Soziale Themen bei der Wahl zum Bundestag berücksichtigen!
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
04/21 INFODIENST DER DIÖZESAN- CARITASVERBÄNDE A ACHEN, ESSEN, KÖLN, MÜNSTER UND PADERBORN Gerade im Pflegebereich wird die Be- deutung der Wohlfahrtspflege deutlich – mit 1300 stationären Pflegeeinrichtungen (mit über 100 000 pflegebedürftigen Men- schen) ist nahezu jede dritte Einrichtung in Trägerschaft einer gemeinnützigen Organi- sation. "Gute Pflege lohnt sich – und muss WO H L FA H R T S V E R B Ä N D E R U F E N Z U R WA H L AU F Soziale Themen bei der Wahl zum Bundestag berücksichtigen! Mit der Initiative "#mitwählen – Das Morgen verändern." ruft die Landes- arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW alle Bürgerinnen und Bürger auf, bei der anstehenden Bundestagswahl am 26. Septem- ber von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen – und bei der Wahlent- scheidung soziale Themen zu berücksichtigen. I S S N 16 11- 3 5 2 7 – P O S T V E R T R I E B S S T Ü C K G 5 8 74 6 ; G E B Ü H R B E Z A H LT N ur wer mitwählt, kann über sozialpoli- tische Fragen mitbestimmen", sagt Dr. Frank Johannes Hensel, Vorsitzender der mit politischen Kräften, die sich für benach- teiligte Menschen und gegen Ausgrenzung wirksam engagieren. Eine starke Sozialpoli- Landesarbeitsgemeinschaft der Freien tik ist existenziell für den Zusammenhalt Wohlfahrtspflege NRW (LAG FW). Die Ar- und die Zukunft." beitsgemeinschaft und die sie tragenden Zu den großen Aufgaben der Wohl- Wohlfahrtsverbände verstehen sich als ge- fahrtsverbände gehört der Einsatz für mehr sellschaftliche und politische Akteure. "Wir Bildungsgerechtigkeit und weniger Kinder- wollen stabile demokratische Verhältnisse armut, für die Schaffung von bezahlbarem deshalb fair bezahlt werden", so Hensel und und angemessenem Wohnraum und für hat neben den älteren Mitbürgerinnen und faire Bedingungen in der Pflege. Mitbürgern auch die Jüngsten im Blick. AUS GA B E Hier hat die Corona-Pandemie die Defizite SE P TEMB ER 20 2 1 in der Bildung offengelegt: "Jedes Schul- kind muss unabhängig von Status und Her- Die Redaktion freut kunft seiner Eltern einen Laptop zur Verfü- sich über Zuschriften, gung gestellt bekommen – das ist so wichtig Anfragen, Anregungen wie Tisch, Stuhl und Kreidetafel im Klas- und Kommentare. senraum. Genauso notwendig wie eine an- gemessene Lernmittel- Besuchen Sie uns ausstattung ist ein Kollegi- im Netz oder schreiben um, das darin unterstützt Sie uns unter: wird, das Wissen auch caritas-nrw.de/nachrichten über digitale Möglichkei- facebook.de/caritas_in_NRW ten weiterzugeben." redaktion@caritas-nrw.de C A R I T A S I N N R W A K T U E L L S E P T E M B E R 2 0 21 1
PROBLEM DER 24 -STUNDEN-PFLEGE D I G I TA L E T E I L H A B E So wichtig wie Brille Lösungen gesucht oder Schuhe Das Problem der sogenannten "24-Stunden-Pflege" und mögliche A rme und benachteiligte Men- schen dürfen nicht zu den Verlie- rern der Digitalisierung werden – das politische Lösungen haben Vertreter des Deutschen Caritasverbandes und des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn bei einem Treffen mit dem Bundestagsabgeordneten Carsten Linnemann (CDU) in Paderborn fordert die Freie Wohlfahrtspflege NRW. diskutiert. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu den osteuro- "Wer über Einkommen und über Com- päischen Hilfskräften in der Pflege seien viele Pflegebedürftige und ihre puter, Smartphones, WLAN und digita- Familien aufgeschreckt worden, sagte Eva Welskop-Deffaa, Vorständin le Kompetenzen verfügt, der hatte es für Sozial- und Fachpolitik im Deutschen Caritasverband. leichter in den vergangenen Monaten", sagte der Kölner Diözesan-Caritasdirek- tor Dr. Frank Johannes Hensel auf dem Treffen von Menschen mit Armutser- D ringend nötig sei es, dass seitens der Bundespolitik entlastende Rahmen- bedingungen für die Beschäftigung von im fahrung. Haus lebenden Hilfskräften, sogenannten Die Chancen der Digitalisierung Live-ins, geschaffen würden. Denn rund seien riesig, sagte Hensel und warnte 90 Prozent der osteuropäischen Haushalts- zugleich vor der Gefahr, "dass diejeni- kräfte, die in den etwa 150 000 bis 200 000 gen, die nicht mithalten können, wei- betroffenen Familien mit pflegebedürftigen ter ins Abseits geraten". Es müssten Angehörigen tätig seien, würden schwarz Rahmenbedingungen geschaffen wer- beschäftigt, so die Einschätzung, und dies den, die soziale Ungleichheiten abbau- zumeist ohne fachliche Begleitung von Pfle- Diskutierten das Problem der sogenannten ten. Digitale Geräte und Netzzugang gefachkräften. 24-Stunden-Pflege und mögliche politische seien existenziell für gesellschaftliche Schon 2009 habe der Diözesan-Caritas- Lösungen (v. l.): Carsten Linnemann MdB, Teilhabe. "Sie werden so wichtig wie verband Paderborn deshalb zusammen mit Eva Welskop-Deffaa (Vorständin Deutscher eine Brille oder Schuhe", so Hensel. Der der Caritas Polen das Modellprojekt Cari- Caritasverband), Diözesan-Caritasdirektorin Staat müsse Sorge tragen für Ausstat- Fair entwickelt, erklärte Diözesan-Caritas- Esther van Bebber, Claudia Menebröcker, tung und Befähigung, das gehöre zur direktor Josef Lüttig. Es sorge dafür, dass Hans-Werner Hüwel (Bereichsleiter Pflege & grundgesetzlich verankerten Sicher- Betreuungskräfte aus Polen zu fairen Be- Gesundheit beim Caritasverband Paderborn) stellung des Existenzminimums. Es dingungen in deutschen Pflege-Haushalten und Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig habe sich in der Pandemie bestätigt, beschäftigt würden. Zweisprachige Koordi- Foto: cpd / Jonas dass der Digitalisierungsgrad vom natorinnen begleiteten das Arbeitsverhält- Schul- und Berufsabschluss und vom nis vor Ort. Damit versuche der Diözesan- Einkommen abhängig sei. Caritasverband, die Situation der Live-ins galen Anstellungsverhältnis kämen auf die Hensel kritisierte auch das behörd- aus der rechtlichen Grauzone herauszuho- Familien rund 2500 Euro monatliche Kos- liche Handeln in Corona-Zeiten, wenn len, so Lüttig. "24-Stunden-Pflege" zu Hause ten zu, bei einer illegalen Beschäftigung im Krisenmodus ausschließlich auf gebe es bei CariFair nicht. Vielmehr gelte es, zwischen 1500 und 1800 Euro. "Eine Lohn- digitale und telefonische Erreichbar- durch Einsatzpläne den Stundenrahmen subvention könnte diese Lücke schließen", keiten umgeschaltet wurde, dabei aber für beide Seiten verbindlich zu gestalten. schlug Caritas-Vorständin Eva Welskop- diejenigen vergessen wurden, die dem Individuelle, darüber hinausgehende Be- Deffaa vor. Ein Vorschlag von Bundesge- nicht folgen konnten. Hensel: "Jobcen- darfe der Pflegebedürftigen würden dann sundheitsminister Jens Spahn liege bereits ter und überhaupt Ämter waren teil- mit begleitenden Angeboten, wie z. B. der auf dem Tisch, sei aber "kurz vor dem Ziel weise sehr schwer zu erreichen – kaum Tagespflege, gesichert. "Wichtig wäre aber gescheitert", bedauerte sie. Demnach könn- eine Chance, Anträge und Missver- auch insgesamt eine Entbürokratisierung te die Pflegeversicherung Lohnzuschüsse ständnisse zu klären. Andere wieder- für die Familien", sagte Diözesan-Caritasdi- für legal beschäftigte Haushaltshilfen um haben das besser hinbekommen. rektorin Esther van Bebber. Die Rechte und durch die Umwandlung von Pflegesachleis- Es ist einfach total schwierig, seine Pflichten von Arbeitgebern seien "ein im- tungen zahlen. Existenz nur per Telefon oder Mailver- menser Batzen", die legale Arbeitsverhält- Carsten Linnemann versprach, nach kehr sichern zu müssen. Mit den da- nisse in diesem Setting behinderten. der Neubildung des Bundestags nach einer durch bedingten Unsicherheiten und Über CariFair seien etwa 500 Betreu- Lösung für das Problem zu suchen. "Wir Ängsten mussten und müssen viele ungskräfte in rund 300 Familien in müssen den Arbeitskräften aus der allein zurechtkommen", so Hensel. Deutschland tätig, rund 200 davon im Erz- Schwarzarbeit heraushelfen. Unsere Gesell- www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de/ bistum Paderborn, erklärte Claudia Mene- schaft altert – das Problem wird also eher veranstaltungen bröcker, die beim Diözesan-Caritasverband größer als kleiner. Da können wir nicht ein- Paderborn das Projekt betreut. Bei dem le- fach weiter wegschauen." 2 C A R I T A S I N N R W A K T U E L L S E P T E M B E R 2 0 21
Erste Schritte – weitere müssen folgen! K O M M E N TA R W enige Bereiche des Sozialrechts werden mit einer solchen Regelmäßigkeit reformiert wie der Bereich der Pflegever- sicherung. Immer wieder wurden in der Vergangenheit in kleinen Personalentwicklung und Personalgewinnung Erhebliches ab- verlangen wird. Dass aber nun lediglich 40 Prozent des als not- wendig erkannten Zuwachses an Personal umgesetzt werden, Schritten neue Leistungen eingeführt, Regelungen nachjustiert lässt aufhorchen. Natürlich kann man argumentieren, dass diese und Ungerechtigkeiten korrigiert. Tatsächlich hat der aktuelle erste Stufe, die auch in Nordrhein-Westfalen mit einem deutli- Reformprozess um das Gesundheitsversorgungsweiterentwick- chen zusätzlichen Bedarf an Assistenzkräften verbunden ist, lungsgesetz (GVWG) das Potenzial, für erhebliche Veränderungen erst einmal umgesetzt werden muss. Aber die Vergangenheit in der Pflegelandschaft zu sorgen. lehrt auch, dass ersten Schritten manchmal keine zweiten fol- Da ist zum einen die Verpflichtung für alle Pflegeeinrichtun- gen. Hier wird es immens wichtig sein, die Entscheidungsträger gen, ihre Mitarbeitenden im Bereich Pflege und Betreuung nach in der Politik daran zu messen, dass weitere Reformen erfolgen Tarif zu entlohnen. Einrichtungen, die bislang keiner Bindung und 2025 die Weichen für die nächste Ausbaustufe gestellt wer- an einen Tarif oder kirchenrechtliche Arbeitsvertragsregelun- den. gen unterlagen, müssen nun binnen Jahresfrist entweder einen Spätestens dann wird man auch bei der Finanzierung der eigenen Tarifabschluss nachweisen oder aber in Höhe der in der Pflegeversicherung und bei der Eigenleistung der Betroffenen Region vorhandenen Tarifverträge entlohnen. Für die Beschäf- weitere Schritte gehen müssen. Die beschlossenen Entlastun- tigten von privatgewerblichen Einrichtungen ist dies ein großer gen wirken unmittelbar. Wenn in den Einrichtungen aber pers- Fortschritt. Gleichzeitig ist gesichert, dass die Vergütungen der pektivisch deutlich mehr Beschäftigte für die Bereiche Pflege Mitarbeitenden der Caritas, die weiter durchgängig oberhalb des und Betreuung arbeiten werden und wenn diese bei zahlrei- Tarifdurchschnitts liegen werden, weiter von Kostenträgern re- chen heute noch nicht tarifgebundenen Einrichtungen erfreuli- finanziert werden müssen. Dies ist wichtig, um das Vergütungs- cherweise auch besser vergütet werden, wird die Pflege teurer. niveau der Caritas halten zu können. Man hätte sich wünschen Das wird politisch nur umsetzbar sein, wenn es nicht aus- können, dass sich die Tarifbindung nicht nur auf die Mitarbei- schließlich auf dem Rücken der Betroffenen abgeladen und tenden im Bereich Pflege und Betreuung beschränkt, aber dies gleichzeitig eine langfristige sichere Finanzierung geschaffen ist ein erster wichtiger Schritt. wird. Dass der Einstieg in ein wissenschaftliches Instrument der ERIC LANZRATH / ANNE ECKERT Personalbemessung gemacht wurde, ist ebenfalls ein funda- mentaler Schritt, der den Einrichtungen in Sachen Organisation, lanzrath@caritas-muenster.de eckert@caritas-muenster.de ENTL ASTUNG FÜR PFLEGEBEDÜRF TIGE Pflegereformgesetz schafft neue gang wurde ein neues Bemessungsinstru- ment entwickelt. Es sieht nicht mehr die Qualifizierungsbedarfe klassische Aufteilung in Pflegefachkräfte und Pflegehilfskräfte vor, sondern führt zwischen diesen beiden Gruppen eine wei- Mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) tere Gruppe der einjährig examinierten As- wurde jüngst ein weiteres Pflegereformgesetz verabschiedet. Das sistenzkräfte ein. Mit diesem neuen Perso- GVWG bringt zahlreiche Veränderungen für die ambulanten und statio- nalbemessungsinstrument, das für bun- nären Pflegeeinrichtungen und ihre Kunden. deseinheitliche Orientierung sorgen soll, ist ein deutlicher Aufwuchs von Mitarbeiterin- S o sind ab September 2022 Pflegeein- richtungen nur noch dann zugelassen, wenn sie entweder einen eigenen Tarif- Menschen, die bereits mindestens zwölf Monate in einer Einrichtung leben, erfolgt eine Reduzierung der Pflegekosten um 25 nen und Mitarbeitern in der Pflege verbun- den – insbesondere im Bereich der Assis- tenzkräfte. Hier besteht kurzfristig ein gro- vertrag abgeschlossen haben oder in Höhe Prozent. Nach zwei Jahren beträgt die Re- ßer Qualifizierungs- und Ausbildungsbedarf bestehender Tarifverträge in ihrer Region duzierung 45, nach drei Jahren 70 Prozent. in den Einrichtungen. vergüten. Hierdurch werden die Preise für Ein weiterer wichtiger Baustein der Re- In einem ersten Schritt werden aller- Pflege bei bisher nicht tarifgebundenen Ein- form ist die Einführung des ersten Schrittes dings lediglich 40 Prozent der rechnerisch richtungen steigen. eines neuen Personalbemessungssystems notwendigen Aufstockung des Pflege- und Im Gegenzug werden alle Nutzerinnen in der vollstationären Pflege. Nach einer Betreuungspersonals umgesetzt. Dieser und Nutzer von Pflegediensten und statio- umfassenden wissenschaftlichen Studie Schritt soll 2025 evaluiert werden, dann nären Einrichtungen um etwa fünf Prozent der Universität Bremen unter der Leitung folgen gegebenenfalls weitere Ausbaustu- der pflegebedingten Kosten entlastet. Für des Pflegewissenschaftlers Heinz Roth- fen. (Siehe Kommentar oben) CPM C A R I T A S I N N R W A K T U E L L S E P T E M B E R 2 0 21 3
3 0 JA H R E C A R I TA S - W E R KS TAT T R ÄT E Erfolgsmodell für Selbstbestimmung Von der Beschäftigtenvertretung zum Werkstattrat mit Mitbestimmungs- rechten war es ein großer Schritt. Die Caritas-Werkstatträte haben sich bereits seit 1990 als "Beschäftigtenvertretung" in den Caritas-Werkstät- ten für Menschen mit Behinderungen organisiert. S chon in den 90er-Jahren forderten sie echte Mitbestimmung. Damals bereits nannte Robert Lenfers als Vertreter des schutz-Konzepten innerhalb der Werkstatt. Werkstatträte kommunizieren heute auf Augenhöhe mit Vertretern von Ministerien Pressebericht von 1990 in der Bistumszei- tung "Kirche und Leben" zum ersten Treffen Deutschen Caritasverbandes die Treffen der und Vertretern der Landschaftsverbände. der Mitarbeitervertretungen in 26 Caritas- Caritas-"Beschäftigtenvertretung" eine Werkstätten in NRW "neue Plattform für Selbstbestimmung und Digital weiter organisiert Mitwirkung" auf dem Weg zu mehr Mündig- Die Caritas-Werkstatträte haben sich in der hen bleiben. Heute reden wir über Inklusi- keit und Verselbstständigung der 6000 Corona-Pandemie mithilfe digitaler Tech- on, das bedeutet, dass Menschen mit Menschen mit Behinderungen in Caritas- nik weiter organisiert. In regelmäßigen Vi- Behinderungen nach der UN-Behinderten- Werkstätten im Jahr 1990 in NRW. deokonferenzen haben sich die Caritas- rechtskonvention die volle Partizipation in Schon damals ging es den Beschäftig- Werkstatträte ausgetauscht. Auch der Kon- allen Lebensbereichen unserer Gesell- tenvertretungen nicht nur um die Arbeit, takt zu anderen Werkstatträten wie den schaft haben müssen. Das bezieht sich be- sondern auch um Bildung, Freizeitgestal- Werkstatträten NRW, Werkstatträten Nie- sonders auf die Beteiligung der Menschen tung und ein faires Entgelt. dersachsen und Werkstatträten Deutsch- mit Behinderung im Arbeitsleben. Werk- Werkstatträte gab es aber erst ab dem land wurde gehalten. Das Netzwerken über stätten für Menschen mit Behinderungen Jahr 2001. Damals trat die erste Werkstät- die Caritas hinaus ist ein notwendiger Er- bieten heute ein breites Angebot an Arbeit, ten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) in fahrungsaustausch, der dabei hilft, wichtige vom Arbeitsplatz in der Gruppe über Au- Kraft. Allerdings durften die Werkstatträte Anliegen wie die Diskussion über die Neu- ßenarbeitsplätze, betriebsintegrierte Ar- nur mitwirken und nicht mitbestimmen, ausrichtung des Entgelts voranzubringen. beitsplätze bis hin zu Integrationsunter- bis im Jahr 2017 im Zuge der Umsetzung Werkstatträte im Homeoffice: Auch das nehmen. Auch hier sind Werkstatträte be- des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) die gibt es heute. Im Zuge der Corona-Pande- teiligt. Rechte der Werkstatträte deutlich gestärkt mie sind einige der Caritas-Werkstatträte, Trotzdem reicht das nicht. Werkstätten wurden. Seitdem gibt es erst echte Mitbe- ausgestattet mit Laptop und Diensthandy, zeigen großes Engagement, Menschen auf stimmungsrechte. ins Homeoffice gegangen. Dort konnten sie den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermit- ihre Arbeit weiter fortsetzen, Mails beant- teln. Aber der allgemeine Arbeitsmarkt In der Pandemie waren oft worten und den Kontakt zu den Kollegen bleibt vielen verschlossen, da die meisten Werkstatträte im Krisenstab aufrechterhalten. Unternehmen davor zurückscheuen, Men- Heute finden wir viele der Forderungen der Als im März 2020 während der Corona- schen mit Behinderungen einzustellen. Beschäftigtenvertretungen aus den 90er Pandemie das Betretungsverbot in den Der allgemeine Arbeitsmarkt ist noch lange Jahren im § 5 Mitwirkung/Mitbestimmung Werkstätten ausgesprochen wurde und nicht offen genug. der Caritas-Werkstätten-Mitwirkungsord- Werkstattbeschäftigte über Monate die Eine weitere Baustelle ist das Entgelt. nung (CWMO) wieder. Bildung findet heute Werkstatt nicht mehr betreten durften, war Bereits in den 90er-Jahren forderte die da- in arbeitsbegleitenden Maßnahmen statt, das für viele eine Katastrophe. Die Caritas- malige Beschäftigtenvertretung der Caritas die in § 5 Werkstättenverordnung (WVO) Werkstatträte haben sich gemeinsam mit ein faires Entgelt. Diese Diskussion hat seit geregelt sind. Werkstatträte sind ein Er- den Werkstatträten NRW massiv beim der schrittweisen Erhöhung des Grund- folgsmodell für die Selbstbestimmung in MAGS NRW und BMAS dafür eingesetzt, lohns in Werkstätten bis ins Jahr 2023 wie- den Werkstätten. dass es auch in dem folgenden Lockdown der Fahrt aufgenommen. Die Bundesregie- Heute sind Werkstatträte beteiligt, kein Betretungsverbot mehr gab. Gemein- rung hat eine Studie in Auftrag gegeben, die wenn es um Veränderungen innerhalb der sam mit den Werkstatträten NRW haben das Entgeltsystem in den Werkstätten un- Werkstätten geht. In der Corona-Pandemie die Caritas Werkstatträte für das Impfen in tersucht. Ziel soll es sein, den Beschäftigten mussten Werkstatträte das Hygiene- den Werkstätten geworben. langfristig ein faires Entgelt zu zahlen. Da- Schutz-Konzept in den Werkstätten mitun- 30 Jahre Caritas-Werkstatträte sind eine bei werden Werkstatträte ein wichtiger Ge- terschreiben. In vielen Werkstätten waren Zeit, in der sich die Beteiligung von Men- sprächspartner sein, denn nach § 5 CWMO die Werkstatträte im Krisenstab tätig. Das schen mit Behinderungen in Werkstätten haben sie hier echte Mitbestimmung. war eine klare Forderung des MAGS in zwar verbessert hat, aber das System Werk- MARIE-LUISE SCHULZE-JANSEN NRW. Genauso verhält es sich mit Gewalt- statt darf in seiner Entwicklung nicht ste- m.schulze-jansen@caritas-paderborn.de 4 C A R I T A S I N N R W A K T U E L L S E P T E M B E R 2 0 21
Armutswochen Kinder werden, hofft Dr. Frank Johannes Wohlfahrtsverbände halten ein breites Der Deutsche Caritasverband ruft ge- Hensel, Vorsitzender der Landesarbeits- Netz an Kurberatungsstellen vor, die KURZMELDUNGEN meinsam mit seinen Fachverbänden So- gemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege auch pflegende Angehörige beraten und zialdienst katholischer Frauen (SkF) und NRW. bei der Antragstellung unterstützen. SKM Bundesverband auf, den Zeitraum Nun fordert die Wohlfahrtspflege die Im Projekt "Kurberatung für pflegen- zwischen dem Internationalen Tag zur Aufnahme gemeinsamer Gespräche de Angehörige" machen geschulte Bera- Beseitigung der Armut (17.10.2021) und zwischen den Ministerien, der kommu- tungskräfte pflegenden Angehörigen dem Welttag der Armen der katholi- nalen Seite und den Verbänden, um die passgenaue Angebote, sei es um allein schen Kirche (14.11.2021) für öffentlich- notwendigen Verbesserungen der Quali- eine Kur anzutreten oder gemeinsam keitswirksame Aktionen gegen Armut tät in der offenen Ganztagsschule (OGS) mit dem Pflegebedürftigen. Das Projekt und Ausgrenzung zu nutzen. Die zentra- in NRW zu erreichen. Nicht nur der Aus- wird vollständig gefördert vom NRW- le Auftaktveranstaltung findet am 17.10. bau an Plätzen erfordere große Anstren- Ministerium für Arbeit, Gesundheit und in Dortmund statt. Im Fokus der Armuts- gungen. Die Träger drängten seit Lan- Soziales. wochen stehen 2021 die Folgen der Pan- gem auf eine bessere finanzielle Ausstat- 0 52 51/2 09-2 30 demie für benachteiligte Jugendliche tung, damit mit gutem Personal ein mit und junge Erwachsene. der Schule und dem Unterricht verzahn- Eine Million Sterne https://caritas.de tes Bildungsangebot für Grundschulkin- Am 13. November lädt Caritas internatio- der den ganzen Tag über gemacht wer- nal (Ci) zur 15. bundesweiten Solidaritäts- Rechtsanspruch OGS den könne. aktion #EineMillionSterne ein. Die Teil- Die Freie Wohlfahrtspflege NRW hat die nehmenden verwandeln öffentliche Plät- Einigung von Bund und Ländern zu ei- Kraft schöpfen für den Alltag ze mit Kerzen in Lichtermeere! Vor dem nem Rechtsanspruch auf einen Ganz- Angehörige von Demenzkranken und Hintergrund der Caritas-Jahreskampagne tagsplatz in der Grundschule begrüßt. anderen Pflegebedürftigen können in ei- "#DasMachenWirGemeinsam" stellt Ci ein Das Gesetz könne eine wesentliche Ver- ner Kur Erholung vom stressigen Alltag Hilfsprojekt für Straßenkinder in Kibera, besserung der Bildungs- und Entwick- finden. Darauf hat der Diözesan-Caritas- Kenia, in den Fokus. lungschancen auch für benachteiligte verband Paderborn hingewiesen. Die www.einemillionsterne.de P O L I T-TA L K Z U R WA H L Teilhabechancen am Arbeitsmarkt verbessern Die Wohlfahrtsverbände fordern den Ausbau und die Weiterentwicklung von Förderinstrumenten für Langzeitarbeitslose am Arbeitsmarkt. Das 2019 in Kraft getretene Teilhabechancengesetz sei ein voller Erfolg, weil mit den dadurch eingeführten Instrumenten Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert werde, so eine Zwischenbilanz beim POLIT-Talk zur Wahl. I nsbesondere das neue Instrument "Teil- habe am Arbeitsmarkt" (§ 16 i SGB II) müs- se nach der Bundestagswahl entfristet wer- werde, wie lange Personen schon arbeitslos im SGB-II-Bezug seien. Denn daraus ergebe sich der Zugang zu den Instrumenten den, forderte die LAG Freie Wohlfahrtspfle- §§ 16 e und 16 i SGB II. Früher sei nach soge- ge NRW beim digitalen POLIT-Talk mit nannten "in der Person liegenden Vermitt- Bundestagskandidaten, bei dem über lungshemmnissen" gefragt worden. 60 Teilnehmende zugeschaltet waren. "Der soziale Arbeitsmarkt ist eine Chance für vie- Richtige Zielgruppen erreicht le langzeitarbeitslose Menschen und hat "Furchtbar", so Bauer, denn solches Fragen sich bewährt", sagte Giulia Maira, Sprecherin führe automatisch zu Stigmatisierung, zu des Arbeitsausschusses Arbeit/Arbeitslosig- negativem Blick auf die Schwächen der Per- keit. Das mache der Zwischenbericht zur son. Und in sich unsinnig – wie soll ein Evaluation des Teilhabechancengesetzes Mensch in seiner Person liegende Hemm- des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufs- nisse durch Maßnahmen beseitigen kön- forschung (IAB) der Bundesagentur für Ar- nen? Bauers Resümee: Im Wesentlichen beit deutlich. wurden mit dem neuen § 16 i SGB II die rich- In der Tat ist Dr. Frank Bauer vom IAB tigen Zielgruppen erreicht. froh, dass seit den Reformen des Teilhabe- www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de/ chancengesetzes in erster Linie gefragt veranstaltungen C A R I T A S I N N R W A K T U E L L S E P T E M B E R 2 0 21 5
S O M M E R TO U R D E R C A R I TA S A AC H E N Lebhafte Diskussionen Foto: cpd / Jonas Das Thema Pflege wird auch in den kommenden Legislaturperioden die Abgeordneten des Deutschen Bundestages beschäftigen. In dieser Ein- schätzung waren sich Bundestagskandidaten aus dem Bistum Aachen und Caritas-Vertreter einig. Regionale Verbände und der Diözesan-Cari- Wollen mit der Aktion "38,2! Bist du dabei?!" tasverband hatten die Kandidaten zu Caritas-Sommertouren eingeladen. Wahlberechtigte motivieren, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen (v. l.): Matthias Krieg, Linda Heinemann und Diözesan-Cari- tasdirektorin Esther van Bebber J eweils einen Tag lang waren Vertreter der verbandlichen Caritas und der Politik mit dem Fahrrad in den Caritas-Regionen Fachverbände über ihre Beratungsschwer- punkte, in Krefeld widmete sich der regio- nale Caritasverband dem Thema Migration Viersen, Heinsberg, Krefeld, Düren und Mön- und Migrationsberatung, und in Heinsberg "38,2! Bist du dabei?!" chengladbach unterwegs. diskutierte der Verband künftige Herausfor- Bei allen Stationen war ein Thema ge- derungen in der Eingliederungshilfe mit E ine Aktion zur Bundestagswahl hat die Caritas im Erzbistum Paderborn gestar- tet. Unter dem Motto "38,2! Bist du dabei?!" setzt: das Thema Pflege. Diözesan-Caritas- direktor Stephan Jentgens begrüßte aus- drücklich, dass Bundestag und Bundesrat der Politik. Die Bundestagskandidaten ba- ten die Caritas-Vertreter, auch über den Wahltag hinaus ihre Anregungen und ihre wolle man möglichst viele Wahlberechtigte mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der praktischen Erfahrungen mit den Folgen davon überzeugen, von ihrem Wahlrecht Gesundheitsversorgung (GVWG) Regelun- politischer Entscheidungen in die politi- Gebrauch zu machen, sagt Initiator Matthias gen beschlossen hätten, die in die richtige sche Diskussion einzubringen. Krieg vom Diözesan-Caritasverband Pader- Richtung gingen. Er nannte beispielhaft die CH. HEIDRICH born. "38,2 bezieht sich dabei weder auf Festlegungen, dass nur noch solche Pfle- Temperaturspitzen des Thermometers geanbieter Geld aus der solidarisch finan- noch den durchschnittlichen Mietpreis pro zierten Pflegeversicherung bekommen sol- Quadratmeter Wohnfläche", sagt er. Ge- len, die nach Tarif oder nach kirchlichen meint ist der Artikel 38 des Grundgesetzes, Arbeitsvertragsrichtlinien bezahlen. Auch der im zweiten Absatz festlegt, dass wahlbe- das von der Politik beschlossene Personal- rechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet bemessungsinstrument für die stationäre hat. "Mit Blick auf die Bundestagswahl wer- Pflege begrüßte er. Zugleich mahnte er aber ben wir deshalb für eine breite Beteiligung an, dass ein solches Instrument auch mög- und für eine Stärkung der Demokratie und lichst rasch für die ambulante Pflege entwi- des gesellschaftlichen Miteinanders." Gesell- ckelt und beschlossen werden müsse. Die Diözesan-Caritasdirektor Stephan Jentgens schaftlich relevante Themen und Aktionen Vertreter der regionalen Caritasverbände und die zweite Vorsitzende des Diözesan-Cari- sollten zur Sprache gebracht werden, die und des Diözesan-Caritasverbandes baten tasverbandes Aachen, Schwester Maria Ursula aktuell wenig Beachtung fänden, sagt die Politiker darum, die Evaluation des ers- Schneider, im Gespräch mit Bundestagskandi- Krieg. ten im Jahr 2020 eingeführten Ausbil- daten in Mönchengladbach Foto: DiCV Aachen Einen Schwerpunkt der Aktion bilden dungsganges in der generalistischen Pflege die besonderen Bedarfe von Älteren sowie zu überdenken. Nach drei Jahren, wenn der caritas in NRW AKTUELL Hubertusstr. 3, 40219 Düsseldorf IMPRESSUM Menschen mit Behinderung. "Unser Anlie- erste Ausbildungsgang abgeschlossen ist, Tel.: 02 11 / 51 60 66-20, Fax: 02 11 / 51 60 66-25 gen ist es, dass die Ausübung des Wahl- soll es eine Evaluation geben – so ist es im redaktion@caritas-nrw.de, www.caritas-nrw.de rechts auch tatsächlich barrierefrei möglich Gesetz vorgeschrieben. Aus Sicht der Cari- Herausgeber: Diözesan-Caritasverbände von ist", sagt Matthias Krieg. Denn die Bundes- tas ist es erforderlich, dass bei dieser Aus- Aachen, Essen, Köln, Münster, Paderborn Chefredakteur: Markus Lahrmann tagswahl 2021 ist nach einem entsprechen- wertung bundesweit zwingend auch die Titelgrafiken: Agentur Hochhaus für LAG FW den Urteil des Bundesverfassungsgerichts Träger der praktischen Ausbildung beteiligt Abo-Fragen: Kevin Jandrey, die erste, bei der auch Menschen unter Voll- werden, damit nicht lediglich die Erfahrun- Tel.: 02 11 / 51 60 66-20, vertrieb@caritas-nrw.de Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. betreuung ganz selbstverständlich mit- gen der Pflegeschulen und statistische Wer- Gestaltungskonzept: skdesign, Köln wählen können. "Unabhängig vom Betreu- te in die Evaluation einfließen. Druck: Bonifatius GmbH, Paderborn ungsbedarf hat jetzt jeder mit seiner Stim- Weitere Themen diskutierten die Ver- Anzeigenverwaltung: Bonifatius GmbH, Astrid Rohde me die Möglichkeit, über die Zukunft treter der Caritas nach örtlichen Schwer- Karl-Schurz-Str. 26, 33100 Paderborn, Deutschlands mitzuentscheiden", freut sich punkten der Caritasverbände. Im Kreis Dü- Tel.: 0 52 51 / 1 53-2 22, Fax: 0 52 51 / 1 53-1 04 Jürgen Kröger, Beschäftigter der Werkstät- ren und in der Stadt Mönchengladbach the- astrid.rohde@bonifatius.de ISSN 1611-3527 ten im Josefsheim Bigge und gewähltes matisierten die Caritas-Vertreter den Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft überbordenden Bürokratismus im sozialen Werkstatträte. Wohnungsbau, speziell für Seniorinnen "youngcaritas im EB PB" und Senioren. In Viersen informierten die 6 C A R I T A S I N N R W A K T U E L L S E P T E M B E R 2 0 21
Sie können auch lesen