in Richtung natürlicher Kältemittel (Propan, CO2) bieten hier Alternativen, die jedoch in den derzeitigen Kälte- bzw. Klimatisierungsanlagen noch nicht sehr weit verbreitet sind. Daher werden durch eine Umstellung auf thermische Kältever- fahren klimaschädliche Arbeitsstoffe reduziert. 2000 1875 Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen 1800 1600 8,0 Die Systeme der „solarthermischen Kühlung“ verwenden vor allem Strombedarf [GWh] 1400 1380 7,0 Umgebungskälte Sonnenenergie als thermische Antriebsquelle zur Kälteerzeugung. In 1200 6,0 Solar gut ausgelegten und arbeitenden Anlagen zur „solarthermischen Küh- 1000 970 5,0 Strom Endenergie in PJ lung“ lassen sich gegenüber konventionellen Systemen Primärener- 4,0 800 670 gieeinsparungen erzielen. Dies korrespondiert mit einer Reduktion 600 3,0 des CO2–Ausstoßes im Bereich der Klimatisierung und industriellen 470 400 365 2,0 Kältebereitstellung. 200 1,0 0,0 In diesem Zusammenhang ist es wichtig, bei der Planung und im 0 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2005 2010 2015 2020 2025 2030 Betrieb von solarthermischen Kühlanlagen auf den energieeffizienten Jahre Abbildung 1 : Berechnete Werte für den Strombedarf für Abbildung 2 : Potentielle Entwicklung der Marktdiffusion der Einsatz elektrischer Hilfsenergie zu achten. Die elektrische Energie Gebäudekühlung in Österreich mit herkömmlicher Kühltech- solaren Kühlung (Solar) und der Erdkälte (Umgebungskälte) wird im Wesentlichen durch den Antrieb von Pumpen und Venti- nologie bis 2030 (Quelle: EEG, 2007) für Gebäudekühlung in Österreich (Quelle: EEG, 2007) 01. Motivation 7
TechnologieN 02 Die Technologie der solaren Kühlung zeichnet sich durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Anlagenteile aus: Solaranlage, Kältemaschine mit Rückkühleinheit, Lüftungsanlage, Speicher, hydraulische Verschaltung und Regelungskomponenten. Diese Einzelteile sind derzeit in unterschiedlicher Qualität, Leistungsgröße und Standardisierungsgrad erhältlich. Die große Herausforderung derzeit besteht darin, die beste Kombination aus bestehenden Anlagenkomponenten für die jeweilige Anwendung zu konzipieren und umzusetzen. 02. TECHNOLOGIEN 9
02.1 Anwendungsgebiete solarer Kühlverfahren Verfahren zur solaren Kühlung können generell in elektrische und ther- maschinen Antriebswärme für einen „thermischen Kompressor“ benöti- mische Systeme unterschieden werden. Elektrische Systeme nutzen gen. Sowohl die Antriebswärme als auch die Nutzkälte wird typischerwei- photovoltaisch erzeugten Strom zum Antrieb der Kältemaschine. Ther- se an die Umgebung bzw. Umgebungsluft abgeführt. mische Systeme nutzen die durch Solarkollektoren erzeugte Wärme zum Antrieb der Kältemaschine und benötigen elektrische Energie für Antriebswärme hohe Temperatur, THT Solarkollektor Hilfsantriebe. Die vorliegende Broschüre betrachtet allein die Technolo- gien der solarthermischen Kühlung bzw. Klimatisierung. Abbildung 3: Antriebstemperaturen, Kälteleistung und erforderliche Kollek- tortypen (Quelle: IEA SHC TASK38 Solar Wärmeabgabe Umgebung, Cooling Position Paper, 2011) Im Kälteprozess geschlossener Verfahren (Ab- und Adsorptionskältema- mittlere Temperatur, TMT zB. Kühlturm schine) wird in erster Linie Kaltwasser erzeugt. Das Kaltwasser nimmt auf FPC = Flat Plate Collector (Flachkollektor) niedrigem Temperaturniveau die Wärme des zu kühlenden oder zu kli- ETC = Evacuated Tube Collector matisierenden Gebäudebereiches auf und führt diese dem thermischen Nutzkälte Klimatisierungssystem (Vakuum-Röhrenkollektor) niedrige Temperatur, TLT Kälteprozess zu. Die thermische Kältemaschine erwirkt einen Tempera- SAT = Single Axis Tracking (Einachsig nachgeführte Solarkollektoren, turhub vom Niveau der Nutzkälte auf das Niveau der Umgebung unter Abbildung 4: Energiebilanz eines thermischen Kälteprozesses (Quelle: Fraunhofer ISE, d.h. Parabolrinnenkollektor oder 2007, adaptiert) Fresnel-Kollektor) Verwendung von hohen Antriebstemperaturen. Der klassische Kompres- sionskälteprozess verwendet einen mechanisch angetriebenen Kom- Abbildung 4 verdeutlicht die Wärmebilanz einer thermischen Kältema- SAHC = Solar Air Heating Collector (Solarluftkollektor) pressor zur Kaltwassererzeugung während die Ab- und Adsorptionskälte- schine inklusive der drei unterschiedlichen Temperaturniveaus. Als charakteristische Kennzahl zur Beschreibung wird die thermische Lei- Type of system Water Chillers (closed thermodynamic cycles) Direct air treatment stungszahl EERth – thermal Energy Efficiency Ratio - herangezogen. Der Physical phase of Liquid Solid Liquid Solid EERth entspricht dem Verhältnis aus bereitgestellter Kälte zu eingesetz- sorption material ter Antriebswärme. Im Gegensatz zu den geschlossenen Systemen, hat Lithium- Lithium- Silica gel (or zeolite), cellulose Sorption material Water Lithium-bromide Zeolite Silica gel chloride chloride matrix with lithium-chloride das Kältemittel (Wasser) bei offenen Systemen Kontakt mit der Atmo- Refrigerant Ammonia Water Water Water Water Water Water sphäre. Während geschlossene Systeme neben der Klimatisierung auch Type of cycle 1-effect 1-effect 2-effect 1-effect 1-effect 1-effect Cooled sorption Desiccant rotor zur Kälteerzeugung verwendet werden können, beschränkt sich die process Anwendung offener Systeme auf die Gebäudeklimatisierung und Spe- EER range 0,5 - 0,75 0,65 - 0,8 1,1 - 1,4 0,5 - 0,75 0,5 - 0,75 0,5 - 0,75 0,7 - 1,1 0,65 - 0,8 zialanwendungen wie z.B. Trocknungsprozesse in der Lebensmittel- Driving temp. range 70 ... 100 (° C) 120 ... 180 70 ... 100 140 ... 180 65 ... 90 65 ... 90 65 ... 90 60 ... 85 60 ... 80 branche. Eine Übersicht zu solarthermisch angetriebenen Kühl- bzw. Solar collector FPC, ETC, FPC, ETC, Klimatisierungsverfahren und ausgewählte spezifische Systemkennzah- FPC, ETC SAT FPC, ETC FPC, ETC FPC, ETC FPC, ETC, SAHC technology SAT SAHC len zeigt die Tabelle in Abbildung 3. 10 02. TEchnologieN
Absorptionskälteanlage 02.2 Die Absorptionskältemaschine arbeitet nach dem Funktionsprinzip des sowohl Plus- (>0° C) als auch Minuskälte (
02.3 Adsorptionskälteanlage Adsorptionskältemaschinen verdampfen und adsorbieren ein Kältemit- die gleichzeitige Wärmezufuhr auf hohem Temperaturniveau das Aus- tel, wobei überwiegend Wasser als Kältemittel eingesetzt wird. Analog treiben des Kältemittels aus dem festen Sorptionsmittel in der Desor- zur Absorptionskälte wird durch Verdampfung des Kältemittels Wärme berkammer. Nach Ablauf dieses Vorganges wird der Prozess umgedreht. der Umgebung entzogen, der nutzbare Kälteeffekt entsteht. Das ver- Folglich arbeitet die Adsorptionskältemaschine in einer getakteten, dampfte Kältemittel wird sodann an porösen Feststoffen angelagert, quasikontinuierlichen Betriebsweise. Adsorptionswärme (im wesentlichen Kondensationswärme) wird frei. Die Regenerierung (Austreiben) des Sorptionsmittels aus dem porösen Der Arbeitszyklus einer Adsorptionskältemaschine ist in Abbildung 6 Festkörper erfolgt anschließend mittels Wärmezufuhr. Die beiden dargestellt und kann wie folgt strukturiert werden: wesentlichen Prozesse der Ad- und Desorption des Kältemittels erfol- gen in der realen Adsorptionskältemaschine in zwei getrennten Kam- Erster Schritt Abbildung 6: Funktionsprinzip Adsorptionskältemaschine mern und finden zur gleichen Zeit statt. D.h. während in der Adsorber- Das im Sorptionsmaterial gebundene Kältemittel wird durch Wärmezu- (Quelle: Fraunhofer ISE, 2004) kammer Kältemittel am Adsorptionsmaterial angelagert wird, bewirkt fuhr mittels Heißwasser ausgetrieben und ist dampfförmig. Phase 1 Zweiter Schritt Das gasförmige Kältemittel kondensiert und die Kondensationswärme Kondensator wird über den Kühlwasserkreis an die Umgebung abgeführt. Desorption Adsorption Phase 2 Dritter Schritt Phase 4 Das Kondensat wird in den Verdampfer geleitet und verdampft bei Kondensator Kondensator Verdampfer geeignetem Unterdruck in der Verdampferkammer. Die Kälte entsteht durch die starke Adsorption des Wasserdampfes am Adsorptionsmittel im Adsorber, was wegen der Kondensation zu einem Unterdruck im Verdampfer und somit Verdampfung bei geringen Temperaturen Verdampfer Phase 3 Verdampfer führt. Wärmerückgewinnung Kondensator Wärmerückgewinnung Vierter Schritt Adsorption Desorption Der erzeugte Kältemitteldampf lagert sich an der porösen Oberfläche des Sorptionsmittels an. Die entstehende Adsorptionswärme wird an Verdampfer die Umgebung abgeführt. 12 02. TEchnologieN
Sorptionsgestützte Klimatisierung 02.4 Neben den geschlossenen Kältekreisläufen ist als offenes Verfahren die merückgewinnungsrad Wärme der getrockneten warmen Zuluft auf sorptionsgestützte Klimatisierung (SGK, engl. Desiccant Evaporative (7-8). Dann wird die Abluft über das Nachheizregister nacherhitzt (8-9), Cooling (DEC)) verfügbar. Offene Sorptionsanlagen erfüllen die kom- um die Regeneration (Desorption) des darauf folgenden Sorptionsrotors pletten Anforderungen an die Klimatechnik und behandeln die Zuluft sicherzustellen. Die Nacherwärmung erfolgt im Falle der solarthermi- direkt als Kälteträger. D.h. die Raumlufttemperatur und –feuchte wird schen Klimatisierung über solare Wärme. Anschließend verlässt der Luft- allein über die aufbereitete Zuluft kontrolliert. Im Wesentlichen verwen- strom das System durch den Abluftventilator (10). det die SGK-Technologie drei Prinzipien der Luftbehandlung: Lufttrock- nung durch Ab-/Adsorption, direkte Verdunstungskühlung und Wär- Mit offener sorptionsgestützter Klimatisierung in der vorgestellten Stan- merückgewinnung. Die Verdunstungskühlung ermöglicht den Verzicht dardkonfiguration lassen sich prozessbedingt und aufgrund der thermo- auf chemische Kältemittel und die sorptive Luftentfeuchtung vermeidet dynamischen Grenzen Zulufttemperaturen unter 16° C nicht erreichen. die energieintensive Erzeugung von Kaltwasser unter der Taupunkt- D.h. ohne technische Adaptionen der Standardkonfiguration, z. B. Kombi- temperatur, benötigt aber im Normalfall eine Wasseraufbereitung. Die nationen mit zusätzlicher Kompressionskältetechnik, beschränkt sich der Wärmezufuhr auf dem Temperaturniveau von 55 bis 90 ° C ist notwen- Einsatzbereich dieser Technologie auf Raumklimatisierung mit entspre- dig, um das Sorptionsmaterial wieder zu regenerieren (trocknen). chend geringen Wärmelasten. Mit üblichen Luftwechselzahlen für Klima- anlagen in Gebäuden, z. B. 1 bis 2,5, können spezifische Kühllasten von 15 Im ersten Verfahrensschritt einer DEC-Anlage wird die angesaugte bis 30 W/m2 bewältigt werden. Moderne Gebäude in Mitteleuropa wei- Außenluft gefiltert (1) und durchströmt nachfolgend den Sorptionsrotor sen geringe Kühllasten auf, die mit der solarthermisch angetriebenen (1-2). Dabei wird die Prozessluft getrocknet und Sorptionswärme wird SGK-Technologie bewältigbar sind. Es ergibt sich ein ganzjähriger ener- frei, die zu einer Temperaturerhöhung des Luftstromes führt. Diese troc- gieeffizienter Anlagenbetrieb insbesondere durch die winterliche Nut- Abbildung 7: Standardkonfiguration kene, warme Luft wird über ein Wärmerückgewinnungsrad (WRG) (2-3) zung der Wärme- und ganz besonders der Feuchterückgewinnung mit- DEC-Anlage (Quelle: AIT, 2012) vorgekühlt und gleichzeitig die Abluft auf der Abluftseite vorgewärmt. tels der beiden Rotoren. Hier wer- Um den gewünschten Zuluftzustand zu erreichen, wird die Luft anschlie- den Rückwärmezahlen der sensib- 10 9 8 7 6 ßend in einem regelbaren Befeuchter (Verdunstungskühler) (4-5) weiter len Wärme im Bereich von 80 bis Fortluft Abluft abgekühlt und befeuchtet. In den Wintermonaten kann das Heizregister 90% erzielt, plus der Effekt der die Zuluft auf die gewünschte Zulufttemperatur anheben (3-4). Mit den Feuchterückgewinnung, der je Regenerations- Heizregister Befeuchter Heizregister Winter erforderlichen Sollwerten für Temperatur und Feuchte wird die Zuluft in nach Rahmenbedingungen erheb- die Räume eingeblasen (5). Die Abluft der Räume (6) wird in einem wei- liche Einsparungen an Aufheizen- Außenluft zuluft teren Befeuchter (6-7) annähernd bis zum Taupunkt befeuchtet und ergie von Luftbefeuchtern bringen Sorptionsrotor WRG-Rotor 1 2 3 4 5 dadurch abgekühlt. Die feuchte, kalte Abluft nimmt somit über das Wär- kann. 02. TEchnologieN 13
02.4 Solarthermische Kollektoren Solarthermische Kühl- und Klimatisierungssysteme werden in Abhän- typischen Wirkungsgradkennlinien zu typischen Antriebstemperatu- gigkeit von der geforderten Antriebstemperatur für thermische Kühl- ren der verschiedenen thermischen Kühl- bzw. Klimatisierungsverfah- bzw. Klimatisierungsprozesse mit unterschiedlichen Kollektortechno- ren. Generell fällt mit steigenden Betriebstemperaturen der Kollektor- Abbildung 8 : Kollektorkennlinien logien kombiniert. Arbeiten die thermischen Kühl- bzw. Klimatisie- wirkungsgrad und bei thermischen Kälte- bzw. Klimatisierungsverfah- unterschiedlicher solarthermischer Kollektoren und deren rungsprozesse mit Antriebstemperaturen im Bereich zwischen etwa ren mit hohen Antriebstemperaturen wird der Einsatz von Kollektor- Einsatzgebiet als Antrieb für 60°C bis 110°C, so sind marktübliche Kollektortechnologien einsetz- technologien mit geringen thermischen Verlusten gegenüber der thermische Kühlverfahren (Quelle: Fraunhofer ISE, 2004) bar. Abbildung 8 zeigt die Zuordnung der Kollektoren auf Basis ihrer Umgebung notwendig. 1,0 DEC......... Desiccant Evaporative Cooling – (6) DEC Sorptionsgestützte Klimatisierung 0,9 ADS ADS . ...... Adsorptionskältemaschine 1-ABS .... 1-stufige Absorptionskältemaschine 0,8 2-ABS .... 2-stufige Absorptionskältemaschine 1-ABS mit interner Kaskade 0,7 2-ABS (1)........... Stationär konzentrierender Kollektor 0,6 (Sydney-type) (1) (2)........... Vakuum-Röhrenkollektor direkt efficiency 0,5 durchströmt (3)........... Vakuum-Röhrenkollektor 0,4 (4)........... Selektiv beschichteter Flachkollektor (5) (2) (5)........... Solarluftkollektor 0,3 (6)........... Stationärer CPC-Kollektor . ............ Kollektorwirkungsgrad [-] 0,2 x.............. (Tf -Ta)/G [m²K/W] (4) Tf............ Mittlere Temperatur Fluid [°C] 0,1 (3) Ta............ Außentemperatur [° C] 0,0 G............. Solare Einstrahlung [W/m²] m²........... abhängig von Kollektortyp: 0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 Absorberfläche, Aperturfläche, Bruttofläche x [m 2 K/W] 14 02. TEchnologieN
Kollektortypen 02.5 Flachkollektoren Vakuumkollektoren Flachkollektoren bestehen aus einem Kasten (meist Holz oder Blech) Beim Vakuumkollektor befindet sich zwischen Absorber und mit eingelegter Wärmedämmung, auf welcher die Absorber aufliegen. Abdeckglas ein evakuierter Raum. Dadurch entfallen die Wärmever- Der Kasten ist mit Solarglas abgedeckt. Ist der Zwischenraum zwischen luste durch Konvektion innerhalb des Kollektors, der somit nur durch Absorberfläche und Abdeckglas evakuiert, spricht man von einem Strahlung, Leitung und eventuell Reflexion des Absorbers Wärme Vakuum-Flachkollektor. Die Wärmedämmung besteht meist aus einem verliert. Mineralfaserdämmstoff, da im Kollektor sehr hohe Stillstandstempera- turen auftreten können – teilweise sogar 200° C –, die die Dämmung Vakuum-Röhrenkollektoren können in direkt durchströmte Kollek- ohne Schaden aushalten muss. Die Absorberflächen können mäander- toren und Kollektoren nach dem Heat-Pipe-Prinzip eingeteilt wer- förmig (Serpentinenabsorber) oder längs (Streifenförmig) ausgeführt den. Sie sind nicht flach, sondern werden als mehrere parallel liegen- sein. Der Absorber besteht meist aus Kupfer, Aluminium oder seltener de Glasrohre mit innen liegendem Absorber hergestellt. Damit die- aus Edelstahl. Heute weit verbreitet sind Kupfer-Absorber in Streifen ser Kreislauf funktioniert, muss der Kollektor beim Heat-Pipe-Prinzip oder Serpentinen mit hochselektiver Beschichtung. eine Neigung von mindestens 30°haben. Solarglas Serpentinenabsorber Streifenabsorber Kupferabsorber Absorberrohre Wärmedämmung Abbildung 9: Aufbau Flachkollektor Abbildung 10: Anordnung Absorberflächen Abbildung 11: Aufbau Vakuum-Röhrenkollektor (Quelle: Broschüre MA27, 2007) (Quelle: Broschüre MA27, 2007) (Quelle: Broschüre MA27, 2007) 02. TEchnologieN 15
02.5 Kollektortypen Konzentrierende Kollektoren Luftkollektoren Konzentrierende Kollektoren werden meist mit Vakuum-Röhrenkollek- Luftkollektoren sind Wärmetauscher, die solare Strahlungsenergie toren ausgeführt. Sie erreichen bei gleicher Absorberfläche höhere absorbieren und an den Wärmeträger Luft übertragen. Luftkollektoren Temperaturen, da durch gezielt positionierte gekrümmte Spiegel mehr sind vor allem im Niedertemperaturbereich einzusetzen. Die Vorteile Solarstrahlung auf die gleiche Absorberfläche trifft. Dieser Vorteil kann von Luft als Wärmeträger gegenüber Wasser sind die geringe Korrosi- bei diffuser Strahlung nicht genutzt werden, da nur gerichtete Strahlen onsgefahr, die Sicherheit, dass kein Phasenwechsel auftritt, die geringe konzentriert werden können. Nach der Form der Spiegel unterscheidet Schadensgefahr durch Leckagen sowie die Möglichkeit leichter, einfa- man zwischen CPC- (compound parabolic concentrator) und OPC- cherer und kostengünstigerer Konstruktionen. Die niedrige Dichte und (optimized parabolic collector) Kollektoren. Weiters gehören zu dieser Wärmeleitfähigkeit von Luft erfordern jedoch sehr hohe Volumenströ- Gruppe die einachsig nachgeführten Kollektoren wie Parabolrinnenkol- me und bedingen somit große Querschnitte und hohe Antriebsleistun- lektoren oder Fresnel-Kollektoren. gen. Abbildung 12: CPC-Kollektor (Quelle: Broschüre MA27, 2007) Abbildung 13: Solarluftkollektor (Quelle: Broschüre MA27, 2007) Wärmeableitsystem selektive Kaltluft Abdeckung Einscheibensicherheitsglas Beschichtung Vakuumröhre Flanschrahmen Rippenabsorber, Aluminiumprofil Warmluft CPC-Reflektor Dämmstoff, Mineralwolle 16 02. TEchnologie
Speicher 02.6 Das Energieangebot der Sonne ist nicht beeinflussbar und stimmt nicht Herkömmliche Wärmespeichertypen sind mit Wasser als Speichermedi- immer mit Zeit und Ausmaß des Wärme- und Kühlbedarfs überein. Ein um gefüllt. Je nach Anwendung ist eine bestimmte Speicherart vorzuzie- Wärmespeicher stellt daher eine Wärmesenke dar, die genützt wird, um hen. Der einfache Pufferspeicher findet am häufigsten Anwendung, hat die eingestrahlte – und vielleicht gerade nicht benötigte – Energie der jedoch den Nachteil, dass sich konvektive Strömungen im Inneren des Sonne zu speichern. Wärmespeicher werden im Groben nach der Art der Speichers ausbilden und sich somit, nebst leichter Verluste, eine niedrige- Be- und Entladung und der Speicherdauer (Kurz- oder Langzeitspeicher) re Mischtemperatur im ganzen Speicher einstellt. unterschieden. Um diesen Effekt zu verhindern, werden Schichtspeicher eingesetzt. Das Wärmespeichermedien müssen folgende Eigenschaften aufweisen: Wasser in diesen Speichern ist in Schichten mit ansteigender Temperatur n hohe Wärmekapazität geteilt. Dies unterbindet die Konvektion und ermöglicht eine Zapfung n hohe Dichte sehr heißen Wassers vom höchsten Punkt des Speichers. Allerdings kann n geringe Kosten dieser Effekt nur bei langsamen Lade- und Entladevorgängen genutzt n keine bzw. unwesentliche Alterung werden. Zu schnelle Strömung würde die Schichtungen durchmischen n keine Toxizität und der aufwändige Speicheraufbau wäre überflüssig. Für die Speiche- n keine Feuer- bzw. Explosionsgefahr rung von Wärme für Heizung und Warmwasserbereitung kommen so n keine korrodierenden Eigenschaften genannte Kombispeicher zum Einsatz. Hierbei ist im Speicher meist ein n Eignung für den betreffenden Temperaturbereich kleinerer Warmwasserspeicher integriert, der vom umgebenden Heiß- wasser erwärmt wird. Zu den Neuentwicklungen zählen die Latentwär- Der Vergleich der spezifischen Wärmekapazitäten von typischen Wärme- mespeicher und die Sorptionsspeicher. speichermedien in der anschließenden Tabelle zeigt, dass für solare und Heizungsanwendungen vor allem Wasser als Speichermedium in Frage Latentwärmespeicher nutzen die Energie, die einem Stoff zu- oder abge- Abbildung 14: Drei Arten von Energie- speicher (v.l.n.r.): Pufferspeicher, Kom- kommt. Für Luftsysteme wird der Einfachheit halber oft auch Schotter führt werden muss, wenn dieser einen Phasenwechsel (meist fest-flüssig) bispeicher, Schichtladespeicher (Quelle: Broschüre MA27, 2007) (Stein) als Speichermedium verwendet. erfährt. Durch diese Technik entstehen sehr hohe Energiedichten auf einem bestimmten Temperaturniveau (z.B.: Eisspeicher). Stoff spez. Wärmekapazität cp volumetrische (kJ/kgK) spez. Wärmekapazität cp (kJ/m³K) Sorptionsspeicher wiederum nutzen den Effekt, dass einem Stoff, Normalbeton ( =2400 kg/m³) 2,1 5040 der ein Gas ab- oder adsorbiert, Energie (Kondensationswärme Kiesschüttung (trocken, =1800 kg/m³) 0,70 1260 Vollziegel ( =1600 kg/m³) 0,68 1088 durch Phasenwechsel gasförmig zu flüssig) entnommen werden Wasser 4,18 4178 Luft 1 ~1 kann und im Umkehrfall Energie zugeführt werden muss, um eine Desorption zu erreichen. 02. TEchnologieN 17
02.7 Rückkühlung Die Rückkühlung bildet ein wesentliches Element in solarthermischen Kühlanlagen mit Ab- bzw. Adsorp- tionskältemaschinen. Diese ist für die Abfuhr der anfallenden Abwärme verantwortlich, welche sich aus der Gebäudelast und der Wärmeleistung für den Betrieb der Ab-/Adsorptionskälteanlage (Solarthermie bzw. wärmeseitiges Back-up) zusammensetzt. Damit ist die erforderliche Rückkühlleistung bei solarther- mischen Kühlanlagen erheblich größer als bei Kühlanlagen mit Kompressionskältetechnik. Abbildung 15a: Offener Nass-Kühlturm Abbildung 15c: Trockener Rückkühler 1 – Ventilator 1 – Rückkühlkreis Folgende Rückkühleinheiten sind derzeit am Markt verfügbar: 2 – Tropfenabscheider 2 - Wassereintritt n Offener Nass-Kühlturm 3 – Sprühdüsen 3 – Wärmetauscher 4 – Sprühraum 4 – Wasseraustritt n Geschlossener Nass-Kühlturm 5 – Wärmezufuhr 5 – Wärmequelle 6 – Frischwasser 6 – Rückkühlpumpe n Trockene Rückkühler 7 – Überlauf 7 – Lufteinströmung n Hybrid-Rückkühler 8 – Entleerung 8 – Ventilator Antrieb 9 – Frostschutzheizung 9 – Ventilator Nass-Kühltürme (offen oder geschlossen) erzielen durch den Effekt der Verdunstungskühlung die besten Rückkühlleistungen. Es werden Temperaturen knapp über der Feuchtkugeltemperatur, also unter der aktuellen Lufttemperatur erreicht. Typisch erreichbare Rückkühltemperaturen in mitteleuropäischem Klima sind bei offenen Kühltürmen 23-33° C. Jedoch muss hier durch den Einsatz von Wasser zur Rück- kühlung auf die Hygiene der Anlagen durch eine Wasseraufbereitung besonders geachtet werden. Trockene Rückkühleinheiten sind aus hygienischer Sicht unbedenklich, jedoch kann hier nur die Umge- bungsluft zur Rückkühlung herangezogen werden und limitiert damit die erreichbare Rückkühltempera- Abbildung 15b: Geschlossener Nass-Kühlturm Abbildung 15d: Hybridrückkühler tur. Typischerweise werden Temperaturen von 30-40° C erreicht. 1 – Lufteinströmung 1 – Rückkühlkreis 2 - Luftausströmung 2 - Wassereintritt 3 – Wassereintritt 3 – Wärmetauscher Hybridrückkühler bilden eine attraktive Alternative zu Nass-Kühltürmen, hier werden die Wärmetau- 4 – Wasseraustritt 4 – Wasseraustritt 6 – Wasserwanne 5 – Wärmequelle scherflächen lediglich bei Bedarf (Lufttemperatur zu hoch) mit Wasser benetzt. Die Verdunstungskälte 7 – Sprühdüsen 6 – Rückkühlpumpe kann nur indirekt über den Wärmetauscher genutzt werden. 8 – Wärmetauscher 7 – Wasserkreislauf 9 – Sprühwasserpumpe 8 – Frischwasser 10 – Tropfenascheider 9 – Wasserwanne 11 – Optional: erweiterte Wärmetauscher Flächen 10 – Entleerung Weitere energetisch interessante Möglichkeiten zur Rückkühlung bilden geothermische Anwendungen 11 – Lufteinströmung wie Erdsonden, Fundamentabsorber oder auch Flüsse und Seen. Hierfür ist jedoch eine gesonderte 12 – Ventilator (Quelle: Solar Cooling Handbook, 2013) 13 – Ventilator Antrieb Genehmigung von den jeweilig zuständigen Behörden einzuholen. 18 02.TECHNOLOGIEN
Bewertung von Anlagen 02.8 Thermische Behaglichkeit Der Zusammenhang der Parameter kann in einer Bilanzgleichung (Energiebilanz des Körpers) ausgedrückt werden. P.O. Fanger konnte Eine zentrale Aufgabe des Gebäudes und der Haustechnik ist es die diese Bilanz und eine groß angelegte Messkampagne mit 1300 Proban- Bedürfnisse der Menschen hinsichtlich Behaglichkeit zu erfüllen. Oft den statistisch verknüpfen und somit einen mathematisch erfassbaren werden dabei aber verschiedene Bergriffe wie Bequemlichkeit und Parameter (den PMV) schaffen, mit welchem die Behaglichkeit beschrie- Gemütlichkeit mit Behaglichkeit vermischt und somit Kriterien erfüllt, ben werden kann [2]. die weit über das notwendige und zielführende hinausgehen. Das mittlere vorhergesagte Votum (PMV, Predicted Mean Vote) gibt Behaglichkeit wird als ein Punkt ohne besonderes Gefühl, der sich zwi- diesen statistischen Zusammenhang wieder. Berechnete Werte können schen dem Körperempfinden, der Blutfülle und des Schwitzens einer- von -3 bis +3 reichen. Null bedeutet neutral und behaglich, positive seits und dem Gefühl des Frierens andererseits befindet, definiert. Die- Werte bedeuten zu warmes, negative Werte zu kaltes Empfinden. Die ser Vorgang ist durch die Wechselwirkung zwischen den physiologi- Anzahl an unzufriedenen Personen (PPD, Predicted Percentage of Dis- schen Vorgängen im Körper und dem physikalischen Austausch mit der satisfied) wird aus dem PMV berechnet. Die Berechnung des PMV bzw. Umwelt geprägt. PPD nach Fanger ist in der EN ISO 7730 [3] umgesetzt worden. Nach der Theorie von Fanger sind immer 5% der Personen mit den Umgebungs- Im Grunde wird die Erfüllung der thermischen Behaglichkeit als Ener- bedingungen unzufrieden. (vgl. Abbildung 16) giedienstleistung für sich, die durch das Gebäude und dessen Haus- PMV & PPD technik erbracht werden muss oder besser soll, gesehen. Am Erfüllungs- 100 Behaglichkeits- 100 Kategorien grad dieser Bedingungen wird sich jedes Konzept messen müssen [1]. 80 80 Vorausgesagter Prozentsatz an Unzufriedener Vorausgesagter Prozentsatz an Unzufriedener Im Wesentlichen lassen sich sechs physikalische Größen zur Darstellung des Einflusses auf die Behaglichkeit nennen: 60 60 n Clothing Factor / Bekleidungsgrad (ISO 9920, clo [m²K/W]) 40 40 n Methabolic Rate / Aktivitätsgrad (ISO 8996, met [W/m²]) n Luftgeschwindigkeit [m/s] 20 20 n Lufttemperatur [° C] n Oberflächentemperaturen [° C] 0 -0,3 -2,5 -2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 0 Vorausgesagtes mittleres Votum – PMV n Luftfeuchtigkeit [%] Abbildung 16: Zusammenhang von PMV und PPD nach EN ISO 7730 mit dargestellten Behaglichkeitsklassen (A, B, C) (Quelle: UIBK-EEB, 2013) 02.TECHNOLOGIEN 19
02.8 Bewertung von Anlagen Neben der statistischen Behaglichkeit wird nach EN ISO 7730 [3] auch in Zusammenhang zwischen Außentemperatur und operativer Raumtem- Kategorien der lokalen Behaglichkeit unterschieden. peratur dar. Wichtig ist dabei, dass bei steigender Außentemperatur höhe- re Raumtemperaturen zugelassen werden können, was sich in der Ener- n Zugluftrate gieeffizienz wiederspiegelt. n Vertikale Lufttemperaturunterschiede n Warme und kalte Fußbodentemperatur Der Zusammenhang von Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur lässt sich n Asymmetrische Strahlungstemperaturen beispielhaft im hx-Diagramm nach ASHRAE 55 [6] darstellen. Dabei wird auch nach verschiedenen Bekleidungsfaktoren unterschieden. Für alle Kategorien gibt es wiederum einen Zusammenhang zwischen Abbildung 17: hx-Diagramm (amerikanische Darstellung) mit Behaglichkeitsbereich nach dem physikalischen Parameter und der Anzahl an Unzufriedenen. ASHRAE Standard 55 (Quelle: UIBK-EEB, 2013) Winter (1,2 met, 1,1 clo) Sommer (1,2met, 0,52clo) Lufttemperatur 21 +0,8° C 24,3 +0,8° C Luftgeschwindigkeit
Bewertung von Anlagen 02.8 Energetische Kennzahlen n SPFel/th – Seasonal Performance Factor Die Arbeitszahl ist das Verhältnis von Nutzenergie (Qi, out - Wärme, Kälte) Mit diesen Kennzahlen wird die (Primär-) Energieeffizienz charakteri- zu aufgewendeter Wärme (th, Qi) bzw. elektr. Energie (el, Wel, i), ermittelt siert. Wichtig ist die Vergleichbarkeit der Kennzahlen selbst, damit die aus Monitoring- oder Simulationsdaten mit unterschiedlichen System- Anlagen korrekt beurteilt werden können. Nur wenn die Systemgren- grenzen unter Berücksichtigung einer bestimmten Periode. Der SPF zen transparent und gleich angesetzt sind, sowie dieselben Rechenme- bewertet die Effizienz der (Teil-) Anlage inkl. möglicher An- und Abfahr- thoden angewandt werden, können aussagekräftige Vergleiche gezo- verlusten. gen werden. n PER – Primary Energy Ratio Die Bewertung kann die gesamte Anlage (z.B. inkl. Warmwasser, Hei- Ist die umfassendste und wichtigste Kenngröße für ganzheitliche Ver- zung), einzelne Teilbereiche (z.B. nur Kühlung) oder auch nur einzelne gleiche auf Basis des nicht erneuerbaren Primärenergieeinsatzes. Die Komponenten betreffen. aufgewendete Wärme Qi,in bzw. Elektrizität Wel,i,in wird unter Berück- sichtigung der Primärenergiefaktoren für Strom (eel) und Wärme (eel) Alle Kennzahlen berechnen sich aus Nutzen zu Aufwand. Die detaillier- mit der Nutzenergie Qi,out (Wärme, Kälte) verglichen. ten Randbedingungen sind stets zu hinterfragen. Folgende Kennzahlen werden oft verwendet. n COPel/th – Coefficient of Performance (Wärme) & Qi, out Qi, out EERel/th – Energy Efficiency Ratio (Kälte) SPFi, th = SPFi, el = Die Leistungszahl ist das Leistungsverhältnis von Wärme oder Kälte zu Qi, in Wel, i, in Strom (el) oder Wärme (th), ermittelt bei stationären Norm-Bedingun- gen an einem Prüfstand. n SCOPel/th – Seasonal Coefficient of Performance & SEERel/th – Seasonal Energy Efficiency Ratio Qi, out Entspricht einer Arbeitszahl und berechnet sich aus gewichteten Lei- PERi = stungszahlen. Die unterschiedlichen prozentual (nach Norm-Betriebs- zeiten) gewichteten stationären Betriebspunkte (COP/EER) werden summiert. Für Europa ist der Standard ESEER in der Eurovent Datenbank ( Wel, i, in εel + Q i, in εth ( dokumentiert. 02.TECHNOLOGIEN 21
02.8 Bewertung von Anlagen n PERref – Reference Primary Energy Ratio n fsav – fractional energy savings Ist ein definierter Referenzwert für den Primärenergieaufwand her- Stellt die relativen (Primär)Energieeinsparungen gegenüber der Refe- Abbildung 18: Vergleich von Jahresarbeitszahlen (SPF) von kömmlicher Referenz-Anlagen (KKM, Gaskessel, etc.), um dieselbe benö- renz dar. konventioneller Kühltechnik tigte Nutzenergie zu erzeugen. (KKM) und solarthermischer Küh- PERref f sav lung (AKM einstufig). Für den z.B. nach IEA SHC Task 38 liegt der Referenz SPFel für Kompressionskälte- SPFel ist jeweils eine Bandbreite von möglichen Werten maschinen bei SPFel = 2,8 kWhc/kWhel. Mit dem Primärenergiefaktor für PE = 1– dargestellt, der PER ist mit dem Strom εel=0,4 kWhel/kWhprim, ergibt sich ein PERi Mittelwert berechnet worden (Quelle: UIBK-EEB, 2013) PERref = 1,12 kWhc/kWhprim. n SPFel_equ Berechnet sich aus dem PERc (nur für Kältebereitstellung) und stellt jenen SPF dar, den eine konventionelle Kompressionskältemaschine 1000 9 erreichen müsste, um dieselbe Primärenergieeffizienz wie die solarther- 9.00 SPFth mische Kältebereitstellung zu erreichen. SPFel 7,5 8.00 PERcool 7.00 6 PERc SPFel /th / PER 6.00 SPFel_equ = 5.00 5 ε el 4.00 2,8 2,62 3.00 Abbildung 18 soll eine Orientierung zum Stand der Technik der verschie- 2.00 1,5 1,12 0,7 denen Kennzahlen geben. Es wird von bereits gebauten, ausgezeichnet 1.00 funktionierenden Anlagen ausgegangen. Der solare Deckungsanteil 0.00 beeinflusst den PER entscheidend und liegt bei den hier präsentierten KKM solarthermische Kühlung AKM (einstufig) Anlagen bei >80%. Es wird nur die Kühlung betrachtet. 22 02.TECHNOLOGIEN
kosten 02.9 Im Rahmen des EU-Projektes ROCOCO [7] wurden Investitionskosten für Kälteleistung 70 – 180 kW Kälte Absorptionskältemaschine (60% der erforderlichen Kälteleistung) solarthermische Absorptionskälteanalgen, unter den Rahmenbedin- gungen laut Tabelle rechts, erhoben. Für diese solarthermischen Absorp- Kollektorfläche Flachkollektoren 3 m²/ kW Kälte tionskälteanlagen wurden folgende spezifischen Kostenkennwerte Kollektorfläche Vakuumkollektoren 2,6 m²/ kW Kälte berechnet: Solarspeicher 0,045 m³/m² Kollektorfläche n 1.724 €/m² Kollektorfläche Kältespeicher 0,015 m³/m² Kollektorfläche n 113 €/m² gekühlte Nutzfläche n 5.173 €/kW Kälteleistung Solaranlage Die aktuelle Kostenentwicklung ist in Abbildung 19 dargestellt [8]. Absorptionskältemaschine Speicher + Hydraulik Regelung Sonstiges 10% 5% 35% 35% 15% Fig. 6 Cost development of small to large-scale solar cooling kits (Source: Solem Consulting / Green Chiller) Abbildung 19: Entwicklung der spezifischen Kosten für SolarCooling-Kits unter- Abbildung 20: Kostenverteilung der Investitionskosten für Material und Installation In general,schiedlicher large solarGröße cooling systems (Quelle: such Solem as those for administrative Consulting/GreenChiller, 2013) buildings can generate an bei Anlagen mit 1-stufigen Absorptionskältemaschinen (Quelle: ROCOCO, 2008) ROI (Return on Investment) in approximately 10 to 15 years, or in some cases with relatively high electricity costs or long operating times, as in parts of Asia, less than 10 years. With solar cooling kits for residential or small office buildings, the payback period is currently between 12 and 18 02.technologIen 23 years depending on the boundary conditions. In general, a solar cooling system has a lifetime of 15 to 20 years, while compression chillers must be replaced every 8 years on average.
PLANUNG UND BETRIEB 03 Die erfolgreiche Umsetzung eines Projektes wird maßgeblich durch die Qualität und Sorgfalt der Planung beeinflusst. Die Planung beginnt bereits bei der Erhebung der tatsächlichen Bedürfnisse und der spezifischen Randbedingungen des Gesamt- projektes in welches die Technologie integriert werden soll. Eine gute Projekt- vorbereitung beinhaltet zuerst die Kommunikation mit den zukünftigen Nutzern und den Architekten mit kritischer Hinterfragung der Randbedingungen. Erst dann kann die grundsätzliche Technologie für eine bestmögliche Lösung ausgewählt und darauf aufbauend alle Komponenten im Detail geplant werden. Ein sehr wichtiger, aber oft vernachlässigter Teil der Planung ist die ausreichende Anleitung für die richtige Inbetriebnahme bzw. die benötigte laufende Überwachung – besonders in den ersten Betriebsmonaten – für einen erfolgreichen und effizienten Betrieb der Anlage. 03.PLANUNG UND BETRIEB 25
03.1 EinflussgröSSen auf Kühllast und Kühlenergie Wenn solarthermisches Kühlen eingesetzt werden soll, ist es wichtig, n von möglichen passiven Kühlmaßnahmen (Aktivierung der Ver- zuvor alle Reduktionspotentiale ausgeschöpft zu haben. Auch bei der schattung, Nachtkühlung). Kühlung gilt: Reduktion vor Substitution! Nur wenn dieses Paradigma eingehalten wird, macht der Umstieg auf erneuerbare Energien Sinn. Ein Bei der Optimierung der Kühllast und des Kühlenergiebedarfs ist immer integraler Planungsprozess hilft, Kühllasten zu vermeiden und Investiti- auch die Auswirkung auf den Winterfall (Heizlast und Heizwärmebedarf) ons- und Betriebskosten zu minimieren und gleichzeitig die Behaglich- zu beachten. Die Lasten sind für die Anlagengröße und somit für die keit der GebäudenutzerInnen zu erhalten oder sogar zu erhöhen. Die Investitionskosten maßgeblich; der Energiebedarf wirkt sich auf die größten Investitions- und Betriebskosten weisen aktive Kühlsysteme auf. Betriebskosten aus. Erst wenn alle Möglichkeiten zur Reduktion der Kühllast ausgeschöpft sind, sollte auf diese aktiven Kühlsysteme zurückgegriffen werden. Die wichtigsten Einflussgrößen sind: n Interne Lasten (Personen, Beleuchtung, etc.) Kühllast und ihr Reduktionspotential Personen müssen nach ihrem Aktivitätsgrad (z.B. Bürotätigkeit sitzend, Sport, etc.) entsprechend berücksichtigt werden. Bei der Beleuchtung Die Kühllast beschreibt die aus einem Raum abzuführende Wärme, um wird der gesamte Strombedarf direkt oder indirekt in Wärme umgewan- einen bestimmten Zustand (Temperatur und Feuchte) im Raum zu errei- delt. Durch hocheffiziente Leuchten und Leuchtmittel, sowie Nutzung chen bzw. zu erhalten. Die Berechnung erfolgt nach EN 15255 bzw. von Tageslicht, kann dieser Beitrag minimiert und gleichzeitig der visuel- ÖNORM H6040:2012. le Komfort gesteigert werden. Jede Minimierung der internen Lasten Genauere Werte können über dynamische Gebäudesimulationen ermit- durch effizientere Geräte oder auch zeitliche Änderung der Abläufe etc. telt werden. Dabei lässt sich die gegenseitige Beeinflussung der Parame- ist direkt als Reduktion der Last bemerkbar. Abbildung 21: Solare Einstrahlung ter sehr gut untersuchen. Es können durch die detaillierte Abbildung die auf eine Südfassade im Sommer (Quelle: Streicher, 2013) Auswirkung von kleineren Auslegungen eingeschätzt werden. Evtl. kön- n Orientierung nen geringe Übertemperaturen in Kauf genommen und dabei massiv Die Orientierung eines Gebäudes, und im Besonderen die Orientierung Kosten eingespart werden. der Fensterflächen, ist für den Wärmeeintrag entscheidend. Im Sommer sind vor allem östlich und westlich orientierte Fensterflächen wegen der Die Kühllast hängt ab: morgens bzw. abends niedrig stehenden Sonne sehr kritisch zu betrach- n vom Klima (Temperatur und Einstrahlung) ten. Einstrahlung durch die hohe Mittagssonne kann leicht mit fixer Hori- n vom Gebäude (Orientierung, Fensterfläche/-typ, Verschattung, zontalverschattung reduziert werden. Um einem allzu großen Wärmeein- Wärmedämmung, thermische Massen, etc.), trag entgegen zu wirken, sind östlich und westlich orientierte Fensterflä- n vom BenutzerInnenverhalten (interne Gewinne, Lüftungsverhalten, ...) chen so gering wie möglich zu halten. 26 03. PLANUNG UND BETRIEB
EinflussgröSSen auf Kühllast und Kühlenergie 03.1 Verschattung (fix und variabel) Infiltration Ergänzend sind adäquate Verschattungselemente zu wählen. In unseren Der unkontrollierte Luftwechselanteil durch Infiltration hat einen Breiten können fixe Überstände im Süden einen nennenswerten Beitrag geringeren Einfluss, ist aber bei Einsatz von Lüftungsanlagen und zur Reduktion der Kühllast leisten. Die Flächen können gleichzeitig als bei bauphysikalischen Fragestellungen entscheidend. Eine dichte Kollektorflächen dienen. Werden variable Verschattungssysteme einge- Gebäudehülle sollte bei jedem Neubau obligatorisch sein. setzt, sind außenliegende den innenliegenden vorzuziehen. Ein moder- ner Lamellenbehang ist mehrgeteilt und erlaubt in einem Teil durch Wärmerückgewinnung Perforierungen eine Durchsicht nach außen und im anderen Teil eine Für den Kühlfall sollte in Lüftungsanlagen die Wärmerückgewinnung Lichtlenkung nach innen. umgangen werden können. Mit geregelten Bypass-Klappen wird ver- hindert, dass sich kühle Aussenluft unnötigerweise aufwärmt. Fenster / Verglasung (Qualität und Größe) Abbildung 22: Beispiele von Fassaden mit großen Fensterflächen, um in die- Drei Kennzahlen charakterisieren die Fensterqualität. Wärmedämmung sen Beispielen Überhitzungen zu ver- n Der U-Wert beschreibt den Wärmedurchgang durch das gesamte Bau- Wie auch bei der Heizlast ist die Wärmedämmung eine effektive Maß- meiden, müssen aktive Systeme installiert werden (Quelle: bestFacade, teil. Dreischeiben -Verglasungen sind mittlerweile Stand der Technik und nahme gegen hohe Lasten. Geringe U-Werte bei Wänden und vor 2013) fast ohne Mehrkosten gegenüber Zweischeibenverglasungen erhältlich. allem der Fenster minimieren auch die Kühllast! n Der g-Wert gibt den Energiedurchlassgrad wieder und beschreibt das Speichermassen Verhältnis aus eingestrahlter Leistung zu dem transmittierten Anteil plus Ein Gebäude absorbiert die solare Einstrahlung und gibt sie zeitver- der sekundären Wärmeabgabe. Je nach Position der Beschichtungen setzt wieder an die Räume ab. Thermische Speichermassen stabilisie- können sehr niedrige Werte erreicht werden. Sonnenschutzgläser sind ren die Raumtemperatur. Je größer die thermische Masse ist, umso keine Garantie für eine ausreichende Reduktion der Kühllast bzw. Befrie- konstanter ist die Raumtemperatur. Jedoch sind Temperaturschwan- digung der Komfortansprüche. Der Lichtdurchlassgrad im visuellen Spek- kungen in der Wand nur bis zu einer Stärke von 10 cm signifikant [9]. trum sollte möglichst groß sein, um eine möglichst hohe Tageslichtnut- Die thermischen Massen müssen aktivierbar, heißt sichtbar und zung zu erreichen. anströmbar, sein. Aufständerungen oder abgehängte Decken verhin- dern den Wärmeaustausch. Auch muss sichergestellt sein, dass in der n Massiv entscheidend sind die Größe und die Ausrichtung (siehe Orien- Nacht die Speichermassen wieder auskühlen können. Der Einfluss auf tierung) der Fenster. Werden im Verhältnis zur Gebäudehüllfläche zu große den Kühlenergiebedarf ist gering. Fenster eingesetzt, kann dies die Kühllast erheblich erhöhen, sodass mitun- ter zusätzliche aktive Systeme eingesetzt werden müssen. 03. PLANUNG UND BETRIEB 27
03.1 EinflussgröSSen auf Kühllast und Kühlenergie Nachtlüftung Brunnenwassernutzung Nachtlüftung ist eine effiziente Möglichkeit des Luftaustausches bei Wo möglich kann Brunnenwasser direkt zur Kühlung, vor allem in Kühl- geringen Kosten. Die natürliche Nachtlüftung basiert auf der Druckdif- decken und Bauteilaktivierungen eingesetzt werden. Es entstehen fast ferenz zwischen warmer Raumluft und kalter Umgebungsluft. Je größer keine Investitionskosten und nur geringe Betriebskosten. Geologische die Differenz ist, umso höher ist die Luftwechselrate (Raten bis 5h sind -1 Gutachten sind eine Voraussetzung für diese Nutzung. möglich) [10]. Es können auch Lüftungsanlagen zur Nachtlüftung ein- Eine qualitative Bewertung der Einflussgrößen auf den Kühlenergiebe- gesetzt werden. Der Strombedarf muss dann im Verhältnis zum Nutzen darf bzw. die Kühllast ist in Abbildung 24 dargestellt. Der Einfluss auf die bewertet werden (SPF). Kosten wird hier nicht bewertet. Abbildung 24: Einflussgrößen auf Kühlenergiebedarf bzw. Kühllast Erdwärmeübertrager (Quelle: UIBK-EEB, 2013) Abbildung 23: Temperaturentwick- Die Vorteile liegen bei den geringen Investitionskosten und der einfa- lung in einem Bauteil mit fixer chen Wartung. Gegenteilig wirkt sich die geringe verfügbare Leistung (steigende Größen) Kühlenergiebedarf Aussen- und variabler Innentem- Kühllast (statisch) peratur. Eine signifikante Tempe- aus, da die Abpufferung kurzzeitiger Kühllastspitzen beschränkt ist. Einflussgröße raturänderung ergibt sich bis max. 10cm Wandtiefe und ist von den physikalischen Eigenschaften der Wand abhängig (Temperaturleit- Passive Maßnahmen und Speicherfähigkeit) (Quelle: Streicher, 2013) Passives Kühlen basiert auf physikalischen Prinzipien ohne oder nur mit --- Fenstergröße --- minimalem Hilfsenergieeinsatz, welche jedoch in ihrer Anwendungs- ++ Variable Verschattung ++ breite limitiert sind. Für passives Kühlen ist auf geringe äußere und +++ Nachtlüftung + innere Lasten des Gebäudes zu achten. Passives Kühlen ist in der Regel -- Innere Wärmequellen - -- Verglasungstype (g-Wert) -- kostengünstiger als aktives Kühlen. ++ Fixe Verschattung ++ - Dämmung + Aktive Maßnahmen + EWÜ + Bei der mechanischen Nachtlüftung wird die freie Kühlung über die + Kapazitäten 0 Ventilatoren der bestehenden Lüftungsanlage erreicht. Die freie Küh- + Infiltration 0 lung über Ventilatoren kann schon bei geringen Temperaturdifferenzen - negativer Einfluss (steigender Bedarf), in Anspruch genommen werden [11]. + positiver Einfluss (sinkender Bedarf), je mehr Zeichen desto wichtiger 28 03. PLANUNG UND BETRIEB
Kälteverteilung und Abgabe 03.2 Abhängigkeiten zwischen Systemeffizienz und Kälteverteilung und tungsverhalten wegen turbulenter Einströmung und/oder nicht einge- Kälteabgabe regelten Massenströmen und/oder falsch montierten Regelungsfühlern Das „Kälte-Verteil- bzw. Abgabesystem“ hat großen Einfluss auf die bzw. suboptimal gewählter Regelungsparameter beim Speicherma- Gesamtsystemeffizienz, da es die Temperatur mitbestimmt, welche von nagement. der Kälteerzeugungsanlage bereitgestellt werden muss. Umso höher die Temperatur sein kann, desto effizienter arbeitet die Kälteerzeugung. Bei n Mischungsverluste durch (überhaupt unnötige?) Mischventile. Um der Kaltwassertemperatur zählt jedes einzelne Grad. Eine Erhöhung der ein garantiert stabiles Regelverhalten zu erreichen, wird die Minimal- erzeugten Kaltwassertemperatur um nur 1 Grad von 6 auf 7° C (bei 85° C Temperaturdifferenz Kaltwasserzulauf zu Kaltwassermischtemperatur Austreiber- und 30° C Rückkühltemperatur) erhöht die Leistungszahl der oft zu groß gewählt. Kältemaschine EERth um 5%! Wenn statt mit 6° C mit 16° C Kaltwassertem- peratur gekühlt wird, dann kann sich die Leistungszahl EERth der Kältema- n Zu klein dimensionierter Wärmetauscher vom Kaltwasser an das zu schine um 60% bis zu 100% (je nach Kältemaschinentyp) erhöhen. kühlende Medium (Luft, Beton,...), welcher zur geforderten Leistungs- übertragung eine niedrigere Vorlauftemperatur benötigt. Vermeidung zu niedriger Kaltwassertemperaturen Es gilt auf dem Weg von der Kälteerzeugung bis zur Kälteabgabe im Möglichkeiten kreativer ganzheitlicher Planung Raum jegliche Temperaturerhöhung zu vermeiden bzw. zu minimieren. Nachfolgende Punkte können dazu beitragen im Rahmen eines ganzheit- Typische Ursachen für einen Temperaturanstieg sind: lichen Planungsprozesses die Systemeffizienz positiv zu beeinflussen: n Verluste in Leitungen und Speicher wegen zu gering dimensionierter n Speicher und Leitungen platziert in Räumen, welche nicht gekühlt und/oder mangelhaft montierter Dämmung. Es geht bei Kaltwasserlei- werden sollen, haben „echte Verluste“, während alle Komponenten, wel- tungen nicht nur um die Vermeidung von Kondenswasser! che in gekühlten Räumen platziert sind, aktiv zur Kühlung beitragen. n Ungünstige Positionierung von Kälteerzeugung, Kaltwasserspeicher n Leitungslängen und Speichervolumina minimieren bzw. Kaltwasser- und entsprechende Leitungslängen in Technikräumen mit hohen speicher evtl. ganz weglassen, wenn das Kälteverteilnetz- und Abgabe- Raumtemperaturen. system ausreichend Speichermasse hat (Betonkernaktivierung, massive Deckenkühlelemente oder PCM-Kühlelemente) oder die Kälteerzeu- n Mischungsverluste in Kaltwasserspeicher mit schlechtem Schich- gung ausreichend leistungsgeregelt betrieben wird. 03. PLANUNG UND BETRIEB 29
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